Im fremden Körper von Mondlichtkrieger (Auf dem Weg ins richtige Leben) ================================================================================ Kapitel 19: Kapitel 19 - Narus Sicht ------------------------------------ ● ▬ ▬ ▬ ▬ Narus Sicht ▬ ▬ ▬ ▬ ●   Ich war nun seit einigen Tagen, vielleicht auch schon seit ein paar Wochen mit … Sasuke in einer Art Beziehung. Zumindest wenn man es so bezeichnen konnte. Er wusste von mir und meinem 'Problem' immer noch nichts. Ich hatte Angst es ihm zu sagen. Angst vor seiner Reaktion. Angst vor meiner Reaktion. Ich hatte heute den Termin bei der Psychologin und ich hatte die Nacht nicht wirklich geschlafen. In meinem Kopf kreisten die Gedanken um die verschiedensten Szenarien. Was war, wenn mir niemand helfen konnte? Was war, wenn mir niemand sagen konnte, dass das, was ich fühlte, die Realität war? Was war, wenn ich mir das alles nur einbildete? Was war, wenn man mich in die Irrenanstalt steckte, weil ich nicht ganz richtig im Kopf war? Ich sah noch einmal in den Spiegel, bevor ich zum Bus lief. Meine schwarze Jeans passte zum schwarz-orange-farbenen Hemd, das ich mir extra gekauft hatte. Meine blonden Haare standen von meinem Kopf ab, obwohl ich kein Haarspray oder Gel benutzt hatte. Sie machten einfach, was sie wollten. Mein Outfit wurde von schwarzen Sneakern, welche ebenfalls einen orangefarbenen Akzent hatten, abgerundet, welche sich optimal ins Bild einfügten. Im Bus zeigte ich meine Fahrkarte vor und setzte mich auf einen freien Platz. Ich hatte das Gefühl, dass mich alle Anwesenden anstarrten. Allerdings wusste ich nicht wieso. Als ich an der Zielhaltestelle angekommen war, stieg ich aus und seufzte. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Wenn ich meine Zigaretten dabei hätte, dann hätte ich die ganze Schachtel mit einmal in mich eingesaugt, in der Hoffnung, ich würde etwas ruhiger werden. Da ich sie aber zu Hause hatte liegen lassen, würde dieser Gedanke wohl nur ein Gedanke bleiben. Ich ging auf das Ärztehaus zu und suchte auf den Schildern nach dem Namen der Psychologin, wo ich in wenigen Minuten einen Termin hatte. Er sprang mir natürlich sofort ins Auge und ich fuhr mit dem Fahrstuhl ins entsprechende Stockwerk. Vor der Praxistür atmete ich noch einmal durch und betätigte nervös die Klingel. Es dauerte einige Sekunden, bis die Tür geöffnet wurde. Ich trat in einen hellen Flur und sah mich im Eingangsbereich um. Hier standen zwei dunkelrote Sessel, die wahrscheinlich dafür gedacht waren, zu warten, während die Psychologin noch mit einem anderen Patienten redete. Ich konnte eine Art Empfang sehen, wo die ganzen Akten gesammelt wurden und wo die Chipkarte der Krankenkasse eingelesen wurde. Ich ließ mich auf einem der Sessel nieder und sah mich weiter um. Wenn man es nicht genau wusste, dann würde ich mich hier vielleicht sogar etwas wohl fühlen. Nach einigen Minuten trat eine junge Frau und – wahrscheinlich – die Psychologin aus einem der Räume, der vom Flur aus erreicht werden konnte. „Bis nächste Woche“, verabschiedete sich die junge Frau freundlich und ich sah ihr kurz entgegen, als sie an mir vorbei lief. Sie machte gar nicht den Eindruck, dass sie hier her musste, aber wer machte schon den Eindruck, zu einem Psychologen gehen zu müssen? Ich stand auf, als die Psychologin auf mich zukam und sie reichte mir die Hand. „Guten Tag“, sagte sie freundlich und lächelte mich entsprechend an. „H-Hallo“, erwiderte ich zögerlich. „I-Ich hatte einen Termin...“ Mein Herz schlug wie wild in meiner Brust und ich wusste nicht, ob ich es als gutes oder als schlechtes Zeichen deuten sollte. „Ich weiß. Kommen Sie bitte mit“, wies sie mich an, ihr zu folgen. „Setzen Sie sich.“ Sie deutete mit einer Hand auf einen Stuhl, der neben ihrem Schreibtisch stand. Ich folgte der Aufforderung und ließ mich auf ihm sinken. Das war wahrscheinlich die einzige Sitzmöglichkeit in diesem Raum, welche nicht bequem war! Dieser Gedanke trieb mir innerlich ein Grinsen auf die Lippen. „Was führt Sie zu mir?“, fragte sie mich, als sie die Tür geschlossen hatte und sich an den Schreibtisch gesetzt hatte. „I-Ich… Also...“, begann ich und sah zu Boden. „I-Ich habe das Ge-Gefühl, ich bin in diesem Körper … nicht richtig.“ Ich wusste nicht, ob sie verstand, was ich sagen wollte, aber sie lächelte mir immer noch freundlich entgegen. „Sie sagen also, Sie fühlen sich in Ihrem Körper nicht wohl? Oder fühlen Sie sich fremd in Ihrem Körper?“ „F-Fremd würde eher passen...“, schluckte ich und suchte mir einen Punkt an der Wand, den ich ansehen konnte, ohne ihr ins Gesicht sehen zu müssen. „Können Sie mir beschreiben, wann Sie sich so fühlen oder in welchen Momenten?“ Ich schüttelte verneinend den Kopf: „Nein, kann ich leider nicht. Ich … komme mit diesem Körper nicht klar. E-Er gehört irgendwie nicht zu mir… Ich habe das Gefühl, dass ich … transsexuell bin. Aber ganz genau weiß ich es nicht.“ Ich war im Moment absolut unsicher und fühlte mich einfach nur unwohl in meiner Haut. Ich wollte weglaufen, so weit es mir möglich war. Ich wollte weg. Weg von hier. Weg aus dieser Stadt. Weg aus meinem Leben. Weg von diesem Körper. „Jetzt kommen wir der Sache doch schon einmal etwas näher“, sagte sie und schrieb sich etwas auf einen Zettel. „Wenn Sie sagen, Sie sind transsexuell… Wie kommen Sie darauf? Was gibt es für Anzeichen? Versuchen Sie es bitte zu beschreiben.“ „Ich… Also…“, versuchte ich die Frage in meinem Kopf in ihre Bestandteile zu zerlegen und zu verstehen. „Ich fühle mich nicht wohl. Wenn … ich an mir hinab blicke, dann bin das nicht ich… Ich sehe einen w-we-weiblichen Körper, der nicht zu mir gehört… Diese Gedanken in meinem Kopf, sie passen nicht zum Rest von mir...“ „Wann kamen diese Gedanken das erste Mal?“ Sie sah mich von der Seite aus an und wartete auf eine Antwort von mir. Allerdings musste ich kurz überlegen, denn darüber hatte ich mir noch nie wirklich Gedanken gemacht. „Ich… glaube, das müsste gewesen sein, wo ich noch kleiner war… Also vor fünf bis zehn Jahren...“ Ich war 16 Jahre und meine Mutter wusste nicht, dass ich den Termin heute hatte und sie würde es auch erst heute Abend erfahren, wenn sie den Antrag der Psychologin auf Therapiekostenübernahme durch die Krankenkasse als erziehungsberechtigte Person unterschreiben musste, ich meine, ich könnte die Unterschrift auch fälschen, aber das wäre nicht richtig. Wir sprachen noch einige Zeit miteinander, bevor sie auf die Uhr sah und sie seufzte. „Leider müssen wir es für heute schon beenden. Wir machen noch einen Termin fürs nächste Mal aus. Ich möchte Sie bitten, mir noch einen Lebenslauf zu schreiben, in dem Sie versuchen zu beschreiben, wie Sie sich bisher gefühlt haben und ich werde Ihnen den Antrag für die Krankenkasse mitgeben, damit Ihre Eltern diesen noch unterschreiben. Bitte beim nächsten Mal einfach alles ausgefüllt wieder mitbringen.“ Sie sah auf ihren Laptop und öffnete ein Programm, wo sie ihre Termine verwaltete. Sie nannte mir einen Termin und ich nickte zustimmend. Dann gab sie mir noch einen kleinen Zettel, wo sie den Termin vermerkte. Ich verabschiedete mich von ihr und verließ die Praxis. Erleichtert atmete ich vor der Tür aus und schloss für wenige Sekunden die Augen. Es war nicht annähernd so schlimm gewesen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich steckte die Unterlagen in meinen Rucksack und lief wieder zum Bus, damit ich nach Hause fahren konnte. Dort angekommen, sah ich auf mein Handy und bemerkte, dass ich eine Nachricht von Sasuke hatte. „Wollen wir uns heute Abend treffen?“, fragte er mich und ich merkte, dass mein Herz vor Aufregung begann, schneller zu schlagen. „Gern. Was wollen wir machen?“, antwortete ich ihm. „Du schreibst mir ja doch noch“, schrieb er unverzüglich und ergänzte noch einen grinsenden Smiley. „Ich dachte schon, du magst mich nicht mehr.“ „Was wollen wir nun machen?“, unterbrach ich ihn. „Ich weiß nicht, vielleicht einen Film zusammen schauen?“, schlug er vor. Ich schluckte. Das konnte doch nichts werden! „Bei dir … oder bei mir?“ „Bei mir. Mein Bruder muss arbeiten.“ Ich wusste, er grinste breit über das ganze Gesicht, auch wenn ich ihn im Moment nicht sah. „Wann soll ich bei dir sein?“ Ich bekam keine weitere Antwort, also entschloss ich mich, in mein Zimmer zu gehen und mir dort die Gedanken mit Musik vertreiben zu lassen. Ich würde mich einfach überraschen lassen, was Sasuke mit mir heute Abend vor hatte und was noch passieren würde. Außerdem wusste ich, dass ich mich nicht ewig vor ihm verstecken und das Geheimnis nicht ewig verbergen konnte. „18 Uhr?“, bekam ich eine kurze Frage gestellt. „Okay, ich werde dann bei dir sein. Meine Mutter muss heute Abend ebenfalls arbeiten“, tippte ich schnell zurück. „Also dann, bis nachher”, antwortete Sasuke mir und ich schüttelte mit dem Kopf. Er tat immer so, als würde ihn nichts interessieren und ihm alles egal sein. Ich wusste aber, dass es nicht so war. Ihm war nicht alles egal, vor allem nicht, wenn mir jemand zu nah kam oder jemand etwas von mir wollte. Dennoch freute ich mich darauf, ihn bald zu sehen und bei ihm sein zu können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)