Von Monstern und Teddybären von HoppouChan ================================================================================ Kapitel 1: Von Monstern und Teddybären -------------------------------------- Langsam öffnete ich meine Augen. Es war fast komplett dunkel. Aber nur fast. Gut, ich hatte den Beginn der Nacht also nicht verschlafen. Immerhin hatte ich eine Pflicht zu erfüllen. Hinter mir ertönte ein leises Schnarchen, aber sonst war der Raum komplett ruhig. Dieses eine Geräusch stammte von einem kleinen Jungen in seinem Bett, der sich an mich kuschelte. Sein Name war Alex, ein wirklich toller und lieber Junge, immer freundlich und gut drauf. Bevor jetzt noch jemand die Frage stellt, was ich im Bett eines Fünfjährigen mache, beantworte ich sie selbst. Ich bin ein Teddybär. Ja, eines dieser kleinen, flauschigen Dinger mit braunem Fell und Knopfaugen, die man Kinder zum kuscheln kauft. Und ja, ich kann sowohl denken als auch reden. Überrascht? In deinem Alter kann ich dich verstehen. Aber erinnere dich zurück an die Zeit, als du vier oder fünf Jahre alt warst. Glaubtest du nicht auch, dass Stofftiere ein Eigenleben besitzen? Nun, jetzt hast du die Bestätigung. Ja, wir haben ein Eigenleben. Aber wie auch ihr Menschen haben wir Aufgaben zu erfüllen. Die Aufgabe, die uns Teddys seit über 150 Jahren auferlegt worden war, war wohl ohne Zweifel eine der wichtigsten. Erinnerst du dich noch an das Monster im Schrank, vor dem du Angst hattest? Oder das Monster unter dem Bett? Was wenn ich dir sage, dass diese Dinge existieren? Man möchte meinen, diese Monster entsprängen nur der Fantasie der Kinder. Aber nein, dem ist nicht so. Allerdings sind Kinder die einzigen, die diese Kreaturen sehen können. Mit dem Altern verblasst diese Fähigkeit immer mehr. Als Jugendlicher kann man sie zwar nicht mehr sehen, aber ein ungutes Gefühl verleitet einen doch manchmal noch dazu, mitten in der Nacht das Licht anzumachen und durch den Raum zu sehen. Das Glück dieser Personen ist es, dass diese Monster dir wirklich nur dann etwas tun können, wenn du sie auch siehst. Genau das ist der Grund, wieso wir Teddybären oder Verwandte von uns in jedem Kinderzimmer rund um die Welt zu finden sind. Nicht nur sind wir Spielgefährten am Tag und in der Nacht etwas zum Festhalten. Wir sind die Wächter über die Kinderzimmer. Jede Nacht, sobald die Kinder schlafen, kommen diese Monster in Gestalt ihrer Alpträume aus ihren Verstecken gekrochen. Unsere Aufgabe ist es, den kostbaren Schlaf der Kinder zu schützen, bis das Licht am Morgen diese Kreaturen wieder zurück in ihre Verstecke verbannt. Vorsichtig, um Alex nicht zu wecken, zwängte ich mich aus seiner Umarmung. Er schien es nicht wirklich zu bemerken, drehte er sich doch einfach auf die andere Seite und schlief weiter. Oft tat es mir Leid, dass ich ihn mehr oder weniger alleine lassen musste. Aber das war nun einmal ein notwendiges Übel, ohne Bewegungsfreiheit kämpfte es sich schlecht. Langsam tapste ich den Körper des schlafenden Jungen entlang, um in etwa an seiner Hüfte auf die Decke hinaufzuklettern. ‚Drollig‘ wäre wohl das passende Wort für die Aktion, als ich versuchte, mich mit strampelnden Beinen hochzuziehen. Für so etwas waren wir leider nicht geschaffen. Das hinderte uns aber nicht daran, unsere Pflicht zu erfüllen. Ich ließ mich auf dem Körper des Jungen nieder und ließ meinen Blick durch den dunklen Raum schweifen. Noch drangen letzte, schwache Sonnenstrahlen herein und es war ruhig. Doch bald würde sich das ändern. Das vermutete ich nicht. Ich wusste es. Tatsächlich, kaum waren die letzten Sonnenstrahlen verschwunden und die komplette Finsternis hielt Einzug, kam Leben in das Zimmer. Aber nicht die gute Art von Leben. Ich hob eine meiner Pfoten aus Stoff, murmelte einige wenige unverständliche Worte, und wie durch Magie materialisierten sich in einem schwachen Glühen in meiner gestreckten Pfote ein Schwert, in der anderen ein Schild und auf dem flauschigen Kopf ein Helm, wie der eines römischen Legionärs. Das alles wirkte wie aus solidem Metall gemacht, aber der Schein trügte. Normaler Stahl wäre nicht hart genug um den Fängen der Monster zu widerstehen. Die Ausrüstung bestand aus Xeblyx, einem den Menschen unbekannten Metall. Dieses war millionenfach härter als Diamanten und wurde aus den positiven Träumen von Kindern gewonnen. Deswegen war es für die Menschen auch unmöglich, dieses Material jemals herzustellen. Kaum hatte sich das Glühen gelegt, kroch auch schon der größte Alptraum von Alex unter dem Bett hervor. Eine bei weitem überdimensionierte Katze, sowohl in Länge als auch in der Breite, mit dunklem Fell, durchsetzt mit Türkis leuchtenden Streifen. Das auffälligste Merkmal allerdings war das Gesicht dieser Monsterkatze. Die Augen glühten in einem giftigen Grün und statt einem normalen Katzenmund besaß sie ein fettes Grinsen, das zwei Reihen messerscharfer Zähne zeigte. Dass das Monster diese Gestalt angenommen hatte war verständlich, diese Grinsekatze war auch Stoff für Alpträume. Sofort sprang ich auf meine Pfoten und begab mich in Kampfposition. Bis jetzt hatte noch nie einer meiner Rasse in seiner Mission versagt und ich würde es auch nicht tun. Den Schild vorgestreckt, so dass er den Großteil des Körpers bedeckte, das Schwert hielt ich zwar hinter dem Schild, aber dennoch kampfbereit. Die Katze schlich an einer Seite des Bettes entlang, die glühenden Augen auf den schlafenden Jungen gerichtet. Man musste kein Psychologe sein, um die Absichten zu erkennen. Das Monster hatte es eindeutig auf das Kind abgesehen. Das konnte ich nicht zulassen. Vorsichtig, um Alex nicht aufzuwecken, schritt ich immer parallel zu der Katze auf und ab, stetig bereit, einen Angriff zu blocken. Die Katze war sich des Risikos bewusst, wenn sie jetzt angreifen würde. So versuchte sie, in eine bessere Position zu kommen. Dieses Taktieren ging mehrere Minuten lang so weiter, bis das Monster anscheinend die Geduld verlor und den Angriff begann. Mit einem gewaltigen Satz sprang die Katze in Richtung des Bettes und riss im Sprung den gewaltigen Kiefer auf. Gerade noch rechtzeitig riss ich meinen Schild hoch und blockte den Angriff. Daraufhin entbrannte ein heftiger Kampf, geprägt von einem ständigen Hin und Her. Bisse wurden vom Schild geblockt und Schwerthiebe trafen die Pranken des Monsters, die klaffende Wunden hinterließen. Allerdings floss kein Blut und auch kein schmerzhaftes Aufheulen war zu hören, die Biester fühlten keinen Schmerz und kein Blut floss in ihren Adern. Einmal hatte die Katze die Überhand und drohte, den Jungen anzugreifen, ein anderes Mal war ich kurz davor, das Biest endgültig zu erschlagen. Leider war das nicht möglich. Weder durch Xeblyx noch durch irgendein irdisches Material waren diese Biester zu töten. Nur indem das Kind den Alptraum verarbeitete konnte ein Monster endgültig verschwinden. Aber eine temporäre Lösung war immer zur Hand. Licht. Nach mehreren Stunden ging plötzlich auf dem Gang vor dem Zimmer das Licht an und schien durch die Glastüre in das Zimmer. Die Katze machte einen Buckel, fauchte mich noch einmal an und verschwand dann wieder unter dem Bett, so schnell wie sie gekommen war. Erleichtert seufzte ich und ließ die Ausrüstung wieder in einem Glühen verschwinden. Eine weitere erfolgreiche Nacht. Erschöpft trottete ich zurück zur Brust des Jungen und zwängte mich wieder unter die Arme in die Umarmung. Ich war zufrieden mit mir. Alex war nicht aufgewacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)