Anne im Traumhaus von steffinudel ================================================================================ Kapitel 40: Ein anderes Haus? ----------------------------- Nachdem alle Kinder zu Bett gegangen waren, saßen Gilbert und Anne zusammen im Wohnzimmer. Anne hatte Gilbert die Geschichte von dem Regenwurm erzählt und Jem vor dem zu Bett gehen auch noch eine kleine Schachtel abgenommen, in dem sich ein fetter Regenwurm befand. Jem erklärte er hätte ihn nur Andrew als Ersatz schenken wollen. Doch Anne sagte sie wolle nichts mehr von Regenwürmern hören und setzte den Wurm im Garten aus. Gilbert hatte den Arm um sie gelegt und sie schmiegte sich an ihn. „Anne, ich glaube unser Haus wird zu klein. Oder unsere Familie zu groß?“ fragte er lachend. „Ich glaube du hast recht, Gil. Spätestens, wenn die Zwillinge älter werden, haben wir ein kleines Platzproblem,“ antwortete Anne. „Vielleicht sollten wir uns nach etwas größerem umsehen,“ sagte Gilbert. Entsetzt sah Anne ihn an. „Willst du damit etwa sagen, dass wir unsere Traumhaus verlassen sollen?“ ernst sah sie ihm in die Augen. „Was sollen wir den sonst tun, Karotte? Wir müssen in ein größeres umziehen.“ Wehmütig sah Anne sich um. „Aber wir sind so glücklich in unserem Traumhaus, Gil. Kein anderes Haus ist so wie dieses.“ „Natürlich nicht, aber man gewöhnt sich auch dort ein,“ sagte Gilbert praktisch. „Eingewöhnen!“, sagte Anne verächtlich. „Ich will mich nicht irgendwo eingewöhnen. Für mich bedeutet ein Haus mehr, als nur dort zu leben. Hierher sind wir nach unserer Hochzeit gekommen, Gil. Hier wurden unsere Kinder geboren. Diese Haus kennt unser Lachen, unsere Freude und auch unsere Tränen. Wie können wir wo anders wohnen?“ ihre graugrünen Augen blitzten ihn an. „Du nimmst dir immer alles viel zu sehr zu Herzen, Anne. Und im Grunde weißt du, dass ich recht habe.“ Anne verschränkte die Arme und sah trotzig in die andere Richtung. Gilbert drehte ihren Kopf sanft zu sich. „Sieh mich an, Anne. Wir werden doch nichts überstürzen. Wir werden schon etwas passendes finden. Ein Haus, in das du dich sofort verliebst.“ Er lächelte sie an und küsste sie auf die Stirn. Anne seufzte und gab ihre störrische Haltung auf. „Das ist es ja, wo vor ich Angst habe, ich könnte ein anderes Haus lieber haben, als das hier.“ Gilbert lachte „Oh, Karotte. Mit einem Haus ist es wie mit den Kindern. Hast du denn eines unserer Kinder lieber, als das andere?“ fragte er sie. Anne schüttelte den Kopf „Nein, natürlich nicht. Ich liebe sie alle. So wie sie sind.“ „Siehst du, genauso verhält es sich auch mit Häusern, man liebt sie, alle. Jedes hat doch seine eigene Geschichte, seinen eigenen Lebensabschnitt,“ erklärte Gilbert. Plötzlich küsste Anne ihn. „Eins ist sicher, Gilbert Blythe, du bist der einzige Mensch, denn ich so skandalöse liebe.“ Gilbert grinste und schlang die Arme um sie, als er sie erneut küsste. „Lass uns darüber schlafen, Gil.“ Beschloss Anne, nachdem sie zu Bett gegangen waren. Doch Anne konnte einfach nicht einschlafen. Dauernd schwirrte der Gedanke ihr Traumhaus zu verlassen durch ihren Kopf. Es war fast Mitternacht und Anne war immer noch wach. Gilbert schlief tief und fest. Seufzend stand sie auf und sah in die beiden Kinderzimmer. Alle schliefen, nur sie konnte keinen Schlaf finden. Unruhig lief sie in die Küche hinunter und trank ein Glas Wasser. Sie blickte aus dem Fenster in ihren lieblichen Garten. Wie oft waren sie und Gilbert schon im Mondschein durch diesen wundervollen Garten spaziert. Am Ende des Gartens stand ein kleines Spielhaus. Gilbert hatte es vor einer Weile zusammen mit Jem und Walter gebaut. Die beiden Jungen spielten immer mit Begeisterung darin und Walter hatte ihm so gar einen Namen gegeben. Jem nannte es immer seine Spielburg, denn oft wollte er ein kämpfender Ritter sein. Walter hingegen fand „Zauberburg“ viel hübscher. Er wollte immer ein großer Magier sein, der Zaubertränke erfand und Zaubersprüche ausprobierte. Anne lächelte bei dem Gedanken daran. Jem war mit seinen sechs Jahren ein aufgewecktes Kerlchen. Er konnte einem mit seinen Redeschwällen regelrecht irre machen. Ansonsten hatte er jedoch mehr die praktische Sichtweise des Lebens, wie sein Vater. Der vierjährige Walter war da ganz anders. Walter war ruhiger oft träumte er einfach vor sich hin und dachte sich tolle Namen aus. Er lebte in seiner eigenen, kleinen Traumwelt. Anne konnte ihn gut verstehen und sie ließ ihm seine Phantasiewelt. Walter liebte es, wenn Anne ihm Märchen erzählte. Still saß er da und lauschte den Worten seiner Mutter. Jem wollte viel lieber Abenteuer hören, am besten von Piraten und Räubern und er überhäufte einen dabei ständig mit irgendwelchen Fragen. Anne lächelte und ging ins Wohnzimmer hinüber. Wie sich wohl die beiden Zwillinge entwickeln würden, fragte sie sich gedankenverloren. Sie lief durch ihr Haus und sah sich jede Kleinigkeit an. Wie konnten sie hier nur fort ziehen? Anne konnte und wollte es sich nicht vorstellen. Sie liebte dieses Haus. Seine Vorzüge und seine Schwächen. Susan schimpfte manchmal über die zu klein geratene Speisekammer und darüber, dass das Kellerfenster undicht war. Und Gilbert ärgerte sich, das sein Büro zu klein war. Jem hatte sie gefragt, warum man den auf ihrem Dachboden nicht so gut verstecken spielen konnte, wie bei den Boulters. Anne wusste die Boulters hatten einen riesigen Dachboden. Und sie selbst hatte sich schon oft darüber beklagt, dass das Fenster im Wohnzimmer zu klein sei. Anne seufzte trotz allem liebte sie dieses Haus. Was sollten sie tun? Unentschlossen ging sie wieder zu Bett. Im Schlaf drehte Gilbert sich um und legte den Arm um sie. Anne drückte sich an ihn. Endlich war auch sie eingeschlafen. Als sie am nächsten Morgen erwachte, war Gilbert bereits aufgestanden. Von unten hörte sie eine rege Betriebsamkeit aus der Küche. Es war Sonntag und Anne schaute verschlafen auf die Uhr. Erschrocken bemerkte sie, dass es bereits halb zehn war. Warum hatte sie denn keiner geweckte. Sie zog sich an und ging hinunter. Die ganze Familie saß am Frühstückstisch. Nan und Di waren ganz offensichtlich mit ihrem Brei gefüttert worden, den ihre Gesichter war verschmiert und bekleckert. Jem und Walter löffelten gerade genüsslich ihren Haferbrei. Gilbert hatte eine Zeitung vor sich liegen. „Warum hat mich denn niemand geweckt?“ fragte Anne, als sie die Küche betrat. „Guten Morgen,“ sagte Gilbert und strahlte sie an. „Du hast so fest geschlafen, da haben wir hier alles allein geregelt. Nicht wahr, Jungs?“ fragte er Jem und Walter. „Mmmm,“ antwortete Jem. „Mami ich hab den Tisch gedeckt und Daddy hat den Haferbrei gemacht!“ berichtete er stolz. Anne gab allen einen Kuß und Di streckte ihr begeistert die Hände entgegen. Anne nahm sie auf den Arm und setzte sich, während Gilbert ihr einen Kaffee einschenkte. „Vielen Dank! Wofür hab ich heute so einen Service verdient?“ fragte sie lächelnd. „Dafür, dass du so wunderhübsch bist,“ sagte Gilbert und küsste sie. Nach dem Kirchenbesuch fuhren sie nach Green Gables. Marilla hatte sie an diesem Sonntag zum Mittagessen eingeladen. Wie immer war Marillas Schweinebraten vorzüglich. Anne half Marilla beim Abwasch, während die Kinder mit Gilbert und Mrs. Lynde im Garten waren. Während sie das Geschirr wuschen, sprach Anne davon, dass sie sich nach einem neuen Haus umsehen wollten. „Das scheint mir sehr vernünftig, Anne. Gilbert hat recht, euer Haus wird langsam zu klein. Neulich habe ich gehört, dass das Haus der Fletchers an der Carmody Straße zum Verkauf steht. Vielleicht solltet ihr es Euch mal ansehen.“ Anne seufzte: „ Ich weiß Marilla, aber meine Gefühle wollen es nicht wissen. Ich möchte mein Traumhaus nicht verlassen.“ „Anne, du hängst dein Herz immer zu sehr an solche Sachen. Das hast du schon als kleines Mädchen getan. Du hast einen guten Mann und nette, gesunde Kinder. Was ist dagegen schon ein Haus?“ „Marilla, ich liebe Gilbert und meine Kinder mehr als alles andere auf der Welt. Aber darf ich trotzdem nicht traurig sein, wenn ich einen geliebten Ort verlassen soll?“ Dann trugen sie den Tee hinaus auf die Veranda. Wie von selbst kamen sie im Laufe der Unterhaltung auf das Thema mit dem Haus zu sprechen. Mrs. Lynde gab sofort einige ihrer berühmten Ratschläge. „Ich glaube das Fletcher Haus wäre genau richtig für Euch.“ Sagte sie. „Mrs. Fletcher hat immer sehr sorgsam diese Haus gepflegt, es ist in einem guten Zustand. Die Zimmer sind groß und es liegt direkt an der Straße.“ „Ja und es hat nur einen Apfelbaum darin, sonst keine weiteren Bäume. Es wirkt so kahl,“ sagte Anne unbehaglich. Gilbert bemerkte Annes Befangenheit während des Gesprächs. Er wusste, wie schwer es ihr fiel, sich den Gedanken zu gewöhnen, ihr Traumhaus zu verlassen. Sanft lächelte er ihr zu. „Anne, was hältst du davon, wenn wir unsere bisheriges Haus umbauen würden. Ich meine wir könnten anbauen. Vielleicht sollten wir uns erst mal bei einem Architekten erkundigen,“ Gilbert blickte zu ihr hinüber. Einen Moment lang sagte Anne nichts, doch ein Strahlen huschte über ihr Gesicht und in ihren grau-grünen Augen blitzte es. Für diesen Glanz in ihren wunderschönen Augen hätte Gilbert alles getan. „Euer Haus umbauen?“ fragte Mrs. Lynde erschrocken. „Das wird ja genau soviel kosten, wie ein neues zu kaufen. Also das solltet ihr euch wirklich gut überlegen.“ Anne hörte nicht darauf was Mrs. Lynde sagte, sie blickte immer noch zu Gilbert und fragte zaghaft, so als glaubte sie die Worte nur geträumt zu haben: „Wirklich?“ „Sicher, warum denn nicht,“ antwortete Gilbert. Anne sprang auf und fiel um stürmisch um den Hals. Sie küsste ihn rasch und flüsterte „Ich danke dir.“ Marilla lächelte. Es freute sie immer wieder zu sehen, wie sehr die beiden sich liebten. Mrs. Lynde wollte erneut etwas dagegen sagen, doch Marilla fing ihren Blick auf und schüttelte den Kopf. Anne war glücklich. Es war, als wäre die Sonne auf ihrem Gesicht aufgegangen. Vor dem zu Bett gehen, stand am Fenster und blickte hinab auf ihren Garten. Sie würde weiter in ihrem Traumhaus leben können. Es war wundervoll. Gilbert stand plötzlich hinter ihr und legte seine Arme um sie. Sie schmiegte sich eng an ihn. „Gil,“ flüsterte sie und strich über seine Hand. „Weißt du, wie sehr ich dich liebe? Du bist alles für mich, Gil. Du bist meine Luft zum Atmen. Jeder Tag, ...“ langsam drehte sie sich zu ihm um „..jede Minute, jede Sekunde mit Dir, ist wundervoll.“ Sie blickte ihm in seine haselnussbraunen Augen und ihre Augen glänzten so hell wie die Sterne im Mondschein. „Für diesen Glanz in deinen Augen würde ich alles tun, Anne-Mädchen. Als ich heute Mittag deine Augen so glänzen sah, hätte ich dich am liebsten sofort in meine Arme geschlossen und dich fortgetragen.“ „Was Mrs. Lynde wohl dazu gesagt hätte?“ warf Anne lachend ein. „Sie wäre entrüstete gewesen,“ sagte Gilbert und küsste ihre weichen, sanften Lippen. „Es hat nie eine andere für mich gegeben, das weißt du Karotte. Ich liebe dich von ganzem Herzen. Ich möchte dich einfach glücklich machen und da ich weiß, wie sehr dein Herz an diesem Haus hängt, habe ich dir diesen Vorschlag gemacht. Auch ich liebe dieses Haus, Anne. Wie könnte ich auch nicht, es gab so viele wundervolle Augenblicke mit dir hier, jeden Tag aufs neue.“ „Doch mein Herz hängt tausendmal mehr an dir und den Kindern, als an diesem Haus. Aber ich bin froh über deine Idee, Liebling.“ Wieder küssten sie sich und dann hob Gilbert sie hoch und trug sie zum Bett. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)