Bloody Eternity von RedRidingHoodie ================================================================================ Kapitel 7: Der Zirkel --------------------- Den Weg von der Universität zum Standpunkt des Vampirjägerzirkels kannte Jane schon fast im Schlaf, jedoch war sie es nicht gewohnt, diese Strecke mit Begleitung zurückzulegen – Noch dazu mit einem Vampir. Hätte noch vor einer Woche jemand dieses Szenario beschrieben, sie hätte ihn für wahnsinnig erklärt, während alles, was sie jetzt erklärte, gewisse Verhaltensmuster waren, an die Aiden sich halten sollte. "Verhalte dich ruhig und beweg dich nicht ruckartig, wenn wir dort sind. Ignorier einfach die komischen Blicke, die dir möglicherweise zugeworfen werden und stell bitte bloß keinen Ärger an, sonst werde ich den Kopf hinhalten müssen", wies sie den Vampir auf dem Beifahrersitz an, als sie fuhren. Sie konnte sich zwar kaum vorstellen, dass er Ärger machen würde, doch sicher war einfach sicher. "Ich versuche, mich so fließend zu bewegen wie möglich", versprach er belustigt, den Ernst der Lage völlig ignorierend. Schließlich parkte die Brünette den Wagen in einer Nebenstraße und ging etwa hundert Meter weiter, ehe sie in eine Gasse einbog, die sich zwischen einem Kino und einem Wohngebäude befand. Anschließend ging sie schweigend auf das angrenzende Gebäude zu, welches am Ende der Gasse eine Sackgasse bildete. Lediglich eine Tür war vorhanden, die Jane direkt ansteuerte. Vor ihr blieb sie stehen, sah sich kurz um und drückte ihren Ring, den sie am Ringfinger ihrer rechten Hand trug, gegen den Türknopf, der im Gegensatz zu den Normalen kein Schlüsselloch, sondern eine Einbuchtung besaß. Sofort drehte sich der Türknopf automatisch um, nachdem die junge Frau den Ring wieder entfernt hatte. Ohne zu zögern öffnete sie die Tür und wies Aiden mit einer kurzen Handbewegung an, ihr zu folgen. Kaum hatte sie hinter sich die Tür geschlossen, ging das Licht an und man konnte erkennen, dass sie sich in einem Aufzug befanden, in dem ungefähr acht Leute Platz hatten. Jedoch rührte sich der Lift nicht. Dazu musste Jane zuerst einen Zahlencode auf die Lift-Tasten eingeben, bevor sie den Ring gegen eine weitere Einbuchtung drückte, die sich neben den Tasten befand. Sofort setzte sich der Aufzug mit einem kleinen Ruck in Bewegung und beförderte sie und den Vampir nach unten in die Tiefe. Die ganze Fahrt dauerte kaum zwei Minuten, sodass sie nach kürzester Zeit aus dem Aufzug treten konnten und sich direkt im Vampirjäger-Zirkel befanden. Deutlich angespannt begab sich die junge Frau nach draußen; nie hätte sie gedacht, einmal in Begleitung eines lebenden, freien Untoten hier aufzuschlagen. Vor ihr erhob sich die große Stadt im Untergrund, die von der Größe her einer normalen Stadt glich, außer, dass sie statt vom Himmel von Erdmasse begrenzt wurde, sodass der Eindruck einer riesigen Höhle entstand. "Willkommen in Zirkel V", sprach die Brünette kurz an ihren Begleiter gewandt, bevor sie sich wieder abwandte und vorausging. Überall zwischen den einzelnen Hochhäusern und normalen Gebäuden ragten eiserne Stützpfeiler in die Höhe, die die Stadt vor einem Einsturz der Erddecke über ihnen beschützte und die mit der Zeit sogar teilweise mit der Erde verwachsen waren. Neben diesen Kilometer hohen und mehrere Meter dicken Säulen ragten noch einige weitere Gebäude in die Höhe, die die Verbindungen zwischen der Untergrundstadt und der Erdoberfläche bildeten. An jeder Straße befanden sich mindestens alle dreißig Meter eine Laterne, um die Gegend zu erhellen, wobei die Gegend - trotz fehlendem Tageslicht - wirklich belebt war. Es befanden sich viele Leute in der Stadt, die wie draußen ganz normal rumliefen, lachten und sich unterhielten. Einige von ihnen hatten sich sogar für ein Leben hier unten entschieden und besaßen eine Wohnung oder ein Haus. Es existierten ganz Läden, wie zum Beispiel Supermärkte und Shopping-Möglichkeiten. Sogar Autos standen hier rum, die man hier wie auch an der Oberfläche benutzen konnte. Es war also wirklich eine ganz normale Stadt - nur ohne Tageslicht. "Weiß eure Regierung hiervon?", erkundigte Aiden sich, als sie gemeinsam eine Straße entlang gingen. Die junge Frau war mehr als froh darüber, dass Aiden zu den eher 'pflegeleichteren' Vampiren gehörte und es nicht mochte, wenn zu viel Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet wurde. Er folgte ihr und ließ den eher skeptischen Blick über die Umgebung schweifen, hielt sich aber stets ruhig und dicht an ihrer Seite. Die misstrauischen Blicke der Menschen, die einen Unsterblichen, der mangels Ring deutlich als Nicht-Mitglied des Zirkels zu erkennen war, nicht guthießen, ignorierte er entweder oder bemerkte sie tatsächlich nicht. Dementsprechend hatten sie auch keinerlei Probleme und Jane würde seinetwegen in nächster Zeit sicher nicht einen Kopf kürzer werden. "Ja, sie weiß Bescheid. Die Regierung selbst ist es auch, die einiges an Geld hier investiert. Schließlich setzt sie einiges daran, dass Nichts an die Öffentlichkeit gelangt", erwiderte die Vampirjägerin auf seine Frage hin und ging zielstrebig durch die Straßen der unterirdischen Stadt. Auch wenn man ihr nicht genau gesagt hatte, wohin sie kommen sollte, so wusste sie ganz genau, wo man sie erwarten und wo man Eldric finden würde. Nach gut fünf Minuten Fußmarsch kamen sie beim Justizgebäude an, welches eines dieser alten Bauwerke war, das typisch hohe Säulen besaß. Hier wurden Urteile gesprochen, Verträge und Bündnisse besiegelt, Aufträge erlassen und entlohnt und vieles mehr. Es bildete das Herzstück des Zirkels und man kam so gut wie nie daran vorbei. „Wir werden erwartet, nehme ich an?", erkundigte Aiden sich, dem man anmerkte, dass er am liebsten so schnell wie möglich wieder verschwinden wollte. "Wir haben keinen offiziellen Termin, aber so wie ich ihn kenne, wird er uns so schnell wie möglich empfangen", meinte die Brünette, als sie Treppen hochging und dann auch schon in der Eingangshalle stand. Der Bereich war gepflegt, aber könnte eine Renovierung vertragen; dunkles Holz, quietschender PVC-Boden und ältliche Vitrinen ließen darauf schließen, dass in den neunziger Jahren zuletzt etwas erneuert worden war. Jane war dieses Bild jedoch gewohnt und sie steuerte sofort eines der drei Empfangspulte an, an dem eine ältere Dame saß und etwas in den Computer vor ihr eintippte. "Hallo Evelyn." Die grauhaarige Frau hielt inne und blickte von ihrem Bildschirm hoch, um über die runden Gläser ihrer Brille hinweg zu blicken und die Brünette mit ihren grauen Augen zu fixieren. "Oh, Jane! Schön, dich hier zu sehen. Es kommt mir vor, als wäre es eine halbe Ewigkeit her, seit du das letzte Mal hier warst", begrüßte sie die Jüngere. "Ich melde dich bei Eldric an. Er hat momentan keinen Termin und sollte dementsprechend zur Verfügung stehen. Du kannst dich ja schon mal zu seinem Büro begeben." "Danke dir. Grüß Matthew von mir", bat die Vampirjägerin und wies Aiden mit einer kurzen Kopfbewegung an, ihr weiter zu folgen. Sie begaben sich ein Stockwerk nach oben und gingen weiter nach hinten, bevor Jane am Eckzimmer stehen blieb und klopfte. Kurz darauf war ein klares 'Herein' zu vernehmen, sodass Jane mit einem Ruck die Flügeltüre öffnete. Ohne zu zögern trat sie ein und erblickte auch schon Eldric der gerade von seinen Dokumenten hochblickte. Sein silbrig-weißes Haar hatte er wie immer gepflegt etwas nach hinten gekämmt und seine schlanke, sehnige Gestalt steckte in einem teuer aussehenden Anzug. Der jungen Frau war der Anblick des eckigen, stets freundlichen Gesichts so vertraut, dass sie jede Falte hätte aufzählen können. Viele gab es davon sowieso nicht, denn das Oberhaupt des Jägerzirkels hatte ein altersloses Antlitz, das vielleicht auch daher rührte, dass er eben nicht alterte. Bei ihrem Eintreten schenkte Eldric den beiden Gästen ein breites Lächeln, das seine spitzen Eckzähne entblößte. Das war nämlich der Grund, aus dem Jane sich so über die Bezeichnung ´Hohes Tier` bezüglich ihres Mentors amüsiert hatte; Dieser war ein Vampir. Es war reinste Ironie, dass diese Untergrundstadt voller Vampirjäger von einer Kreatur angeführt wurde, die all diese Menschen eigentlich jagten und als ihren Feind ansahen. "Jane, Liebes! Welch großartige Überraschung!", begrüßte der uralte Vampir seinen Schützling, nachdem er sich erhoben hatte. Jane verdrehte nur die Augen; als hätte er sie beide nicht selbst hierher zitiert! Dann widmete er sich mit einem ebenso strahlenden Lächeln ihrem Begleiter, der jedoch in einer völlig verkrampften Haltung an der Tür zurückgeblieben war und Eldric misstrauisch beäugte. "Oh, du musst Aiden sein. Ich habe schon einiges von dir gehört... aber ich bin mir sicher, dass es noch so einiges über dich zu wissen gibt, was ich noch nicht weiß! Bitte, setzt euch doch." Das Lächeln erblasste nicht, als Jane sich auf einen der barocken Sessel niedergelassen hatte und Eldric beobachtete Aiden amüsiert, der nur langsam seiner potentiellen Partnerin zu den ihnen angebotenen Stühlen folgte. Auch das Zirkeloberhaupt ließ sich wieder nieder ohne dabei seine Gäste aus den Augen zu lassen. Er stützte sogleich seine Ellenbogen am Holz ab, faltete seine Hände und ließ sein Kinn darauf ruhen, wobei er sich gleich an die beiden wandte. „Es freut mich, dass ihr meine spontane Einladung annehmen konntet.“ „Komm einfach zur Sache“, verlangte die Jägerin, was ihren Mentor eher zu amüsieren denn zu beleidigen schien. Jedenfalls kam er ihrer Aufforderung nach: "Ist es wahr, dass ihr gedenkt, ein Bündnis einzugehen? Wie kommt das?", wollte der ältere Herr mit einem leichten Hauch von Überraschung wissen, worauf Jane leise, aber schwer seufzte und ihre Hand ins Gesicht legte, ehe sie diese wieder sinken ließ und ihren Mentor mit leicht verengten Augen ansah. "Tu nicht so, als würde dich das überraschen, Eldric. Du weißt ganz genau, dass ich den Auftrag will. Du warst es ja persönlich, der jedes meiner unzähligen Gesuche für eine Einzelaktion immer mit einem Grinsen abgewiesen hat!", kam es verärgert über ihre Lippen. "Ach Jane, Liebes. Sei doch nicht gleich so sauer. Du weißt doch: Wir sorgen uns lediglich um deine Sicherheit. Wir können dich unmöglich alleine zu diesem Auftrag losschicken und dabei riskieren, dich zu verlieren", beschwichtigte der Anführer der Vampirjäger die junge Frau und wandte sich dann, weiterhin lächelnd, an ihren Begleiter. "Da ich wohl ahne, wie es meinem Schützling geht und wie sie zu diesem Bündnis steht, würde ich gerne wissen - wenn es dir nichts ausmacht - wie deine Ansichten zu dieser Sache sind." Aidens Mundwinkel hatte ein wenig gezuckt, als Eldric dieselben harschen Antworten von dem Mädchen bekam, die er nun schon gewohnt war, jedoch wurde er wieder ernst, sobald er angesprochen wurde. "Ich denke, das ganze Vorhaben ist sehr gefährlich und es wäre mir lieber, wenn Sie es Jane verbieten könnten", sagte er ehrlich und ohne, dass seine Anspannung in seiner Stimme zu hören wäre. "Allerdings denke ich, dass sie früher oder später auf eigene Faust losziehen wird, und bevor das geschieht, wäre ich lieber an ihrer Seite." Jane, die in Erwartung von Ausflüchten genervt auf der Armlehne ihres Sessels herumgetrommelt hatte, stockte verblüfft. Wie bitte? Hatte sie sich da gerade verhört? Das waren ja ganz neue Töne! Eldric, dem die Gefühlsregung seines Schützlings nicht entgangen war, konnte gar nicht anders, als kurz und leise zu glucksen. „Dann verstehe ich es also richtig, wenn ich behaupte, dass du sie beschützen willst?“, wollte der ältere Vampir wissen, während er sich ein wenig in dem massiven Sessel zurücklehnte und seinen Blick anschließend über die beiden wandern ließ. „Das ist richtig“, stimmte Aiden gelassen zu, als wäre es das Normalste auf der Welt, Menschen beschützen zu wollen, die man gerade Mal eine Woche lang kannte. Dabei konnte Eldric eine Regung von Jane registrieren, weshalb er sofort die Hand hob um sie davon abzuhalten, etwas zu sagen. Er konnte sich immerhin gut vorstellen, dass sie die Wortwahl ihres Begleiters kritisieren wollte. Diese Gelegenheit nutzte Aiden, um das Wort zu ergreifen, wobei er Jane einen kurzen Blick zuwarf, ehe er wieder den anderen Mann ansah. "Wissen Sie, wer der Killer ist?" „Bitte, nenn mich ruhig Eldric. Du brauchst mich nicht so höflich anzusprechen. Immerhin sind wir hier so etwas wie… Unter Gleichgesinnten“, meinte das Oberhaupt fast schon belustigt. „Danke, Eldric“, beharrte Aiden auf genau demselben steifen Ton wie zuvor. Das Zirkeloberhaupt ließ das Thema fallen und sein Gesichtsausdruck verhärtete sich einen Moment später ein wenig. Schließlich war der Fall, den Jane sich ausgesucht hatte, alles andere als einfach und eine gewisse Anspannung war diesbezüglich geboten, weil das Wohl der Vampirjäger auf dem Spiel stand, die diese Mission annahmen. Kurz seufzte der ältere Herr auf, ehe er mit ein paar kurzen Bewegungen in eine Schreibtischschublade zu seiner Rechten griff und eine beigefarbene, dickere Mappe herausnahm, die er auf den Schreibtisch legte. Man erkannte schnell, dass darin sämtliche Informationen waren, die man im Bezug zu dem Auftrag hatte. „Ja. Wir wissen über die wichtigsten Details dieser… Person Bescheid. Jedoch kann ich nicht mehr verraten, denn du weißt genauso gut wie ich, was wohl eine gewisse junge Dame tun würde, wenn sie den Namen und die Hintergründe der besagten Person herausfände“, sprach er mehr an Jane gewandt als an denjenigen, der die Frage gestellt hatte. Diese schnaubte dann auch leise und stand ruckartig auf, um ihren Unmut kundzutun. „Es ist ja nicht so, dass ich mich gleich im nächsten Moment kopflos da reinstürze! Außerdem siehst du doch, dass ich daran arbeite, Aiden als Partner zu gewinnen. Was willst du noch?!“, wandte die Brünette ein und musste dem Drang wiederstehen, auch noch mit dem Fuß aufzustampfen. Immerhin juckte es sie schon seit Wochen in den Fingern und die ganze Ungeduld, die ganze Wut durchfuhr ihren Körper, als sie die Mappe gesehen und Eldrics Worte gehört hatte. „Jane…“, redete Aiden sie sanft, aber belustigt an, was sie jedoch ignorierte. „Beruhige dich, Jane. Du weißt, dass ich dir mein Wort gegeben habe, dass wir alles in unserer Macht stehende tun, damit du ihn sehen kannst, bevor wir ihn zur Strecke bringen – Und du weißt, dass ich meine Versprechen einhalte“, beschwichtigte der Anführer die junge Frau, woraufhin diese die Arme vor der Brust verschränkte und leise schnaubend wieder in den Sessel sank. „Du weißt ganz genau, dass es mir nicht reicht, wenn ich ihn nur sehen darf“, murmelte die Vampirjägerin leise, worauf der alte Vampir jedoch nicht einging. Stattdessen wandte er sich wieder an Aiden und lächelte ihn freundlich an. „Darf ich einen Vorschlag machen?“, wollte er wissen, wobei sich das Lächeln in dem Moment in ein schelmisches Grinsen verwandelte. „Wie du vielleicht gemerkt hast, liegt mir mein persönlicher Schützling sehr am Herzen und ihr Wohl – Natürlich nicht nur ihres, sondern das aller Vampirjäger – Steht an oberster Stelle. Und da Jane einen so überaus geeigneten ´Partner` gefunden hat, wäre es mir mehr als lieb, wenn euer Bündnis auf… Nun ja… Eine längere Zeit und nicht nur auf einem Auftrag basieren würde.“ „Eldric!“, rief Jane dann auch sofort laut, als sie verstanden hatte, worauf ihr Mentor hinaus wollte. Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein! Aiden schien den beiden Zirkelmitgliedern nicht ganz folgen zu können. Fragend sah er zu Jane, ehe er leicht sarkastisch sagte: „Es freut mich zu hören, dass Sie mich für so geeignet halten.“ – Das war ein durchaus berechtigter Einwand, immerhin hatte er in Eldrics Gegenwart kaum zehn Worte gesagt – „Allerdings muss ich klarstellen, dass ich sowieso gedachte, Jane so lange zu beschützen, wie es in meiner Macht steht. Mit oder ohne Vertrag.“ Die Brünette hatte das Gefühl, im falschen Film zu sein, als sie dieses ´wahre` Vorhaben hörte. Beinahe wäre sie vom Stuhl gefallen, als sie ruckartig und mit geweiteten Augen den Kopf zu ihrem Stalker drehte. Einen kurzen Moment herrschte Stille und die brauchte Jane auch, um das Ganze sacken zu lassen. Nachdem sie sich endlich ein wenig gefasst hatte, wandte sie sich von ihrem Pseudo-Kommilitonen ab und stattdessen wieder an ihren Mentor. „Eldric, ich halte das nicht für eine gute Idee. Du weißt ganz genau, dass ich alles andere als gut mit Vampiren auskomme. Wenn du jetzt auch noch versuchst, mich mit dem Eid an einen zu binden, dann weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie das ausgehen wird“, sprach die Vampirjägerin offen, wobei sie Aiden keines Blickes würdigte. Sie konnte ihn im Moment einfach nicht anschauen – Nicht, nachdem er diese Worte ausgesprochen hatte und sie anscheinend wirklich beschützen wollte. „Aber das ist doch gerade der Sinn dieser Sache. Du könntest versuchen, dich ihnen ein wenig auf zwischenmenschlicher Basis zu nähern“, erwiderte Eldric und stützte seine Ellbogen auf seinem massiven Schreibtisch ab, während er seinen Kopf in der Innenseite seiner Hand ruhen ließ. „Außerdem könntest du so mehr Aufträge erfüllen und der Zirkel müsste sich nicht andauernd so viele Gedanken um deine Sicherheit machen.“ Gerade, als Jane den Mund aufmachen und wiedersprechen wollte, schnitt der alte Vampir ihr das Wort ab, indem er mit der rechten Hand eine kurze Bewegung machte und sie mit seinem Blick fixierte. „Muss ich dich daran erinnern, wie wir vor drei Jahren drei Leute losschicken mussten um dich aus der Themse zu fischen, weil du dein Opfer sogar bis in den Fluss gefolgt bist? Oder als du vor einem halben Jahr völlig erschöpft hier aufgetaucht bist, weil du zwei Tage und Nächte lang kein Auge zugemacht hast, als du einem Vampir nachgestellt hast? Oder als…“ „Okay! Okay! Ich gebe zu, ich übertreibe manchmal!“, unterbrach die Brünette den Anführer, während sie sich schwer seufzend die Schläfe massierte und kurz die Augen schloss. Wundervoll. Jetzt waren die Chancen, den bekloppten Vampir loszuwerden, der scheinbar auf ihre Sicherheit versessen, gegen Null gesunken. „Dennoch… Ist so ein Vorschlag wirklich nötig?“ Nachdem die junge Frau die Worte ausgesprochen hatte, öffnete sie die Augen und schielte zu Aiden, der wohl nicht wusste, worum es sich bei dem Eid eigentlich handelte und momentan nur Bahnhof verstand. „Das kommt ganz darauf an, wie dein potentieller Partner das sieht, Liebes“, meinte Eldric schlicht und wandte sich dann wieder dem jüngeren Vampir zu. Jedoch fiel sein Blick auf die Uhr, die über der Flügeltür tickte, bevor er zu weiteren Erklärungen ansetzen konnte, und er seufzte schwer. „Ich möchte dieses Gespräch nur ungerne unterbrechen, doch da nun eine wichtige Ratssitzung bevorsteht, müsst ihr mich entschuldigen. Jedoch weiß Jane genug über diesen Eid, sodass ich es ihr überlasse, dir in Ruhe alles zu erklären.“ Mit diesen Worten erhob sich der ältere Herr, klemmte die Auftragskarte und seine Achsel und schritt langsam zur Tür. „Ich wäre froh, wenn ihr euch das gut überlegt, bald eine gemeinsame Entscheidung trefft und mir Bescheid gebt“, wies Eldric die beiden an und öffnete die Tür, um nach draußen zu schreiten. Jedoch hielt er nochmal kurz inne und blickte zurück, um Jane ein schelmisches Lächeln zuzuwerfen. „Ach ja, da fällt mir ein… Wenn dieser Eid geschlossen würde, dann würde einer Beförderung von drei Rängen nichts im Wege stehen, Jane.“ Bevor die Angesprochene überhaupt noch etwas sagen konnte, war das Oberhaupt des Zirkels auch schon komplett durch die Tür verschwunden, sodass die junge Frau nur komplett fassungslos auf den Boden starren konnte. Glücklicherweise brauchte Aiden wohl ebenfalls ein paar Minuten, um das Gesagte richtig aufnehmen zu können. Schließlich hatte die junge Frau keinesfalls mit einer solchen Wendung der Sache gerechnet, als sie sich mit ihrem potentiellen Partner auf den Weg hierher gemacht hatte. Hätte sie auch nur annähernd geahnt, in welche Richtung das Ganze sich wenden würde, hätte sie alles daran gesetzt, dieses Treffen zu verhindern. „Ich möchte, dass du mir ein paar Dinge erklärst, Jane“, verlangte Aiden sanft, gerade, als die Brünette sich ein wenig gefangen hatte. Er sah aus dem Fenster auf den Hinterhof des Gebäudes und hatte die Arme verschränkt. „Warum ist es dir egal, ob du stirbst? Wie kann es sein, dass deine Mitmenschen sich mehr Sorgen um dich machen als du selbst?“, begann er mit einer Frage, die nichts mit dem Eid zu tun hatte, wie Jane eigentlich erwartet hätte. Diese Worte warfen sie verständlicherweise ein wenig aus der Bahn, verübeln konnte sie sie ihm nach Eldrics Erzählungen jedoch nicht. „Es ist mir natürlich nicht egal, ob ich draufgehe oder nicht. Es ist nur so, dass ich – Zum Leidwesen meiner Mitmenschen und des Zirkels – Meine Sicherheit gerne vernachlässige, wenn es darum geht, Vampire zu jagen. Es ist halt so, dass ich… Seit meinem Betritt in den Zirkel ein bestimmtes Ziel verfolge“, gab die Vampirjägerin zu, wobei sie für einen kurzen Moment schwieg. Sie dachte darüber nach, ob und wie sie das Ganze ausführen sollte, doch schaffte sie es nicht. Sie war wohl einfach noch nicht dazu bereit, darüber zu sprechen. Dementsprechend war sie ganz froh, als er das Thema wechselte. „Von was für einem Eid hat Eldric gesprochen?“, wollte er wissen. „Was sind die Bedingungen? Was ist so anders an der Partnerschaft, die du vorgeschlagen hattest? Und wieso glaubst du, es wäre besser für dich?“ Das war ein unverhältnismäßig leichteres Thema, das sie ihm beantwortete, während ihr Ellbogen auf der gepolsterten Armlehne und ihr Kopf mit geschlossenen Augen in der Hand ruhten. „Es ist ein Eid, der – Wie Eldric es genannt hat – Für eine längere Zeit andauert, wobei das noch milde ausgedrückt ist. Im Gegensatz zu dem Vertrag, den ich dir angeboten habe, dauert dieser Eid ein Leben lang. Ist dieser einmal geschlossen, kann man ihn nicht so schnell wieder lösen“, fuhr sie fort, ehe sie langsam die Augen öffnete und den Sessel auf dem Eldric zuvor gesessen hatte mit einem stechenden Blick beinahe durchbohrte. „Wir würden einen Eid vor dem hohen Rat ablegen, in dem wir schwören, dass wir die Existenz des Zirkels geheim halten, wir einander so gut es geht schützen und die Sicherheit des jeweils anderen nicht unnötig gefährden.“ Die Vampirjägerin hielt nach diesen Worten inne, da ihr der folgende Part nicht so einfach von der Zunge gehen wollte. Immerhin konnte man das auch missverstehen. „Zudem würden wir uns noch speziell angefertigte Ringe anstecken und ein Armband umbinden, welches besondere Funktionen besitzt, die sehr nützliche sein können.“ „Das klingt ja interessant“, meinte Aiden, jetzt wieder amüsiert. „Soll ich dir dann einen Ring besorgen? Wie viel Karat hättest du gerne?“ Sie brachte ihn mit einem finsteren Blick zum Schweigen. „Die Ringe sind vorgefertigt und passen zueinander. Jedoch ist das eher Nebensache, da das aus rein praktischen Gründen getan wird. Viel wichtiger sind die Bedingungen, die man für den Eid erfüllen muss. In unserem Fall wäre das dann nur noch deine Aufgabe: Der Verhaltenstest. Darin werden dir Fragen gestellt, damit man deine Psyche beurteilen und sichergehen kann, dass du zurechnungsfähig bist und nicht gleich auf deinen Partner losgehst, wenn du mit ihm oder ihr alleine bist. So einen Test müsstest du auch machen, wenn du nur zeitweise mit mir zusammenarbeiten möchtest.“ „Nun, ich denke, wenn ich mich auf dich hätte stürzen wollen, hätte ich das bereits tun können, nicht wahr?“, fragte er lächelnd, aber irgendwie auch ein wenig versonnen. „Du hättest es gewiss tun können, aber wer weiß, ob du nicht einen perfiden Plan verfolgst, den du bisher – Aus welchen Gründen auch immer – Nicht ausführen konntest?“, erwiderte die Vampirjägerin nüchtern und zuckte leicht mit den Schultern. Es war nicht so, dass sie Aiden das wirklich zutraute, doch es bestand immer eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sein Verhalten und all sein Tun nur einem gewissen Zweck dienten, der ihren Tod bedeuten konnte. Dementsprechend war es sicher nicht falsch, ihren potentiellen Partner zu diesem Verhaltenstest zu schicken – Einfach nur, um sicher zu gehen und später nichts zu bereuen. Aiden dagegen schien das für so absurd zu halten, dass er auflachte und den Kopf schüttelte, ehe er freimütig erklärte: „Mein ´perfider Plan` ist es, dich kennenzulernen und, wenn möglich, deinen Tod zu verhindern, Jane.“ Jane empfand sein Amüsement als ziemlich unpassend, beschloss aber, es ihm nicht unter die Nase zu reiben. „Das sagst du jetzt, aber wer sagt mir, wie das in fünf Minuten, heute Abend oder Morgen aussieht? Vielleicht wartest du auf irgendwas“, erwiderte sie schlicht, ehe sie auch mit einer abwinkenden Handbewegung andeutete, dass sie das Thema lieber abhaken sollten. „Lassen wir das. Wir können endlos darüber diskutieren und würden nicht von unserem Standpunkt abkommen. Von daher lassen wir es einfach, wie es ist und führen diese… Beziehung fort wie gehabt.“ Aiden gab ein zustimmendes Geräusch von sich und sah eine Weile schweigend aus dem Fenster, ehe er sich nach ihr umwandte und sie forschend anblickte. „Und glaubst du, du schaffst es, mir zu vertrauen?“ Er sprach das mit einem unglaublichen Ernst aus, der deutlich machte, wie wichtig ihm dieser Aspekt war, doch Jane konnte nicht anders, als kurz aufzulachen. Sie stand auf und blickte ihn zwar mit verschränkten Armen, dafür aber offenem Blick an. „Genau deshalb ist der Vertrag für einen einzigen Auftrag für mich besser. Ich weiß nicht, ob ich dir jemals vertrauen kann“, erwiderte sie ehrlich, ohne den Blick abzuwenden. „Ich meine… Ich habe noch nie einen Vampir getroffen, der so war wie du.“ Er zog leicht die Brauen hoch. „Hast du, abgesehen von Eldric und mir, überhaupt schon mal einen Vampir ´getroffen`? Also mit ihm gesprochen?“, erkundigte er sich höflich, aber auch ein wenig tadelnd. „Nicht wirklich, nein. Es gibt zwar genug Vampire hier im Zirkel, die sich mit einem Vampirjäger zusammengetan haben, doch wirklich unterhalten habe ich mich noch nie mit ihnen. Ich bin – Wie du ja dank deines Informanten bereits weißt – Nicht unbedingt die Gesprächigste hier“, teilte Jane ihm ehrlich mit und lehnte sich seitlich an die Rückenlehne ihres Barocksessels, in dem sie vor wenigen Minuten noch gesessen hatte. „Und die restlichen Vampire, die ich bisher getroffen habe, waren blutrünstig oder mordlustig, sodass ich gar nicht wirklich mit ihnen sprechen konnte.“ „Sie waren blutrünstig, weil sie gejagt und getrunken haben, Jane. So ist jeder von uns im Blutrausch“, erklärte er sanft, womit er zugab, selbst keine Ausnahme zu bilden, womit sich ihre Vorsicht von vorhin wohl wieder begründete. „Vielleicht wäre es anders, wenn du im normalen Leben mit ihnen geredet hättest… Vielleicht auch nicht“, fügte er mit einem seltsamen Lächeln, das sie nicht ganz nachvollziehen konnte, hinzu. Jane reichte es jetzt mit dem Tadel über ihre Pauschalisierung von Vampiren. Natürlich war es nicht gut, dass sie alle in einen Topf warf, doch wenn sie alle ihre Handlungen hinterfragte und die Blutsauger ´vermenschlichte`, würden alle ihre Überzeugungen wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Entsprechend wollte Jane gar nicht weiter darüber nachdenken, sondern einfach wie gehabt weiteragieren. Außerdem konnte sie den Hass, den sie seit zehn Jahren sorgfältig kultivierte und der ihre treibende Kraft war, nicht von heute auf morgen verpuffen lassen. Es würde wohl noch eine ganze Weile dauern, bis sie diesen endlich vollständig verarbeitet hatte und sie ihn los wäre. „Dir können doch andere Vampire egal sein. Zumal du mir nicht erzählen kannst, du seist normal. Ein nachstellender Vampir, der mich anscheinend aus irgendwelchen mir unerklärlichen Gründen beschützen möchte, der mich offensichtlich davon abbringen will, das Dasein als Vampirjägerin weiter zu führen und der so etwas wie… eine zwischenmenschliche Beziehung aufbauen will. Dementsprechend kann ich nicht sagen, ob ich dir jemals so etwas wie vertrauen entgegen bringen ka…“ Sie hielt plötzlich inne und runzelte die Stirn, da Eldric kurz vor ihrem inneren Auge aufflackerte. Wie war das eigentlich mit ihm? Vertraute sie ihm? In gewisser Weise schon, aber es war auch nicht unbedingt das typische Vertrauen, welches man einander schenkte wenn man sich mochte. Ihr Mentor unterschied sich einfach von den anderen, blutrünstigen Wesen – So wie auch Aiden – Und setzte sich sehr für das Wohl der Menschen ein. Er verhielt sich sogar beinahe wie ein Mensch, indem er sich ihnen anpasste und seine Instinkte so gut wie möglich unterdrückte. Dementsprechend hatte sie sich an ihn gew… Oh! Das war es. Sie hatte sich nach all den Jahren an Eldric gewöhnt! Nachdem sie sich wieder gefangen und ihre momentane Antwort gefunden hatte, räusperte sie sich kurz und begann erneut: „Ich kann dir nicht sagen, ob ich dir jemals vertrauen kann. Jedoch ist es durchaus möglich, dass ich mich an dich gewöhne – So, wie ich es bei Eldric getan habe.“ „Gewöhnen… Kein Wunder, dass dir dieser Pakt nicht gefällt, wenn er lediglich auf einer erzwungenen Gewöhnung basieren soll“, meinte Aiden recht trocken. „Weißt du… Ich glaube, du übersiehst in deiner Ablehnung gegen Eldrics Plan, dass ich hinter dir stehe, egal, für was du dich entscheidest. Du musst dich nicht dazu gezwungen fühlen, diese dauerhafte Partnerschaft einzugehen, weder von mir noch von deinem Mentor. Und mit dieser Freiheit kannst du dir doch überlegen, welche Option die Bessere für dich ist. Es wäre unklug, kurzsichtig nein zu sagen, weil dir der Gedanke missfällt. Vielleicht bringt es dich ja weiter? Ich kenne mich damit nicht aus, das musst du selbst entscheiden. Aber gib dir doch die Zeit, das bewusst zu tun“, riet er und lächelte sie ermutigend an. Jane blickte ihn ziemlich verwirrt und überrascht an, ehe sie ihren Blick langsam von ihm abwandte und auf den Boden blickte. Er stand hinter ihr, egal, für was sie sich entschied…? Sie konnte einfach nicht fassen, was sie da gerade zu hören bekam. Er drängte sie nicht, wollte ihr den Freiraum lassen, den sie für diese Entscheidung benötigte, und machte sich augenscheinlich viel mehr Gedanken um sie, als die Vampirjägerin bisher angenommen hatte. Kurz atmete die Brünette durch, wobei sie nicht umhin kam zu merken, wie ihre Mundwinkel flüchtig zuckten und sich für einen kleinen Augenblick zu einem Lächeln formten. Jedoch erblasste dieses so schnell wie es erschienen war. „Danke“, flüsterte sie kaum hörbar, ehe sie sich vom Sessel abstieß und sich direkt mit verschränkten Armen vor dem Vampir platzierte. Dabei sah Jane ihm direkt in die Augen – Diesmal ohne Hohn, Spott oder Hass, sondern einfach mit aufrichtiger Neugierde. „Wie sieht deine Meinung diesbezüglich aus? Was bewegt dich dazu, dich mir anzupassen? Was springt für dich raus? Einfach Langeweile kann es unmöglich sein, oder?“ „Für mich springt dabei deine Gesellschaft raus, Jane, auch, wenn du das nicht als überaus erstrebenswerten Preis akzeptieren willst“, erklärte er mit einem kleinen Lächeln, das langsam schwand, während er offensichtlich mit seinen nächsten Worten haderte. „Außerdem geht es mir um deine Sicherheit. Ich möchte nicht… Ich kann dich nicht… Wenn du sterben würdest…“ Sie wollte unwillkürlich die Hand auf seinen Oberarm legen, ihm ein wenig Wärme spenden und ihn beruhigen. Jedoch hielt sie mitten in der Bewegung inne, da sie es noch nicht über sich brachte, ihn freiwillig zu berühren. Ob es nun eher aufgrund der Unsicherheit war oder am Ekel lag, war etwas, über das sich die Brünette lieber keine Gedanken machen wollte. Stattdessen senkte sie ihre Hand wider und wandte sich von ihm, sodass sie nun seitlich zu ihm stand. „Du musst nicht weiter antworten wenn du nicht willst, oder nicht kannst…“, sagte sie ungewohnt sanft, da sie das Gefühl nur zu gut kannte. Schließlich hatte auch sie einiges, über das sie noch nicht reden konnte. Sie wandte sich dann auch ganz von Aiden ab, um ihm nicht zu zeigen, dass sie mit ihm mitfühlte und sogar so etwas wie größere Sympathie für ihn hegte. Auch der Vampir wich etwas von ihr zurück, wobei er jedoch seine gleichmütig-freundliche Tonlage langsam wieder zurückerlangte, als er sagte: „Ich… Nein… Ist schon gut. Frag ruhig, wenn du etwas wissen willst.“ Dieses Thema würde sie sicher nicht so schnell wieder anschneiden; Es war kein angenehmer Anblick, einen so großen und muskulösen Mann beinahe zusammenbrechen zu sehen wegen einer einfachen Frage und da er ihre Geheimnisse akzeptierte, würde auch sie das bei seinen tun. Trotzdem nickte sie, als sie sich zur Tür begab, welche sie öffnete ehe sie über die Schulter zu ihm zurückblickte. „Da wir alles besprochen haben und uns hier eigentlich nichts mehr hält, wäre ich dafür, wenn wir die Lokation ändern. Außerdem gibt es noch ein paar Dinge, die ich besorgen könnte, wenn wir ohnehin schon hier sind“, sagte die Brünette auffordernd und verließ dann mit ihrem Begleiter das Justizgebäude. „Ich werde mich noch kurz am schwarzen Brett erkundigen und bei den Waffen- und Ausrüstungsgeschäften vorbeischauen. Da deine Pflicht erfüllt ist, musst du mir nicht weiter folgen, wenn du nicht willst. Ich könnte dich wieder zum Lift bringen, damit du nach Hause kommst“, meinte die Vampirjägerin und legte den Kopf schief, während sie Aiden abwartend musterte. Dieser sah sie kurz ein wenig abwesend an – So ganz auf der Höhe war er wohl doch noch nicht wieder – Dann schüttelte er den Kopf. „Ich würde mich gerne noch etwas umsehen, wenn das ginge.“ Irgendwie hatte sie sich ja denken können, dass er nicht so schnell verschwinden wollte. Schließlich hatte er – In der kurzen Zeit, in der sie sich kannten – Nur zu oft deutlich gemacht, wie sehr er es mochte, bei ihr zu sein. Ob es nun an ihrem Blut, ihrem Geruch oder sogar an ihrem Beruf lag, sollte dahingestellt sein: Natürlich hatte Jane brennend interessiert, weshalb er so erpicht darauf war, sie zu beschützen und sie besser kennenzulernen, doch hatte sie in dem Gespräch vorhin gemerkt, dass er anscheinend auch seine Gründe hatte, die er nicht aussprechen wollte. Solange er keine Anzeichen für Gefahr machte, würde es die Brünette vorerst dabei belassen und nicht versuchen, weiter auf diesem Thema herumzureiten oder ihn zu töten. Schließlich brauchte sie ihn noch – Ob nun über kurze oder längere Zeit, würde sich bald zeigen. Mit einem kleinen Nicken deutete sie die Richtung an, in die sie gehen wollte und schlenderte mit dem Vampir über die Straßen der unterirdischen Stadt. „Da du möglicherweise mein Partner wirst und du es mir angeboten hast, Fragen zu stellen, würde ich gerne wissen, ob du irgendwelche sonstigen Fähigkeiten besitzt? Die ´normalen` Fähigkeiten wie Stärke, Geschwindigkeit, der hypnotische Blick und die schärferen Sinne sind mir bekannt, aber… Besitzt du sonst vielleicht noch irgendeine Kraft, über die man Bescheid wissen sollte?“, fragte die Vampirjägerin, bevor sie vor einem größeren, mehrstöckigen Gebäude ankamen. Sie betrat dieses und ging direkt auf einen der fünf Aufzüge zu und betätigte den Knopf für den vierten Stock. Um dorthin zu gelangen, musste sie ihren Ring erneut in eine kleine Einbuchtung drücken. Als sie nach oben fuhren, beantwortete Aiden Janes Frage mit einem Zwinkern: „Ich bin betörend charmant… Nein, ich muss dich leider enttäuschen. Du hast dir einen ganz normalen Feld-, Wald- und Wiesenvampir als Partner geangelt.“ Für einen Moment hätte Jane fast lauthals losgelacht, doch das hätte wohl zu viel Aufsehen erregt und es hätte nicht unbedingt zu ihr gepasst, also unterdrückte sie den Drang und ließ es lediglich zu, dass ihre Mundwinkel kurz zuckten. Nun gut, immerhin wusste sie jetzt, dass keine unbekannten Überraschungen auf sie zukommen würden, wenn sie – Wenn es denn dazu kam – Mit ihm kämpfen würde. Immer vorausgesetzt, Aiden log nicht, denn die Jägerin vertraute dem Vampir natürlich immer noch nicht völlig. Als der Lift zum Stillstand kam, verließ die junge Frau diesen und öffnete erneut eine größere Flügeltür. Zum Vorschein kam ein belebter Saal, in dem sich zehn schwarze Digitaltafeln, unzählige Aktenschränke und fünf Schreibtische befanden, an denen jeweils eine Person saß und die Auftragsdokumente an die Jäger aushändigte. Auf den Tafeln stand ganz oben der entsprechende Rang, den man innehaben musste, um die aufgelisteten Aufträge ausführen zu können. Die Missionen standen akribisch liniert auf dem Bildschirm, wobei diese jeweils alle zwei Minuten weggewischt und durch die nächste Seite ersetzt wurden. Dies geschah in einer Endlosschleife, sodass man irgendwann wieder beim ersten Ausschrieb ankam. Die Aufträge standen jeweils mit einer Headline auf dem Bildschirm, wobei rechts die Belohnung und ein Code zu sehen waren, den man benötigte, um die Dokumente für den Auftrag zu erhalten. Schweigend stellte sich Jane vor den Rang-12-Bildschirm, um sich die Liste anzusehen. Gerade, als sie bei der letzten Linie angekommen war, gesellte sich ein weiterer Vampirjäger zu dem ungleichen Gespann. Der schwarzhaarige Mann mittleren Alters war nicht so groß wie Aiden, hatte aber ebenfalls breite Schultern und Hände, die offensichtlich zugreifen konnten. In seinen braunen Augen lag ein amüsiertes Glitzern, das Jane zu ignorieren versuchte, indem sie den Blick weiterhin auf die Auftragstafel gerichtet behielt. „Lässt du dich also auch mal wieder blicken, Kleines?“, sprach der Ältere Jane an, als er merkte, dass von ihrer Seite aus nichts kommen würde. Während sich auf seinen Lippen ein Schmunzeln bildete, verdrehte die Angesprochene nur die Augen. Erst jetzt fiel die Aufmerksamkeit des Jägers auf den Begleiter der jungen Frau und er staunte ziemlich, nachdem er Aiden kurz gemustert hatte. „Ein Vampir? Bei dir?“ Ein schweres Seufzen entwich den Lippen der Brünetten, ehe sie kurz nickte. „Das ist Aiden. Aiden, das ist Lucas“, stellte sie die beiden vor. „Und ja, er ist ein Vampir und mein… Potentieller Jagdpartner. Jedoch ist noch nichts offiziell und wir sind noch in der Entscheidungsphase.“ Lucas hielt dem Vampir höflich die Hand hin, wobei er nicht anders konnte, als zwischen den beiden immer mal wieder hin- und herzusehen. „Erstaunlich. Ich hätte so etwas niemals für möglich gehalten. Ich meine… Als wir uns vor fünf Jahren zusammengetan haben, warst du nicht begeistert und nun… Ein Vampir? Wie kommt es?“, wollte er wissen. Eigentlich hatte Jane gehofft, dass sie sich trotz der lebendigen Atmosphäre in der Auftragszentrale in Ruhe umsehen konnte, doch Lucas belehrte sie eines Besseren. „Es hat sich halt einfach so ergeben. Außerdem findet es Eldric eine… Wie nennt er es immer? Ah ja. Er findet es eine höchst interessante Idee und Möglichkeit, die neue Türen öffnet“, erklärte die junge Frau schlicht und zuckte die Schultern. Daraufhin lachte der fast vierzigjährige Vampirjäger nur und wandte sich an den Vampir. „Und du… Du setzt sie doch nicht mit irgendwelchen Mitteln unter Druck, oder? Oder hast du ihr möglicherweise sogar etwas ins Essen oder ins Getränk getan?“ Natürlich meinte er das nur als Scherz und so, wie sie Aiden bisher kennengelernt hatte, hätte sie das für genau seinen Humor gehalten. Jedoch hatte der Untote nur ein gleichgültiges Lächeln für den ihm fremden Jäger übrig und auch seine Körperhaltung wirkte zwar entspannt, aber abweisend gegenüber dem anderen Mann. Er fühlte sich nicht bedroht, hielt aber auch nichts von Lucas, das sah man ihm deutlich an. „Sie hat mich um meine Hilfe gebeten, es besteht kein Grund zur Sorge“, erklärte er kurz angebunden. „Und selbst wenn ich sie erpressen würde, würde ich es dir wohl kaum sagen, nicht wahr?“ „Wohl nicht“, gestand der ältere Vampirjäger grinsend. Dieses Gespräch war für Aiden scheinbar beendet, denn er wandte sich wieder an die Dame ihrer Runde, die er in deutlich freundlicherem Tonfall ansprach: „Ihr habt zusammen gearbeitet?“ Lucas schmunzelte, was die junge Frau mit einem bösen Blick strafte. Jedoch merkte sie schnell, dass er keine Anstalten zu einer Erklärung machte und das voll und ganz ihr überließ. „Vor fünf Jahren wütete ein Vampir, der von der breiten Öffentlichkeit als ´normaler` Serienkiller eingestuft wurde. Da ich damals noch sehr jung war und der hohe Rat es als Risiko ansah, mich alleine loszuschicken, sollte ich den Auftrag mit Lucas erledigen“, erzählte die junge Frau, wobei sie einen gewissen Teil ganz absichtlich aus ließ. Natürlich mischte sich der ältere Vampirjäger ein, um genau diesen Part beizusteuern. „Das Beste an diesem Auftrag war aber der Part mit dem Stromausfall. Sie hat so heftig mit dem Vampir gekämpft, dass sie mit ihm gegen einen Strommast geknallt ist und gleich den Stromkasten zerstört hat. Die ganze Gegend hatte für die nächsten 24 Stunden keinen Strom mehr!“ „Sehr… Amüsant“, antwortete Aiden trocken, der für einen Moment angespannt die Augen schloss, als könnte er nicht fassen, dass der andere Mann zugelassen hatte, in was für eine Situation Jane sich begeben hatte. Während Lucas so frei und grinsend erzählte, schnaubte die Wirtschaftsstudentin verächtlich. Sie wollte ihm einen Tritt gegen das Schienbein verpassen, doch er wich gewandt zur Seite aus. „Na ja, auch, wenn sie so impulsiv und temperamentvoll ist, sie macht ihre Arbeit überaus gut“, lobte Lucas sie, wobei er frech grinste und ihr beim Vorbeigehen durch die Haare wuschelte. „Solltest du also mal wieder jemanden brauchen, sag Bescheid, Kleines.“ Ohne auf eine weitere Reaktion von Jane zu warten, begab er sich zu den Aktenarbeitern, um sich die benötigten Informationen für seinen Auftrag zu holen. Leise seufzte die Brünette auf, während sie sich die Haare richtete und wieder in Richtung Ausgang begab, da sie keinen interessanten Auftrag hatte erblicken können – Was wohl auch daran lag, dass sie sich zu sehr auf den Auftrag fixierte und die anderen Missionen regelrecht übersah. „Du bist wahrscheinlich ziemlich gut versichert“, bemerkte Aiden schmunzelnd, der ihr natürlich aus dem Raum folgte. „Ich wäre dumm, wenn ich es nicht wäre“, erwiderte Jane schlicht und zuckte leicht mit den Schultern. Das ersparte ihr nach jedem Auftrag so einiges. Außerdem konnte sie stets davon ausgehen, dass sie gut behandelt wurde, weil sie überall privatversichert war. Sie verließen das Gebäude und machten sich auf dem direktesten Weg in den Waffen- und Ausrüstungsdistrikt, in dem sich unzählige Läden befanden. Auf dem Weg dorthin wandte sie sich an ihren Begleiter, da sie in der Ferne die sogenannte ´Blutbank` erblicken konnte, bei der sich die Vampire des Zirkels mit ihrer Nahrung versorgen konnte. Das zweistöckige Gebäude hatte etwas von einem Krankenhaus, was wohl daran lag, dass beim Blutabnehmen natürlich sterile Verhältnisse herrschen mussten. Außerdem konnten dort kranke, beziehungsweise verletzte Blutsauger versorgt werden und die Konserven wurden direkt vor Ort gelagert. „Denkst du, du wärst in der Lage, dich ausschließlich von Blutkonserven zu ernähren?“, wollte Jane von Aiden wissen, weil diese Versorgungsstation ihre Gedanken zu seiner weiteren Ernährung gebracht hatte. Dass er als ihr Partner weiterhin Menschen tötete, stand schließlich nicht zur Debatte. Aiden folgte ihrem Blick und musterte das Gebäude nachdenklich, wobei sich seine Nüstern ein wenig blähten, gerade so, als könne er über einen halben Kilometer den Blutgeruch wahrnehmen, der von dort aufstieg. Aber wer wusste schon, was er so alles konnte… „Ich weiß nicht“, antwortete er ehrlich, aber scheinbar wenig begeistert bei der Erinnerung an die Kostprobe von letztens. Dann fiel sein Blick wieder auf Jane und ein kleines Lächeln teilte seine Lippen. „Aber ich schätze, ich kann es versuchen.“ „Es ist nicht so, als müsstest du dich ausschließlich davon ernähren, wenn wir den Pakt eingehen“, erklärte die Brünette, als sie weiterging und einen bestimmten Laden auf der Straße ansteuerte. Diese erinnerte auf den ersten Blick an eine normale Einkaufsmeile, auf den zweiten offenbarte sich jedoch das ungewöhnliche und ziemlich silberlastige Angebot. Es verkauften jedoch bei weitem nicht alle Läden ausschließlich die Messer, mit denen Jane so gerne arbeitete. Diese fuhr jetzt auch in ihren Ausführungen fort: „Man könnte dir die Beutel für ein gewisses, verhältnismäßig sehr kleines Entgelt zur Verfügung stellen. Jedoch steht es dir frei, weiter zu jagen – Einfach mit der Restriktion, nicht zu töten.“ Bestimmt konnte der Vampir sich vorstellen, welche Ernährungsweise Jane bei ihm bevorzugen würde, jedoch würde sie ihm ihre Meinung in dieser Hinsicht nicht aufzwingen. So sensibel war sie noch. „Das ist… Schwierig“, sagte Aiden langsam und sah sie unsicher an. „Es liegt einfach in meiner Natur, Jane…“ „Verstehe.“ Mehr konnte sie zu dem Thema nicht sagen, schließlich hatte sie als Mensch kein solches Problem, sodass sie ihm keine Tipps oder sonstigen Dinge geben konnte, die ihm weiterhalfen. Womöglich würde die junge Frau aber ein paar Recherchen anstellen, falls es tatsächlich zu dem Eid kommen würde. Schließlich wollte sie nicht, dass ausgerechnet ihr Partner bei diesem Thema scheiterte und sie wegen ihm Probleme bekam. Außerdem würde sie bei einer Zusammenarbeit keinen halbstarken Kämpfer brauchen können. Dementsprechend vermerkte sie sich das innerlich und hakte das Thema ab. Auch ihr Begleiter war wohl einverstanden, das vorerst hintan zu stellen, denn er betrachtete amüsiert die Auslage eines Ladens, in der ein ziemlich klischeemäßiges Kreuz hing, dessen Spitze wie ein Pflock zugespitzt worden war. „Das ist ja niedlich – Und auch noch aus Holz statt aus Silber. Gibt es hier auch einen Laden für Knoblauch?“, belustigte der Untote sich, woraufhin auch Jane nicht anders konnte, als für einen klitzekleinen Moment leicht zu schmunzeln. Der Aberglaube, Knoblauch würde gegen Vampire helfen, basierte auf ihrem feinen Geruchssinn, aber schaden tat ihnen die Knolle nicht. Ähnliches galt für Kirchengegenstände. Das Gerücht, Weihwasser und co. würden im Kampf gegen Untote nützen, rührten schlicht und ergreifend daher, dass die katholische Kirche die erste Organisation gegen Blutsauger gegründet hatte. Leider halfen Kruzifixe und andere ´heilige` Gegenstände gegen Vampire etwa genauso wie ein Handbesen. Es sei denn natürlich, besagter Handbesen bestand aus Silber und man rammte ihn der zu erlegenden Bestie in den Magen, bis das Metall sich durch das untote Fleisch geätzt hatte. „Einen Laden nicht unbedingt, aber man findet immer mal wieder Knoblauch als Dekoration an den Wänden. Wenn du welchen haben willst, kann man das sicher arrangieren“, bot Jane an, wobei sie auf einen Sack voller Knoblauch deutete, der vor einer Ladentür hing. Einen Scherz mit diesem Mythos erlaubten sich viele Vampirjäger immer mal wieder. Kunstkritisch musterte Aiden diese Dekoration. „Nun, die Architektur hier unten ist beeindruckend genug, da kann man euch wohl diesen Fauxpas bei der Inneneinrichtung verzeihen.“, sagte er gnädig. Janes Grinsen konnte er nicht sehen, denn sie öffnete gerade eine Tür, an der ´Batts Weapons and More` hing. Sie betrat den Laden, wo sie von einem alten Mann mit einer Tabakpfeife begrüßt wurden. Er hatte ein breites Gesicht fast ohne Lippen, dafür aber mit umso mehr Falten. Auf der Stirn prangte eine imposante Narbe. „Oh, Jane! Wie lange ist es her, seit ich dich gesehen habe?“, begrüßte der Ladeninhaber seine Kundin freundlich, worauf die junge Frau sein Lächeln herzlich erwiderte. Dabei kam er nicht umhin, überrascht Aiden anzusehen, da er wohl – Wie jeder andere im Zirkel – Überrascht war, die Brünette in Begleitung eines Vampirs zu sehen. „Ist das… Dein Partner?“ „Oliver, das ist Aiden. Und nein, ist er nicht… Direkt. Wir sind sozusagen in einer Testphase.“, meinte sie schulterzuckend und sah sich gleich im Laden um, wobei sie sofort eine Schusswaffe ihr Interesse erweckte. „Könntest du mir ein Dutzend von den Wurfmessern bereitstellen, die ich immer benutze? Die Hälfte meiner letzten Ration ist schon wieder draufgegangen und man kann ja nie genug davon haben.“ Oliver nickte, verschwand in einem Hinterzimmer und besorgte die Wurfmesser, die Jane wollte. Unterdessen nahm die Vampirjägerin die Pistole zur Hand, die sie schon die ganze Zeit musterte, und betrachtete sie eingehend. Dicht neben sich spürte sie Aidens Präsenz, doch als sie kurz zu ihm aufblickte, runzelte sie leicht die Stirn. Er sah ein wenig unbehaglich aus und hatte die Arme verschränkt, als wäre ihm kalt. Und soweit Jane wusste, konnten Vampire nicht frieren. „Alles ok?“, fragte sie, woraufhin sofort das obligatorische Lächeln auf seinen Zügen erschien. „Natürlich. Es ist nur... Das Silber. Es fühlt sich kalt an. Als würde er in einem Gefrierschrank arbeiten.“ Jane nickte interessiert, denn sie hatte bisher nur gewusst, dass das Metall seinesgleichen tötete, aber nicht, wie es sich auf die lebende – Oder eben untote – Variante auswirkte. Allerdings war ihre Aufmerksamkeit eher auf die Waffe in ihrer Hand gerichtet, mit der sie jetzt auch auf den Ladenbesitzer zutrat, der gerade ihre Wurfmesser einpackte. „Welche Kugeln hast du für die?“ „Wie erwartet hast du gute Augen, Kindchen. Jedoch gibt es dafür nur eine Art von Patronen.“, meinte Oliver, der nur einen Blick auf die Pistole geworfen hatte. Schmunzelnd kam er zu ihr rüber, nahm die Waffe ab und deutete mit einer kurzen Handbewegung an, ihm zu folgen. Für einen Moment sah sie den älteren Mann verwirrt an, nickte dann aber und folgte ihm durch eine Tür, die sie in einen größeren Raum brachte. Darin befand sich ein Schießstand mit kugelsicherem Glas als Ziel, hinter dem eine Zielscheibe angebracht worden war. Dieser Raum war eindeutig gebaut worden, um die Jäger ihre Waffen ausprobieren zu lassen. „Hier. Versuch es am besten selbst“, wies der Weißhaarige die Jägerin an, woraufhin diese die Pistole in die Hände nahm und zielte. Sie feuerte in Richtung der Zielscheibe, die sofort nach dem Aufprall der Kugel einen heftigen elektrischen Schock abbekam und aufgrund der hohen Voltzahl sogar zerfetzte. Beim Anblick der teilweise abgebrannten und zerfetzten Scheibe weitete die Brünette die Augen und wandte sich ruckartig an Oliver. „Ich gehe davon aus, dass nicht jeder diese Waffe erwerben kann, oder? Wie sehen die Bedingungen aus?“ „Mindestens Stufe 14, gültiger Waffenschein, drei Jahre Berufserfahrung und mindestens fünf erfüllte Aufträge im Alleingang – Also kein Problem für dich.“, erklärte Oliver lächelnd, woraufhin Jane schon zum bürokratischen Teil übergehen wollte. “Darf ich es auch mal versuchen?“, fragte in dem Moment aber Aiden höflich, woraufhin Jane ihn überrascht ansah und die Stirn runzelte. Er interpretierte das wohl falsch, denn er fügte stockend hinzu: „Nur, wenn es euch nicht unangenehm ist, natürlich.“ Jane hatte sich nicht bedroht gefühlt, sie war nur überrascht, dass er mit Schusswaffen umgehen konnte. Das hätte sie ihm nie zugetraut, denn für sie galt er praktisch schon als Pazifist seiner Art. Oliver war nicht minder überrascht, grinste dann aber kurz über beide Ohren und nickte. „Nur zu. Versuch aber, nicht etwas anderes als die Zielscheibe zu treffen, okay? Obwohl… Ich muss mir glaube ich keine Sorgen darüber machen, oder? Ansonsten würdest du wohl kaum so natürlich fragen“, sprach der ältere Herr und drücke dem Untoten die silberne Waffe in die Hand. „Ich denke, das sollte kein Problem sein“, versicherte er eher amüsiert und nahm die Pistole. Dabei zuckte er leicht zurück, als seine Haut das Silber berührte, griff aber so schnell nach, dass die Waffe nicht mal einen Zentimeter gefallen war. Er trat einen Schritt zur Seite – Dank Janes Versuch brauchte er ja ein anderes Ziel – und fixierte die Glasscheibe. Mit einer lässigen Geste traf er genau die Mitte der Scheibe, dann sicherte er die Waffe und gab sie mit gebührender Bewunderung, aber auch ein wenig erleichtert, dem Ladenbesitzer zurück. „Beeindruckend“, sagte er anerkennend und ließ die scheinbar steifen Finger kreisen. „Aber ein anderes Material wäre mir lieber.“ Jane hatte ihn, noch immer überrascht, beobachtet, und gab jetzt ein leises, anerkennendes Pfeifen von sich. „Woher hast du Erfahrung mit Schusswaffen?“, wollte sie wissen. Inzwischen war sie froh darüber, mit ihm in den Zirkel gekommen zu sein, denn hier bekam sie einige neue Eigenschaften an ihm zu sehen, die sie an der Oberfläche wohl nicht so einfach entdeckt hätte. „Jagen war zu meiner Zeit ein ganz normales Hobby, gerade in den höheren Ständen. Ich habe das nie aufgegeben, sofern es mir möglich war… Also, eure Definition von Jagen.“, fügte er mit einem kleinen Lächeln hinzu. „Und als es neue Utensilien dazu gab, war ich neugierig. Ich habe sogar einen Waffenschein, allerdings nicht bei mir.“, fügte er hinzu und tastete seine Taschen ab, in denen er jedoch nicht mal einen Geldbeutel fand. Nun, das wäre von Vorteil und ein großer Pluspunkt, der dafür sprechen würde, mit ihm einen Pakt einzugehen, dachte sie, als sie sich mit den Männern zurück in den Laden begab. Während Oliver ihre Einkäufe verpackte, fiel ihr Blick auf ein Oberteil. Es bestand aus braunem Stoff und hatte einen korsagenähnlichen Schnitt, kurze Ärmel und einen rautenförmigen Ausschnitt, über dem sich ein hoher Kragen schloss. „Hübsch“, bemerkte Aiden, der ihrem Blick gefolgt war. „Aber ist es nicht am Dekolleté etwas unpraktisch?“ Der Vampir meinte wohl, dass für männliche Vampire ein anziehender Duft von der Brust einer Menschenfrau ausging, aber Oliver verteidigte gleich sein Produkt, indem er erklärte, dass der Stoff robust und Kugelsicher wäre, außerdem hielt er hoher Hitze aus und schützte die Trägerin ebenfalls vor Kälte. Diese Vorteile machten den Nachteil des Ausschnitts wieder wett, sodass Jane die Korsage auf ihre Einkaufsliste setzte. Dazu kamen noch ein paar spezielle Stiefel, die an der Spitze und in der Sohle versteckt eingebaute Messer besaßen. Nachdem sie mit der kleinen Shoppingtour fertig war, begab sie sich zur Kasse, zückte ihr Portemonnaie und bezahlte ohne mit der Wimper zu zucken den vierstelligen Betrag. Sie bedankte sich bei Oliver, schnappte sich ihre Einkaufstaschen und verließ mit ihrem Begleiter den Laden. Noch ehe sie aus der Tür waren, hatte Aiden ihr die Tüten abgenommen, woraufhin sie sich durch die Haare fuhr und die Stirn runzelte. „Es ist zwar nett, die schweren Einkaufstaschen einer Frau zu nehmen, aber das ist nicht nötig. Ich kann sie selber tragen“, erklärte die Vampirjägerin, wofür er jedoch nur ein unverbindliches Lächeln übrig hatte. Anstalten, ihr die Tüten zurück zu geben, machte er keine, also verdrehte sie nur die Augen und steuerte den Aufzug an. „Also ich meinerseits hätte jetzt alles. Falls du dich nicht noch weiter umsehen willst, würde ich sagen, wir machen uns aus dem Staub“, schlug die Vampirjägerin vor. „Ja, gehen wir. Mir fehlt der Wind“, erwiderte er nachdenklich und blickte zur Decke hoch über ihnen. „Gefällt es dir hier unten?“ „Das würde ich nicht unbedingt sagen. Es hat seine Vorzüge und ist entsprechend nicht zu verachten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, auf Dauer hier zu leben“, erklärte die Vampirjägerin ehrlich und stieg mit dem Vampir in den Lift, der sie wieder nach oben brachte. Aiden rieb sich verstohlen die Hand, in der er zuvor die Waffe gehalten hatte. „Hier leben also echt dauerhaft Menschen?“ Er klang ziemlich entsetzt, aber Jane konnte nur nicken, wobei sie noch hinzufügte, dass es hauptsächlich Vampire waren oder Menschen, die es praktischer fanden, direkt im Zirkel zu leben. Nicht selten kam es auch vor, dass ein oder zwei Familien das Tageslicht hinter sich ließen, um sich vor möglichen Racheaktionen zu schützen. Für Aiden stand das wohl nicht zur Debatte, so erleichtert, wie er durchatmete, als er den Aufzug verließ. Bedeutend besser gelaunt als die ganze Zeit im Untergrund sah er zu Jane und grinste. „Und? Habe ich mich gut genug benommen?“ Zuerst zog sie nur die Brauen hoch, doch dann erinnerte sie sich, dass sie ihn aufgefordert hatte, sich zu benehmen. „Das hast du. Sogar mehr als das“, erwiderte Jane ehrlich, wobei der zweite Satz so leise war, dass er beinahe vom Geräusch der nahegelegenen Straße verschluckt wurde. Sie hatte viel mehr damit gerechnet, dass er sich quer stellen und sie um jeden Preis zu diesem absurden Pakt drängen wollte. Niemals hätte sie gedacht, dass er ihr die Entscheidung überlassen würde. Man konnte zwar nicht wirklich von einer Entscheidung reden, aber dennoch… Er hatte sich ihr nicht einmal annähernd aufgedrängt. Außerdem hatte die Brünette gemerkt, dass er sehr viel Wert auf ihr Wohlergehen legte und sie beschützen wollte, sodass sie den Eid mittlerweile sogar ein wenig in Erwägung zog. Natürlich würde Jane ihm das jetzt nicht gleich unter die Nase reiben, da sie sich das Ganze wirklich gründlich durch den Kopf gehen lassen wollte. Im Moment würde es ihr aber vollkommen genügen, wenn er endlich zusagen würde, ihr bei dem Auftrag mit dem Serienkiller zu helfen, den sie jetzt auch wieder ansprach: „Du hast zwar gemeint, dass du mich beschützen willst, egal, wie ich mich entscheide, aber wie sieht es mit einer kurzfristigen Zusammenarbeit aus? Dazu hast du dich bisher immer noch nicht geäußert. Brauchst du noch mehr Bedenkzeit?“ Um sich noch etwas Zeit zum Nachdenken zu erschleichen, verstaute Aiden übermäßig umsichtig die Einkäufe in Janes Audi, bevor er ein wenig ausweichend und recht steif sagte: „Wir können es als eine Art Testlauf für eine längere Zusammenarbeit sehen, wenn du möchtest.“ Ihr Gesichtsausdruck erhellte sich sofort, gerade so, als würde es ihr Spaß machen, sich in halsbrecherische Abenteuer zu stürzen. „Das ist eine gute Idee“, meinte die Vampirjägerin, die sich fragte, wieso sie nicht selbst auf die Idee gekommen war, ihm das vorzuschlagen. Alles andere als begeistert verschränkte ihr Gegenüber die Arme und sah sie an. „Hast du inzwischen eine bessere Idee, wie du den Vampir aufscheuchen willst?“ Sie fuhr sich nachdenklich durch die Haare, hielt jedoch inne, als ihr spontan eine Idee kam. Sie war zwar irgendwie gleich, aber zumindest wäre sie selbst nicht in Gefahr. „Nun, ich weiß nicht, ob die Idee besser ist… Aber da du so dagegen bist, dass ich das Opfer spiele, wie wäre es, wenn jemand anderes das übernimmt? Ein anderer Vampirjäger Lucas vielleicht?“, schlug sie vor und legte mit einer hochgezogenen Augenbraue den Kopf schief. Wenn der Vampir dem zustimmte, würde sie mit ihrem Arbeitskollegen reden. Viel Überredungskunst wäre sicherlich nicht nötig, denn der Ältere wusste ja, wie auch Eldric, wie viel ihr an diesem Auftrag lag und dass sie diejenige sein wollte, die dem Serienkiller den Gar ausmachte. Aiden hob leicht amüsiert die Augenbrauen und meinte: „Du würdest deine Kollegen einfach als Frischfleisch anbieten? Ich hätte mit etwas mehr… Nun, Heldenmut von dir gerechnet.“ Mit einem Schulterzucken tat sie diese Kritik ab. Nach außen hin wirkte ihr Vorschlag natürlich mehr als makaber, doch hätte die Brünette die ganze Sache niemals vorgeschlagen, wenn sie sich nicht sicher gewesen wäre, dass Lucas sich selbst verteidigen könnte. Außerdem hatte sich dieser ja auch schon oft genug angeboten, ihr dabei zu helfen – Nur hatte sie bisher nie wirklich einen Grund dazu gehabt, sich wieder mit ihm zusammen zu tun. Mit einem menschlichen Partner wäre sie nicht an den Auftrag gekommen, den sie wollte. Aber in Zusammenarbeit mit Aiden wäre er perfekt. Über ihren Vorschlag, den Lockvogel zu spielen, hätte er wohl nur gelacht und ohne zu zögern angenommen. Scheinbar zog Aiden diese Idee jedoch tatsächlich in Betracht, denn er schwieg eine Weile nachdenklich. Es war schon interessant, wie kategorisch er es ausschloss, Jane in Gefahr zu bringen, während ihm das Schicksal ihrer Kollegen offensichtlich sonst wo vorbei ging. „Ich glaube, wir sollten das zu zweit machen“, sagte er jedoch schließlich sanft. „Darf ich dich zum Essen einladen? Ich hätte eine Idee, die wir während dessen besprechen können.“ Ihre Mundwinkel hoben sich leicht; Das hörte sich doch wirklich gut an, seinen eigenen Vorschlag konnte der störrische Vampir schließlich nicht so leicht wieder vom Tisch wischen wie ihre Pläne. „Keine schlechte Idee. Ich kenne ein nettes Pub, wo wir… Ich etwas essen kann und wir reden können.“ Sie stieg mit Aiden ins Auto und fuhr los – hoffentlich zu den ersten Vorbereitungen ihres heißersehnten Auftrags. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)