Darf ich vorstellen? Portgas D. Ace, dein Freund. von Elize ================================================================================ Kapitel 6: Sixth ---------------- Ace war nun schon seit sechs Monaten im Außendienst der Marine, im Kampf gegen Piraten. Jeden Tag hofftest du erneut einen Anruf von ihm zu erhalten; und nicht von einem seiner kühlen Vorgesetzten, die dir mit monotoner Stimme berichteten, dass sein Herz heute seine letzten Schläge vollzogen hatte; nur noch Fetzen seines Körpers übrig waren, gar seine Leiche verschollen war, sowie die von Dutzend anderer auch. Immer wenn du seine raue Stimme am anderen Ende der Leitung hörtest, belegt von den Dingen, die er an diesem Tag gesehen hatte und der Sehnsucht nach dir, die mit jeder Sekunde eures Gespräches sich zu erweitern schien, brachten Emotionsmassen den Damm in deinem Inneren zum Fall, die du meist Tage lang schmerzvoll zurückgehalten hattest. Du hattest solche Angst um ihn. Solch unbeschreibliche Angst. Sein breites Grinsen durfte einfach nicht von der Bildfläche dieser Welt verschwinden ohne mindestens der halben Erdbevölkerung mit diesem heftiges Herzflattern bereitet zu haben. Vor Monaten durfte nicht das letzte Mal gewesen sein, wo seine weichen Lippen deine liebkost hatten, seine Hände deinen Körper erforscht hatten. Und erst recht durften seine starken Arme nicht einfach für immer verschlossen bleiben, in einem Grab vor der Brust verschränkt, und nie wieder weitausgebreitet für eure geliebte Tochter, deren meistgestellte Frage immer wieder, jeden Tag, die Frage nach ihrem wundervollen Papa war. Sowie Aces erste Sätze sich zuerst immer an die Kleine richteten. Deine eigenen Worte jedoch lagen immer nur unausgesprochen in der zersetzten Luft; so viele Fragen, die du niemals stellen könntest. Du wusstest nicht ansatzweise was Ace alles durchmachen musste, weshalb du dir jedes Mal erneut auf die Zunge bissest um die Fluten an Nomen, Verben und Adjektiven zurückzuhalten, die Ace nur noch nachdenklicher und trauriger machen würden. Du musstest stark bleiben; für ihn und für die kleine Prinzessin, deren pechschwarze Haare, die winzigen Sommersprossen um ihre Nase und ihre draufgängerische Art, dich jeden Tag aufs Neue an ihn erinnerten. Würde er sterben, würde sein Geist in ihr weiterleben. Du warst gerade 20 geworden, als die Balken auf dem Schwangerschaftstest die Ankunft der Kleinen verkündet hatten. Du konntest es damals nicht fassen. Es gab so viele Tränen; Tränen die alles andere als Freudentränen waren. So viele Streitereien mit anschließenden Umarmungen und zarten Küssen auf dein Haar. So viele abweisende Blicke, abschätzend und verurteilend. Doch euch war von Anfang an klar, dass es nun kein Zurück mehr gab; selbst wenn eure Eltern da anderer Meinung waren. Ihr hättet euer Leben noch vor euch; lasst euch nicht eure Zukunft verbauen, hatten sie gesagt. Immer wieder lagen dutzende Infobroschüren und Links zu irgendwelchen Webseiten auf euren Schreibtischen; so viele, dass ihr manchmal die Farbe des Holzes dessen nicht mehr ausmachen konntet und so viele, dass ihr Beide schließlich einen festen Entschluss gefasst hattet. Ihr musstet da weg. Du hattest gerade erst ein Semester deines Studiums hinter dir, während Ace nur noch eins fehlte um dieses zu beenden; eure Ersparnisse waren spärlich, eure Möglichkeiten begrenzt. Zu gut konntest du dich noch an den Tag erinnern an dem Ace vor deinem Hörsaal auf dich gewartet hatte, die schwarzen Haare feucht vom Regen im Gesicht verstreut und die Hände tief in die Taschen seiner grauen Jacke steckend. Als er dich sah, leuchteten seine Augen auf, und trotz eurer misslichen Lage, lächelte er dir süffisant entgegen. Fragend hattest du ihn angesehen, bevor du seufzend deinen Kopf in seiner Halsbeuge vergraben hattest. Er drückte dich fester an sich, lachte auf. „Ich hab eine Wohnung gefunden.“ Schnell löstest du dich wieder von ihm, um in seine Augen blicken zu können. „Was? Tatsächlich?“ Mit offenem Mund hattest du ihn angestarrt, seine Arme immer noch um deine Hüften spürend. Er nickte schmunzelnd. Du stießt einen überraschten Schrei aus, fielst ihm um den Hals, spürtest kurz darauf seine Lippen auf deinen. Doch es war nur eins der wenigen Hochs in einer Zeit voller Tiefs gewesen. Ihr hattet es euch zum Ziel gemacht, trotz der Kleinen euer Studium zu beenden, was nicht wirklich das Einfachste war, wenn man bedachte, dass ihr nebenbei auch noch irgendwie Geld verdienen musstet. Aces sprintete von Nebenjob zu Nebenjob, vom einen Buch zum nächsten. Er schaffte es schließlich, absolvierte erfolgreich seine Prüfungen, nur du bliebst zurück mit Wehen im Krankenhaus, Aces Hand zerquetschend und die schmerzverzehrtesten Schreie deines Lebens ausstoßend. Alle deine Träume hattest du an diesem Tag in einen imaginären Papiercontainer geworfen; neue auf die Liste geschrieben, als sie dich das erste Mal angeblickt hatte, du das erste Mal ihren Herzschlag nahe deinem gehört hattest. Du wolltest eine gute Mutter werden, trotz deines jungen Alters. Ace ging es nicht anders. Die Kleine hatte ihren Platz in seinen Armen gefunden, verbrachte kaum eine Sekunde irgendwo anders. Immer wieder konntest du dann beobachten, wie er sie mit liebevollem Blick ansah, sie anfasste als könnte sie jeden Moment zerbrechen, ihr sanft über die Wange strich oder ihr einen Kuss auf ihren flausenden Kopf gab. Er war so ein toller Vater. Herzensgut und liebend mit jeder Faser seiner Körpers. „Sie lässt nicht los.“ Hatte Ace eines Tages gesagt, abwechselnd grinsend auf die Kleine in seinen Armen, und auf dich blickend. Verwirrt schautest du von deinen Büchern auf, deren Stoff einfach nicht in deinen Kopf gehen wollte, blicktest erst in sein Gesicht und liest schließlich deine Augen nach unten zu seinen Händen gleiten. Sie hatte ihre Miniaturhand um seinen Zeigefinger gelegt, klammerte sich daran; klammerte sich an ihren Vater. Dein Herz ging auf wie die Sonne am Morgen. Du prustetest los. „Das hat Krümel von dir.“ Neckte er dich, und du schmunzeltest süffisant zurück, zucktest die Schultern. „Irgendetwas muss sie ja von mir haben.“ Es waren Monate die vergingen, in denen ihr so langsam einen geregelten Tagesablauf fandet. Du gingst morgens zur Uni. Ace arbeitete mittags. Euer Leben war okay. Es schien als hättet ihr endlich euer Happy End gefunden. Doch wie bei jedem Happy End, geht es an der Schnittstelle an der man beschließt, dass nun alles gut ist, trotzdem weiter. Die Zeit bleibt nicht stehen, auch wenn man in Märchen, Filme und Büchern oft dies vorgespielt bekommt. Lebten Schneewittchen und ihr Prinz wirklich glücklich bis ans Ende ihres Lebens? Sicherlich nicht. Da gab es bestimmt den ein oder anderen Streit, oder den ein oder anderen Moment, den die beiden nicht bewältigen konnten. Und ganz sicherlich hatte das Leben nicht immer zu ihren Gunsten gespielt. Aber niemand möchte solche Sachen hören. Genau deshalb wurde Schneewittchen nicht mit 20 schwanger. Und genau deshalb erkrankte ihre kleine Tochter auch nicht mit 16 Monaten an Krebs. Und genau deshalb wurde kurz darauf auch nicht ihr Prinz gefeuert. Weil es zu kompliziert war. Deshalb lebten sie glücklich bis ans Ende ihrer verfluchten Tage. „Ace fahr schneller!“ Hattest du gerufen, die Tränen wie Lava auf deinen Wangen spürend und die kleine Gestalt in deinen Armen fest an dich drückend, deren blasse, fahle Haut und das Nasenbluten einfach nicht verschwinden wollten. Du fühltest dich so verdammt hilflos. Vor wenigen Tagen erst hattest du ihren Kinderarzt aufgesucht, ihm von dem mangelnden Interesse an Nahrung und dem stetigen Gewichtsverlust berichtet. Doch er hatte dich nicht für voll genommen; dachte du, als unwissende Teenie Mutter hättest dem armen Mädchen nur etwas Falsches zu Essen gegeben. So warst du wieder gegangen; hattest eine schier unzählige Tour von Arztbesuchen gestartet, die jedoch alle nicht anders als ihr Vorgänger reagierten. Vielleicht war es eine Überreaktion deinerseits gewesen, doch du warst schließlich nicht dumm; wusstest dass irgendetwas eindeutig nicht so lief wie es laufen sollte. Ace antwortete nicht auf deine drängenden Worte, fuhr einfach an der Schnarchnase, die eben noch vor euch her getrödelt war vorbei und raste Richtung Krankenhaus. Dein Herz pochte wie wild, wollte sich einfach nicht beruhigen, selbst als ihr durch die Türen der Notfallzentrale tratet, dein Shirt von ihrem Blut befleckt, und deine zittrigen Hände um das Bündel in das du sie gewickelt hattest gedrückt. Ace hatte einen Arm um deine Hüfte geschlungen, versucht dich damit irgendwie zu besänftigen. Doch es gelang ihm nicht. Selbst bist heute hatte er es kein einziges Mal geschafft. Der Arzt teilte euch nach kaugummilangen Tagen der Untersuchungen, des wenigen Schlafes, und der nackten Angst die Ergebnisse mit. Diagnose Blutkrebs; Leukämie. Noch nie hattest du Ace weinen gesehen; wirklich noch nie. Wenn du ehrlich warst hattest du geglaubt, dass er zu so etwas überhaupt nicht im Stande sei. Doch als ihr dort auf den harten Stühlen des Sprechzimmers gesessen habt, der Arzt euch für wenige Minuten eure Privatsphäre gelassen hatte, da kamen ihm die Tränen, so heftig und abrupt wie sie ebenfalls aus dir herausgeschossen waren. Er flüsterte immer wieder „Warum?“ in den sonst so stillen Raum, der lediglich von deinen Schluchzern und dem Geräusch deines japsenden Atems erfüllt war. Warum, warum, warum? Du hattest keine Ahnung. Du spürtest nur die Stückchen deiner gebrochenen Welt, die auf euch niederrieselten. Du wusstest, dass Kinder teuer waren. Aber kranke Kinder, waren der Super Gau unter den Ausgaben. Es war unmöglich all die Rechnungen zu begleichen, die sich auf eurem Tisch gestaut hatten; kein Mensch konnte das bezahlen. Mittlerweile hattest du es aufgegeben zu studieren, hattest dir einen Job gesucht um für die Kosten die, die Behandlungen verursachten aufkommen zu können. Ace sollte das nicht alleine stützen müssen. Doch das Geld reichte trotzdem vorne und hinten nicht. Erst recht nicht, als er eines Tages ein paar Stunden früher nach Hause gekommen war, gesagt hatte, dass seine Firma Leute entlassen hatte, er dazu gehörte. Euer Leben wurde unlebbar. Ihr kamt nicht dran vorbei nun doch nach so langer Zeit jemanden um Hilfe zu bitten. Doch wen? Alle hatten euch im Stich gelassen. Euch war klar, dass ihr deine Eltern sofort vergessen konntet. Sie gaben Ace immer noch die Schuld an allem; „Er hätte die ‚Milch‘ verschüttet“ hatten sie so oft gesagt. Machten euch Vorwürfe, zeigten sich stur, verständnislos. Es blieb nur noch Aces Großvater. In den letzten Wochen hattet ihr Aces Bruder Luffy fast täglich gesehen. Manchmal hatte er sogar Grüße von Garp ausgerichtet, sollte Fragen ob alles okay war, wie es der Kleinen ging; manchmal war nun mal öfter als gar nicht. Es war ein Versuch wert gewesen. Und indirekt hatte er ja auch geholfen; zumindest was das Geld anbelangte. Indirekt. Denn wenige Monate danach war Ace bei der Marine. Du hattest dich standhaft dagegen gewehrt ihn ziehen zu lassen. Genau jetzt brauchte die Kleine ihren Vater schließlich am meisten. Doch Garp, der schon immer eine glänzende Zukunft für seine Enkel bei der Marine vorgesehen hatte, konnte diese unglaubliche Chance einfach nicht verstreifen lassen. In jeder freien Sekunde zog er Ace beiseite, machte ihm ein schlechtes Gewissen, nutzte eure kleine Tochter und dich, Aces größte Schwachstellen, als Druckmittel. Bis er schließlich doch zusagte; ohne deine Zustimmung. „Ace, das kannst du nicht machen.“ Hattest du gesagt, deine Hände auf deinen Hüften abgestützt. Flehend hatte er dich nur angesehen. „Ich muss aber.“ Murmelte er als erbärmliche Erklärung, versucht deine strenge Fassade, hinter der sich das verzweifelte kleine Mädchen, das du in diesem Moment warst, zu Fall zu bringen. Du schnaubtest auf, schütteltest den Kopf. „Sie braucht dich!“ Riefst du mit zittriger Stimme, die Umrisse des Zimmers nur noch verschwommen vor dir ausmachen könnend. Er zuckte merklich zusammen, schaute dich traurig an. „Ich brauche euch auch.“ Hatte er leise gemurmelt, bevor er lauter fortfuhr. „Aber ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn meiner Selbstsucht ihr Tod zu verschulden wäre.“ Und nun bist du wieder am Anfang dieser wenigen Zeilen, den 6 Monaten, die seitdem verstrichen waren; krank vor Sehnsucht und überfordert mit jeder Kleinigkeit in deinem Leben. Das Einzige das wohl momentan einigermaßen gut lief, war der Heilungsprozess ihrer Krankheit. Die Therapiemethoden schlugen an. Ein kleiner Lichtblick an eurem Nebelschwaden durchzogenen Himmel. Jeder Tag war gleich; immer hofftest du er käme wieder. Auch als du an diesem mal wieder von einem langen Arzttermin nach Hause kamst; berauscht von den positiven Worten des Doktors und müde von den vielen Stunden im Wartezimmer. Die Süße umklammerte fest deine Hand, als ihr die Tür herein tratet, ließ sie jedoch plötzlich hastig los; stürmte den Flur entlang obwohl sie eigentlich furchtbar erschöpft von dem heutigen Tag sein sollte. Du schautest auf, starrtest ihr hinterher, dein Herz blieb stehen; er stand vor dir. Du dachtest zuerst du hättest Halluzinationen, warst nun vollkommen verrückt geworden. Doch die Kleine rannte immer weiter, direkt in die Arme ihres Vaters. Er hob sie in die Luft, strahlte sie mit funkelnden Augen an und drückte sie fest an sich. Glücklich schlang sie ihre dünnen Arme um seinen Hals, presste ihren kleinen Kopf an seine muskulöse Brust und seufzte leise in sich hinein. „Papa!“ Schrie sie freudig auf, einen Kuss auf ihre Haare erntend und federleicht auflachend, zu froh endlich wieder einen der liebsten Menschen in ihrem Leben zurück zu haben. „Hey Krümel.“ Seine Stimme klang erschöpft, ausgelaugt, doch grinste er sie an wie tausende Sonnen und alle Sterne zusammen, verliebt und stolz und erleichtert zu gleich. Dein Herz schlug wenige Takte schneller, dein Lächeln wurde immer breiter. Es war einfach zu schön um wahr zu sein. Er hob seinen Blick, begegnete deinem, und sein Grinsen wurde soweit es irgendwie möglich war noch breiter. Erst langsam und dann immer schneller liefst auf ihn zu, könntest schon die Tränen spüren, die deine Kehle zuschnürten, sich in deinen Augen sammelten. Das war einfach unmöglich. „Ace.“ Bekamst du erstickt hervor, bevor du dich wie eure Kleine eben, fest an seinen Körper drücktest. Seine dir so schmerzlich bekannte Wärme strömte, überflutete, jede einzelne deiner Zellen. Du schmiegtest dich noch fester an ihn, spürtest nun seinen Arm um deine Hüfte. Du konntest es einfach nicht fassen. Auch die Kleine legte nun ihr schmächtiges Ärmchen um deinen Hals, scheinbar denkend deine Tränen wären aus Trauer; doch es war Erleichterung, Freude und ein Felsbrocken, der von deinem Rücken fiel. Du konntest endlich wieder atmen. „Hey.“ Vorsichtig wischte er eine deiner Tränen von deiner Wange. „Ich bin wieder da.“ ∞ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)