Bloß nicht Slytherin! von SeKaYa (Löwen in der Schlangengrube) ================================================================================ Kapitel 10: ------------ "Malfoy, die kleine Made, hat es verdient." Ron war sich dieser einen Tatsache mehr als nur sicher.   Malfoys Verletzung in Pflege magischer Geschöpfe war das einzige Gesprächsthema – auf den Weg zu Verteidigung gegen die Dunklen Künste, wo Professor Lupin ihnen hauptsächlich Fragen zum bisherigen Stoff stellte, auf dem Weg zum Mittagessen, wo die Slytherins miteinander tuschelten und böse Blicke zum Lehrertisch sandten, und genauso in Zauberkunst, wo Flitwick seine liebe Mühe hatte, ihre Aufmerksamkeit auf den Unterricht zu lenken. Es war wenig verwunderlich, da Malfoy ein Slytherin war und sie sich in Slytherin befanden. Die anderen hatten das Gefühl, man hätte einem der ihren ein Unrecht angetan.   Harry war jedoch, genau wie Ron, der Ansicht, dass Malfoy nur sich selbst zu danken hatte. Hagrid hatte genaue Instruktionen gegeben. Es war Malfoy, der sie missachtet hatte. Hermine war eher besorgt, denn Malfoy würde sich nicht so einfach geschlagen geben. Er würde auf Rache aus sein. Dass er wieder gesund wurde, stand für Harry außer Zweifel. Man hatte Harry mal alle Knochen aus dem Arm verschwinden und anschließend nachwachsen lassen – Malfoy hatte wahrscheinlich nicht viel mehr als einen tiefen Kratzer.   "Ich stelle fest, es vergeht nicht einmal eine Woche bevor es erste Mordversuche gibt." Snape tauchte hinter ihnen auf.   Bisher war nur der Slytherinteil der Klasse eingetroffen, deshalb war Snapes Bemerkung fast schon als privat zu nennen. Harry hatte bereits vorher festgestellt, dass Snape sich zuweilen zu fast menschlichen Worten hinreißen ließ, wenn er nicht anderen Häusern gegenüber auftrat. Harry könnte darauf gut verzichten, wenn es bedeutete, Snape weniger zu sehen.   Ron schnaubte. "Höchstens Selbstmord. Es war Malfoy, der sich wie die Schaufel im Walde verhalten hat."   Snape hob eine Augenbraue. "Ein … ungewöhnliches Bild, Weasley. Soll ich nun davon ausgehen, dass du weitaus mehr implizierst, als dein beschränkter Intellekt zulässt, oder annehmen, dass du eine Axt im Walde meintest?"   "Die Schuld liegt allein bei dem großen Idioten", grollte Zabini, bevor Ron etwas sagen konnte.   "Hagrid ist kein Idiot!", fauchte Harry und machte einen Schritt auf Zabini zu.   Snape streckte den Arm aus und hielt ihn davon ab, Zabini an die Gurgel zu gehen. "Genug", sagte er kühl. "Potter, du solltest an deiner Beherrschung arbeiten, auch wenn das wohl ein sinnloses Unterfangen ist."   "Aber er –"   "Er hat einen Lehrer beleidigt!", meldete sich Hermine zu Wort, ihre Wangen gerötet vor gerechtem Zorn.   "Hat er das?" Snape musterte Zabini von oben bis unten. "Ich wusste nicht, dass ihr telepathische Kräfte habt. Ich habe nur gehört, dass er von einem großen Idioten sprach. Namen wurden dabei nicht genannt." Er sah verächtlich zu den vier Gryffindors, obwohl Neville sich geflissentlich im Hintergrund gehalten hatte. "Wenn das nun geklärt ist …"   Snape wies sie an, in die Klasse zu gehen. Harry funkelte ihn zornig an – sie alle wussten, wen Zabini gemeint hatte, aber natürlich stellte sich Snape auf die Seite der Slytherins. Er war fast versucht, in Snapes Hand zu beißen, einfach aus Prinzip. Er tat es natürlich nicht, aber er hatte eine große Freude daran, sich bei jeder Zutat, die er zerdrücken und zerschneiden musste, Snape und die anderen Slytherins vorzustellen.   ~*~*~   "Puh ..." Ron streckte sich. "Der erste Tag ist geschafft!"   Zaubertränke war eine zähe Angelegenheit gewesen, aber wie Ron bereits sagte, der erste Tag war geschafft. Es hatte nicht geholfen, dass die Gerüchteküche am Brodeln war – auch wenn Harry manche Gerüchte fast schon lustig fand. Malfoy wäre gefressen worden, und das, obwohl der so ungenießbar war. Eine andere Variante war, dass ihm der Arm abgerissen worden war. Am Ende waren es alles Übertreibungen, eine schlimmer als die andere. Wenn man nach den Gerüchten ging, hatte Hagrid Malfoy den Hippogreifen zum Fraß vorgeworfen, was natürlich absolut nicht stimmte. Sich da zurückzuhalten war eine Zerreißprobe geworden.   "Und ich hatte gehofft, dass die Sache mit Sirius Black und den Dementoren das einzige Problem dieses Jahr bleiben würde." Harry seufzte schwer. "Wenn Malfoy in Fahrt kommt …"   "Wir müssen Hagrid helfen", meinte Hermine, "aber bevor wir wissen, was Malfoy plant, sind uns die Hände gebunden."   "Glaubst du?" Ron zog die Brauen zusammen. "Kann Dumbledore die Sache nicht klären?"   "Nicht, wenn Malfoy sich nach außen wendet", erwiderte Hermine düster. "Dann ist es keine schulinterne Angelegenheit mehr und Dumbledores Möglichkeiten werden eingegrenzt. Wie letztes Jahr – am Ende hat sich das Ministerium eingemischt."   Harry runzelte die Stirn. "Aber letztes Jahr war auch ein Basilik, von dem niemand wusste, dass es einer ist, im Schloss unterwegs. Da war die ganze Schule in Gefahr – jetzt ist es nur Malfoys eigene Dummheit."   "Und du glaubst, dass es ihn davon abhält, etwas zu versuchen?"   Harry war nicht überzeugt. Sicher, Malfoy würde etwas versuchen. Aber die Frage war doch eher, wie viel Erfolg er damit haben würde. Denn sie alle hatten gesehen, wie Malfoy Hagrids Anweisungen missachtet hatte. Dass die Anweisungen richtig waren, daran bestand doch eigentlich kein Zweifel, sonst müsste Harry sich neben Malfoy im Krankenflügel befinden. Selbst die Tatsache, dass Malfoy noch im Krankenflügel war, hatte mehr damit zu tun, dass er weinerlich tat und Madam Pomfrey übervorsichtig war, als damit, dass die Verletzungen so schwerwiegend waren.   "Wo ist eigentlich Neville abgeblieben?", fragte Ron und sah sich um. "Eben war er doch noch da."   Harry sah sich ebenfalls um. "Wo wir gerade dabei sind – wo ist Hermine hin?"   Sie blickten sich verwirrt an.   "Ist das das nächste Mysterium?" Ron verzog das Gesicht. "Mysteriöses Verschwinden von Schülern."   "Wenn es nur Neville wäre, würde ich ja annehmen, dass er sich verlaufen hat." Harry meinte das nicht einmal böse, denn er hatte teilweise auch schon den falschen Abzweig genommen. Die Kerker konnten sehr schwer zu navigieren sein. "Aber mit Hermine?"   Sie beschlossen, den Weg noch einmal zurück zu gehen. Vielleicht hatte Hermine ja das Fehlen von Neville bemerkt und war ihn suchen gegangen. Aber zwischen dem Gemeinschaftsraum und dem Zaubertränkeklassenraum war von ihnen keine Spur. Der einzige, dem sie begegneten, war Snape, der gerade die Tür abschloss.   Er musterte sie abschätzig. "Was führt ihr im Schilde?", fragte er mürrisch. "Ihr seid kaum hier, weil ihr meinen Unterricht so wertschätzt."   Ron schnitt eine Grimasse, die deutlich zeigte, was er von Snapes Unterricht hielt. Snapes Blick verfinsterte sich.   "Wir suchen nur jemanden", sagte Harry vage. "Ist das verboten?"   Snapes Blick fiel auf ihn. "Nein", sagte er gedehnt, "aber ich habe berechtigte Zweifel daran, dass ihr ein geeigneter Suchtrupp wärt. Ihr würdet euch bei der Suche selbst verlaufen." Er hob eine Augenbraue. "Zudem, wenn die Person, die ihr sucht, Mr. Longbottom ist, dann könnt ihr euch das sparen."   Harry und Ron sahen sich kurz an. "Warum?", fragt Ron misstrauisch.   "Weil Miss Bulstrode in ihrer Funktion als Stufensprecherin den Anstand hatte, das verlorene Schäfchen zurück zur Herde zu führen." Snape verschränkte die Arme. "Wenn ihr dann damit fertig seid, meine Zeit zu verschwenden …"   "Hermine war nicht dabei?", rutschte es Harry raus. Er hielt nicht viel von Bulstrode, aber wenn sie wirklich Neville geholfen hatte … wo war dann Hermine abgeblieben?   Snape runzelte leicht die Stirn, bevor sich seine Miene zunehmend verfinsterte. Harrys Frage musste ihn auf irgendeine zwielichtige Idee gebracht haben, anders konnte er es sich nicht erklären. Snape sah immer missgelaunt aus, aber jetzt machte er ein Gesicht, als ob die Katze den Kanarienvogel gefressen hatte – und deshalb eine Magenverstimmung hatte. Harry starrte ihn an, bis Snape sich auf die Gegenwart zu besinnen schien und sie anpflaumte, dass sie zum Gemeinschaftsraum gehen sollten.   "Ich werde Miss Granger einsammeln", sagte Snape geradezu bedrohlich.   ~*~*~   Harry und Ron hatten Neville wohlauf im Gemeinschaftsraum vorgefunden. Snape hatte die Wahrheit gesagt, als er behauptet hatte, dass Bulstrode ihm geholfen hatte. Nevilles Lächeln war matt, aber ihm ging es gut.   "Abgesehen von einigen Kommentaren war alles okay." Neville führte nicht aus, was das für Kommentare waren, aber Harry konnte es sich denken.   "Damit ergeht es dir besser als Hermine." Ron ließ sich auf das Sofa fallen und streckte Arme und Beine von sich. "Snape ist losgezogen, um sie zu holen." Er sah neugierig zu Neville. "Du hast sie auch nicht gesehen?"   Neville schüttelte den Kopf. "Ich habe länger gebraucht, um meinen Platz aufzuräumen, und als ich losging, war niemand mehr zu sehen. Ich weiß nicht mal, warum Bulstrode noch da war – vielleicht hatte sie noch eine Diskussion mit Snape – aber sie ist die einzige, die ich getroffen habe."   Harry kratzte sich am Kopf. Die Situation gefiel ihm gar nicht. Er hatte keine großen Zweifel daran, dass Snape Mittel und Wege hatte, um Hermine aufzuspüren. Der Mann konnte schlimmer sein als ein Bluthund. Aber wenn Hermine in den Kerkern verschollen war, dann deutete das unweigerlich daraufhin, dass die Slytherins involviert waren. Und Hermine war muggelstämmig, das, was die Slytherins nicht ausstehen konnten. Harry hatte das seltsame Gefühl, dass sie nur auf eine Gelegenheit gewartet hatten. Oder die Sache mit Malfoy hatte sie angespornt, Rache zu üben. An wem übte man besser Rache, als an einer muggelstämmigen Gryffindor?   Seine Sorge erwies sich als unbegründet – Snape kam in den Gemeinschaftsraum, die Miene geradezu mörderisch, und er zerrte eine feuerrote Hermine am Arm hinter sich her. Sie sprangen auf, bereit, Hermine auch gegen Snape zu verteidigen, aber Snapes Blick ließ sie innehalten. Snape zerrte Hermine nach vorne und stieß sie ziemlich unsanft in Rons Arme.   "Ich hoffe, das wird dir eine Lehre sein, Granger", schnarrte Snape. "Das nächste Mal lasse ich dich dort elendig versauern."   Hermine gab ein sachtes Nicken. Snape durchbohrte sie noch einmal mit einem Blick, bevor er herumwirbelte und davonstakste. Harry, Ron und Neville sahen verwirrt Snape nach. Was bei Merlin hatte Hermine angestellt, dass Snape so ungehalten war?   "Was ist denn in den gefahren?", fragte Ron und blickte auf Hermine, die er immer noch im Arm hielt, runter. "Bist du in sein Labor eingebrochen oder was?"   Hermine biss sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht war noch immer gerötet, aber ob es aus Wut über Snape oder aus Demütigung war, konnte man nicht sagen. Harry tippte auf letzteres, da Hermine sich scheinbar irgendeiner Schuld bewusst war. Sie war einfach viel zu regelkonform. Man sollte meinen, dass sie nach zwei Jahren wusste, dass Snape sich die Regeln gerne so zurechtbog, wie er sie wollte.   "Was dann?", fragte Neville.   Hermine schüttelte erneut den Kopf. "Es ist nichts." Ihre Antwort war wenig überzeugend, und sie sah sich genötigt, das weiter zu erklären. "Erinnert ihr euch daran, dass er mir Muggelkunde gestrichen hat?" Als die Jungs nickten, fuhr sie fort. "Er war nicht begeistert, dass ich trotzdem versucht habe, zum Unterricht zu gehen."   Ron zog die Brauen zusammen. "Deshalb warst du plötzlich weg? Weil du es so eilig hattest, zu Muggelkunde zu kommen?" Er schüttelte ungläubig den Kopf.   Harry wusste auch nicht, was er davon halten sollte. Es war ein Grund, der typisch für Hermine war, so viel war sicher, aber gleichzeitig war es so lächerlich. Hatte Snape sie womöglich direkt aus dem Unterricht geholt? Dann war es kein Wunder, dass sie so peinlich berührt schien. Hermine schwieg und damit schien das Thema beendet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)