Anne im Traumhaus von steffinudel ================================================================================ Kapitel 3: Briefe aus der Ferne ------------------------------- Am Nachmittag kam Diana mit dem kleinen Fred überraschend zu Besuch. Die beiden Freundinnen saßen zusammen im Wohnzimmer, während Marilla begeistert mit dem kleinen Kerlchen in der Küche spielte. "Ich dachte ich komme dich heute kurz besuchen, wo doch Gilbert fort ist," sagte Diana und sah ihre Freundin mitfühlend an. "Das ist lieb von dir, Diana. Ich muss zugeben, dass ich gerade in einer richtig depressiven Stimmung bin." "Na so was habe ich mir schon gedacht und darum will ich versuchen dich ein bisschen aufzumuntern. Hast du schon gehört, dass Josie Pye und Moody heiraten wollen?" "Was?", fragte Anne erstaunt "Josie und Moody! Ist das dein Ernst?" "Ja, ich habe gestern die alte Mrs. Pye getroffen und sie hat mir erzählt, dass Josie mit Moody den besten jungen Mann von Avonlea bekommt." Anne brach in schallendes Gelächter aus. "Moody der beste Mann in Avonlea, na wenn das nicht zum totlachen ist." "Siehst du", sagte Diana "jetzt habe ich dich zum Lachen gebracht." "Diana, du bist die beste Busenfreundin, die man nur haben kann. Aber mal ehrlich, der arme Moody tut mir richtig leid. Das er freiwillig eine Pye heiratet", die beiden lachten fröhlich miteinander. Am Abend schrieb Anne ihren zweiten Brief an Gilbert. Geliebter Gilbert, nun bist Du soweit weg von mit in Kingsport. Du hast bestimmt eine ganze Menge zu tun. Die ersten Tage zu Beginn eines Semesters sind ja immer besonders aufregend. Aber ich dachte mir Du wirst Dich bestimmt über Post von mir freuen. Außerdem muss ich Dir doch den neuesten Klatsch aus Avonlea berichten. Es ist immer wieder erstaunlich, so klein unser geliebtes Avonlea auch ist, es passiert trotzdem dauernd etwas. Diana war heute bei mir, um mich etwas aufzumuntern. Sie ist wirklich eine treue Freundin und sie hat es tatsächlich geschafft. Wir haben beide so gelacht. Diana erzählte mir, dass Josie Pye und Moody heiraten wollen. Allein die Vorstellung ist ja lustig genug, aber sie hat es von der alten Mrs. Pye gehört und die sagte doch tatsächlich wörtlich `Josie bekommt mit Moody den besten jungen Mann von ganz Avonlea`(dabei kann man sich gut vorstellen, wie hochmütig sie das gesagt haben muss. Moody und der beste Mann aus Aveonlea, ich muss sagen ich bin in schallendes Gelächter ausgebrochen. Eigentlich tut mir Moody ja leid, eine Pye heiraten, das muss doch wie die Hölle auf Erden sein. Außerdem kann Moody gar nicht der beste Mann aus Avolea sein, denn an den besten jungen Mann aus Avonlea schreibe ich gerade einen Brief. Fühlst Du Dich jetzt geschmeichelt? Ich kann genau sehen, wie Du jetzt schelmisch grinst. Aber ich bin froh, dass Josie nicht wirklich den besten Mann aus Avonlea bekommt, denn den will ich haben (jetzt lachst Du schon wieder). Oh, übrigens Mrs. Lynde hat mich ermahnt, jetzt ja nur an meiner Aussteuer zu arbeiten, damit ich in zwei Jahren fertig bin und ich solle meine kostbare Zeit nicht mit Träumereien verschwenden. Was soll man dazu noch sagen, da fällst selbst mir nichts mehr ein. Aber jetzt werde ich träumen und zwar von Dir. In Liebe Anne Die erste Woche war dann doch tatsächlich im nu verflogen. Am Ende der Woche kam Marilla mit einem Brief in Annes Zimmer. "Ein Brief für dich, Anne." Anne sprang begeistert auf und nahm ihn entgegen. "Oh, Marilla" rief sie "er ist von Gilbert". "Du benimmst dich wie ein kleines Kind, das muss ich schon sagen, Anne Shirley." Doch Marilla lachte, als sie aus dem Zimmer ging. Anne setzte sich auf ihr Bett und betrachtete Gilberts säuberliche Handschrift. Dann öffnete sie den Umschlag mit pochendem Herzen. Meine Anne-Mädchen, ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich über Deinen Brief gefreut habe und Deine Haarsträhne trage ich immer bei mir. Es tut so gut von Dir und von Avonlea zu hören. Man könnte richtig Heimweh bekommen. Die erste Woche hier war wirklich anstrengend. Bis man mal die ganzen neuen Stundenpläne, Vorlesungen und Professoren im Kopf hat. Zu Beginn ist immer alles etwas chaotisch. Aber so langsam finde ich meinen Rhythmus wieder. Natürlich fehlst Du mir sehr und wie gerne würde ich Dich jetzt in meinen Armen halten. Mein Zimmerpartner heißt George Miller und kommt aus Halifax. Er ist wirklich ein netter Kerl. Wir verstehen uns ganz gut. Zufällig hat er die Haarsträhne von Dir gesehen und wollte gleich wissen, wessen wunderschönes Haar das ist. Nicht ohne Stolz sagte ich ihm `von meiner Verlobten`. Es ist das erstemal, dass ich Dich so genannt habe und es gefällt mir. Wenn ich dann eines Tages sagen kann `von meiner Frau`, werde ich wahrscheinlich vor Stolz platzen, liebste Anne. (Lach mich jetzt nicht aus). Irgendwann musst Du George mal kennen lernen, er kann wirklich jeden zum Lachen bringen. Berichte mir bitte bald wieder von dem schönen Avonlea und vor allem von meiner schönen Verlobten mit dem tollen roten Haar. Dein `bester Mann aus Avonlea` Gilbert P.S. Ich liebe Dich, Anne Shirley. Anne lächelt und hielt lange Gilberts Brief in den Händen. Als Anne einige Tage später vom Friedhof kam, traf sie Mr. Blythe. "Hallo, Anne", rief er. "Oh, guten Tag Mr. Blythe." "Wie geht es dir Anne? Hast du nicht Lust uns mal zu besuchen?" "Mir geht es gut. Natürlich würde ich gerne kommen." "Willst du gleich mitkommen? Meine Frau freut sich bestimmt." "Zeit hätte ich schon, aber ich möchte sie nicht so überrumpeln." "Na, komm ruhig mit. Es ist mal eine kleine Abwechslung." Als sie bei der Blythe Farm ankamen, trat Mrs. Blythe gerade aus dem Hühnerstall. "Guten Tag, Mrs. Blythe, ich hoffe ich störe sie nicht," sagte Anne. "Oh, Hallo Anne. Welch freudige Überraschung. Wie kommst du darauf, das du störst. Ich freue mich dich zu sehen." "Ich habe gesagt, sie soll ruhig mitkommen. Damit hab ich doch bestimmt auch für dich gesprochen, oder?", fragte Mr. Blythe seine Frau. "Natürlich, komm und trink einen Tee mit uns Anne. Ich habe gerade einen Nusskuchen gebacken." Sie nahm Annes Arm und führte sie ins Haus. "Was macht die Schreiberei, Anne?" fragte Mr. Blythe "Ich komme ganz gut voran. Ich hoffe dass die Geschichte auch meinem Verleger gefällt. Da habe ich immer so meine Zweifel", antwortete sie. "Alle hier in Avonlea, sind von deinem ersten Buch begeistert gewesen. Du machst unser kleines Dorf noch berühmt", wand Mrs. Blythe ein. "Na, berühmt würde ich nicht gerade sagen, es sind doch nur kleine Geschichten, die ich schreibe. Es ist kein großer, bedeutender Roman." "Aber es sind Geschichten, die den Leuten gefallen und das ist doch ausschlaggebend." "Ja, es gefällt mir, wenn ich die Leute mit meinen Geschichten berühre, ob ich sie zum lachen oder zum weinen damit bringe." "Hast du schon einen Brief von Gilbert bekommen?" "Ja, er hat mir vor zwei Tagen geschrieben." "Wir haben auch gestern einen Brief bekommen. Er scheint ziemlich viel zu tun zu haben. Aber er wird es schon schaffen." "Da habe ich auch keine Bedenken. Gil möchte unbedingt Arzt werden und darum wird er es auch schaffen." "Ja, unser Gil war schon immer ziemlich ehrgeizig. Nicht wahr, John?" "Es war auch nie einfach mit ihm in der Schule mitzuhalten", lachte Anne. "Aber du konntest mit ihm mithalten", sagte Mr. Blythe. "Das lag aber vor allen Dingen an meiner Sturheit und an meinem Stolz. Nie hätte ich es damals ertragen können, wenn er besser gewesen wäre als ich." Mr. Blythe lachte: "Du bist ziemlich böse auf ihn gewesen. Stimmt`s?" "Oh ja, er hat mich damals an meinem wundesten Punkt getroffen, meine Haare. Ich hab ihm ja dafür auch kräftig ein mit meiner Schiefertafel versetzt." "Ich denke, das hat ihm gar nicht geschadet." "Na ja, mein Temperament und meine Impulsivität sind ein großer Fehler an mir." "Ach, Anne" sagte Mrs. Blythe "jeder hat seine Fehler und wenn man einen Menschen liebt, dann doch auch wegen seiner Fehler." Anne blieb noch eine Weile, dann machte sie sich auf den Heimweg. Liebster Gilbert, heute habe ich Deine Eltern besucht. Dein Vater hat mich eingeladen, als ich ihn zufällig getroffen habe. Es war sehr nett und wir haben uns gut unterhalten. Zufällig sind wir beim erzählen auf die alte Geschichte mit der Schiefertafel gekommen. Wenn ich heute darüber nachdenke tut es mir fürchterlich leid, dass ich sie damals auf Deinem Kopf zerbrochen habe. Was mich dann immer wieder dazu bringt über meine Fehler nachzudenken. Ich meine mein Temperament, meine Sturheit und meine Impulsivität. Dann frage ich mich, wie Du mich trotz all meiner Fehler lieben kannst. Manchmal kann ich mich ja kaum selber leiden. Oh je, was schreib ich Dir denn da für Sachen. Verzeih mir ich sollte nicht so selbstzweifelnd klingen. Vielleicht liegt es daran, dass ich Moment mit meinem Buch nicht richtig weiterkomme. Aber in einem Punkt habe ich keinerlei Zweifel und zwar, dass ich Dich liebe, Gilbert Blythe. Und das ich mein Leben mit Dir verbringen möchte, bis wir beide alt und grau sind. Weißt Du noch das ich einmal gesagt habe wir würden mal wie zwei alte Krähen sein, die sich von früh bis spät streiten? Aber das stimmt nicht und wenn wir uns mal streiten, dann ist die Versöhnung doch das schönste dabei. Findest Du nicht auch? Jetzt werde ich zu Bett gehen und bestimmt einen schönen Traum von Dir haben. Gute Nacht mein Liebling. Dein Anne-Mädchen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)