Von grausamen Monstern, Pestdoktoren und ganz normalen Menschen von _Supernaturalist_ ================================================================================ Kapitel 10: Nami – Gefangen --------------------------- Kurz bevor Chopper ihr das erste Mal die Nadel in die Haut gestoßen hatte, war auch schon alles schwarz geworden. Schließlich schmerzte ihr gesamter Körper, besonders ihr Magen und ihre Lunge, bei jedem Atemzug. Aber auch ihr Herz. Verflüssigten sich ihre Organe tatsächlich - genau so, wie Ezra es gesagt hatte? Es fühlte sich alles an, wie der Beginn eines unglaublichen Albtraumes. Doch, wenn sie ehrlich zu sich selbst war, so war es das tatsächlich auch. Als sie aus dieser Schwärze erwacht war, befand sie sich auf der Krankenkoje, in Choppers Arztzimmer. Eine Decke lag über ihren Beinen und eine Nadel stach in ihrem Arm, genau an jener Stelle, wie schon damals auf Spiral Down Island. Nur dieses Mal riss sie diese nicht gleich aus ihrer Haut heraus, mit dem Wissen, dass es schmerzen würde und wie sie dann wieder blutete. Mit leicht verschleiertem Blick sah sie nur zu dem Beutel am anderen Ende des langen Schlauches. Ihr Kopf schmerzte, ihre Glieder fühlten sich schwer. Zumindest tat ihr Innerstes nicht mehr weh – nur ihr Herz. Es machte einen schweren Sprung, als sie sich an alles, was zuvor geschehen war, zurückerinnerte. Ihre erste, größte und einzige Sorge galt sofort Sanji. Schließlich wusste sie nicht, wie es ihm erging. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie sich von den Gedanken befreien konnte und feststellte, dass sie hier nicht allein war. Ihr Schiffsarzt leistete ihr Gesellschaft, saß am Tisch und schrieb etwas mit kratzender Feder nieder. „Chopper?“, fragte sie vorsichtig und mit rauer Stimme. Sie brauchte sofort etwas zu Trinken. Der Angesprochene drehte sich zu ihr um und Nami sah gleich die unglaubliche Traurigkeit, die tief verborgen in seinem Blick lag. „Du bist wach! Das ist sehr gut. Gibt es irgendwelche Beschwerden? Kann ich dir irgendwas bringen?“ „Wasser...“, hauchte die junge Frau nur stimmlos. Sofort sprang das kleine Rentier auf, eilte zur benachbarten Küche. Nami konnte Stimmen wahrnehmen, als die Tür auf und schließlich wieder zuging. Doch wer da sprach und den Inhalt der Worte konnte sie nicht klar ausmachen. Nach nur wenigen Augenblicken kam Chopper wieder zurückgetippelt, reichte ihr ein Glas gefüllt mit der klaren Flüssigkeit, welches sie sofort dankend nahm. Als sie das wohltuende Getränk zu sich nahm, begann der Arzt weiter zu erzählen: „Das war wirklich haarscharf gewesen, Nami! Warum hattest du mir nichts von dem Stich erzählt? Bestimmt hätte ich dir eher helfen können. So etwas schimpft sich auch Doktor! Erfindet einfach Krankheiten, welche einen Menschen töten können. Dann impft er einem diese Erreger auch noch bei Nacht! In den Hals. Wenn ich das Doc Bader oder Doktor Kuleha erzählen würde – die würden mich glatt für verrückt halten!“ „Und wie geht es dir?“, fragte sie besorgt, wechselte somit schlagartig das Thema und umklammerte das Glas mit ihren Händen. Sofort ließ Chopper seinen Kopf und die Schultern hängen und sah bedächtig zu Boden. „Wie soll es mir denn schon gehen?“, murmelte er kaum verständlich, dann schüttelte er den Kopf und als seien all seine schlechten Gedanken davon geblasen, fügte er noch zuversichtlich hinzu: „Wir schaffen das schon! Wir retten Sanji und dann segeln wir weiter auf der Grand Line dem Horizont entgegen. Vielleicht hat Ezra viel Unsinn erzählt, doch bei einem hatte er vollkommen Recht: Du gehörst zu den Besten Navigatoren dieser Welt – wohl möglich bist du sogar die Beste, die es gibt. Du wirst diese Insel schon finden und das, was dieser Möchtegerndokor von uns verlangt! Dann wird auch alles wieder gut.“ Nami sah stumm zu ihren Händen. Die beste Navigatorin? War sie das wirklich? Zumindest legte der Pestdoktor viel Wert darauf, dass sie ihr Werk verstand. Und das tat sie schließlich auch. Doch war sie gut genug, um diese Bürde, die ihr mit der Gefangenschaft ihres Geliebten auferlegt wurde, zu bewältigen? Was war, wenn sie es nicht schafften? Was sollte dann mit dem Koch geschehen? Würden sie ihn dann- Nein! Nami wagte es nicht, weitere Gedanken an mögliche Tragödien zu verschwenden. Sie musste jetzt einen klaren Kopf bewahren! Sie musste das tun, was ihr am Besten lag – navigieren. Und zwar schnell! Wie lange hatte sie Zeit bekommen? Nicht einmal drei volle Tage. „Wo ist der Enternal-Port?“, fragte sie an das Rentier gewandt und machte sich daran, aufzustehen. „Moment! Wo willst du hin? Bleib gefälligst liegen! Ich, als der Arzt dieses Schiffes, verlange, dass du deine Bettruhe einhältst! Bis morgen früh! Es reicht auch, bis die Sonne aufgeht. Nur bleibe bitte liegen!“ Nami griff hinauf zu dem Ständer, an welchem ihr Tropf hing und griff nach dem besagten Beutel mit der Flüssigkeit. Dann stand sie, mit wackeligen, schwachen Beinen, auf. „Wo ich hin will? Ich navigiere dieses Schiff zur nächsten Insel! Wir müssen Sanji helfen!“ Etwas leiser fügte sie noch hinzu: „Ich muss ihn retten. So wie er mich immer gerettet hat.“ Zittrig bahnte sich die junge Frau den Weg zur Tür, doch das Rentier hatte sich in seine menschliche Gestalt verwandelt und fasste um die Taille der jungen Frau. Sofort verlor sie den Boden unter ihren Füßen, denn er hob sie hoch in die Luft. „Hey! Lass mich sofort runter! Chopper!“, schrie sie und begann sich in seinem Griff hin und her zu winden, wie ein Fisch am Land. Treten und Schlagen wollte sie ihn nicht – denn ihre Kraft würde auch nicht dafür reichen. „Du musst dich schonen! Leg dich sofort zurück ins Bett! Ich befehle es dir!“ „Befehlen? Du hast mir hier gar nichts zu befehlen! Jetzt lass mich gefälligst runter!“ Genau in dem Moment, als die Tür aufging, hatte Chopper sie auf das Bett zurück gekämpft und gesetzt. Bevor sie ihren zweiten Fluchtversuch starten würde, verschränkte Nami erst einmal die Arme und überschlug die Beine, den Beutel noch immer in ihrer Hand. Trotzig sah sie dabei zum Schiffsarzt hinauf. Nun hieß es abwarten, bis sich ein geeigneter Moment auftat. „Was geht denn hier vor sich?“, fragte Robin verwundert und schloss die Tür wieder hinter sich. „Sie...“, keuchte Chopper, komplett außer Atem und verwandelte sich wieder zurück in sein kleines Ich, „..., hat einen Aufstand gemacht!“ „Weil wir sofort los müssen! Robin – sag es ihm!“ Seufzend setzte sich die Archäologin neben ihre Freundin auf die Koje und sah sie lange und stumm an. Dann blickte sie zu Chopper hinauf. „Dass sie sich ausruhen sollte, hast du ihr doch gesagt, richtig?“ Chopper nickte stumm und ein wenig grimmig schnaubte er dabei. „Nami...“, begann Robin dann gelassen zu erzählen, wie sie es so oft tat, „..., die Krankheit, mit welcher dich Ezra angesteckt hatte, ist niemanden bekannt. Chopper kennt sie nicht. In keinem Buch steht etwas darüber. Sie besitzt bis jetzt nicht einmal einen Namen.“ Die ältere der zwei Frauen machte eine kurze Pause, damit Nami das Handeln des Schiffsarztes einsehen konnte. Doch das tat sie nicht. „Was wir damit sagen wollen: Wir wissen nicht, was für Auswirkungen diese Erkrankung noch haben könnte. Ob sie ansteckend ist. Deshalb sollst du dich ausruhen.“ „Am besten bis morgen früh! Du stehst dabei unter meiner Beobachtung. Für die Zukunft muss ich jede Erkenntnis festhalten“ Nami verengte die Augen und sah die Beiden an. „Was noch?“, erkundigte sie sich ungeduldig, denn sie hatte das Gefühl, dass ihr die Zeit davon lief. „Wie? Was meinst du?“, fragte Chopper verdattert. „Welchen Grund hat es noch, dass ich diesen Raum nicht verlassen darf?“ Dann erhielt sie, als die Zwei zu lange zögerten, eine unglaubliche Erkenntnis, die sie sofort aussprach: „Sie ist in der Küche, nicht? Chica?“ „Wir wissen nur nicht, wo wir sie unterbringen sollen“, antwortete Robin ruhig – zu ruhig für Namis Geschmack. „Es passiert ja nicht täglich, dass wir jemanden gefangen nehmen. Wir gehören nicht zu solch einer Art von Piraten. Unser Schiff ist dafür auch nicht wirklich ausgelegt“, fügte das Rentier noch hinzu, im Versuch sie zu besänftigen. Doch es war bereits zu spät. Schneller als die Beiden es hätten erahnen können, war Nami vom Bett aufgesprungen, glitt erst unter Robins Händen hinweg, dann wich sie noch Choppers neu verwandelten Pranken aus. Hastig stürzte sie durch die Tür und ihr blieb beinahe der Atem in der Kehle stecken, als sie das Schauspiel vor sich sah. Dort saßen sie, die verbliebenen fünf Mitglieder der Strohhutbande und diese elendige Verräterin. Alle an einem Tisch, gefüllte Schüsseln mit einer komisch riechenden Brühe vor ihnen. Lysop musste an Sanjis Stelle den Kochlöffel geschwungen haben, wie er es schon früher einmal tat. Und der Schütze war wirklich kein begnadeter Koch. Wahrscheinlich musste dies der Grund sein, warum anscheinend niemand, nicht einmal Ruffy, das Essen bis jetzt angerührt hatte. „Was macht sie hier?“, fauchte Nami mit schriller Stimme und machte bereits einen Schritt auf Chica zu. „Sie hat keine Berechtigung, hier zu sein! In dieser Küche! An diesem Tisch! Auf seinen Stuhl!“ Es war nicht unbedingt Sanjis Stuhl, auf welchem die Rehdame da saß, denn es standen nicht alle der Sitzmöbel an den Tisch gerückt. Nami ging es aber einfach um das Prinzip. Sie wollte Chica einfach nicht hier haben. „Nami..., beruhig' dich“ versuchte Franky, noch vor Robin oder Chopper sie zu beschwichtigen. Sie tat noch einen Schritt, doch beim Nächsten spürte sie schon mehrere Hände um ihre Fußgelenke. Sie brauchte gar nicht nach unten zu sehen, um zu wissen, dass Robin ihre Teufelskraft im Spiel hatte. „Franky hat Recht! Und wenn du ihr etwas antust – was ich bei all deinen Gefühlschaos vollkommen verstehen würde – könnte es bei dem Geiselaustausch einige Probleme geben“, hörte Nami ihre Freundin sagen. „Da stimme ich Robin zu. Also fahre deine Krallen wieder ein, Hexe“, murrte Zorro und er war der Erste, der es wagte, von dem undefinierbarem Gebräu aus den Schüsseln zu essen. Außer Fassung blickte sich Nami um, sah in die Gesichter ihrer Freunde. Den Blick ihrer Feindin ignorierte sie gekonnte. Dann drehte sie die Navigatorin ruckartig zu Ruffy um. „Was hast du dazu zu sagen? Du bist hier schließlich der Kapitän!“ Ruffy blieb ungewöhnlich still, sah nur stumm zu Chica. „Yohoho, Nami hat allerdings recht. Schon seitdem es Piraten gibt, werden deren Gefangenen eingesperrt“ „Danke Brook! Endlich jemand, der mich versteht! Meint ihr denn, dass sie mit Sanji zimperlich umgehen werden? Glaubt irgendjemand von euch, dass sie ihn nicht einsperren? Gott – wer weiß schon, was sie ihm alles antun werden!“ „Nami-“, versuchte er nun Lysop mit besänftigender Stimme, stand sogar auf, doch die junge Frau unterbrach ihn sofort: „Sie ist nicht mehr unser Gast! Den Status hat sie verloren. Habt ihr das etwa vergessen?“ Alle sahen die Frau mit den orangenen Haaren an. Alle dachten nach. Denn jedes Wort traf einen gezielten, wunden Punkt. Diese Stille wurde von einem abfälligen Laut von Chica selbst unterbrochen. Wie auch der Schütze stand sie auf, schritt aber auf Nami zu, bis sie nicht einmal mehr ein Meter trennte. Mit ihren unterschiedlichen Augen blickte sie die junge Frau genau an. Doch Nami wich nicht aus und nicht zurück. Natürlich hatte sie Angst. Mit keinem Teufelskraftnutzer war es weise, zu scherzen und bestimmt auch nicht mit jenen, welche eine der besagten Früchte vom Schwarzmarkt erworben hatte. Und doch würde die junge Frau nicht weichen. Wie sollte sie sonst ihren Standpunkt vertreten? Wie sollte sie sonst zeigen, dass sie für jemand anderen, als sich selbst, einstand? Für Sanji. „Was bildest du dir denn eigentlich ein, wer du bist? Du bist nicht der Kapitän dieses Schiffes!“ „Ich bin ein gleichwertiges Mitglied dieser Crew, genau wie jeder andere hier. Jeder darf hier seine Meinung äußern. Wenn du mit deinem geschätzten Ezra auf einer Stufe gestanden hättest, so wärst du doch nicht hier. Oder war es doch eine Anweisung eures werten Kapitän Bluebeards?“ Etwas Undefinierbares war in Chicas Augen zu erkennen. Nami, so hatte die junge Frau zumindest das Gefühl, musste einen guten Punkt erwischt haben. So wich die Rehdame einen Schritt zurück und wendete ihren Blick von Nami ab. „Dann legt mir doch gefälligst Handschellen an, wenn es das ist, was ihr unbedingt wollt! Dann seid eben so, wie all die anderen Piraten, die auf diesen verdammten Meeren umherschippern. Am Ende wird es euch auch nicht helfen – ihr werdet schon sehen!“ Chica hielt bereits ihre Hände hoch und Nami hatte das Gefühl, dass sie nur weiter provozieren wollte. Doch die junge Frau blickte an ihr vorbei, hin zum Schützen. „Es ist dein Glück, das ich weiß, dass Lysop ein Paar aus Seestein auf Lager hat. Nicht wahr?“ Der Angesprochene nickte zaghaft. „Alles was ich noch brauche, ist die Zustimmung unseres Kapitäns. Also - Ruffy?“ Nun wanderten alle Blicke zu dem Schwarzhaarigen, der bisher als einziger noch kein Wort von sich verlauten ließ. Tonlos hatte er das ganze Geschehen von seinem Platz aus beobachtet, musste die gesamten Argumente abgewogen haben. Dann, beinahe in Zeitlupe, nickte er. „Ich stelle mich auf Namis Seite“, sagte er, so steif, dass man meinen könnte, er sei ein Roboter. „Vorerst sollte Chica in Gewahrsam genommen werden. Bis wir mehr wissen. Mit Sanji tun sie es schließlich nicht anders. Lysop..., hol die Handschellen“ Chicas Mund tat sich auf. Irgendetwas wollte sie erwidern, konnte es aber nicht. So sah sie einfach nur zu, wie der Schütze hinaus eilte und nach einiger Zeit zurückkehrte. Die Handschellen klickten und als Chica auf Grund ihrer schwindenden Kräfte zu Boden sackte, spürte Nami das erste Mal an diesem Tag so etwas wie Besänftigung. „Im Lager sollte erst einmal ein guter Platz sein. Wir schieben hier Wache und wechseln uns dabei ab“ „Dann fange ich an. Habe eh nichts Besseres gerade zu tun. Den Fraß hier rühre nicht einmal ich an“, knurrte Zorro, stand auf und gemeinsam mit Franky brachte er Chica zum besagten Raum. Ein beleidigtes 'Hey' kam nur von Lysop, doch als er die Schüsseln besah, daran auch schnupperte, musste er seine mangelnden Kochkünste einsehen. Doch noch bevor sie hinter der Tür verschwunden war, wollte die Navigatorin sicher gehen, dass sie ihre Worte hörte: „Ich schwöre dir eins: Wenn Sanji irgendetwas zustößt, dann will ich nicht in deiner pelzigen Haut stecken wollen!“ Nun endlich verschwanden die Hände an Namis Fußgelenken und Chopper war es, der ihr hastig einen Stuhl hinschob. Diesen benötigte sie nun auch dringend. Sie spürte wirklich, wie ihre Kräfte durch diese Krankheit verschwunden waren und all die Anspannung der letzten Minuten war von ihr abgefallen. „Nami?“, fragte Ruffy vorsichtig und sie sah ihn gleich an. „Wir kriegen Sanji da schon raus, keine Sorge. Ich werde nicht zulassen, dass sie ihm etwas antun. Das verspreche ich dir!“ Dankend nickte die junge Frau. Sie wusste, wie persönlich Ruffy diese Angelegenheit nahm. Schließlich ging es hier um eines seiner Crewmitglieder. Ihren Koch. Einen Freund. Und er wollte nicht, dass diesen das selbe Schicksal, wie einst seinen Bruder, Ace, ereilte. Das hatte Nami im Gefühl. „Ich hoffe es...“, flüsterte sie und sah, dass der Beutel in ihren Händen nun leer war. Sofort eilte der Schiffsarzt in seinen Raum zurück und holte einen neuen. „Chopper?“, fragte ihr Käpt'n noch und endlich begann sich dieses zuversichtliche Lächeln auf den Lippen seines Gesichts auszubreiten. Eben jenes Lächeln, was sie alle, die gesamte Crew, schon immer Hoffen und Glauben ließ. „Ich glaube, dass Nami sehr wohl in der Lage ist und jetzt zu navigieren.“ Mit diesen Worten legte er den Enternal-Port in die Mitte des Tisches, sodass sie alle ihn gut sehen konnten. Die Nadel zeigte nach Norden. Hosted by Animexx e.V. 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