Miraculous - New York von Yumi-san_89 ================================================================================ Prolog: Abschied? ----------------- Adrien war in seinem Zimmer und betrachtete den leergeräumten Raum. Er war inzwischen 16 Jahre alt und hatte vor einigen Monaten gemeinsam mit Ladybug die letzte Schlacht gegen Hawth Mowk geschlagen. Sie waren erfolgreich gewesen, hatten ihrem Gegner sein Miraculous abgenommen und es dem Meister zurück gebracht. Auf dass es sicher verwahrt werde. Aber dabei kam auch heraus, dass Adriens Vater derjenige war, welcher hinter ihren Miraculous her gewesen war.  „Warum?  Warum nur willst du diese Macht?!“,  hatte Cat Noir ihn voller Wut und Unverständnis angeschrien.  „Wegen Ihr.“ Gabriel öffnete das Amulett, welches neben ihm lag. Es war das Bild von Adriens Mutter, welches hervor kam. Cat Noir erstarrte wortwörtlich. Auch Ladybug staunte nicht schlecht, als Gabriel das Amulett betrachtete. Sie wusste, dass es sich bei dem Bild um die Mutter ihres Schwarmes handelte und dass jene vor nicht allzu langer Zeit verstorben war.  „Das war also dein Ziel. Du wolltest sie wiederbeleben und dachtest, die Miraculous würden dir die Macht dafür geben.“, stellte Cat Noir direkt klar. „Es wäre ein Versuch wert gewesen. Nur schon für mich und meinen Sohn.“, versuchte der Designer sich zu erklären. Adrien hielt es nicht mehr aus. Nur schon der Gedanke, dass seine Mutter wieder ins Leben zurückgeholt werden sollte, drehte ihm den Magen um. Er wandte sich ab. Am liebsten hätte er seinem Vater eine gescheuert. Aber wenn er dies als Cat Noir tat, dann flog seine Tarnung auf. Also beließ er es dabei. Er ging auf seine Partnerin zu. Jener fiel der traurige Blick des Blonden sofort auf. „Kriegst du das auch alleine geregelt? Ich kann nicht mehr. Es ist besser wenn ich mich eine Weile zurückziehe.“ Das Mädchen in dem schwarz gepunkteten Kostüm nickte. Sie akzeptierte die Entscheidung ihres Partners, wollte aber später nochmals mit ihm darüber sprechen. Denn das hier war nicht Cat Noir. Im Moment war er nur noch ein Teenager, welcher maßlos enttäuscht worden war. Adrien dachte nur ungern an den Kampf zurück. Es hatte ihn alle Mühe gekostet, seinem Vater ins Gesicht zu sehen. Doch was er dort erblickt hatte war schon lange nicht mehr sein Vater gewesen. Nur noch ein Haufen Elend welcher die Vergangenheit zurück wollte. Sein Vater stellte sich schließlich den Behörden und erhielt seine gerechte Strafe. Bei den Verhandlungen waren weder Ladybug noch er anwesend. Er wollte keinen Kontakt mehr mit seinem Vater. So hatte er schweren Herzens entschlossen zu seinen Großeltern mütterlicherseits zu ziehen. Da gab es nur einen Haken. Sie lebten nicht in Frankreich, sondern in den USA. New York City. Oder zumindest irgendwo dort in der Gegend wie der Teenager wusste. Am liebsten wäre er innert kürzester Zeit dorthin gezogen. Aufgrund der Einreisegenehmigungen hatte der Teenager noch einige Wochen mit dem Umzug warten müssen. Aber das einzige, was ihn noch mit Paris Verband war Ladybug. Ob er sie jemals wieder treffen konnte? Denn die Kwamis waren wieder von ihrem Meister eingesammelt worden. Somit konnte er sich nicht mehr in Cat Noir verwandeln und seine über alles geliebte Ladybug ebenfalls nicht. Der Blonde begab sich zur Schule. Heute war sein letzter Schultag in Paris. Er hatte sich so sehr dafür eingesetzt dass er in eine normale Schule gehen durfte, überhaupt in die Schule gehen durfte und musste sie jetzt verlassen. Er hatte Freunde gefunden. Gute Freunde, die ihm in jeder Situation beistanden. Aber in dieser Situation konnte ihm nur Eine beistehen. Doch war ihm bewusst, dass er Ladybug wohl nie wieder sehen würde. Der Teenager schmunzelte leicht. Ob das der Preis für ihren Sieg gegen seinen Vater war? Für den Frieden auf der Welt? Wahrscheinlich. Aber dafür hatte er Ladybug getroffen, was ihn innerlich mit Freude erfüllt hatte. Durch die Zeit mit ihr in all den Kämpfen hatte er die Gelegenheit gehabt, mehr sich selbst zu sein und sich selbst besser kennen zu lernen. Darüber war er doch sehr froh. Auch jetzt, dafür dass er in Zukunft nicht mehr unter der Fuchtel seines Vaters stehen würde. Etwas besser gelaunt als wenige Momente zuvor wollte er das Schulgebäude betreten, als er erblickte, wie Marinette im Schnellschritt um die Ecke gerauscht kam. Die Bäckerei ihrer Eltern war nur eine Strasse von der Schule entfernt, somit hatte sie einen sehr kurzen Schulweg. Aber irgendwie schaffte es dieses Mädchen trotz allem immer irgendwie zu spät zu kommen und flüchtete sich dann in irgendwelche irrsinnigen Erklärungen. „Marinette?“, zog der Blonde die Aufmerksamkeit seiner Mitschülerin auf sich. Hektisch blickte die Schwarzhaarige zu ihm. „Adrien.“ Sie hatte nicht damit gerechnet ihn vor der Schule anzutreffen. Er kam häufig kurz nach ihr oder kurz vor ihr in die Schule. Das war immer ein wenig unterschiedlich. Die einzige Gemeinsamkeit: sie kamen beide andauernd zu spät. Kein Wunder, denn sie hatte bis vor wenigen Tagen einen Nebenjob gehabt von dem die Welt nichts erfahren durfte. „Was machst du …denn hier?“, brachte sie mit einem Rotschimmer im Gesicht einen halbwegs brauchbaren Satz zusammen. „Wir gehen doch in dieselbe Klasse.“, verwundert blickte er sie an. Ja, stimmte. War ja logisch. „Ich meinte eher…wie kommt es dass du früh dran bist? Wir sind doch beide eher…“ „Die notorischen Zuspätkommer? Allerdings.“, grinste er. „Naja…mein Vater kann mir keine Termine mehr geben. Das hat sich ausgespielt.“, erklärte er beiläufig. Die Schwarzhaarige nickte. Sie selbst hatte ja gegen seinen Vater gekämpft, ohne es wirklich zu wissen. Es war hart zu sehen, dass jemanden, den sie für seine Arbeit als Designer so sehr bewunderte, so tief gefallen war. So tief dass er bereit war, Magie einzusetzen um einen Menschen der ihm wichtig war ins Leben zurück zu holen. „Tut mir leid, das mit deinem Vater.“, meinte sie leise. Es musste schrecklich für ihn sein zu wissen, dass er einen solchen Vater hatte. Marinette ging davon aus, dass er sowie die anderen Leute nur die Version kannte, welche in den News-Medien veröffentlicht worden war. Sie hoffte, dass er nicht wusste, wofür sein Vater die Miracoulus haben wollte. „Schon ok. Ist ja nicht deine Schuld.“, ein trauriges Lächeln bildet sich auf seinen Lippen. Sie sah, dass er mehr wusste, als er zugab. Der Blonde schüttelte kurz abwesend den Kopf, ehe er sich wieder ihr zuwandte. „Da wir ja eh schon die Zuspätkommer schlechthin sind, wäre es da nicht besser wenn wir am letzten Schultag des Jahres rechtzeitig anwesend sind?“, schlug er ihr vor. „Ja, du sagst es.“, nickte Marinette ihm zu, ehe die beiden gemeinsam in Richtung Klassenzimmer marschierten. „Nun, wie ihr wisst begehen wir heute den letzten Schultag von diesem Schuljahr.“, begann Madame Bustier den Unterricht ihrer Klasse an jenem Morgen. Doch weder Marinette noch Adrien hörten ihr richtig zu. Während Adrien mit seinen Gedanken bereits bei seinem Flug in die Staaten am frühen Abend war, dachte die Schwarzhaarige, welche eine Reihe hinter ihm sass, über das letzte Gespräch nach, welches sie mit Cat Noir geführt hatte. „Cat, so warte doch!“, rief Marinette ihm zu, als sie sich am Abend nach dem letzten Gefecht wieder begegneten. Sie hatten sich mithilfe ihrer Kommunikationsgeräte verabredet. Aber der Blonde mit den Kräften einer Katze hatte keine Lust zum Reden. Oder zumindest nicht über dieses Thema. Weswegen er im Moment einfach nur abhauen wollte. Es war einfach noch zu frisch, zu real, zu unfassbar. Nicht dass die Tatsache, dass er ein Superheld war ebenso unfassbar war, aber sie war realistischer. Eben weil er selbst diesen verkörperte. Doch was sein Vater da angerichtet hatte, war einfach nur schrecklich, wenn nicht sogar unmenschlich. Er konnte einfach kein Verständnis dafür aufbringen. Da gab es nur ein Problem: Ladybug. Sie wollte mit ihm reden, weshalb er am vorhergehenden Tag sie den Rest der Arbeit hatte erledigen lassen. Weswegen er am Vortag gegangen war. „Tut mir Leid, Pünktchen. Aber ich kann nicht darüber reden.“, gestand er es sich selbst ein als er Begriff, dass er sie nicht loswerden würde. Heute zumindest nicht. „Weil er der Vater von einem guten Freund ist?“, fühlte sie ihm auf den Zahn. Sie wusste, dass Cat Noir und Adrien sich kannten. Dass es sich bei den beiden jedoch um ein und dieselbe Person handelte, davon hatte sie keine Ahnung. Verwundert blickte er sie an. „Woher…“ „Marinette hat es mir erzählt.“, gab die Schwarzhaarige mit einem traurigen Unterton von sich. Daher wusste sie es also. „Zieht dich das so runter? Weil er etwas tun wollte, das eigentlich unmöglich ist?“, der Kater nickte auf ihre Aufzählung hin nur leicht. Sie hatte Recht. Es zog ihn nicht nur runter, es machte ihn fertig. „Adrien hat vor etwas mehr als zwei Jahren seine Mutter verloren. Jetzt auch noch seinen Vater zu verlieren, weil jener sie mit allen Mitteln wiederbeleben wollte, das muss einfach schrecklich sein.“, packte er seine Gefühle in Worte. Das Mädchen in dem gepunkteten Kleid nickte. „Du scheinst ihm näher zu stehen als ich dachte.“, gab Ladybug von sich. Adrien seufzte innerlich. Sie wusste nicht wie recht sie damit hatte. „Naja…er ist sowas wie mein bester Freund.“, das Mädchen neben ihm nickte. Ein einfühlsames Lächeln auf ihren Lippen. „Das kommt mir bekannt vor.“, diese Worte von ihr verführten auch seinen Mund zu einem sanften Lächeln. Sie verstand ihn auch ohne dass er ihr allzu viel erzählen musste. Sie beide lebten als Superhelden, als Beschützer von Paris. Aber dazu gehörte auch das andere Leben und diese beiden Leben unter einen Hut zu bringen, was besonders ihm im Augenblick sehr schwer fiel. Umso glücklicher war er darüber, in Ladybug eine absolut zuverlässige Partnerin zu haben. Bisher zumindest. Denn dies war der andere Punkt, welcher an seinem Herzen nagte. Sie mussten ihre Schmuckstücke zurückgeben. Ob es nur vorübergehend oder für immer sein würde, hatte Fu ihnen nicht sagen können. Aber er hatte sie gebeten, sich miteinander auszusprechen. Denn es bestand die Möglichkeit, dass sie sich nicht mehr sehen würden. „Es wird mir merkwürdig vorkommen.“, neugierig blickte Cat Noir seine Partnerin an, als sie sich auf einem der Hochhäuser der Lichterstadt niedergelassen hatten. „Ich meine, nicht mehr mit dir durch Paris zu patrouillieren oder einem Akuma hinterher zu jagen.“, meinte die Schwarzhaarige, während sie ihren Blick über das Lichtermeer der Millionenstadt gleiten liess. „Immerhin haben wir mal offiziell Ruhe vor den Akumas.“, scherzte der Katzenjunge mit einem frechen Grinsen, wie sie es kannte. „Verschrei es nicht!“, boxte sie ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen.   „Entschuldige.“, meinte Ladybug leise, als sie seinen schmerzhaften Gesichtsausdruck bemerkte. Da war sie wohl zu weit gegangen. Cat Noir war da aber anderer Ansicht. „Schon ok. Ich habe da wohl ein wenig übertrieben.“, stellte er unnötigerweise fest, während er sich über die schmerzende Stelle rieb. „Das machst du allerdings immer.“ „Nicht immer, aber immer öfter.“, gab er keck zur Antwort. Das Mädchen in dem roten Anzug mit den schwarzen Punkten schüttelte den Kopf. Konnte er seine Sprüche  nicht einfach sein lassen? „Du bist wirklich unverbesserlich.“, seufzte die Schwarzhaarige, als sie sich schliesslich neben ihn setzte und sich an seine Schulter lehnte. Verwundert blickte Cat zu ihr. So etwas tat sie doch ansonsten nicht. Er überlegte für einen Moment, ob er seinen Arm um ihre Schulter legen und die Gelegenheit auskosten sollte. Für einen weiteren Augenblick überlegte der Blonde, ob er es wirklich wagen sollte. Sie konnte höchstens ablehnen, so wie sie es sonst immer tat. So legte er den Arm sanft um sie, zog sie ein Stück näher zu sich. Doch Ladybug schüttelte ihn nicht ab, nahm seinen Arm nicht weg. Nicht so wie sonst. Sie lehnte sich sogar noch mehr an ihn. Konnte das wahr sein? Gingen gerade seine geheimsten Wünsche in Erfüllung? „Ich werde das vermissen.“, stellte das Mädchen traurig fest. „Mich oder das alles?“, ein verärgerter Blick folgte. Cat Noir liess von ihr ab. „Also deine Sprüche werde ich sicherlich nicht vermissen.“, gab sie hochnäsig von sich und zog sich zurück. „Aber die Zusammenarbeit mit dir und ebenso dich als Partner.“, fügte sie leise flüsternd an. Dank seiner Fähigkeiten konnte Cat Noir sie bestens verstehen. Sogleich schlang er seine Arme um seine Partnerin. „Ich werde dich vermissen, Pünktchen.“, flüsterte er ebenso leise wie sie nur wenige Sekunden zuvor. „Ich werde dich auch vermissen.“, erwiderte sie seine Zuneigung und schmiegte sich an ihn. Dabei fanden einige Tränen den Weg über ihre Wangen. Cat Noir horchte auf, als er sie schniefen hörte. Weinte sie etwa? Er entfernte sich einige Zentimeter von ihr. Eine einzelne Träne rann ihre Wange hinunter. Sie sagte also die Wahrheit. Sie bereute den Schluss. Hätte noch viel lieber weiter mit ihm zusammen gearbeitet, Akumas gejagt, die Stadt beschützt. Aber sie mussten ihre Schmuckstücke zurückgeben. Damit nicht nochmals eines in die falschen Hände geriet. So wie einst jenes von Hawth Mowk. „Nun, bevor wir mit der ersten Stunde beginnen. Adrien möchte euch etwas mitteilen.“, sie bat den blonden Jungen nach vorne ehe sie sich an ihr Pult setzte und ihm den Platz für einige Minuten überliess. Wie gebeten ging er nach vorne und stand vor die Klasse. Innerlich hatte er sich seit Tagen auf diesen Moment vorbereitet. Er wusste genau, was auf ihn zukam. Doch war er wirklich dafür bereit? Nein. Sicherlich nicht. Aber ihm blieb nichts anderes übrig. Marinette schreckte aus ihrer Grübelei auf, als sie beobachtete, wie Adrien nach vorne ging und vor die Klasse trat. Fragend blickte sie zu Alya. Doch ihre beste Freundin zuckte nur mit den Schultern. Nino, welcher ab der Tat seines Sitznachbarn ebenso überrascht war wie seine Kameradinnen, schaute ratlos über seinen Rücken hinauf in die zweite Reihe. „Ihr hab sicherlich alle die Geschichte mit meinem Vater erfahren.“, stille im Klassenzimmer. Alle hatten es irgendwie erfahren. Egal ob durch die Medien, die Zeitungen oder das Buschtelefon unter den Freunden. Sie alle wussten darüber Bescheid, dass sein Vater durchgedreht war. „Aufgrund dieser ganzen Geschichte, werde ich in die Staaten umziehen.“ Ein Raunen ging durch die Klasse. Marinette blinzelte mehrmals ungläubig. Ihr war bewusst, dass sich aktuell Nathalie, die einst die Sekretärin von Adriens Vater war, um ihn kümmerte. Aber dass eine solche Veränderung in den Raum stand, damit hatte sie nicht gerechnet. „In die Staaten?! Adri-Cherié! Das ist nicht dein Ernst!“, klammerte sich Chloé nach dem Morgenunterricht an ihren Schwarm. „Chloé, lass das bitte.“, versuchte Adrien ziemlich genervt sie loszuwerden. Doch bei der Hartnäckigkeit der Blonden konnte das verdammt lange dauern. „Was denn?“, liebäugelte sie hoffnungsvoll. „Das weisst du genau!“, entriss sich der junge Mann ihrem Klammergriff. „Aber…Adri-Cherié!“, verstört blickte sie ihn an. Sie verstand nicht, was hier von sich ging. Sie kannten sich doch von klein auf und waren immer befreundet gewesen. „Ich ziehe zu meinen Grosseltern. Mütterlicherseits.“, die Blonde schluckte leer. Adrien hatte ihr vor vielen Jahren mal erzählt, dass ein Teil seiner Grosseltern auf der anderen Seite des Meeres lebte. Damals hatte sie es für einen dummen Scherz gehalten. Er hatte ihr die Wahrheit erzählt. Der bittere Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören. Sie wusste, dass er nicht weg wollte. Aber er musste und das hatte sie zu akzeptieren. „Du ziehst zu deinen Grosseltern?“, Marinette war gemeinsam mit Alya zufällig an den beiden vorbeigelaufen und hatte das Gespräch belauscht. Durch den Schockzustand hatte sie es sogar fertig gebracht, Adrien gegenüber einen normalen Satz zu Sagen. Ohne Stottern, ohne Wörter zu vergessen, ohne rot zu werden. Nichts von alledem, was für Marinette ansonsten im Adriens Gegenwart normal war. „Marinette.“, sprach er ihren Namen aus. Der Schock in ihren Augen war unübersehbar. Die Schwarzhaarige hatte schon von Natur aus einen sehr hellen Teint, doch jetzt wirkte sie kreidebleich auf ihn. Auch Alya und Nino, welche direkt bei ihr standen, waren nicht minder überrascht ab seinem Umzug. Sie hatten, wie der Rest der Klasse, nichts davon gewusst. „Dude, wieso verschweigst du uns so etwas?“, nahm Nino seinen besten Freund in die Mangel und schüttelte den blonden dabei an den Schultern. „Es ist einfach zu kompliziert. Ich hätte euch einweihen sollen. Tut mir leid.“, aufrichtig blickte er seine Freunde an. Marinette konnte sich vorstellen, war gerade in ihm vorgehen musste. Hatte sie selbst doch dafür gesorgt, dass sein Vater nun im Gefängnis sass. „Du hast wirklich Glück, dass du Freunde wie uns hast.“, legte Nino im freundschaftlich den Arm um die Schulter. „Das kannst du laut sagen.“, stimmte Alya ihrem Klassenkameraden zu, während Marinette ein einfaches Nicken von sich gab. „Nächstes Mal informierst du uns gefälligst früher!“, drohte ihm die dunkelhäutige Bloggerin. „Versprochen.“, rang der Blonde sich ein Lächeln ab. Auch wenn ihm mehr als bewusst war, dass es wahrscheinlich kein nächstes Mal geben würde.   „Wie meinst du das? Ich soll ihm hinterher?“, perplex blickte Marinette ihre beste Freundin an, als die beiden einige Minuten nach Schulschluss am Mittag das Schulgebäude verliessen. „Siehst du hier sonst noch jemanden der Hoffnungslos in den Sohn eines berühmten Designers, welcher zurzeit hinter Gittern sitzt, verschossen ist?“, hilflos blickte die Schwarzhaarige zu der Bloggerin. Die Brünette griff sich fassungslos an die Stirn. „Hast du seinen traurigen Blick nicht bemerkt? Hast du bedacht, dass ihr euch vielleicht nicht mehr wieder seht?!“, stiess Alya sie wortwörtlich vor den Kopf. „Was? Ich soll Adrien nicht mehr wieder sehen?“, dieser Satz legte einen Schalter in Marinettes Kopf um. Sie hatte sich doch schon von Cat Noir verabschieden müssen. Sie hatte geweint in den Tagen nach dem Abschied. Nun sollte es ihr mit Adrien gleich ergehen? Das durfte nicht geschehen. Stumm, mit Tränen in den Augen, schüttelte die Schwarzhaarige den Kopf. „Komm. Ich bringe dich zum Flughafen.“, legte Alya ihr mitfühlend eine Hand auf die Schulter, worauf sich die Freundinnen in Richtung Metro begaben. „Hey, wo wollt ihr hin?“, Nino, welcher gerade aus dem Schulgebäude lief, hielt sie unwissend auf. „Zum Flughafen. Adrien verabschieden.“, erklärte die Bloggerin ihm die Situation. Marinette war gerade nicht in der richtigen Verfassung um überhaupt sprechen zu können. Sie war immer noch geschockt darüber, dass Adrien Frankreich verliess. Der Gedanke, dass sie ihn vielleicht nie mehr wieder sah, machte das ganze nur noch schlimmer. „Seid ihr dafür nicht etwas zu knapp dran?“, bedachte der sympathische Brillenträger mit dem Cappy. „Wie meinst du das?“ „Naja, die direkten Züge vom „Gare du Nord“ zum „Charles de Gaulle“ sind immer relativ schnell ausgebucht. In dem Fall müssen wir mit einer Reisezeit von mindestens 2 Stunden rechnen.“, gab der Technikfreak nachdenklich von sich, womit er sich automatisch selbst einlud. „Wir haben mindestens 2 Stunden? Aber Adrien ist doch gerade vor ein paar Minuten mit seinen Bodyguars in Richtung Flughafen aufgebrochen.“ „Im Normalfall hat man höchstens 40 Minuten. Wie kommst du auf die Idee dass wir mit dem Zug an die Landesgrenze gehen nur um an den Flughafen zu kommen?“, tadelte Alya ihren Freund mit einem bösen Blick. „Es war nur eine Idee.“ „Wie kommen wir jetzt an den Flughafen?“ „Ganz einfach: Wir nehmen den Bus. Für was haben wir denn den Flughafenanbringer?“, meinte die Bloggerin zuversichtlich, worauf sich die drei mit der Metro zu der Haltestelle Opera begaben und dort den Bus bestiegen. Während Nino und Alya sich während der rund 40-Minütigen Fahrt über die neuesten Techniken in Bloggs und Musik vertieft waren, beobachtete Marinette die Strassen Paris, welche langsam am Bus vorbei zogen und schliesslich aus der Stadt hinausführten. Die Gedanken der Schwarzhaarigen waren während dieser Zeit unabdinglich bei Adrien, welcher zu diesem Zeitpunkt sicherlich schon beim Flughafen angekommen war. Als sie wieder daran dachte, dass sie sich verabschieden mussten, kam ihr unwillkürlich Cat Noirs frech grinsendes Gesicht in den Sinn. Wie er sie trotz ihres Abschiedes mit seiner frechen und unverfrorenen Art aufgemuntert hatte. Verwirrt blinzelte die Halbasiatin. Weshalb musste sie denn jetzt bitte an diesen verdammten Kater denken? Sie war doch bis eben in Gedanken komplett bei Adrien gewesen. Wie ging das denn bitte? Unmerklich schüttelte die ehemalige Superheldin den Kopf um das Bild des Katzenjungen zu vertreiben, ehe ihr eine Idee kam. Sie schnappte sich ihre Schultasche und kramte darin nach einem Notizblock. Dass Nino und Alya ihr verzweifeltes Kopfschütteln genau gesehen hatten, bemerkte die Schülerin hingegen nicht. Die Freunde blickten sich ratlos an. Während Alya, welche quer hinter Marinette sass, eine gewisse Vermutung hatte, hob der Cappyträger neben ihr am Fenster ahnungslos die Schultern. Für einen Moment überlegte die Brillenträgerin ihre beste Freundin auf ihr Verhalten anzusprechen. Doch als sie sah, dass Marinette ihren Zeichenblock und Schreibzeug hervorgekramt hatte, liess sie davon ab und wandte sich wieder Nino zu. Inzwischen war Adrien mit seinem Bodyguard und Nathalie beim Flughafen angekommen. Der Gorilla, wie der Blonde ihn gerne bezeichnete, lud gerade den Koffer und das Handgepäcks seines Schützlings aus. Stumm schnappte sich Adrien sein Handgepäck, während sein Chauffeur sich um den Koffer kümmerte. Für einen Moment blieb der 16jährige stehen, ehe er sich umdrehte. „Wäre es möglich, dass ich alleine in den Flughafen hinein gehe?“, fragte er. Nathalie dachte kurz nach. „Ich möchte dich nur ungern hier alleine lassen. Auch wenn du mich noch so sehr bittest, so würde ich dich gerne bis zum Check-in begleiten.“, meinte die ehemalige Sekretärin ruhig aber dennoch bestimmt. Adrien war ihr über die Jahre hinweg ans Herz gewachsen. Sie wusste, dass er seine Mutter verloren hatte, worunter er litt. Doch jetzt auch noch seinen Vater zu verlieren, das war einfach schrecklich für den blonden Jungen. Dies war Nathalie mehr als bewusst, weshalb sie einfach eine Freundin für ihn sein wollte. Der Bodyguard hingegen verschwand nichtssagend wieder in den Wagen. Er würde also dort auf Nathalie warten. Während Adrien seinen Koffer hinter sich her zog, setzte er langsam seinen Fuss vor den anderen. Nathalie blieb stets direkt neben ihm. Kurz rückte der Blonde sein Handgepäck, eine braune Sporttasche, zurecht, ehe er seinen Weg weiter ging. Er konnte es immer noch nicht fassen. Das hier markierte das Ende seiner bisherigen Schulzeit. Von nun an würde sich alles komplett ändern. Die Bilder seiner Freunde rückten in seine Gedankenwelt vor. Ob sie auch weiterhin befreundet bleiben würden? Er hatte ihnen nichts von seinem Wegzug erzählt. Adrien wusste nicht, ob sie wütend auf ihn waren und ob sie überhaupt noch mit ihm befreundet sein wollten. Ausser seinem Wegzug über die letzten Monate hatte er die Jahre hinüber nur die Tatsache geheim gehalten, dass er ein Doppelleben als Cat Noir geführt und Paris gerettet hatte. Ein trauriges Lächeln huschte über sein Gesicht. Es war gut möglich, dass er seine Freunde nicht mehr wieder sah. Genauso wie Ladybug. Innerlich hätte sich Adrien gerne selbst verprügelt. Für seine Feigheit seinen Freunden die Wahrheit nicht zu erzählen, einfach zu gehen ohne sich richtig zu verabschieden. Er hatte schon so eine verdammte Mühe gehabt sich von Ladybug zu verabschieden und jetzt auch noch von seinen besten Freunden. Das war einfach nicht auszuhalten. „Hast du alles?“, fragte Nathalie ihn schliesslich, als der Junge 20 Minuten später seinen Koffer beim Check-in abgegeben hatte und gerade seine Boardkarte in das Handgepäck steckte. Zögerlich nickte er. In wenigen Augenblicken würde er sich von Nathalie verabschieden und durch die Sicherheitsschleusen des Flughafens schreiten. Nur wenige Stunden später würde sein Flieger in die USA abheben. „Adrien!“, hörte der Blonde den Schrei seines besten Freundes Nino hinter seinem Rücken. Verwundert drehte sich der Junge um. Hatte er sich gerade verhört? Nein. Es war tatsächlich Nino, mit Alya und Marinette im Schlepptau, welcher geradewegs auf ihn zu gerannt kam. Wobei man erwähnen musste, dass Alya eher ihre beste Freundin im Schlepptau hatte, so wie sie die Halbasiatin hinter sich her zog. „Alya, ich kann nicht mehr.“, gab Marinette keuchend von sich, ehe die brünette Brillenträgerin los liess. Marinette stützte sich auf ihren Knien ab. Wann war sie das letzte Mal so gerannt? Vor gut 3 Monaten? Ja, das war möglich. Denn seit diesem Zeitpunkt war sie ja nicht mehr Ladybug. Da war es kein Wunder, dass ihre sportliche Kondition gleich Null war. Besonders solche Sprints wie eben fielen ihr schwerer als auch schon. „Was macht ihr denn hier?“, verwundert blickte der einstige Katzenjunge seine Freunde an. „Dich verabschieden, was denn sonst?!“, gab Alya von sich und schlug ihm spasseshalber gegen die Schulter. „Entschuldige.“ „Wir lassen nicht zu, dass du uns schon wieder so hängen lässt.“, führte Nino die Erklärung seiner Freundin fort. Adrien wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Also lächelte er einfach. Es war einfach unglaublich. Er hatte solche Freunde wie die drei einfach nicht verdient. Und doch waren sie für ihn da, wollten ihm auf jeden Fall auf Wiedersehen sagen und sich von ihm verabschieden. So wie es Freunde nun einmal taten. „Danke, Leute.“ „Keine Ursache.“ Der Blick des Blonden fiel auf Marinette, welche sich wieder aufgerichtet hatte und ihm direkt in die Augen schaute. Auf ihren Lippen prangte ein sanftmütiges Lächeln und doch erkannte Adrien die Trauer, welche sie dahinter zu verstecken versuchte. Sein Herz wurde schwer. Sie war traurig weil er ging. Weil er gehen musste. Das wurde ihm in diesem Augenblick erstmals richtig bewusst. Wie von selbst schritt Adrien auf Marinette zu und griff nach ihrem Handgelenk. „Können wir reden? Nur fünf Minuten.“, sprach er die Worte sanft aber doch bestimmt aus. Er wollte nicht, dass sie traurig war wegen ihm. Er musste mit ihr reden. Hier und jetzt. Vielleicht hatte er keine andere Gelegenheit mehr. Genauso wie mit Ladybug. Ein letztes Gespräch, damit sie sich aussprechen konnten. Selbst wenn es nur wenige Minuten waren, waren diese Wertvoller als alles, was er je gehabt hatte. Marinette glaubte sich verhört zu haben. Adrien bat sie um ein Gespräch? Was war denn jetzt los? Sie glaubte, demnächst in Ohnmacht zu fallen, sah aber gerade noch das „X“, welches Alya ihr als Zeichen mit den Armen formte. Wenn sie jetzt das Bewusstsein verlor, dann würde ihr die Brillenträgerin die Hölle heiss machen. Da die Halbasiatin, wie so oft, Adrien gegenüber ihre Stimme wieder einmal nicht fand, nickte sie schüchtern. Reden war vielleicht gar keine so schlechte Idee. Nur schon weil sie nicht wusste, wann sie sich wieder sahen. Oder besser, ob sie sich überhaupt wieder treffen würden. Keine Sekunde später zog Adrien die Halbasiatin hinter sich her zu einer Bank, ein wenig abseits von ihren besten Freunden und Nathalie. Sie mussten ja nicht wissen, was sie zu besprechen hatten. Bei Alya und ihrer Reporternase konnte man nie genug vorsichtig sein. Das hatten die Freunde in den letzten Jahren gelernt. Aber im Gegensatz zu Chloé wusste die Bloggerin, wann sie sich raushalten musste. So bekamen die beiden noch knapp mit, wie sie mit Nino im Schlepptau in Richtung Shopping ging. Nathalie folgte ihnen. „Ist bei dir alles in Ordnung?“, sprach Adrien Marinette direkt an. „Ja, alles in Ordnung.“, sie strich sich eine Haarsträhne hinter die Ohren. Ohne jedoch Adrien in die Augen zu sehen. Der Blonde kannte die Hobbydesignerin gut genug um zu wissen, dass sie ihn anlog. Sie strich sich doch ansonsten nicht die Haare hinter die Ohren. „Lüg mich nicht an, bitte. Ich kann sehen, dass du geweint hast. Ist es etwa wegen mir?“ Marinette war sprachlos. Sie hatte einige wenige Tränen vergossen. Die Schwarzhaarige war natürlich sofort aufs Mädchenklo verschwunden, wo Alya sie gefunden und aufgemuntert hatte. Marinette nahm ihren ganzen Mut zusammen, um überhaupt ein vernünftiges Wort aus ihrem Mund heraus zu bringen. Doch ihre Nerven versagten, erneut, und das zum absolut blödesten Zeitpunkt überhaupt. „Adri-Cherie! Ich dachte mir doch, dass dein Flieger noch nicht weg sein kann!“, kam Chloé Burgeois gemeinsam mit ihrer besten Freundin Sabrina um die Ecke geschlendert. Die Blonde war mehr als erfreut ihren Kindheitsfreund am Flughafen anzutreffen. „Chloé? Was machst du hier?“, Adriens Stimmlage war mehr als eindeutig. Er hatte niemandem Bescheid gesagt, weil er Chloé nicht hatte nochmal sehen wollen bevor er abflog. Weil sie es so oder so irgendwie mitbekommen hätte. „Dich verabschieden, was denn sonst, Cherie?“, lächelte die Blonde ihn allerliebst an. Marinette glaubte, ihr Magen würde sich demnächst umdrehen. Da war sie einmal ein paar Minuten mit Adrien alleine und prompt musste sich wieder jemand einmischen. In diesem Moment wünschte sie sich, sich wieder in Ladybug verwandeln können und ihrer Erzfeindin die Leviten lesen zu können. Aber das brachte sie auch so fertig. Sie musste. Reichlich schlecht gelaunt erhob sich die Schwarzhaarige. „Ist dir eigentlich überhaupt klar, weshalb er niemandem gesagt hat, wann sein Flug geht?“ „Nein, das ist mir aber auch egal.“, war ja logisch, dass es Miss Überkandidelt egal war. „Weil er dich nicht sehen wollte!“, klatschte Marinette ihrer Klassenkollegin die Wahrheit mitten ins Gesicht. Verwirrt blinzelte die Tochter des Bürgermeisters. „Ausserdem, was fällt dir überhaupt ein zwei Menschen bei einem Gespräch zu unterbrechen? Das ist das Letzte!“, liess Marinette sich schliesslich wieder neben Adrien auf die Bank fallen. Von der Trauer, welche er vorher in ihrem Gesicht sah, war nichts mehr übrig. Eher spiegelten sich Hass und Wut gegenüber Chloé darin wider. „Es ist wie Marinette gesagt hat. Mir wäre es lieber gewesen euch allen die Abflugzeit mitzuteilen. Aber ich weiss auch, was für ein Theater du daraus gemacht hättest, Chloé. Genauso wie heute Morgen und du tust es auch jetzt wieder. Deshalb wollte ich dich nicht hier haben.“, bekräftigte der Blonde die Meinung der Halbasiatin. Marinette blinzelte. Chloé hingegen blickte die beiden verdattert, mit erstaunten Blicken, an. Damit hatte die Tochter des Bürgermeisters nicht gerechnet. Hochnäsig zog sie eine Schnute, schloss die Augen. „Sag doch auch mal etwas zu der Situation, Sabrina!“, forderte sie ihre beste Freundin auf, um selbst nicht antworten zu müssen. „Aber Chloé…“ „Na, los, ich will deine Meinung hören.“ „Nun ja, die beiden haben Recht.“ Fassungslos blickte Chloé das Mädchen mit der Brille an. „Die beiden waren in ein Gespräch vertieft und wir haben nicht das Recht uns da einzumischen. Es wäre besser wenn wir gehen.“, Sabrina hatte sofort gemerkt, dass Adrien und Marinette sich durch Chloé und sie gestört fühlten, dies aber nicht direkt aussprachen. Chloé war leider für solche Situationen überhaupt nicht empfänglich. Wenn es um sie ging auf jeden Fall. Aber wenn es um jemand anderen ging, dann sah sie so etwas nicht. Sie kam zuerst, kein anderer. Manchmal ertappte sich Sabrina bei der Frage, ob ihre beste Freundin so etwas wie Mitgefühl überhaupt kannte. Wahrscheinlich eher nicht, wie es sich gerade wieder einmal herausstellte. „Was?“, verwirrt schaute Chloé Sabrina an, welche nur Nickte um das eben gesagte erneut zu bestätigen. „Entschuldigt bitte. Ich wünsch dir eine gute Reise, Adrien. Mach’s gut. Marinette, man sieht sich.“, sprach die Polizistentochter, ehe sie sich in die Richtung entfernte, aus der sie gekommen war. Chloé, welche immer noch wie versteinert da stand, mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen, schien langsam wieder zum Leben zu erwachen. „Und sowas nennt sich beste Freundin.“, grummelte die Blonde hochnäsig. Nicht die Geschichte wieder. Sobald sie eine kleine Meinungsverschiedenheit hatten oder Sabrina nicht nach ihrer Nase tanzte, so waren sie laut Chloé nicht mehr befreundet. Sabrina tat Marinette leid. Mit Chloé wollte sie nun wirklich nicht befreundet sein. Wenn sie nur schon daran dachte, wie sehr sie gehasst hatte, als Ladybug regelrecht von der Blonden verehrt zu werden, dann wurde ihr schlecht. So wie es jetzt war, war es besser. Eindeutig. „Nun denn, wo waren wir…?“, wollte die Bürgermeistertochter gut gelaunt weiterfahren. Adrien erhob sich. Dass er dabei Marinettes Hand in die Seine genommen hatte, war der Halbasiatin nicht aufgefallen. Das bemerkte sie erst, als er sie ansprach. „Komm, lass uns gehen, Marinette.“, sprachlos blickte Marinette zu ihm hoch, ehe sie nickte und ebenfalls aufstand. Dass Adrien Marinette an die Hand genommen hatte, war Chloé nicht entgangen. „Adrien! Kannst du mir das bitte erklären?“, deutete die Blonde streng auf die Hände von Adrien und Marinette, welche ineinander verflochten waren. „Wir…“, fragend blickte er Marinette an. Sollte er das wirklich tun? Aber das war die einzige Möglichkeit, um Chloé vorübergehend los zu werden. Verwundert blickte Marinette ihn an. Was wollte er ihr mit diesem Blick sagen? Hatte das etwas mit Chloé zu tun? Adrien wies mit seinem Blick auf ihre blonde Klassenkollegin. Ja, es hatte etwas mit Chloé zu tun. Leicht verunsichert schaute Marinette Adrien an. Doch dieser vertrieb die Ungewissheit der Schwarzhaarigen mit einem leichten Händedruck und einem sanften Lächeln. Sie konnte ihm vertrauen. Marinette wusste nicht genau warum, aber sie tat es einfach. Irgendetwas sagte ihr, dass sie sich auf ihn verlassen konnte, egal was auch sein sollte. „Wir sind zusammen.“, Marinette kam nicht umhin, für einen Moment puterrot anzulaufen. Natürlich wusste sie, dass es sich dabei um eine Lüge handelte. Eine glatte Notlüge, die Adrien, ohne einen Moment auch nur rot zu werden, über die Lippen brachte. Aber im Zusammenhang mit Chloé war das in diesem Moment die einzige Möglichkeit, um zu entkommen. Ein verständnisloser Blick Chloés folgte. Erneut erstarrte sie zur Salzsäule und konnte nur noch beobachten, wie Marinette und Adrien davon gingen. Dabei lösten sie ihre Hände voneinander und der Blonde legte einen Arm um die Schulter der Halbasiatin. „Gehen wir, Mylady.“, schien der Blonde schon fast zu schnurren, als er Marinette einen Handkuss gab. „Adrien, lass das.“, tat sie es mit einem sanften Lächeln ab. Aber dieses Mylady und dieser Handkuss…das erinnerte sie doch alles sehr stark an Cat Noir. Ob das von Adrien beabsichtigt war? Hoffentlich nicht. Denn so langsam bekam sie ein absolutes durcheinander was die beiden anging. Oder eher ihre Gefühle für die zwei. Auch wenn ihr bewusst war, dass sie Cat Noir wohl eher nicht mehr sehen würde. Bei Adrien sah sie das ein wenig anders. Sicherlich konnten sie sich eine Zeit lang nicht sehen, aber sie hatte nicht mehr das Gefühl, dass sie sich aus den Augen verlieren würden. „Tut mir leid.“, entschuldigte sich der Blonde schliesslich und liess von Marinette ab, als Chloé einige Minuten später ausser Sichtweite war. „Schon ok. Mir wäre ehrlich gesagt in dem Augenblick auch keine andere Lösung eingefallen, um Chloé loszuwerden.“, stimmte sie ihm unbewusst zu. „Ich meine, es hätte eventuell eine andere Lösung gegeben als sie anzulügen, aber…“, Marinette wusste nicht so recht was sie sagen wollte. Sie war zwar damit einverstanden, Chloé eins auszuwischen. Aber sie anzulügen, das passte nicht zu ihr. Auch wenn es nur eine Notlüge war. Doch wollte sie Chloé auch nicht verletzen. Nachdem die letzten Jahre über, die Menschen die in irgend einer Art und Weise verletzt worden waren, akumatisiert worden waren, dachte die Schwarzhaarige mehr über ihre Taten nach als früher. Einige Male waren auch sie und CatNoir die Auslöser für die Akumas gewesen, ohne dass sie es selbst richtig bemerkt hatten. Sie hatte sich eigentlich vorgenommen, niemanden mehr zu verletzen, damit nicht nochmals Akumas auftauchen. Aber manchmal hatte man keine andere Wahl. „Stimmt etwas nicht?“, neugierig blickte Adrien Marinette an. Er hatte ihren nachdenklichen Blick sofort bemerkt. „Nein, alles in Ordnung. Ich habe mich nur gerade gefragt, ob wir uns je wieder sehen werden.“, formulierte sie die Frage, welche schon den ganzen Tag in ihrem Kopf umherspukte. Ein schockierter Blick von der Seite des Blonden folgte. Wie kam sie denn bitte auf diese Idee? Er hatte sich vorgenommen, höchstens einige Jahre in den Staaten zu leben. Oder zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem der dort als Erwachsen galt. Also 21. Aber er hatte bereits recherchiert ob es eventuell eine Möglichkeit gab, vor seinem 21ten Geburtstag nach Frankreich zurück zu kehren. Doch da seine Grosseltern nun sein Vormund waren, war dies nicht so einfach. Sie wollten, dass er die Schule abschloss, eine Uni besuchte und eine gute Bildung bekam. Das konnte gut dauern bis er 21 war oder sogar älter. Aber sie meinten auch, dass er seine Ausbildung in Frankreich abschliessen könne, sofern dies seinen Wünschen entspräche. Da dies doch noch ein wenig weit weg war, beschloss er sich dieses Gespräch im Hinterkopf zu behalten und es wieder anzusprechen, sobald es an der Zeit war. Seinen Freunden hatte er noch nichts davon erzählt. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war, dann würde er es ihnen erzählen. Sicherlich. „Du weisst genauso gut wie ich, dass ich nicht freiwillig gehe. Ich würde lieber hier bleiben. Ich werde mich drüben ziemlich umgewöhnen müssen.“ „Allerdings.“ „Französisch wird nicht mehr die Hauptsprache sein. Das wird mir ziemlich zu schaffen machen.“ „Aber du bist ziemlich gut im Englisch.“, versuchte Marinette ihn aufzumuntern, was jedoch nur ein müdes Lächeln auf seine Lippen zauberte. „Dann wirst du dir drüben wohl neue Freunde suchen müssen.“, schlussfolgerte Marinette. Adrien nickte stumm. Die Zeitverschiebung und die Entfernung zu überbrücken nur um sich zu treffen, das würde doch etwas schwierig werden. „Wir können doch trotzdem in Kontakt bleiben, denkst du nicht auch?“, überrascht blickte sie ihn an. „Ich musste erst kürzlich Abschied von einem guten Freund nehmen und mit ihm gibt es leider keine Möglichkeit, in Kontakt zu bleiben oder besser in Kontakt zu treten.“, Marinettes Herz schmerzte, als er das erzählte. Ihr ging es mit Tikki genau gleich. Sie konnte sie nicht mehr kontaktieren, ebenso wenig wie Cat Noir. Marinette hätte sich schiessen können dafür, dass sie Cat Noir die Wahrheit verschwiegen hatte. Aber es war nun einmal beschlossene Sache gewesen, dass sie die andere Identität des jeweils anderen nicht kannten. Ansonsten stünden sie sicher noch in Kontakt, dessen war Marinette sich sicher. „Ich verstehe dich sehr gut. Mir geht es ähnlich.“, fasste sie den Abschied Tikkis endlich in Worte. „Du hast ja meine Nummer.“, lächelte er ihr aufmunternd entgegen. Die Schwarzhaarige nickte. Ja, sie würden in Kontakt bleiben. Adrien wollte sich bereits von ihr abwenden, als er Alya und Nino unweit von ihnen erblickte. „Warte bitte, Adrien.“, zwang sie ihn sich ihr zuzuwenden. Der Blonde drehte sich zu ihr um und blickte ihr aufmerksam entgegen. Er beobachtete, wie sie fieberhaft in ihrer Schultasche nach etwas suchte. „Was suchst du denn?“, hilfsbereit wie Adrien war, wollte er ihr zur Hand gehen. Doch hielt die Halbasiatin ihn davon ab. „Hab ihn.“, lächelte sie, ehe sie ihm einen selbst gebastelten Umschlag entgegenhielt. Sein Name war darauf mit grossen, fein säuberlich geschriebenen Buchstaben vermerkt. Aus dem „A“ hatte sie sogar einen kunstvollen Letter gezaubert. Der Blonde war erstaunt. Wann sie das wohl gemacht hatte? Verwundert nahm er den Brief entgegen, wollte ihn öffnen. Doch die Schwarzhaarige hielt ihn auf, indem sie ihre Hand auf seine legte. „Öffne ihn bitte erst, wenn du im Flugzeug bist, ja?“, bat sie ihn mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. Eine Bitte, welche Adrien ihr nicht abschlagen konnte. „Sicher.“, antwortete er ihr. „Hey, da seid ihr zwei ja!“, waren sie nun von Alya und Nino entdeckt worden. „Habt ihr Miss Hochnäsig abgeschüttelt?“, fragte die Bloggerin eher beiläufig, da sie beobachtet hatte, wie Chloé sich den beiden genähert hatten. „Ich würde ja mal auf Ja tippen, da sie nicht mehr da ist.“, gab Nino anstelle von Marinette und Adrien die Antwort, welche Alya hören wollte. „Dann ist ja gut. Die Ertrag ich heute keine Sekunde mehr.“, erklärte sie sich den Freunden. „Aber wie seid ihr sie losgeworden?“, neugierig blickte Alya ihre beste Freund in. Diese wandte sich hilfesuchend an den Blonden neben ihr. Alya wusste nur zu gut, dass Chloé jemand war, der sich nicht so leicht abschütteln liess. Also mussten ihr die zwei einen regelrechten Todesstoss verpasst haben. „Naja…“, fing Adrien an, bevor er rot um die Nase wurde und verlegen Löcher in die Lüfte starrte. Marinette selbst war noch röter angelaufen als Adrien, richtete ihre Blicke im Gegensatz zu ihm auf den blank geputzten Fliesenboden. „Was habt ihr angestellt?“, wie Nino die Gesichtsausdrücke seiner Freunde beobachtete, wurde auch er neugierig. Er konnte es sich schon beinahe Denken, weswegen sich ein Grinsen auf seine Lippen schlich, während er diese Frage stellte. „Wir haben ihr erzählt, dass wir zusammen sind?“, schilderte Adrien schliesslich das Geschehnis von vor wenigen Minuten. Alya und Nino brachen in Gelächter aus. Marinette und Adrien schenken ihnen verwirrte Blicke, ehe sie sich fragend ansahen. Was war denn jetzt in die beiden gefahren? „Das hat sie euch abgekauft? Entschuldige Mari, aber das klingt einfach gerade so unglaubwürdig.“, erklärte Alya ihr Gelächter. Sie wusste nur zu gut, dass Marinette in Adriens Gegenwart extrem schüchtern wurde und dann kaum ein Wort aus ihrem Mund hervor brachte. Dass sie es fertig gebracht hatten, Chloé reinzulegen, kam für die Bloggerin einem Wunder gleich. Aber sie hatten es geschafft. Auch wenn sie niemals gedacht hätte, dass sich die Tochter des Bürgermeisters so leicht austricksen liess. Auch Nino stimmte ihr zu. Nun stimmten auch Adrien und Marinette in das Lachen ihrer Freunde ein. Ja, da hatten sie Chloé wortwörtlich einen Bären aufgebunden. „Solltest du nicht langsam auf den Flug?“, Marinettes Blick war auf die Anzeigetafel mit den Abflugzeiten gefallen, wo Adriens Flieger nach New York angezeigt wurde. „Stimmt.“, stellte der Blonde unnötigerweise fest. Die Freunde verabschiedeten sich einer nach dem anderen von Adrien. Zuerst Nino, dann Alya, am Schluss Marinette. Der Blonde hatte freundschaftlich seine Arme um sie gelegt. „Ich werde dich vermissen.“, flüsterte er ihr ins Ohr. Doch anstatt zu antworten, nickte sie nur. Sie wusste, dass er verstand, was sie ihm damit sagen wollte. Auch Nathalie gesellte sich gerade rechtzeitig wieder zu der Gruppe als sie sah. „Adrien, ich wünsche dir alles Gute. Pass auf dich auf.“, verabschiedete sich auch Nathalie von ihm, ehe der Blonde den Sicherheitscheck passierte und schliesslich nicht mehr von den Freunden zu sehen war. „Er…ist weg…“, murmelte Marinette, während einzelne Tränen die Wangen runter liefen. „Hey Süsse! Du wirst ihn wiedersehen. Da bin ich mir sicher.“, munterte Alya ihre beste Freundin auf. Nathalie hielt der Schwarzhaarigen ein Taschentuch hin. „So wie ich ihn kenne wird er wieder zurück nach Paris kommen, sobald er einen Weg gefunden hat. Er lässt seine Freunde nicht im Stich. Ich kenne ihn ziemlich gut.“, versuchte auch Nathalie die Freunde des Blonden aufzubauen, welche einstimmig nickten. Kapitel 1: ----------- New York City, USA, ca. 3 Jahre später   Es war spät abends, als Marinette mit ihrer Studienfreundin Sophie durch die nächtliche Großstadt zog. „Wo willst du denn hin?“, fragte die Schwarzhaarige unsicher. Sie war erst vor einigen Tagen in den Staaten gelandet und kannte sich in dieser Großstadt partout nicht aus. Ganz im Gegensatz zu Sophie, welche sie sicher durch die Strassen der erleuchteten Stadt führte.   „Ich habe dir doch von dem Café mit der Bar erzählt, in dem ich gearbeitet habe. Da ist ein wirklich niedlicher Typ tätig. Den musst du unbedingt kennen lernen.“, war die braunhaarige Amerikanerin überzeugt. Marinette wusste nicht so recht. Sie war nur 3 Monate für ein Praktikum im Big Apple. Für den Fall, dass alles gut lief, würde das Praktikum zwar verlängert werden, sich jedoch in einer fremden Stadt während einer ungewissen Zeit auf eine Beziehung einzulassen hielt die Schwarzhaarige für unklug. Selbst wenn etwas daraus werden sollte, würde es am Schluss in einer Fernbeziehung enden. Einer Beziehung, welche auf zwei Kontinenten stattfand. Etwas, wovon Marinette lieber die Finger lassen wollte. „Muss das sein?“, gab die Schwarzhaarige leicht mürrisch von sich. Sie hätte lieber an ihren Designs für das Projekt weiter gearbeitet. Aber Sophie liess nicht locker. „Ja, das muss sein. Du bist nur einige Monate hier. Wann hast du bitte die Chance mal wieder im Big Apple zu sein?“, ein strenger Blick lag auf Marinette. Kurz überlegte die einstige Superheldin. Da hatte ihre Studienkollegin gar nicht mal so Unrecht. Es würde eine lange Zeit dauern, bis sie wieder eine Gelegenheit erhielt, nach New York zu reisen. Eventuell sogar mehrere Jahre. Sie liebte ihre Projekte, Designs zu entwerfen. Jedoch war sie noch nie jemand gewesen, der sich bis zum Hals in Arbeit eingrub. Warum nicht einfach mal einen Abend geniessen und sich die Stadt ansehen? Oder den besagten jungen Typen, mit dem engelsgleichen Haar, von dem ihre Studienkollegin schon die ganze Woche vorschwärmte? „Na gut. Aber Morgen muss ich an meinen Designs arbeiten.“, gab die angehende Designerin bestimmt von sich, ehe sie von Sophie weiter durch die Strassen gezogen wurde. Wenige Minuten später gelangten die Freundinnen zum Central Park. Zielsicher führte Sophie Marinette, welche beeindruckt den Park begutachtete, durch die Wiesenlandschaft, welche mit Bäumen übersät war und einige Seen erblicken liess, ehe sie zu einem kleinen Gebäude mit Wintergarten am anderen Ende des Parks gelangten. „Da wären wir.“, meinte Sophie fröhlich, als sie die Tür zum Wintergarten öffnete, wo sie Marinette automatisch zu einem Tisch führte. „Geht das in Ordnung?“, skeptisch blickte die Schwarzhaarige sie an. „Keine Sorge, das ist mein Stammtisch. Setz dich doch schon mal.“, drückte sie ihre Studienkollegin auf den Stuhl, ehe Sophie sich zu der Bar begab. Verdutzt blieb Marinette zurück. Sie sah Sophie in den hinteren Bereich verschwinden und beschloss, sich ein wenig genauer umzusehen. Das Café war eher gemütlich eingerichtet, an den Wänden hingen ein paar einzelne Aquarellbilder. Vom Wintergarten her konnte Marinette in den Central Park sehen, wo sich die Glühwürmchen in die Lüfte erhoben.   „Sophie? Du warst ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr hier.“, wurde die Brünette von einem erstaunten Blonden angesprochen, welcher einige Gläser abtrocknete. „Adrien. Du arbeitest heute Abend?“, flirtete sie sogleich. Sie hatte nicht erwartet ihn zu sehen. Eigentlich hatte sie ja geplant an ihrem Projekt zu arbeiten. Aber ihre Studienkollegin durch die Stadt zu führen war doch um einiges interessanter als ihr Projekt. Dazu kam, dass sie noch nie ein grosser Fan von Hausaufgaben und Projekten war. Da kam ihr die Ablenkung gerade recht. „Was machen deine Projekte?“, gab der Blonde keck zurück. „Ich hatte die letzten Wochen etwas mehr zu tun. Aber jetzt habe ich endlich wieder etwas mehr Zeit.“ Adrien stiess einen stummen Seufzer aus. Er wusste genau, wie Sophie war. Sie hatten die letzten Monate zusammen gearbeitet und er kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie niemand war der andauernd an seinen Projekten sitzen konnte. Sie langweilte sich relativ schnell, weswegen sie in dem Café gejobbt hatte, ehe sie ihr Studium im Bereich Kunst und Design startete. „Sag mal Sophie, wer ist denn das Mädel an deinen Stammtisch?“, ein weiterer Mitarbeiter mit schwarzen Haaren, welche elegant nach hinten frisiert waren, kam auf die beiden zu. „Ach, du meinst Mari. Sie ist für 3 Monate wegen einem Praktikum in New York und wir besuchen einige der Studienkurse zusammen. Und sie stammt aus Paris.“, bei dem Namen Mari wurde Adrien hellhörig. Schwarze Haare, Designpraktikum und dann stammte sie auch noch aus Paris? Konnte es sein, dass sie damit Marinette meinte? Seine einstige Klassenkameradin? Sein Blick wanderte durch das Café zu Sophies Stammtisch, wo er etwas unerwartetes erblickte. Adrien hatte das Gefühl, dass sein Herz still stünde. Es war tatsächlich Marinette, die dort sass. Durch die Fenster beobachtete die Schwarzhaarige die tanzenden Glühwürmchen, welche soeben in die Luft emporstiegen. Sofort zog sie ihr Notizbuch und einen Bleistift hervor. Keine Sekunde später war sie in einen neuen Entwurf vertieft.   „Du hättest nicht gedacht, dass aktuell noch jemand aus Paris in New York ist, oder, Adrien?“, wollte Sophie von dem Blonden wissen. Jener hatte seinen Blick immer noch starr auf die Halbasiatin gerichtet. „Ach sieh einer an. Er hat wohl doch etwas für Mädchen übrig!“, grölten seine Arbeitskumpanen. Dieser Spruch holte den einstigen Katzenjungen wieder in die Realität zurück. Erbost blickte er seine sogenannten Freunde an. „Wie kommt ihr denn …?“, doch wurde er gestoppt, noch ehe er die Frage gestellt hatte. „Die letzten Male als wir dich in eine der Discos mitgeschleppt haben, hast du keinem der Mädchen, die dich so angehimmelt haben, auch nur einen Blick gewidmet.“ „Obwohl man sagen muss, dass die Mädels verdammt süss waren.“ Adrien hatte die Mädchen gesehen. Aber sich nicht für sie interessiert. Also spielte er den Desinteressierten, was er ja eigentlich auch war. Ansonsten hätte er demnächst eine zweite Chloé oder etwas Ähnliches um sich, worauf er nun wirklich keine Lust hatte. Jemand der ihn nur wegen seines Aussehens anhimmelte. Nein, das war etwas, was er nicht wollte. Doch das hier, war Marinette. Marinette Dupain-Cheng. Sicherlich sie hatten keinen leichten Start gehabt was ihre Freundschaft anging. Aber sie war nicht wie andere. Sie sah nicht nur sein Äusseres, seine Verwandtschaft mit einem berühmten Designer, welcher immer noch hinter Gittern sass, sondern auch sein Inneres. Seit sie sich kennen gelernt hatten, war er ihr wichtig gewesen. Wie das umgekehrt gewesen war, das konnte sich Adrien erst nach seinem Abflug in die USA richtig beantworten. Es war ihm ähnlich gegangen. Doch war er mit seinen Gedanken zu häufig bei Ladybug gewesen und hatte gar nicht bemerkt, was für einen wunderbaren Menschen er neben sich hatte. Als er die Zeit hatte, es evtl. zu begreifen, musste er sich zuerst von Ladybug verabschieden und ebenso von Plagg. Dann hatten sich seine Grosseltern bei ihm gemeldet. Auch sie hatten von den Ereignissen in Paris erfahren und waren geschockt gewesen. Schnellstens leiteten sie alles in die Wege, damit Adrien in die Staaten umziehen konnte. Auch wenn dies, aufgrund der Rechtslage und des Visumsantrages damals ganze 3 Monate gedauert hatte. „Wie sie wohl heissen mag?“, fingen die Arbeitskollegen des Blonden an zu sinnieren, wer die schwarzhaarige Schönheit wohl sein konnte, welche ihrem Freund den Kopf verdreht haben mochte. „Ihr voller Name lautet Marinette Dupain-Cheng, nicht wahr, Sophie?“ „Äh…ja. Aber…?“, verwirrt blickte Sophie ihren Schwarm an. „Soweit ich weiss, ist sie in der Designer-Szene noch nicht gross bekannt.“ Seine Arbeitskollegen schauten ihn ebenso verwundert an wie die Brünette. „Wir waren im Collège gemeinsam in einer Klasse.“, erneut folgten verwirrte Blicke von Adriens Kollegen. „Das ist sowas wie die Junior High School bei euch.“, klärte er seine Kollegen auf, welche eilig nickten. Manchmal vergass er schon beinahe, dass er direkt nach seinem Umzug auf die High School gewechselt hatte. Inzwischen war er an der Uni und studierte Wissenschaft. Ein Fach, welches ihm sein Vater wohl nie zugetraut hätte. Seiner Meinung nach zumindest. Das Beste: es bereitete ihm viel mehr Spass als jedes Fotoshooting, das er jemals gehabt hatte.   „Ihr wart in einer Klasse?“, immer wieder blickte Sophie zwischen Adrien und Marinette hin und her. „Ach so. Jetzt wird mir klar weshalb sie sich so gefreut hat.“, grinste die Brünette hinter hervorgehaltener Hand. So wie Adrien die Halbasiatin kannte, war sie einfach erfreut mal eine neue Stadt und neue Leute zu treffen. Eine neue Welt zu sehen. Aber sicherlich ebenso, weil sie drei Monate lang ein Praktikum in ihrer Lieblingsfirma machen durfte. Das war sicherlich spannend. Aber wenn er ehrlich war, so wusste Marinette nicht einmal, dass er in diesem Restaurant jobbte, oder dass er sich inzwischen ein Zimmer in einem Appartement in Manhattan gemietet hatte um näher an der Uni zu sein. „Nein, wohl eher nicht.“, erneut folgten verwirrte Blicke. „Sie weiss nicht, dass ich hier bin. Oder dass ich mitten in der Stadt wohne. Wir hatten nicht wirklich viel Kontakt in der letzten Zeit.“, gab Adrien peinlich berührt von sich. Normalerweise wussten seine Freunde alles von ihm. Die Ausnahme war die Geschichte von Cat Noir und Plagg. Das hatte er, wie geschworen, niemandem erzählt. Zu Beginn hatten Marinette und er sich noch täglich geschrieben und mindestens einmal in der Woche telefoniert. Doch aufgrund der Zeitverschiebung, des Lernens für die Uni und seinem Nebenjob ging seine Freizeit kurzfristig wortwörtlich den Bach hinab. Auch bei Marinette war es nicht besser gewesen, weshalb der Kontakt zuerst nur noch sporadisch erfolgte und schliesslich komplett im Sand verlief. Adrien lächelte. Sie hatte es also tatsächlich geschafft. Aufmerksam verfolgten seine Arbeitskollegen und Sophie den Blonden, als er sich nach einem Moment des Durchatmens mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen zu Marinette begab.   „Marinette?“, die Schwarzhaarige hatte eine männliche Stimme wahrgenommen. Aber wer ausser Sophie kannte denn hier ihren Vornamen? Die Stimme kam ihr bekannt vor. Sie war sich sicher, dass sie diese Stimme schon einmal gehört hatte, doch konnte die Halbasiatin sie im Moment beim besten Willen nicht zuordnen. Erstaunt blickte die angehende Designerin von ihrem Notizblock empor. „Adrien?“, sie hatte das Gefühl zu einem Steinblock zu erstarren. Mehrmals blinzelte Marinette ungläubig, um die Situation zu realisieren. Das war doch nicht möglich. Adrien Agreste stand direkt vor ihr. Das ausgerechnet in dem Café, in welchem Sophie gearbeitet hatte. War es möglich, dass die Brünette vorhin von Adrien geschwärmt hatte? Ja, das war sehr gut möglich, ging es Marinette durch den Kopf. Sophie hatte schon immer etwas für gut aussende Jungs übrig gehabt. Adrien fiel da buchstäblich in das Beuteschema ihrer Freundin. „Lange nicht gesehen. Ich habe von Nino gehört, dass du die Chance auf ein Designer-Praktikum erhalten hast.“, fing er unbefangen eine Unterhaltung mit seiner ehemaligen Schulkameradin an. „Ja. Stimmt. Erinnerst du dich noch an den Wettbewerb von dem ich dir erzählt habe? Ich habe ihn gewonnen und somit ein dreimonatiges Praktikum hier in New York, das eventuell sogar verlängert wird. Ich hätte nie gedacht, dass ich gewinne.“, erläuterte Marinette ihre Gedanken.   Einige Monate zuvor, es war spät abends, als Adrien von seiner Schicht aus der Bar endlich bei sich zuhause ankam. Leise schlich er sich durch das Appartement zu seinem Zimmer, wo sich die gepackten Kartons aufeinander stapelten. Er war erst vor einigen Tagen eingezogen und hatte noch keine wirkliche Zeit gehabt, seine Habseligkeiten auszupacken. Dafür war im Moment mit Lernen und Arbeiten einfach ein wenig zu viel los. Der Blonde beschloss, noch eine Box auszupacken, ehe er sich eine Dusche gönnte und danach ins Bett schlüpfte. Sein Blick blieb für einen Moment an der weissen Diele hängen, welche im Licht der Nachttischlampe einen leicht beigen bis gelblichen Stich annahm. Seine Finger griffen geübt zu seinem Smartphone, um wie üblich den Wecker zu stellen, als der Nachrichtenton für die Whats’App Nachricht anging. Verwundert blickte Adrien auf das Display, welches eine Nachricht von Alya anzeigte. Dringend! Ruf mich sofort an! , stand da in Grossbuchstaben und mit drei Ausrufezeichen am Schluss. Erstaunt zog der Blonde eine Augenbraue nach oben. Weshalb schrieb ihm denn gerade ausgerechnet Alya, die beste Freundin von Marinette? Er wusste, dass Nino mit ihr zusammen war. Oder aber die Dunkelhäutige hatte ein Problem mit Marinette. Es wäre besser, wenn er sie kurz über die Anruffunktion anrief. Besser als dass sie nachher alles brühwarm Nino weiter erzählte. Dann hätte er wiederum seinen besten Freund am Hals. Das war nicht unbedingt besser. Adrien wusste zu gut, wie hartnäckig Alya sein konnte. Da liess er sie lieber nicht warten.   „Ja?“ „Alya? Hier ist Adrien. Was gibt es so dringendes? In New York ist es mitten in der Nacht.“, fügte der Blonde überflüssigerweise an. „Entschuldige. Ich habe dir extra eine Nachricht zukommen lassen für den Fall, dass du es erst Morgen oder besser heute siehst. Jedenfalls…“, die Brillenträgerin mit dem Muttermal auf der Stirn stockte für einen Moment. Es war einfach noch zu früh. Normalerweise war sie verdammt gut im Reden. Sie war bereits eine aktive und sehr erfolgreiche Bloggerin, welche Journalistin werden wollte. Aber im Moment fehlten ihr beim besten Willen einfach die Worte. „Ist etwas mit Marinette?“, sprach Adrien seine ungute Vermutung aus. Er kannte Alya gut genug um zu wissen, dass sie ihn nicht einfach so kontaktierte. Es musste etwas mit der Halbasiatin zu tun haben. „Glaubst du dass ich freiwillig bereits um 5 Uhr in der Früh auf den Beinen bin?“, konterte Alya. Adrien wusste, dass sie als Journalistin eher bis in die späten Abendstunden aktiv war und dann etwas später aufstand. „Marinette hat sich für einen Designerwettbewerb eingeschrieben.“, klärte die Bloggerin ihn auf. „Was ist daran so schlimm? Ich finde es gut, wenn sie alles Mögliche tut um an ihr Berufsziel zu kommen.“ „Genau das ist unser Problem.“, Adrien schwieg. Was für ein Problem hatte Alya denn bitte neuerdings mit Marinettes Wunschberuf? Sie war doch diejenige, welche sie immer unterstützte. Die junge Frau mit den grünlichen Augen verstand sofort, was es mit dem Schweigen des Blonden auf sich hatte. „Der Preis beim Designerwettbewerb ist ein dreimonatiges Praktikum in den Staaten, New York, um genauer zu sein. Falls das Praktikum gut läuft, kann es sogar auf sechs Monate oder ein Jahr ausgedehnt werden. Bitte, rede ihr das aus. Ich will meine beste Freundin nicht für ein ganzes Jahr lang nicht sehen können. Verstehst du das?“ Adriens Herz blieb beinahe stehen. Marinette bewarb sich um ein Praktikum in New York? Das war ja unglaublich. So wie er sie kannte, hatte sie alles nötige um den Wettbewerb für sich zu entscheiden und schliesslich das Praktikum im Big Apple durchzuziehen. Aber er verstand auch Alya, die nicht auf ihre beste Freundin verzichten wollte. Sicherlich unterstützte sie die Schwarzhaarige wo sie konnte, aber ein Jahr lang nichts miteinander unternehmen zu können war schon hart. Er selbst hatte jetzt schon seit einiger Zeit nicht mehr mit ihr gesprochen und gesehen hatten sie sich das letzte Mal vor mehr als zwei Jahren, was ihm Manchmal  wie eine Ewigkeit vorkam. „Hast du denn schon mit ihr geredet?“, fuhr er unbeirrt weiter. „Ja, habe ich. Aber du kennst ja Marinette. Sobald sie ein Projekt begonnen hat, beisst sie sich fest wie ein ausgehungerter Hai und ist nicht mehr davon loszukriegen. Auf mich hört sie leider nicht. Es ist nicht so, dass ich mich nicht freue. Aber es macht mir Angst, dass Marinette eventuell plötzlich für immer in New York bleiben könnte.“ Adrien nickte. Da wehte der Wind also her. „Aber sie hört nicht auf mich. Bei ihren Eltern beisse ich auch auf Holz. Sie wollen sich da nicht einmischen. Auf dich hört sie sicher. Bitte, rede mit ihr.“, bat sie den Blonden noch einmal dringlich, ehe sie sich verabschiedete und auflegte. Müde liess sich Adrien in die Matratze zurück fallen. Er sollte Marinette das ausreden? Das konnte er doch nicht. Das würde sie ihm niemals verzeihen. Aber mal darüber mit ihr sprechen, das würde er auf jeden Fall. Er selbst fand den Gedanken, dass Marinette für eine Gewisse Zeit in New York leben könnte, spannend. Dann hätte er endlich mal wieder jemanden, mit dem er sich Vernünftig unterhalten konnte. Sicherlich hatte er in New York einige Freunde gefunden, aber er vermisste Marinette mehr als er zu Beginn zugeben wollte. Der Blonde nahm sich vor, ihr am nächsten Tag anzurufen. Am besten im Verlauf des Nachmittags, damit er sie noch vor der Schlafenszeit erwischte.   „Adrien! Du meldest dich mal? Ist ja ein Wunder.“, konnte er die süsse Stimme der Halbasiatin am nächsten Nachmittag am anderen Ende der Leitung vernehmen, nachdem er ihre Nummer gewählt hatte. „Naja, ich habe die Tage an dich gedacht und wollte dich mal wieder kontaktieren. Wir haben uns ja schon länger nicht mehr gehört.“, lächelte der Blonde. „Ja, auch wieder wahr. Aber wir haben ja beide gerade ziemlich viel um die Ohren. Wie läuft es an der Uni?“ „Nicht schlecht. Die Wissenschaft gefällt mir. Ich hätte nicht gedacht, dass mich das Thema mal so packen könnte.“ „Du warst ja schon immer angefressen von der Wissenschaft.“, erinnerte sich die Schwarzhaarige an die einigen Nachhilfestunden, welche Adrien ihr in Mathematik und Physik gegeben hatte, weil sie mit den Themen einfach nicht klar gekommen war. Ein Punkt, welche ihre Bewunderung für den Jungen nur noch hatte steigen lassen. Irgendwie hatte der Blonde sich schon immer für diese Fächer begeistern können. Weshalb konnte er sich beim besten Willen selbst nicht erklären. „Wie läuft es bei dir? Geht es voran mit deiner Designerkarriere? Oder besuchst du die FAC?“ „Ich besuche aktuell einige Kurse an der Uni. Aber irgendwie geht es momentan einfach nicht so wirklich voran.“ „Wieso denn das? So wie ich dich kenne hast du doch andauernd Stift und Papier zur Hand für irgendwelche Designs, oder irre ich?“, Marinette konnte sich bildlich vorstellen, wie verwundert der Blonde sie nun ansehen würde, wenn er vor ihr stände. Hatte sie doch immer irgendwelche Ideen für Projekte, neue Designs und Kleidungsstücke. Doch war ihr die Muse irgendwie abhandengekommen. „Nein, das ist schon so.“, ihre Stimme klang traurig. „Weisst du…ich habe mich für einen Wettbewerb angemeldet...“, fing Marinette an. Adrien nickte. Diesen Teil der Geschichte kannte er, dank Alya, bereits. „Es ist nur so, dass Alya nicht will dass ich da mitmache. Weil der Hauptpreis ein Praktikumsplatz in New York ist. Sicherlich zu Beginn nur für 3 Monate. Aber wenn alles gut geht, dann würden sie das Praktikum sogar verlängern. Eventuell sogar für ein ganzes Jahr.“, fing die Schwarzhaarige an zu schwärmen. „Weisst du was das Beste ist? Der Wettbewerb wird von meinem Lieblingsmagazin veranstaltet. Das wäre so genial, wenn ich das Praktikum bekommen würde. Ich würde alles dafür tun.“ „Dann tu es einfach.“, sprach Adrien, ohne gross nachzudenken. Er wusste, dass Alya ihn genau um das Gegenteil gebeten hatte. Die Dunkelhäutige würde ihn umbringen. Aber so wie Marinette über diesen Wettbewerb sprach, da brach es ihm das Herz nur schon bei dem Gedanken, dass er ihr das Ausreden sollte. Er konnte ihr das nicht antun. Sie hatte schon ihre Freundschaft zu Ladybug, Cat Noir und ebenso ihm aufgeben müssen. Adrien wollte nicht, dass sie noch etwas aufgeben musste, dass ihr wichtig war. Oder zumindest nicht jetzt. „Moment mal…Sie hat dir nicht angerufen damit du mir sagst, dass du es mir austreiben sollst?“, hakte die Halbasiatin sicherheitshalber nach. Sie kannte ihre beste Freundin besser als ihr lieb manchmal lieb war und wusste, wie sehr sich die Bloggerin um sie sorgte. „Iwo, wie kommst du denn nur darauf?“, witzelte der Blonde und versuchte ungezwungen zu klingen. Sie hatte ja keine Ahnung, wie Recht sie damit hatte. „Das ist das erste Mal, dass ich von dem Wettbewerb höre und ich finde es eine tolle Sache. Wenn du mitmachen willst und die Chance dazu hast, tu es. Lass dir das nicht nehmen. Das Entwerfen ist deine Leidenschaft Marinette. Egal ob es nun um Kleider, Accessoires oder Hüte geht. Du bist ein Genie was Mode angeht. Du hast damals in der Schule sogar meinen Vater beeindruckt und das muss man erst mal hinkriegen. Das sind alles Sachen, auf die du Stolz sein kannst. Also, geh hin und mach das Beste draus.“ „Du hast Recht. Wie bin ich nur auf die Idee gekommen dass Alya dich fragt, ob du mir die Idee ausredest? Aber irgendwie kann ich ihren Gedankengang verstehen. Wir würden uns über mehrere Monate nicht sehen, eventuell sogar ein ganzes Jahr. Das ist schon merkwürdig, wenn ich jetzt so darüber nachdenke.“, sinnierte die Halbasiatin weiter. Die Worte Adriens hatten sie unwissentlich beflügelt, aber auch die Sorgen ihrer besten Freundin brannten sich unweigerlich in ihr Herz ein. Sie verstand, weswegen Alya nicht wollte, dass sie geht. Weil es ähnlich sein könnte wie bei Adrien. Aber sie wollte nicht auswandern, ebenso wenig wie er es damals gewollt hatte. Sie wollte einfach dieses Praktikum. Denn es öffnete ihr Wege und Türen zu einer ihr noch unbekannten Welt, von der sie so gerne ein Teil sein wollte. „Du hast bitte was?“, ungläubig starrte Alya ihm vom Bildschirm des Smartphones entgegen, als Adrien ihr wenige Zeit später die Situation erläuterte. „Sie liebt es. Da kann ich es ihr doch nicht einfach ausreden. Sie will das Praktikum, aber sie wird sicher auch leiden, wenn sie dich für die Zeit zurück lässt. Ihr seid beste Freundinnen, ihr werdet das verkraften.“ Alya stützte ihren Kopf auf ihrer Handfläche ab, ein Grinsen zierte ihre Lippen. Ein Lachen erklang von der Brünetten. „Ihr zwei seid wirklich wie für einander geschaffen. Einfach unglaublich. Ich werde nochmal mit ihr reden. Nicht damit sie im Endeffekt noch auf uns beide sauer ist.“, verabschiedete sich die Brillenträgerin nach einem kürzeren Gespräch, ehe Adrien ebenfalls auflegte.   Adriens blick fiel auf den Notizblock vor Marinette, wo bereits einige Kritzeleien verewigt waren. Wahrscheinlich neue Designs, wie der Blonde vermutete. „Darf ich dir etwas bringen?“ „Wenn du schon so fragst…“, lächelte ihm Marinette aufmunternd zu, ehe sie einen alkoholfreien Cocktail bestellte. „Ich fass es nicht. Der hat echt einen Narren an dir gefressen.“, hörte sie die Stimme von Sophie, wie Adrien wieder in Richtung Bar verschwunden war. „Wollest du nicht auch etwas zu trinken?“ „Ja. Aber die Bestellung habe ich bereits hinten aufgegeben.“, sie zeigte auf den Schwarzhaarigen Kellner, dem Marinette bereits in die Augen gefallen war. Die Brünette grinste ihre Freundin breit an. „Wie war das nochmal mit keiner Beziehung? Da habt ihr aber eben ziemlich deftig geflirtet.“ Sofort lief Marinette puterrot an. „Das verstehst du falsch. Wir waren“ „Gemeinsam in der Schule. Kenne ich. Hat Adrien eben erwähnt. Aber so wie du seine Blicke auf dich gezogen hast. Mädel. Er steht auf dich. Das sieht sogar ein Blinder mit einem Krückstock.“, fuhr Sophie unverblümt weiter. Sie hatte noch nie ein Blatt vor den Mund genommen. In der Hinsicht war sie genau so offen und unverhohlen wie Alya. Die Bemerkungen von Sophie liessen die Halbasiatin nur noch röter werden. Als Adrien keine Minute später die gewünschten Getränke servierte, brachte sie es nicht mehr fertig, richtig zu reden. Am liebsten hätte sie Sophie auf eine einsame Insel gewünscht oder dass sie ihre Kommentare nicht gehört hätte. Aber nur schon dadurch war ihre angeborene Nervosität gegenüber Adrien wieder zurückgekehrt. Oder besser die Nervosität welche sich gemeinsam mit ihrer damaligen Verliebtheit entwickelt hatte. Dabei hatte sie sich dummerweise schon an den Gedanken gewohnt, dass er nur mit ihr befreundet sein wollte. Sophie sah das wohl anders. Leise stammelte sie ein „Danke“. Die Röte in ihrem Gesicht, welche Adrien sofort auffiel, war unübersehbar. „Wollen wir nach meiner Schicht noch etwas zusammen machen?“, meinte er zu Marinette. Sophie, welche der Schwarzhaarigen gegenüber sass und jedes Wort mitbekam, beobachtete die Szene mit Argusaugen. Sie wusste, wenn sie Marinette nicht im Auge behielt, würde sie kneifen. Mit leichtem druck trat die Brünette der angehenden Designerin gegen den Fuss. Ihr Blick machte unmerklich klar, dass sie ihr die Hölle heiss machen würde, wenn sie diese Gelegenheit nicht beim Schopf packte. So nickte Marinette dem Blonden zu, welcher erfreut lächelte. „Meine Schicht dauert noch etwas mehr als eine Stunde. Ich komme dich nachher abholen.“,  mit einem Winken verabschiedete er sich vorübergehend. „Was sollte das, Sophie? Das war mein Fuss.“, ein wütender Blick der Schwarzhaarigen lag auf der ehemaligen Serviertochter. „Jetzt mal im Ernst: Was hättest du getan, hätte ich dich nicht getreten? Hättest du abgelehnt? Hättest du die Chance ungenutzt verstreichen lassen? Ich bitte dich! Adrien ist bei den Mädels in New York nicht gerade unbeliebt. Wenn du jetzt nicht zugreifst, schnappt ihn dir eine andere vor der Nase weg.“, meinte sie, während sie ihren Cocktail Stück für Stück hinunterstürzte. „Weisst du wie lange wir uns nicht gesehen haben? Wie peinlich das für mich wird?“ „Genau das ist der Punkt. Deswegen müsst ihr ja reden, damit ihr euch wieder näher kommt. Eben weil ihr euch so lange nicht gesehen habt.“, sprach die Brünette, ehe sie aufstand. „Ich geh dann mal. Wehe du kneifst!“, drohte sie ihrer Freundin spielerisch wobei sie mit dem linken Zeigefinger auf sie wies. Keine Sekunde später marschierte sie zu der Bar, mit dem leeren Glas in der linken Hand,  wo sie sich ihren einstigen Kollegen anschloss und dort einige Diskussionen unterhielt. Wobei sie sich einen weiteren Drink genehmigte. Marinette knirschte unhörbar mit den Zähnen. Wie konnte Sophie sie hier alleine zurück lassen? Sie sollte hier alleine auf Adrien warten? Na dann, gute Nacht. Wenn sie sich jetzt nicht irgendwie ablenkte, dann würde sie sich nachher nicht vernünftig auf ein Gesprächsthema konzentrieren können. Nur schon, weil Adrien neben ihr sitzen würde. Sicherlich hatte sie sich inzwischen daran gewöhnt, seine Stimme ab und an zu hören, wenn sie miteinander telefonierten. Aber das hier machte sie einfach nur Nervös und kneifen gab es nicht. Sie spürte immer noch Sophies Blick auf sich, welche den Tisch unauffällig beobachtete. Ein stummer Seufzer wanderte über die Lippen der Schwarzhaarigen. Sie war froh, dass sie endlich mal wieder mit Adrien sprechen konnte. Doch jetzt hier warten zu müssen bis zu seinem Schichtende, hielt sie kaum noch aus. Aber da musste sie durch. Also suchte sie ihr Smartphone aus ihrer grossen, rosafarbenen Handtasche mit dem dunkelroten Blumenaufdruck  heraus. Sie schloss die Kopfhörer an, zog sie an und stellte, wie üblich, ihre Lieblingsmusik von Jagged Stone ein, womit sie an ihrem eben angefangen Design weiter arbeitete.   Eine knappe Stunde später – Marinette war so vertieft gewesen in ihre Skizzen, dass sie nicht bemerkt hatte, wie die Zeit verging – fühlte sie wie jemand ihr die Hand auf die Schulter legte. Es war Adrien, welcher sich in der Zwischenzeit umgezogen hatte und nun nicht mehr in seiner Arbeitskleidung herumlief. Er trug ein weisses Hemd und eine Jeans. Auf seinem Arm trug er seinen Mantel, über seiner linken Schulter lag seine Umhängetasche. Seine blonde Mähne stand wie immer leicht in alle Richtungen ab. Marinette erwischte sich gerade selbst bei der Frage, weshalb er wie ein Gott aussehen musste. Da war es kein Wunder, dass sich die Mädchen beim ersten Anblick in ihn verliebten. Bei ihr hingegen war es Liebe auf den Zweiten Blick gewesen. Denn sie hatten wahrlich nicht den besten Start gehabt. „Können wir?“, lieb lächelnd schaute er sie an, was die Halbasiatin nur noch nervöser werden liess. Sie nickte, ehe sie ihren Notizblock sowie die Stifte hastig packte, wobei ihr einige der Schreibutensilien auf den Boden fielen. Warum musste sie nur so tollpatschig sein? Als Ladybug wäre ihr dies sicherlich nicht passiert. Marinette erstarrte. Warum dachte sie jetzt an ihr Superhelden-Ich? Was hatte Tikki immer gesagt? „Du bist Ladybug, egal ob du verwandelt bist oder nicht.“ Sprich, es wäre ihr auch als Ladybug passiert, obwohl sie als Superheldin keine Zeichenutensilien mit sich herumtrug. „Entschuldige. Da war ich wohl ein wenig zu voreilig.“, meinte sie zu Adrien, ohne ihm in die Augen zu sehen. Sie bückte sich um die Stifte aufzuheben, doch der Blonde war schneller gewesen und reichte ihr die runtergefallenen Gegenstände. „Du brauchst dich nicht zu beeilen. Wir haben Zeit. Es sei denn, du hast noch etwas vor?“, neckte er sie mit einem frechen Grinsen. Marinette erstarrte. Er hatte Recht. Sie hatte nichts vor. Ausser ihre Projekte, von denen sie ja heute so oder so abgehalten worden war, nur schon wegen Sophie. Sicherlich waren ihr die Projekte für das Praktikum wichtig. Aber für Adrien liess sie das dann doch gerne einige Stunden links liegen. „Nein, überhaupt nicht.“, schüttelte die Halbasiatin eiligst ihr Haupt. „Warum stresst du dann so?“, verwundert blickte Adrien sie an. Die Schwarzhaarige wusste nicht, was sie sagen sollte. Sollte sie ihm die Wahrheit sagen? „Das hat wohl mit der Nervosität zu tun, dich nach 3 Jahren wieder zu sehen.“, bemerkte die Praktikantin, wobei sie leicht rot wurde und nebenbei die Stift und das Etui in die Tasche stopfte. „Nervosität? Wir sind doch Freunde, da brauchst du nicht Nervös zu sein. Ist ja nicht so, als ob das ein Date wäre.“, lächelte der blonde Student entspannt und hielt ihr die Jacke hin, so dass sie nur noch reinschlüpfen musste. Marinette schluckte leer. Ja, für ihn waren sie nur Freunde. Doch vielleicht konnte sie ihn ja dazu bringen, das etwas anders zu sehen, sagte sie sich, während sie die Jeansjacke zuknöpfte. Sie schnappte sich die Tasche, welche sie nun über die Schulter schob und verabschiedete sich mit einem einfachen Winken von Sophie. Doch auch noch nachdem sie das Café einige Meter hinter sich gelassen hatten, konnte die Halbasiatin den kontrollierenden Blick ihrer Freundin auf sich fühlen. Sie würde nicht loslassen, bis sie – gemeinsam mit Adrien – den Park verlassen hatte.   „Gibt es etwas, dass du sehen möchtest? Ich weiss, es ist schon ein wenig spät, aber New York hat auch zu dieser Tageszeit noch einiges an Sehenswürdigkeiten, welche man anschauen könnte.“, versuchte er die Stimmung ein wenig zu lockern. Ihm war natürlich sofort aufgefallen, dass Marinette extrem nervös war. Das war sicher nicht nur, weil sie sich ausgerechnet hier, im Big Apple, wieder trafen. „Tut mir leid. Aber mit dem Wissen, dass Sophie mir immer noch kontrollierend hinterher schaut, fühle ich mich einfach nicht wohl.“, erklärte Marinette ihrem blonden Freund die Situation. Jener blickte kurz zurück, wo er nur sah, dass sich besagte Braunhaarige fröhlich mit den anderen angestellten Unterhielt. Verwirrt blickte er die Halbasiatin an. „Naja…es ist einfach so, dass sie mir wohl oder übel die Hölle heiss macht, wenn ich nicht mit dir Rede. Und ich habe keine Lust auf eine ihrer Schimpftiraden heute Abend oder Morgen am Frühstückstisch.“, gab sie seufzend von sich. Marinette hatte schon in den Monaten vor ihrem Praktikum aufgrund der Unterkunft und der Anreise einen regen Mailkontakt mit Sophie, weshalb sie sich denken konnte, wie die Brünette reagieren würde. „Warte mal, du bist der Gast, von dem sie schon seit Wochen erzählt? Ich weiss, dass ihre Eltern das Zimmer mithilfe der Uni gerne an Auslandstudenten oder Praktikanten vermieten. Aber dass sie das auch bei einem Praktikum machen, das gerne ein Jahr dauern kann, hätte ich nicht gedacht.“ „Ich bin erst seit etwas mehr als einer Woche dort. Ihre Eltern erhalten das Geld für die Miete von der Uni. Ich selbst muss da nur einen kleinen Teil bezahlen. Das gehört zum Praktikum dazu. Dafür habe ich auch eines der grössten Zimmer erhalten.“, wusste die Schwarzhaarige zu berichten. „Da ich eventuell länger als nur 3 Monate in New York bin, wollte ich eine bleibe, wo ich mich wohl fühlen kann. Es war gar nicht einfach, das Zimmer zu bekommen, das sag ich dir.“ „Das kann ich mir wahrhaftig vorstellen. Ich bin selbst erst kürzlich in eine WG in der Nähe der Uni gezogen.“ „Du wohnst nicht mehr bei deinen Grosseltern? Sind die denn damit einverstanden?“, Marinette war schockiert über diese Tatsache. Damit hatte sie nun überhaupt nicht gerechnet. „Naja, ich habe sie damit wohl ein wenig überrumpelt. Aber ich will nicht jeden Tag einen Reiseweg von knapp 4 Stunden hinnehmen, wenn ich neben der Uni noch jobben und etwas Zeit für mich haben will. Sie waren nicht gerade erfreut, haben meinen Wunsch aber akzeptiert.“ „Dass du jobben gehst, damit haben sie kein Problem?“ „Nein, überhaupt nicht. Sie waren sogar froh, als sie gehört haben, dass ich mein Geld selber verdienen will.“, kurz herrschte Stille, ehe Adrien weitefuhr. „Jedenfalls habe ich mich ein wenig umgesehen und bin dank dem einen oder anderen Freund fündig geworden. Aber ohne die hätte ich das Zimmer wohl auch nicht.“, Marinette nickte immer wieder, während sie Adriens Erzählung lauschte. Dabei liess sie ihren Blick unbemerkt über sein gesamtes Gesicht schweifen, welches in den letzten Jahren eindeutig männlichere Züge angenommen hatte. Nicht, dass er vorher nicht so gewesen war. Bereits als sie ihn im Café entdeckt hatte, waren ihr einige Veränderungen aufgefallen. So war sein Kinn breiter und markanter als früher, allgemein wirkte sein Körper um vieles grösser und männlicher als sie es sich gewohnt war. Aber die Halbasiatin blieb auch immer wieder an seinen wundervollen, grünen Augen hängen, welche sie früher schon so geliebt hatte. Auch Adrien liess seine Augen immer wieder unmerklich über Marinette wandern. Ihre längeren Haare, welche sie zu einem Zopf geflochten hatte und über ihre linke Schulter hinab hingen, waren ihm als erstes aufgefallen. Ihr Körper war in den vergangen Jahren weiblicher geworden, auch ihre Oberweite schien ein wenig gewachsen zu sein. Bei der zweiten Feststellung wandte er prompt hochrot seinen Kopf ab als er bemerkte, dass er gerade ernsthaft auf ihren Busen gestarrt hatte. Das durfte doch nicht wahr sein. Seit wann brachte Marinette Dupain-Cheng ihn denn bitte so aus der Fassung? Nicht erst seit heute, dies war ihm bewusst. Aber so wie heute, das war ihm noch nicht unter gekommen. Wahrscheinlich weil sie sich seit Jahren das erste Mal wieder sahen und es einfach nicht gewohnt waren, sagte er sich.   „Also, gibt es etwas, was du sehen möchtest?“, versuchte der Designersohn sich von ihr abzulenken, was nicht gerade einfach war und blickte unentwegt in den wolkenverhangenen Himmel. „Naja…“, nachdenklich blickte die Schwarzhaarige zum Himmel. „Das einzige, was sich jetzt noch lohnt, ist wohl der Time Square.“, meinte sie schliesslich. „Ja, das ist wohl wahr.“, stimmte der Blonde ihr unwissend zu. Doch kam ihm gerade noch die Skyline von New York in den Sinn, welche in der Nacht einfach nur beeindruckend war. „Aber ich wüsste noch etwas, dass dir gefallen könnte.“ „Was denn?“ „Das verrate ich nicht. Lass dich überraschen.“, feixte er. „Also gehen wir zuerst zum Time Square und danach zum zweiten, ja?“, hakte die Halbasiatin sicherheitshalber nach, da sie nicht so richtig wusste, wie sie Adriens freches Grinsen deuten sollte. Das war ihr nämlich bisher noch nie unter gekommen. „Sicherlich. Immerhin möchte ich mir das Beste bis zum Schluss aufsparen.“ „Das Beste? Übertreibst du nicht ein wenig?“, skeptisch blickte Marinette ihn an. Am liebsten hätte sie ihn in die Seite geboxt. Doch beliess sie es dabei. Nicht, dass er noch etwas Falsches von ihr dachte. „Ich denke nicht. Aber du wirst es ja noch selbst sehen.“, erwiderte der Blonde zuversichtlich. „Also, gehen wir.“, meinte die Schwarzhaarige schliesslich und so steuerten sie zielsicher die nächste Metro-Station an. Nur wenige Minuten später entstiegen die Freunde der Unterführung und standen mitten auf dem Time Square. Marinette brachte vor Erstaunen kein Wort heraus. Sie hatte von Sophie gehört, dass der Time Square eindrücklich war, mit seinen vielen Werbeplakaten, Kinos, Shops, Theater, Musicals und so weiter. Aber niemals hätte sie ihn sich so beeindruckend vorgestellt. Leider hatte sie wegen der Schule, welche nur drei Tage nach ihrer Ankunft begann, und dem Jetlag und der Zeitumstellung sich noch nicht besonders viel von der Stadt ansehen können. „Ziemlich beeindruckend, was?“, lächelte Adrien, als er Marinettes Gesichtsausdruck sah, welche nickte. „Ich hatte mir das um einiges kleiner Vorgestellt.“ „Hier ist alles um vieles grösser als in Paris. Da musste ich mich zuerst auch dran gewöhnen.“ Langsam, Stück für Stück, durchquerten die beiden den Time Square, wobei Marinette ihre Blicke vor Verblüffung immer wieder vom einen zum anderen Gebäude schwenken liess und teilweise bewundernd stehen blieb. Ein Grinsen schlich sich Adriens Lippen. Er hatte nicht gewusst, dass er Marinette so einfach beeindrucken konnte. Der Blonde ertappte sich bei der Frage, ob es eventuell genau so einfach war Ladybug zu beeindrucken. Doch stoppte er sich sofort, als sich die Superheldin wieder einmal in seine Gedanken schlich. Er war doch mit Marinette hier. Warum musste er dann an Ladybug denken. Sie konnte nicht hier sein und er wusste auch, dass er sie wahrscheinlich nie mehr wieder sehen würde. „Adrien? Ist bei dir alles in Ordnung?“, die Halbasiatin, welche ihm bis zum Kinn reichte, stand nur wenige Meter von ihm entfernt und sah ihn direkt an. Sie hatte bemerkt, dass er über etwas nachdachte, wo es eigentlich nichts mehr nachzudenken gab. Er schüttelte den Kopf, ein sanftes Lächeln auf den Lippen, ehe er ihr zunickte. Die Schwarzhaarige drehte sich wieder um und schritt, mit den gefalteten Händen hinter dem Rücken, durch die Strasse. Kurz überlegte Adrien, ob er Marinette das mit Ladybug erzählen sollte. Sicherlich er mochte sie, sehr sogar. Aber er wollte sie nicht mit einer alten Geschichte belästigen. Vor allem nicht mit einer Geschichte, welche in seinem aktuellen Leben keine Tragweite mehr hatte. Er wollte sich lieber voll und ganz auf Marinette konzentrieren. Wobei ihm auch wieder der Brief in den Sinn kam, welchen sie ihm damals zum Abschied mitgegeben hatte.   Paris, Frankreich, 3 Jahre zuvor   Immer wieder drehte Adrien den Umschlag, welchen Marinette ihm wenige Minuten zuvor überreicht hatte, in seinen Händen hin und her. Immer wieder fragte er sich, was wohl drin stehen mochte. Am liebsten hätte er den Brief sofort aufgerissen. Bis zum Boarding des Fluges dauerte es noch gut 20 Minuten, da der Flug von New York mit einiger Verspätung in Paris gelandet war. Er hatte also noch mehr als genug Zeit. Aber er rang auch mit sich, denn er hatte Marinette versprochen, den Brief erst im Flugzeug zu lesen. Also sobald er in der Luft war. Ob sie ihm wohl böse war, wenn er sich nicht daran hielt? Vielleicht. Falls sie es denn je erfahren sollte. Falls. Ein Seufzer gelangte über die Lippen des Blonden. Er entschloss sich den Brief wieder in das Aussenfach seiner Reisetasche zu packen, so dass er jederzeit darauf zurückgreifen konnte. Im Gegenzug dazu startete er die Manga-App auf seinem Smartphone und begann, einige der neueren Kapitel seiner Lieblingstitel zu lesen. Immerhin konnte er sich so die Zeit in wenig vertreiben bis er im Flugzeug sass.   Rund 45 Minuten später sass Adrien endlich an seinem Platz im Flugzeug und liess seinen Blick auf den Flughafenplatz schweifen. Die Wartezeit hatte sich nochmals um rund 10 Minuten verlängert und dann wollten auch noch alle zur gleichen Zeit den fliegenden Metallvogel betreten, obwohl sie die Passagiere gestaffelt aufriefen. Der Blonde hatte die Szenerie leicht mürrisch beobachtet, wie alle Leute auf einmal zum Gate gestürmt waren für das Boarding, was für ihn, aufgrund der obligatorischen Platzreservation, keinen Sinn machte. Wie er ein wenig wehmütig aus dem Fenster schaute, kam ihm der Brief wieder in den Sinn. Er nahm seine Tasche, welche er unter dem Sitz seines Vordermannes verstaut hatte, zog den Umschlag sorgfältig heraus und  räumte die Tasche wieder weg. Erneut betrachtete er den Brief, welchen Marinette kurzfristig aus normalem Papier gebastelt hatte. Sorgfältig öffnete er den Umschlag und zog das Schreiben hinaus, wo ihm sofort Marinettes unverkennbare Handschrift entgegenschlug.   „Lieber Adrien   Ich kann mir nicht vorstellen wie schwer es für dich sein musste, die Wahrheit über deinen Vater zu erfahren. Umso mehr tut es mir leid, dass du die Wahrheit über die Medien vernehmen musstest und es dir niemand direkt gesagt hat.“   Adrien blickte kurz auf. Marinette wusste nichts von seiner Tätigkeit als Cat Noir, also auch nichts davon, dass er zusammen mit Ladybug diesen Kampf bestritten und dort erfuhr, dass sein Vater schon seit geraumer Zeit dieses grausame Spiel trieb.   „Mir ist bewusst, dass dir aufgrund des heutigen Abfluges nicht viel Zeit in Frankreich bleibt, da du zu deinen Grosseltern ziehst. Was mich doch sehr überrascht hat. Ich hatte gehofft, wir würden nächstes Jahr vielleicht beide an die FAC gehen oder ansonsten als Freunde Zeit miteinander verbringen können.“ Erneut liess Adrien seinen Blick über die letzten Zeilen schweifen. Einige Textstellen waren leicht verwischt, obwohl er genau erkennen konnte, dass die Halbasiatin den Text mit einem Kugelschreiber verfasst hatte. Ihm war sofort klar, dass Marinette geweint hatte, während sie diese Zeilen geschrieben hatte. Er konnte fühlen wie sie leiden musste. Warum hatte gerade er ihr diesen Schmerz zufügen müssen? Er hatte das nicht gewollt. Am liebsten wäre er aufgestanden, zurück zum Flughafen gerannt und hätte Marinette tröstend in seine Arme geschlossen. Nun wurde ihm klar, weswegen sie wollte, dass er den Brief erst im Flugzeug öffnete. Weil sie wusste, wie schwer ihm der Abschied fiel und sie es ihm nicht noch mehr erschweren wollte, obwohl es ihr nicht besser ging.   „Na toll, jetzt habe ich den Brief wohl versaut. Das passiert auch nur wieder mir. Ich wünsche dir jedenfalls alles Gute für deine Zeit in New York und hoffe, dass wir uns so bald wie möglich wieder sehen können.   Liebe Grüsse Marinette“   Adriens Herz schlug bis zum Hals. Sie wollte ihn wieder sehen. So bald wie möglich. „Mari…“, schmerzhaft zog sich sein Herz zusammen. Er wollte zur ihr, jetzt, sofort. Doch gab es nun kein Zurück mehr.   Immer noch blickte er aufmerksam Marinette hinter her, nach welcher er sich an seinem Tag der Abreise so gesehnt hatte. Jetzt, wo er sie wieder bei sich hatte, wusste er nicht so richtig, wie er sich verhalten sollte, waren doch da auch noch seine Gefühle für eine gewisse Superheldin, welche sich an diesem Abend mehrmals in seine Gedanken schlich. Abgelenkt, seinen eigenen Gedankengänge hinterfragend, bemerkte der Blonde nicht, wie Marinette von jemandem angesprochen wurde, der sie zu kennen schien. „Hey Miss! Don’t we know each other? I think, I’ve seen you today in the library at the university.“ Marinette erstarrte. Ein junger Mann in ihrem Alter mit schwarzen Haaren und braunen Augen stand vor ihr. Sie sollte ihn kennen? Sie mochte sich knapp daran erinnern, dass sie diesen jungen Mann mal mit Sophie gesehen hatte. Aber es war so kurz und flüchtig gewesen, dass sie es bereits wieder aus ihrem Gedächtnis gelöscht hatte. Die Schwarzhaarige war seit einer Woche an der Uni und besuchte nur die Design- und Englischklasse, damit sie nebenbei genug Zeit hatte für ihr Praktikum, wo sie zwei bis drei Tage pro Woche arbeitete. „I’m sorry. I don’t think so.“, gab sie in einem relativ unsicheren Englisch zur Antwort. „I think I do. You’re the new one from Paris, France, right?“ Die Halbasiatin blinzelte verunsichert. War sie an der Uni tatsächlich schon so bekannt, ohne es überhaupt sein zu wollen? Sie überlegte, wie sich rausreden konnte. Doch da startete der Amerikaner bereits die nächste Avance. „Your name is Marinette, right? I’ve heard from some friends that a talented young designer will be here for some months. My name is Drew. Would you like to go on a date with me now?” Marinette schnürte es die Kehle zu. Er fragte sie nach einem Date? Jetzt? Aber sie war doch mit Adrien hier. Ausserdem sprach sie kaum ein Wort Englisch. Es reichte knapp um sich durchzuschlagen. Jedoch war es ihr lieber, wenn sie französisch sprechen konnte, weil sie einfach noch zu unsicher war. „Is everything all right here?“, war es Adrien, welcher sich in die Unterhaltung einmischte. Er hatte ein wenig zu spät bemerkt, wie der Amerikaner sich an die rangemacht hatte. Was ihm nicht gefiel. „Look who’s here. The Agreste Boy.“ „Good evening, Drew.“, Marinette konnte an der Stimmlage des Blonden erkennen, dass er sein Gegenüber wohl nicht leiden konnte. Das basierte wohl auf Gegenseitigkeit, wie sie gerade feststellte. „You know that you disturb us?“, wollte Drew Adrien anscheinend loswerden. Erneut tauchte selbstsichere, freche Grinsen in Adriens Gesicht auf, welches Marinette nur von Cat Noir kannte. „Sorry, but she’s here with me, so stay away from her.”, funkelte Adrien sein Gegenüber böse an. Jener verabschiedete sich kurz, ehe er in den Gassen New Yorks verschwand.  Erstaunt blickte Marinette den Blonden an. Sie hatte nie miterlebt, dass er so wütend werden konnte. „Ist bei dir alles in Ordnung?“ „Ja. Danke für die Hilfe. Kennt ihr euch?“ „Ich war die letzten Jahre über mit ihm in einer Klasse. Seine Eltern sind in Amerika nicht gerade unbekannt, da sie eine Riesenfirma haben. Und ich als Sohn eines Modemoguls musste mir nach der Geschichte, die mit meinem Vater passiert ist, einiges von diesem Spinner anhören lassen.“, Adrien holte kurz Luft. „Hat der dich wirklich gerade um ein Date gebeten?“ „Wohl oder übel.“, bestätigte Marinette Adriens Beobachtung. „Ich habe ihn nur mal auf der Uni gesehen.“ Adrien wusste, dass Drew an derselben Uni studierte wie er und war froh, dass sie komplett andere Hauptfächer hatten. Ansonsten würden sie wohl des Öfteren aneinander geraten. „Wenn ich ihn nochmal dabei erwische, wie er sich an dich ranmacht, dann mach ich ihm die Hölle heiss.“ Ein lautes Auflachen von Marinette erklang. Erschreckt zog Adrien seine Hand zurück. „Ach du grüne Neune. Hat Cat Noir von dir Besitz ergriffen oder seit wann verhältst du dich so?“ „Wie kommst du jetzt auf den Superhelden?“ „Naja, ich glaube, er wäre der einzige den ich kenne, der sowas lauthals sagen würde. Naja, mit Ausnahme von Alya und Sophie. Aber ich hatte schon vorhin das Gefühl, dass du ich merkwürdig verhältst. Dass du nicht so bist wie früher.“, erklärte sie ihm ihren Gedankengang. Adrien wusste, von was sie sprach. Er hatte immer nur sich selbst sein können, wenn er als Cat Noir nachts durch die dunklen Gassen von Paris streifte. Wenn er zuhause war, oder allgemein als Adrien, hatte er immer unter der Fuchtel seines Vaters gestanden und durfte keine Fehler machen, musste perfekt sein - in jeder Lebenslage ein absolut perfektes Image abgeben – obwohl es immer genau umgekehrt war. Doch seit er in New York war bemerkte er, dass seine Grosseltern das Thema Erziehung komplett anders angingen als sein Vater. Sicherlich hatten sie Regeln, aber sie liessen ihm auch mehr Freiheiten. Was man ihm nun eindeutig anmerkte, besonders was seinen Charakter anging. „Ich glaube, du hast keine Ahnung, wie ich mich in den letzten Jahren verändert habe.“ „Ja, das merke ich auch gerade.“, lächelte Marinette ihm entgegen. Sie gab es nur ungern zu, aber irgendwie mochte sie diese Seite von Adrien. Denn es war diese, welche sie an Cat Noir erinnerte, den sie schrecklich vermisste. Besonders in solchen Zeiten. „Wolltest du nicht noch weiter?“, fragte sie ihn ein paar Minuten später, als sie still durch die immer noch erleuchtete Strasse liefen. „Wenn du hier alles gesehen hast, was du sehen wolltest, dann können wir gerne weiter, Princess.“, verbeugte er sich leicht. Marinette erstarrte. Wollte er wieder jemanden reinlegen oder war das hier gerade sein wahrer Charakter? Sie war verwirrt. „Das…das mit dem Princess kannst du gerne sein lassen.“, brachte sie leicht stotternd heraus, wobei sie knallrot anlief. Niedlich, ging es Adrien durch den Kopf. „Wenn ihr wünscht, MyLady.“, bei diesen Worten zuckte sie wortwörtlich zusammen. Das war ihr dann doch eine Spur zu viel Cat Noir. Wenn er jetzt noch mit Pünktchen oder LB anfing, dann war sie es, die ihm die Hölle heiss machte. „Hör mir zu. Ich bin es nicht gewohnt solche Namen aus deinem Mund für mich zu hören. Also, bitte, lass es.“, sagte sie schneller, als sie gewollt hatte. Denn es war ihr mehr als peinlich dass Adrien so offensichtlich mit ihr flirtete wie Cat Noir es immer getan hatte. „Wäre dir der alte Spitzname recht?“, erleichtert nickte sie, ehe sie ihn ansah. Sie konnte sehen, dass Adrien ihr gegenüber stand. Doch war es ihr Herz, welches nach für einmal nicht nach Adrien, sondern nach ihrem einstigen Partner schrie. „Doofer Kater…“, flüsterte sie so leise, dass es niemand hören konnte, wobei sie eine Träne verdrückte. „Mari, du weinst ja…“, stellte der Blonde überflüssigerweise fest, als er ihr die Träne wegwischte. Sie wollte nicht weinen, doch quollen die ganzen Erinnerungen an die Kämpfe, an die Zeit von damals, wieder in ihr hoch. Träne für Träne floss ihre Wangen hinunter. Der Blonde schluckte leer. Hatte er einen Fehler gemacht? Doch die Halbasiatin erwähnte nichts. Sondern weinte weiterhin still. „Entschuldige, ich…ich wollte nicht…“, schluchzte sie. Adrien schnürte es die Kehle zu, sie so zu sehen. Er wollte sie beschützen, für sie da sein. So tat er das einzig richtige in diesem Moment und schloss sie in seine Arme, wobei er sanft über ihren Rücken strich. Etwas, dass er schon damals, als sie sich verabschiedet hatten, hätte tun sollen. Doch hatte er damals nicht verstanden, was er für sie empfand. Ganz im Gegensatz zu jetzt. Einige Minuten vergingen, ehe Marinettes Schluchzen verstummte und ihre Tränen versiegt waren. Komplett verweint blickte sie zu Adrien hinauf, welcher immer noch den gleichen Blick in seinen Augen hatte wie früher. „Hier.“, fürsorglich reichte der Blonde ihr ein Taschentuch, welches die Halbasiatin dankend annahm. „Tut mir leid. Jetzt hab ich dein Hemd versaut.“ „Ach was. Kein Problem. Das kann ich waschen.“, lächelt er sie sanft an, ehe er sie erneut in seine Arme schloss. „Ich hab dich vermisst, Mari.“, flüsterte er ihr leise ins Ohr. „Ich dich auch, Adrien. Ich dich auch.“, gab sie ebenso leise zurück.   „Möchtest du noch weiter, oder soll ich dich nach Hause bringen?“, fragte Adrien sie, nachdem die beiden eine ganze Weile einfach still nebeneinander auf einer weissen Gartenbank bei einer Statue gesessen hatten. Dabei hatte der Designersohn die ganze Zeit ihre Hand gehalten. Marinette war erstaunt gewesen, als er seine Hände um die ihrigen legte und sanft darüber strich. Die Halbasiatin tat jedoch nichts dagegen. Sie liess ihn gewähren, was den Blonden umso mehr freute. „Ich würde gerne noch weiter. Du hast vorhin gesagt, dass du das Beste bis zum Schluss aufgehoben hast. Davon würde ich mich doch gerne selber überzeugen.“, gab die Bäckerstochter schelmisch grinsend von sich. „Sehr wohl.“, verbeugte er sich kurz, was Marinette ein Lachen entlockte.   „Da wären wir.“, meinte Adrien gut 15 Minuten und eine Metrostation später, als die zwei vor dem Rockefeller Center standen. Marinette, welche neben ihm stand, staunte Bauklötze. „Wow. Das Gebäude ist ja riesig.“ „Der gesamte Gebäudekomplex besteht aus 20 Bauten, davon sind 19 Hochhäuser. Das höchste Gebäude ist das Comcast Building mit 259 Metern. Aber gegen den Eiffelturm ist das nichts.“ „Ich wusste ja gar nicht, dass du dich für Architektur interessierst.“ „Nicht wirklich. Aber ich war so beeindruckt als ich hier ankam, dass ich ziemlich viel über die Gebäude recherchiert habe.“ Aufmerksam blickte der Blonde zu dem Gebäude hinauf, welches er seiner Kameradin zeigen wollte. „Du vermisst es, oder?“ „Was?“ „Paris, den Eiffelturm, deine Freunde…einfach alles, oder?“, Adriens Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Sie hatte keine Ahnung wie Recht sie mit ihrer Vermutung hatte. „Es ist nicht so, dass ich es nicht gut hätte. Ich will mich nicht beklagen oder so. Aber…“, der Blonde stockte. „Aber es ist einfach nicht dasselbe, richtig?“, erstaunt blickte Adrien seine Kumpanin an, welche traurig lächelnd neben ihm stand. Auch für sie hatte sich in den letzten Jahren einiges verändert. Wahrscheinlich sogar mehr, als er wusste. Der Blonde schüttelte leicht den Kopf. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht daran erinnern.“ „Ist schon ok. Früher oder später musste das passieren. Ich habe das ganze bisher wohl einfach von mir weggeschoben, weil ich mich einfach gefügt habe. So wie früher.“, sprach Adrien unbeirrt weiter, was einen bitteren Nachgeschmack hinterliess. Marinette wusste genau was er meinte. Sie wusste davon, dass er, bevor sein Vater den Schulbesuch bewilligte, zuhause unterrichtet wurde. „Was genau wolltest du mir hier eigentlich zeigen?“, erkundete sich Marinette neugierig nach der Überraschung, um das Thema zu wechseln. „Nicht so voreilig. Das soll schliesslich eine Überraschung sein.“, meinte der Blonde breit grinsend. „Aber dafür, müssen wir in den obersten Stockwerk vom Comcast Building.“ „Und was gibt es dort spezielles?“ „Nein. Weiter verrate ich noch nichts. Das siehst du wenn wir oben sind.“   Eine gefühlte Ewigkeit später, welche die beiden schweigend in den Aufzügen mit ihren eigenen Gedanken verbracht hatten, waren sie endlich auf der Aussichtsplattform angekommen. Mit staunenden Blicken betrat Marinette die Plattform. Sogleich begab sie sich zum Geländer, um den Ausblick genauer in Augenschein zu nehmen. „Wow…das ist wunderschön.“, gab die Halbasiatin verblüfft von sich, als sie die Skyline der Stadt bei Nacht betrachtete. Die vielen Lichter der Häuser und Strassen funkelten inmitten der Nacht und auch der Central Park war unübersehbar. „Na, was sagst du? Ich hab dir doch gesagt, ich hebe mir das beste bis zum Schluss auf.“, meinte der Blonde, als er sich nach einigen Minuten zu ihr begab. „Es ist eindrücklich.“, gab Marinette von sich. „Danke dass du es mir gezeigt hast.“, lächelte sie ihn an. „Aber Paris gefällt mir doch besser.“, erwiderte sie. „Naja. New York kann ebenso schön sein wie Paris.“ „Ja. Aber der Eiffelturm versprüht doch noch einen Hauch mehr Romantik.“, stimmte sie ihm zu, wobei sie sich an den Blonden anlehnte, welcher seinen Blick über die nächtliche Grossstadt streifen liess. Kapitel 2: ----------- Müde, aber glücklich und zufrieden lehnte Marinette sich zwei Stunden später mit dem Rücken gegen die Haustür, welche sie eben abgeschlossen hatte. Niemals hätte sie gedacht, dass sie mit Adrien einen solch schönen Abend verbringen könnte. Ohne Stottern, Wortverwechslungen oder gross Nervös zu sein. Einfach unfassbar. Ein erleichtertes Lächeln zeigte sich auf den Lippen der Halbasiatin. Sie war froh zu wissen, dass sie ihre Schüchternheit bis zu einem gewissen Grad überwunden hatte.     „Und, wie war’s?“, wurde Marinette am nächsten Morgen von Sophie am Frühstückstisch zur Rede gestellt, wie sie die Küche betrat. Das Gute Morgen hatte sie anscheinend vergessen. Die Brünette biss gerade genüsslich in ein Stück Toast mit Butter und Erdbeermarmelade. Neugierig blickte sie ihre Kumpanin an. „Erstmal guten Morgen.“, grüsste Marinette ihre Kameradin. Sie lief zum Kühlschrank, wo sie die Milch und den Orangensaft hervornahm. Beides stellte sie auf dem Küchentisch ab. Ein weiterer Gang führte sie zu den Geschirrschränken. Dort schnappte sie sich ein Glas und eine Tasse, welche sie ebenso zum Tisch trug. Sophies gespannte Blicke ignorierte sie geflissentlich. „Jetzt sag schon!“, forderte Sophie die Halbasiatin auf. Sie war gespannt wie ein Flitzebogen und schon seit einer halben Ewigkeit auf weil sie unbedingt wissen wollte, ob es zwischen den beiden gefunkt hatte. „Ganz gut. Eigentlich.“, murmelte Marinette leise, während sie das Glas vor sich mit Saft füllte. „Ganz gut? Willst du mich veräppeln? So wie Adrien dich gestern angeschaut hat. Ich bitte dich. Da wird ja wohl etwas mehr gelaufen sein.“, herausfordernd blickte Sophie die Halbasiatin an. Sie glaubte ihr nicht. Marinette, welche zu den Toastscheiben griff, dachte nach. „Da ist nichts gelaufen.“, meinte sie. Dabei versuchte sie so gleichgültig wie nur möglich zu klingen. Was ihr nicht gelang. Eine leichte Enttäuschung schwang in ihrer Stimme mit. Zeigte, dass sie sich etwas anderes gewünscht hatte. „Aber du wünscht dir wohl, da wäre was gelaufen.“, mutmasste die Brünette ihr gegenüber mit einem breiten Grinsen. „Wie kommst du denn darauf?“, prompt lief Marinette knallrot an. „Du bist so durchschaubar. Unglaublich.“, feixte die Amerikanerin. „Es ist mehr als offensichtlich, dass du mit deinen Gedanken nicht hier bist. Ich vermute mal, dass du zum gestrigen Abend abgeschweift bist. Du kannst mir gerne erzählen, dass dir das egal ist. Aber die Enttäuschung in deiner Stimme vorhin war unüberhörbar.“, klärte Sophie die Situation auf. Marinette schluckte leer. Sie hatte den Abend mit Adrien genossen. Doch war sie auch an ihren Partner erinnert worden. Eben genau durch Adrien, was ihre Stimmung – nach der ersten Euphorie – in den Keller sinken liess. „Jetzt sei mal ehrlich! Was ist gelaufen?“ „Nichts.“, gab sie stur von sich. „Vergiss es! Das kaufe ich dir nicht ab! Seit ihr etwa ausversehen im Bett gelandet, oder was?“ „Hast du sie noch alle?! Wir haben uns drei Jahre nicht gesehen. Glaubst du wirklich, dass wir da miteinander ins Bett steigen? Auf was für Ideen kommst du eigentlich?“, gab Marinette bestürzt von sich. Ihr Gesicht, welches bereits durch einen Rotschimmer geprägt war, wurde nur noch röter. Die Halbasiatin fühlte, wie ihr bei diesem Gedanken das Blut in den Kopf schoss. Sie musste aussehen wie eine überreife Tomate, dessen war sie sich sicher. „So rot wie du gerade bist, stellst es dir aber wohl gerade vor.“, grinste Sophie. „Also lag ich richtig mit meiner Vermutung.“, zufrieden stopfte sich die Brünette den Rest ihres Toastbrotes in den Mund. „Ich…ich weiss es nicht.“, murmelte Marinette nach einer geraumen Weile, als die Röte in ihrem Gesicht wieder abgeklungen war. Sie wünschte sich mehr Zeit mit Adrien und eine aktive Beziehung mit ihm. Aber sie war niemand, der beim ersten Date gleich mit jemandem ins Bett hüpfte. Sicherlich hatte sie früher davon geträumt ihn zu heiraten und mit ihm eine Familie zu gründen. Doch von dieser Vorstellung hatte sie sich in den letzten Jahren ein wenig gelöst, selbst wenn sie es sich manchmal wünschte, so hatte sie im Moment andere Prioritäten. „Habt ihr euch verabredet?“, Marinette schüttelt den Kopf. Adrien hatte ihr gesagt, dass er heute in der Bar arbeitete und am Sonntag ebenfalls. Die Woche durch hatte er auch keine Zeit aufgrund des Colleges und an den Abenden half er in der Bar aus, wenn er nicht lernte. Was sie doch ein wenig betrübte. Sie hatte ihn einmal gesehen und bis sie ihn wieder sah würde mindestens eine Woche vergehen. Sie selbst ging einen Tag in der Woche auf das Brooklyn College, welches Adrien ebenfalls besuchte und belegte dort einige der Kunstkurse und die Englischklasse. Die restlichen eineinhalb bis zwei Schultage verbrachte sie an der Parsons School of Design, welche spezifisch Kurse für angehende Designer anbot. Da diese Schule auch eine Fakultät in Paris besitzt würde es ihr später möglich sein, das Studium in Frankreich direkt fortzusetzen. In ihre Gedanken versunken griff Marinette nach der Kaffeekanne. Sie füllte die Tasse vor sich mit der bitteren, schwarzen Flüssigkeit bis zur Hälfe. Die andere Hälfte füllte sie mit der kalten Milch auf. Sie gönnte sich einen Schluck von dem Wachmacher, ehe sie ihren Blick auf Sophie lenkte. „Was hast du eigentlich noch gemacht gestern Abend?“, war es nun die Halbasiatin, welche ihrer Freundin auf den Zahn fühlte, die Kaffeetasse zwischen den Händen. „Ich bin noch eine Weile in der Bar geblieben und habe mit meinen Freunden gequatscht. Also nichts Interessantes.“ „Ich dachte, du wärst auf Männerfang?“, mit zweifelndem Blick über den Rand der Kaffeetasse hinweg, betrachtete Marinette ihre Studienkollegin. „Eigentlich schon. Aber gestern fand ich es einfach interessanter dich und Adrien zu beobachten. Zumindest bis ihr aus dem Park verschwunden seid.“ „Ich wusste doch, dass du uns hinterher spionierst.“ „Was erwartest du? Ich kenne unseren französischen Einwanderer schon das eine oder andere Jahr und er hat bisher an keinem Mädchen, das er kennen gelernt hat, richtiges Interesse gezeigt. Sogar mich hat er abgewiesen!“, sie nahm sich einen Schluck von ihrem Orangensaft, ehe sie weiter sprach. „Wir haben uns alle gefragt, ob er vielleicht vom anderen Ufer ist.“ Marinette glaubte sich zu verhören. Sie selbst konnte sich so etwas bei Adrien beim besten Willen nicht vorstellen. Klar, er konnte Chloé nicht leiden und das zeigte er ihr immer wieder. Aber Marinette konnte nicht sagen, dass Mädchen Adrien nicht interessierten. Ganz im Gegenteil. Augenblicklich verdrehte die einstige Superheldin die Augen, stützte den Kopf auf ihre Hand ab. Die Tasse hatte sie zwischenzeitlich abgestellt. „Jetzt sag bloss, dass meine Vermutung stimmt.“ „Nein. Das ist es nicht. Mir ist da nur gerade eine alte Klassenkameradin in den Sinn gekommen. Sie hat sich ziemlich an ihn rangemacht. Damals, in der Mittelstufe.“ „Und?“ „Und? Ich war tierisch eifersüchtig. Sie log ihn in einer Tortur an und er bemerkte es noch nicht einmal. Er sprang sogar noch darauf an.“, meinte Marinette sauer, als sie sich wieder an die Lügen von Lila erinnerte. „Naja. Zurück zum Thema: Du hättest Adriens Blick gestern Abend sehen sollen. Wie er dich angesehen hat. Als wäre er hypnotisiert. Er hatte nur noch Augen für dich.“ „Wirklich?“, ungläubig blickte Marinette zu der Brünetten. Diese nickte bekräftigend, um ihre Worte zu unterstreichen. „Es ist gut möglich, dass du seine erste offizielle Freundin wirst. Das darf ich mir doch nicht entgehen lassen.“, zwinkerte sie der Schwarzhaarigen aufmunternd zu. Marinette verschluckte sich vor Schreck prompt an ihrem Kaffee. Adrien hatte bisher noch keine feste Freundin gehabt. Auf diese Idee war sie noch gar nicht gekommen. „Du meintest gestern doch, dass er bei den Mädchen ziemlich beliebt ist. Kannst du mir sagen, wie die so drauf sind?“, fragte die Halbasiatin aus Neugierde. „Hm…“, Sophie überlegte einen Moment. „Die meisten sind ziemlich reich, wohlhabend und so weiter. Es gibt auch solche, die ihn nur aufgrund seiner Modelkarriere vom Teenageralter her kennen. Aber vom Modelbusiness hält er sich sowieso fern. Auch wenn ich das nicht so ganz kapiere.“ Marinette nickte. Es tat gut das zu hören. Sie wusste, dass Adrien die Modelarbeit bei seinem Vater nie besonders gefallen hatte. Auch hasste er es Autogramme zu geben. So war es für sie kein Wunder, dass er sich aus diesem Gebiet komplett zurückzog. „Die meisten Mädels, die an ihm Interesse zeigen, laufen rum wie übertünchte Puderquasten. Den Grossteil von ihnen ignoriert er aber. Das Beste an der ganzen Geschichte ist ja, dass sie glauben, ihn mit ihrem Aussehen beeindrucken zu können. Einfach nur unglaublich.“, lachte die Studentin. „Gibt es auch solche, die aufdringlich sind und ihn trotz der Ignoranz verfolgen?“, Marinette stellte diese Frage nicht gerne. Aber sie wollte wissen, ob es hier solche Frauen wie Chloé gab, die einfach nicht locker lassen wollten. „Ein paar wenige. Den meisten hat er aber sofort direkt eine Abfuhr erteilt.“, plauderte Sophie munter. „Warum fragst du? Gibt es denn jemanden in eurem bisherigen Leben?“ „Dummerweise. Sie ist von klein auf mit Adrien befreundet. Ich war sechs Jahre lang mit ihr in einer Klasse.“  „Künstlerpech, was?“ „Du sagst es. Sie hat sich immer aufgespielt, als ob sie die einzige für Adrien wäre und hat dabei noch nicht einmal gemerkt, wie sehr sie ihm auf die Nerven gegangen ist.“, seufzte Marinette. „Das nennt sich wohl blind vor Liebe.“ „Wenn du mich fragst war sie vor Liebe nicht nur blind, sondern auch taub. Oder besser gesagt ohne jeglichen Verstand, zumindest in dem Bereich. Zum Glück muss ich nicht mehr mit ihr in die Schule.“ „Kann es sein, dass du sie als Konkurrentin angesehen hast in Bezug auf Adrien?“ „Gut möglich. Aber auch nur, weil sich die beiden schon seit Ewigkeiten kennen. Und weil sie sich andauernd an ihn rangeschmissen hat.“ „Obwohl er nichts von ihr will. Der kann einem leidtun. In solch jungen Jahren schon von solch einem Ruhm überhäuft, inklusive hirnloser Freundinnen.“, sinnierte Sophie, was Marinette zum Kichern verleitete. „Er hat es nie besonders gemocht. Er hat sich immer dagegen gesträubt, dass er zuhause unterrichtet wurde. Auch das Modeln nicht. Sein Vater hatte da ein extrem strenges Regiment.“ „Durch die eigenen Eltern zum Modeln gezwungen…das muss doch grossartig sein.“, mutmasste Sophie. Sie selbst wünschte sich oft Model zu sein. Wie viele junge Mädchen in ihrem Alter, welche auf den Werbetafeln in teuren Kleidern auf die Stadt hinunterstrahlen wollten. Marinette schüttelte traurig den Kopf. Sie kannte die Hintergründe besser als ihr lieb war. „Ich weiss nur, dass er darunter litt. Nicht nur das Regiment seines Vaters machte ihm zu schaffen. Sondern auch, dass seine Mutter vom einen auf den anderen Tag verschwunden war. Niemand wusste, was mit ihr geschehen war. Das zerriss die Familie.“, erzählte Marinette, den Kopf auf ihrer linken Hand aufgestützt. In der Rechten hielt sie den kleinen Löffel, mit dem sie nachdenklich im Kaffee herumrührte. Sie fragte sich, weshalb sie es nicht früher bemerkt hatte. Doch hatte Adrien sich in der Schule oder bei Treffen mit Freunden nie traurig oder bedrückt gezeigt. Er war immer fröhlich und gelassen gewesen. Vielleicht weil er das Image aufrechterhalten musste. Weil es von ihm erwartet wurde. Ganz im Gegensatz zu Cat Noir, welcher sich einfach so gab wie er war. Aber auch mal ausrastete. So wie damals, nach dem Endkampf. Als er offensichtlich keine Energie mehr hatte. Marinette liess ihren Blick zu der Decke schweifen als sie bemerkte, dass ihre Gedanken schon wieder zu ihrem Partner geschweift waren. Sie fragte sich, wie es dem Kater wohl gehen mochte. Welchen Unsinn er gerade trieb. Ein Schmunzeln legte sich auf ihre Lippen. Es ging ihm sicher gut. Er wusste, wie er sich durchs Leben schlagen konnte. Er hatte sich sicherlich einfacher damit abgefunden, nicht mehr ein Superheld zu sein. Ihm war so vieles einfacher gefallen ihr. Insbesondere das Kämpfen am Anfang. Ohne gross nachzufragen hatte er sich in den Kampf gestürzt, die Bewohner vor Stoneheart beschützt. Während sie noch mit sich gerungen hatte, ehe sie den ersten Schritt gewagt hatte. „Du kannst ganz beruhigt sein.“, holte Sophie die Halbasiatin unbeabsichtigt aus ihren Gedanken. „Soweit ich weiss ist er momentan nicht sonderlich an einer Beziehung interessiert. Entweder arbeitet er im Café oder steckt seine Nase in eines seiner Physikbücher.“, Marinette lächelte. Adrien und Physik, das war so typisch. Er hatte ihr das eine oder andere Mal Nachhilfe gegeben, weil sie selbst mit dem Thema überhaupt nicht klar kam. „Aber so wie er dich gestern Abend angestarrt hat. Das war einfach nur bezaubernd. Der Junge hat ein Auge auf die geworfen.“ „Bist du sicher?“, zaghaft blickte Marinette zu Sophie, welche ihr aufmunternd zunickte. „Ich kenne ihn schon seit einer geraumen Weile. Du kannst mir vertrauen.“ Sie machte eine kurze Pause. „Wenn ihr nicht zusammen kommt, kriegst du Ärger mit mir!“, raunte die Brünette ihrer Kameradin spielerisch zu, ehe sie sich wieder dem Frühstück zuwandte.   -   Einige Stunden später sass Marinette mitsamt ihrem Skizzenblock im Central Park. Sie hatte es sich auf einer Parkbank beim See bequem gemacht und genoss die warmen Strahlen der Sommersonne. Ursprünglich hatte sie zuhause an ihren Designs arbeiten wollen. Aber die Muse war ihr heute einfach nicht hold. Also hatte sie kurzerhand ihre Tasche gepackt und hatte sich in den Park begeben. Doch war heute einfach nicht ihr Tag. Wo sie auch hinsah, immerzu musste sie an Adrien denken. Vielleicht war es ja doch eine dumme Idee gewesen, den vorhergehenden Abend mit ihm zu verbringen. Oder vielleicht nur schon die Tatsache, dass sie sich von Sophie hatte überreden und mitschleifen lassen. In der Hoffnung auch etwas andere Gedanken zu kommen, setzte sich die Schwarzhaarige ihre Kopfhörer auf. Keine Sekunde später erklang die Musik von Jagged Stone aus den Kopfhörern. Ganz auf die Musik konzentriert liess Marinette ihren Blick durch die Parkanlage schweifen. Doch war es nun nicht mehr Adrien, welcher sie ablenkte. Nein. Es war Cat Noir, der durch ihre Gedanken streifte.   „Marinette? Du hier?“, es war Adrien, welcher gerade bei der Bank vorbei schlenderte und seine Kameradin entdeckt hatte. „Adrien? Ich dachte du arbeitest heute?“, verwundert blickte sie ihn an, zog die Kopfhörer aus. „Es ist kurz nach Fünf. Ich hab seit ein paar Minuten Feierabend.“ Sein Blick fiel auf das unberührte Skizzenbuch auf Marinettes Schoss. Ungefragt setzte er sich neben die Halbasiatin, welche ein wenig verloren aussah. „Kommst du voran mit deinen Projekten?“ „Leider nicht. Heute ist irgendwie der Wurm drin.“, gab sie missmutig von sich, während sie den Blick auf den See lenkte. „Darf ich mal reinsehen?“, ohne gross nachzudenken händigte Marinette ihm das Buch aus. Neugierig öffnete Adrien den Skizzenblock, wo ihm einige sehr gelungene Designs entgegen schlugen. Aufmerksam beobachtete sie, wie Adrien das Skizzenbuch Seite für Seite durchblätterte. Einige der Skizzen betrachtete er länger, andere wiederum kürzer. „Die Skizzen sind doch gelungen. Ich fand schon immer, dass du sehr begabt bist.“  „Schon aber…irgendwie fehlt das gewisse Etwas und ich komme nicht weiter.“, meinte sie missmutig. Adrien gab ihr das Buch zurück. „Lass dich davon nicht unterkriegen. Vielleicht brauchst du einfach mal eine Pause. Oder einen anderen Blickwinkel.“, versuchte er sie auf andere Gedanken zu bringen. Automatisch dachte Marinette an die Zeit, als sie noch Ladybug war. Als sie über die Dächer Paris sprang und die französische Hauptstadt beschützte. Aber auch an das Nachtpanorama New Yorks vom Vorabend, welches in ihrer Erinnerung heller denn je erstrahlte und sie beflügelte. Sie schnappte sich den Bleistift, öffnete das Skizzenbuch auf einer leeren Seite und war Sekunden später wieder ins Zeichnen vertieft. Adrien lächelte. Das war die Marinette, die er kannte. Sie hatte wirklich andauernd irgendeine neue Idee. Das bewunderte er an ihr. „Ich wollte eigentlich noch etwas für mein Referat machen. Ich gehe dann mal wieder.“, meinte Adrien nach einer Weile, als er Marinette beim Zeichnen beobachtete. „Du kannst ruhig hier bleiben.“ „Stört dich das denn nicht?“, sie schüttelte den Kopf. „Überhaupt nicht.“ „Sag mal…Wollen wir zusammen in einem Café etwas trinken gehen?“ Marinette nickte erfreut. Sie packte den Block und das Bleistift weg.   „Willst du das nicht zuerst noch fertig machen?“, er deutete auf den Skizzenblock, welchen sie soeben wegräumte. „Nein. Das ist schon ok. Das soll mir als Inspiration dienen.“, lächelte sie. „Was schleppst du eigentlich mit dir rum?“, der Blick der Schwarzhaarigen wanderte auf die dick gepackte Tasche von Adrien. „Nur meinen Laptop und ein Schulbuch. Das Wissenschaftsreferat gibt mir einiges an Arbeit, da bin ich froh wenn ich auch mal ausser Haus daran arbeiten kann.“ „Irgendwie fällt es mir immer noch schwer zu glauben, dass du Wissenschaft studierst.“ „Es ist hundert Mal besser als alles, was mein Vater mir aufzwingen wollte. Die ganzen Fotoshootings sind mir mit der Zeit ziemlich auf die Nerven gegangen. Also bin ich ziemlich zufrieden damit, diese Richtung eingeschlagen zu haben.“, wusste Adrien zu berichten, was ihm die Halbasiatin bei seinem Lächeln sofort abkaufte. „Hier in der Nähe hat es ein französisches Café. Ich wollte sowieso dorthin. Ich lad dich ein.“, meinte der Blonde zuversichtlich, als er sich erhob. Warum eigentlich nicht, schoss es Marinette durch den Kopf. Der Gedanke gemütlich mit Adrien in einem Café zu sitzen hatte schon was Besonderes an sich. Denn in Paris waren sie jeweils nur mit Alya und Nino im Viererteam unterwegs gewesen. Sie erhob sich und schlenderte gemütlich neben dem Grünäugigen her. Sie hatte bereits am Vorabend bemerkt, dass er lockerer war als früher. Sicherlich war er noch der gleiche, aber trotzdem wirkte er nicht mehr ganz so verkrampft. Diese eine Tatsache liess Marinette den Blonden einige Sekunden länger anschauen, als sie eigentlich wollte. „Stimmt was nicht?“, Adrien bemerkte, dass sie ihn unermüdlich zu beobachtete. „Hab ich was in den Haaren, oder…“, er wollte weiterfahren, doch war von Marinette nur ein herzhaftes Kichern zu hören. Ohne es zu wollen lief der Blonde leicht rot an. Er mochte ihr Lachen. Nicht nur das. Er genoss es, das sie da war. Dass er sie endlich wieder sehen durfte. Nach so vielen Jahren. „Nein. Entschuldige. Mir ist nur gerade durch den Kopf, dass du anders wirkst als früher.“, erklärte sie ihren Gedankengang. „Anders als früher? Muss ich das jetzt negativ auffassen?“, seine linke Augenbraue wanderte nach oben. Die Halbasiatin schüttelte den Kopf. „Überhaupt nicht. Es ist mir einfach aufgefallen. Aber es gefällt mir. Ich finde es sogar ganz gut, dass du nicht mehr so angespannt bist wie früher.“, der Blonde blieb für einen Moment stehen. „Ich und angespannt?“, erstaunt blickte er die Halbasiatin an. Der war gut. Er war nur froh, dass sie nichts über sein Leben als Cat Noir wusste. Ansonsten hätte sie ihn wahrscheinlich schon längst links liegen lassen. „Naja, bei deinem Vater, welcher immer den perfekten Vorzeigesohn haben wollte, ist das ja auch kein Wunder.“, ein schelmisches Lachen trat in ihre Augen. Adrien wusste sofort worauf sie hinaus wollte. „So ist das also. Wie darf ich denn die Tatsache verstehen, dass du in meiner Gegenwart früher andauernd gestottert hast?“, der Schalk in den Augen des Blonden war unübersehbar. Aber nicht für Marinette. Welche wieder in ihre alten Muster zurück fiel. „Das…nein…Ich…Wann bitte soll ich denn gestottert haben?“, gab sie krebsrot von sich und wandte ihren Blick peinlich berührt von ihm ab. Sie hatte es schon wieder getan. Konnte sie es denn nicht einmal sein lassen? „Erwischt! Gerade eben!“, grinste der Blonde, weil er sie erneut bei ihren alten Gewohnheiten erwischt hatte. Dabei hatte sie am Vorabend ernsthaft gedacht, dass sie das endlich überwunden hatte. Anscheinend war dem doch nicht so, wie sie gerade wieder feststellten musste. „Das muss dir doch nicht peinlich sein.“, sie blickte zu Adrien, welcher wie immer ein fröhliches Lächeln auf den Lippen hatte. „Ich fand das damals immer ein wenig merkwürdig an dir…aber irgendwie auch ziemlich niedlich.“ Marinette hatte das Gefühl, ihr Kopf würde explodieren. Adrien fand sie, den damaligen Tollpatsch der ganzen Klasse, niedlich? Mit hochrotem Kopf starrte sie auf den See und achtete darauf, bloss nicht Adrien anzuschauen. Sie wollte nicht, dass er ihr rotes Gesicht sah. Der Blonde konnte sich denken, weshalb sie sich abwandte. Kannte er sie doch schon einige Jahre und wusste, dass ihr Kopf gerade einer Tomate gleichen musste. Aber gerade diese Schüchternheit gefiel ihm. „Der See wird dein rotes Gesicht nicht gerade besser machen.“, hänselte er sie absichtlich, womit er ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich zog. Die Schwarzhaarige blickte ihn wütend an, wobei sie einen Schmollmund zog und keine Minute später im Stechschritt in die entgegengesetzte Richtung voranging. „Hey, du weisst doch gar nicht, wo wir hin müssen!“ Doch Marinette lief stur einfach gerade aus. „So warte doch!“, eilte Adrien ihr hinterher. Nicht damit sie sich verlief und holte sie schliesslich ein. Er stellte sich direkt vor sie. „Das war nicht so gemeint, Mari!“, versuchte er sie zu beschwichtigen, doch sie war immer noch sauer wegen seiner vorhergehenden Bemerkung. Statt etwas zu sagen, wandte sie sich stur ab und stapfte weiter den Gehweg entlang. Adrien folgte ihr mit einigem Abstand. „Könntest du bitte aufhören mir nachzulaufen?“, gab sie nach einigen Minuten von sich. Ihr Ärger war noch nicht ganz verraucht.     „Soweit ich weiss, wollte ich dich auf einen Café einladen.“, meinte der Blonde. Die Hände locker in seinen Hosentaschen vergraben, ein entschuldigendes Lächeln auf den Lippen, sah er sie bittend an. Aufgrund ihrer Empörung über seinen Scherz hatte sie das komplett vergessen. Sogleich war der Grund ihrer Aufregung vergessen. Adrien schritt auf sie zu, bis er direkt vor ihr stand. „Entschuldige. Ich wollte nicht so aufbrausend sein.“, meinte sie leise. Schliesslich hatte er sie um Vergebung gebeten. Ihm war bewusst, dass er sich einen ziemlich dummen Spruch mit ihr erlaubt hatte. Also war ihr Empören darüber mehr als gerechtfertigt. Marinette blickte zu Adrien hinauf, auf dessen Lippen wiederum ein selbstzufriedenes Grinsen klebte. Fragend zog sie eine Augenbraue nach oben. „Ich sage es nur ungern, aber irgendwie gefällt mir deine aufbrausende Art.“, diese Worte liessen die Halbasiatin wiederum knallrot anlaufen. Sofort blickte sie auf den Boden. „Lass uns weitergehen.“, meinte sie, rot wie noch eben, und wollte den Weg zum Café fortsetzten. Adrien packte sie sanft am Handgelenk. „Dir ist schon klar, dass wir in die andere Richtung müssen?“, deutete er mit dem Daumen in die Richtung, aus der sie eben gekommen waren. Marinette, welche erst jetzt realisierte, dass sie den komplett falschen Weg eingeschlagen hatte, liess ihren Blick zu Boden sinken. Sie war vorhin so wütend gewesen, dass sie seine Worte ignoriert hatte. Adrien bemerkte ihren niedergeschlagenen Blick sogleich. „Ist alles in Ordnung?“, flüsterte er, machte einen Schritt auf die Schwarzhaarige zu. Ihr Handgelenk liess er dabei nicht los. Marinette nickte. „Ja. Tut mir leid, dass ich vorhin nicht auf dich gehört habe. Du kennst dich hier besser aus als ich. Entschuldige bitte.“ „Schon in Ordnung. Im Endeffekt hab ich mir das selbst zuzuschreiben.“, grinste er sie zufrieden an. „Hätte ich dich nicht geärgert, wären wir schon längstens auf dem Weg ins Café.“, meinte er schliesslich. Ein Lächeln schlich sich auf Marinettes Lippen. Sie fragte sich, weshalb sie sich von ihm hatte ärgern lassen. Dabei war es früher immer Cat Noir gewesen, ab dessen Sprüchen sie sich genervt hatte. Dass es nun teilweise Adrien war, kam ihr reichlich komisch vor. „Wollen wir weiter oder sollen wir hier Wurzeln schlagen?“, fragend blickte er die Schwarzhaarige an. Denn er selbst hatte keine Lust dazu, noch länger mitten im Park herumzustehen. „Lass uns gehen.“, stimmte sie ihm zu. „Na dann.“, grinste er und zog Marinette sanft hinter sich her.   Einige Zeit darauf öffnete Adrien ihr, Gentlemen wie er war, die Tür zu einem kleinen Café, am anderen Ende des Parks. Eine kleine Glocke erklang über dem Haupt der Halbasiatin. Neugierig trat Marinette durch die Glastür in die Gaststube ein. Ein kleiner Gastraum erstreckte sich vor ihr. Die Tische waren gut belegt. Marinette erblickte im Eingangsbereich eine Theke mit frisch gebackenen Torten, Brötchen und diverser anderer Leckereien. Adrien steuerte gezielt einen Tisch an der Fensterfront an. Marinette folgte ihm. Sie bestellten ihre Kaffees, als Marinette wenige Sekunden später wieder ihren Skizzenblock auspackte und weiter zeichnete. „Was bist du da eigentlich am Kritzeln?“, neugierig blickte Adrien zu Marinette, als Minuten später die Getränke serviert wurden. Adrien hatte in der Zwischenzeit seinen Laptop ausgepackt und ihn an der Ladestation angeschlossen, als sein Blick auf Marinette fiel, die immer noch mit Zeichnen beschäftigt war. Er hatte sie schon damals beim Derbywettbewerb für ihre Entwürfe bewundert. Auch wenn er es zu Beginn fälschlicherweise für Alyas Skizzenbuch gehalten hatte. Ein Missverständnis, welches die Dunkelhäutige sofort aufgeklärt hatte. Adrien wollte wissen, von was für einer Inspiration sie vorhin gesprochen hatte. „Du meintest doch vorhin, dass das deiner Inspiration dienen soll.“ „Ja. Deswegen muss es perfekt sein.“ Prüfend hielt Marinette das Skizzenbuch eine Armlänge von sich entfernt, ehe sie, zufrieden lächelnd, nickte. „Darf ich mal sehen?“, Adrien war neugierig, von was für einer Inspiration Marinette gesprochen hatte. Die Halbasiatin reichte ihm das Buch mit der geöffneten Seite. Was er dort erblickte, verschlug ihm beinahe die Sprache. Die Schwarzhaarige hatte das Panorama New Yorks im Nachthimmel gezeichnet. Obwohl sie es nur einmal gesehen hatte, so hatte sie es perfekt abgebildet. Doch erblickte er auch etwas, was definitiv nicht nach New York gehörte. Denn es war Ladybug, welche sich auf das Dach des Empire State Building geschwungen hatte. Jedoch ohne ihren Partner. Was ihn leicht betrübte. „Wie kommst du denn auf diese Idee?“, mit neugierigem Blick beobachtete er die Reaktion der Schwarzhaarigen, als er ihr das Buch zurück reichte. Diese wurde prompt ein wenig rot. „Du meintest vorhin, dass ich einen neuen Blickwinkel brauche. Da ist mir spontan Ladybug in den Sinn gekommen. Ich habe mich gefragt, was für einen Ausblick sie von den Dächern der Stadt haben muss.“, log Marinette notgedrungen. Am liebsten hätte sie sich in diesem Augenblick selbst über die Dächer der Stadt geschwungen und dort die Aussicht genossen. So wie sie es in Paris getan hatte. „Aber sie ist nicht hier.“ „Ja. Schon klar. Deswegen meinte ich auch, dass das Bild perfekt sein muss.“ „Wenn du willst, dass das Bild perfekt ist…hast du nicht jemanden vergessen?“, kritisch beäugte er sein Gegenüber. Marinette blickte auf die Skizze in ihrem Buch, wobei sie skeptisch eine Augenbraue nach oben zog. Sie betrachtete das Bild nochmals, doch sah sie den Fehler nicht. „Was meinst du damit?“ „Was ist mit Cat Noir? Ich finde, wenn du schon Ladybug über New York wachen lässt, dann darf ihr Partner auf keinen Fall fehlen.“, erinnerte Adrien sie an den Partner der Superheldin. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen. Sie hatte es nicht gesehen. Cat Noir und sie waren so lange Partner gewesen und trotzdem war sie nicht auf die Idee gekommen, dass er auf dem Bild fehlte. Ihre Gedanken wanderten sogleich zu ihrem einstigen Partner. Sie fragte sich, wie er wohl inzwischen aussah, als sie versuchte, ihn auf dem Papier zu verewigen. Was sich als schwerer erwies, als sie dachte. Adrien bemerkte ihren angestrengten Blick sofort. „Warum zeichnest du ihn nicht einfach auf die andere Seite des Daches? Ladybug hängt doch an der linken Seite. Da wäre es doch passend, wenn Cat Noir die andere Seite der Stadt im Auge hätte. Meinst du nicht auch?“, mit unschuldigem Blick schaute er die Schwarzhaarige an. Diese nickte nur, ehe sie Cat Noir Strich für Strich dem Bild hinzufügte. Adrien hatte Recht. Sie und Cat Noir waren nach wie vor Partner. Wenn sie die eine Seite der Stadt im Blick hatte, dann musste Cat Noir die andere Seite übernehmen. Während Marinette mit dem fertigstellen ihrer Inspiration beschäftigt war, setzte Adrien sich an das Wissenschaftsreferat. Der Blonde war so in seine Arbeit vertieft, dass er nicht bemerkte, wie Marinette ihm beim Recherchieren beobachtete. Die Schwarzhaarige lächelte, als sie den konzentrierten Blick ihres Kameraden erblickte. Wie er unermüdlich die verschiedensten Informationen aus seinem Buch zusammentrug und schliesslich auf dem Laptop zusammenfasste. Marinette blickte erneut auf das Bild, welches ihr für die Zukunft als Inspiration dienen sollte. Wieder war es ihr Partner, welcher sich in ihre Gedanken schlich. Wie es ihm wohl gehen mochte, ganz alleine in Paris? Ehe sie sich versah, hatte sie auf einer leeren Seite eine Skizze für einen schwarzen Hoodie mit Katzenohren angefertigt. „Für den Winter ist der sicher ziemlich gemütlich.“, hörte sie Adriens Stimme, welcher aus Neugierde einen Blick über den Rand seines Laptops warf. Der Blonde lächelte. „Das ist nur ein erster Entwurf.“, meinte die Schwarzhaarige, hochrot im Gesicht. „Ich wusste nicht, dass du eine Vorliebe für den Superhelden von Paris hast.“, gab er erstaunt von sich und wechselte seinen Platz, damit er die Skizze genauer in Augenschein nehmen konnte. Anscheinend mochte sie Cat Noir doch mehr als sie zugab. „Ach…das ist…kompliziert.“, brachte sie stotternd über die Lippen. Adrien zog eine Augenbraue nach oben. So hatte er die Beziehung zwischen Marinette und seinem Superhelden-Ich noch nie betrachtet. „Warum denn das?“ „Ach…vergiss es einfach.“ „Ich würde das aber gerne wissen. Anscheinend geht er dir in den letzten Tagen des Öfteren durch den Kopf. Oder irre ich?“, mit undurchdringlichem Blick schaute Adrien Marinette in die Augen. Sie konnte ihn nicht anlügen. Adrien kannte die Wahrheit. Er hatte die Worte, welche sie am Vorabend leise geflüstert hatte, gehört. Sie wusste nicht, wie sie dem Blonden diese Frage beantworten sollte, ohne ihm etwas vorzumachen. „Cat Noir ist… Er ist eine verdammte Nervensäge.“, gab sie schliesslich leise von sich. Adrien glaubte sich zu verhören. Marinette bezeichnete sein Alter Ego als Nervensäge? Dann hatte er wohl bei den Missionen, die sie zusammen bestritten hatten, zu dick aufgetragen. „Du scheinst ihn aber ziemlich zu mögen, wenn du sowas entwirfst.“, meinte Adrien und deutete auf ihre Skizze. Marinette antwortete ihm nicht, sondern kritzelte weiter an ihrer Skizze. „Entschuldige…“, murmelte sie plötzlich. „Ich kann das hier nicht.“ „Wie meinst du das?“, perplex betrachtete Adrien die Schwarzhaarige. „Es ist schon komisch…die letzten Monate über in Paris war alles…normal. Ich konnte arbeiten, mich auf das Studium und das Praktikum konzentrieren.“ Adrien schluckte leer. Sie betrachtete ihn als Störfaktor. „Einfach…seit ich dich gestern Abend gesehen habe, muss ich andauernd an Cat Noir denken und ich weiss beim besten Willen nicht, warum das so ist.“ Marinette legte eine kurze Pause ein. „Aber hier mit dir zu sitzen…das macht es im Moment nur schlimmer.“ Adrien erwiderte nichts darauf. Es war für ihn mehr als nur logisch, dass er sie an sein anderes Ich erinnerte. Selbst Alya hatte einmal im Chat geschrieben, er solle seine kindischen Witze lassen. „Kann ich irgendetwas für dich tun?“, fragte er schliesslich. Er konnte nicht länger mitansehen, wie Marinette sich quälte. Die Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. „Sicher?“ Marinette rührte sich nicht. Am liebsten wäre sie davon gelaufen, nach Hause, um sich unter die nächstbeste Decke zu verkriechen. Oder zumindest so lange, wie ihr Herz sie diesen Gefühlen auszusetzen gedachte. Adrien überlegte nicht lange. Er packte seine Habseligkeiten in die Tasche, um keine Minute später an der Kasse die Getränke zu bezahlen. „Pack deine Sachen. Ich hab eine Idee.“, Marinette nickte tonlos, ehe sie ihr Skizzenbuch in die Tasche steckte und gemeinsam mit dem Blonden das Café verliess.   „Hör mal…ich denke, es wäre besser, wenn ich nach Hause gehe. Ich finde es dir gegenüber nicht fair. Du nimmst dir Zeit für mich und ich bin mit meinen Gedanken nicht einmal hier.“, meinte Marinette, als die beiden eine geraume Weile nebeneinander her gingen. Sie wandelten wieder auf den Pfaden des Central Parks. „Das macht mir nichts aus.“ Fragend blickte Marinette zu Adrien. „Ich mag es, mit dir Zeit zu verbringen. Ganz egal ob du gedanklich hier bist oder nicht. Ich möchte die Zeit, die ich mit dir habe, nutzen. Was ich damals in Paris nicht getan habe.“ „Du hattest damals ja auch anderes im Kopf.“, schüchtern strich die Halbasiatin sich eine Haarsträhne hinter die Ohren. Sie konnte sich vorstellen, dass er mit dem Umzug mehr als genug zu tun hatte um sich überhaupt um eine Beziehung zu kümmern. Im Nachhinein hatte sie sich gewundert, dass er es irgendwie geschafft hatte, andauernd Zeit für seine Freunde zu finden. Egal wann sie sich getroffen hatten. Nach dem grossen Kampf war Adrien immer dabei gewesen und trotzdem hatte er niemandem von seinem Umzug erzählt. Bis zu seinem letzten Schultag. „Ja. Aber das ist keine Entschuldigung.“, Marinette nickte. Da hatte er nicht Unrecht. Adrien blieb stehen, blickte zu dem See, an dem sie gerade vorbei kamen. Marinette drehte sich zu ihm. Sie war ihm einige Schritte voraus und konnte sehen, wie sehr er in seine Gedanken versunken war. „Was war das für eine Idee?“, holte sie ihn unerwartet wieder in die Gegenwart. Adrien blinzelte kurz, als er Marinette neben sich erblickte, die ihn fragend anblickte. „Das vorhin. Von was für einer Idee hast du da gesprochen?“ „Naja. Im Nachhinein denke ich, dass die Freiheitsstatue von Fern bei Nacht wohl nicht ganz so beeindruckend ist.“, meinte der Blonde lächelnd. „Wenn du das von gestern Abend übertrumpfen willst, musst du schon was Besseres auffahren.“ „Stimmt.“, Der Blonde setzte sich in das Gras und streckte ihr seine Hand entgegen. Verdutzt blickte sie zu Adrien hinunter, der sie bittend ansah. „Na komm schon. Oder hast du Angst davor im Gras zu sitzen?“ Schon wieder. Genau diese Sprüche waren es, die sie an ihren Partner erinnerten. „Wie kommst du denn darauf?“, gab sie spitz von sich und platzierte sich neben ihm. Einige Minuten blieb es still. „Schade, dass die Tage schon wieder kürzer geworden sind.“, meinte Marinette nach einer Weile, als sich der Himmel aufgrund des Sonnenuntergangs in verschiedenen Farben schmückte. „Wenn du willst, können wir einfach nur hier sitzen und uns den Sternenhimmel ansehen.“ „Ich enttäusche dich nur ungern…aber wir sind inmitten in einer Stadt. Hier wird es wohl kaum möglich sein, denn …“, Marinette verstummte, als Adrien einen Arm um sie legte. „Ich dachte, wir sind uns einig gewesen, dass ich mich hier besser auskenne.“ Die Halbasiatin nickte kurz. „Ist dir bekannt, dass der Central Park bei den Bewohnern und Touristen auch so beliebt ist, weil man hier den Sternenhimmel in aller Ruhe beobachten kann?“ „Nein. Das war mir nicht bekannt.“ Sie legte eine kurze Pause ein. „Ich habe vor der Abreise noch versucht, so viel wie möglich über New York zu recherchieren. Aber ich glaube, das mit dem Nachthimmel, habe ich wirklich verpasst. Wahrscheinlich nicht nur das.“, meinte sie lächelnd. „New York ist ziemlich gross. Da kannst du nicht alles innert kürzester Zeit recherchieren. Wenn, dann musst du dir die Stadt schon richtig ansehen.“ „Dann willst du für ein armes, französisches Mädchen wie mich den Fremdenführer spielen?“, mit unschuldigen Engelsaugen blickte sie ihn an. „Also das mit dem armen, französischen Mädchen hast du jetzt ins Spiel gebracht.“, feixte er. „Aber für euch, Mylady, spiele ich liebend gerne den Touristenführer.“, flüsterte er nahe an ihrem Ohr. Dieser Satz entlockte Marinette ein Kichern. „Wie kommt es, dass du zu solch einem unverbesserlichen Charmeur geworden bist?“, brachte sie, leicht rot im Gesicht, einen kleinen Abstand zwischen sich und den Blonden. Ein freches Grinsen wanderte über Adriens Lippen. „Vielleicht gibt es ja eine Seite an mir, die du nicht kennst.“ „Gut möglich. Aber da bist du nicht der einzige.“, verwegen drehte sich Marinette zu Adrien.   „Dann gibt es nicht nur eine schüchterne Version von dir? Und ich dachte schon, ich bekomme die mutige Marinette nicht mehr zu Gesicht nach der Schulsprecherwahl.“ „Wenn du mich fragst, ist das eindeutig ein Beweis dafür, dass wir uns nicht gut genug kennen.“ „Was hältst du davon, wenn wir das nachholen?“ „Die Idee gefällt mir.“, flüsterte sie mit geschlossenen Augen lehnte sich gegen seine Brust. Adrien wurde leicht rot. Damit hatte er nicht gerechnet. Noch bevor er darüber nachdenken konnte, löste Marinette sich von ihm. „Entschuldige bitte.“, schüchtern wandte sich die Schwarzhaarige ab. Perplex blickte Adrien zu der angehenden Designerin. „Ich dachte, es wäre dir unangenehm, weil du nicht reagiert hast.“, erklärte sie ihr tun. „Nein. Überhaupt nicht.“, er überlegte, wie er das wieder geradebiegen konnte. „Komm her.“, seine ansonsten feste Stimme glich einem bittenden Flüstern. Er hatte seine Hand nach ihr ausgestreckt. Unsicher rutschte Marinette ein Stück näher zu dem Studenten, welcher erneut einen Arm um sie legte. Zaghaft lehnte sie sich an den Blonden, welcher sie noch ein wenig näher zu sich hinzog. „Du hast mich vorhin in dem Café gefragt, ob du etwas für mich tun kannst.“ Adrien wusste sofort, was sie meinte. „Ich möchte einfach gerne mit dir Zusammen die Sterne ansehen und dabei in deinen Armen liegen.“, ein schüchternes Lächeln zierte die Lippen der Schwarzhaarigen. Ohne gross nachzudenken erfüllte Adrien die Bitte der angehenden Designerin. „Liebend gerne.“, flüsterte er ihr ins Ohr, ehe sich die Blicke der Verliebten dem sternenerfüllten Nachthimmel New Yorks widmeten. Kapitel 3: ----------- „Raus aus den Federn, Langschläfer!“, platzte Sophie freudig an diesem äussert warmen Sonntagmorgen in das Studienzimmer ihrer Freundin. Die Zimmertür krachte dabei gegen den Wandschrank, was Marinette unsanft aus dem Schlaf holte. „Kannst du mich nicht einmal am Sonntag ausschlafen lassen?“, meinte Marinette murrend, wobei sich ihre Begeisterung in Grenzen hielt. Denn dies war der sechste freie Tag in Folge, den Sophie sie ohne Rücksichtnahme bereits um sieben Uhr morgens weckte. Marinette weilte ihr drittes Wochenende in den Staaten und Sophie hatte jeden Samstag bzw. Sonntag eine äusserst gute Begründung gefunden, wie sie ihre Freundin wortwörtlich aus dem Bett werfen konnte. „Bei dem Wetter? Ich bitte dich! Das muss man geniessen!“, grinste die Brünette, welche sich bereits in ihr Strandoutfit geschmissen hatte und die Vorhänge aufzog. Ihr Kopf wurde von einem weissen Strohhut geziert, welcher mit ihrem rosa Strandkleid harmonierte. Die Sonnenbrille verdeckte die graublauen Augen der Brünetten. „Ich bitte dich. Es ist viel zu warm.“, todmüde liess Marinette sich wieder ins Bett fallen und zog sich das Kissen über den Kopf. Sie wollte einfach nur schlafen. „Genau deswegen gehen wir ja auch an den Strand.“ „Und an welchen?“, kam es grummelnd unter dem Kissen hervor. Marinette wusste, wie gross New York war und die Menge an Stränden war nicht gerade übersichtlich. Dies hatte sie durch einige Recherchen einige Wochen vor ihrer Abreise festgestellt. „Wir machen mit meinen Freunden den Brighton Beach unsicher!“, Sophie strahlte vor lauter Freude über das ganze Gesicht. „Müssen wir wirklich schon so früh los?“, fragte die Schwarzhaarige erneut nach. Sie hatte aufgrund der schwülen Temperaturen den Nachmittag verschlafen und in den kühlen Abend- sowie Nachtstunden an ihren Designs gearbeitet. „Hey! Wir haben mindestens eine Dreiviertelstunde bis zum Brighton Beach, wenn nicht sogar etwas länger. Was arbeitest du auch immer die Nacht durch?“ „Weil bei mir das Projekt an erster Stelle steht, nicht so wie bei dir!“, zog Marinette wütend ihren Kopf unter dem Kissen hervor. Sie hatte in den letzten Monaten, dank ihrem regen Schreibverkehr mit Sophie, gelernt, dass jene sich kurzzeitig für etwas begeistern konnte, ehe sie es wieder fallen liess. Sie war jemand, der für die Schule nie allzu viel lernen musste und die Zeit der Hausaufgaben in eventuelle Projekte investieren konnte. Die sie zum Zeitpunkt aber nicht hatte. Weswegen sie nun versuchte ihre Freizeit irgendwie anders zu gestalten. Was sie gerade wieder bewies. „Wie wär’s denn, wenn du einfach mal deinen Schwimmkram sowie deinen Notizblock mitnimmst? Dann kannst du den Tag geniessen und nebenbei an deinem Projekt arbeiten, wenn du nicht zu müde bist!“, gab die Brünette zwinkernd von sich, ehe sie die Tür genauso geräuschvoll zuzog, wie sie diese geöffnet hatte. Marinette gab es ungern zu, aber sie musste Sophie Recht geben. Sie sollte den Tag geniessen. Schliesslich musste sie morgen wieder in die Schule und den ganzen Tag im Bett zu verbringen erschien ihr dann doch ein wenig zu langweilig. Aber so eilig hatte sie es dann doch nicht an den Strand zu kommen und blieb noch einige Minuten liegen. So bemerkte sie nicht, wie Sophie die Tür zu ihrem Zimmer leise einen Spalt breit öffnete. „Ach ja…ich bin mir sicher ein gewisser blonder Student würde sich freuen, dich wieder zu sehen!“, liess sie Marinette flüsternd wissen. Diese Worte liessen Marinette hochschrecken. So schnell, dass sie beinahe aus dem Bett fiel. Es war eine Woche her, dass sie mit Adrien Arm in Arm unter dem Sternenhimmel im Central Park gesessen hatte. „Den merke ich mir, für den Fall, dass du mal verschläfst!“, feixte die Brünette, wobei sie die Tür weiter öffnete. Marinette zögerte nicht und schmetterte ihrer Freundin das nächstbeste Kissen entgegen, was Sophie verhindern konnte, indem sie die Tür schloss. Das Wurfgeschoss prallte gegen das weisse Holz und fiel zu Boden. Noch etwas müde packte die Halbasiatin einen Bikini, ein Strandtuch, Sonnencrème, ein Lesebuch sowie ihren Notizblock inklusive Schreibutensilien in ihre Strandtasche. Leicht mürrisch ging sie zu der Tür und hob das Wurfgeschoss auf, platzierte es wieder auf ihrem Bett, um keine Sekunde später ins Badezimmer zu verschwinden.   „War es wirklich so schlimm aufzustehen?“, hänselte Sophie die Halbasiatin, als sie rund dreissig Minuten später auf die U-Bahn warteten. Es war inzwischen kurz vor acht. Die Sonne schien bereits seit zwei Stunden vom Himmel hinab und liess den Big Apple an einem dieser letzten Augusttage in der Sommerhitze schmoren. Die Schwarzhaarige starrte Sophie mit ihren hellblauen Augen an, als ob sie jemanden damit umbringen könnte. Die Brünette schluckte leer. Es war wohl doch keine so gute Idee gewesen, Marinette zu dieser frühen Stunde aufzuwecken. Nun durfte sie sich mit der schlechten Laune der Studentin herumschlagen, was sich nicht als Zuckerschlecken erwies.   „Warum zum Geier bist du jetzt denn schon wieder am Lernen? Hast du dich nicht erst gestern Abend eingeschlossen und hinter dem Computer verschanzt?“, wurde Adrien von seinen Mitbewohnern und Freunden, welche er unter der Bedingung, dass sie ihn ein wenig in die Bücher schauen liessen, zum Brighton Beach begleitete. Sie waren vor wenigen Minuten angekommen und wussten, dass noch einige Leute zu der Gruppe stossen würden. Es war abgesprochen, dass die den Platz reservierten und die Sonnenschirme aufstellten. Adrien wusste, dass Sophie das ganze inszeniert hatte. Allerdings fragte er sich, welchen Anlass es dafür gab, die ganze Clique zu versammeln. Es hätte gereicht, wenn nur ein Teil der Leute gekommen wäre. Aber nein. Nichts da. Selbst Rebecca, mit welcher er das ein oder andere mal aus war, damit sie ihn in Ruhe liess, war vor Ort. Was ihm nicht sonderlich gefiel. Denn diese war der Hauptgrund, weshalb ihn seine Freunde am Vorabend wortwörtlich weich klopfen mussten. „Sagt mal, wann meinte Sophie nochmal, würde sie eintrudeln?“ „Gegen halb neun. Sie hat aber noch geschrieben, dass sie aufgrund ihrer Studienfreundin etwas später ankommt.“, gab eine Blondine von sich. Bei dem Wort Studienfreundin wurde Adrien stutzig. Das konnte nur Marinette sein. Brian, Adriens Mitbewohner, erkannte den verdutzten Blick seines Freundes sofort. „Was denn? Bist du etwa neugierig? Ich habe dich doch letzte Woche mit diesem Mädchen im Café gesehen. Läuft da etwas?“, ärgerte Brian den Blonden. Der Dunkelhaarige war ein Jahr alter als er selbst und studierte ebenso am Brooklyn College. Wie Sophie gehörte er der Clique an und war froh, wenn er seinen jüngeren Mitbewohner mal aus der Wohnung raus bekam. Sophie hatte Brian gesagt, dass sie nur einen kleinen Teil der Clique da haben wollte. Dummerweise hatte es der Rest dann doch irgendwie mitbekommen und sich selbst eingeladen. Der WhatsApp Gruppenchat war am Vorabend von Nachrichten überflutet worden. Im wahrsten Sinne des Wortes. Augenblicklich lief Adrien rot an, als er an den gemeinsamen Abend mit der Halbasiatin zurück dachte. „Was geht dich das an?!“, gab er ungehalten von sich. „Sie ist nur eine alte Freundin. Wie oft muss ich dir das denn noch erklären?“, meinte Adrien mürrisch. Denn Brian und die anderen beiden Mitbewohner der WG ärgerten ihn schon seit dem letzten Wochenende mit diesem Thema. „Ich würde sagen, so oft bis unser Brian es begriffen hat.“, grinste Sarah, welche die Nachricht von Sophies Verspätung vorhin übermittelt hatte. „Also so, wie er sie angeschaut hat, ist er ziemlich in sie verschossen.“, grinste der Ältere. Aufgebracht schlug Adrien das Buch zu, über welchem er eben gesessen hatte und pfefferte es auf sein Strandtuch. „Ich geh mich abkühlen!“, meinte er noch kurz, eher er zum Meer schritt und sich in die Wellen stürzte. Sein Mitbewohner schüttelte den Kopf. Es war mehr als eindeutig, dass der Blonde mehr für die Halbasiatin empfand, als er selbst wahrhaben wollte. Rebecca, die langes, rabenschwarzes Haar besass und einen knallroten Bikini trug, schritt auf Brian zu. Sie hatte das Gespräch genauestens mitangehört. „Stimmt das, dass er eine Freundin hat?“, mit ihren dunkelbraunen, beinahe schwarzen Augen blickte sie ihr Gegenüber kritisch an. „Keine Ahnung. Ich habe ihn letzte Woche mit jemandem gesehen und wenn du mich fragst, sah er ziemlich glücklich aus – auf jeden Fall glücklicher als zu der Zeit, als er mit dir aus war.“, spuckte Brian ohne grosse Umschweife die Wahrheit aus. Der Dunkelhaarige wandte sich ab und kümmerte sich um die Kühlung der mitgebrachten Getränke. Rebecca hingegen blickte verachtend auf das Meer hinaus, wo sie Adrien durch die Wellen kraulen sah. Sie würde noch rausfinden, wer ihrem Adrien das Herz gestohlen hatte. Mit Sicherheit. Das schwor sie sich.   Zu diesem Zeitpunkt stapften Sophie und Marinette durch den bereits leicht erwärmten Sand zu der Clique, welche sich ein geeignetes Plätzchen eingerichtet hatte. „Sophie! Da seid ihr ja endlich!“, wurden die Neuankömmlinge freudig von Sarah begrüsst. Rebecca drehte sich leicht genervt um und wollte Sophie bereits begrüssen, als sie die schüchterne Halbasiatin hinter der Brünetten erblickte. Sogleich zog die Halbchinesin die Blicke von Rebecca auf sich. Die Amerikanerin in dem roten Zweiteiler schritt zielsicher auf den Neuling zu. „Du bist also die Studienfreundin von Sophie, die das Praktikum gewonnen hat.“, kritisch beäugte sie ihr Gegenüber, welche ihr bis zu der Nasenspitze reichte. Marinette nickte stumm. Sie wollte es sich mit den Freunden von Sophie und Adrien nicht verderben. Schüchtern blickte die Halbasiatin zum sandigen Boden. Sie hoffte innerlich darin versinken zu können, ehe diese Tussi vor ihren Augen sie mit ihren bohrenden Blicken umbrachte. Sie sah nicht sonderlich erfreut aus. Marinette konnte sich nur schwer vorstellen, dass Adrien mit solch einer Frau befreundet war oder besser befreundet sein konnte. Sie gab es nur ungern zu, aber die Art wie ihr Gegenüber sie gerade betrachtete, passte ihr nicht. Die Halbchinesin kam sich vor wie Frischfleisch, das nur darauf wartete in den nächsten Sekunden von wilden Tieren zerfleischt zu werden. „Ich dachte immer, Designer wären grösser – Menschen, die auf den ersten Blick aus der Menge herausstechen. Unglaublich, dass ein Mauerblümchen wie du, den Wettbewerb überhaupt gewinnen konnte.“, spottete sie mit einem fiesen Lachen, welches sie hinter ihrer linken Hand verbarg. Sie konnte es nicht fassen, dass jemand wie dieses unscheinbare Mädchen das Praktikum gewonnen hatte. Die nichts an sich hatte, ausser den himmelblauen Augen und ihrer chinesischen Herkunft. Denn auch sie hatte an diesem Wettbewerb teilgenommen. Ihre Unterlagen hatte sie jedoch postwendend wieder zurück erhalten, was sie immer noch nicht verdaut hatte. „Was ist denn hier los?“, platze Adrien unwissend, klatschnass noch von seinem kleinen Ausflug in den Wellen, in die Unterhaltung. Er hatte Marinette und Sophie sofort gesehen, als sie ankamen. Sein Herz hatte einen Moment ausgesetzt, als er die Halbasiatin in dem lockeren Sommerkleid erblickte. Rebeccas Blicke den beiden gegenüber waren ihm nicht entgangen. Er kannte sie nur allzu gut und wusste, dass sie jede Gelegenheit nutzen würde um Marinette, die den Wettbewerb gewonnen hatte, zu Ärgern. Sie hatte ihm damals erzählt wie unsagbar traurig sie war, wegen ihrer Niederlage. Er erinnerte sich sogar daran, wie sich die Diva bei ihm ausgeweint hatte – was ihm einfach nur gegen den Strich gegangen war. Er wusste, dass sie kein Talent war, wie der Rest der Gruppe. Und doch hatte sie, gegen den Rat der Gruppe, beim Wettbewerb teilgenommen. Weil sie sich sicher war, dass sie nur gewinnen konnte.   Marinette erstarrte und ihr Herz schlug augenblicklich schneller, als sie Adrien sah, wie er klatschnass, in seinen schwarzen Badehosen, zwischen den Frauen stand. Ihr Mund wurde staubtrocken, sie schluckte leer. Innerlich verfluchte Marinette die Tatsache, dass Alya sie in sämtliche Marvel-Filme mitschleppte. Hätte sie die Realverfilmung von Thor nicht gekannt, wäre sie sich fast sicher gewesen, dass dieser vor ihr stehen musste. Sicherlich war Adrien eher schmächtig gebaut, sein Haar war um einiges kürzer und heller als das des Odinsons und doch erkannte sie ihn in diesem Augenblick kaum wieder. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken, nur schon wegen ihrer unzüchtigen Gedanken, als sie Adrien erblickte. Es war ja nicht so, dass er ihr Herz nicht schon die letzten paar Male hatte schneller schlagen lassen. Doch ihn in seinem Badeoutfit zu sehen, das gab der ganzen Geschichte nochmal eine neue Tiefe, die Marinette im Moment ziemlich unangenehm war. „Adrien! Babe!“, säuselte Rebecca zuckersüss, was dem Angesprochenen eine hässliche Miene ins Gesicht zauberte. Marinette erstarrte. Die Art und Weise, wie Rebecca sich an Adrien ranschmiss, liess das Blut in ihren Adern gefrieren. Fragend, mit Angst in den Augen, blickte sie Adrien an, welcher ihr in den letzten Tagen ziemlich offensichtliche Avancen gemacht hatte. Rebecca wollte Adrien umarmen, doch schlug der Franzose ihre Hand weg. „Was soll der Mist?! Wir hatten das geklärt, Rebecca!“, schnitt Adriens Stimme die Luft. „Ich bin’s doch, deine Becca! Hast du das vergessen?!“, versuchte sie es erneut, wobei sie allerliebst klang und seinen Arm sanft packte. Als ob sie niemandem etwas zuleide tun konnte. Erbost riss Adrien sich von ihr los. „Ich habe es dir schon einmal erklärt: Ich habe kein Interesse an einer Beziehung mit dir. Also hör auf damit. Bevor ich mich vergesse!“, gab der Blonde erzürnt von sich. Die eben noch fröhliche Maske Rebeccas wich einer wütenden Fratze. „Glaubt ihr wirklich, dass dieses kleine Mauerblümchen den Wettbewerb fair gewonnen hat? Es ist doch mehr als offensichtlich, dass sie die Vorsitzenden bestochen hat. Sie kann niemals so gut sein wie ich. Niemand kann das!“, behauptete sie, ihre Stimme triefte vor Gift. Marinette glaubte ihren Ohren nicht. „Was fällt dir ein, Rebecca?! Du hast noch nie einen Entwurf von Marinette gesehen. Also hör auf ihre Arbeit in den Dreck zu ziehen! Ausserdem bist du bei der Aufnahmeprüfung des Parsons hochgradig durchgefallen.“, erinnerte die Brünette ihr Gegenüber. Rebecca wollte etwas erwähnen, doch Adrien liess sie nicht weiter reden. „Du irrst dich! Sie ist um Längen besser als du! Sie hat schon in der Mittelschule den einen oder anderen Wettbewerb für sich entschieden. Marinette würde niemals jemanden bestechen! Das hat sie nicht nötig, im Gegensatz zu dir!“, giftete der Blonde zurück. Er kannte Marinette schon einige Jahre und wusste, wie hart sie für ihren Traum arbeitete. „Ach, so läuft das also. Sie ist die Person, die Brian vorhin erwähnt hat. Die Person mit der du glücklich bist. Schon klar. Wie konnte ich so blind sein?!“, eingeschnappt packte sie ihre Badesachen zusammen und stapfte hochnäsig davon. Adrien raufte sich innerlich die Haare. „Alter. Jetzt wird mir klar, weswegen du mit ihr ausgegangen bist. Mein Beileid.“, legte Brian dem Blonden beschwichtigend eine Hand auf die Schulter. Dieser setzte nur einen beleidigten Blick auf und schob die Hand seines Kumpels weg. Sophie schüttelte ab Rebeccas Szenerie nur den Kopf, wogegen Marinette ihr verstört hinterher blickte.   „Ich geh nochmal ins Wasser. Kommt jemand mit?“, fragte Adrien in die Gruppe und war bereits weg, ehe ihm jemand antworten konnte. Verwirrt schaute Marinette ihm nach, wie er ins Wasser sprintete. Nach Atem ringend, erschöpft vom Schwimmen, tauchte er nach einer Weile wieder auf. Er schwamm wieder in Richtung Strand, damit er wieder Boden unter den Füssen hatte. Wie er zum Stehen kam, sah er Marinette, welche in ihrem dunkelblauen Bikini auf ihn zukam. Sie hatte sich in der Zwischenzeit mit Sophie zu den Umkleidekabinen begeben. Die Schwarzhaarige wollte schnellstens zu ihm. Sie sah, wie aufgewühlt er von der Situation eben war. Doch als sie zum Wasser ging, kam ihr der Blonde aus den Wellen entgegen. Sein Augenmerk fiel auf ihre Badekleidung, welche ihrer schlanken Figur schmeichelte. Ihre Beine wirkten dank dem Unterteil um einiges Länger, als sie eigentlich waren.   „Ist bei dir alles in Ordnung?“ „Ja, alles klar.“, meinte sie. „Findest du das ok, dass sie dich so runter gemacht hat?“ „Nein. Natürlich nicht. Aber ich war einfach so platt, dass ich nicht wusste, was ich ihr gegenüber sagen sollte. Und ich dachte wirklich, hier gäbe es niemanden der so schlimm ist wie Chloé.“ „Mir wären zwei Chloés immer noch lieber als eine Rebecca.“, meinte Adrien. Sie wusste, was er damit meinte. Mit Chloé konnte jeder von Ihnen fertig werden. In den letzten Jahren hatte sich Marinette sogar ein wenig mit ihr angefreundet, auch weil Chloé nach der Abwahl ihres Vaters als Stadtpräsident stark hatte zurückstecken müssen. „Ist das nicht ein wenig zu Hart?“ „Ich glaube kaum.“   Eine unangenehme Stille entstand zwischen den beiden, bis Marinette schliesslich als Erste wieder ihre Stimme fand: „Was war denn vorher los?“ „Entschuldige. Aber sie hat mir mit ihren Avancen den letzten Nerv geraubt. Also habe ich mich mit ihr verabredet, damit wir das in Ruhe klären können. Dummerweise ist sie mir jedes Mal ins Wort gefallen und wollte mich unbedingt nochmal treffen.“ „Du hast nachgegeben?“ „Ja. Weil ich einfach meine Ruhe haben wollte. Du hast ja gesehen, wie sie sein kann.“ „Und dann?“ „Ich habe sie beim Treffpunkt stehen lassen und ihr klipp und klar gesagt, dass ich nichts von ihr will. Aber anscheinend hat sie das immer noch nicht kapiert.“ Marinette nickte. Es war gut zu wissen, dass er nichts für Rebecca empfand. Schüchtern blickte sie zu Boden. Sie traute sich nicht, dem Blonden in die Augen zu sehen. Weil sie nicht wusste, wie sie dann reagieren würde. Insbesondere nach den Worten, welche Rebecca laut vor der Gruppe ausgesprochen hatte. Das Adrien mit ihr glücklich wäre. Worte, die nicht wirklich zu ihr durchdringen wollten. „Mit dem was Rebecca vorhin gesagt hat, hat sie nicht ganz Unrecht.“, meinte er, wobei er Marinette direkt in die himmelblauen Augen schaute, welche ihn magisch anzogen. Er trat einen Schritt näher an sie heran. Aufmerksam blickte die Halbasiatin zu ihm hinauf. „Ich bin glücklich darüber, dass du hier bist und dass ich Zeit mit dir verbringen kann. Ich will mir das nicht zerstören lassen. Von niemandem, aber auch von gar niemandem.“, flüsterte er, wobei er ihre Hände an seinen Mund führte und sie sanft küsste. Diese Worte liessen Marinette hochrot anlaufen. Sie gab es ungern zu, aber sie mochte es, wenn er so mit ihr flirtete. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Sie hatte sich noch nicht daran gewöhnt, dass er ihr so offensichtlich Avancen machte. „Du unverbesserlicher Charmeur!“, zog sie empört die Hand weg und spielte die Beleidigte. Sie verschränkte die Arme und kehrte ihm den Rücken zu. „Habe ich…“, Adrien wollte sie fragen, ob er einen Fehler gemacht hatte. Doch noch bevor er den Satz zu Ende sprechen und ihr eine Hand auf die Schulter legen konnte, drehte sich die Halbasiatin um und rannte ins Meer. Dort blieb sie einige Meter von ihm entfernt, im Knietiefen Wasser, stehen. Frech lächelnd drehte sie sich zu ihm um. Der Blonde kam nicht umhin zu schmunzeln. Er fragte sich, was wohl hinter ihrer engelsgleichen Fassade vorging. Langsam ging er einige Schritte auf sie zu. Ein Fehler, wie er bemerken sollte. Denn die Halbasiatin spritze ihm sogleich eine Ladung Meerwasser ins Gesicht. „Was?!“, verdattert blickte er Marinette hinterher, welche weiter ins Wasser ging und sich kraulend in die Wellen schwang. Sie drehte sich um, wo sie Adrien mit einem leicht schiefen Schmunzeln im Gesicht erkannte. „Na warte!“, schrie er spasseshalber und hechtete ihr hinterher. Die Schwarzhaarige tauchte kurz ab um einige Meter weiter den Kopf wieder aus dem Wasser zu strecken. Wo sie aufgrund ihrer geringen Körpergrösse noch knapp stehen konnte. Er tauchte direkt neben ihr wieder auf. „Ich dachte, du wärst schneller.“, stachelte sie ihn an. „Du willst wohl einen Wettkampf?“, grinste er. „Wenn du es so auslegst, ja.“ „Dir ist schon klar, dass ich den Gewinne.“ „Ich wäre mir da nicht so sicher wie du.“ „Dann bis zu den Sicherheitsmarkierungen. Falls du da überhaupt noch stehen kannst.“ „Du tust gerade so, als ob du ein Riese wärst.“ „Gegen dich doch immer.“, ärgerte er sie, ehe er losschwamm. „Hey! Warte gefälligst!“, brüllte sie und schwamm ihm sogleich hinterher. Innert kürzester Zeit erreichten die zwei die Sicherheitsmarkierung. Marinette erreichte die Ziellinie ganz kurz nach Adrien, wie jener dort aufgetaucht war. Sie hielt sich an seinem Arm fest, als sie schliesslich auftauchte und ihre Fransen aus dem Gesicht strich. „Da war ich wohl ein wenig schneller.“, grinste er. Erneut wurde er von ihren blauen Augen, die ihn so sehr an den weiten Himmel oder das Blau der See erinnerten, gefesselt. „Du warst überhaupt nicht schneller! Ich wäre vor dir hier gewesen, wenn wir gleichzeitig losgeschwommen wären.“, schlug sie ihm spasseshalber leicht auf den Arm. Adrien legte seine Arme um sie, so dass sie für einen Moment nicht mehr mit ihren Füssen paddeln musste, damit sie ein wenig ruhen konnte. Marinette legte ihre Arme um seinen Nacken und blickte in seine grünen Augen, welche sie jedes Mal an einen hell leuchtenden Smaragd erinnerten. „Das war nicht fair.“, gab sie leicht grummelnd von sich, wobei sie eine Schnute zog. Was Adrien schelmisch grinsen liess. „Ich will eine Revanche und dieses Mal schwimmen gleichzeitig los.“, forderte sie. „Nun, wenn du das wünscht, werde ich das befolgen.“, flüsterte er. „Sicher?“, sie traute ihm noch nicht ganz. Er nickte. Adrien liess Marinette los, worauf die beiden, auf das Signal der Schwarzhaarigen, gleichzeitig wieder zum Strand schwammen. Wenige Minuten später tauchte Marinette wieder beim Strand auf. Sie watete durch das Wasser, bis schliesslich nur noch ihre Knie davon umgeben waren. Verwirrt blickte sie sich um. Der Blonde hatte sie überholt und war trotzdem nicht zu sehen. Er war, nachdem er sie eingeholt hatte, absichtlich zurück gefallen. Amüsiert beobachtete er aus dem tieferen Wasser, wie Marinette die Wellen nach ihm absuchte. Doch jedes Mal wenn ihre Augen drohten ihn zu erfassen, tauchte er ab und näherte sich ihr Stück für Stück. Schliesslich tauchte er hinter ihr auf, ging direkt auf sie zu. Die Schwarzhaarige hatte ihren Blick zu ihren Freunden gerichtet, wo sie Adrien auch nicht sehen konnte. Wo er wohl hin sein mochte? Nachdenklich legte sie die Stirn in Falten, stützte ihr Kinn auf ihre Faust, deren Ellenbogen wiederum von ihrer anderen Hand gehalten wurde. Dies nutzte Adrien aus. Schnell schlang er seine Arme um ihre Hüfte und hievte die Halbasiatin, welche vor Schreck wie ein Ferkel quiekte, in die Luft und drehte sich mit ihr im Kreise. Sie wusste sofort, wer sich da einen Scherz mit ihr erlaubte. Als Adrien sie unweit des Wassers wieder absetzte, wollte sie sich bereits losreissen. Was der Blonde nicht zuliess. Immer noch lagen seine Arme um ihre Taille, hatten sie fest an sich gedrückt. „Bleib einfach einen Moment stehen, bitte.“, flüsterte er, sein Kinn auf ihrer Schulter abgesetzt. Marinette konnte seinen Atem an ihrem Ohr hören, fühlte wie das Wasser von seinem Kinn ihre Schulter hinab lief. Sie blickte dahin, wo sie seinen Kopf spürte und sah direkt in seine Augen, welche sich für einige Momente auf der gleichen Höhe befanden wie die ihrigen. „Adrien…was wird das?“, sie fühlte, wie er ihren Duft einsog. „Lass uns noch nicht zu den anderen zurückgehen. Ich möchte noch ein wenig mit dir alleine sein.“, flüsterte er. Automatisch lief die Halbasiatin wieder rot an. Was aber aufgrund der vorhergehenden Anstrengung kaum sichtbar war. Der Gedanke, alleine Zeit mit Adrien hier am Strand zu verbringen, reizte sie ungemein. Sie begann sich schon wieder Bilder einer möglichen Zukunft auszumalen, als ihr Verstand sie davon loseiste. Abrupt entriss sie sich seiner Zärtlichkeit und drehte sich um. Wobei sie seine Hände in die ihrigen nahm. „Es ist nicht so, dass ich nicht gerne ein wenig mit dir alleine wäre. Aber im Moment kommt mir das einfach falsch vor.“ „Falsch?“ Sogleich erkannte sie den verdutzten Blick in Adriens Gesicht. „Ich möchte mich einfach mehr auf das Lernen und das Praktikum konzentrieren. Ich weiss nicht, wie lange ich in New York sein werde. Ich bin jetzt auch nur hier am Strand, weil Sophie mich mitgeschleppt hat. Und weil sie gesagt hat, dass du da sein wirst.“, meinte sie, den Kopf dem Sand zugewandt. Ihre Wangen hatten einen sanften Rotton angenommen. Adrien horchte ihren Worten. Er verstand, dass sie sich auf ihre Karriere konzentrieren wollte. Doch die Tatsache, dass sie wegen ihm hier war, liess ihn alles in einem anderen Licht sehen. Sie hatte Sehnsucht nach ihm. Genauso wie er sich nach ihr sehnte. „Ich will einfach nicht, dass…“, Marinette wollte noch etwas anhängen. Sie wollte nicht, dass sich hier etwas entwickelte. Etwas, das sie nicht kontrollieren konnte. Eine Beziehung, die ausartete und schliesslich dann doch auf zwei Kontinenten gelebt wurde. Weil sie sich vorgenommen hatte, nicht Teil einer solchen Beziehung zu sein. Aber Adrien legte ihr einen Finger auf die Lippen, wollte sie nicht weiter sprechen lassen. Sie erkannte in seinen Augen, dass er etwas anderes wollte, ihre Entscheidung aber akzeptierte. Oder vielleicht doch nicht so ganz, wie sie feststellen musste. Denn keine Sekunde später hatte der Blonde sie wieder in die Arme geschlossen und sein Kinn auf ihrem Haupt deponiert. Unmerklich kuschelte sich die Schwarzhaarige an ihn, erwiderte seine Umarmung, was das Herz des einstigen Katzenjungen schneller schlagen liess. Geniesserisch und ebenso unmerklich schloss sie die Augen und wollte einfach einen Moment abschalten, nur noch das Rauschen des Meeres und die Schreie der Möwen wahrnehmen. Doch war es etwas anderes, was sie neben diesen beiden Geräuschen und dem Stimmengewirr der Strandbesucher hören konnte. Es war Adriens Herz, welches gleichmässig unter seiner Brust schlug. Sie kuschelte sich näher an ihn, was den Blutdruck des Blonden emporschnellen liess. Er erwiderte ihre Tat, hielt sie noch fester in seinen Armen, fest entschlossen, sie niemals loszulassen.    „Was glaubst du eigentlich, was die anderen Denken, wenn die uns hier so sehen?“, fragte sie nach einigen Minuten der Stille. Es kam ihr vor, als ob es nichts anderes gäbe ausser ihr und dem Mann ihrer Träume. „Sicherlich nicht, dass wir etwas miteinander haben.“, erneut erblickte sie das Cat Noir Grinsen, wie sie es nannte, in Adriens Gesicht. „Klar. Das glaubst auch nur du.“, gab sie keck zurück. Sie würde sich von seinen dummen Sprüchen nicht unterbuttern lassen. Selbst wenn es Adrien war, der hier vor hier stand und nicht Cat Noir. „Macht dir das denn nichts aus, wenn die das denken?“ „Nein. Für mich gibt es sowieso nur dich.“, konnte sie wieder das anzügliche Lächeln in seinem Gesicht sehen. Augenblicklich lief Marinette rot an. Sofort war der Mut, den sie für ihren vorhergehenden Spruch aufgebracht hatte, verflogen. Was den Blonden erstaunte. „Hab ich was falsches gesagt, dass du so still bist?“, verwundert blickte er die Schwarzhaarige an, welche immer noch in seinen Armen lag. Er dachte, dass sie wieder einen Spruch wie vorher vom Stapel lassen würde. Aber nichts da. Auf seine Frage hin schüttelte sie stumm den Kopf. Die Vorstellung, dass sie die einzige für Adrien war, hatte sie kurz und bündig auf Wolke sieben katapultiert. Wenn nicht sogar höher.   „Lass uns zurück gehen.“, meinte Adrien nach einer Weile. Die junge Frau in seinen Armen nickte stumm. Was dem Designersohn reichlich komisch vorkam. „Ist bei dir wirklich alles in Ordnung?“, besorgt musterte er sie, als sich die beiden nebeneinander auf ihren Strandtüchern bei der Clique unter den Schirmen, niederliessen. Marinette nickte nur. Sie traute sich nicht ihm in die Augen zu sehen. Sie wusste genau, dass ihre Fantasie ansonsten mit ihr durchging. „Kannst du mir bitte ein Wasser reichen?“, versuchte Adrien das Gespräch wieder aufzunehmen, als die Clique Minuten später im Meer verschwunden war und dort ein Ballspiel betrieb. Adrien und Marinette waren zurück geblieben. Immer noch wortlos griff die Halbasiatin zu der Kühlbox und reichte dem Blonden das gewünschte. Doch immer noch blickte sie ihn nicht an. Adrien gefiel das nicht. Seit sie vorhin zu dem Liegeplatz zurückgekehrt waren, verhielt sich Marinette anders als sonst. Er wollte wissen, was los war. Marinette liess ihren Blick zum Meer schweifen, wo die anderen sich im hüfthohen Wasser einen mit Luft gefüllten Ball zuwarfen. Sie überlegte, ob sie sich dem Spiel anschliessen sollte, als Adrien sanft nach ihrer Hand griff. Sie blickte zu ihm. Erneut kamen ihr wieder seine Worte von vorhin in den Sinn und sie wollte den Blick abwenden. „Habe ich einen Fehler gemacht?“, fragte er sie gerade heraus. „Fehler?“, verständnislos blickte Marinette ihn an. „Seit wir zurück aus dem Wasser sind, weichst du meinem Blick aus. Ich bin nicht blind, Mari. Bitte, sag mir was ich falsch gemacht habe.“ Ein lautes, herzhaftes Lachen erklang aus ihrer Kehle. Verdattert schaute Adrien zu ihr. „Du hast keinen Fehler gemacht.“, gab sie von sich, nachdem sie ihre Lachattacke, welche ein paar Tränen zur Folge hatte, überwunden hatte. Immer noch erstaunt blickte Adrien sie an. „Ich verstehe nicht ganz.“ „Naja, deine Worte vorhin. Ich weiss nicht, wie ich das sagen soll…“, schüchtern strich sie sich eine der losen Haarsträhnen hinter das Ohr. Immerhin hatte er ihr indirekt gesagt, dass er sie mochte. Vielleicht sogar mehr als das. „Du hast mich da an etwas denken lassen und ich weiss, wie schnell ich mit meinen Gedanken übertreiben kann. Das war eigentlich der Grund, weshalb ich dir lieber nicht in die Augen sehen wollte. Weil ich ansonsten nur noch daran denken würde.“, meinte sie, wobei sie rot wurde. Ihre Worte liessen ihn neugierig werden. „Und was war das?“ „Das verrate ich dir lieber nicht. Ansonsten hältst du mich noch für gestört oder total durchgeknallt.“ „Hey. Ich habe mir damals auch Animes angekuckt und niemand hat mich für durchgeknallt gehalten und bis heute, habe ich nie was von deinen durchgeknallten Fantasien mitbekommen. Also, sag schon.“, forderte er sie auf. Marinette überlegte einige Momente, ob sie es ihm wirklich sagen sollte. Doch schüttelte sie stur den Kopf. „Jetzt sag schon. Das ist doch kein Weltuntergang.“ „Für dich vielleicht nicht. Aber für mich. Spätestens in dem Moment wo du dich totlachst.“, gab sie patzig von sich. Mit hochgezogener Augenbraue blickte Adrien sie an. Er wollte wissen, was sie damit meinte. „Ich verstehe wirklich nicht, weshalb ich mich ab eine deiner Ideen zu Tode lachen sollte. Ich habe dich schon immer bewundert. Besonders für dein Talent was das Designen angeht. Aber ich nehme an, wenn du es nicht sagen willst, hat es wohl eher nichts damit zu tun.“, begann er zu sinnieren. „Naja, irgendwie schon.“, meinte Marinette mit hochrotem Kopf, ehe sie in ihrer Tasche herumwühlte und Notizblock hervorzog. Sie öffnete den Notizblock, nahm sich das Bleistift und begann etwas zu skizzieren. Er rutschte etwas näher zu ihr. Neugierig blickte Adrien ihr über die Schultern. Strich für Strich nahm die Zeichnung immer mehr Gestalt an. Langsam aber sicher konnte der Blonde ein Kleid in den Strichen entdecken. Es war kein normales Kleid. Nein. Es war Bodenlang, eng anliegend, mit Herz Dekolleté, Handschuhen und einem Schleier. Er kam nicht umhin, sich Marinette in einem solchen Kleid vorzustellen. Wie ihm dieses Bild durch den Kopf schoss, wandte er sich, mit hochrotem Kopf, von der Schwarzhaarigen ab. Enttäuscht legte sie den Notizblock zur Seite. Das war eine dumme Idee gewesen. „Du findest es blöde, oder?“ „Nein, das ist es nicht. Ich hätte nur nicht gedacht, dass dir gerade das durch den Kopf geht.“, gab er schüchtern von sich. Kurz blickte er zu Marinette hinüber. Sie war wunderhübsch und bestimmt würde sie eines Tages in einem solchen Kleid vor den Altar treten. Sofort wendete er seinen Blick wieder ab. Ansonsten stünde sie in seinen Gedanken wahrscheinlich wieder in diesem Kleid vor ihm. Adrien schüttelte den Kopf. Er musste das Bild irgendwie wieder loswerden. Ansonsten würde er die nächsten Tage nur noch an das denken können. Sein Blick fiel auf das Buch in seinem Rucksack, welches er zum Lernen mitgebracht hatte. Er wollte bereits danach greifen, als der Rest der Clique zu ihnen zurückkehrte. „Kommt jemand mit Essen besorgen?“ innerlich atmete Adrien erleichtert auf mit der Frage, welche Brian in die Runde warf. Die Männer in der Gruppe erklärten sich sofort bereit ihn zu begleiten. Er war heilfroh für einige Momente von Marinette loszukommen. Dann konnte er seine Gedanken ein wenig sortieren. Vielleicht hatten die Jungs ja eine Idee, wie er sich ablenken konnte was das Thema anging oder wie er sich Marinette gegenüber verhalten sollte. „Sag mal, ist bei euch alles in Ordnung?“ Sophie war die niedergeschlagene Miene ihrer Freundin sofort ins Auge gefallen. Diese schüttelte nur den Kopf. „Ich hab’s verbockt. Aber sowas von.“, gab sie murrend von sich. Sophie und ihre Freundinnen blickten sich fragend an. „Verbockt? Wie meinst du das?“, setzte sich Sarah, welche schon seit längerem Teil der Clique war, zu ihr. Die junge Frau in dem grünen Badeanzug und den blonden Haaren, welche zu einem sportlichen Zopf gebunden waren, blickte sie besorgt an. Missmutig fischte Marinette ihren Skizzenblock aus der Tasche und pfefferte ihn in den Sand. Die Blonde nahm sich den Notizblock, blätterte sorgfältig Seite für Seite um. Sophie blickte ihr neugierig über die Schulter. Einige der Designs ihrer Studienkollegin kannte sie bereits. Doch war sie gespannt, was die Halbasiatin in der Zeit, welche sie selbst im Wasser verbracht hatte, gekritzelt hatte. Das Bild, welches die Freundinnen vor der leeren Seite erblickten, liess ihren Atem erstarren. Ein Hochzeitskleid. Sicherlich nur ein erster Entwurf, aber die Skizze versetzte die jungen Frauen in erstaunen, welches sich durch ein Raunen eben jener bemerkbar machte. Auch Sophie staunte nicht schlecht. „Wow. Das hast du eben gezeichnet?“, Sarah war platt wie eine Flunder. Sie selbst hatte Marinette für eine Mittelklassige Studentin gehalten, welche das Studium mit viel Glück gewonnen hatte. Aber diese Skizze bewies etwas komplett anderes. Die Halbasiatin, welche auf ihrem Tuch hockte und ihren hochroten Kopf zwischen den Beinen versteckte, blickte peinlich berührt weg. „Die sind genial. Aber wieso ein Hochzeitskleid?“ Sarah reichte ihr das Skizzenbuch zurück. Sogleich lag der skeptische Blick der Mädchen auf Marinette. Sophie konnte es sich denken, weshalb sie sich neben die Halbchinesin setzte. „Sie ist schon seit einer halben Ewigkeit in Adrien verschossen.“ „Sophie!“, brüllte Marinette entsetzt darüber, dass ihre Studienfreundin gerade ihre Gefühle für den Designersohn kundtat. „Was denn? Ist doch besser, wenn sie es wissen, bevor sie sich fragen weshalb du dich ihm Gegenüber so komisch verhältst.“, grinste sie hinterlistig. Marinette blickte gekränkt zur Seite, während Sophie von ihren Freundinnen beinahe zu Tode gestarrt wurde. „Musst du es immer so übertreiben?“, verschränkte Sarah verärgert die Arme vor dem Oberleib. Die beiden anderen Mädchen, die noch bei ihnen sassen, schenkten Sophie verachtende Blicke. „Tut mir leid.“, entschuldigte sich die Brünette kleinlaut. Marinette ignorierte diese Worte ihrer Studienkollegin. „Sophie hat nicht gerade Unrecht.“, meinte die Halbasiatin nach einigen Momenten der Stille. „Ich habe mich schon damals in Paris, als ich vierzehn war, in Adrien verliebt. An diesen Gefühlen hat sich bisher nicht viel verändert.“ Marinette legte eine kurze Pause ein. Ihre Zuhörer folgten ihr gespannt. „Um ehrlich zu sein…das mit der Hochzeit ist mir heute nicht zum ersten Mal durch den Kopf.“ „Moment mal…willst du sagen, dass du dir das schon damals in den Kopf gesetzt hast?“, entsetzt blickte Sophie die Halbasiatin an. „Man wird ja wohl noch mal träumen dürfen.“, rechtfertigte sie sich. Dass ihre Fantasie noch eine Runde weiter ging, verschwieg sie ihr lieber. Die anderen Mädchen liessen ein Kichern von sich hören. „Jetzt seid mal ehrlich. Welche von uns hat nicht schon von ihrer Hochzeit mit ihrem Märchenprinzen geträumt?“ „Definitiv. Die Ausnahme hier ist höchstens Sophie.“ „Sehr witzig. Danke, dass ihr jetzt über mich herzieht, nur weil ich den Richtigen noch nicht getroffen habe.“, meinte die Brünette beleidigt. Die Mädchen lachten lauthals, was Marinette wiederum ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Vielleicht war der Strandtag doch nicht so eine dumme Idee gewesen wie sie dachte.   -   „Was war denn vorher bei euch los?“, fragte Brian seinen Mitbewohner beiläufig, als sie zu viert zum Shopping Center loszogen, welches zu Fuss in Fünf bis Zehn Minuten erreichbar war. „Vergiss es. Es wäre besser, ich wäre nicht mitgekommen. Ich werde wohl verschwinden, wie wir das Essen besorgt haben.“, meinte Adrien. Er musste dringend das Bild in seinem Kopf wieder loswerden. „Ist das dein Ernst? Ich hätte schwören können, dass da was zwischen euch läuft.“, grinste der Dunkelhaarige. Adrien antwortete nicht auf diese Feststellung seines Freundes. Er konnte ihm nicht widersprechen. Er mochte Marinette, sehr sogar. „Alter. Wenn das mit der ganzen Geschichte wegen Rebecca zu tun hat, dann kannst du ganz beruhigt sein. Ich glaube kaum, dass Marinette nur wegen deinem Aussehen oder wegen deinem Vater mit dir ausgeht.“, versuchte Brian seinen Mitbewohner zu beruhigen. „Das ist mir auch bewusst. Es ist einfach nur so, dass das ganze ziemlich kompliziert ist.“ Eine Augenbraue von Brian wanderte nach oben. Verwundert blickte er den Blonden zu seiner linken an. „Du bist wohl schon länger in sie verschossen.“, stellte er ohne grosse Umschweife, breit grinsend, fest. Diese Erkenntnis liess Adrien erstarren. Er hatte Marinette schon immer gemocht, auch als sie sich kennen lernten. Auch wenn sie nicht gerade den besten Start hatten. Doch hatte er seine Gefühle ihr gegenüber bisher nie als Verliebtheit betrachtet. Der einzige, der das getan hatte, war sein Kwami Plagg gewesen. Dieser hatte sofort gewusst, dass die Schwarzhaarige das Herz seines Partners erobert hatte, oder zumindest einen Teil davon.   -   Eine halbe Stunde später kehrten die vier jungen Männer zu dem Rastplatz zurück. Sie hatten Früchte, Sandwiches und nochmals Getränke besorgt. Sie waren nicht minder erstaunt, als sie die Mädchen bei einem Kartenspiel antrafen, das Sophie gerade für sich entschieden hatte. Brian hatte es geschafft Adrien davon zu überzeugen, noch eine Weile bei der Gruppe zu bleiben. Sein Mitbewohnter meinte, dass das hier die perfekte Ablenkung wäre, ganz im Gegensatz zum Lernen. „Ich will was anderes spielen. Bei Ligretto gewinnst du ja andauernd! Wie kannst du so schnell sein?“, grummelte Sarah beleidigt. „Tja, gekonnt ist gekonnt.“, gab die Brünette hochnäsig von sich. „Du hattest einfach nur Glück. Weil du die schnellste bist und für sowas schon immer ein gutes Auge hattest.“, konterte die Blonde. „Also ich will noch eine Runde. Wer ist mit dabei?“, fragte Sophie, wobei sie sich schon auf ihren nächsten Sieg freute. Doch die Frauen lehnten ab. „Da fällt mir ein, ich hab noch ein UNO dabei.“, meinte die sportliche Sarah, welche das Ligretto wieder in ihre Tasche räumte, wobei sie das genannte Kartenspiel hinauszog. „Da bin ich dabei. So haben wir mindestens eine Chance gegen Sophie.“, gab Marinette mit frecher Zunge von sich. „Ihr wisst schon, dass ich bei Kartenspielen ziemlich hinterlistig sein kann. Ich wäre mir da nicht so sicher wie ihr.“, grinste sie selbstüberzeugt. „Ach ja? Das wollen wir doch mal sehen!“, stellte Marinette sich ihr entgegen. Ein Schmunzeln wanderte über Adriens Lippen. Die angriffslustige Marinette brachte ihn innerlich zum Grinsen. Während die jungen Frauen mit ihren Blicken wetteiferten, wer wohl gewinnen würde, blickte Sarah zum Rest der Gruppe. „Wollt ihr auch mitmachen? Wie steht’s?“ Die Männer nickten einstimmig, ehe sie sich an ihre ursprünglichen Plätze setzten und Sarah die Karten austeilte. Sophie und Marinette, welche nebeneinander sassen, blickten einander stur in die Augen. Keine wollte verlieren. Sophie weil sie der Gewinnertyp war und im Normalfall ein Spiel nach dem anderen gewann, Marinette weil sie sich von ihrer Studienkollegin nicht unterkriegen lassen wollte. Innert kürzester Zeit entschied Adrien die erste Runde für sich. Als zweiter beendete Brian seine Hand, die dritte im Bunde war Sarah. „Na endlich. Und ich dachte schon, ich gewinne heute nicht mehr gegen dich.“, feierte die Blonde ihren Sieg gegen Sophie mit einem zufriedenen Grinsen. „Muss ich das wirklich mit dem Rest ausknobeln?“, gab die Brünette missbilligend von sich. Sie hatte keine Lust darauf und wollte lieber eine neue Runde beginnen. „Du kennst doch die Regeln.“, grinste die Blonde, ehe sie in Richtung Meer schritt um sich ein wenig abzukühlen. Während Marinette überlegte, welche Karte sie ausspielte, schaute Adrien ihr Neugierig in das Blatt. Dabei erblickte er einige Karten, welche ihn hätten aussetzen und Karten aufnehmen lassen. „Warum hast du die denn noch nicht gespielt?“, fragte er belustigt. Er konnte es nicht fassen, dass die Halbasiatin die Karten nicht gespielt hatte, nur weil er vorher immer direkt nach ihr dran war. Dummerweise konnte sie gerade nicht. Also zog sie eine Karte vom Stapel und legte diese ab. Es handelte sich um eine Umkehrkarte. Beim nächsten Zug griff sie gezielt zu einer der Aufnahmekarten, was die Brünette links von ihr ziemlich verärgerte. „Ist das dein Ernst? Ich bin fast fertig!“ „Aber nur fast.“, bekräftigte Marinette ihre. „Darf ich dich daran erinnern, dass du aufgrund der Karte aussetzen musst?“, setzte Adrien noch einen drauf. Das wiederholte sich in der folgenden Runde, was Sophie laut aufstöhnen liess. „Was soll der Mist?!“, ärgerte sie sich offensichtlich. „Das ist die Rache für vorher.“, meinte die andere junge Frau mit Namen Scarlet, welche ebenso braune Haare hatte wie Sophie, diese aber äusserst kurz trug, die noch am Spiel beteiligt war. Denn diese legte noch einmal eine +2, was Marinette gleich doppelte. So musste Sophie nun vier statt nur zwei Karten aufnehmen, wenn sie es nicht weiterleiten konnte. Griesgrämig nahm sie die Karten vom Stapel. Das Blatt in ihrer Hand war in den letzten Runden erheblich angewachsen, was Marinette und Scarlet zum Grinsen brachte. Nur zwei Runden später warf Marinette ihre letzte Karte ab. „Gewonnen!“, rief sie fröhlich, wobei sie ihre Arme in die Luft warf. „Mal davon abgesehen, dass du einen Teil deiner Karten absichtlich nicht abgeworfen hast, weil ich nach dir dran war. Ansonsten hättest du früher gewonnen, nicht wahr, Mylady?“, mit verschränkten Armen, streng gespieltem Blick und einem leichten Schmunzeln auf den Lippen schaute Adrien Marinette an. Sie wich seinem Blick aus. „Du hättest die Karten spielen können?“ „Ja schon. Aber sonst hätte Adrien die Karten alle abgekriegt und die Umkehrkarte hatte ich erst vorhin gezogen als ich nicht konnte.“ „Wisst ihr was, ich spiele nicht mehr mit.“, entschied Sophie für sich, worauf sie ihre Karten aufgebracht in den Sand warf und zum Meer hinunter Schritt. „Ist sie immer so schnell beleidigt?“, verwirrt blickte Marinette ihr hinterher. So hatte sie ihre Studienkollegin noch nie erlebt. „Manchmal vielleicht. Aber sie ist es sich gewohnt, immer zu gewinnen.“, meinte Scarlet, während sie die Karten einsammelte, nachdem die Runde beendet wurde. „Wollen wir nochmal eine Runde starten?“, meine Adrien nach einigen Minuten des Schweigens in die Runde. Diese gab ein einstimmiges Nicken von sich. In diesem Moment kehrten auch Sophie und Sarah zu der Gruppe zurück. Sie hatten am Rand mitbekommen, dass nochmals eine Partie gespielt werden sollte. „Moment noch.“ „Was ist denn, Brian?“ „Ich möchte eine kleine Regeländerung vorschlagen. Sonderregeln, sozusagen.“ „UNO mit Sonderregelungen?“, verwirrt blickte Sarah ihn an. Sie kannte einiges an Spezialregeln was UNO anging, aber so wie sie Brian kannte, hatte er wieder eine ziemlich ausgefallene Idee. „Hey, wollt ihr das Ganze nicht auch ein wenig spannender machen?“, Sophie nickte. Nun war sie neugierig geworden, was für eine Idee Brian hatte. Diesem schwante nichts Gutes. Er kannte Brian schon einige Jahre und wusste, wenn dieser etwas ausheckte, was ihm nicht gefiel. Gespannt lagen die Blicke der Freunde auf dem Dunkelhaarigen. „Jeder, der eine Karte aufnehmen muss, aufgrund einer anderen Karte, muss sich Wahrheit oder Pflicht stellen.“ „Ein Kartenspiel in Verbindung mit Wahrheit oder Pflicht? Klingt nett. Aber wer stellt die Frage oder die Aufgabe?“ „Ich würde sagen, bei der ersten Person lassen wir den Zufall entscheiden. Danach geht es wie gewohnt weiter.“, erklärte der Dunkelhaarige. Der Rest der Gruppe nickte. Auch Adrien und Marinette, wobei die Zustimmung bei letzteren eher widerwillig erfolgte. Besonders bei dem einstigen Katzenjungen. Er hatte vor Jahren, als er neu in den Staaten war, mit den neuen Freunden das Spiel gespielt und keine wirklich guten Erinnerungen daran. Auch mit Brian und der Clique war das Trinkspiel, natürlich ohne Alkohol, das eine oder andere Mal gespielt worden. Er wusste mit was für Aufgaben oder Fragen Brian ankam und das gefiel ihm nicht. Nur schon, weil Marinette jetzt mitmachte. Erneut wurden die Karten verteilt. Aufgrund der abgeänderten Regeln versuchte jeder, den schwarzen Peter jemand anderem zuzuschieben, damit er keine Karten aufnehmen musste. Eine Weile ging das ganz gut. Marinette und Adrien, welcher wiederum rechts von der Schwarzhaarigen sass, konnten das Ritual in der ersten Runde ohne Probleme abschmettern. Die erste, welche die Dummheit dieser Regeländerung zu spüren bekam, war Sarah. Denn sie durfte nun 6 Karten aufnehmen. „Also, legt schon los.“, gab sie sich geschlagen. Neugierig blickte die Clique sie an. „Glaubt ihr wirklich, ich nehme Pflicht wenn jemand wie Brian mitspielt? Nein. Wahrheit und nichts anderes.“, gab sie stur von sich. Brian, welcher die Regel einführte, stellte sogleich die Frage. „Mit wem hattest du deinen ersten Kuss?“ „Als ob du das nicht wüsstest. Das war in der High School, der Captain des Football Teams.“, gab sie widerwillig von sich. „Also, spielen wir weiter.“, meinte sie, da flogen auch schon die nächsten Karten. Der nächste, welcher 4 Karten aufnehmen musste, war Brian. „Tja, soviel zu dem Thema, mein Lieber.“ Sarah verschränkte leicht sauer die Arme übereinander, ein strenger Blick zu dem Dunkelhaarigen folgte. Das war ihre Rache. „Pflicht.“ „Pflicht. Gut.“, die Blonde brauchte nicht einmal gross nachzudenken. „Ich will, dass du die nächsten zwei Minuten wie ein Huhn rumgackerst und rumläufst.“ „Was? Und sowas kommt ausgerechnet von dir?“ „Hey. Du hast mir die Frage gestellt. Nach den Regeln bin ich dran mit der Aufgabe. Also los, ab mit dir, Hühnchen!“, amüsiert beobachtete die Frau mit dem Zopf, wie Brian die Karten aufnahm, das Blatt zur Seite legte und tat, was sie wollte. Währenddessen ging die Runde weiter. Nun war es Sophie, welche Marinette hatte zwei Karten aufnehmen lassen. „Mist.“, meinte diese leise. Sie hatte das Spiel ab und an mit ihren Klassenkameraden gespielt und war nie ein allzu grosser Fan davon gewesen. Dies war der Grund gewesen, weshalb sie eher zögerlich zugestimmt hatte. „Endlich.“, liess sich der dunkelhaarige Brian erschöpft auf die Knie sinken, als die zwei Minuten verstrichen waren. „Warum spielt ihr nicht weiter?“ „Weil Marinette dank mir zwei Karten aufnehmen musste. Also darfst du ihre Aufgabe bestimmen.“, grinste Sophie so breit wie sie nur konnte. „Was willst du?“ Die Schwarzhaarige überlegte einen Moment. Aufgrund ihres einstigen Doppellebens war Wahrheit eher ungünstig. Doch fiel ihr wieder Sarahs vorhergehender Kommentar betreffend Brian ein, weshalb sie lieber nicht Pflicht wählte. Notfalls konnte sie die Aufgabe auch aussetzen. Nach einiger Bedenkzeit entschied sie sich für Wahrheit. „Was war der grösste Fehler, den du bisher gemacht hast?“ Marinette erstarrte für einen Moment. Sie wusste sofort, welche Situation sie am liebsten korrigieren, verändern würde. Aber auch, dass das nicht möglich war. „Dass ich einem guten Freund nicht die Wahrheit gesagt habe.“, kam es wie aus der Pistole geschossen. Sie bemerkte die verdatterten Blicke der Freunde, insbesondere den von Adrien, und schaute bedrückt zur Seite. „Was für eine Wahrheit?“, kam es wie aus einem Munde von den Freunden. „Das ist zu kompliziert. Ausserdem ist immer nur eine Frage erlaubt. Also weiter im Konzept.“, gab sie stur von sich. Marinette konnte Adriens fragenden Blick auf sich spüren. Er wollte wissen, welchen Freund, welche Wahrheit sie meinte. Aber er wusste auch, dass sie dies hier vor versammelter Gruppe nicht Preis gab. So ging das Spiel weiter. Einer der anderen Spieler setzte eine Wechselkarte ein, so dass nun verkehrtherum gespielt wurde. Was Adrien keine Minute später zwei Karten aufnehmen liess. Er fragte sich, ob es klug war, bei der Mitspielerin zu seiner linken Pflicht zu wählen. „Wahrheit.“, gab er etwas gelangweilt von sich. Marinette kannte ihn ziemlich gut, da war es ziemlich schwer, etwas Neues über ihn herauszufinden. Doch hatte sie einen Einfall, mit dem er nicht gerechnet hatte. „Angenommen, du würdest in einer vergangenen Zeit leben, wann wäre das und warum ausgerechnet dort?“ Adrien erstarrte. Darüber hatte er noch nie nachgedacht. Es gab so viele Epochen, welche vom geschichtlichen Aspekt sehr interessant waren. Doch gab es jeweils viele Vor – und Nachteile, so dass er etwas länger überlegen musste. Vielleicht das alte Ägypten? Nein. Zur Zeit der französischen Revolution? Nein, auch eher weniger. Plötzlich kam ihm ein Bild in den Sinn, was ihn breit grinsen liess. „Das Mittelalter. Als Prinz oder angesehener Ritter könnte ich der Frau meiner Träume alle möglichen Wünsche erfüllen.“, meinte er fröhlich gestimmt und zwinkerte Marinette zu. Dafür erntete er von Marinette einen empörten Blick. Marinette wusste, dass er sie damit meinte und doch machte sie diese Antwort wütend. Denn er klang genau wie Cat Noir. „Vergiss, dass ich gefragt habe.“, meinte sie zornig. So ging die Runde zu Ende. Denn Adrien und Marinette war die ersten, die ihr Blatt ablegen konnten. Während der Blonde noch sitzen blieb, erhob sich die junge Frau. „Ich geh mich etwas abkühlen.“, sprach sie. Innerlich fügte sie noch an, dass sie etwas alleine sein wollte um ihre Gedanken zu sortieren, doch erläuterte sie das ihren Freunden nicht. Adrien blickte ihr verwundert hinterher. Er wusste, dass er sie mit seinen Worten aus dem Konzept gebracht hatte. Doch konnte er sich beim besten Willen nicht erklären, was genau sie so genervt hatte. „Jetzt mal im Ernst, Alter. So kannst du dich doch nicht an ein Mädel ranmachen.“, meinte Brian. „Sehr witzig. Das sagt der Beziehungsexperte, was?“ Der Dunkelhaarige sagte nichts darauf. Adrien wusste, dass die bisherigen Beziehungen seines Mitbewohners nicht gut ausgegangen waren, weshalb er nicht unbedingt Tipps von diesem bekommen wollte, was dieses Thema anging. „War es falsch, dass ich das mit dem Mittelalter so ausgelegt habe?“ „Keine Ahnung. Sie hat es wohl oder übel in den falschen Hals gekriegt. Du solltest mit ihr reden.“ Adrien nickte. Vielleicht hatte Brian doch Recht. Langsam schritt der Blonde zu Marinette, welche in den Wellen untergetaucht war. Er konnte sehen, wie die Schwarzhaarige klatschnass wieder auftauchte und die nassen Haare aus ihrem Gesicht strich. Unentwegt beobachtete er ihre Bewegungen, bis ihre Augen an ihm haften blieben. Adriens Herz schlug schneller, als ihre Augen einander begegneten. Seine Kehle wurde trocken, er schluckte leer. Er war schon fast im Wasser und wollte auf sie zugehen, als Marinette auf ihn zuschritt und direkt vor ihm stehen blieb. „Wegen Vorhin…Entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht verärgern. Weder mit dem Mittelalter noch mit der anderen Anspielung.“ Ein schwaches Schmunzeln bildete sich auf Marinettes Lippen ab. „Ich hätte dir das Bild nicht aufzeichnen sollen. Wäre vielleicht besser gewesen.“, meinte sie. „Nein. Ich find es schön zu wissen, was in deinen Gedanken vorgeht. Auch wenn wir vielleicht nicht die gleichen Vorstellungen haben.“ Unsicher, mit fragendem Blick, schaute Marinette zu Adrien hinauf. „Ich hätte vorher nicht abhauen sollen. Es tut mir leid. Aber ich musste meine Gedanken ordnen.“, Adrien legte eine Pause ein. Seine Wangen waren sichtlich gerötet. Nervös blickte er zur Seite, überlegte die nächsten Worte genau. „Ich mag dich. Sehr sogar. Mir ist einfach nicht in den Sinn gekommen, dass ich dich gerade auf einen solchen Gedanken bringe.“ „Nein. Das ist schon ok. Ich bin mit meinen Gedanken manchmal einfach zu…überschwänglich.“, meinte sie, ein entschuldigendes Lächeln auf den Lippen. Erneut folgte eine Pause. „Bist du immer noch sauer wegen dem von Vorhin?“ „Bei dem Spiel?“, Adrien nickte auf ihre Frage. Die Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. Immer noch prangte das liebliche Lächeln auf ihren Lippen, welches sein Herz wieder schneller schlagen liess. „Nein. Du hast mich einfach an jemanden erinnert, der mir des Öfteren Avancen gemacht hat. Leider ist ihm dabei nie aufgegangen, dass er mir damit ziemlich auf die Nerven gegangen ist.“, die Halbasiatin verdrehte gespielt genervt die Augen, als sie sich an die Anmachsprüche ihres Partners erinnerte. „Hast du ihm das mal gesagt?“ „Nein. Leider nicht. Ich dachte, meine Reaktionen seien eindeutig.“ „Eindeutig?“ „Naja. Ich habe auf seine Flirtversuche immer ziemlich ungehalten reagiert. Ich dachte, das wäre offensichtlich. Aber irgendwie ist das wohl nie zu ihm durchgedrungen.“, seufzte sie. Adrien schluckte leer. Warum hatte er das denn nie bemerkt? Sie war in der Schule nie belästigt worden. Aber auch ausserhalb nicht. Wer hatte sich denn so offensichtlich an sie rangemacht? „Sag jetzt bloss nicht, dass es dieser Rotschopf war.“, grummelte Adrien leicht sauer. Er wusste, dass Nathaniel in Marinette verknallt gewesen war. Aber niemals hätte er dem begabten Zeichner eine solche Seite zugetraut. Die Schwarzhaarige fuchtelte abwehrend mit den Händen vor dem Oberkörper. „Nein. Keine Sorge. Nathaniel war es nicht. Auch wenn er ziemlich in mich verschossen war. Aber das ist schon ewig her.“ „Wer war es denn dann? Ich meine, als Freunde wussten wir damals alles voneinander.“, oder fast alles, schloss er in Gedanken an. Es kam ihm merkwürdig vor, nichts davon zu wissen. „Ja. Stimmt. Irgendwie wussten wir vier alles voneinander. Es war komisch, als du plötzlich nicht mehr da warst. Als nur noch die Textnachrichten da waren.“, meinte Marinette mit belegter Stimme, als sie sich an die Zeit kurz nach seiner Abreise erinnerte. Sie hatte ihn damals so sehr vermisst. Sich aber geschworen, hart an sich zu arbeiten. So, dass sie stolz auf sich sein konnte, wenn sie ihn wieder sah. „Willst du mir wirklich nicht sagen, wer dir damals so auf die Pelle gerückt ist, obwohl niemand von uns es bemerkt hat?“, mit strengem Blick schaute Adrien zu Marinette. Er hatte schnell kombiniert, dass es jemand sein musste, den niemand von ihnen kannte. Ansonsten hätten Nino und Alya ihn schon längstens eingeweiht wegen diesem Verrückten, der sich an seine Marinette heranmachte. „Nein. Das ist schon ok.“ „Ok? Was ist wenn er wieder auftaucht und sich so unverschämt an dich ranmacht?“, besorgt musterte der Blonde die Halbasiatin. Diese zuckte nur Ahnungslos mit den Schultern. „Ich werde ihn sowieso nicht mehr sehen. Und falls er doch plötzlich mal wieder auftauchen sollte, hab ich immer noch dich.“   -   Die Sonne stand knapp über dem Horizont, als sie Freunde ihre Habseligkeiten zusammenpackten und sich zu der nächstgelegenen Metrostation begaben.   „Also dann…“ „Also dann…“ unschlüssig blickte Adrien zu Marinette, die ihm gegenüberstand. Er wollte ihr sagen, was er für sie empfand. Was in seinem Herzen vor sich ging. Dass sie seinen Verstand zum Stillstand brachte. Doch wusste er auch, wie Ladybug damals auf seine Avancen reagiert hatte. Er war zu offensiv gewesen. Es war zu früh. Er wollte es nicht verderben, nicht noch einmal. „Sehen wir uns morgen?“, hoffnungsvoll blickte die Halbasiatin zu dem Blonden. „Wenn du willst, natürlich liebend gerne.“, grinste er, ehe er ihr einen Kuss auf die Wange drückte. Kapitel 4: Ein regnerischer Nachmittag -------------------------------------- Es war ein regnerischer Samstag in New York, als Marinette sich mit Adrien verabredet hatte. Sie hatte noch bis in die frühen Morgenstunden an ihren Designs gearbeitet. Dies war auch der Grund, weshalb sie kurz vor dem Mittag noch gemütlich schlafend in ihrem Bett lag, als ihr Handy immer wieder schellte. Doch die Schwarzhaarige war so müde, dass sie die Bettdecke über ihren Kopf zog und den nervenden Klingelton gekonnt ignorierte. „Hey, Mari! Du hast…“, platzte einige Zeit später ihre Studienkollegin Sophie in ihr Zimmer und war nicht schlecht erstaunt, die Halbasiatin noch schlafend vorzufinden. Leise schloss die Brünette die Tür wieder. „Entschuldige Adrien. Aber sie hat wohl noch die halbe Nacht noch an ihren Projekten gesessen und schläft noch.“ „Sie schläft noch?“, verwundert blickte der Blonde auf seine Armbanduhr. Das hatte er ihr nicht zugetraut. „Wir waren um 12 verabredet. Kannst du sie mir bitte mal reichen? Ich erreiche sie auf dem Natel nämlich nicht.“ „Sicher, wenn ich sie wach kriege.“, grinste die Brünette. Sie wusste, wie tief ihre Mitbewohnerin schlafen konnte, wenn sie mal schlief. Dann bekam sie nichts wach. Besonders wenn sie wieder bis in die Nacht hinein an ihren Designs gearbeitet hatte. „Marinette! Ein Anruf für dich!“, noch im Halbschlaf erhob sich die Halbasiatin aus dem Bett, wobei sie sich auf ihre Unterarme abstütze, da sie auf dem Bauch geschlafen hatte. Verschlafen blickte sie ihre Freundin an. „Adrien ist dran.“, flüsterte sie der Schwarzhaarigen zu, welche mit einem Schlag hellwach war. Sofort sprang Marinette auf und riss der Brünetten das schnurlose Telefon aus der Hand. „Wieso hast du das nicht gleich gesagt?!“, zischte sie leise. Sie hatte im Halbschlaf mitbekommen, wie Sophie einige Sekunden zuvor ihr Studienzimmer betreten hatte. Jedoch war sie nicht auf die Idee gekommen, dass ihr Liebhaber der Grund dafür sein könnte. „Adrien?“, gab sie leicht schüchtern von sich, als Sophie das Zimmer mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen verliess. „Morgen Schlafmütze. Kein Wunder, dass ich dich auf deinem Natel nicht erreiche.“, erklang Adriens neckende Stimme durch die Hörmuschel des Telefons. Marinette erstarrte. Sofort griff sie nach ihrem Smartphone, welches mehrere nicht beantwortete Anrufe von dem blonden Studenten anzeigte. Die Schwarzhaarige lief knall rot an. Das durfte nicht wahr sein. „Tut mir leid. Ich habe wohl so tief geschlafen, dass ich es einfach überhört habe.“ „Wenn man so versessen ist wie du auf das Designer-Praktikum, ist es logisch, dass man die ganze Nacht durcharbeitet.“, „Es war nicht die ganze Nacht. Nur bis vier Uhr.“, gab sie peinlich berührt von sich. Sie war doch ein wenig erstaunt, dass der Blonde sie doch schon so gut kannte. Obwohl sie früher auch das eine oder andere Mal die Nacht durchgearbeitet hatte, nur um ein Projekt rechtzeitig fertig zu bekommen. „Kann ich noch mit dir rechnen mit Kino heute Nachmittag oder wie sieht das aus?“ Marinettes Blick fiel auf den Wecker, welcher bereits halb Eins anzeigte. Das durfte nicht wahr sein. Sie hatte ihre Verabredung mit Adrien verschlafen. Sie hatte sich ursprünglich mit ihm um Zwölf beim Times Square treffen wollen, um dort in eines der Kinos zu gehen und sich einen Film anzusehen. Doch für die ersten Vorführungen war sie jetzt bereits zu spät dran. „Hör mal. Ich weiss, dass du ziemlich in der Nähe wohnst. Was hältst du davon wenn ich dich abhole?“, fragte Adrien, ohne weiter über seine Worte nachzudenken. „Ich verstehe nicht ganz…“ „Naja, ich dachte…“, Adrien stockte einen Moment. Eigentlich wollte er Marinette so schnell wie nur möglich sehen. Aber wenn er ihr das so sagte, kam das sicher nicht gut an. „Dass wir uns trotzdem noch einen Film ansehen und danach zu mir gehen könnten. Wenn das für dich in Ordnung ist.“ Kurze Stille folgte. „Wir können zuerst natürlich auch noch etwas Kleines essen gehen, wenn du möchtest. Du bist ja erst gerade aufgestanden. Ein Brunch ist für mich auch ok, falls du möchtest.“, fügte er noch rasch an. Das war ein wenig zu viel für Marinette. „Liebend gerne.“, meinte die Halbasiatin schliesslich lächelnd, nach einigen Sekunden des Nachdenkens, als sie kurzzeitig wieder einmal in einen ihrer Tragträume abgetaucht war. „Gut. Ich bin in einer halben Stunde da und hole dich ab.“ „Bis nachher.“, verabschiedete sich Marinette, ehe Adrien auflegte und sich auf den Weg machte. “In einer halben Stunde treffe ich mich mit Adrien!”, schrie sie freudig, warf die Arme in die Luft und drehte sich im Kreis. Erneut drohten ihre Gedanken in einer Fantasie zu versinken, ehe der Wecker auf dem Nachttisch sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte. “Eine halbe Stunde?! Ich hab keine Zeit für Tagträumereien!”Eiligst verschwand die Halbasiatin ins Badezimmer, wo sie sich duschte ehe sie eingewickelt in ihr Badetuch wieder zurück in ihr Zimmer ging. Nur in Unterwäsche gekleidet suchte sie kurzerhand zwei verschiedene Outfits aus ihrem Schrank heraus. Stellte sich nur noch die Frage, welches sie anziehen sollte. Genau eine halbe Stunde nach dem Telefonat stand Adrien vor dem Haus wo Marinette wohnte. Er wollte gerade die Treppe zur Tür hinaufsteigen, als die Tür von innen geöffnet wurde und eine gestresst aussehende Marinette über die Schwelle trat. Die Halbasiatin hatte sich in der kurzen Zeit, die sie hatte, ein weisses Longtop, eine schwarze Strickjacke und eine Blue Jeans übergezogen. Dazu ein paar blaue Sneakers. Darüber trug sie eine blaue Regenjacke, die mit ihrer Augenfarbe harmonierte. Ihre schwarzen Haare, welche ihr inzwischen beinahe bis zu den Ellenbogen reichten, hingen noch leicht nass über ihren Schultern. Gestresst aber doch wunderschön, in seinen Augen zumindest. „Entschuldige die Verspätung.“, meinte sie, leicht rot um die Nase, als sie Adrien vor der Treppe unter einem Schirm erblickte. Sie versuchte im strömenden Regen ihren roten Schirm aufzuspannen, was ihr aber nicht so richtig gelingen wollte. Mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen beobachtete der Designersohn Marinettes klägliche Versuche, den Schirm zu öffnen. Schliesslich winkte er mit der freien Hand zu sich. Die Schwarzhaarige schritt im Eiltempo auf Adrien zu, wobei sie über die Treppe direkt in die Arme des Blonden stolperte. „Hattest du solche Sehnsucht nach mir?“, sprach er, wie er sie aufgefangen hatte, mit einem zufriedenen Grinsen. Automatisch lief Marinette rot an. Seit sie sich öfters trafen hatte er angefangen offensichtlich mit ihr zu flirten. Sie hatte sich zwar ein wenig daran gewöhnt, aber es war immer noch neu für sie. Oft fand sie dann nicht die richtigen Worte, gab sich aber auch schon weniger schüchtern als früher. „Wie kommst du denn darauf?“, murmelte sie, ihr Gesicht immer noch gegen seine Brust gedrückt. Er hatte keine Ahnung, wie Recht er mit seiner Behauptung hatte. Rund fünf Stunden später kamen die zwei leicht durchnässt bei Adrien zuhause an. Wie bereits am Telefon besprochen hatten sie zusammen etwas gegessen und waren im Kino gewesen. Im Nachhinein hatten sich die beiden noch kurz in ein Café begeben, um nachher in die WG zu gehen, wo Adrien wohnte. Doch hatten weder der Schirm des Blonden noch die Möglichkeit den Weg per U-Bahn zu bestreiten, den Regen von ihnen fern gehalten.   „Wow.“, bewunderte Marinette die rustikal eingerichtete Wohngemeinschaft, während Adrien ihr die Jacke abnahm. „Das hier ist wirklich eine Männer-WG? Dafür ist es fast zu aufgeräumt.“, staunte Marinette mit einem weiteren Blick durch die Wohnung. Adrien hatte ihr mal erzählt, dass er bei Freunden in der Wohngemeinschaft untergekommen war und sie sich die Miete zu viert teilten. Eine klassische Junggesellenbude, mal davon abgesehen dass die Wohnung sauberer war als sie es sich vorgestellt hatte. „Da siehst du was bei mir von der Erziehung meines Vaters hängen geblieben ist.“, diese Antwort von dem Blonden entlockte Marinette ein herzhaftes Lachen. „Glaub mir, die Zimmer meiner Kumpanen sind nur halb so aufgeräumt wie die Wohnung selbst.“, meinte er, als er die Jacken an der Garderobe aufhängte. „Wenn die Wohnung schon so aussieht, bin ich auf dein Zimmer gespannt. Es ist sicherlich nicht so gross wie das in Paris, oder?“ „Nein. Es ist sogar um einiges kleiner und hat glücklicherweise nur eine Etage. Aber das Zimmer im Haus meines Vaters war mir schon immer zu gross.“ Adrien führte Marinette am Wohnzimmer mit dem Esstisch sowie der geräumigen Küche vorbei in das Zimmer an der rechten Seite am Ende des Flurs. Vor Marinette erstreckte sich ein geräumiger Raum von 20 Quadratmetern, welcher mit einem grossen Bett ausgestattet war. Gegenüber dem Bett an der Wand hing ein Fernseher, links davon war ein kleiner Schreibtisch mit Laptop platziert. Links von der Zimmertür stand ein kleiner Schrank und rechts vom Bett befand sich ein grosses Fenster, welches bis zum Boden reichte, mit einem weissen Tagvorhang. „Du hast es hier ja richtig gemütlich.“, Marinette setzte sich auf das Bett, wo sie sich rücklings fallen liess. „Da ist mein Studienzimmer ja nichts dagegen.“, beneidete die Halbasiatin ihn, welche mit einem kleinen Gästezimmer auskommen musste. Bei ihren Eltern in Paris hatte sie die oberste Etage sowie die Veranda auf dem Dach ganz für sich. Platz den sie ohne Einschränkungen nutzen konnte. Sie fragte sich selbst, wie es ihre Gastfamilie geschafft hatte, ein Bett, einen Schrank sowie ein Pult in den 12 Quadratmetern unterzubringen. Sie selbst hatte noch eine Schneiderpuppe gekauft, wie sie in den Staaten angekommen war, damit sie sich nicht die von Sophie leihen musste.   „Dann muss ich nächstes Mal wohl bei dir vorbei schauen.“ „Zum Glück war ich vorher rechtzeitig fertig. Ich bin gestern Abend leider nicht mehr zum Aufräumen gekommen.“, richtete Marinette sich auf, worauf sie sich schüchtern eine Haarsträhne hinter die Ohren klemmte, was den Blonden innehalten liess. Ihr ganzes Bild liess ihn erstarren. Die schwarzen Haare, die tiefblauen Augen, die feinen Sommersprossen, die sanft geschwungenen Lippen. Adrien schluckte leer. Er wusste nicht, wie lange er sich an diesem Nachmittag zurückhalten konnte, wenn er ihr so nahe war. Seit sie sich wieder getroffen hatten brachte die Halbasiatin seine Sinne komplett durcheinander. Nie wäre ihm damals in Paris in den Sinn gekommen, dass Marinette sein Herz mal schneller schlagen lassen könnte. Doch jetzt tat sie es, ohne dass sie selbst etwas davon mitbekam. Denn ihr selbst ging es gerade nicht besser. Sie bemerkte, wie Adrien seinen Blick, mit einer leichten Röte im Gesicht, von ihr abwandte. Auch ihr Herz schlug schneller, wenn sie mit ihm alleine war. Doch war ihr aufgefallen, wie schnell er seinen Blick von ihr zurückgezogen hatte. Was ihr einen kleinen Stich im Herz versetzte. Sie liebte ihn, aber was war mit seinen Gefühlen für sie? Ob er das gleiche Empfand? Marinette schluckte leer. Hatte sie seine Avancen falsch gedeutet? Sie wusste es nicht.   Während Marinette aus dem Fenster starrte, wo sie direkt in die verregneten Strassen New Yorks blickte, holte Adrien der Schwarzhaarigen ein Tuch aus dem Badezimmer, welches sich neben der Eingangstür der Wohnung befand. „Hier.“, meinte er, als er ihr das Tuch überreichte. „Damit du dich nicht erkältest.“, dankend nahm Marinette das Tuch entgegen. Stumm setzte Adrien sich neben sie, liess seinen Blick durch den Raum wandern, als die Spielekonsole sind Blickfeld streifte. Er wusste noch genau, wie Marinette ihn damals in den Übungsspielen für das Schulturnier ohne Probleme geschlagen hatte. Auch Max hatte keine Chance gegen sie gehabt als es um die Auslosung der Turnierteilnehmer ging. Doch hatte Marinette ihren Platz wiederum an Max abgetreten und Adrien seinen an sie, so dass die beiden schliesslich das Turnier und den Pokal für die Schule gewannen. Der Blonde erhob sich und suchte das „Ultimate Mecha Strike III“ in der Kommode unter dem Fernseher hervor. „Na, erinnert dich das an etwas?“, grinsend hielt er ihr das Spiel unter die Nase, welches damals den Grossteil der Klasse am Collège in den Bann gezogen hatte. „Du spielst das noch?“ „Was erwartest du? Jeder von uns hat mindestens eine eigene Konsole und wir machen sogar richtige Turniere. Wollen wir?“ „Bist du dir sicher, dass du gegen mich antreten willst?“, neckte sie ihn mit einem frechen Grinsen auf den Lippen. „Warum nicht? Ich hatte einiges an Training in den letzten Jahren. Vielleicht bist du ja ein wenig zu oft hinter deiner Nähmaschine gesessen.“, gab der Blonde keck zurück. „Mag sein. Aber ich erinnere dich gerne daran, dass ich dich bei unseren Trainingseinheiten mit Leichtigkeit fertig gemacht habe.”, verpasste sie ihm einen sanften Stups gegen die Nase. Marinette wusste, dass er eher zu den Gelegenheitsspielern gehörte, wobei sie früher mit ihrem Vater beinahe wöchentlich, manchmal sogar täglich, die eine oder andere Stunde gespielt hatte. „Ich hatte aber auch einiges an Training.“ Das selbstsichere Grinsen von Cat Noir tauchte in seinem Gesicht auf. Sie hatte schon beinahe vergessen, wie er sie mit diesem Lächeln magisch anzog. „Du willst also eine Revanche von damals? Ist das eine Herausforderung?“, rückte sie näher zu ihm heran, so dass sich ihre Gesichter direkt gegenüber standen. „Könnte man so sagen.“, grinste er immer noch voller Zuversicht. „Du hast keine Ahnung, was du da tust.“, meinte die Schwarzhaarige selbstsicher und schnappte sich einen der Controller, die Adrien soeben auf das Nachtlager gelegt hatte.   „Da wäre ich mir nicht so sicher, Mylady.“, gab Adrien von sich, wobei er überzeugt davon war, mit Leichtigkeit zu gewinnen. „Also, bist du immer noch überzeugt, dass du genug trainiert hast?“, fragte Marinette ihn, gekonnt die Unschuldige spielend, als die erste Runde des Kampfes – wofür sie natürlich den Marienkäfer ausgewählt hatte – für sich entschieden hatte. Adrien war verstummt. Er spielte immer wieder mit seinen Freunden. Aber irgendwie schien die Halbasiatin einfach Talent für dieses Spiel zu haben. „Das war nur die erste Runde. Es sind noch zwei.“, gab er kampflustig von sich. Marinette konnte heraushören, dass er über diese Niederlage nicht besonders erfreut war. Er würde sich in der nächsten Runde noch mehr anstrengen um einen Sieg zu erlangen. Doch sie wollte ihn nicht einfach gewinnen lassen. „Oder nur eine. Wenn ich gewinne.“, gab die Halbchinesin siegessicher von sich. „Sicher?“ Marinette nickte lächelnd, wobei sie direkt in Adriens grüne Augen starrte. Dabei sah sie nicht das zufriedene Grinsen auf seinen Lippen. Adrien rutschte etwas näher zu ihr, so dass sich ihre Körper berührten. Doch war sie so von seinen Augen fasziniert, dass sie das kaum bemerkte und erst aus ihrer Starre erwachte, als sie seine Lippen auf den ihrigen spürte. Der Kuss dauerte nur einen Moment, einige wenige Sekunden. Doch war es mehr als genug um die Halbasiatin komplett aus der Fassung zu bringen. Sie blinzelte mehrmals, ihre Finger fuhren ungläubig ihre Lippen nach, welche eben noch mit denen des Blonden verbunden gewesen waren. Als Adrien bemerkte, wie sehr er sie mit dem Kuss überrumpelt hatte, pausierte er das Spiel. So wollte er den Wettkampf nicht gewinnen. Das wäre nicht fair. „Tut mir leid. Ich hätte nicht gedacht, dass dich das so aus der Fassung bringt.“, meinte er mit hochrotem Kopf. „Nein. Das ist schon ok.“, murmelte Marinette. Ungläubig starrte sie Löcher in die Luft, fuhr sich immer noch über die Lippen. Adrien hatte sie geküsst. „Wirklich? Du bist gerade ziemlich von der Rolle.“ „Es ist nur so…“, Marinette verstummte. Sie wusste nicht, wie sie ihm das erklären sollte. Sie hatte sich nach diesem intimen Moment gesehnt. Seit sie sich aufgrund eines Schulprojektes beinahe geküsst hätten. Nein. Sogar schon seit dem Moment, als sie sich in ihn verliebt hatte. Aber es war anders, als sie es sich in ihren kühnsten Träumen ersonnen hatte. „Ich habe mir die Situation einfach immer…wie soll ich sagen…anders vorgestellt.“, meinte sie schüchtern und blickte auf die Tagesdecke, welche auf dem Bett platziert war. Dabei fielen ihr einige Haarsträhnen in ihr Gesicht. Sanft strich Adrien ihr diese hinter die Ohren. „Du hast dir gewünscht, dass ich das tue?“ „Naja…“, sie traute sich nicht ihn anzusehen. Mit hochrotem Kopf starrte sie immer noch auf dieselbe Stelle wie eben. Adrien nahm ihr Gesicht in seine Hände und drehte dieses zu sich, so dass sie zu ihm hinaufblicken musste. Ungläubig blickte der Blonde sie an. Er hatte sie einfach nur einen Moment angesehen und sich gewünscht, sie zu küssen. Er hatte nicht gross darüber nachgedacht und es einfach getan. Er wusste nicht wirklich, was da in ihn gefahren war, als er sie vor wenigen Sekunden geküsst hatte. Nur, dass er sie für sich haben wollte. Er zog sie zu sich, vereinigte ihre Münder ein weiteres Mal miteinander. Doch zog er sich dieses Mal nicht zurück. Er wollte wissen, wie Marinette auf ihn reagierte. Es fühlte sich einfach zu gut an. Anders als erwartet, erwiderte Marinette den Druck gegen ihre Lippen. Adrien legte seine Arme um ihre Hüfte, zog sie zu sich. Aber gerade, wie er den Kuss fortführen wollte, das Videospiel hatte er in die hinterste Ecke seines Gehirns verbannt, löste die Halbasiatin die innige Verbindung. „Du versuchst doch nicht gerade vom Spiel abzulenken, damit du gewinnst, oder?“, leicht wütend funkelte sie ihn aus ihren blauen Augen an. Adrien wusste nicht, was er darauf antworten sollte. „Iwo. Wieso denn?“, gekonnt den Unschuldigen spielend, wich er ihrem strengen Blick aus. “Du hast mich gerade ziemlich aus dem Konzept gebracht. Ich hoffe, das ist dir bewusst.”, Adrien erwiderte nichts darauf, da er dies von ihrer Reaktion her erwartet hatte. Die Halbasiatin setzte ein fieses Lächeln auf und liess ihre Finger über seine Brust fahren, was Adrien das Blut in die Wangen trieb. “Ich könnte mir vorstellen, dass wir uns auf ein etwas anderes Spiel konzentrieren.”, grinste die Schwarzhaarige. Peinlich berührt wandte Adrien sich von ihr ab. Nervös biss Marinette sich auf die Unterlippe. Sie hatte es übertrieben. Was ihr nun doch ziemlich peinlich war. „Sag mal…wollen wir unser Duell eigentlich noch weiter austragen?“, fragte Marinette nach ein paar Momenten der Stille. „Du willst noch weiter machen?“ „Du hast damit angefangen. Also beenden wir das ganze ehrlich und fair, ohne irgendwelche Tricks.“, meinte sie, wobei sie die Wütende spielte. Sie liebte es, den verzweifelten Ausdruck in Adriens Gesicht zu beobachten. „Meinetwegen.“, gab er schliesslich nach als er merkte, dass er im Augenblick nicht an sie herankam und sie gewonnen hatte. Er wollte den Controller wieder in die Hand nehmen, als es dieses Mal Marinette war, welche sich ihm zuwandte und ihren Mund auf seinen drückte. Automatisch schloss der Blonde die Augen für einen Moment und erwiderte den Kuss. Zufrieden lächelnd löste sie sich von ihm. Ihre Wut eben war nur gespielt gewesen. Das durfte doch nicht wahr sein, schoss es Adrien durch den Kopf. „Unfassbar. Und du verlangst, dass wir das Spiel anständig zu Ende bringen.“, grinste er anzüglich, als er sie wieder zu sich zog um sie ein weiteres Mal zu küssen. Marinette legte einen Finger auf seinen Lippen, schob seinen Kopf sanft ein Stück von sich weg. „Nein mein Lieber. Den musst du dir schon verdienen.“ „Werde ich.“ „Das glaubst aber auch nur du.“, grinste sie forsch. „Wirst du schon sehen.“, erwiderte er ihr selbstsicheres Lächeln frech, ehe die Hände der beiden wieder zu den Controllern griffen und die zweite Runde starteten. Erneut duellierten sich die Katze und der Glückskäfer. Immer wieder liess Marinette den Marienkäfer die schwarze Katze angreifen. Doch blockte Adrien ihre Angriffe geschickter als in der ersten Runde und konterte viele Attacken, so dass die Figur der Schwarzhaarigen immer mehr Lebenspunkte verlor. Bis er schliesslich eine Lücke in ihrer Verteidigung entdeckte und einen direkten Gegenstoss startete, worauf ein K.O. auf dem Bildschirm angezeigt wurde. Geschockt blickte Marinette zu Adrien, welcher sie herausfordernd angrinste, wobei er die Arme verschränkte. Seine linke Augenbraue wanderte dabei nach oben. „Na, was sagst du jetzt?“ „Das war Glück, nichts weiter.“, meinte sie schmollend. „Der nächste Kampf gehört mir.“ „Da wäre ich mir nicht so sicher.“ „Du willst wohl unbedingt den Kuss, was?“ „Was denn wohl sonst?“, ein anzügliches Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Marinette musste sich zusammen reissen um ihn nicht sofort zu küssen aufgrund ihrer kleinen Abmachung. Sie wandte sich sofort mit hochrotem Kopf ab, als ihr etwas einfiel. „Was machst du eigentlich, wenn ich unser Match gewinne? Wir haben nur die Vereinbarung mit dem Kuss, falls du gewinnst.“ Von Adrien folgte keine Antwort. „Ich weiss was. Wenn ich gewinne, sehen wir uns einen Film an. Und ich darf entscheiden was.“, bestimmte die Halbasiatin selbstsicher. “An was für einen Film denkst du gerade?”, er kannte Marinette inzwischen und wusste, dass sie sich im Kopf sicherlich schon einen Plan für den Kampf und ebenso einen Film für ihren Sieg ausgesucht hatte. “Wenn du mich so fragst…der Teufel trägt Prada.” Adrien glaubte sich zu verhören. Was hatte er sich auch ausgerechnet in eine Jungdesignerin verlieben müssen? “Dann ist es wohl meine Pflicht zu gewinnen.” “Und meine, dich zu schlagen.”, grinste Marinette ihm ebenso entgegen. Wiederum startete der Kampf zwischen der schwarzen Katze und dem roten Marienkäfer. Zu Beginn waren sich die Gegner ebenbürtig, gaben sich in keiner Weise nach. Doch war Marinette zu sehr auf die Verteidigung aus, so dass sie nur noch blockte und die Zeit für den Kampf nach und nach Ablief. Adrien nutzte das aus und Attackierte ihren Charakter einige Male. Die Angriffe machten nicht allzu viel schaden, aber immerhin so viel, dass ihre Lebenspunkte tiefer als die von Adrien waren. Aber wenn Marinette nicht Angriff, konnte sie bei Adriens Figur keinen Schaden anrichten. Sie überlegte für einen Moment, wann es schlau wäre ihn mit einer Attacke zu überraschen und aus der Reserve herauszulocken. Damit sie den Spiess noch umdrehen konnte. Sie wollte nicht weiter zusehen, wie ihre Lebenspunkte langsam aber sicher sanken. Die Schwarzhaarige sah, wie Adrien die Finger auf seinem Controller für eine Sekunde ruhen liess. Dies wollte sie ausnutzen, doch erneut blockte er den Angriff des Marienkäfers ab und startete eine Gegenoffensive. Welche Marinettes Figur zwei Sekunden vor Ablauf der Zeit auf die Matte sandte. Was er mit einem „Gewonnen. Adrien-Style!“ feierte, wobei er die Arme erfreut in die Luft warf. Wofür er einen skeptischen Blick von Marinette inklusive nach oben gezogener Augenbraue erntete. „Machst das immer?“ Marinette kannte den Spruch. Sie hatte den angewandt, als sie damals den Kampf für die Teilnahme des Wettbewerbs gewonnen hatte. „Naja…sagen wir, du hast mich inspiriert.“ Die Schwarzhaarige liess ein lautes Lachen hören. „Du bist besser, als ich dachte.“, lächelte sie, als sie den Controller auf die Kommode legte und sich wieder zu ihm setzte. „Dann hat das Training mit den Jungs wohl doch etwas genützt.“, grinste Adrien zuversichtlich. „Das nächste Match gewinne ich wieder und werde dich in alter Manier in den Fussboden der digitalen Welt stapfen.“ „Mit Sicherheit. Falls wir wieder mal spielen.“, grinste er, ihre Gesichter nah aneinander. „Ich werde dich schon dazu bringen. Keine Sorge.“, flirtete sie. „Ich glaube, du schuldest mir noch etwas.“, flüsterte Adrien, ehe er sich zu ihr lehnte und sie küsste. Marinette schloss ihre Augen, erwiderte seinen Kuss. Der Blonde liess, zufrieden lächelnd, von ihr ab. Auf den Wangen der Schwarzhaarigen bildete sich ein roter Schimmer. Schüchtern blickte sie zu Adrien und strich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände, blickte unentwegt in ihre himmelblauen Augen. „Darf ich…dich nochmal küssen?“, fragte er schon beinahe zaghaft, als sein Blick wiederum ihre Lippen streifte, die er nochmals schmecken wollte. Marinette antwortete nicht. Sie sass immer noch auf ihren Knien und richtete sich ein Stück auf, so dass ihre Gesichter sich wiederum auf der gleichen Höhe waren. Ohne Vorwarnung legte sie ihre Lippen auf seine. Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken, vertiefte den Kuss. Adrien liess seine Hände zu ihren Hüften wandern, presste ihren Körper an sich. „Das werte ich dann mal als ja.“, flüsterte er zwischen mehreren Küssen, worauf sie den Kussmarathon fortführte. Ein leichter Seufzer entfloh ihren Lippen, was den Blonden grinsen liess. „Das gefällt dir wohl, was?“ sprach er, ehe sie seine Lippen erneut verschloss und ihn mit sanfter Gewalt auf die Matratze drückte. Gierig erwiderte Adrien ihren Kuss. Marinette war erstaunt, wie verlangend Adrien den Kuss erwiderte und liess ihre Hände durch seine blonde Mähne wandern. Mit hochrotem Kopf liess sie nach mehreren Minuten von ihm ab und bemerkte, was sie in ihrer Trance angerichtet hatte. „Entschuldige.“, murmelte sie. Sie hatte es nicht gleich so übertreiben wollen. Aber seine sanften Berührungen hatten Adrenalin in ihrem Körper freigesetzt und ihren Verstand ausgeschaltet. Ihre Hormone hatten kurzzeitig die Kontrolle übernommen, ebenso bei Adrien. Sie kniete sich neben Adrien, welcher sich ebenfalls aufsetzte. „Warum entschuldigst du dich?“ „Weil ich meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle habe und ich habe Angst davor, dass ich … dass wir etwas tun, das wir vielleicht nicht wollen…oder nicht sollten. Ich…“ Durch einen weiteren Kuss brachte Adrien sie zum Schweigen. „Willst du es denn?“, flüsterte er. „Ich weiss nicht...meine Gedanken sind komplett wirr, nur schon wegen vorhin.“ Marinette fluchte innerlich. Was musste sie auch so ein grosses Mundwerk haben und das auch noch ausgerechnet Adrien gegenüber. Sie war dankbar dafür, dass sie so viel Zeit miteinander verbrachten. Ihre Schüchternheit nahm kontinuierlich ab, sie fühlte sich wohl in seiner Nähe. Sie wollte das nicht vermasseln. Nicht jetzt. „Aber…es fühlt sich unglaublich gut an, hier mit dir zu sein und…“ Adrien konnte die Unsicherheit in ihren Augen sehen. Die Angst, die sich darin verbarg. Aber auch die Leidenschaft, welche er auf ihren rosigen Lippen hinterlassen hatte. Regungslos blieb Marinette vor ihm sitzen, konnte seine Blicke auf sich spüren. Er griff nach ihrem Gesicht, legte seine Lippen auf ihre. „Seit ich dich wieder gesehen habe, ist nichts mehr so wie früher. Ich habe mir damals so sehr gewünscht, dass wir uns so bald wie möglich wieder sehen. Aber ich hätte nicht gedacht, dass du plötzlich vor meinen Augen hier in New York auftauchst.“ Still blickte Marinette zu ihm hinauf. „Jedes Mal wenn ich dich sehe, schlägt mein Herz schneller. Alleine deine Anwesenheit bringt mich komplett durcheinander.“, flüsterte er, zog die Halbasiatin in seine Arme. „Als wir uns damals wieder gesehen haben, wusste ich nicht wirklich, wie ich mich dir gegenüber verhalten sollte. Wir hatten so lange kaum Kontakt gehabt und dann warst du plötzlich vor mir. Ich konnte es kaum fassen.“ „Was denn? Du wusstest doch, dass ich den Wettbewerb gewonnen habe.“ „Ja, schon. Aber nicht, …“ „Dass ich bei Sophie wohne und nicht am anderen Ende der Stadt. Was?“ „Einerseits.“ „Und Andererseits?“ Adrien verstummte für einen Moment. Er mochte dieses Mädchen einfach zu sehr. „Ich hatte keine Ahnung, wann du kommen würdest. Wann das Praktikum startet und all das. Ich wollte dich nicht überrumpeln und ich hatte selbst mehr als genug um den Kopf. Und dann, warst du plötzlich wieder auf der Bildfläche.“ Weiter kam er nicht, denn er war erneut in ihren blauen Augen gefangen, welche ihm erst nach Ladybugs Verschwinden richtig aufgefallen waren. Dieses wundervolle Himmelblau, das er nur von einer anderen Person kannte. Vorsichtig senkte er seinen Kopf nach unten, verschloss ihren Mund mit seinem. Seine Hand wanderte durch ihre schwarze Haarpracht, presste sie noch näher an sich, damit sie nicht entfliehen konnte und vertiefte den Kuss erneut. „Lass mich raten: ich hab deinen Verstand zum Stillstand gebracht.“, lächelte sie. „Wohl oder übel.“, knurrte er gegen ihre Lippen, worauf sie sich erneut küssten. Marinettes Hände wanderten in seinen Nacken, kraulten ihn sanft. Adriens freie Hand strich ihren Rücken hinab. Sie stiess einen leisen Seufzer aus, was der Blonde mit einem Grinsen quittierte. Doch führte sie den Kuss weiter und liess sich, mitsamt dem Blonden, rücklings auf die Matratze fallen. „Seit dem Strandtag…“, begann sie, wurde aber immer wieder durch seine Lippen unterbrochen. „Bist du ständig in meinen Gedanken.“ Adrien fuhr mit seinen Lippen über ihren Hals und ihr Dekolleté, bis zu dem Ausschnitt ihres Oberteils. Dort hinterliess er federleichte Küsse, welche Marinette zum Stöhnen brachte. Schliesslich verschloss er ihre Lippen wieder miteinander, drang sanft in ihre Mundhöhle ein. Die angehende Designerin liess ihn gewähren. Es war einfach gerade zu schön in seinen Armen zu liegen und von ihm verwöhnt zu werden. Niemals wäre sie auf den Gedanken gekommen, dass sie nur wenige Wochen nach ihrer Ankunft mit jemandem im Bett landen würde. Umso mehr genoss sie die Berührungen, die Adrien ihrem Körper geradezu teil werden liess. Gierig erwiderte sie den Kuss, liess ihre Zunge in seinen Mund wandern. Ihre Hände fuhren unablässig durch die Haarpracht des Blonden. Adriens Hände erkundeten sanft ihre Taille. Zuerst nach oben, dann nach unten. Dann glitten seine Finger unter ihr Oberteil, strichen vorsichtig über ihre nackte Haut. Adrien grinste in sich hinein, als er das unterdrückte Stöhnen Marinettes vernahm. Er löste sich von ihr, blickte in ihr gerötetes Gesicht. „Und ich dachte, es würde nur mir so gehen.“, flüsterte er. Erneut liess er seine Lippen zu ihrem Hals wandern, wo er sie immer wieder küsste. „Hör auf. Das Kitzelt.“ „Was?“, verdattert, mit hochgezogener Augenbraue, blickte er sie an. „Dir ist schon klar, dass du gerade die ganze Stimmung vermiest.“, maulte er. „Wenn du mich anders küssen würdest, würde ich mich auch nicht beschweren.“, verteidigte sich die Jungdesignerin. „Dann will ich wissen, ob du es besser machst.“ „Du weisst doch, dass es nicht gut kommt, wenn du mich heraus forderst?“ „Bisher hab ich gewonnen.“ „Bisher.“, flüsterte sie und zog seinen Kopf zu sich. Sie blickten sich in die Augen. „Ich…“, Adrien wollte ihr etwas sagen. Aber sie hielt ihn auf. „Nein. Nicht jetzt.“ Sie legte ihre Lippen auf seine. „Ich will nur, dass du schweigst und geniest.“ - Stunden später, die Nacht war längst über den Big Apple hereingebrochen, kuschelte sich Marinette genüsslich an Adrien, in dessen Armen sie lag. Sie war im späteren Verlauf des Abends in seinen Armen weggedöst. Geniesserisch streichelte der Blonde sie, liess seine Hand immer wieder über ihre Haarpracht und ihren Rücken wandern. Als Marinette langsam wieder wach wurde, drückte er ihr sanft einen Kuss auf die Stirn. „Na, gut geschlafen, Mylady?“ „Das fragst du noch? Nach den letzten Stunden?“, lächelte sie zufrieden, ehe sie sich wieder an ihn schmiegte. Dabei fiel ihr Blick auf den Wecker, welcher auf Adriens Nachttisch stand. Hektisch erhob sich die Schwarzhaarige, welche ein Shirt von Adrien trug. In welchem sie, aufgrund ihrer Körpergrösse, beinahe unterging. Sie zog sich das Shirt über den Kopf und tauschte es gegen ihr weisses Oberteil aus, welches sie zuvor getragen hatte. Dabei fiel Adriens Blick auf ihren Hals, wo am rechten, unteren Ende ein Knutschfleck thronte. „Willst du wirklich zu der späten Stunde noch nach Hause?“, fragte er, als sie sich aufrichtete. „Ich habe mir eigentlich vorgenommen morgen an meinem Projekt weiter zu nähen. Ich kann das nicht gut mit mir herum schleppen. Oder soll ich jedes Mal die Nähmaschine mitnehmen?“ „Wäre doch auch eine Möglichkeit. Wir wohnen immerhin im gleichen Stadtteil“, witzelte der Blonde grinsend. „Ich wusste nicht, dass du so ein schlimmer Finger bist.“, gab sie keck zurück. Sie stand vor dem Spiegel des Kleiderschranks und zog das Oberteil zurecht. Sie fuhr mit den Fingern durch ihre schwarze Haarpracht, wobei sie den Knutschfleck an ihrem Hals entdeckte. Empört blickte sie zu Adrien, welcher sie unschuldig anblickte. „Ist das dein Ernst?“ „Naja…da ist wohl der Teufel mit mir durchgegangen.“, oder der Kater, ging es ihm leise durch den Kopf. „Teufel? Ich wusste nicht, dass ich neuerdings einen Teufelchen habe.“, skeptisch betrachtete Marinette den Blonden, als sie sich zu ihm setzte. „Du wirst von ziemlich vielen Jungs in der Schule begutachtet. Die sollen ruhig wissen, dass du jemandem gehörst.“, flüsterte er, küsste sie auf die Stirn. „Das ist lieb von dir. Aber findest du das nicht ein wenig übertrieben?“ „Nein. Finde ich nicht.“, grinsend zog er sie an sich. Genüsslich kuschelte sich Marinette an ihn. „Geh nicht, bitte.“ „Bei der Geschichte mit dem Knutschfleck muss ich da noch ein wenig nachdenken.“, die Beleidigte spielend löste Marinette seine Umarmung und stiess den Blonden ein Stück von sich. „Ich will einfach nicht, dass dir etwas passiert. New York ist in den späten Abendstunden nicht gerade sicher. Da lasse ich dich ungern alleine.“ „An deinen Überredungskünsten musst du allerdings noch ein wenig feilen.“, gab sie von sich, und wandte sich, die Arme vor dem Oberkörper verschränkt, von ihm ab. „Sicher?“ „Allerdings.“ „Das glaube ich eher weniger.“, widersprach ihr der Designersohn, worauf er seine Arme um sie legte und die Schwarzhaarige in einen Kuss verwickelte, den sie herzhaft erwiderte. „Adrien. Ich muss los.“, versuchte sie ihm zwischen mehreren Küssen mitzuteilen. Doch der Blonde hörte nicht auf sie. Dafür war er zu süchtig nach ihr. Durchsetzungsfähig wie sie war, löste sich die Halbasiatin von ihm und setzte sich auf die Bettkante in Richtung der Zimmertür. Kurz entwirrte sie sich mit den Fingerspitzen die Haare, ehe sie ihre Haarpracht zu einem Zopf flocht. Marinette blieb noch einen Moment sitzen, um ihre Gedanken zu Ordnen. Einen Moment zu lange. Denn Adrien hatte bereits wieder seine Arme um sie geschlungen und lehnte seine Stirn an ihren Rücken. „Bitte bleib. Zumindest bis morgen früh.“, murmelte er bittend, während er mit den Lippen die Konturen ihres Nackens nachfuhr. Marinette seufzte auf. Er war wirklich verdammt gut wenn es ums überreden ging. Besonders wenn er es so gestaltete. „Das…ist nicht fair.“, murmelte sie. Sie drehte sich zu ihm, um seine Lippen erneut mit den ihrigen zu verschliessen. Gierig erwiderte der Blonde den Kuss, schlang seine Arme um ihre Hüfte und liess sich gemeinsam mit der Halbasiatin auf das Bett sinken. Als Marinette ihre Augen wieder öffnete, war ein neuer Tag über der Weltstadt angebrochen. Langsam erhob sie sich. Verwundert blickte sie sich um. Sie war nicht in ihrem Studienzimmer, wie sonst an einem Sonntagmorgen. Ihr Blick fiel auf Adrien. Jener schlief noch auf der anderen Seite des Bettes. Automatisch legte sich ein roter Schimmer auf Marinettes Wangen, als sie Adriens nackten Oberkörper neben sich erblickte. Aber im Gegensatz zu ihm war sie noch angezogen. Oder zumindest teilweise, da sie noch ihr Oberteil vom Vortag trug. Vorsichtig rutschte Marinette näher zu Adrien, der etwas Unverständliches in seinem Schlaf murmelte. Marinette lächelte. Sanft liess sie ihre Hand durch seine Haare streichen. Der Augenlider des Blonden flackerten leicht, doch drehte er sich nur leicht grummelnd zu der dunklen Seite im Zimmer. Für einen Moment erstarrte Marinette. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen stellte sie fest, dass er ihr den Rücken zugedreht hatte. Frechheit. Dies hielt sie aber nicht davon ab, sich an ihn zu kuscheln und mit ihrer Hand sanft immer und immer wieder durch seine Blonde Haarpracht zu fahren. Wie sie es nur schon Sekunden zuvor getan hatte. “Aufwachen, Chéri.” Langsam öffnete Adrien die Augen. Diese Hand, die ihn liebkoste. Sie kam ihm so bekannt vor und doch war es komplett neu. Merkwürdig. Der Blick des Blonden wanderte zu Marinette, die neben ihm lag. “Guten Morgen.”, flüsterte sie mit sanfter Stimme in sein Ohr. “Du bist noch da? Ich dachte, du wolltest an deinem Projekt arbeiten.”, meinte er müde. Marinettes Lippen formten sich zu einem Schmollmund. “Glaubst du wirklich, dass ich einfach ohne einen Kommentar verschwinde?” Betrübt wandte Adrien seinen Blick von Marinette ab. Gekränkt richtete sich die Schwarzhaarige auf. “Hör mal. Ich weiss, dass du es nie leicht hattest. Dass deine Mutter vom einen auf den anderen Tag verschwand, dein Vater sich nicht um dich kümmerte. Aber das ist nicht deine Schuld.”, meinte Marinette nach einer Weile und drehte sich wieder zu dem Blonden. “Woher willst du das wissen?” “Weil ich mir sicher bin, dass du nicht der Grund bist, weshalb deine Mutter euch verlassen hat.”, sie griff nach seiner Hand, drückte sie tröstlich. “Denkst du das wirklich?”, ein Hoffnungsschimmer tat sich für den Studenten auf. Zuversichtlich nickte Marinette ihm zu. “Ich frage mich manchmal, was anders wäre, wenn meine Mutter damals nicht von uns gegangen wäre. Wenn mein Vater nicht durchgedreht wäre. Wenn…”, Adrien stoppte. Er wollte Anhängen, wenn er nicht Cat Noir geworden wäre. Wenn er Ladybug nicht getroffen hätte. Doch Marinette liess ihn nicht weiter nachdenken. Denn sie schloss ihn ohne Vorwarnung in eine herzliche Umarmung. “Mari…” “Ich lasse dich nicht einfach so alleine. Also denk nicht weiter darüber nach.”, sie lockerte ihre Arme, welche sie um seinen Hals geschlungen hatte. “Du kannst die Vergangenheit nicht verändern. Das kann niemand. Wir können nur Versuchen, aus der Gegenwart das Beste zu machen.”, flüsterte sie wobei sie sich an ihn kuschelte. Adrien nickte leicht. Marinette hatte recht. Die Vergangenheit konnte er nicht beeinflussen. Ganz im Gegensatz zu der Gegenwart und seiner Zukunft. Kapitel 5: Long Island - Part 1 ------------------------------- Rund 3 Stunden und ein aufschlussreiches Gespräch später öffnete Marinette die Haustür zu ihrem Übergangszuhause. Noch lange hatten Adrien und sie miteinander geredet. Über die Vergangenheit. Cat Noir und Ladybug, die Akumas, und noch vieles mehr. Insbesondere die Geschehnisse nach dem Endkampf, die ganzen Jahre, die sie sich nicht gesehen hatten. Sie hatte es genossen, so ausführlich mit ihm plaudern zu können und doch hatte es sie an die Aussprache mit Cat Noir erinnert. Die Sorgen, die er ihr damals anvertraut hatte. Das zerstörte Familienverhältnis, das Zuhause, mit dem er nichts mehr zu tun haben wollte. Dass Adrien sowie Cat Noir aus zerrütteten Familien kamen, war sicherlich nur ein Zufall. Doch was, wenn dies kein Zufall war? Ihre Gedanken liefen automatisch weiter und so kam die Schwarzhaarige ins Grübeln. Dabei bemerkte sie nicht, wie sie von Sophie begutachtet wurde. “Sieh einer an. Auch wieder da?”, die neugierigen Blicke ihrer Studienfreundin, welche soeben aus dem Wohnzimmer angelaufen kam, streiften Marinette. “Sophie. Du hier?”, komplett überrumpelt starrte sie die Brünette an. Sie war so in Gedanken gewesen, dass sie die Anwesenheit ihrer Kollegin nicht wahrgenommen hatte. “Soweit ich mich erinnere wohne ich hier. Also ist es logisch, dass ich hier bin. Meinst du nicht auch?” In diesem Moment hätte Marinette sich am liebsten in ein Erdloch verkrochen. Sie war es gewohnt, dass Sophie am Wochenende häufig mit ihren Freunden irgendwo in der Stadt unterwegs war. Doch hatte sie der Schwarzhaarigen anvertraut, dass sie am Sonntag zuhause sein werde, da sie sich auf eine wichtige Prüfung vorbereiten wollte. “Du siehst ziemlich nachdenklich aus. Alles in Ordnung?” “Ja. Alles in Ordnung.”, gab Marinette mit einem aufgesetzten Lächeln von sich. Doch Sophies forschendem Blick entgingen die Sorgenfalten auf Marinettes Stirn nicht. “Ich bin mir sicher, dass du eine ziemlich anstrengende Nacht hinter dir hast. Aber so wie du gerade aussiehst, bist du ziemlich in Sorge.” “Nein. Es ist nichts.” “Komm schon. So geplättet wie du aussiehst würde ich vorschlagen, wir setzen uns im Wohnzimmer zusammen und du erzählst mir von deiner gemeinsamen Nacht mit deinem Liebsten.”, grinste Sophie frech, starrköpfig wie sie war. “Gemeinsame Nacht? Jetzt übertreibst du aber.”, stoppte Marinette die Vorstellungen ihrer Kollegin, wobei ihr Kopf hochrot anlief. “Du wolltest gestern Abend zurückkommen damit du heute Vormittag wieder an deinen Projekten arbeiten kannst. Oder irre ich?”, Sophies Starrköpfigkeit erstaunte die angehende Designerin wieder einmal. Sie merkte sich alles und hinterfragte die Situation, wenn sie ein ungutes Gefühl hatte. Wie auch jetzt. Marinette gab sich geschlagen, womit sich die Freundinnen in die Küche begaben. Minuten später setzten sich die zwei mit warmen Getränken, in Tassen abgefüllt, in das Wohnzimmer. Da Sophies Eltern eine Woche auf Reisen waren, hatten sie die Wohnung alleine für sich und mussten sich keine Sorgen machen, irgendwie belauscht zu werden. “Also, was ist los? Raus mit der Sprache!” “Naja. Ich habe mich aufgrund der Zeit, die ich mit ihm verbracht habe, an einen alten Freund erinnert.” “Oh.”, entfuhr es Sophie ungewollt. “Einen ziemlich guten Freund, nehme ich an.” Marinette beantwortete diese Frage ihrer Freundin mit einem Nicken. Cat Noir mochte manchmal eine ziemliche Nervensäge gewesen sein. Sie waren über die Jahre hinweg nicht nur Partner gewesen, sondern auch zu Freunden geworden, was die Trennung von ihm nur noch schwerer machte. “Das ist wahrscheinlich ziemlich verwirrend.” “Verwirrend ist gut. Adrien erinnert mich andauernd an ihn, weil er sich teilweise komplett wie dieser eine Freund verhält. Das bringt mich beinahe um den Verstand.” “So aus Neugierde: hast du diesen Freund denn persönlich gekannt oder dich nur über einen Chat mit ihm Unterhalten?” “Eben weil ich ihn persönlich kenne bringt mich das ganze so durcheinander. Auch die Tatsache, dass sie beide aus zerrütteten Familienverhältnissen stammen.”, seufzte Marinette laut auf. “Ich erwische mich andauernd dabei, wie ich die beiden miteinander vergleiche. Vorhin habe ich mich ernsthaft gefragt, ob das nicht nur ein Zufall ist, dass er mich so stark an diesen anderen Freund erinnert.” “Das ist sicherlich nur ein dummer Zufall.”, versuchte Sophie ihre Freundin zu beruhigen und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Missmutig liess Marinette den Kopf hängen. “Das mag sein. Aber…was, wenn es kein Zufall ist?” “Ich glaube kaum, dass Adrien ein Spiel mit dir treiben würde. Hast du ihn denn schon darauf angesprochen?” Die Schwarzhaarige nickte. Adrien wusste, dass er sie an jemanden erinnerte. Dass es sich dabei um Cat Noir handelte, hatte sie vorsichtshalber weggelassen. “Na also. Warum bist du denn so betrübt? Doch nicht etwa, weil die letzte Nacht ein Reinfall war?”, witzelte Sophie ungewollt. “Kannst du das Thema bitte lassen? Ich habe dir doch schon gesagt, dass wir nicht im Bett gelandet sind.”, oder nicht direkt, schloss sie in Gedanken an. “Aber diese ganze Zufallsgeschichte wird doch nicht der einzige Punkt sein, weshalb du erst so spät dran bist, oder? Jetzt sag schon. Ich bin neugierig. So wie du gestern Mittag vor Freude getanzt hast.”, feixte die Brünette. Marinette musste einsehen, dass es kein Entkommen gab. Also fing sie an zu erzählen. “Wir hatten einen sehr schönen Nachmittag. Beinahe…nein…absolut traumhaft.” “Wie sieht’s mit dem Abend aus?”, Neugierde schwang in Sophies stimme mit. “Adrien hat ein altes Konsolenspiel aus unserer Zeit im Collège hervorgeholt. Wir haben einige Kämpfe miteinander bestritten. Das war lustig. Und er hat gewonnen. Obwohl ich ihn damals bei den Trainings für den Wettkampf haushoch geschlagen habe. Aber eben, das ist auch schon gut 5 Jahre her, wenn nicht sogar mehr.” “Und weiter?”, bohrte die Brünette weiter. Bei dem Gedanken, wie der Abend weiterging, lief Marinette puterrot an. Nein. Darüber wollte sie nicht reden. Sicherlich, sie hatten nicht miteinander geschlafen. Aber beinahe. Im letzten Moment hatten beide die Notbremse gezogen, weil sie nichts riskieren wollten. Marinette schüttelte kurz den Kopf, ein sanftes Lächeln zierte ihre Lippen. “Weiter? Ich hatte einen wunderbaren Abend mit Adrien und mehr brauchst du nicht zu wissen.”, beschloss die Schwarzhaarige im Endeffekt. Sie erhob sich und begab sich, mitsamt ihrer Tasse, in ihr Zimmer, um, wie geplant, an ihrem Projekt weiter zu arbeiten. - Am nächsten Tag lief Marinette leichtfüssig, beflügelt von ihrem äusserst erfolgreichen Wochenende, durch die vom Sonnenlicht gefluteten Hallen des Colleges. Dabei wurde sie von einem aufmerksamen grünen Augenpaar verfolgt. Die angehende Designerin kam gerade an ihrem Spint an, wo sie den Zahlencode eingab um ihr Wörterbuch hervorzuholen. Sie zog es vor, im Alltag mit dem Smartphone zu arbeiten falls sie ein Wort gerade nicht wusste. Das Wörterbuch liess sie im College, weil sie es spezifisch im Unterricht verwenden wollte. Mit Ausnahme es stand ein Wörtertest an, dann nahm sie es mit nach Hause um Lernkarten anzufertigen. Wie Marinette sich die benötigten Unterlagen für die nächsten Stunden gegriffen hatte und den Spint schloss, erblickte sie einen fröhlich grinsenden Adrien zu ihrer Rechten. “Adrien!” Vor Schreck zuckte die Schwarzhaarige zusammen. “Guten Morgen, MyLady.”, begrüsste er seine Herzensdame. Kokett griff er nach ihrer rechten Hand, da diese keine Bücher trug, und drückte einen Kuss auf den besagten Handrücken. Diese Aktion trieb sogleich einen Rotschimmer auf Marinettes Wangen. “Übertreibst du es nicht ein wenig?”, skeptisch betrachtete sie ihren Verehrer. Ihr selbst war es nicht geheuer, dass er ihr inmitten der Schule solche Avancen machte. Besonders nicht solche, die sie so extrem an Cat Noir erinnerten. Wofür er sich von ihr einen zornigen Blick einfing. Er liess ihre Hand augenblicklich los, stellte sich aber direkt neben sie. “Ich nehme dir etwas ab.”, beschloss er. Keinen Moment später hatte er sich die Bücher, welche Marinette keine Sekunde zuvor noch auf ihrem linken Arm durch das Gebäude schleppen wollte, geschnappt und Marinettes nun freie Hand gegriffen. Verdutzt lief sie dem Blonden hinterher. “Jetzt sag’ schon.”, drängelnd erinnerte sie ihn an ihre vorherige Frage. Schliesslich begann der Unterricht in Kürze. Sie hatte keine Zeit, eine Ewigkeit in den für sie schier unendlichen Hallen auf seine Antwort zu warten. Mit der Gefahr dass diese Diskussion über den Tag hinweg vergessen ging. “Nach dem was sich Samstag Abend in meinem Zimmer abgespielt hat…nein. Absolut nicht.”, feixte er. Seine Augen fixierten wissend das hellblaue Tuch um ihren Hals, womit sie den Knutschfleck vertuschen wollte. Augenblicklich weitete sich die Röte, welche bis eben nur die Wangenknochen betroffen hatte, über ihr ganzes Gesicht aus. “Deswegen brauchst du doch nicht gleich rot zu werden.”, grinste Adrien, welcher über die Reaktion seiner Freundin äusserst erfreut war. Sie war verdammt süss, wenn sie so rot anlief. Marinette wusste nicht, was sie ihm diesbetreffend entgegnen sollte. “Musst du nicht in die andere Richtung?”, stellte sie verwirrt fest, als der Blonde nicht wie gewohnt den Weg in den dritten Stock einschlug. “Ich begleite dich. Immerhin spiele ich gerade den Esel für dich.”, gab er zwinkernd von sich. “Das ist doch nicht nötig. Ich kann meine Bücher selber tragen. Ausserdem kenne ich mich hier inzwischen aus. Du musst doch auch zu deiner Stunde.”, versuchte die Schwarzhaarige ihm die Idee auszureden.  “Ach was. Ich habe noch mehr als genug Zeit bis die Stunde anfängt. Ausserdem würde ich gerne noch etwas Zeit mit dir verbringen.” Die Halbasiatin wusste nicht, was sie ihm darauf antworten sollte. Adrien konnte verdammt hartnäckig sein, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. “Da wären wir.”, stellte der Blonde unnötigerweise fest, als sie das Klassenzimmer Marinettes erreichten. “Da wären wir.”, wiederholte sie seine Worte schon beinahe enttäuscht. “Wir sehen uns am Mittag. Ja?”, Adrien drückte der angehenden Designerin einen Kuss auf die Wange. Marinette nickte lächelnd. Der Student wollte sich bereits in Richtung seines Klassenzimmers begeben, als die Halbasiatin ihn aufhielt. “Hast du nicht etwas Kleines vergessen?”, sie schenkte dem Wissenschaftsstudent einen skeptischen Blick, wobei sie die linke Augenbraue nach oben wandern liess. Ein freches Lächeln hatte sich auf ihre Lippen geschlichen. Sogleich kamen Adrien die Bücher in den Sinn, welcher er noch auf dem Arm trug. “Ups.” Er hatte sich so auf Marinette konzentriert, dass er ihre Bücher komplett vergessen hatte. Peinlich berührt überreichte er ihr die Unterlagen. “Bis später.” “Ja, bis später.”, verliebt blickte sie dem Blonden hinterher, welcher gemütlich den Gang hinunter schlenderte und sich mit einem Handgruss verabschiedete. - “Und, wie war dein Vormittag?”, neugierig setzte Adrien sich zu Marinette, die es sich auf der Wiese beim College gemütlich gemacht hatte. “Eintönig.”, meinte die Schwarzhaarige gelangweilt. Der Blonde zog fragend eine Augenbraue nach oben. “Volle vier Stunden Englisch.”, stöhnte sie, wobei sie die Augen verdrehte. “Brauchst du Nachhilfe?”, frech Grinsend blickte Adrien zu der Halbasiatin. Diese schenkte dem Unterton in seiner Stimme keine Beachtung. “Nein. Das schaffe ich schon alleine. Ganz im Gegensatz zum Chinesisch, was eigentlich meine zweite Muttersprache sein sollte.”, ärgerte sie sich über die wenigen Sprachkenntnisse, die sie besass. Sicherlich sprach sie Französisch und Englisch, sowie einige Vokabeln Italienisch dank ihrer Grossmutter väterlicherseits. Aber dass sie die Sprache vom Herkunftsland ihrer Mutter nicht beherrschte, ärgerte sie immer wieder. Besonders wenn die Verwandtschaft beim Familienfest wieder einmal anfing chinesisch zu sprechen und sie nur noch Bahnhof verstand. “Jetzt sag bloss, du besuchst hier auch noch einen Chinesischkurs?”, erstaunt blickte Adrien seine Freundin an. “Logisch. Das kriege ich bei meinem vollen Terminkalender locker noch unter.”, fuhr die Halbasiatin weiter, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Von dem Blonden folgte kein Kommentar. Ungläubig starrte er sie an, bevor ein lauthalses Lachen aus seiner Kehle hervorbrach. Argwöhnisch betrachtete Marinette den Blonden. “Was gibt’s da zu lachen?” “Du bist gut. Ich hätte nicht gedacht, dass du mich so dran kriegst.”, grinste der einstige Katzenjunge ungehemmt weiter, was auch der jungen Frau neben ihm ein Lächeln entlockte. “Mal davon abgesehen, dass du mit mir den perfekten Nachhilfelehrer hättest.”, erinnerte er sie unweigerlich daran, dass er diese Sprache beherrschte und ihr schon vor vielen Jahren aus der Patsche geholfen hatte. “Nein Danke. Da setze ich mich lieber mit Englisch auseinander.” “Sicher, dass du keine Nachhilfe benötigst?”, flirtete Adrien bedenkenlos weiter. “Nur weil du hier lebst und die Sprache beherrschst, brauchst du dich noch lange nicht so aufzuspielen.”, sanft verpasste sie ihrem Jugendfreund mit dem Finger einen Stups gegen die Nase. Beleidigt drehte sie ihm den Rücken zu. Adrien fluchte innerlich. Er war zu aufdringlich gewesen, nun hatte er den Salat. Noch während er überlegte, wie er das wieder ins Lot bringen konnte, ergriff Marinette erneut das Wort. “Du magst mir ab und an ein wenig auf die Nerven gehen mit deinen Sprüchen, aber…”, Marinette legte eine Pause ein, suchte die richtigen Worte. “Ich verbringe trotzdem gerne Zeit mit dir.”, flüsterte sie schliesslich mit süsslicher Stimme, was dem einstigen Katzenjungen beinahe den Atem raubte. Adrien schluckte leer. Sie mochte ihn. Vorsichtig legte er einen Arm um die Schwarzhaarige, lehnte sich leicht an sie. “Ich bin auch gerne mit dir zusammen.” “Was hältst du davon, wenn wir uns ein gemütliches Wochenende machen? Nächstes oder übernächstes Wochenende?”, fragte Adrien nach einigen Momenten der Stille. Ein fragender Blick von der Frau in seinen Armen folgte. “Ich fände es schön, wenn wir ein Wochenende einfach mal Zeit für uns hätten. Ohne irgendwelche eventuellen Störungen.” “Du meinst weg, fernab von der Stadt und von unseren Freunden?” “So habe ich mir das Gedacht.” “Aber wo willst du da hin? Momentan sind keine Schulferien und ein Hotel ist auch nicht gerade billig.”, bedachte Marinette enttäuscht. Das würde wohl warten müssen bis zu den Herbstferien, wenn nicht sogar länger. Worauf keiner der beiden Lust hatte. “Ich hätte an Long Island gedacht.” “Long Island?”, entgeistert blickte sie ihn an. “Aber da ist es doch Sauteuer. Erstens gibt es da kaum Hotels. Zweitens ist gerade Hochsaison, da ist alles ausgebucht. Selbst wenn es da viele Ferienwohnungen gibt, da müssten wir doch Monate im voraus buchen und…”, Marinette wollte weiter fahren. Noch andere Punkte aufzählen, weshalb Long Island nicht in Frage kam für einen Wochenendtrip. “Ich hab mir das schon genau überlegt.”, Adrien legte beruhigend seine Hände auf die Schultern seiner Freundin. “Ach ja?”, der skeptische Unterton in ihrer Stimme war unüberhörbar. “Naja…meine Grosseltern haben da ein kleines Ferienhaus, das momentan nicht benutzt wird.” “Du veräppelst mich doch gerade?”, immer noch glaubte sie nicht so recht an das, was Adrien ihr da erzählte. “Nein. Ich habe sie gestern Abend angerufen. Ich muss ihnen nur noch das Datum angeben und den Schlüssel abholen.” “Ist das dein Ernst?” Adrien nickte, ein zuversichtliches Grinsen spiegelte sich auf seinen Lippen wider. Keinen Augenblick später fühlte er einen dumpfen Schmerz an seiner linken Schulter. Marinette hatte ihm mit der geballten Faust einen leichten Schlag versetzt. “Deine Grosseltern besitzen ein Ferienhaus?”, streng beäugte sie den blonden. “Habe ich das nicht erwähnt?”, peinlich grinsend rieb er sich über die schmerzende Stelle. “Nein. Bis eben wusste ich nichts davon.” “Ich dachte, ich hätte das mal erwähnt.”, überlegte der einstige Superheld. Er hätte schwören können, dass er ihr das mal erzählt hatte. In den letzten Tagen hatten sie so viel zum reden und diskutieren gehabt, dass ihm das wohl vergessen ging. “Dann ist dir das bei deiner ganzen Flirterei vergessen gegangen, du Charmeur!”, neckte sie ihn. Doch liess Adrien sich nicht auf ihr Spielchen ein. Stattdessen fragte er: “Also, was sagst du dazu?” Gespannt blickte er die Schwarzhaarige an. Marinette liess ihren Blick zum Himmel wandern. Ein gemeinsames Wochenende mit Adrien auf Long Island. Das klang einfach perfekt. - Die Nacht kündige sich durch Venus und Mars bereits am Firmament an, als Adrien das Auto vor dem Ferienhaus parkte. Aufgrund einiger Staus war die Fahrt eine Stunde länger gewesen als sie gedacht hatten. Wodurch sie aber immer wieder in Gespräche verwickelt gewesen waren. Auch hatten sie immer wieder kleine Pausen eingelegt. Mit bewundernden Blicken entstieg Marinette dem Gefährt. “Das ist ja wunderschön hier.”, mit grosser Freude musterte die Halbasiatin das Ferienhaus. Seit er ihr die Geschichte mit dem Ferienhaus erzählt hatte, waren knapp zwei Wochen vergangen. Ein früheres Datum war aufgrund beidseitiger Terminkollidierungen nicht möglich gewesen. Automatisch schritt Marinette den Pfad aus grossen Pflastersteinen zu der Holzterasse entlang. Mit einem Schmunzeln beobachtete Adrien das Tun seiner Freundin.  Marinette drehte sich im Kreis, um die Umgebung, bestehen aus einigen kleineren Häusern, zu begutachten. “Ich Verderb dir nur ungern die Freude. Aber wir haben hier noch einiges an Lebensmitteln, die dringend in die Kühlung müssen. Ausserdem kommt du ohne den Schlüssel nicht rein.”, grinste der Blonde und schwang dabei den Schlüsselbund am Finger. Marinette errötete. Sie hatte die Einkäufe, die sie extra noch gemacht hatten, sowie die Schlüssel komplett vergessen. So verzückt war sie von dem Haus gewesen. Mit hochrotem Kopf eilte sie zu Adrien, welcher ihr die Tüte mit den Einkäufen und den Schlüsselbund überreichte. “Wo soll ich damit hin?”, unsicher blickte Marinette sich im Untergeschoss um. “Stell es einfach in die Küche”, antwortete Adrien ihr, als er das Haus mit den Reisetaschen betrat. Wortlos stellte Marinette die Tüten in der Küche ab. Sie betrachtete den Raum genauer. Vor ihr erstreckte sich der Essbereich, dahinter das Wohnzimmer. Vor dem Wohnzimmer führte eine Treppe in den ersten Stock. Ebenso erkannte sie den Balkon, welcher direkt eine Anbindung zum Strand besass. Vor lauter Bewunderung bemerkte die Schwarzhaarige nicht, wie Adrien sie ansprach. Erst als er sie an der Schulter antippte, fuhr sie herum. “..ja?” “Ich wollte wissen, ob du deine Tasche oben haben möchtest.” “Oben?”, perplex blickte sie ihn an. “Das Schlafzimmer ist im ersten Stock. Oder willst du auf dem Laminat nächtigen?”, scherzte der Blonde. “Lieber nicht. Ich habe ein grosses Projekt dass ich nächste Woche betreuen darf. Da kann ich mir eine schlechte Nacht beim besten Willen nicht leisten.” “Stimmt. Chloé hat was in der Richtung erwähnt. Anscheinend hast du mehrere wichtige Termine mit Audrey.” Marinette erstarrte. “Woher?” “Ich bin ihr schon einige Male über den Weg gelaufen. Sie hat natürlich sofort damit angegeben, dass sie eine Anstellung in der Firma ihrer Mutter ergattern konnte und dass Audrey dich sobald wie nur möglich rausschmeissen würde.” “Ja klar.”, Marinettes augenverdrehen war unüberhörbar. “Das behauptet ausgerechnet jene, welche in der Firma ihrer Mutter am Empfang arbeitet, Termine koordiniert und den Kaffee besorgen muss.” “Sie muss für euch den Kaffee besorgen?”, er grinste ungläubig. Nur schon, weil Chloé niemals einen Finger für jemand anderen rühren würde. “Den Kaffee, die Sandwiches für die Sitzungen, Häppchen für irgendwelche Präsentationen und solche Sachen eben. Das Zeug wofür Audrey eben keine Zeit hat.”, diese Erklärung liess den Blonden in schallendes Gelächter ausbrechen. Perplex blickte Marinette zu Adrien. “Entschuldige. Aber ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen, dass unsere Chloé sich für so eine Stelle begeistern konnte.” “Hat sie auch nicht. Ihre Mutter ist eines Tages aus Paris zurück gekommen und hatte sie im Schlepptau. Da wurde sie einfach dorthin gesetzt. Sie musste ziemlich schnell merken, dass hier niemand nach ihrer Pfeife tanzte. Sie hatte zu Beginn auch Ärger mit den anderen Angestellten, weil sie mehrere Termine übereinander legte. Den Aufstand am Empfang hättest du sehen sollen.” “Das kann ich mir bildlich vorstellen.” “Nach der Szene hat Audrey ihr ins Gewissen geredet und seither fügt sie sich erstaunlich gut in die Stelle ein.”, fuhr Marinette mit ihrer Erzählung fort. “Wie hat sie denn auf dich reagiert?” “Sie war ziemlich geschockt. Ich dachte auch, mich trifft der Blitz, als ich sie vor 3 Wochen dort am Empfang getroffen hab.” Neugierig blickte Adrien die Schwarzhaarige an. Marinette wusste sofort, was er damit meinte. “Sie hat wohl gedacht, dass ich das Praktikum abgelehnt hatte. Deshalb war sie umso schockierter, als sie feststellen musste, dass ich die Praktikantin bin. Obwohl Audrey mich ja schon vor Jahren als Designerin wollte.”, führte die einstige Ladybug unbeabsichtigt ihre Gedanken fort. “Es ist schon ein verdammter Zufall, dass ausgerechnet das Magazin von Audrey Bourgoise den Wettbewerb ausrichtet, den du gewonnen hast. Nur schon, weil sie dich bereits damals mit nach New York nehmen wollte.”, bedachte Adrien. Marinette nickte stumm. “Woran denkst du?” “Ich frage mich, ob das hier eventuell Schicksal ist.” “Schicksal?”, irritiert blickte er in die blauen Augen von Marinette. “Wir beide zur gleichen Zeit im Big Apple? Und dann auch noch an der gleichen Schule und eine gemeinsame Freundin will uns verkuppeln? Ich finde das schon sehr auffällig.” Adrien dachte einen Moment nach. Sie hatte nicht unrecht. Es waren schon verdammt viele Zufälle, die sie hier zusammen geführt hatten. Aber gleich von Schicksal zu sprechen, das fand er nun doch ein wenig zu extrem. “Sieh das Ganze nicht so streng. Lass uns einfach die Zeit geniessen, die wir zusammen haben, ja?”, Marinette beantwortete diese Frage mit einem sanften Lächeln, worauf Adrien sie sanft auf den Mund küsste.   Kapitel 6: Long Island - Part 2 ------------------------------- „Du bist ja schon wieder auf dem Balkon.“, stellte Adrien lächelnd fest, als er die Halbasiatin namens Marinette Dupain-Cheng an diesem Abend bereits das dritte Mal auf der Terrasse des Ferienhauses erblickte. „Ich war noch nie richtig am Meer. Da muss ich das geniessen.“, strahlte die Schwarzhaarige, deren dunkles Haar beinahe vom Nachthimmel mit den Sternen verschluckt wurde. Nur dank dem Licht aus dem Wohnzimmer, welches sanft in den Aussenbereich drang, war es für Adrien erkenntlich, wie der Wind sanft mit ihren Haaren spielte. Auch ihr weisses Kleid liess der Wind sanft in seinen Händen hin und her gehen. „Es ist wunderschön hier.“, murmelte sie geniesserisch, wobei sie die Augen für einen Moment schloss um den schäumenden Wellen des Meeres zu lauschen. Ein Lächeln umspielte Adriens Lippen, als er zu ihr schritt und sich mit verschränkten Armen auf dem Geländer der Holzterrasse abstütze. Er genoss es, die Halbasiatin bei ihrem Tun zu beobachten. Wie so oft in der letzten Zeit observierte er sie still und heimlich. So bemerkte er auch die leichte Gänsehaut, welche sich über ihre Arme zog. „Ist dir nicht kalt?“, aufmerksam blickte er sie an. Er selbst trug einen Pullunder mit Kapuze, damit er nicht so leicht fror. Aber Marinette mit ihrem Sommerkleid, die musste ja frieren. Den Tag über war es sehr warm gewesen, sie waren am Strand entlang gelaufen, Hand in Hand. Da hatte er auch nur ein weisses Shirt und ein paar kurze Hosen getragen. Die Shorts hatte er inzwischen gegen eine wärmende Jeans eingetauscht. „Ein wenig.“, lächelte sie. Doch der Blonde konnte genau sehen, dass sie ihn anschwindelte. Sie fror. „Komm her.“, flüsterte er, ehe Adrien seine Arme um Marinette legte. Schon beinahe automatisch liess sich die Halbasiatin gegen ihn fallen, um die Wärme die er ausstrahlte, zu geniessen. Hatte sie sich doch so sehr an seine Anwesenheit gewöhnt die letzten Wochen und Tage über. Selbst wenn sie erst seit einigen Wochen für ihr Praktikum in den Staaten weilte. Doch hatten die zwei inzwischen so viel Zeit miteinander verbracht, dass Marinette gelernt hatte, dass sie in seiner Nähe ganz normal sein konnte. Sie war sogar froh darum, dass sie einen Tag pro Woche an der gleichen Uni waren, selbst wenn Adrien zu Beginn von seinen Freunden aufgezogen worden war, weil er plötzlich aktiv Zeit mit einem Mädchen verbrachte. „Was hältst du davon wenn wir reingehen?“, flüsterte Adrien nahe an Marinettes Ohr und liess seine Lippen ihren Hals hinunterwandern. Die Tat des jungen Mannes liess ihr das Blut in den Kopf steigen. Sie war sich sicher, dass sie wie eine überreife Tomate aussah. Auch wenn man, aufgrund der Dunkelheit, nicht besonders viel erkennen konnte. „Ich würde lieber noch etwas draussen bleiben.“, meinte die Schwarzhaarige schüchtern, ehe der Blonde von ihr abliess und sich ins Innere der Ferienwohnung begab. Natürlich nicht ohne keine Minute später mit Marinettes schwarzem Cardigan zurückzukehren. Sie schaute kurz erschrocken auf, als Adrien ihr das wärmende Kleidungsstück über die Schultern legte und sich wieder an sie schmiegte. Unmerklich brachte Adrien ein wenig Abstand zwischen sich und die Halbasiatin, um sie zu beobachten. Um die Situation richtig einzuschätzen. Ob jetzt der richtige Zeitpunkt war? Er wusste es nicht. Der Blonde war sich sicher, dass die überrascht sein würde. Aber er musste es ihr jetzt sagen. Ansonsten würde er sich das niemals getrauen. „Mari, es gibt da etwas, was ich dir sagen muss.“, fing er an, wobei er auf das Meer hinaus blickte. Neugierige, himmelblaue Augen, blickten ihn an. Seine Hand wanderte zu der ihren, umschloss sie sanft. Marinette beobachtete, wie der Wind Adriens blonde Haarpracht leicht verwehte und sie noch wilder machte, als sie eh schon war. Er lächelte sie an, was sie erwiderte. „Ich weiss nicht so recht, wo ich anfangen soll.“, begann er das Gespräch, welches er schon seit einer Weile mit ihr führen wollte. Zuerst wusste er nicht, wann genau er ihr das sagen sollte. Aber den wirklich richtigen Zeitpunkt würde es wohl nie geben, dessen war sich der Blonde bewusst. „Ich will dir das schon seit einer geraumen Zeit sagen…“, schüchtern richtete er seinen Blick auf den Boden, mit seiner linken Hand fuhr er sich über den Nacken, um sich zu beruhigen. „Aber ich bin mir nicht sicher, wie ich dir das sagen soll.“, fing er schliesslich an, seine Gefühle in Worte zu fassen. Marinettes blaue Augen musterten ihn gespannt. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als Adrien Luft holte und sie direkt in seine waldgrünen Augen blickte. „Ich habe mich in dich verliebt, Marinette Dupain-Cheng.“, sprach er schliesslich leise und sanft ihren Namen aus, wobei er ihr Gesicht in seine Hand nahm und sanft über ihre Wangen strich. Marinette konnte es nicht fassen. Sie nahm war, wie Arien seine Stirn gegen die ihrige lehnte. Tief blickte er in ihre blauen Augen. „Du…liebst mich?“ Adrien nickte, hielt ihrem Blick stand. Sie konnte ihr Glück nicht fassen. Überwältigt von Glücksgefühlen schlang sie ihre Arme blitzartig um den Blonden, welcher ab dieser Situation überfordert war. Prompt lief er leicht rot an. Sofort löste sie sich ein Stück von ihm, schaute in seine Augen. „Ich liebe dich auch.“, gestand sie ihm ihre Gefühle. Ungläubig blickte er zu ihr hinunter, schloss sie überglücklich in die Arme. Er hatte nicht gewusst, dass sie ebenso empfand wie er. Marinette kuschelte sich glücklich an ihn, ehe sie sich auf die Zehenspitzen stellte und seine Lippen mit den ihrigen versiegelte. Sanft erwiderte Adrien den Kuss. Doch etwas war anders als sonst. Sie hatten sich schon so oft geküsst und doch fühlte es sich anders an. Der Kuss war sanft, schon beinahe schüchtern. Beinahe als ob es ihr erster gemeinsamer Kuss wäre. Eine vage Erinnerung an Ladybug blitzte in seinen Gedanken auf. Von dem Kuss mit Cat Noir, damals im Kampf mit Dark Cupid. Sogleich unterbrach die Schwarzhaarige den Kuss. „Entschuldige.“ „Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.“, murmelte er und verband ihre Lippen erneut miteinander. Wollte das Gefühl von eben nochmals fühlen. Erneut tauchte dasselbe Bild vor seinem inneren Auge auf. Er wusste, dass er diesen Kuss bereits einmal erlebt hatte. Viele Jahre zuvor. Nun war es der Wissenschaftsstudent, welcher die Knutscherei unterbrach und seine Stirn gegen die von Marinette lehnte. Die Halbasiatin lächelte glücklich. Sie konnte sich nichts Besseres vorstellen. Es war einfach perfekt. „Darf ich dich etwas fragen?“, Marinette nickte. „Du kannst mich alles fragen. Das weisst du doch.“, blickte sie aufrichtig zu ihm hinauf. „Ich weiss, dass du mich wahrscheinlich für Verrückt hältst, wenn ich das jetzt sage. Aber irgendwie lässt mich der Gedanke nicht mehr los.“ „Und welcher Gedanke wäre das?“, skeptisch, mit gehobener Augenbraue, schaute sie ihn an. „Kann es sein, dass du Ladybug bist?“ Die einstige Superheldin erstarrte. Das Blut, welches ihren Kopf vor einigen Momenten noch hatte Rot erscheinen lassen, wich ihr mit einem Mal aus dem Gesicht. „Ladybug? Ich und Ladybug? Wie kommst du denn darauf?“, gab sie verdattert von sich. Der Blonde wurde hellhörig. Die Selbstsicherheit, welche sie in den letzten Wochen ihm gegenüber gewonnen hatte, war mit einem Mal wie weggeblasen. “Ich weiss, es war eine blöde Idee. Aber ich möchte es gerne wissen. Also bitte, sag es mir.”, bittend blickte er sie an. Marinette wusste nicht, wie lange sie seinem Hundeblick standhalten konnte. Aber so sehr sie ihn auch einweihen wollte, sie durfte es nicht. “Wie soll ich denn bitte einen Akuma besiegen können? Oder mit Cat Noir zusammen arbeiten? Er ist eh ne verdammte Nervensäge. Ausserdem bin ich viel zu tollpatschig. Mit Mutig und Schlagfertig habe ich gar nichts am Hut.” Aufmerksam hörte Adrien ihr zu und bemerkte, wie sie sich in ihren eigenen Aussagen verhedderte. Er wusste, dass sie ihm die Wahrheit absichtlich verschwieg. Der Blonde ging einen Schritt auf sie zu. Marinette wollte noch etwas anhängen, als Adrien sie sanft an den Schultern packte und sie zu sich drehte. Eindringlich blickte er sie an. “Hör auf damit. Du bist nicht tollpatschig. Überhaupt nicht. Du bist die begabteste junge Designerin die ich kenne.“ Von Marinette folgte keine Antwort. Immer noch wandte sie ihren Blick dem Boden zu. „Ich finde es Mutig von dir, ein Auslandspraktikum zu machen, dafür Freunde und Familie zurück zu lassen. Das trauen sich nur wenige.“, ein kleines Nicken der Halbasiatin folgte. „Was die Schlagfertigkeit angeht…die hast du mir Gegenüber in den letzten Wochen immer wieder gezeigt. Du bist nie um eine Antwort verlegen und weisst, wie du dich wehren kannst. Und das nicht erst seit kurzem.”, Adrien legte eine kurze Pause ein. “Ich weiss noch, wie du dir damals die Stimmen für die Klassensprecherwahl gesichert hast. Das hat mich begeistert. Ich bin mir sicher, dass du jedem Akuma den Gar ausmachen kannst, sofern du dein Jojo und deinen Kwami Rufbereit hast.” Marinette wich Adriens Blick kontinuierlich aus. „Sieh mich an.“, bat er sie erneut mit Nachdruck. Schliesslich blickte sie zu ihm hinauf. Adrien wusste, dass dies die Wahrheit war. Er konnte es in ihren Augen sehen. Augen, in die er sich von Anfang an verliebt hatte. Seine über alles geliebte Ladybug war die ganze Zeit über bei ihm gewesen. Egal ob in der Schule oder hier in New York. Doch hatte ihm der Charakter der neuen Marinette so gut gefallen, dass er seine Lady schon fast vergessen hatte. „Hör auf es zu leugnen. Bitte.“ „Aber wie? Ich…“, Marinette schwieg. „Mir ist es erst vorhin aufgegangen. Als wir uns geküsst haben. Da ist irgendeine Erinnerung, die ich nicht so wirklich habe, vor meinem inneren Auge aufgeblitzt.“ Bei dem Wort Erinnerung wurde Marinette hellhörig. Ihre linke Augenbraue rutschte nach oben. Welches Abenteuer als Ladybug ausser Jackady verband sie denn miteinander? Sie hatte ihm noch das eine oder andere Mal das Leben gerettet. Aber mehr war da nicht gewesen. Oder vielleicht doch? „Was für eine Erinnerung?“ „Naja, davon dass ich Ladybug geküsst habe.“, gab er schüchtern von sich. Ein Hauch von Röte stahl sich auf seine Wangenknochen. Geschockt blickte die Halbasiatin ihn an. Sie wusste genau, dass sie Adrien nicht geküsst hatte als Ladybug. Dann gab es nur eine Möglichkeit… „Ich weiss leider nur noch, dass du dich bei mir Entschuldigt hast, wegen einem Kuss, an den ich mich nicht entsinnen kann.“ Marinette wurde gleichzeitig heiss und kalt. Ihre Gedanken drehten sich im Kreise. Sein Verhalten, seine Avancen ihr Gegenüber, seine Sprüche. Es war keine Absicht, dass er sie an ihren ehemaligen Partner erinnerte. Er war Cat Noir, durch und durch. “Chaton…?”, flüsterte sie mit leiser, zerbrechlicher Stimme. Ein stummes Nicken des Blonden folgte, ein sanftes Lächeln lag auf seinen Lippen. Ungläubig legte Marinette ihre Hand an seine Wange, strich sanft darüber. Adrien genoss ihre Berührungen. Unentwegt blickte Marinette in seine Augen. Augen, die sie liebevoll ansahen und doch erkannte sie den Schalk dahinter, welchen sie bereits seit Jahren kannte. Während sie sich intensiv in die Augen blickten, wurde Marinette klar, was er vor ihr soeben zugegeben hatte. Tränen sammelten sich in ihren Augen. Sie presste ihren Kopf gegen seine Brust, klammerte sich an ihn. „Ist dir eigentlich klar, wie du mir in den letzten Jahren gefehlt hast?“, gab sie unverständlich von sich. Sie hatte ihn wieder. Endlich, nachdem sie ihn so viele Jahre schrecklich vermisst hatte. „Ich hab dich auch vermisst, Pünktchen.“, meinte er flüsternd, während er seine Arme um sie schlang und sein Kinn auf ihrem Kopf ruhen liess. Eine Weile standen sie einfach umschlungen auf der Terrasse. Der kühle Abendwind blies über die Häuser. Was Adrien nun doch leicht frösteln liess. „Wollen wir nicht reingehen? Es wird langsam ein wenig kühl.“ „Von mir aus nicht. In deinen Armen ist es schön warm.“, sprach Marinette, kuschelte sich noch mehr an ihn. Diese Worte liessen den Blonden rot werden. „Also ich würde liebend gerne drinnen weiter kuscheln.“, flüsterte er, die Lippen nahe an ihrem Hals. Diese Worte liessen sie rot anlaufen. „Und ich dachte, du als Katze wärst Nachtaktiv.“ „Nicht wirklich. Besonders in so kalten Nächten verkrieche ich mich gern an einem warmen Plätzchen.“ „Plätzchen? Warum nur musst du andauernd wie Cat Noir klingen?“, verpasste sie ihm mit dem Finger einen sanften Stups gegen die Nasenspitze. „Wir sind ein und dieselbe Person. Also eigentlich ziemlich logisch, findest du nicht?“ „Gewisse Charakterähnlichkeiten sind mir ja sofort aufgefallen. Aber jetzt übertreibst du es gerade eindeutig.“, holte sie ihn wieder auf den Boden der Tatsachen hinunter. „Ich würde trotzdem lieber reingehen.“ „Aber nur weil dir so kalt ist, du schwarzer Kater.“, gab sie widerwillig nach, weil sie die Atmosphäre noch ein wenig geniessen wollte. „Dir ist schon klar, dass ich keine wirklich Katze bin, oder?“ „Allerdings. Dem Charme einer normalen Katze wäre ich schon früher erlegen.“ „Das ist gemein.“ „Tja. Wenn du nicht nur als Cat Noir mit mir geflirtet hättest, wäre das ganze vielleicht ein wenig anders gelaufen.“ „Wie darf ich das verstehen?“ „Ich war…von Anfang an in dich verliebt. Also nicht in Cat Noir, sondern in dich, Adrien. Seitdem du dich bei mir wegen der Geschichte mit Chloé entschuldigt hast.“, erzählte sie, wobei sich eine sanfte röte auf ihre Wangen stahl. „Moment mal. Du warst seit dem Zeitpunkt in mich verliebt? Habe ich dir als Katze denn gar nicht gefallen?“, neckte er sie. „Du warst schon ziemlich niedlich…aber mit deinen ganzen Sprüchen leider auch ziemlich nervig.“ Sie machte eine kurze Pause. „Ausserdem konnte ich deine geheime Identität schon immer besser leiden als die des all zeit flirtenden Katers.“ „Komm her.“, flüsterte er, zog sie zu sich. Keine Sekunde später berührten sich die Lippen der beiden erneut. Marinette erwiderte den Druck, legte ihre Arme in Adriens Nacken und presste ihren Körper näher an seinen. Ihre leicht geöffneten Münder prallten immer wieder aufeinander. „Haben wir nicht noch Nachtisch im Kühlschrank?“, meinte Marinette leise. Adrien beugte sich zu ihr, knabberte sanft an ihrem Ohrläppchen. „Ich ziehe dich liebend gerne dem Nachtisch vor.“, grinste er. Marinette schloss ihre Augen, fühlte wie seine Lippen zu ihrem Hals wanderten. Wie er sanft in ihre Haut biss. Sie wusste, auf was er hinauswollte. Sie wollte es. Sie sehnte sich schon lange nach diesem Geschehnis mit ihm. Hatte sich immer gefragt, wann es wohl passieren würde. Aber der Gedanke, dass es nicht nur Adrien sondern auch Cat Noir war, der sie küsste, liess ihre Gefühle Achterbahn fahren. „Warte. Das geht mir zu schnell.“, stoppte sie sein tun. „Ich dachte, wir wären uns einig.“, erinnerte er sie an den Nachmittag in seinem WG-Zimmer, als sie beinahe miteinander im Bett gelandet wären. „Ich will das ja auch. Aber…“ „Was quält dich?“ „Wir sind ein eingespieltes Team. Kommt dir da nicht auch der Gedanke, dass sich daran etwas ändern könnte, wenn wir uns auf eine körperliche Beziehung einlassen?“ „Wenn ich das richtig sehe, haben wir uns bereits auf eine körperliche Beziehung eingelassen.“, murmelte er. „Ich meine ja nur…jetzt mit dem Wissen, wer hinter der Maske des jeweils anderen steckt…könnte das ein wenig kompliziert werden.“, meinte sie nachdenklich. „Kommst du denn damit klar, dass ich hinter Ladybugs Maske stecke und nicht jemand anderes?“, sie hatte sich abgewandt. Adrien schob seinen Daumen unter ihr Kinn, zwang sie ihn anzusehen. „Ich habe mich von Anfang an in das Mädchen hinter der Maske verliebt. Aber ich war so auf deine andere Seite fixiert, ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ihr ein und dieselbe Person sein könntet.“ Ein leiser Seufzer entfloh seinen Lippen. „Bis vorhin.“ „Bis vorhin.“, sprach er ihr nach. „Ich habe mich die letzten Wochen über erneut in dich verliebt. Weil ihr beide genau die gleichen Qualitäten und Eigenschaften habt, die euch hervorheben.“, flüsterte er, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Doch Adriens Worte machten Marinette stutzig. „Was meinst du mit von Anfang an?“ „Seit ich dich zum ersten Mal getroffen habe.“, flüsterte er lächelnd. Ein prüfender Blick Marinettes folgte. „Ok. Seit du Stoneheart vom Akuma befreit hast. Aber das war nur einen Tag darauf, also…“, Adrien verstummte. Marinette lächelte und kuschelte sich an den Blonden, ihre Arme schlangen sich um seinen Oberkörper. Adrien schmunzelte, als er sah, wie die Halbasiatin sich an ihn schmiegte und erwiderte deren Umarmung. Nach einer Weile regte sich Adrien schliesslich wieder. “Lass uns reingehen. Es hat doch schon ziemlich stark abgekühlt.” “Wollen wir einen Film schauen?” “Liebend gern. So lange ich dich in den Armen halten und küssen darf.”, grinste der Blonde anzüglich und küsste Marinette liebevoll auf die Wange. “So oft und so lange du möchtest.”, willigte sie lächelnd ein und küsste Adrien sanft auf den Mund. - Wenige Minuten später sass das junge Paar, dicht aneinander gekuschelt, auf der Couch und hatte sich nach kurzer Diskussion für einen Actionfilm entschieden. Vor Ihnen auf dem Tisch standen zwei Schüsseln mit Popcorn und Chips. Während Adrien gespannt den Film verfolgte und ab und an zu Marinette linste, so befand die Halbasiatin sich in ihrer eigenen Gedankenwelt. Es kam ihr immer noch merkwürdig vor, dass Adrien und Cat Noir ein und dieselbe Person waren. Besonders, dass sie nun von der geheimen Identität des jeweils anderen wussten. Aber es tat auch gut, dass sie diese Tatsache nicht mehr vor ihm verheimlichen musste. Die Bilder im Film erinnerten sie an die gemeinsamen Kämpfe mit Cat Noir, die vor ihrem inneren Auge aufblitzten. Wie er sie immer wieder beschützt und unterstützt hatte, in all dieser Zeit. Die Tatsache, dass er sich auch einige Male zwischen sie und den Feind gestellt hatte, teilweise auch im letzten Moment. Die Verletzungen und den Schmerz auf sich genommen hatte. Ihr Glücksbringer hatte die Wunden immer wieder geheilt. Aber sie erinnerte sich unweigerlich auch daran, dass er nach einem Kampf einige Tage den Turnunterricht geschwänzt hatte. Bei diesem Gedanken ging ihr ein Licht auf. Marinette griff nach der Fernbedienung und pausierte den Film. “Runter mit dem Pullover.”, forderte sie streng, während sie die Bedienung wieder auf den Tisch zurück legte. Entgeistert schaute Adrien zu ihr. Fragend wanderte eine seiner Augenbrauen nach oben. “Du hast schon richtig verstanden. Runter damit!”, forderte sie erneut, diesmal noch strenger. Er zog den Pullunder aus und legte ihn zur Seite. Darunter kam ein weisses Kurzarmhemd hervor. Sein verwunderter Gesichtsausdruck wandelte sich in einen frechen. “Ach so. Das hast du also vor.”, grinste er anzüglich und blickte Marinette vorfreudig in die Augen. Doch deren Gesicht war hart wie Stein. Ein Eisiger Blick kam aus ihren Augen, den er nur von Ladybug kannte. Adrien schluckte leer. “Mari…?” unsicher schaute er die Schwarzhaarige an. “Das Hemd auch.”, forderte Marinette unverfroren. “Kannst du mir bitte sagen, was das soll? Ich würde dir ja gerne eine kleine Showeinlage bieten, aber wenn du mich jetzt schon so züchtigst.”, witzelte er. Doch Marinette zuckte noch nicht einmal mit der Wimper. “Ich wünschte, ich könnte dir eine Kette anlegen und dich mit einem Befehl dazu bringen, Ruhe zu geben. Dann wären wir schon um einiges weiter.”, kommentierte sie Adriens Spruch, während dieser sein Hemd aufknöpfte und ihr einen beleidigten Blick schenkte. “Ich bin immer noch eine Katze und kein Hund.” “Kannst du mir jetzt bitte erklären, was das soll?”, fragte er Momente später, als er sein Hemd zu seinem Pullover legte und mit nacktem Oberkörper vor ihr sass. Marinette erhob sich, ging um ihn herum. Dann setzte sie sich wieder auf das besagte Möbelstück. Adrien wollte sich bereits umdrehen, um ihr in die Augen sehen zu können. „Bleib bitte für einen Moment so.“, meinte sie leise, aber bestimmt. Sie rückte ein Stück näher an ihn heran, so dass sie seinen Rücken, welcher von feinen Narben geziert war, genau betrachten konnte. Marinette hatte seinen Oberkörper schon einige Male von hinten gesehen. Doch die Narbe über dem Rechten Schulterblatt war ihr verborgen geblieben. Sie war schon ein wenig älter und musste aus einem ihrer früheren Kämpfe stammen. Weder beim Schwimmen noch bei dem heissen Abend, welchen sie miteinander verbracht hatten, war ihr diese aufgefallen. Erst jetzt wo sie wusste, dass er Cat Noir war, war ihr diese Wunde wieder in den Sinn gekommen. Der Blonde vor ihr zuckte leicht zusammen, als ihre Finger sanft die vernarbte Haut berührten. „Du hast die Narbe also noch.“, stellte sie mit leiser Stimme fest. „Bleib sitzen. Ich hole was zum eincremen.“ Keinen Moment später stürzte sie die Treppe in das Schlafzimmer hinauf. Dort suchte sie eine Wundcreme aus ihrer Reisetasche heraus. Sie hatte für eventuelle Notfälle immer das notwendigste dabei. Cat Noir hatte sie damals vor einer ziemlich heftigen Attacke beschützt und den Schlag mit seinem Rücken abgefangen. Natürlich hatte sie sich nach seinem Wohlergehen erkundigt. Doch der hatte so getan, als ob das nichts gewesen wäre. Schmerzerfüllt verzog der Blonde wenige Minuten später das Gesicht, als Marinette die Narbe versorgte. Die Schwarzhaarige bemerkte, wie sein Körper vor ihr zusammen zuckte. „Hör auf so zu maulen. Du bist selbst schuld, weil du mich andauernd beschützen wolltest. Du hast damals gesagt, dass das nur ein blauer Fleck ist. Von wegen!“, schalte sie ihn. Für die nächsten Minuten hielt Adrien still. Sicherlich waren die meisten inzwischen verheilt. Auch ihr Glücksbringer leistete hier viel. Doch hatte er sich einige Wunden ausserhalb der Kämpfe gegen die Akumas eingefangen, wo sie den Glücksbringer nicht nutzen konnte. Wo er nicht heilte. Dort war die Haut immer noch empfindlich und es war ihm unangenehm, wenn jemand diese Narbe direkt berührte. . Damals hatte er seine rechte Schulter mehrere Wochen lang nicht benutzen können. Wo er sich die Wunde zugezogen hatte konnte er natürlich niemandem erklären. Oder wenn, dann folgten aufgrund seiner Erklärung nur noch mehr Fragen. Selbst Marinette war damals sehr besorgt um ihn gewesen. Sie hatten von Glück reden können, dass Hawk Moth in dieser Zeit keine Akumas aussandte, so dass seine Schulter Zeit zum heilen hatte. Als Marinette fertig war, wusch sie sich die Hände in der angrenzenden Küche. Adrien streifte sich das Hemd wieder über und wollte es gerade zuknöpfen, als Marinette sich vor ihn setzte und ihre Arme um seinen muskulösen Oberkörper schlang. „Warum hast du mich damals angelogen?“ „Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst.“ „Warum sollte ich mir denn keine Sorgen machen? Wir sind Partner. Wir…“, sie wagte es nicht, weiter zu reden. Sie liebten einander und doch war es merkwürdig, das so auszusprechen. „Ich mache mir doch immer Sorgen um dich. Egal ob du nun Adrien oder Cat Noir bist. Was glaubst du, weshalb ich in den letzten Wochen so durcheinander war?“ Fragend sah Adrien sie an. „Du hast mich andauernd an dein anderes Ich erinnert und auch an die Freundschaft, die uns verbindet. Eine solch tiefe Freundschaft, wie sie mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen ist.“ „Ich dachte, ich wäre als Cat Noir nur eine Last für dich.“ „Du warst mir immer eine grosse Hilfe. Du wusstest immer, was ich vor hatte. Einen besseren Partner hätte ich mir nicht wünschen können.” Ab diesem Kompliment lief Adrien rot an. Peinlich berührt blickte der Blonde weg. „Das braucht dir doch nicht peinlich zu sein.“, grinste die Schwarzhaarige ausgelassen und boxte ihn leicht in die Rippen. „Weisst du…“, erneut kuschelte Marinette sich an ihren Freund. Sogleich widmete sich seine Aufmerksamkeit wieder ihr. „Ich finde, wir geben ein Superteam ab. Egal ob wir nun Superhelden sind oder nicht.“ „Wirklich? Ich hatte früher immer das Gefühl, dass du in meiner Nähe kein Wort rausbringst.“, sofort lief Marinette puterrot an. „Ja. Aber das war…wegen…“, Adrien brach in ein schallendes Gelächter aus. „Cat! Das ist nicht witzig!“ „Entschuldige. Aber ich konnte einfach nicht widerstehen dich zu ärgern, Buginette.“, grinste der Blonde weiter. „Also das von vorhin mit dem besten Partner nehme ich wieder zurück. Unglaublich, dass ich es vergessen konnte.“ „Moment mal. Was meinst du damit?“ „Ich hatte ganz vergessen, was für eine Nervensäge du als Katzenjunge teilweise warst. Besonders was deine dummen Sprüche angeht.“, beleidigt drehte Marinette sich weg. „Stimmt. Die konntest du noch nie leiden.“, fiel es Adrien wie Schuppen von den Augen. Doch hatte sie in den letzten Wochen betreffend seiner Sprüche nichts erwähnt. Nein. Sie hatte sogar darüber gelacht. “Du hast die letzten Wochen nur nichts erwähnt, weil du nicht wusstest, dass ich Cat Noir bin, oder?” Stur blickte Marinette zur Seite. Er hatte sie erwischt. Schon wieder. Warum zum Geier brachte er sie auch so aus dem Konzept? “Halt die Klappe, doofer Kater.”, Adrien grinste frech, zog Marinette zu sich und küsste sie sanft. “Aber du liebst mich.” “Ja, leider.”, spasseshalber verdrehte die Halbasiatin ihre Augen und legte ihre Arme um ihn. “Ich liebe dich auch, Pünktchen.”, flüsterte er, bevor er sie erneut küsste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)