Das Medaillon der Götter von federfrau (NaNoWriMo Projekt November 2015) ================================================================================ Kapitel 11: Neuigkeiten ----------------------- Missmutig sah sich Damian um. Hier in der Hauptstadt war es genauso wie er es erwartet hatte - und hasste. Laut, stickig und überall verschiedene Gerüche, von denen er nicht wissen wollte wozu sie gehörten. Mal ganz abgesehen von den vielen Menschen überall, die wie ein aufgescheuchter Haufen Hühner durch die Gassen eilten. Überhaupt, so stellte Damian fest, schienen es die meisten hier ziemlich eilig zu haben. Deutlich eiliger jedenfalls als es in der, nicht viel kleineren, Hauptstadt von Otharas zu geht, überlegte Damian. Er runzelte die Stirn. Wie es schien würde er erst noch seinem Beruf nachgehen müssen um was Ordentliches zu essen und ein Bett zu bekommen. Denn wenn eines klar war, dann dass er hier nichts geschenkt bekommen würde. Das allerdings machte nichts. Denn in dieser riesigen Menschenmenge würde es ein leichtes für ihn sein, was das anging Abhilfe zu schaffen. Schließlich war das sozusagen seine Spezialität, eines der Dinge die er nach mehr als zehn Jahren perfektioniert hatte. Sich deswegen Sorgen zu machen war also definitiv nicht nötig. Warum hatte er eigentlich nicht früher schon daran gedacht? Es nicht in diesem Dorf getan? Er kannte die Antwort. Weil er erstens sofort verdächtigt worden und damit noch mehr aufgefallen wäre und zweitens bestahl er keine Leute die selber nicht besonders viel Geld hatten. Das gehörte zu seinen Prinzipien. Allerdings waren das auch schon die einzigen. Damian lächelte grimmig. Dann begab er sich zu dem nächsten Wirtshaus das er fand und trat ein. Erwartungsgemäß war dieses fast ebenso voll wie die Straßen und Gassen. „...Und ich sage euch, sie ist die Geliebte des Königs“, vernahm Damian, als er sich gerade an einen Tisch setzen wollte, eine aufgebrachte Stimme. „Deshalb ist es ja auch so ein Skandal, dass er sie in den Rat einberufen hat!“ „Du redest dummes Zeug Ben, wie immer. Und du bist betrunken. Ich habe etwas ganz anderes gehört. Sie soll die Heiratskandidatin für ihn sein!“ „Ach ja? Und warum ist es dann solch ein Skandal Fred?“ „Weil sie eben die erste Frau ist die je in den Rat von Aranica einberufen wurde. War doch klar, dass damit nicht alle einverstanden sind. Mir persönlich ist das jedenfalls egal“ „Ihr seid beide Schwachköpfe! Ich habe gehört, dass sie wohl ein Mädchen aus dem Volk ist, dem unser König wegen ihrer Hexerei sofort verfallen ist“ „War ja klar, dass du noch mit so etwas anfängst Phil“, Fred seufzte genervt. „Aber echt“, das war Ben. Langsam aber sicher wurde Damian neugierig. Normalerweise gab er nicht besonders viel auf Klatsch und Tratsch, doch das hier schien ausnahmsweise mal interessant zu sein. Er erhob sich von dem ungemütlichen Stuhl auf den er sich kurz zuvor erst gesetzt hatte und ging dann zu den drei Streithähnen hinüber. „Ich habe durch Zufall zugehört und würde gerne wissen worum es geht. Hier scheint ja in letzter Zeit ziemlich viel los zu sein, was?“, sprach Damian die drei, als er sie erreicht hatte, sofort an. „Wer bist du denn?“, kam sofort die Frage von Ben. „Jemand den euer Thema brennend interessiert“, gab Damian knapp, sowie nicht gerade besonders freundlich, zurück. „Na von hier bist du jedenfalls nicht“, stellte Ben fest. Damian biss sich auf die Lippen um nicht lachen zu müssen. Vermutlich ist diesem Typ gar nicht aufgefallen, dass ich meinen Namen gar nicht genannt habe, überlegte er amüsiert. „Also um zum Thema zurück zu kommen, wir haben über die junge Frau unseres Königs geredet...“, erklärte Ben. „Halt die Klappe Ben! Du verdrehst schon wieder alles!“, fiel Fred ihm ins Wort. Dann sah er Damian an. „Es ist so: Unser König hat seit vorgestern eine junge Lady zu Besuch und sie sogar in den Rat einberufen, nachdem er den vollkommen neu aufgestellt hat. Und keiner hat sie je zuvor gesehen. Wir diskutieren jetzt darüber wer sie ist“ Einen Moment lang wusste Damian nicht ob er die Augen verdrehen oder Lachen sollte. Denn das was er vorhin zwischen den drei Männern, die hier saßen, mitbekommen hatte war mit Sicherheit keine Diskussion gewesen. Und wenn doch, schien das Wort hier in Aranica wohl eine ganz andere Bedeutung zu haben. „Und wer ist sie denn jetzt?“, erkundigte Damian sich. „Das ist ja das worum es die ganze Zeit geht. Es weiß eben keiner. Naja bis auf den König eben“, sagte Fred in einem Ton der sich anhörte als müsse er einem kleinen Kind etwas erklären was eins plus eins ist. Es kann nicht sein, dass sie es ist. Das ist unmöglich, dachte Damian und mit einem Mal schlug sein Herz schneller. „Und sie ist also die Geliebte des Königs, ja?“, erkundigte er sich bei den drei Männern. „Ganz sicher!“, das war wieder Ben. „Unmöglich. Oder eher unwahrscheinlich“, entgegnete Fred und Phil nickte zustimmend. „Weshalb das denn?“, neugierig blickte Damian die beiden an. „Zugegebenermaßen, ist unser König nicht gerade enthaltsam was Frauen angeht aber er ist auch nicht das was man einen unverbesserlichen Weiberheld nennen kann. Und vor allem würde er niemals eines dieser Mädchen in den Rat einberufen. Schließlich...“, Fred redete nicht weiter. Aber das brauchte er auch gar nicht. Damian verstand ihn auch so. Schließlich ist er nicht wahnsinnig. Er wird es sich wohl gut überlegt haben was er tut und warum... „Und was ist mit der Heiratskanditen-Theorie“, hakte Damian nach. „Schon wahrscheinlicher. Allerdings hat bisher kein König von Aranica seine Gemahlin dazu verpflichtet im Rat dabei zu sein. Oder um ganz genau zu sein: Es wurde noch nie eine Frau in den Rat einberufen. Deshalb ist es ja auch so ein Skandal. Was allerdings gegen diese Theorie spricht ist, dass der Vater die Braut festlegt. Das ist immer ein junges Mädchen aus einem anderen Königshaus und wie so jemand sah sie nicht aus“ Sie kann es nicht sein. Unmöglich. Woher sollte sie auch den König von Aranica kennen. Es ist ja nicht so, dass man ihn einfach mal eben so auf der Straße kennen lernt, Damians Gedanken rasten nur so. Er brauchte etwas zu trinken. Etwas starkes am besten. Und zwar jetzt sofort. Denn war es tatsächlich so wie er befürchtete, stand das war er vorhatte mächtig auf der Kippe. Zumal er noch nicht einmal genau wusste warum sie sich damals so seltsam verhalten hatte. Und genau das war etwas was zu den Dingen zählte die er hasste. Er hasste es keine Kontrolle zu haben. Genau dies war aber jetzt der Fall. „Hey du! Kann es sein vielleicht sein, dass du eine Ahnung hast wer sie ist?“, riss Fred Damian aus seinen Gedanken. „Kann sein“, murmelte Damian missmutig und stand auf, nicht ohne Ben unbemerkt die Brieftasche zu entwenden. Ohne ein weiteres Wort der Erklärung ließ er die drei einfach zurück. Er hatte jetzt wichtigere Dinge zu erledigen als sich mit den drei zu unterhalten. Deutlich wichtigere Dinge. Draußen angekommen zählte er erst einmal das Geld. Es war nicht viel, eine Unterkunft für diese Nacht und etwas Warmes zu essen am nächsten Morgen würde er jedoch damit problemlos bezahlen können. Morgen würde er sich dann außerdem noch um ein Pferd kümmern müssen. Seinen Hengst hatte er schließlich im Dorf gelassen und war stattdessen mit einem Pferd, welches er ausgeliehen hatte her gekommen. Daran, dass er sein eigenes Pferd auf die ein oder andere Weise wiedersehen würde zweifelte er nicht. Absolut nicht. Denn auch wenn der Schmied ein gutes Händchen mit Pferden bewiesen hatte, reiten würde seinen Hengst wohl kaum können. Das war eines der Dinge, die im Bereich des unmöglichen lagen. Jetzt jedoch hieß es erst einmal von hier zu verschwinden, denn wenn er noch länger hier stand könnte das womöglich noch böse für ihn enden und darauf hatte er nun wirklich keine Lust. Am besten wäre es wohl wenn ich diese Nacht in irgendeiner Spelunke am Hafen verbringe, da werden wenigstens keine Fragen gestellt, überlegte Damian grimmig. Die Hauptstadt von Aranica galt zwar als eine der sichersten Städte, doch wie in jeder anderen Stadt auch, gab es selbst hier Freudenviertel und Gasthäuser in denen Menschen verkehrten, die erst bei Nacht aus ihren Verstecken heraus kamen. Sie wurden geduldet, so lange sie keinen größeren Schaden anrichteten, dies jedoch war auch alles. Was nicht hieß, dass der ganze Hafen solches Gelichter beherbergte. Das war keineswegs der Fall. Denn im Hafen von Aranica herrschte immer ein reges kommen und gehen. Tagtäglich liefen beinahe ein dutzend Schiffe ein oder aus. Oft waren es Handelsschiffe die von benachbarten Inseln oder manchmal sogar vom Kontinent kamen. Und deshalb war es auch genau dieser Vorteil gewesen, der Aranica in dem Krieg, vor achtzig Jahren, gegen Otharas zum Sieg verholfen hatte. Denn Otharas besaß zwar auch einen Hafen, doch dieser stand in keinem Verhältnis zu dem von Aranica, der beinahe einer Festung glich. Hier durfte kein Schiff einfahren, welches bei der Hafendirektion nicht bekannt oder nicht gemeldet war und das war eine der Regeln an die man sich strikt zu halten hatte. Und es zeigte Wirkung. Jeder wusste wann welches Schiff kommen und auszulaufen hatte. Die Finanzbücher der Hafendirektion wurden peinlichst genau geführt und jede Ladung wurde exakt genau verzeichnet. Das galt für das einladen der Schiffe sowie auch für das ausladen in die Kontore. Jedes halbe Jahr wurden die Bücher, inzwischen nur noch als Formalität, dem Rat vorgelegt. Oder um es ganz genau zu nehmen: Sie wurden dem königlichen Sekretär gebracht und dieser legte sie vor. Auch konnte jeder, der wollte, darum bitten die Bücher unter Aufsicht einzusehen. Und auch wenn es auf den ersten Blick aussah wie ein ungeordnetes und chaotisches Gedrängel, so hatte doch jeder seine ihm zugeteilte Aufgabe und man konnte den Hafen von Aranica daher durchaus als einen Ameisenberg bezeichnen. Es war viel los aber es ging geordnet und, zumindest meistens, sehr gesittet zu. „He Süßer, na hast du Lust?“, sprach eine sehr leicht bekleidete Frau, mit einem weit ausgeschnittenem Dekolleté, Damian an. Der blieb stehen und ließ ohne jegliche Scham seinen Blick über sie gleiten. Hübsch war sie, so viel stand schon einmal ganz klar fest. Die feuerroten Haare hatte sie, mit Hilfe eines Lederbandes, zu einem Knoten gebunden. Wahrscheinlich damit sie nicht den Ausschnitt verdecken, überlegte Damian amüsiert. Ihr Gesicht war schmal, aber nicht abgemagert oder unansehnlich. Im Gegenteil. Sie hatte rote Wangen, auch wenn sie vermutlich mit Puder etwas nachgeholfen zu haben schien. Dies deutete wiederum darauf hin, dass das Geschäft gut lief. Der bunte Rock den sie trug, war so knapp, dass sie ihn eigentlich gleich auch hätte auslassen können. Damian Blick wanderte wieder zu ihrem Dekolleté, wo er hängen blieb. Verdient hätte ich es mir ja durchaus nach den ganzen Strapazen, überlegte er und konnte ein Grinsen nicht länger unterdrücken. „Wieviel kostest du denn?“ „Zwanzig Silberstücke nachts, vierzig tagsüber“, kam es ohne jegliches Zögern zurück. Damian pfiff durch die Zähne. „Nicht schlecht“, meinte er und fügte hinzu: „Ich glaube mein Frühstück fällt aus“. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)