Verlangen und Liebe 3 von BloodyRubin ================================================================================ Kapitel 1: Ein weitreichendes Ereignis -------------------------------------- Gelangweilt saß der König von Shimaron auf seinem Thron. Teilweise konnte das Herrschen wirklich ermüdend sein. Besonders, wenn man seit fast zehn Minuten zwei Landwirten zuhören musste, die sich gegenseitig beschuldigten, vom anderen um einen Teil der Ernte gebracht worden zu sein. „ Er denkt wohl, nur weil seine Ernte so mickrig ist, kann er andere bestehlen.“ fauchte einer der beiden gerade. „Eine Unverschämtheit ist das.“ gab der andere zurück. „Ihr wart es doch, der sich auf meinem Feld herumgetrieben hat. Wenn hier einer stiehlt, dann Ihr.“ Die beiden warfen sich hasserfüllte Blicke zu, drauf und dran, sich gegenseitig an die Kehle zu gehen. „Das genügt.“ mischte sich Sara ein, erhob sich und nahm seine Brille ab. Tief blickte er den beiden Männern in die Augen, die leer und emotionslos wurden. „Ihr werdet euch in Zukunft eure Ernte teilen, verstanden?“ „Verstanden...“ sagten die Landwirte wie aus einem Mund. „Gut. Ihr könnt gehen.“ Nachdem die beiden fort waren, setzte der junge König sich zurück auf seinen Thron und wandte den Blick zu Berias, der das Geschehen verfolgt hatte, ohne eine Miene zu verziehen. „Wie viele sind es noch?“ fragte er, während er seine Brille wieder aufsetzte. Sein Onkel blickte auf eine Pergamentrolle, die er in der Hand hielt. „Noch drei Personen.“ Sara unterdrückte ein Seufzen und lehnte sich zurück. Schon gingen die Türen zum Thronsaal auf und eine ältere Frau betrat den Raum. Als die Audienz endlich vorbei war, streckte der König von Shimaron sich ausgiebig. „Ich werde ein Bad nehmen und mich danach zur Ruhe begeben. Es ist spät geworden. Du darfst dich zurückziehen.“ Berias nickte, verneigte sich kurz und verließ den Thronsaal. Sara hingegen machte sich auf den Weg in das Badezimmer und sein ganzer Körper entspannte sich, als er sich in das große, dampfende Bassin sinken ließ. Durch eines der Fenster konnte er den leuchtenden Vollmond sehen. Die Gedanken des jungen Königs wanderten bei diesem Anblick zurück zu der Feier seines siebzehnten Geburtstages. Und zu Yuuri. Selbst nach fast einem Jahr erinnerte sich Sara noch genau an alles. Nachdenklich beobachtete er, wie sich eine Wolke vor den Mond schob. Energisch schüttelte er seinen Kopf und stieg aus der Wanne. Was brachte es, weiter über die Vergangenheit zu grübeln? Er hatte kein Interesse daran, alte Geschichten aufzuwärmen. Schließlich hatte er ein Reich zu regieren. Der König von Shimaron stieg aus dem Becken und trocknete sich ab, ehe er sich einen dunkelgrünen Bademantel überwarf und in sein Schlafzimmer ging. Doch als er in seinem Bett lag, konnte er keinen Schlaf finden. Nun, nachdem er sich erst einmal an jenen schicksalhaften Abend erinnert hatte, fiel es ihm schwer, sich wieder davon zu lösen. Von Yuuris Besuch, ihrem Kuss, ihrer Vereinigung… Ja, er hatte viele Erinnerungen. Anfangs hatte es ihn abgeschreckt zu wissen, dass Yuuri und er miteinander geschlafen hatten. Aber nun war es anders. Es war ihm egal geworden. Er liebte den Dämonenkönig nicht. Jener Abend war, für ihn völlig überraschend, ausgeartet. Bereits, als Yuuri ihn zum ersten Mal geküsst hatte, war Saras Welt völlig auf den Kopf gestellt worden. Zuerst hatte er sich gewehrt, aber schließlich war auch er in den Wirbel aus Verlangen gezogen worden. Und dann hatte sich alles verändert. In dem Moment, als Yuuri am nächsten Morgen die Augen geöffnet und ihn angesehen hatte. Sara erhob sich wieder und trat an das geöffnete Fenster. Draußen lag sein Reich in tiefem Schlaf und bis auf die typischen Geräusche der Nacht war kaum etwas zu hören. Leichter, kühler Wind zerzauste seine Haare und strich über sein Gesicht. Als den König von Shimaron endlich die Müdigkeit überkam, war die Nacht bereits weit vorangeschritten. Er ließ sich wieder auf sein Bett fallen und schlief, bis er durch ein Klopfen an der Tür geweckt wurde. „Ja?“ rief er verschlafen. Berias kam in das Zimmer. In einer Hand hielt er eine Pergamentrolle. „Guten Morgen, Hoheit.“ „Was gibt es denn?“ „Das hier ist gerade aus Shin Makoku angekommen.“ Sofort war Sara hellwach und streckte die Hand nach dem Schriftstück aus. Dabei huschte ein leichtes Lächeln über sein Gesicht. Welch eine Ironie, dass er gestern noch an Yuuri gedacht hatte und heute eine Nachricht von eben diesem bekam. Er entrollte die Pergamentrolle und begann zu lesen Einladung Hiermit geben wir mit großer Freude bekannt, dass der Dämonenkönig, Yuuri Shibuya und Wolfram von Bielefeld in einer Woche den Bund der Ehe eingehen werden. Wir möchten Euch einladen, bei diesem Ereignis anwesend zu sein und den Festlichkeiten beizuwohnen. Es wird darum gebeten, ein Hochzeitsgeschenk mitzubringen. Die Feierlichkeiten werden am Morgen beginnen und bis zum Abend andauern, daher werden den Gästen Zimmer im Schloss zur Erholung und Übernachtung bereit gestellt. Des Weiteren wird um eine Antwort gebeten, damit wir alles vorbereiten können. Hochachtungsvoll, Günther von Christ Der König von Shimaron las den Brief dreimal, bis er sicher sein konnte, sich nicht verlesen zu haben. Yuuri wollte tatsächlich diesen...Wolfram heiraten? Diesen Wicht, der Sara so beschämt und sogar gewagt hatte, ihn zu schlagen? „Geht es Euch nicht gut? Ihr seid so blass.“ drang Berias Stimme durch seine Gedanken und er blickte hoch. „Es ist alles in Ordnung.“ erwiderte Sara ausweichend und setzte sich dann an seinen Schreibtisch, wo er frisches Pergament bereitlegte und eine kurze Antwort verfasste. Mit diesem Schreiben nehme ich die Einladung zur Hochzeit zwischen Yuuri Shibuya und Wolfram von Bielefed an. Ich werde mich so bald wie möglich auf den Weg machen und wohl zwei Tage vor der eigentlichen Heirat in Shin Makoku eintreffen. König Saralegui Er stellte sich an ein Fenster und pfiff einmal. Sofort flatterte eine Brieftaube heran und ließ sich auf dem Fenstersims nieder, wo sie ein Bein ausstreckte. Der junge König rollte das Pergament zusammen und steckte es in ein Röhrchen, das dort befestigt war, ehe er sich umwandte. „Es gibt einiges zu tun.“ „Was ist denn passiert?“ fragte Berias vorsichtig nach. „Anscheinend will der kleine, naive Yuuri heiraten.“ „Was?“ „Das war noch nicht alles. Er hat mich eingeladen, dabei zu sein.“ Ein unheilvolles Lächeln schlich sich auf Saras Gesicht. „Er wird immer interessanter.“ „Werdet Ihr hingehen?“ „Ja. Dieses Spektakel will ich auf keinen Fall verpassen.“ Damit ging Sara aus dem Zimmer, wobei er kurz neben seinem Onkel anhielt. „Bereite alles vor. Ich werde morgen aufbrechen. Es ist ein langer Weg. Ich werde sehen, ob ich ein passendes Geschenk finde.“ Tatsächlich schaffte er es, ein wunderschön geschmiedetes, juwelenbesetztes Schwert zu finden, das zudem noch höllisch scharf aussah. Zufrieden kehrte er in das Schloss zurück, wo er einem Diener auftrug, das Schwert einzupacken und dann in sein Zimmer ging, um passende Kleidung zu suchen. Schließlich ging der Tag dem Ende zu und schon war es an der Zeit, sich für den Aufbruch vorzubereiten. Sara hatte alles genau vorbereitet. In seiner Abwesenheit würde Berias sich um das Reich kümmern. Das war vielleicht nicht die eleganteste Lösung, aber sein Onkel war der Einzige, dem der junge König wirklich vertraute. Kritisch begutachtete er sein Spiegelbild. Er trug ein dunkelblaues Gewand, das mit grünen Edelsteinen besetzt war. Sein langes Haar hatte er so lange gebürstet, bis es wie gesponnenes Gold aussah und es zu einem Pferdeschwanz gebunden. Gerade befestigte er den silbernen Kamm, den er von Yuuri bekommen hatte. Wieder lächelte er. Perfekt. Er verabschiedete sich von Berias und etwas später saß er in seiner Kutsche, die sich ruckelnd in Bewegung setzte. „Nun denn, Zeit für ein Wiedersehen. Das könnte sehr spannend werden. Ich freue mich, dich wiederzusehen, kleiner, naiver Yuuri. Wir haben so viel zu besprechen...“ Kapitel 2: Ankunft ------------------ „Hoheit, wir sind fast da.“ Gähnend öffnete Sara die Augen und blickte zum Kutscher, der neben ihm stand und sich anscheinend ebenfalls eine Pause gönnte. Seit fast vier Tagen waren sie nun unterwegs und der König von Shimaron war froh gewesen, dass er auf den Rat einer Magd gehört hatte, die ihm vorgeschlagen hatte, für die Reise andere Kleidung anzuziehen. Er wollte gar nicht wissen, wie er gerade aussah. Wahrscheinlich völlig zerzaust und übermüdet. Er sah aus dem Fenster und tatsächlich waren in der Ferne die Türme des Schlosses zu sehen. „Wie lange wird es dauern, bis wir da sind?“ „Gegen Sonnenuntergang sollten wir ankommen.“ Der König von Shimaron nickte und setzte sich aufrecht hin. Nun würde es nicht mehr lange dauern. Wie viel sich wohl verändert hatte? Zumindest war klar, dass Yuuri immer noch so interessant war wie bisher. Wolfram allerdings… Wolfram war einfach nur störend. Mit seiner Eifersucht und seiner fehlenden Selbstbeherrschung raubte er Sara den letzten Nerv. Er verdrängte die aufkommenden Gedanken und konzentrierte sich wieder auf die Burg, die ganz langsam immer näher kam. Doch wie der Kutscher gesagt hatte, dauerte es bis zum Abend, bis sie vor dem Tor standen und hereingelassen wurden. Der König von Shimaron wurde bereits erwartet. Günther stand auf dem Hof und kaum war Sara ausgestiegen, verbeugte er sich knapp. „König Saralegui. Hattet Ihr eine angenehme Reise?“ „Sie war erträglich.“ erwiderte Sara und musste ein Grinsen zurückhalten. Er wusste, dass Günther nur so freundlich zu ihm war, weil dies durch den Friedensvertrag gefordert wurde. „Der König erwartet Euch für morgen zum Frühstück. Bitte folgt mir. Wir haben bereits ein Zimmer für Euch vorbereitet.“ Sara ging hinter Günther her, bis dieser vor einer Tür stehenblieb. „Hier ist es. Ich wünsche eine gute Nacht.“ Der junge König betrat das Zimmer, ohne zu antworten. Müde legte er seine Reisekleidung ab und ging zu Bett. Bereits nach kurzer Zeit war er eingeschlafen und wurde erst wach, als ein Sonnenstrahl ihm in die Augen fiel. Gähnend erhob er sich und zog sich an, ehe er sich die Haare kämmte und den silbernen Kamm befestigte. Als er den Korridor hinunterging, fragte er sich, ob Yuuri den Kamm wohl erkennen würde. Und falls ja, was er sagen würde. Vielleicht hatte er Wolfram von seinem Geschenk erzählt. Bei dem Gedanken lächelte er böse. Sofort besserte sich seine Stimmung und er öffnete die Tür zum Speisesaal. Die munteren Gespräche ebbten auf einen Schlag ab und ein verunsichertes Schweigen trat ein. „Guten Morgen. Sicher habt ihr gehört, dass ich gestern Abend angekommen bin.“ Yuuri stand von seinem Stuhl auf und näherte sich dem König von Shimaron. In seinen dunklen Augen lag ein Blick, den Sara als eine Mischung aus Verunsicherung, Erwartung und… Sorge interpretierte. Doch dann lächelte er vorsichtig. „Es freut mich, dass du hier bist. Bitte, setz dich doch.“ Bei seinen höflichen Worten blitzten Wolframs grüne Augen auf, doch er schien sich mühsam zusammenzureißen und er sagte nichts. „Ich freue mich ebenfalls, dass du mich eingeladen hast.“ antwortete Sara und nahm an dem Tisch Platz. Während des Essens waren alles recht still, allerdings hatte der König von Shimaron bemerkt, dass Yuuris Blick immer wieder zu dem Kamm wanderte, was ihm eine diebische Freude machte. Wenigstens war er nicht der Einzige, der ständig an jene Nacht dachte. Auch wenn Yuuris Gründe wahrscheinlich anders waren als seine. Nach dem Frühstück ging Sara in den Garten, wo er fast mit Wolfram zusammenprallte. Dieser wirkte erst überrascht, dann wütend, bevor er sich umdrehte und davon rauschte. Sara blickte ihm belustigt nach. Und den wollte Yuuri tatsächlich heiraten? Sicher schaffte der Blondschopf es nur mit Mühe, seine Zunge in Zaum zu halten. Der junge König setzte sich auf eine Bank und betrachtete die herrlichen bunten Blumen und das bunte Treiben hinter den Fenstern des Schlosses. Doch schließlich wurde es ihm zu warm und er zog sich in sein Zimmer zurück, wo er wieder in seinen Gedanken versank. Er bemerkte nicht einmal, wie der heiße Mittag sich in einen erträglichen Nachmittag verwandelte. Erst als es an der Tür klopfte, zuckte er erschrocken zusammen und blickte hoch. „Ja?“ Zu Saras Erstaunen betrat Wolfram das Zimmer. Jedoch hatte sich der König von Shimaron schnell wieder unter Kontrolle. Eigentlich hätte er sich das denken können. Nun, immerhin hatte der andere fast den ganzen Tag durchgehalten. „Was gibt es?“ fragte er ruhig, als Wolfram die Tür schloss und ihn mit finsterem Blick ansah. „Ich muss mit dir reden.“ erwiderte der Blondschopf. „Und worüber?“ „Warum bist du hier?“ „Weil ich eingeladen wurde.“ antwortete Sara schlicht. „Nur wegen des Friedensvertrages, den du Yuuri aufgezwungen hast.“ „Dennoch wurde ich eingeladen.“ Der König von Shimaron musterte Wolfgang nun genau. „Anscheinend bist du nicht nur stur, gewalttätig und eifersüchtig, sondern auch noch paranoid. Was denkst du, wird passieren? Glaubst du ernsthaft, ich werde diese Hochzeit verhindern?“ Der andere wurde nicht rot, doch ein leichtes Rosa erschien auf seinen Wangen. Sara setzte sich auf einen Stuhl in der Nähe und schlug lässig die Beine übereinander. „Das habe ich mir schon halb gedacht. Was willst du nun tun? Mich zwingen zu gehen? Ich will dir eines sagen: Ich habe kein Interesse an Yuuri.“ „Anscheinend schon, sonst hättest du wohl kaum mit ihm geschlafen, oder?“ Sara merkte, wie Wut in ihm hochkochte. Warum waren nur alle, die von diesem Ereignis wussten, so dämlich? Mühsam hielt er seine Stimme ruhig, als er antwortete. „Das war hauptsächlich der Verdienst deines Verlobten. Ich habe mich ihm jedenfalls nicht auf einem Silbertablett angeboten.“ „Du verdammter...“ Der Blondschopf packte Sara am Kragen seines Oberteils und zerrte ihn wieder auf die Beine. „Hör mir gut zu. Wenn ich merke, dass du Yuuri schaden willst oder irgendetwas anderes versuchst, sorge ich dafür, dass du merkst, wie dämonisch ich werden kann, verstanden?“ „Jetzt habe ich aber furchtbare Angst.“ erwiderte der junge König sarkastisch und blickte dem anderen in die tiefgrünen Augen. „Oh nein, das wirst du nicht tun.“ Wolfram stieß Sara von sich, der dadurch den Halt verlor und zu Boden fiel, wobei seine Brille klappernd davonflog. „Was sollte das denn?“ rief er wütend, nachdem er sich von seinem ersten Schrecken erholt hatte. „Du wolltest deine Fähigkeit wieder bei mir einsetzen, nicht wahr? Aber da muss ich dich enttäuschen, das wird nicht funktionieren.“ „Um meine Fähigkeit zu nutzen, muss ich meine Brille abnehmen, du dämlicher Idiot!“ Unvermittelt öffnete sich die Tür und Yuuri kam herein. „Sara, hast du...was ist denn hier los?“ Verwirrt blickte der Dämonenkönig von Wolfram, der schwer atmend dastand, als wäre er gerannt zu Sara, der sich inzwischen auf die Arme gestützt hatte und den Blondschopf mit tödlichem Blick anfunkelte. „Nichts weiter. Dein Verlobter hat nur gerade völlig den Verstand verloren, das ist alles.“ fauchte Sara und stand auf. „Wolfram!“ Yuuri schien zwischen Fassungslosigkeit und Wut zu schwanken. „Ich dachte, wir hätten das besprochen.“ Immer noch zornig, wandte sich Wolfram nun an Yuuri. „Er hat irgendetwas vor, das spüre ich. Ich werde mir von ihm nicht unsere Hochzeit kaputt machen lassen.“ „Völliger Humbug.“ meinte Sara und setzte seine Brille wieder auf. „Du hast mir doch versprochen, dich Sara gegenüber zurückzuhalten.“ „Ich weiß. Es tut mir leid.“ „Sag das nicht mir, sondern ihm.“ Der Blondschopf wirbelte zu Sara herum. „Ich werde dich genau im Auge behalten.“ sagte er und ging auf die Tür zu. „Wolfram!“ Yuuri sah wieder zu Sara. „Ich muss mich für ihn entschuldigen. Er ist nur wegen der Hochzeit etwas durcheinander.“ „Verständlich.“ „Sehen wir uns nachher beim Abendessen?“ „Sicher.“ „Also dann...entschuldige mich bitte.“ Damit verschwand auch Yuuri und der König von Shimaron blieb alleine zurück. Während er sich wieder beruhigte, überlegte er, was er nun tun sollte. Er würde sich auf jeden Fall für das, was gerade passiert war, rächen. Anscheinend dachte Wolfram, er wäre der strahlende Held, der die Prinzessin vor dem bösen Drachen beschützen musste. Sara gefiel die Vorstellung, dass er in dieser Geschichte der Drache war. „Du wirst eines lernen, Wolfram: Wer mit dem Feuer spielt, kann sich leicht verbrennen. Ich bin gespannt, wie weit ich dich biegen kann, ehe du brichst.“ Sara kicherte kurz böse und blickte mit glühenden Augen zur Tür. Das würde bestimmt lustig werden. Kapitel 3: Sabotage ------------------- Das Abendessen schien sich ewig hinzuziehen. Nach dem, was zwischen Sara und Wolfram vorgefallen war, herrschte am Tisch unangenehmes Schweigen. Dem König von Shimaron war das nur Recht, denn so konnte er über seine Rache nachdenken. Er hatte bereits eine Idee, was er tun konnte und gab sich gleichgültig, während er innerlich frohlockte. Nachdem das Abendessen vorbei war, ging Sara in sein Zimmer. Dort wartete er. Erst nachdem sich die Nacht wie ein schwarzes Tuch über das Schloss gelegt hatte, schlich er sich in den Flur. Leise huschte er durch die menschenleeren Korridore, bis er die Küche erreicht hatte. Auch dort war es ruhig. Jedenfalls hatte Sara das gedacht. Doch dann ertönte ein leises Geräusch und er drehte sich um. Vor ihm stand ein junger Mann, der wohl zum Küchenpersonal gehörte. Kurz starrten sie sich verdutzt an. Dann öffnete sich der Mund des Küchenjungen und Sara handelte instinktiv. Er nahm die Brille ab und fixierte den anderen. Sofort wurden dessen Augen leer und teilnahmslos. „Nicht schreien.“ befahl der König von Shimaron ruhig und der Mund des jungen Mannes schloss sich wieder. „Ich habe eine Aufgabe für dich. Du wirst die Hochzeitstorte zerstören. Du wirst niemandem sagen, dass ich dir das aufgetragen habe. Du wirst sagen, dass du die Hochzeit verhindern wolltest, weil du dich in Yuuri verliebt hättest. Hast du das verstanden?“ „Ich habe verstanden...“ erwiderte der Küchenjunge mit monotoner Stimme, drehte sich um und ging davon. Rasch verließ Sara die Küche und machte sich nun auf den Weg in den Thronsaal. Dort traf er auf eine Dienstmagd, die ihn verwundert ansah. „Hoheit, geht es Euch gut?“ „Sehr gut. Ich würde mir gerne den Thronsaal ansehen.“ „Natürlich. Er wurde gerade zu Ende dekoriert.“ Das Mädchen lächelte herzlich. „Ich freue mich schon auf die Zeremonie. Ich habe bisher noch nie einer Verbindung von Adligen zusehen dürfen.“ Der König von Shimaron lächelte zurück, ehe er die Doppeltür öffnete und das Zimmer betrat. Es war ein beeindruckender Anblick. Hunderte Stühle waren gleichmäßig zu beiden Seiten eines tiefroten Teppichs aufgestellt. Der Teppich führte durch den Raum zu der Erhöhung, wo normalerweise der Thron des Königs stand. Nun war dort ein Stehpult zu erkennen, wohinter wohl später der Pfarrer stehen würde, um das Paar zu trauen. Über dem Pult waren goldene und weiße Ballons angebracht worden und gleichfarbige Schleifen liefen durch den Saal. Mehrere leere Vasen standen in regelmäßigen Abständen auf dem Teppich. Später würden sie mit wunderschönen Blumen gefüllt sein. Es musste Stunden gedauert haben, den Raum herzurichten. Sara lächelte unheilvoll, ehe er sich wieder zu der Dienstmagd umwandte. Ein zweites Mal nahm er seine Brille ab und auch bei dem Mädchen wurden die Augen leer und teilnahmslos. „Vernichte alles, was sich hier befindet. Du wirst vergessen, dass ich dir das befohlen habe und behaupten, die Hochzeit wäre dir zuwider und du wolltest sie verhindern.“ Die Magd antwortete nicht, sondern drehte sich um, ging in den Thronsaal und verschloss die Türen. Sara selbst kehrte in sein Schlafzimmer zurück und bekam einen heftigen Kicheranfall. Fast wünschte er sich, dass es bereits Morgen wäre. Bei dem Gedanken, was Wolfram und Yuuri wohl sagen würden, wenn sie erkannten, dass sowohl ihre Hochzeitstorte sowie ihr Trausaal unbrauchbar geworden waren, musste er ein heftiges Lachen unterdrücken. Immer noch im Rausch seiner gelungenen Rache, schlief er schließlich ein. Erst durch einen lauten Schrei wurde er wieder wach, tat aber so, als würde er noch schlafen. Nach einer Weile flog seine Zimmertür auf und ein vor Wut schäumender Wolfram platzte in sein Gemach, gefolgt von einem sehr besorgtem Yuuri. „Was hast du getan?“ schrie der Blondschopf. Sara öffnete die Augen und richtete sich auf. „W-was? Warum schreist du denn so? Ist was passiert?“ „Du weißt ganz genau, was passiert ist, du elendes Miststück!“ „Wolfram! Du gehst zu weit!“ Yuuri packte seinen Verlobten am Arm. „Yuuri, bitte erkläre es mir. Was ist geschehen?“ „Unsere Hochzeit ist ruiniert, das ist geschehen!“ tobte der Blondschopf. „Ein Küchenjunge hat die Torte umgeworfen und eine Dienstmagd hat den Thronsaal, in dem die Trauung stattfinden sollte, dem Erdboden gleichgemacht.“ fügte Yuuri hinzu und versuchte, Wolfram zu beruhigen. „Und warum ist das nun meine Schuld?“ wollte Sara wissen, während er innerlich das Schauspiel genoss, das sich ihm bot. „Wegen der Gründe, die sie angegeben haben!“ fauchte der Blondschopf. „Der Küchenjunge sagte, dass er sich in Yuuri verliebt hätte und die Dienstmagd, dass sie unsere Hochzeit widerlich finden würde.“ „Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.“ „Soll ich dich aufklären?“ fragte Wolfram gehässig. „ Ich weiß genau, dass der Küchenjunge seit Jahren mit einem Mädchen aus dem Dorf zusammen ist. Und zufällig habe ich gestern mit dem Dienstmädchen gesprochen. Sie hat mir versichert, wie sehr sie sich auf unsere Vermählung freut.“ „Hast du irgendetwas damit zu tun?“ fragte nun der Dämonenkönig mit leicht gerunzelter Stirn. „Glaubst du das jetzt etwa auch? Ich habe nichts damit zu tun und solange ihr mir nichts Anderes beweisen könnt, würde ich euch nun bitten zu gehen.“ „Ich werde etwas finden und wenn ich das ganze Schloss auf den Kopf stellen muss.“ zischte Wolfram und stürmte aus dem Raum. Yuuri lief ihm nach. Sara blickte ihnen nach, ehe er sich auf einen Sessel beim Fenster setzte und in den heller werdenden Himmel blickte. Gerade hatte er sich entschieden, sich für das Mittagessen vorzubereiten, als es an der Tür klopfte. „Herein.“ Die Tür ging auf und Yuuris Berater, Conrad, trat in das Zimmer. „Eure Hoheit, habt Ihr einen Moment Zeit?“ „Schickt Yuuri Euch?“ fragte der König von Shimaron halb genervt, halb gelangweilt. „Nein. Allerdings ist es auch eine Weile her, seit Ihr uns das letzte Mal besucht habt und ich wollte mich schon länger mit Euch unterhalten.“ „Und worüber?“ Ernst blickte Conrad ihn an. „Ich wollte wissen, wie es Euch nach allem, was vorgefallen ist, geht.“ „Gut. Was an meinem Geburtstag geschehen ist, hat nichts mit diesem Ereignis zu tun.“ antwortete Sara kühl. Conrad blickte ihn noch ernster an, sagte aber nichts weiter. „Wenn das alles war, ich würde gerne ein Bad nehmen.“ „Oh...sicher.“ meinte Yuuris Berater und verbeugte sich kurz, ehe er wieder hinausging. Kaum war er fort, ließ Sara sich warmes Wasser ein, entkleidete sich und ließ sich seufzend in die Wanne sinken. Als er sich einige Zeit später auf den Weg in den Speisesaal machte, war er sehr froh, dass ihm niemand über den Weg lief. Immer noch fühlte er sich wie berauscht und konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken. Vor der Tür atmete er tief durch, versuchte, ein gleichgültiges Gesicht zu machen und trat ein. Sofort überkam ihn ein ungutes Gefühl. Yuuri wandte ihm den Blick zu, eisige Wut in den Augen. Wolfram, der neben dem Dämonenkönig saß, lächelte. Neben ihm auf dem Tisch lag ein Stofffetzen, der Sara seltsam bekannt vorkam. „Kannst du mir das erklären?“ fragte Yuuri, bevor der junge König etwas sagen konnte. „Erklären? Was ist überhaupt los?“ „Ich habe das hier auf dem Boden der Küche gefunden.“ erklärte Wolfram. „Vielleicht kannst du dir schon denken, was es ist.“ Misstrauisch trat der junge König näher und nahm den Stofffetzen in die Hand. Er sah aus wie… „Ist das zufällig ein Teil deines Nachtgewandes?“ „Wie kommst du darauf, dass der Fetzen ausgerechnet von meinem Gewand kommt?“ „Weil ich es gesehen habe. Als ich zu dir ins Zimmer gekommen bin, hat dein Nachtgewand auf dem Bett gelegen. Blau mit roten Lilien, oder? Wollen wir in deinem Raum nachsehen, ob ich Recht habe?“ Langsam wanderten Saras Augen von dem Stofffetzen zwischen seinen Fingern zu den Gesichtern der beiden Verlobten. Yuuri wirkte enttäuscht, Wolfram siegessicher. Anscheinend hatte sich die Wahrheit auf dem Gesicht des Königs von Shimaron abgezeichnet. „Also hat Wolfram Recht. Aber warum, Sara? Warum? Was haben wir dir getan, dass du so reagierst?“ Kapitel 4: Wut, Hass, Trauer ---------------------------- „Ihr? Ihr habt mir nichts getan. Nur du, Yuuri.“ Mit aller Kraft versuchte Sara, sich zurückzuhalten, doch die Wut, die in ihm brodelte, war überwältigend. „Ich? Was meinst du?“ Yuuri schien verwirrt. „Willst du mich verspotten? Als ob du dich nicht daran erinnern könntest.“ „Aber...aber ich wollte damals mit dir über alles reden. Du bist doch einfach gegangen.“ „Davon rede ich nicht!“ rief der König von Shimaron wütend. „Ich rede von dem Moment, als du am Morgen deine Augen geöffnet und mich angesehen hast.“ Nun wirkte der Dämonenkönig noch verwirrter. „Bereits nach unserem ersten Mal habe ich die Schuld und den Selbsthass in deinem Blick gesehen. Du hattest Schuldgefühle, nicht wahr?“ „Sara, ich...“ „Du hast es bereut!“ schrie der junge König wütend. „Erst nimmst du mir meine Unschuld und dann hast du nicht ein vernünftiges Wort für mich übrig. Stattdessen stammelst du etwas von wegen, es täte dir leid. Hast du irgendeine Ahnung, wie ich mich gefühlt habe? War ich dir in irgendeiner Weise wichtig? Nein. Kaum warst du mit mir fertig, hast du nur noch daran gedacht, was dein Verlobter wohl sagen würde.“ Yuuri war ganz still geworden. „Aber...warum hast du dann ebenfalls mit mir geschlafen?“ fragte er endlich. „Denkst du etwa, ich lasse es zu, dass du der Einzige bist, der mir die Unschuld raubt? Oh nein. Ich wollte, dass auch du von mir gezeichnet wirst.“ fauchte Sara. Alle Wut und aller Groll, die sich in der Zeit in ihm angestaut hatten, brachen nun aus ihm heraus. „Und als wäre das noch nicht genug, lädst du mich auch noch wie selbstverständlich zu deiner Hochzeit ein. Ist dir eigentlich klar, was du damit getan hast? Du hast mir klargemacht, dass ich und das, was du getan hast, dir völlig egal sind. Du hast mein Leben ruiniert. Und dann wunderst du dich, warum ich versuche, dir diesen Moment zu ruinieren. Du hättest noch mehr verdient.“ „Sara...“ „Lass es. Ich weiß, was du sagen willst. Aber für Entschuldigungen ist es zu spät. Ich werde gleich nach der Hochzeit abreisen. Hiermit beende ich unsere Freundschaft. Sobald ich fort bin, will ich dich weder sehen noch etwas von dir hören.“ Erst jetzt merkte Sara, dass Tränen über seine Wangen flossen. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und stürmte aus dem Saal. Kaum war er zurück in seinem Zimmer, ließ er sich in sein Bett fallen und vergrub das Gesicht in den Kissen. Sehr lange rührte er sich nicht. In seinem Kopf rasten Gedanken und Gefühle und er versuchte, sich wieder zu beruhigen. Irgendwann schlief er ein, fühlte sich beim Aufwachen allerdings matt und erschöpft. Obwohl es ihm gut getan hatte, seinen Gefühlen Luft zu machen, wollte er jetzt nur noch nach Hause. Seine Gedanken blieben kurz an seinen Zerstörungswerken hängen. Wahrscheinlich waren sämtliche Bedienstete momentan dabei, alles wieder herzurichten. Morgen würde es wohl wieder so aussehen wie zuvor und die Trauung würde so vonstatten gehen, wie sich Yuuri und Wolfram es gewünscht hatten. Alleine bei dem Gedanken daran überkamen den König von Shimaron erneut Wut und Trauer. Mühsam drehte er sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Ein leises Klopfen erregte seine Aufmerksamkeit. „Wer ist da?“ rief er und erschrak über den Ton, den seine Stimme angenommen hatte. „Hier ist Conrad. Darf ich eintreten?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, betrat Yuuris Berater das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. „Ich habe nicht Ja gesagt.“ fauchte Sara und richtete sich soweit auf, dass er den Eindringling ansehen konnte. „Was wollt Ihr?“ „Euch etwas fragen.“ erwiderte Conrad ruhig. „Warum habt ihr nicht mit Yuuri gesprochen?“ „Das geht Euch überhaupt nichts an. Außerdem habe ich auf diese Frage bereits geantwortet. Wenn Euch die Antwort interessiert, fragt Euren König.“ „Ich versuche nur, Euch zu verstehen. Ihr wart Yuuri immer ein guter Freund. Selbst als Ihr diese Freundschaft betrogen habt, hat er weiter zu Euch gehalten. Wollt Ihr diese Freundschaft wirklich aus verletztem Stolz zerstören?“ „Verletzter Stolz?“ wiederholte der junge König ungläubig. „Was Ihr verletzten Stolz nennt, nenne ich verletzte Seele. Ich habe nie gewollt, dass es zwischen uns so weit kommt. Als ich damals gehen wollte, war er es, der mich nicht gelassen hat. Dabei wollte ich nur wissen, warum er mich geküsst hat.“ Kurz unterbrach sich Sara, um den Kloß hinunterzuschlucken, der sich bei diesen Worten erneut in seinem Hals gebildet hatte. „Wie, glaubt Ihr, hätte ich vorhersehen können, was für Folgen diese Frage haben wird? Ihr sagt, Ihr versucht mich zu verstehen. Dann werdet ihr euch sicher denken können, dass für mich in jener Nacht eine Welt zusammengebrochen ist. Was die Freundschaft zu Yuuri angeht...Ich will niemanden zum Freund, der mich auf diese Weise benutzt und dann einfach verschwindet. Und nun geht. Ich habe Euch nichts mehr zu sagen.“ „König Saralegui...“ Sara packte eine Vase, die neben dem Bett stand und warf sie mit aller Kraft nach Yuuris Berater. Sie verfehlte diesen und knallte splitternd gegen die Wand. Wieder rannen Tränen über das Gesicht des jungen Königs. „RAUS!“ brüllte er und ließ sich erneut auf das Bett fallen. Gedämpft hörte er, wie sich eine Tür öffnete und wieder schloss. Den Rest der Nacht verbrachte der König von Shimaron damit, seiner angestauten Trauer freien Lauf zu lassen. Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, zwang er sich dazu, aufzustehen und erst einmal ausgiebig zu duschen. Danach trat er vor den großen Spiegel, der in seinem Zimmer hing und betrachtete sich. Seine Augen waren von dunklen Schatten umgeben und rot, seine Haare wirr und er wirkte deutlich blasser als sonst. Bestimmt streifte er sich das Handtuch ab, dass er sich um die Hüften gebunden hatte. Nun völlig nackt, fühlte er sich schwach und verletzlich. Unsicher geworden, zog er sich an und begann dann, sich die Haare zu bürsten. Schließlich wurde es Zeit, sich auf den Weg zur Trauung zu machen. Der Saal war wieder hergerichtet worden. Ohne jemanden eines Blickes zu würdigen, setzte er sich in die Ecke ganz hinten und wartete ab. Der Trausaal füllte sich und endlich traten Yuuri und Wolfram ein. Yuuri trug einen schlichten schwarzen Anzug, sein Verlobter einen weißen Anzug. Dann begann die eigentliche Zeremonie. Es war furchtbar langweilig und Saras Muskeln schmerzten furchtbar, als es vorbei war und die Gäste sich wieder erheben durften. Nach der Trauung folgte ein herrliches Festmahl, das der König von Shimaron jedoch kaum beachtete. Der Tag zog sich hin mit Tänzen und Spielen. Gegen Abend versammelten sich die Gäste im Garten, um ein leichtes Abendessen unter freiem Himmel zu sich zu nehmen und darauf zu warten, dass es dunkel genug wurde, um das Feuerwerk, das noch folgen sollte, bestaunen zu können. Sara stand etwas abseits, hielt ein Glas Wein in der Hand und betrachtete das Treiben distanziert. Er sprach mit kaum jemandem und vermied es, sich allzu auffällig zu verhalten. Sein Weinglas leerte sich zunehmend und er blickte sich um, ob sich ein Kellner in der Nähe aufhielt. Ihm war es egal, ob er später betrunken war oder nicht. Eigentlich war ihm inzwischen alles egal. Ein junger Mann mit einem Silbertablett kam an ihm vorbei, auf dem nur noch ein Glas Rotwein stand. Der König von Shimaron winkte dem Kellner zu und dieser kam zu ihm und lächelte ihn an. „Noch etwas Wein, Majestät?“ „Ja, danke.“ Sara hob das Glas an die Lippen und runzelte dann die Stirn. Irgendwie kam ihm der junge Mann bekannt vor, aber er wusste nicht, woher. Er schüttelte verwirrt den Kopf und trank einen großen Schluck. Der Wein war süß und schwer, mit einem leicht bitteren Nachgeschmack. Der Kellner stand immer noch vor ihm und nun wirkte sein Lächeln gehässig. „Was ist?“ fragte der junge König verwundert. „Erkennt Ihr mich nicht?“ erwiderte der junge Mann. „Ihr habt dafür gesorgt, dass sich meine Freundin, die ich über alles geliebt habe, von mir getrennt hat.“ Natürlich. Der Kellner war der Küchenjunge, der in seinem Auftrag die Torte vernichtet hatte. Und dann fiel Sara siedend heiß ein, dass er nicht daran gedacht hatte, den Küchenjungen vergessen zu lassen, dass er es gewesen war, der ihm diese Aufgabe gegeben hatte. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in ihm aus und schnürte ihm die Kehle ab. Nur...das Gefühl ging nicht weg. „Was?...“ keuchte der König von Shimaron und blickte erst auf den jungen Mann, dann auf das Weinglas. „Was hast du getan?“ Kapitel 5: Abschied ------------------- „Ach, wegen dem Wein?“ fragte der junge Mann vor ihm, immer noch höhnisch lächelnd. „Ich habe einen Freund, der in der Medizin arbeitet und mir noch einen Gefallen geschuldet hat. Also habe ich mich erkundigt, gegen welche Gifte es kein Gegenmittel gibt. Das, was in Eurem Wein war, ist das Gift einer äußerst seltenen Spinne. War gar nicht so einfach, sie aufzutreiben und noch schwerer, an das Gift zu kommen. Aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt.“ „Du...hast mich...vergiftet?“ „Das war meine Rache an Euch, König.“ erwiderte der Küchenjunge und seine Züge verzerrten sich vor Zorn. „Ihr habt mir meinen Lebenszweck genommen. Da ist es nur recht, dass ich dasselbe tue.“ „Damit...wirst du niemals...durchkommen...“ „Das habe ich auch nicht vor. Es ist noch etwas Gift übrig. Damit werde ich mein eigenes Leben beenden.“ Ohne ein weiteres Wort drehte der junge Mann sich um und war kurz darauf in der Menge verschwunden. Immer noch hatte Sara das Gefühl, etwas würde ihm die Luft abschnüren. Verzweifelt versuchte er zu atmen und das Weinglas fiel zu Boden, wo es in tausend Scherben zerbrach. „Geht es Euch nicht gut?“ hörte er eine Stimme neben sich. Einer der anderen Gäste war auf ihn aufmerksam geworden und musterte ihn halb besorgt, halb belustigt. „Habt Ihr zu viel getrunken?“ „Nein...mein Hals...“ keuchte der König von Shimaron mühsam und sank zu Boden. „Hoheit?“ sagte der Gast, nun alarmiert. Er drehte den Kopf und hob die Stimme. „Ruft einen Heiler und den König! Schnell!“ Wenige Minuten vergingen, dann stürzten Yuuri, Wolfram und die Heilerin heran. „Sara! Was hast du?“ fragte der Dämonenkönig besorgt und ging neben ihm in die Hocke. „Yuuri...“ „Was ist passiert?“ kam es jetzt von der Heilerin, die nun ebenfalls neben ihm saß. „Der Küchenjunge...der eure Torte vernichtet hat...hat meinen Wein vergiftet...“ „Was?“ kam es von der Heilerin und Yuuri gleichzeitig. „Er sagte...dass seine Freundin...sich wegen mir...von ihm getrennt hat...“ „Was für ein Gift hat er benutzt?“ wollte die Heilerin wissen. „Eines...für das es kein Gegenmittel...gibt...von einer...seltenen Spinne...“ Sara musste husten und der Luftmangel wurde langsam unerträglich. „Mehr weiß ich nicht...“ „Wo ist der Küchenjunge jetzt?“ „Er hat sich...wahrscheinlich bereits selbst vergiftet...Es ist zu spät...“ Wieder musste der junge König husten. „Ich...ich will nicht...sterben...“ „Sag so etwas nicht.“ warf Yuuri ein. „Du wirst nicht sterben.“ Sara lachte kurz, wurde von einem neuen Hustenkrampf geschüttelt und das Lachen wurde zu einem schmerzerfülltem Keuchen. „Ich fürchte, daran..wirst du nichts ändern...können...“ Der König von Shimaron konnte sich nicht mehr aufrecht halten und legte sich mit dem Rücken auf das weiche Gras. Behutsam hob er die Hand und schlang seine Finger um die von Yuuri. „Es...tut mir leid...alles… Ich war...ein furchtbarer Freund...“ Er löste sich wieder vom Dämonenkönig und blickte nun zu Wolfram hoch. „Wolfram...“ Der Blondschopf kniete sich nun auch neben Sara und musterte ihn mit seinen tiefgrünen Augen. „Gib gut...auf Yuuri Acht...Er ist so...furchtbar...naiv...“ Wieder hustete der junge König und seine Brust schien von glühenden Dolchen zerschnitten zu werden. Die Heilerin sah ihn schockiert an, dann verdüsterte sich ihr Blick, sie zog ein Seidentuch aus ihrer Tasche und tupfte ihm damit über das Kinn. Auch Wolframs Blick wurde dunkler, während Yuuri mit den Tränen zu kämpfen schien. „Sara...“ „Ist schon gut...“ unterbrach dieser ihn. „Das ist wohl... meine Strafe...Ich habe dich...immer nur...betrogen und hintergangen...Und nach jener Nacht...habe ich dich… gehasst...Ich war...wirklich...kein guter Freund...“ „Ich war doch auch nicht besser.“ antwortete der Dämonenkönig mit zitternder Stimme. „Wenn ich mich anders verhalten hätte, wäre es doch gar nicht so weit gekommen.“ Er brach ab und nun weinte er tatsächlich. „Ich wollte doch nur, dass wir Freunde sind...“ „Wir sind...Freunde...“ sagte der König von Shimaron schwach. Inzwischen spürte er eine einlullende Dunkelheit, die ihn immer mehr zu umfangen schien. „Das, was ich...zu dir gesagt...habe...Ich war wütend und...verletzt...“ „Nein.“ wehrte Yuuri ab. „Du hast nur gesagt, wie du dich gefühlt hast. Ich hätte es vorher merken müssen.“ Wieder wanderten Saras goldene Augen zu Wolfram. „Kannst du...mir...verzeihen…?“ „Ja.“ Kurz lächelte der Blondschopf. „Weißt du...Wenn wir uns unter anderen Umständen begegnet wären, hätten wir sicher auch Freunde werden können.“ „Ja...das wäre schön...gewesen...“ Nun huschte auch ein Lächeln über das Gesicht des jungen Königs. „Sagt Berias...das er es...war, dem ich am...meisten vertraut habe...und dass...ich möchte, das er nach...meinem Tod...das Reich regiert...“ „Das werden wir.“ versprach Yuuri schluchzend. „Danke...Und nun macht mir...die...Sicht frei...Ich möchte...einen...letzten Blick...auf...den Nachthimmel...werfen…“ Sie taten, worum er sie gebeten hatte und Sara betrachtete den dunklen, von Sternen übersäten Himmel. Eine Sekunde später ertönte ein Knall und ein hellgrüner Lichtschein erhellte den Himmel. „Verdammt.“ kam es von der Heilerin. „Welcher Dummkopf hat denn gerade jetzt das Feuerwerk gezündet?“ Doch Sara musste wieder lächeln. „Wunder...schön...“ Sofort richteten die drei wieder ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn. Die anderen Gäste, die um den König von Shimaron standen, leise flüsterten und betroffen zu ihm hinuntersahen, hatte dieser inzwischen völlig vergessen. Er war so müde… „Yuuri?“ „Ja?“ „Danke...dass du...immer...an mich...geglaubt...hast...“ Der Dämonenkönig sagte nichts, sondern lehnte sein Gesicht an Wolframs Schulter und sein Körper bebte heftig. Sara sah noch immer zu Himmel. Die Gesichter der anderen begannen vor seinen Augen zu verschwimmen. Und langsam, ganz langsam sank er in die Dunkelheit und schied aus dieser Welt, um eines mit den Sternen zu werden. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)