Bloß nicht Slytherin! von SeKaYa (Löwen in der Schlangengrube) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Nach Snapes Davonrauschen war Ruhe eingekehrt. Harry, Ron und Neville hatten schweigend ihre Koffer soweit ausgepackt, wie sie sich trauten, und saßen nun zusammen auf Rons Bett und spielten Karten. Es juckte Harry in den Fingern, sich im Reich der Slytherins umzusehen, aber gleichzeitig hatte er die Befürchtung, der unangenehmeren Sorte in die Hände zu laufen. Außerdem warteten sie darauf, dass Hermine sich meldete – wenn sie nicht bereits Opfer der Slytherins geworden war.   Malfoy, Nott und Zabini hatten sich in ihre eigenen Ecken verzogen. Malfoy lag auf seinem Bett und blätterte in einer Zeitschrift, Zabini las ein Buch und Nott war eifrig dabei, irgendetwas zu schreiben. Kurz, jeder ging seinen eigenen Dingen nach. Es war geradezu unheimlich ruhig. Wäre die Umgebung nicht in Slytherinfarben dekoriert und im Kerker, es hätte nicht so gewirkt, als würden sie mitten in der Schlangengrube sitzen.   Eigentlich ein seltsamer Gedanke.   "Hey, Blaise", unterbrach Nott schließlich das Schweigen. "Leihst du mir deinen Verwandlungsaufsatz? Mir fehlen immer noch fast zwei Zoll."   Zabini gab ein mürrisches Geräusch. "Das kommt davon, dass du es immer auf den letzten Drücker machst." Er griff jedoch in seinen Koffer und zog eine Pergamentrolle hervor, die er Nott zuwarf.   Ron schnitt eine Grimasse. "Ihr macht Hausaufgaben?"   Nott und Zabini sahen ihn ausdruckslos an.   "Natürlich machen wir Hausaufgaben", sagte Zabini dann mit einem Stirnrunzeln. "Weißt du, wie fuchsig Snape wird, wenn er erfährt, dass wir sie nicht machen? Außerdem hat er gesagt, wir sollen den Tag produktiv nutzen – und weißt du, wie der Stundenplan aussieht?"   "Vergiss es, Blaise." Nott studierte Zabinis Aufsatz. "Du redest mit Weasley. Du weißt schon, der Typ, der Snape Aufsätze gibt, die er beim Frühstück hingeschmiert hat – inklusive Teilen seines Essens."   Die Slytherins kicherten sich ins Fäustchen, während Ron feuerrot wurde. Harry wurde es ebenfalls, denn auch wenn Nott nur von Ron gesprochen hatte, traf es doch auch irgendwie auf Harry zu. Und die Idee, dass Snape sich damit befassen könnte ... nun, er war schlimm genug in seinem eigenen Unterricht, aber wenn er sich jetzt auch noch in die Hausaufgabenmoral in anderen Fächern einmischte. Harry überlegte, ob es nicht vielleicht doch besser wäre, seine Aufsätze noch einmal anzusehen. Er hatte es dieses Jahr geschafft, sie alle zu machen, mit Hilfe von Florean Fortescue, aber er hatte den Verdacht, dass er vielleicht trotz allem nicht genug gemacht hatte.   Ron schien ähnliche Gedanken zu hegen. Es war zweifelhaft, dass er den Hausaufgaben entkommen war, aber wenn Harry daran dachte, dass Ron einige Zeit in Ägypten war ... Ron sah Harry leicht verunsichert an. Es war eindeutig, dass er keine Lust hatte, sich jetzt mit Hausaufgaben zu befassen. Sie hatten immerhin einen freien Tag ergattert. Aber wenn Snape wirklich auch darauf achtete, dass man in anderen Fächern Hausaufgaben machte, dann ...   "Neville?", fragte Harry und sah den letzten im Bunde an.   Neville zuckte die Schultern. "Meine Großmutter hat dafür gesorgt, dass ich alles fertig habe."   "Eigentlich bin ich auch fertig, aber wer weiß, welche Standards Snape setzt", murmelte Harry.   Ron kaute auf seiner Lippe. "Ich denke, dass ich alles habe, aber ... ich bin mir nicht mehr sicher. Vielleicht habe ich was vergessen. Fred und George haben mir die Sachen einmal geklaut und ..."   "Hör dir die an." Zabini verzog das Gesicht. "Merlin, wenn ihr euch solche Gedanken macht, dann tut was. So viel dazu, dass die Gryffindors erst handeln und dann denken."   "Nur, wenn es absolut idiotisch ist", warf Malfoy ein. "Sonst drücken sie sich so gut es geht vor Taten."   Harry ignorierte ihn. Stattdessen kramte er in seinem Koffer und holte einige etwas zerknittert aussehende Pergamentrollen hervor. Seine Bücher mussten darauf gefallen sein. Nun, die Rolle mit seinem Aufsatz für Zaubertränke hatte nichts abbekommen, also war das eine Sorge weniger. Wenn sie jetzt noch die richtige Länge hatte, dann war die erste Stunde bei Snape vielleicht kein komplettes Desaster.   ~*~*~   Erstaunlicherweise verging der Vormittag in Ruhe und Frieden. Die Slytherins waren mehr mit sich selbst beschäftigt, als damit, die Gryffindors zu ärgern. Harry fühlte sich den ganzen Morgen über seltsam. Er wusste, dass der Rest der Schule Unterricht hatte – ausgenommen ihres Jahrgangs – und die Stille war auffällig. Hin und wieder waren ein paar der älteren Schüler im Gemeinschaftsraum, weil sie eine Freistunde hatten, aber sie schenkten den Gryffindors auch kaum Beachtung.   Als Harry, Ron und Neville sich mit Hermine trafen, berichtete sie ähnliches. Sie teilte sich den Schlafsaal mit Daphne Greengrass und Millicent Bulstrode und beide waren erstaunlich friedfertig. Gerade bei Bulstrode war es eine Überraschung. Harry konnte sich noch an den Duellierclub im letzten Jahr erinnern, und da hatte sie alles andere als friedfertig gewirkt.   "Bisher haben sie mich nicht einmal beleidigt", sagte Hermine und setzte sich zu den Jungs im Gemeinschaftsraum der Slytherins. Auch so eine Merkwürdigkeit – Gemeinschaft und Slytherin zusammen in einem Satz. "Ich weiß nicht, ob das dicke Ende nicht noch kommt, aber bisher schienen sie sich nicht besonders dafür zu interessieren, dass ich muggelstämmig bin."   "Besser für sie." Ron starrte finster auf eine Gruppe Slytherins am anderen Ende des Raumes. "Wenn auch nur einer von denen was sagt, dann –"   "Dann was?" Hermine sah ihn streng an. "Willst du dich mit dem gesamten Haus anlegen?"   "Nicht zu vergessen Snape", brummte Harry. "Ich bin dafür, dass wir uns verteidigen, aber die Slytherins sind in der Überzahl. Und ich wette, die haben auch kein Problem damit, uns nachts anzugreifen."   Ron verzog das Gesicht. Es passte ihm offensichtlich gar nicht, dass sie zum Nichtstun verdammt waren. Harry fühlte sich auch nicht wohl bei dem Gedanken. Es ging nicht nur darum, dass keiner das Recht haben sollte, Hermine wegen ihrer Abstammung zu beleidigen – was in Slytherin offensichtlich keinen störte, wenn man Malfoys vergangene Auftritte bedachte. Aber wenn sie sich dagegen wehrten, dann hatten sie das gesamte Haus gegen sich, mehr als jetzt schon. Bisher wurden sie mehr ignoriert als alles andere, aber wenn sie Streit suchten ... dann wären sie ihres Lebens nicht mehr sicher.   Harry hätte vorgeschlagen, irgendwo anders hinzugehen, einfach, um der Atmosphäre zu entkommen, aber er erinnerte sich genau daran, dass sie das Passwort noch nicht hatten. Oder vielmehr, dass sie keine Ahnung hatten, was das Passwort sein könnte. Sollten sie also den Gemeinschaftsraum verlassen – und sich auch nicht verirren, weil das in den Kerkern noch eine weitere Möglichkeit war – dann kamen sie nie wieder rein. Er wüsste nicht, welchen Slytherin sie davon überzeugen könnten, sie reinzulassen.   Überhaupt, was war das für ein dummer Hinweis? Der Name von ihr wisst schon wem. Selbst die Slytherins würden doch kaum Voldemort als Passwort benutzen, oder? Den Namen benutzte sowieso niemand wirklich, außer vielleicht Dumbledore.   "Hat einer von euch eine Idee, was das Passwort ist?", fragte Harry leise.   Ron sah einen Moment verwirrt drein. "Passwort?"   "Vom Gemeinschaftsraum", meinte Harry. Er verzog das Gesicht. "Mir fällt nur Vol… Du-weißt-schon-wer ein, und das wird's kaum sein. Und den Namen Tom Riddle kennt auch keiner."   Neville runzelte die Stirn. "Wer ist Tom Riddle?", fragte er verwirrt. "Hat der was mit Du-weißt-schon-wem zu tun?"   Nevilles Frage hing in der Luft wie eine Wolke. Harry sah ihn irritiert an. Im ersten Moment wusste er nicht, was er sagen sollte. Kurz kam ihm der Gedanke, dass Neville es vergessen hatte, aber dann wurde ihm klar: Neville wusste es einfach nicht. Harry hatte Ron und Hermine berichtet, was geschehen war und wem er begegnet war, die ganze Geschichte. Er hatte es zuvor erst Dumbledore erzählt. Aber Neville war nie dabei gewesen. Es war keine Böswilligkeit seitens Harry, dass er es ihm nicht erzählt hatte - es war auch jetzt keine Böswilligkeit, dass er zögerte.   Harry wollte einfach nicht darüber sprechen. Die ganze Geschichte mit der Kammer des Schreckens war ... nun, schrecklich. Und die Tatsache, dass er in gewisser Weise dem Mörder seiner Eltern gegenübergestanden hatte, und dann doch wieder nicht, war verstörend, vor allem, da er ihn erst im Jahr davor gesehen hatte. Oder was von ihm übrig war.   Und dann war da natürlich noch die Umgebung. Der Gemeinschaftsraum war normalerweise ein Ort so gut wie jeder andere, um ein privates Gespräch zu führen, und dieses Mal war der Gemeinschaftsraum sogar ziemlich leer. Aber es war eben nicht der Gryffindor-Gemeinschaftsraum. Sie waren umringt von Slytherins, die es vermutlich brennend interessierte, was sie besprachen. Kammer des Schreckens? Erbe Slytherins? Du-weißt-schon-wer? Genau die Themen, die Harry nicht inmitten von Slytherins diskutieren würde.   "Ja", sagte er nur auf Nevilles Frage. "Wir erklären es dir später." Er sah bedeutungsvoll zu Ron und Hermine, die zustimmend nickten.   "Okay." Neville wirkte etwas verwirrt ob ihrer Reaktion, aber er kannte sie doch gut genug, um nicht weiter zu fragen. Stattdessen kam er auf das eigentliche Thema zurück. "Hat Snape nicht noch etwas anderes gesagt? Ihr wisst schon wer. Das kann jeder sein, der für Slytherin eine Bedeutung hat, oder?"   Hermine zog die Stirn kraus. "Das könnte sein", meinte sie langsam. "Vielleicht ist das Passwort Salazar Slytherin? Bekannter als er kann man in Slytherin kaum sein."   Könnte es tatsächlich so einfach sein? Salazar Slytherin. Eigentlich zu einfach. Snape würde doch sicher nicht so ein simples Passwort wählen, oder? Andererseits … Harry sah zu Ron. Im letzten Jahr hatten sie sich in den Slytherin-Gemeinschaftsraum eingeschlichen und Malfoy hatte gesagt, dass das Passwort Reinblüter war. Harry wusste nicht, was der Hinweis für das Passwort war, aber es klang ziemlich simpel.   "Wir können es schlecht testen", sagte er zerknirscht.   "Warum eigentlich nicht?" Ron grinste. "Einer geht raus und versucht es und die anderen warten drinnen und lassen ihn notfalls wieder rein."   "Das könnte sogar funktionieren." Hermine dachte darüber nach. "Aber vielleicht sollten wir uns direkt ein paar mehr mögliche Antworten überlegen, die wir gleich mit ausprobieren können?"   "Wozu?" Ron starrte sie an. "Wenn es beim ersten Mal klappt, umso besser!"   "Ja, aber –"   "Wir können uns noch mehr Namen ausdenken, wenn es das falsche Passwort ist", sagte Harry, der auch keine Lust hatte, vielleicht unnötig viel Aufwand zu betreiben. "Okay, wer geht?"   Ron schüttelte sofort den Kopf. Er hatte keine Lust, sinnlos gegen eine Wand zu reden. Hermine wollte es auch nicht riskieren – wer wusste, ob die Slytherins die Chance nicht nutzten um sie zu attackieren? Und Neville lehnte ebenfalls ab. Harry runzelte die Stirn. Warum blieb es an ihm hängen?   "Schön!" Er stand ruckartig auf und stapfte zum Eingang des Gemeinschaftsraums.   Sein Abgang ließ ein paar Slytherins aufblicken, aber sie schienen ihn nicht interessant genug zu finden, um ihn längere Zeit zu beobachten. Harry war das nur recht. Er brauchte wirklich kein Publikum, wenn er mit einer Wand redete. Er trat hinaus auf den Gang und atmete tief durch, bevor er sich umdrehte. Der Eingang war bereits wieder verschwunden und nur eine leere, unscheinbare Wand blieb übrig. Wenn er nicht genau wüsste, dass es der Eingang zum Gemeinschaftsraum war, Harry hätte sich gefragt, was er hier eigentlich tat. Ob die Erstklässler auch ständig daran vorbeiliefen, weil sie es vergessen hatten? Harry grinste in sich hinein. Der Gedanke gefiel ihm.   "Merlin, Potter, du bist auch nicht ganz richtig im Kopf, oder?" Ein paar ältere Slytherins kamen den Gang entlang auf ihn zu. "Kein Wunder, dass die anderen dich hier haben stehen lassen."   Harry starrte sie finster an. "Was soll das denn heißen?"   Der Slytherin sah ihn von oben herab an. "Stehst du nicht vor der Tür, weil du das Passwort nicht kennst?"   Harry wurde unfreiwillig rot. In gewisser Weise war genau das der Grund, aber er würde einen Teufel tun, und das erklären. Die Slytherins schienen sich auch so schon genug über ihn zu amüsieren.   "Und ich dachte, Snape hätte mal wieder ein simples Passwort genommen. Ich glaube, bis auf ein paar Erstklässler wusste es jeder am ersten Abend." Einer der Slytherins schüttelte den Kopf. "Gryffindors." Er trat an Harry vorbei und beugte sich zur Wand vor, um das Passwort zu flüstern.   Leider machte er seine Sache so gut, dass Harry nichts hörte. Er hätte die Chance ergreifen und in den Gemeinschaftsraum zurückkehren können – die Slytherins gaben sich keine Mühe, ihn daran zu hindern. Aber er war aus einem bestimmten Grund hier und er wollte es den Kerlen zeigen. Er würde das verdammte Passwort herausfinden, und wenn es das letzte war, was er tun würde! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)