Primrose ~ Blooming Doubts von BakaOtakuFish ================================================================================ Kapitel 17: Ein neues Gesicht ----------------------------- „Davis, wer schummelt, wird zeugungsunfähig.“ Ein Schmunzeln zog sich durch die Runde, als ihm der Schreck ins Gesicht stand. Da hatte sie wohl einen wunden Punkt erwischt mit ihrem Kommentar. „Wer erzählt denn so einen Mist? Das hör ich zum ersten Mal! Außerdem… wer soll hier schummeln?!“, stellte sich der Angeklagte gespielt dumm. Allmählich verlor Miyako ihre Geduld mit ihm. „Wer absichtlich zwei Karten mehr zieht, hat sich in meinen Augen des Betruges schuldig gemacht. Hab ich schon erwähnt, dass lügen unfruchtbar macht?“ „Pff… Dann kauf dir ne neue Brille. Scheint was nicht in Ordnung zu sein mit den runden Dingern in deinem Kopf.“ Demiveemon, das in Daisukes Schoß hockte, war verwirrt. „Aber Davis“, fing es an, „Warum hast du dann acht Karten und nicht sechs, wie die anderen?“ Aufgeflogen. Am liebsten hätte er dem Gnom seinen Hals umgedreht. So ein großes Plappermaul! Bevor er es jedoch zu fassen bekam, hüpfte es davon und versteckte sich zwischen den anderen Digimon. „Du kleines Ungeheuer…“, zischte Daisuke, legte anschließend aber die Hand in den Nacken und lachte hysterisch. „Ach, waren das echt acht? Ich Tollpatsch!“ Er betete inständig, dass seine Wangen nicht halb so sehr glühten, wie es sich gerade anfühlte. Das käme nämlich ungefähr einem Feuerwehrauto gleich. Obwohl Betrug alles andere als lustig war, mussten seine Freunde doch herzlich lachen. Solche Auftritte waren einfach typisch für Daisuke. Bislang verlief das Treffen sehr ruhig und harmonisch. Daheim angekommen, hatte Davis gerade mal genügend Zeit, sich aus seiner Uniform zu schälen, bis die ersten Gäste eintrudelten. Zuerst Cody und Upamon, dann Yolei und Poromon, zusammen mit Ken und Wormmon. Hikari und Gatomon kamen ungefähr zehn Minuten später. Eigentlich wären sie ja damit komplett –bis auf Takeru – gewesen, hätte ihr Gastgeber nicht noch eine Überraschung eingeplant, die kurz darauf vor der Tür stand. Lange schwarze Haare, die ihr weit bis über den Po ragten. Gegensätzlich dazu ein schneeweißes Sommerkleid, das ihre schlanke Figur perfekt betonte und zum Schluss das kleine Ding auf ihrer Schulter, welches neugierig in die Menge blinzelte. Schnell löste Davis das Rätsel um die geheimnisvolle Schönheit und stellte sie als seine Emailbekanntschaft Yukina Himekawa, kurz: Yuna vor. Von Koushiro erhielt er vor einiger Zeit den Tipp, mal einen Blick auf ein Internetforum zu werfen. Ein Forum, speziell für Digiritter aus aller Welt, die sich dort kurzschließen und über verschiedenes austauschen konnten. Man stieß zwar auf die eine oder andere Sprachbarriere, doch zu seinem Glück gab es auch diverse Japaner, mit denen er sich unterhielt. Eine davon war eben Yuna. Sie schien eine der wenigen Personen zu sein, die das so genannte „Internetphanömen“ nicht betraf. Sobald man sich mit jemandem gut verstand, stellte man fest, dass er am anderen Ende der Welt oder zumindest weit genug weg wohnte, damit ein Treffen wohl nie in Frage käme. Yunas Wohnung dagegen befand sich im West-End-Viertel. In der Nähe des Ortes, an dem Taichi und die anderen damals ihren ersten Kontakt mit den Digimon hatten und den spektakulären Kampf zwischen Greymon und Parrotmon beobachteten. Das lag für Davis nur wenige Stationen mit der Bahn entfernt. Einem Kennenlernen stand also nichts und niemand im Weg. Jedenfalls kannten sie sich nun schon ein paar Monate. Ungefähr seit Anfang des Schuljahres ging die Chatterei schon. Einige Verabredungen hatten sie auch schon und was sollte man sagen? Sie verstanden sich ganz wunderbar. Daher hielt Davis es auch für kein Problem, sie zu dem Übernachtungswochenende einzuladen. Selbstverständlich kam sie aber nicht allein, sondern in Begleitung des Wesens, dem sie den Kontakt zu unseren Helden erst verdankte. Aus seinen strahlend grünen Augen schaute es drollig drein und grinste frech. Ein augenscheinlich graziles und unscheinbares Megadigimon, dessen Aussehen dem einer kleinen Fee gleichkam. Es trug um seinen Hals einen heiligen Ring und aus seinem Rücken ragten zwei kleine Flügel, sowie eine Art Fühler aus seinem Kopf. Mit seinen kleinen Ärmchen hielt es sich an Yunas Schulter fest und verdeckte so zum Teil das rote Herzchen auf seinem Bauch. Die Rede war von Marineangemon, ihrem treuen und sehr verschmusten Partner. Laut Yunas eigener Erklärung konnte ihr Digimon als eines der wenigen nicht sprechen. Es beherrschte nur ein einziges Wort: „Puh“. Obwohl nun zur Debatte stand, inwieweit das als richtiges Wort durchging. Außerdem besäße es eine Vorliebe für Schokolade und alles, was damit in Verbindung stand. Da ihr >Marineangemon< etwas zu lang erschien und sie es am Anfang häufig vergaß oder irgendwie durcheinander brachte, taufte sie das Kerlchen kurzerhand auf den Spitznamen Chocolat um. So viel dazu. Es dauerte nicht lange, bis die Neulinge sich in die Gruppe integrierten und auf einer freundschaftlichen Basis miteinander umgingen. Nach einem kurzen Frage-Antwort-Spiel mit Yuna begaben sich die Jugendlichen nach draußen und spazierten eine Weile durch die Gegend, schauten mal hier, mal da. Was es für neue Angebote in der Fußgängerzone gab, was der Eismann dazu sagte, dass dieser wundervolle Rock so unverschämt viel kostete… Ja, Yolei konnte sich gut über so was aufregen. Unterwegs trafen sie noch Taichi und Mimi, die ebenfalls zum Bummeln in die Stadt kamen. So drückte es Mimi freundlicherweise aus. Bummeln hieß bei ihr shoppen, mit Tai als Packesel. Wie sollte man sonst seinen freien Tag genießen und ins Wochenende starten? Blöd in der Bude hocken und Fußball gucken? Nein, ganz sicher nicht! Im Haushalt Yagami/Tachikawa herrschte ein strenges Regiment. Ihr Weg führte sie in ihr Stammcafé, wo sie erstmal eine Weile mit dem Paar über alte Zeiten plauderten, Dinge, die seit ihrem Umzug so passierten, und, und, und. Vor allem Hikari interessierte sich dafür, was ihr Bruder nun so trieb. Ob er seine schlechten Angewohnten immer noch nicht abgelegt hatte. Manches änderte sich wohl nie. Wenn Taichis Name auf dem Putzplan stand, blieb aus Prinzip die Hälfte liegen. Schmutziges Geschirr stapelte sich, auf einmal verschwand jeder linke Socken und die Staubschicht auf dem Sideboard war gefühlt drei Meter dick. Wie schön er die Uni immer als Vorwand, beziehungsweise Ausrede dafür benutzte. Zu blöd nur, dass die Heftseiten immer völlig leer waren, wenn Mimi diese zufällig mal in die Finger bekam. Womit auch immer sie ihm daraufhin meistens drohte, musste ganz schrecklich grausam sein. Zumindest strahlte die Wohnung nach einer solchen Unterredung meist in völlig neuem Glanz. Ja… Mädchen waren gruselig. Das bekam Taichi deutlich zu spüren. Gegen seinen Willen ging also irgendwann die Shopperei weiter und Davis und die anderen steuerten ebenso ihr nächstes Ziel an. Das Kino. Yolei wollte unbedingt den neuen Liebesfilm sehen, rannte bei Davis aber keine offenen Türen ein. „Den willst du doch nur gucken, damit du und Ken nachher unbedingt im dunklen Saal rumknutschen könnt, wenn keiner hinsieht!“, merkte er an und sorgte damit beinahe wieder für eine waschechte Keilerei. Zur weiteren Auswahl standen noch ein Actionfilm, ein Krimi und eine Komödie. Durch die fairste Methode der Welt (Schere-Stein-Papier), fiel die Entscheidung auf die Komödie. Anfangs hielt sich die Begeisterung zwar stark in Grenzen, doch drei Stunden später, als sie wieder das Tageslicht erblickten, war das Gelächter groß. Wieder zurück in Daisukes Wohnung, saßen sie nun hier und spielten Karten, wobei durch seinen versuchten Betrug auch erstmal eine kleine Pause anstand und sich nur locker unterhalten wurde. Hikari sah aus dem Fenster. Es war schon recht spät und die Sonne konnte man nur noch weit hinten am Horizont erahnen. Den Tag mit ihren Freunden hatte sie wirklich genossen. Es machte so viel Spaß, herumzualbern und es tat gut, die Gedanken an die bald nahenden Prüfungen beiseite zu schieben. Und das war erst der Anfang. Samstag und Sonntag sollte es munter weitergehen. Da Davis sturmfrei hatte, gab es auch niemanden, der sie störte. Natürlich aber auch keine liebe Mutter, die ihnen leckeres Essen kochte. Seine Eltern waren übers Wochenende zu Besuch bei Jun, die mit ihren 23 Jahren schon wacker auf eigenen Beinen stand und mit einigen Freundinnen in eine WG zog. Was die Mädels da so veranstalteten, wollten Herr und Frau Motomiya zu gern mal wissen. Dem Gespräch ihrer Kameraden lauschte Kari schon gar nicht mehr. Soweit sie das beurteilen konnte, ging es gerade sowieso nur um eine Diskussion darüber, welche Passage im Film die beste sei. Dazu hatte sie tatsächlich nichts beizutragen. Auf jeden Fall nichts, was nicht schon jemand anderes ansprach. So hing sie lieber etwas ihren Gedanken nach. Seit einer Woche gingen sie schon wieder zur Schule und jeden Tag begleitete sie nach Unterrichtsschluss ihren besten Freund Takeru nach Hause, wo sie den Nachmittag über verbrachte, bis ihre Mutter von der neuen Arbeit heimkam. Nach einigem Überlegen nahm Kari sein Angebot einfach an. Besser als daheim allein zu sitzen und Löcher in die Luft zu gucken. Da er in so ziemlich derselben Situation war, konnten sie sich ja auch zusammentun und gemeinsam die Zeit totschlagen. Nur heute lief es ganz anders. Schon den ganzen Morgen über kam Takeru ihr so nachdenklich vor. Während der Pause sagte er kaum ein Wort, nur wenn ihn jemand direkt ansprach. Und dann seine Absage zu dem Treffen hier. Das musste irgendwie in Verbindung zueinander stehen. Wegen seines schnellen Abgangs wagte sie es auch nicht, ihm zu folgen und zur Rede zu stellen. So wie sie ihn kannte, würde er so oder so bestreiten, dass etwas nicht in Ordnung sei. Vielleicht hatte er aber auch etwas Schönes vor und war einfach nur aufgeregt deswegen. Konnte ja sein. Eins stand jedoch fest. Er fehlte ihr. Wenn sie hier alle so beisammen saßen, lachten und sich unterhielten, bekam sie glatt ein schlechtes Gewissen. Takeru liebte es, Zeit mit seinen Freunden zu verbringen und sie erinnerte sich noch genau, wie sehr seine Augen bei ihrem Campingtrip neulich strahlten. Oder während der Erledigung ihrer Sommerhausaufgaben. Ihm hätte es sicher auch Spaß gemacht, mit ihnen zu übernachten und herumzublödeln. Ohne seine Anwesenheit waren sie einfach nicht komplett. Wie es das Schicksal aber so wollte, blieb das nicht lange so. „Was haltet ihr davon, wenn wir uns eine Pizza bestellen? Ich sterbe vor Hunger!“, jammerte Davis und hielt sich den Bauch, als würde er jede Sekunde an seinem Befinden verenden. „Du hattest doch vorhin erst ein riesiges Stück Kuchen, als wir mit Tai und Mimi unterwegs waren.“ Verständnislos schüttelte Yolei den Kopf. Ein echter Vielfraß, dieser Kerl. „Ich könnte aber ehrlich gesagt auch einen Bissen vertragen“, meldete sich Cody zu Wort und auch vom Rest kam ein einstimmiges Nicken zurück. Yuna fügte noch hinzu: „Es ist zwar schon spät, aber ausnahmsweise sollte man sich so was auch mal erlauben. Wir könnten ja im Gegenzug dafür morgen was leckeres zusammen kochen.“ „Genau!“, bestätigte Ken, „Ihr habt doch einen Grill draußen, Davis. Wie wär’s mit Barbecue?“ „Und Sonntag stellen wir uns dann in die Küche und zaubern einen Eintopf! Oder Curryreis! Vielleicht auch…“ Kari lächelte bei der Vorstellung an das Festmahl, das ihnen wohl bevorstand. Deshalb hielt sie sich auch nicht gerade mit ihren Vorschlägen zurück. Wenn sie hungrig war, hatte sie einfach Appetit auf alles, was man ihren Hüften aber kein Stückchen ansah. Außerdem würden sie mit Sicherheit etwas Gesundes und Nahrhaftes zubereiten. Als dann gerade zur Sprache kam, was denn für ein Belag auf die Pizza sollte, klingelte es an der Tür. „Sag bloß, du hast die Pizza schon heimlich bestellt, Davis“, raunte Yolei ihm zu und schaute ihn erwartungsvoll an. Der Junge mit der Fliegerbrille zuckte nur mit den Schultern, erhob sich etwas gequält, da ihm die Beine eingeschlafen waren. „Nicht dass ich wüsste. Also werde ich wohl nachsehen müssen…“ Etwas ungeschickt stolperte er aus seinem Zimmer heraus, durch den dunklen Flur und landete schließlich bei der Wohnungstür. Wortwörtlich, da er das Gleichgewicht verlor und auf der Nase landete. „Verdammt… Immer muss mir das passieren…“ Davis knurrte beleidigt. Nachdem er sich wieder aufraffte, zog er die Tür mit Schwung auf und starrte verdattert in das Gesicht seines Gegenübers. „Abend, Davis. Was dagegen, wenn wir euch ein wenig Gesellschaft leisten?“, lächelte Takeru ihm entgegen und hob zur Begrüßung die Hand. Patamon, das hinten auf seinem Rucksack hockte und ihm über die Schulter schaute, tat es ihm gleich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)