Die Chronik des Danach von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 5: Dunkle, Kalte Nacht ------------------------------ Dunkel senkte sich auf den kleinen Waldstreifen, zeitweiliges zu Hause dieser seltsamen Gruppe, und zur Zeit, zumindestens für diese Nacht, auch für Deedlit und Parn. Beide waren in ihren Zelt, oder doch Haus, so fest war es, wo sie ein neues Wunder dieser Konstruktion entdeckten: In der Mitte des großen Raumes kam eine Pflanze aus den Boden, die sich auf Berührung öffnete und ein kaltes, aber Licht spendendes, blaues Feuer auswarf. Wärme hingegen wurde von den Ranken in den "Wänden" und im "Dach" ausgestrahlt, so dass keiner zu frieren hatte. Deedlit und Parn saßen an der Feuerblüte auf, stilgerecht, dicken, ebenfalls aus der Erde kommenden Pflanzenranken, die, wie ein Sitz, eine kleine Ausbuchtung in der Mitte hatten, und hatten die Blicke nach innen gekehrt und gesenkt. Stille hatte sich zusammen mit der Nacht ausgebreitet. Beide waren in ein gemütliches Schweigen gefallen, eine angenehme, verträumte Ruhe, ohne besonderen Grund. Vielleicht gab es auch erst mal nichts zu sagen. Auch saßen beide ganz still da, ganz ihren Gedanken, oder Träumen hingegeben. Dann bewegte sich Deedlit langsam und schaute auf. Parn erwiderte den Blick. "Ich denke," meinte Deedlit in einem der Atmosphäre unangemessen lockeren Tonfall, "Ich werde hinaus gehen und noch ein bisschen Abendluft einatmen. Abendluft hat was besonderes." Sie kicherte Aber irgendwie kam dieses Kichern Parn komisch vor. Irgendwie... falsch. "Willst du mich begleiten?" "Äh....." erwiderte Parn und nahm, versteifend eine eher ablehnende Haltung ein. Er hatte eigentlich keine Lust, das gut beheizte Zelt zu verlassen. "Bitte..." Parn seufzte. Warum eigentlich auch nicht? Langsam erhoben sie sich und schritten gemächlich den Blättervorhang hinaus, der die "Tür" bildete. Da es kein sehr dichter Wald war in dem sie waren, hatten sie sofort einen prächtigen Blick auf den durch die vereinzelnden Baumkronen hervorstechenden Sternenhimmel. Langsam gingen sie durch den Wald. Parn merkte dass Deedlit doch ein paar sehr viele Schlenker machte, doch immer als er fragen wollte, war sie gerade ein Stück vorraus und er musste aufholen. Trotzdem kam niemals Eile oder Hast auf. Für Parn stand fest, dass das wohl kaum Zufall sein konnte, und daher in ihrer Absicht liegen musste. Was hatte sie vor? Kurzzeitig verlor er sie ganz im Dunkel der Blätter. Doch dann hörte ein kurzes, leises "Psst" nach dem er sich richten konnte. Es kam aus einem ungewöhnlich dichten Teil des Waldstreifens, in deren Mitte er schließlich eine kleine, durch die drum herum dicht beiander stehenden Bäume beinahe anheimelnde, Lichtung und auf ihr Deedlit fand. "Deedlit!?" brach es Parn schließlich vor schierer Neugier hervor. Irgendwas stimmte hier nicht. Sie legte den Zeigefinger an den Mund "Psst," meinte sie in gedämpfter Stimme "Nicht so laut!" "Was..." Er korrigierte seine Lautstärke "Was ist los?" "Wir müssen reden." "Reden?" erwiderte Parn einfach wie ein Papagei. "Ja. Wie du dir sicher denken kannst sind wir eben nicht nur Gäste hier. Wir werden überwacht. Ich habe einen Elementar beschworen. Er sollte unsere Wächter lange genug verwirren." Sie wandte den Kopf ab und guckte schief in die Sterne, die Baumkronen hoch. "Hoffentlich...." fügte sie hinzu "Und... und was gibt es?" fragte Parn, immer noch wie dumm überrascht. "Lahozar.." so wie sie den Namen aussprach lief es Parn kalt den Rücken hinunter "ich habe heute mit ihn gesprochen. Selbst ich konnte entdecken, dass auch er markiert ist. Er wurde tief in eine große Macht eingetaucht - einer bösen Macht." Sie zögerte. "Einer Kardis-geweithen Macht" präzisierte sie schließlich. "Heißt das...." Parn wurde wieder lauter. "Nein!" erwiderte Deedlit schnell. "Nein. Er ist... er ist ihr entronnen. Wie Lanktra gesagt hatte. Der Entronnene. Das macht ihn so wertvoll. Das macht ihn zum Anführer dieser Gruppe. Das Wissen, welches er immer noch hat, die Kräfte, die ihn immer noch umgeben. Und das macht ihn auch so.. so verrückt... wenn man von solch Kraft umgeben ist, und er wird sie sein Lebtag nicht abschütteln können, dann muss man verrückt werden." "Das heißt..." "Es gibt noch mehr. Die Kraft, die um ihn herum war - ihr Chaos, ihren Nihilismus, ich hatte ihn kurz davor schon mal gespürt. Aber erst heute abend wurde es mir klar: Der gleiche Vernichtungswille wie bei den.. den, wie sie sie nannten, den - Schwarzen Propheten." Trotz des mehrmaligen Ansetzens hatte Deedlit dies gelassen und eher emotionslos erzählt. Parn dagegen spürte Furcht in sich aufkommen. "Die Schwarzen Propheten? Das heißt die Macht die Lahozar hier erwischt hat, wirkt bis Blade - wir sollten doch König Kashue warnen!" "Nein!" Dann relativierte sie sich. "Nein, ich denke nicht. Lahozar hat einen tiefen Hass auf die andere Elfergruppe. Man braucht sich nicht viel bei denken, dass die Kraft, die er entronnen ist, auch diese steuert, und er sie deshalb zu bekämpfen sucht." Plötzlich dämmerte es Parn. "Der... Der Befreier. Damals, in den Höhlen, hatte der Rat vom Befreier gesprochen! Dies wird er sein, unser Gegner." Deedlit nickte. "Ja, daran hatte ich auch schon gedacht. Wie dem auch sei. Lahozar weiß. Weil er unserem Gegner entkommen ist. Und da die anderen Elfen von diesem gesteuert werden, weiß Lahozar auch, was im Hinblick auf sie das Beste ist. Und wenn er sagt, wir sollen nicht König Kashue berichten, dann wird dies das Beste sein." Sie pausierte. "Allerdings - ganz vertrauen tu ich auch dieser Gruppe nicht. Viele von ihnen verstrahlten einen Hass, und eine Verachtung auf uns. Es ist mir ein Rätsel. Es ist vielleicht besser wenn sie nicht erfahren, dass wir Lahozar vertrauen. Wir werden morgen wieder nur grimmig und widerwillig zum Plan zustimmen." Parn nickte eifrig. Das war mehr nach seinen Geschmack, den Elfen nicht voll zu vertrauen. "Gut." Wieder pausierte Deedlit, und wieder richtete sie ihren Blick himmel- und baumkronenwärts. "Der Elementar wird schwächer. Sie haben ihn wohl gekriegt und in einen Kampf verwickelt." Sie senkte den Blick wieder, bodenwärts. "Er wird dies nicht überleben. Er hat uns gute Dienste geleistet und mir treu gedient in dieser Sache." Abermals wandte sie den Kopf, diesmal traf der Blick Parn. "Wir müssen gehen." Parn folgte Deedlit, die das Gebüsch des dichteren Waldabschnitts verließ. Doch kaum war auch Parn dabei dies zu tun, wurde er von einer zurückweichenden Deedlit wieder nach hinten gedrängt. Parn jedoch konnte nichts ausmachen, dass diese Reaktion rechtfertigen würde. Zuerst jedoch nicht. Dann sah er Augen aufleuchten, und schließlich traten mehrere Elfen, die Zahl unmöglich zu bestimmen, in der Nacht, aus ihren gut gewählten Versteck in den Schatten hinaus, und verließen damit ihre Tarnung. Sie waren mitten in eine Elfengruppe geraten, die zudem nicht sonderlich freundlich schien. "Zumindestens hast du deinen Spürsinn nicht verlernt, Hure." Zischte der am meisten vorne stehende Elf (Parn konnte nicht erkennen welcher Rasse) Deedlit zu. Angesichts dieser Beleidigung zückte der Ritter von Lodoss schon zornroten Kopfes sein Schwert, doch zwei weitere Elfen an seiner Seite, die er zuvor gar nicht wahrgenommen hatte, stießen ihn um, und ehe er sich versah hatte er selbst eine Klinge am Hals. Er ließ seine eigenes Schwert die wenigen verbliebenen Handbreit zu Boden fallen, wo es sofort aufgelesen wurde. "Was wollt ihr?" fragte Deedlit, wen auch mit Anstrengung, im ruhigen und souveränen Tonfall. In einer höhnischen, dunklen und geifernden Stimme antwortete ein weiterer Elf: "Rechenschaft von euch verlangen. Gerechtigkeit ausüben." "Rechenschaft? Worüber?" Eine brummige, aber emotionslose Bass-Stimme meldete sich "Über euch!" Deedlit wich unwillkürlich mit ihrem rechten Fuß zurück. "Über uns?" echote sie "Ja" antwortete der gleiche Elf wieder, der nun vortrat. Selbst im blassen Mondschein konnte man an seinen bloßen Umrissen erkennen dass er ungewöhnlich massig gebaut war für einen Elfen.. "Es stimmt doch dass die verblendeten euch angeklagt hatten wegen einer... einer Beziehung nannten sie es." Er spuckte aus. "Die Verblendeten? Die anderen?" "Genau die!" johlte nun eine vierte Stimme auf, voller Hass, auf eben diese anderen, und wohl auch auf Deedlit und Parn. "Verblendet sind sie, aber sie haben Urteil gesprochen! Also wird da was sein! Etwas widerwärtiges, perverses und verbotenes!" "Aber...." "Kein Aber! Gebe es lieber zu!" "Was denn?" "Die unnatürliche Beziehung zu dem Menschenkind dort." Antwortete der mit der kräftigen Statur. Mondlicht und Dunkelheit verliehen der Szenerie etwas besonders Bedrohliches, aber auch was Surreales. "Da..." Deedlit stockte. Wie konnte sie ihnen das klarmachen? "Da ist nichts!" "Lügnerin" rief der Johler, und verpasste ihr eine kräftige Ohrfeige, dass Deedlit zurück ins Gras fiel. Als sich Parn zornig aber vorsichtig unter der Klinge an seinem Hals umdrehte, sah er, wie das Mondlicht auf einem Bluttropfen funkelte, der ihren Mund entrann. Sein Hass, purer Hass, wuchs. Der Johler trat weiter vor. Man sah sein schmales, verzerrtes Gesicht. Wie ein alter Gaukler beugte er sich vorne über. Grausig sah er aus. Er grinste beinahe wahnsinnig. "So was ist verboten, weil unnatürlich," sprach er in einer hohnhaft zarten Stimme, "weißt du das nicht, mein Kind? Nicht gut für dich. An statt dessen." er legte eine dramatische Pause ein, richtete sich kurz au und hob seine rechte Hand mit ausgestreckten Zeigefinger "Statt dessen," meinte er schließlich und nahm seine alte Haltung wieder ein, "sollten wir etwas Spaß mit dir haben, findest du nicht? Dies wäre gehörig. Nur zwischen Elfen. Wesentlich besser für dich, mein Kind." Hass. Tiefer, schwarz-böser aber rot-flammender Hass war in Parn. Er merkte wie dieser Hass all seine Gefühle, all seine Gedanken langsam nach und nach übernahm. Ihm war es egal. Er begrüßte den Hass. Es war nur recht, dass er diesen Abschaum hasste. Noch weiter ging er vor, der alte, kranke Narr. Deedlit wich auf dem Boden zurück, doch der Elf beugte sich schon zu ihr. Hass, Hass - Parns Welt, beengt durch eine Klinge am Hals, bestand nur noch aus Hass. Hass besiegt worden zu sein, Hass auf die Ignoranz und Überheblichkeit dieser Elfen, Hass über seine eigene Unfähigkeit - und Hass für das was die Deedlit antaten. Dafür nur noch Hass, Hass und Hass. Nichts mehr weiter wollte in ihm aufkeimen. Bevor Deedlit sich wehren konnte, spürte auch sie von der Seite eine Klinge am Hals. Der schief grinsende Elf hatte Hilfe bekommen, und packt sie nun fast bei den Armen. Trotz allen versuchte Deedlit ihn abzuschütteln, doch man drückte ihr die flachen Seite der Klinge an ihren Hals, eine deutliche Drohung. Rot und Schwarz vermengten sich, zum Chaos, zu einem grausigen Lila in Parns Kopf. Deedlit hilflos da liegen zu sehen, zu sehen was sie mit ihr anstellen, zu denken, was sie noch mit ihr anstellen würden - Parn dachte nur noch tierisch, fixiert, hassend. Und dann sah er ein Gesicht, noch kranker als das des Narren-Elfen, doch gleichzeitig würdevoll. Bleich wie eine Leiche, gekleidet in spitzen Metall lächelte er Parn kalt und doch wahnsinnig an. Da passierte es. Etwas zerbrach in Parn. Etwas erwachte in Parn. Ein neues Ich übernahm den Körper, tierisch, primitiv, aber gewaltig und gewalttätig. Und es wollte noch weiter, über Parns Körper hinaus, und machte sich Platz. Parn wurde es kalt und heiß zugleich, doch seine Gefühle verhärteten sich, wurden zu Fels und schließlich unbedeutend. Das berechnende Tier, nur Gewalt wollend, hatte ihn komplett erfasst. Mit einer brutalen Präzision packte Parn die Klinge an seinem Hals und richtete sie von seinem Körper weg. Nichts schnitt in seine Haut, als wäre es die beste Rüstung der Heiligen Ritter von Valis. Er stand auf, und sein Blick jagte einen Schrecken in seinen Wächterelf, dass dieser erstarrte. Parn bewegte leicht sein Handgelenk - und das Schwert brach. Seine nun ehemalige Wache war schon mehrere Schritte zurückgewichen und, es ihm gleichtuend, auch die Elfen drumherum. Lila funkelten Parns Augen und überstrahlten den anteilsnahmelosen Mond. Nur der dumme, alte Narr hatte nichts bemerkt. Zu sehr war er auf Deedlit fixiert. Er zitterte vor Verlangen, und so war er nur langsam vorwärtsgekommen. Er hatte die Hände schon an ihrer Kleidung, bereit, sie runter zu ziehen. Er merkte nicht, wie Parn langsamen aber sicheren Schrittes, wie eine Bestie aus uralter Zeit, auf ihm zu lief. Die anderen Elfen flohen. Gerade, als er die linke Seite runterreißen wollte, spürte der Elf einen ungeheuren Schmerz an eben dieser Schulter. Es machte Knacks, und der Knochen brach, nein, zerbarst. Dann packte Parn mit beiden Händen seinen Hals, und drehte hin und her. Wieder gab einige sehr ungesunde Geräusche. Deedlit lag nur da, und guckte in Schock zu, in totalen Schock, was ein Parn, der ihr völlig fremd war, da machte. Jedesmal kurz bevor ein Knochen brechen oder eine Sehne reißen konnte, drehte die Parn-Bestie den Kopf in die andere Richtung. Langsam sollte es gehen, langsam und schmerzvoll. Sein Innerstes, vom anderen Ich beherrscht, war besessen vom Wunsch nach Rache, langsamer, qualvoller Rache. Es, die Bestie, das Monster, wollte seine Gegner leiden sehen, leidend und ohne Erfolg, und daher um so demütigender, um Gnade flehend, winselnd, bettelnd. Langsam, starren Blickes, wie in einem Traum, richtete sich Deedlit auf, während Parn, oder was auch immer in ihm war den fremden Kopf drehte und drehte und drehte und drehte. Ebenso langsam, immer noch fast träumerisch, ging die Hochelfe auf Parn, oder vielleicht nur seinen Körper, zu, und legte die Hand auf seien Schulter. Parn stoppte. "Lass ihn los. Lass ihn gehen. Bitte." Meinte sie. Unzählige Gefühle brachen in den Moment auf Parn ein, Gefühle, die sich ihres Steinmantels entleerten, und zurück in seinen Geist drangen. Respekt für Deedlit, dass sie sich Gnade für jemanden aussprach, ja darum bat, der sie aller Wahrscheinlichkeit vergewaltigen hatte wollen. Die Sanftheit ihrer Berührung und ihrer Stimme. Und die Realisierung was zur Hölle er da eigentlich machte. Geschockt und angewidert von sich selber, und schaudernd vor dem Tier in ihm, dass den Ansturm der zurückkommenden Gefühlen nicht standhielt und sich selbst zurückzog in die tiefsten Tiefen von Parns Seele, so mitgenommen, ließ Parn alle seine Glieder erschlaffen. Der Elf nutzte blitzschneller Reaktion seine Chance, taumelte rückwärts und rannte dann, so gut es sein geschundener Körper noch zu ließ. Schmerzenslaute wie bei einem verwundeten Tier hörte Parn noch weithin. Er war immer noch geschockt. Was ihm hoch gekommen war, was er getan hatte, und welchen puren, Ekel erregenden HASS er empfunden hatte - war das wirklich er selbst? Konnte er so destruktiv sein? Und wenn ja, vielleicht nicht nur seine Feinden, sondern auch seinen Freunden gegenüber? Er erinnerte sich an Orson, der von Hyrui besessen war, doch er wusste, dass dies nicht den Hass erzeugt hatte. Es war etwas wesentlich dunkleres, pervertierteres gewesen. Im nachtbedeckten Gras, umweht von mitleidigen Winden, ließ sich Parn auf die Knie fallen und fing an zu weinen. Er spürte Deedlits Arme, die sich von hinten um ihn legten, und hörte ihre Stimme, die ihn zu trösten versuchte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)