Das Medaillon der Götter von federfrau (NaNoWriMo Projekt November 2015) ================================================================================ Kapitel 4: Eine neue Bekanntschaft ---------------------------------- Damian lachte. Er konnte einfach nicht anders. Der junge Mann war so plötzlich aufgesprungen, Damian war wirklich überrascht gewesen und sogar deswegen zurück gewichen. Obwohl dieser junge Mann natürlich zu keiner Zeit eine wirkliche Gefahr für ihn darstellte. Natürlich nicht. Was selbstverständlich nicht hieß, dass er allmächtig oder unsterblich war. Das waren nur die Götter. Wenn es sie denn gab. Denn da zweifelte er schon länger daran. Aus den verschiedensten Gründen. Damian verzog innerlich für einen Moment das Gesicht. Würde sein Lehrmeister, der einzige der mächtiger war als er, wissen dass er so dachte hätte vermutlich ziemlichen Ärger am Hals. Und sein Lehrmeister war einer der wenigen mit denen selbst Damian sich nicht anlegen wollte. Zumindest wenn es nicht auch anders ging. Aber darum ging es hier schließlich jetzt auch gar nicht. Jetzt ging es darum wer die beiden, vor allem das Mädchen, waren. Damian verschränkte entschlossen die Arme vor der Brust. Er wollte herausfinden wer die beiden waren - und das würde er auch. Egal ob die beiden es ihm freiwillig erzählten oder nicht. Er hatte da seine Methoden. Diese waren gut erprobt und sehr wirksam. Damians Blick glitt zu dem Mädchen, welches nun auch aufgestanden war. Er bemerkte, dass sie, vielleicht sogar ohne es zu merken, seinen Blick erwiderte. Allerdings hatte sich der Ausdruck in ihren Augen im Vergleich zu vorhin, als er sie noch beobachtet hatte, verändert. Nun war er unsicher und es schlich sich sogar so etwas wie Verwirrung und vielleicht sogar Schrecken hinein. Ihr selbst fiel das anscheinend nicht auf. Wohl aber ihrem Begleiter. Sehr zu Damians Missfallen. „Du bist immer noch sehr blass. Ich glaube es ist wirklich besser wenn wir gehen“, wandte der junge Mann sich an das Mädchen. Sie aber schüttelte den Kopf. „Nein. Es ist in Ordnung Toban“, sie machte eine wegwerfende Handbewegung und machte dann zögernd einen Schritt auf Damian zu. „Wer seid Ihr?“ „Mein Name ist Damian“, stellte Damian sich höflich vor und verneigte sich sogar leicht. Eigentlich hielt er nicht viel von höflichem Geplänkel, doch in diesem Fall machte er eine Ausnahme. Denn wenn er jetzt sofort seine, für ihn, normalen Methoden anwendete würde ihn das wohl nicht besonders weit bringen. Zumal das hier im Gasthaus auch sehr leichtsinnig und geradezu fahrlässig wäre. Damian liebte zwar das Spiel mit dem Feuer, ein Leben, welches mit Risiko verbunden war, war schließlich nichts neues für ihn, doch manchmal war es eben einfacher den normalen Weg zu beschreiten. Allerdings konnte es natürlich trotzdem noch sehr interessant werden, überlegte Damian. Latoya sah den Fremden, der sich als Damian vorgestellt hatte, an. Es war nicht so, dass sie Angst hatte doch er verunsicherte sie. Vorhin als sie Ranef und dann Toban etwas länger ansah waren sofort Visionen gekommen. Hier geschah nichts. Absolut nichts. Eigentlich hätte sie sich darüber freuen müssen oder können. Doch dem war nicht so. Vielmehr verwirrte es sie zusehends. Eigentlich war sie auch der gleichen Meinung wie Toban: Es wäre vermutlich besser diesen Fremden einfach hier stehen zu lassen, sich nicht weiter um ihn zu kümmern. Doch irgendwas hielt sie davon ab. Ein Gefühl, oder vielleicht auch ein Instinkt, welchen sie noch nicht einmal sich selbst erklären konnte. Es war einfach nur seltsam. Doch wenn sie wirklich herausfinden wollte wer denn nun war und woher er kam, blieb ihnen nichts anderes übrig als mit ihm zu reden. Sie lächelte ihn an und hoffte dabei so wenig gezwungen wie möglich zu wirken. „Mein Name ist Latoya. Ich freue mich euch kennenzulernen. Wollt Ihr Euch zu uns setzen?“, bot sie mit einer einladenden Handbewegung an. Dem missfälligen Blick von Toban schenkte sie erst einmal keine Beachtung. Natürlich war ihr klar, dass das nicht gerade freundlich war doch sie konnte einfach nicht anders. Sie wusste selbst nicht genau woran es lag, doch Damian faszinierte sie. Es war ihr unmöglich zu sagen woran es lag oder gar zu erklären. Doch Tatsache blieb, dass dies der Fall war. Latoya musterte ihn. Gekleidet hatte Damian sich von Kopf bis Fuß in dunkelgrau und schwarz. Dennoch erkannte man gut wie kampferprobt er war. Latoya war kein Profi was dies anging, doch allein sein Verhalten Toban gegenüber reichte ihr aus um ihr dies zu zeigen. Gewiss Damian war überrascht gewesen doch, doch das war auch schon alles. Und genauso schnell wie Toban ihn überrascht hatte, war diese Überraschung auch wieder fort gewesen. Jetzt im Moment wirkte Damian eher belustigt. Latoyas Blick wanderte zu Damians Gesicht, welches kaum zu erkennen war da er sogar hier drinnen die Kapuze des Umhangs ins Gesicht gezogen hatte. Ungewöhnlich aber nicht wirklich seltsam. Sogar einige hier aus dem Dorf taten das wenn sie ihre Ruhe haben wollten. Aber mal ganz davon abgesehen: Wenn man seine Ruhe wollte, ging man eigentlich nicht in ein Wirtshaus in dem sich viele Leute befanden. Doch darum ging es schließlich nicht. Latoya räusperte sich. „Und Ihr reist in die Hauptstadt, nehme ich an?“, erkundigte sie sich freundlich. Damian runzelte die Stirn. Er wohl gut daran vorsichtig zu sein, denn Latoya, wie sie sich vorgestellt hatte, schien jemand zu sein dem nicht viel verborgen blieb. Entweder war sie aufmerksamer als viele andere oder sie hatte eine besondere Gabe. Vielleicht auch beides. Jedenfalls musste er gut aufpassen mit allem was er sagte. Denn dass man in kleinen Dörfern so Menschen wie sie antraf, durfte ihn nicht zu vertrauensselig machen. Nur gut, dass er niemand war der dazu neigte. Dennoch konnte es auch genauso gut nach hinten losgehen wenn er nur wenig erzählte. Schließlich hatte er die beiden angesprochen. Es hieß also die goldene Mitte zu finden. Doch das sollte ihm eigentlich nicht besonders schwer fallen. Und was den Begleiter von ihr anging: Der würde sich vermutlich solange ruhig verhalten wenn er mit Latoya redete. Und selbst wenn nicht. Damian durfte sich auf keinen Fall reizen lassen. Das war etwas was ihm nicht leicht fallen würde. Denn Geduld war einer der Tugenden die er so absolut gar nicht besaß. Damian zwang sich zu einem Lächeln, was jedoch wahrscheinlich mehr aussah als ob er das Gesicht verziehen würde. Dann nickte er. „Ja, die Hauptstadt ist tatsächlich mein Ziel“, bestätigte er schließlich und fügte hinzu: „Woher habt Ihr das gewusst?“ Das wollte er tatsächlich gerne wissen. Wenn er ganz ehrlich war, wollte er sogar so viel wie möglich über sie wissen. Denn wenn er von einem vollends überzeugt war dann davon, dass sie anders als die anderen Menschen hier im Dorf sein musste. Es gab einfach keine andere Möglichkeit. Und das machte sie gefährlich. Gefährlich ihm gegenüber, zumindest so lange er nicht wusste was oder wer sie genau war, was sie noch nicht einmal zu wissen schien. Ob das nun für ihn von Vorteil war würde sich wohl erst noch heraus stellen müssen. Für den Moment jedenfalls galt es erstmal ein unverfängliches Gespräch zu führen - und wenn er dadurch etwas über sie und ihren Begleiter erfahren würde war das natürlich umso besser. Latoya musterte Damian erneut. Es fiel ihr schwer zu sagen was er gerade dachte. Aber wollte sie das denn wirklich wissen? Ja, sie wollte. Denn er gab ihr Rätsel auf. Rätsel auf die sie eine Antwort haben wollte. Egal zu welcher Art von Antworten sie gehören mochte. Ohne es steuern zu können sah sie nun wieder Toban an. Als dieser ihren Blick bemerkte zuckte er jedoch nur kurz mit den Schultern. Scheinbar wusste er auch nicht weiter. Also antwortete sie, so selbstbewusst und gut sie konnte, auf Damians Frage: „Ich habe meine Mutter ab und an begleitet, wenn sie in die Hauptstadt gefahren ist. Ihr seht nicht wie einer der Menschen aus, die man dort antrifft. Also habe ich daraus geschlussfolgert, dass Ihr wohl aus einem anderen Reich oder vielleicht sogar vom Kontinent kommt“. Dass sie erst zweimal in der Hauptstadt war ließ Latoya unerwähnt. Das spielte schließlich im Moment absolut keine Rolle. Latoya räusperte sich. Doch gerade als sie noch etwas sagen wollte, fiel Toban ihr ins Wort. „Ich will nicht unhöflich sein“, merkte er an „aber weshalb seid Ihr eigentlich hier? So weit von unserem Dorf ist die Hauptstadt nicht mehr entfernt. Wenn Ihr die Nacht durchgeritten hättet, wäret Ihr vielleicht schon gegen früher Mittag da gewesen“. Damian wandte seine Aufmerksamkeit nun wieder Latoyas Begleiter zu. Scheinbar war er gut beraten, wenn er auch diesen nicht aus den Augen ließ. „Und Ihr seid?“, erkundigte Damian sich trotzdem so freundlich wie möglich. „Mein Name, der Euch im Übrigen eigentlich nichts angeht, lautet Toban. Ich gehöre dem oberen Wachdienst der Hauptstadt an“, stellte ihr Begleiter sich vor. Damian zog eine Augenbraue in die Höhe und pfiff leise durch die Zähne. „Des oberen Wachdienst der Hauptstadt von Aranica? Wie beeindruckend“, entgegnete er. „Ich rate Euch, Euch nicht lustig über mich zu machen. Das könnte für Euch ins Auge gehen“ Damian lachte und verneigte sich bemerkbar spöttisch. „Dann lasst mich Euch ebenfalls einen Rat geben: Unterschätzt mich lieber auch nicht“. „So jetzt ist aber wirklich Schluss. Ich habe keine Lust auf Hahnenkämpfe. Außerdem ist das hier schließlich mein Abend“, mischte sich Latoya ein. Doch es war bereits zu spät. Toban hatte, die Hand zur Faust geballt, ausgeholt und einen präzisen und sehr schmerzhaften Schlag sauber auf Damians Nase platziert. Kurz darauf war ein kurz leises Knacken zu hören. „Bei allen Teufeln und Dämonen! Du hast mir die Nase gebrochen!“, Damian fluchte wütend. Dieser ganze Tag wurde ja wirklich immer besser. „Und du mir den Abend mit Latoya versaut!“, kam es fast im selben Moment von Toban ohne das geringste Zögern zurück. Eine Weile starrten sich die beiden jungen Männer einfach nur zornig an dann, praktisch wie aus dem Nichts, verpasste Damian Toban einen Kinnhaken. Dies mit solch einem kraftvollen Schwung, dass Toben zurückstolperte, kurz darauf in die Knie ging und hustete. „Verdammte Scheiße. Das kam echt unerwartet Mann“, keuchte Toban, nachdem sein Husten sich gelegt hatte. „Das war nur die Revanche für vorhin“, knurrte Damian. Latoya funkelte die beiden wütend an. „Also gut. Nachdem das dann geklärt wäre, wäre einer von euch bitte so freundlich mir das zu erklären?“, erkundigte sie sich gereizt. Und fügte hinzu: „Auf so einen Bockmist von euch habe ich nämlich wirklich keine Lust. Nun ich höre?“ Mittlerweile hatte sie ihre beste Gewittermiene aufgesetzt. Die einzige Antwort die sie jedoch bekam war, zumindest vorerst, ein abfälliges Schnauben. Dann sagten beide synchron: „Ich kann ihn nicht leiden!“ „Sagt mal ihr beide tickt wohl nicht mehr ganz richtig, wie?“, beschwerte sich Latoya. Damit drehte sie sich um und verließ ohne ein weiteres Wort zu sagen das Gasthaus. „Scheiße!“, nun fluchte auch Toban. Er warf ein paar Münzen auf den Tisch, dann lief er ihr nach. Was hatte ihn nur dazu gebracht so etwas zu tun? Aber da war dieses Gefühl gewesen. Dieses eine Gefühl welches ihn immer beschlich wenn Ärger im Anmarsch war. Doch dieses Mal hatte es ihm nicht geholfen sich zurück zu halten. Im Gegenteil. Es hatte ihn rasend gemacht. Nein das stimmte nicht. Dieser Damian war der Grund gewesen, weshalb er sich so aufregte und der ihn so sehr zur Weißglut trieb. Toban seufzte und beschleunigte seine Schritte. Er musste zu Latoya. Er musste sie einholen. Unbedingt. Schließlich hatte er noch etwas was er ihr geben wollte. Was sie vielleicht sogar besänftigen würde. Er hoffte es jedenfalls. Toban erinnerte sich daran was Latoya gesagt hatte. Sie wollte ihn am Morgen in die Stadt begleiten. Eigentlich stellte das für ihn kein besonders großes Problem dar. Blieb nur noch abzuwarten was Rina davon hielt. Obwohl Latoya wahrscheinlich genau an dieser Stelle sagen würde, dass ihn das gar nichts anging weil es eine Sache zwischen Rina und ihr war. Oder aber, überlegte Toban, sie würde ihm vorhalten, dass sie jetzt nach ihrer Volljährigkeitsfeier auch alleine in die Stadt reisen konnte. Warum machte ihm das ganze eigentlich so viel aus? Toban seufzte. Er hatte absolut keine Ahnung. Schließlich konnte er sie gut leiden. Dennoch war es eine Tatsache. Seine Gedanken drehten sich darum was wohl passieren würde wenn Latoya mit ihm in die Stadt reiste. Würde das Ärger geben? Und wie wollte sie sich überhaupt über Wasser halten können? Schließlich wäre es absolut keine Lösung wenn sie auf der Straße leben würde. Ewig in Gasthäusern würde sie auch nicht leben können und das nicht nur wegen dem Geld. Aber vielleicht war es am besten erst einmal mit Latoya zu reden. Ruhig. Oder so ruhig wie möglich jedenfalls. Obwohl es natürlich auch keinesfalls so war, dass er sie nicht bei sich in der Nähe haben wollte. Im Gegenteil. Er wollte schon nur konnte er sie sich in der großen Hauptstadt, in der selbst er sich noch nicht so gut auskannte, rein gar nicht vorstellen. Toban seufzte und beschleunigte seine Schritte. Latoya, die inzwischen beschlossen hatte doch nicht direkt zu Rina nach Hause zu gehen, ließ sich undamenhaft auf dem kleinen Hang nieder, der sich in der Nähe des Dorfausgang befand. Oder Eingang. Je nachdem von wo man kam. Das hier war ein Ort, welcher vor Erinnerungen nur so sprühte. Wenn sie wütend oder traurig war zog es sie immer hierhin. Das war schon immer so gewesen. Es war ein Ort, der ihr klar machte, dass dieses Dorf vielleicht bis jetzt ein großer Teil ihres Lebens war sie das aber ändern konnte. Denn da draußen - da war die Welt. Nicht hier. Doch Latoya wollte die Welt sehen. Denn hier wo sie aufgewachsen war, kannte sie alles und jeden. Und das wurde ihr definitiv so langsam langweilig. Sie wollte etwas erleben. Das jedoch war hier so gut wie unmöglich. Es sei denn es kam, so wie heute Abend überraschender Weise zum Beispiel, ein Fremder. Ohne es zu wollen knirschte Latoya mit den Zähnen. Toban und Damian waren die letzten an die sie jetzt denken mochte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)