Looking Glass von Drikani ================================================================================ Kapitel 1: Verzweifelte Zeiten ------------------------------ Sarutobi rannte durch die tiefsten Hallen des Hokageturmes, begleitet von dem Getrappel kleinerer Füße, die kaum mit ihm Schritt halten konnten. Er umklammerte die kleine Hand mit seiner eigenen sodass er den Jungen in seiner Hast nicht verlieren würde, sollte dieser stolpern. Um ihn herum hasteten Shinobi durch die verschiedenen Hallen und Räume. Lichter blitzten aus Lagerräumen hervor, als die wichtigen Dokumente erst auf portable Schriftrollen kopiert und danach sofort vernichtet wurden. Andere Shinobi strömten nach draußen um bei der Verteidigung zu helfen. Sarutobi sollte eigentlich auch in diese Richtung hasten. Es war die Pflicht des Hokage das Dorf mit seinem Leben zu verteidigen und er hatte nicht die Absicht diese Pflicht zu vernachlässigen, doch es gab eine weitere, mindestens genauso wichtige Pflicht die hinter ihm herlief.   Die Wände erbebten und das Licht flackerte kurz auf als eine weitere Explosion das Dorf erschütterte. Der alte Hokage schaute kurz zur Decke und fragte sich, ob er sich darum sorgen müsste, dass sie eventuell einstürzen könnte, verwarf den Gedanken jedoch sofort wieder. Die Angriffe waren weder nah noch stark genug um die Festung zu beschädigen geschweige denn sie zu zerstören. Die Explosionen selbst waren jedoch Besorgniserregend und er konnte fast die Schreie der noch nicht evakuierten Dorfbewohner und der verteidigenden Shinobi in seinen Ohren hören. Er beschleunigte seinen Schritt weiter, wodurch das Kind hinter ihm stolperte und schließlich stürzte.   Für einen Moment zog Sarutobi den Jungen hinter sich her. Der Jüngere versuchte verzweifelt wieder Fuß zu fassen und unterdrückte das sich mit Flüchen abwechselnde Wimmern, welches aus seinem Mund drang, doch der alte Mann schwang das Kind in seine Arme ohne seinen Schritt zu unterbrechen und setzte seinen Weg fort. Durch das dünne weiße T-Shirt des Jungen konnte er etwas warmes und feuchtes durch seine Kriegskleidung spüren. Glücklicherweise war die Wunde nicht Lebensbedrohlich und der Junge würde wieder genesen, solange er ein wenig Zeit bekam und nicht noch weiter verletzt werden würde.   Sie bogen um eine Ecke um und kamen in einen dunkleren Korridor, welcher wie ausgestorben wirkte und nur wenige Türen aufwies, wobei davon die meisten vor zufälligen Beobachtern verborgen waren. Sarutobis Schritte stockten nicht, als er auf eine dieser Türen zuhielt, unsichtbar für jeden, der nicht schon von ihrer Existenz wusste oder nicht in die schützenden Siegel der Tür oder des Raumes dahinter mit einbezogen war. Ein paar Fingerzeichen deaktivierte die Versiegelung und er schlüpfte hinein.   Der Junge fühlte sich schlaff in seinen Armen an, war aber noch bei Bewusstsein. Die Bewegung hatte seinen Wunden überhaupt nicht gut getan und der Blutverlust kombiniert mit dem emotionalen Stress versetzte den Jungen in einen Schockzustand. Der alte Mann wünschte er könnte etwas tun, um das Elend der Kindes ein wenig zu lindern, doch die Zeit drängte. Mit einem schnellen Fingerzeichen hauchte er einer der Chakrakerzen leben ein welche kurz darauf das Zimmer in schauerliche Schatten des Zwielichts legte.   Es gab, abgesehen von den Kerzen, nur ein einzelnes Objekt in dem Zimmer. Es war als SS-Klasse Geheimnis eingestuft und nur wenige außer dem Hokage wussten von seiner Existenz, wovon es nur ein paar ausgewählte gesehen hatten und davon sogar noch weniger tatsächlich in gebrauch erlebt hatten. Tatsächlich war die Anzahl der Menschen, die es aktiv gesehen hatten auf den Sandaime Hokage und Shikaku, seinen ANBU-Berater, beschränkt. Sarutobi hatte es nie für den Zweck gebraucht, für den er es jetzt vorhatte, doch es war die beste und sicherste Methode die Sicherheit des jungen Uzumaki Naruto, der in seinen Armen zusammengedrängt war, zu gewährleisten.   Er setzte den Jungen ab, schneller als er es aufgrund der blutenden Wunde an seiner Seite hätte tun sollen. Die plötzliche Erschütterung richtete den Jungen jedoch auf, weshalb Sarutobi seine Schuldgefühle erst einmal unterdrückte. Er zog eine Schriftrolle mit einem, von ihm und seinem Schüler Jirayia entworfenen, komplexen Siegel hervor und breitete es auf dem Boden aus bis es komplett eben dalag, unmittelbar vor der großen Scheibe aus Kristallglas, die im Zentrum des Raumes stand.   »Naruto«, sagte Sarutobi und rief den Jungen damit aus seinem halb benommenem Zustand, in welchem er neben dem Hokagen schwankte, hervor.   »Alter Mann, was passiert hier?« Narutos Stimme war leise, was deutlich anders war, als der sonst übliche ausgelassene Ton, den man von dem achtjährigen gewohnt war.   »Das Dorf wird angegriffen«, antwortete Sarutobi entgegen seiner besseren Einsicht. Er brauchte schon viel zu lange, war viel zu lange fernab der Frontlinie. »Du bist eines der Ziele von diesem Angriff, also werde ich dich an einen Ort schicken von dem ich glaube dass du sicher sein wirst.«   »Sicher?«, wiederholte Naruto wobei ein Funke seines üblichen Charakters in seine Augen trat, »Aber ich kann hel—«   »Nein!«, schnitt ihn Sarutobi ab, schroffer als sonst und packte den Jungen fest an seinen Schultern. »Du bist ein immer noch nur ein Schüler der Akademie, Jahre von seinem Abschluss entfernt. Du wirst tun was ich dir sage. Jetzt schau mich an.«   Naruto erschreckte, ob des schroffen Tons, doch es war nicht genug Zeit, um dem Jungen alles im Details zu erklären. Naruto schaute gehorsam zu Sarutobis Gesicht hoch und der alte Mann fing seinen Blick ein und begann ein Genjutsu auf den Jungen zu legen. Narutos Pupillen weiteten sich leicht und wurden glasig während seine Schultern sich entspannten.   Sarutobi gab seine Anweisungen in einem klaren und autoritären Ton: »Naruto, ich will, dass du dir dieses Siegel einprägst.«   Die Augen des Jungen schwangen sofort nach unten zu dem vor ihnen entfalteten Papier, flogen über den Entwurf und nahmen jedes Symbol und Zeichen mit einer Fertigkeit auf, die er selbst nie besessen hätte. Sarutobi beobachtete, wie der Junge das Siegel drei mal komplett studierte ehe er sich ihm wieder zuwandte.    »Diese Siegel wird dich wieder nach Hause bringen wenn die Zeit reif ist. Benutze es NICHT ausser du hast den klaren Beweis, dass ich dich persönlich kontaktiert habe und dir mitgeteilt habe, dass es sicher ist zurückzukehren. Wenn es es wirklich wieder sicher ist, werde ich dir die nötigen Fingerzeichen zeigen. Hast du das verstanden?«, fragte Sarutobi obwohl es unnötig war. Die Anweisungen würden sich, dank dem Genjutsu, zusammen mit dem Siegel, in den Geist des Jungen einbrennen. Sie würden im Unterbewusstsein des Jungen liegen und jeden daran hindern, der versuchen würde, das Siegel mit Gewalt zu bekommen. Wenn es dann wieder benötigt werden würde, wäre Sarutobi in der Lage dazu, es wieder hervorzuholen.   Naruto nickte am Ende der Anweisungen immer noch, seine Augen auf Sarutobis in einer Art glasiger Faszination fixiert.   »Gut«, sagte Sarutobi, befreite den Jungen von dem Genjutsu und richtete seine Aufmerksamkeit zurück zu dem Siegel und dem Kristallglas vor ihnen.   Naruto blinzelte, schwankte neben ihm und schaute sich einen Moment lang in Verwirrung und Orientierungslosigkeit um. Er war blass und das Blut aus seiner Wunde befleckte sein weißes Shirt und verdunkelte das rote Wirbelmuster welches auf der Front aufgedruckt war. »Alter Mann?«, fragte er erneut, diese mal jedoch mit mehr Furcht und Verwirrung in der Stimme als zuvor.   Sarutobi hielt sich nicht mit einer Antwort auf, stattdessen konzentrierte er sich auf die Fingerzeichen die nötig waren um das Kristallglas zu aktivieren. Der Kristall vor ihm leuchtete für einen kurzen Moment auf, ehe er einen Raum zeigte, nicht unähnlich dem, in dem sie sich selbst befanden, nur dass darin niemand präsent war. Der alte Hokage packte Narutos Arm, schob den Jungen in die Mitte des Siegels und begann wieder mit seinen Fingerzeichen. Das Siegel zu aktivieren benötigte eine beträchtliche Menge an Fingerzeichen und er führte sie so schnell er konnte aus, immer der Tatsache bewusst, dass er schon viel zu viel Zeit gebraucht hatte.   Das Siegel auf dem Boden leuchtete blau auf und die Symbole und Zeichen bewegten sich in einer kreisförmigen Formation auf den Jungen zu und begannen an seinen Beinen hinaufzukriechen. Naruto starrte mit vor Faszination und Furcht geweiteten Augen und kreidebleichem Gesicht zu, unfähig sich zu bewegen. Sarutobi bereute es dem Kind so viel Elend zu bereiten, doch er hatte keine Wahl. Als die Zeichen das Papier komplett verlassen hatten und den Körper des Jungen von Kopf bis Fuß bedeckten, bewegte er sich nach vorne und schob ihn mit einem kräftigen Stoß durch das Kristallglas. Seine Hände stoppten an der kristallinen Oberfläche, unfähig sie zu durchdringen, doch der Junge fiel mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden der anderen Seite auf.   Sarutobi wartete einen Sekunde länger um sicher zu gehen, dass Naruto die Reise sicher überstanden hatte, doch in dem Moment als er den Arm des Jungen schwach zucken sah, verschloss er das Kristallglas, wodurch es wieder zu seiner halbtransparenten spiegelnden Oberfläche zurückkehrte. Das zusätzliche Licht in dem Raum verblasste wieder zu dem Kerzenlicht und der alte Mann wandte sich zur Tür. Er versiegelte den Raum wieder, fügte jedoch ein paar zusätzliche seiner persönlichen Sicherheitssiegel hinzu, um sicherzugehen, dass niemand ausser ihm selbst den Raum finden geschweige denn betreten könnte, sollte der schlimmste Fall eintreten. Dann, ohne einen Blick zurück, drehte er sich zu dem Korridor und hastete zu dem draussen immer noch andauernden Kampf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)