It´s a wonderful life von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 15: Lose Fäden- Teil 3 ------------------------------ Derek nahm Stiles Hände in seine und antwortete sanft: „Noch ist niemand tot, aber es wird wohl leiderlo nicht mehr lange dauern! Ich hatte meine Nummer im Krankenhaus hinterlassen und darum gebeten, dass man mir mitteilen soll, falls der Zustand deines Vaters sich verschlechtert. Sie haben heute Vormittag angerufen. Er hat eine schwere Lungenentzündung bekommen, die sie mit Medikamenten nicht in den Griff bekommen. Sie rechnen damit, dass es nun nur noch Tage, vielleicht sogar nur noch Stunden dauern wird.“ Stiles fühlte sich, als würde ein endlos langer Güterzug einmal mitten durch seinen Kopf rattern. Seine Augen füllten sich mit Tränen und in seiner Betäubung spürte er kaum, wie Derek ihn in seine Arme schloss. Es spielte keine Rolle, dass der Mann, der nun gerade in einem Krankenhausbett starb, nicht wirklich SEIN Vater war, Stiles hatte trotzdem das Gefühl, nicht mehr richtig atmen zu können. Es war, als sei sein Brustkorb zu eng, um seinem Herzen zu erlauben, weiter zu schlagen und seinen Lungen, sich mit Luft zu füllen: „Ich will ihn sehen!“ forderte Stiles kläglich. Seine drei Wölfe standen eng bei ihm und nickten einhellig. Deaton und Chris versicherten, die Lage im Haus im Griff zu haben und so beschlossen die vier, umgehend aufzubrechen. Derek nahm mit Stiles auf der Rückbank Platz, wo sich der Magier im Schoß des Werwolfs zusammenrollte, wie ein trauriges Kind. Doch obwohl er eigentlich momentan ganz andere Sorgen hatte, ließ Stiles sich auf der Fahrt ins Krankenhaus von Peter und Scott berichten, wie ihr Vormittag verlaufen war, denn es lenkte ihn immerhin ein wenig ab. Stiles hatte die beiden am Morgen gebeten, zum Landsitz des Alpharudels zurückzukehren und zu überprüfen, ob Aiden möglicherweise noch dort sei, auch wenn er im Grunde nicht wirklich daran glaubte. Er hoffte, dass Lydia vielleicht ein wenig zugänglicher und kooperativer wäre, wenn ihr Gefährte bei ihr war, ganz gleich, wie wenig es Stiles gefiel, dass es ausgerechnet ER sein musste. Aber er hegte die kleine Hoffnung, dass es auch für Aiden möglicherweise doch noch eine kleine Chance zur Rehabilitation gab. Doch das erzählte er vorerst lieber niemandem. Scott berichtete gerade, dass Aiden sich bei ihrer Ankunft tatsächlich noch immer im Sitz der Alphas befunden hatte, doch sei er schwer verletzt gewesen. Diese Verwundungen stammten selbstverständlich nicht von dem einzelnen Schlag auf den Kopf, den Chris dem Alpha zuvor verpasst hatte. Aiden hatte heuten morgen offenbar gerade noch die Kraft dafür gefunden, Scott und Peter zu erzählen, was sich ereignet hatte, nachdem sie gestern mit Lydia verschwunden waren, ehe er das Bewusstsein verlor. Ennis hatte sich die schwangere Kali schnappen und mit ihr verschwinden wollen, doch Deucalion hatte, obwohl schon schwer durch den Kampf mit Peter angeschlagen seinen Nebenbuhler angegriffen. Und weil Deucalion nun einmal mit unfairen Mitteln kämpfte, war es ihm am Ende tatsächlich gelungen, Ennis zu schlagen. Und weil das Wort Gnade nun einmal nicht zu seinem Vokabular gehörten, hatte er ihn auch getötet. Aiden war bei dem Versuch verwundet worden, zwischen den Kontrahenten zu vermitteln und Deucalion hatte ihn danach ganz einfach sich selbst überlassen und zum Sterben liegen gelassen. Die ganze Aktion hatte dem `Alpha der Alphas´ am Ende jedoch trotzdem nicht dabei geholfen, die Mutter seines Kindes für sich zu gewinnen. Als sie den toten Ennis erblickt hatte, hatte Kali vor Schmerz und Verzweiflung geheult und mit Klauen auf Deucalion eingeprügelt, ehe sie schließlich allein in die Nacht verschwunden war. Aiden wurde in diesem Moment von Deaton und Lydia medizinisch versorgt und von Ethan bewacht, falls er sich unerwartet schnell erholen und irgendwelchen Unsinn planen sollte. Auch Derek war an diesem Vormittag nicht untätig gewesen. Stiles hatte ihn gebeten, sich Gedanken zu machen, wo das Rudel in Zukunft wohnen konnte, denn natürlich war die Belagerung von Chris Argents Haus keine Dauerlösung. Das Gebäude, in welchem sich Dereks Loft im fünften Stock befand, gehörte ihm. Dummerweise waren die Wohneinheiten in den anderen Etagen noch weitaus ungemütlicher und renovierungsbedürftiger, als Dereks Zuhause selbst und so hatte der Hauseigentümer heute ein Handwerksunternehmen damit beauftragt, die vier anderen Etagen in Stand zu setzen, damit Wohnraum für sie alle da war und sie räumlich nah beieinander wären, denn Peter, Scott und Derek war klar, dass es Zeit und eine Menge Arbeit bedeutete, aus diesen Werwölfen ein funktionierendes Rudel zu erschaffen. Die jungen Betas Boyd, Erica und Isaac hatten noch nicht einmal ihren ersten Vollmond erlebt und würden zunächst noch Kontrolle erlernen müssen. Und Malia war so lange eine Kojotin gewesen, dass erst noch abzuwarten war, ob sie überhaupt jemals wieder vollständig in ein menschliches Leben zurückfinden konnte. Danny und Ethan befanden sich noch in der Probezeit. Und was nun aus Lydia und Aiden werden würde, müsste die Zeit zeigen. Endlich fuhren sie mit dem Auto beim Krankenhaus vor und kaum waren sie ausgestiegen, hatten die drei Werwölfe Mühe, Stiles zu folgen, welcher in Windeseile zur Intensivstation hastete, getrieben von der Angst, möglicherweise bereits zu spät dran zu sein. Sheriff Stilinski lag, wie auch schon bei den letzten Malen, als Stiles ihn gesehen hatte, an unzählige Schläuche und Kabel angeschlossen auf seinem Bett, nur dieses Mal wirkte er noch viel blasser, grauer, eingefallener und seine Haut war beinahe schon pergamentartig trocken! „Oh Dad!“ murmelten Stiles erschüttert und küsste zart die Stirn des Sheriffs. Die drei Werwölfe standen eine Weile ratlos im Krankenzimmer herum, während Stiles auf der Bettkante seines Vaters saß und dessen Krankenhausnachthemd mit seine Tränen durchtränkte. Trotz des bewusstlosen Zustands des Sheriffs, versuchte dessen Körper immer wieder so etwas wie ein Husten, um den Schleim aus seiner Lunge zu befördern, an welchem er in diesem Augenblick quälend langsam erstickte. „Er hat Schmerzen!“ stellte Derek fest und schickte sich an, sie dem Sheriff zu nehmen, kam jedoch nicht dazu, denn sein Onkel drängte sich vor und erklärte zum Erstaunen aller, dass er das übernehmen würde. Peter hatte schon seit einer Weile über das Dilemma nachgedacht, in welchem sie momentan steckten, doch er war bislang zu keiner echten Lösung gekommen: Dies lag natürlich vor allem daran, dass ihm die Optionen, die sich auftaten nicht recht schmecken wollten. Doch in diesem Augenblick stand ihm der einzige mögliche Ausweg so deutlich vor Augen, dass er sich einfach nicht mehr ignorieren ließ. Es war DAS RICHTIGE, also würde er es jetzt einfach tun! Im Namen von Regenbögen, Engelchen, Einhörnern und allem, was hehr und gut war, denn so war er nun einmal, richtig? Ein richtiger Gutmensch! Gutwolf? Oder wie auch immer! Das würde jedenfalls ein richtiger Spaß werden! Yeah! Er grinste schelmisch in sich hinein! Ja, Peter nahm dem Sheriff die Schmerzen, doch er tat sogar noch viel mehr als das: Er heilte ihn, indem er sein eigenes Leben aufs Spiel setzte, denn es war schließlich alles eine Frage, der richtigen Dosierung! Und nach und nach wurden so aus den roten Augen des Alphas die blauen eines Betas, bis er schließlich erschöpft zusammenbrach und von Scott aufgefangen und gezwungen werden musste, den Sheriff loszulassen, welcher in diesem Augenblick langsam erwachte. Stiles wusste natürlich, was hier gerade geschehen war, denn es war dasselbe, was Derek; sein Derek vor Jahren für seine Schwester Cora getan hatte: Peter hatte seine Alphamacht aufgegeben, um das Leben des Sheriffs zu retten. Was Stiles nicht wusste und auch beim besten Willen nicht begriff war, WIESO Peter das gemacht hatte. „Was tust du denn bloß, du Trottel?“ fragte Scott seinen Liebhaber verzweifelt. Er presste Peter an sich, der versuchte zu sprechen, ohne dass etwas wirklich Sinnvolles dabei herauskam und der zitternd, mit flatternden Lidern auf dem Linoleum lag. Stiles blendete das alles einen Augenblick lang aus, weil nun sein Dad auf dem Bett die Augen aufschlug, sich panisch umblickte und sich dann anschickte, sich selbst den Tubus herauszureißen: „Shh! Bleib ganz ruhig Dad!“ flehte der junge Magier. Doch natürlich bewirkte der Anblick seines Sohnes, der eigentlich schon seit Jahren tot sein sollte alles andere als Ruhe beim Sheriff. Schließlich musste Derek eingreifen, Stilinskis Hände festhalten und ihn niederdrücken, um zu verhindern, dass dieser sich sämtliche Anschlüsse abriss, während er aus dem Bett zu entkommen versuchte. Stiles holte unterdessen die diensthabende Schwester herbei, die beinahe ihren Augen nicht trauen wollte, als sie einen eigentlich Todgeweihten in seinem Bett mit einem muskulösen Fremden ringen sah. Und dann war da ja noch der andere Kerl, der auf dem Boden des Krankenzimmers kollabiert war und von einem Jungen mehr als liebevoll versorgt wurde, der erstens etwa zwanzig Jahre zu jung für diesen Typen war und darüber hinaus dem Sohn ihrer verstorbenen Kollegin Melissa verdächtig ähnlich sah. Als erste Amtshandlung löste die Krankenpflegerin zunächst einmal den Alarm aus, um Verstärkung zu rufen und flüsterte dann beruhigend auf den Sheriff ein, damit dieser es ihr erlaubte, ihm zu helfen. Sie entfernte nun zunächst den Tubus, mitsamt dem Schlauch, der das Sekret absaugte, die Zugänge, die weiterhin Beruhigungsmedikamente in den Körper des Patienten pumpten, die Elektroden des Herzmonitors und den Katheter. Ein Arzt und eine weitere Schwester kamen herein und weil der Sheriff bereits einigermaßen versorgt war, wendeten sich die beide zunächst Peter zu, doch auch dieser stabilisierte sich gerade wieder ein wenig und verweigerte die Behandlung: „Was geht hier eigentlich vor sich?!“ verlangte der aufgebrachten Arzt nun zu wissen: „Es ist ein Wunder!“ behauptete Stiles: „Wie es aussieht, ist ihr Patient wieder vollständig genesen!“ „Ich glaube nicht an Wunder!“ schimpfte der Doktor: „Und wer sind sie überhaupt?“ „Ich bin der Neffe des Sheriffs. Miguel! Miguel.... Stilinski!“ plapperte Stiles eilig drauflos, ehe sein Vater eine Chance hatte, irgendetwas anderes zu behaupten. Derek verdrehte die Augen. Miguel? Der Arzt blickte Stiles misstrauisch an, doch da der Sheriff nicht protestierte, ließ er es auf sich beruhen: „Wer immer sie sind, und damit meine ich sie alle vier; sie verlassen das Krankenzimmer jetzt erst einmal, damit wir Mr. Stilinski in Ruhe untersuchen können.“ Stiles blickte seinen Vater eindringlich an und dieser erwiderte seinen Blick mehr als nur ein wenig verstört: „Wir reden später, okay?“ versicherte Stiles. Scott und Derek stützten Peter auf dem Weg zum Auto. Scott half seinem Liebhaber auf die Rückbank zu gelangen, wo Peter sich lang ausstreckte, den Kopf auf Scotts Schoß gebettet: „Warum hast du das denn bloß gemacht?“ fragte der Alpha und die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Peter grinste ihn an: „Hey Baby! Alles ist gut! Ich lebe noch, also reg´ dich nicht auf. Mit Alphas ist es eben wie mit Highlandern: Es kann nur einen geben! Und jetzt hast du das Sagen, Chef. Ich bin ab heute dein gehorsamer, kleiner Beta! Das gefällt dir doch, oder? Außerdem dachte ich, es sei ein schönes Abschiedsgeschenk für unseren kleinen Zauberlehrling, wenn der Sheriff weiterleben darf. Also: Zwei Fliegen, eine Klappe!“ Scott streichelte zärtlich mit dem Daumen über Peters Wange: „Du bist ein Spinner, weißt du das? Du hättest dabei sterben können! Und außerdem: Was, wenn ich gar nicht der große Anführer werden will?“ „Pech gehabt!“ gab Peter schulterzuckend zurück: „Jetzt bist du es! Und nun küss´ mich. Ich brauche viel Liebe, um wieder zu Kräften zu kommen!“ Derek und Stiles setzten Scott und Peter im Argent-Haus ab und fuhren weiter in den Supermarkt, um für das große Abendessen einzukaufen, das Stiles geplant hatte. Als sie den Einkaufswagen durch die Gänge schoben, wollte Stiles plötzlich wissen: „Was glaubst DU, warum hat Peter das gemacht? Er hätte meinen Vater nicht retten müssen. Und er hat dafür FREIWILLIG seine Macht aufgegeben? Der Peter in meiner Welt würde alles tun, um wieder ein Alpha zu werden und würde, um das zu erreichen vermutlich noch nicht einmal vor Mord zurückschrecken. Ist das irgendeine Art Trick? Ist da irgendetwas, was ich übersehe? Oder ist es wirklich allen Ernstes ein reiner Akt der Selbstlosigkeit?“ Derek dachte einen Moment über die Frage nach, ehe er schließlich antwortete: „Die ständige Bedrohung, die uns dreien in den letzten Jahren im Nacken gesessen hat, hat ihn wohl gelehrt, dass Alpha sein mehr ist, als bloß der Spaß, andere herumkommandieren zu dürfen. Es bedeutet Fürsorge, Aufopferung, Besonnenheit und das sind alles nicht unbedingt Peters große Stärken. Trotzdem hat mein Onkel sein Bestes getan, um uns zu schützen, aber es waren wirklich schwere Jahre.“ „Also bürdet Peter diese Last nun lieber seinem jugendlichen Liebhaber auf?“ fragte Stiles stirnrunzelnd. Derek schüttelte den Kopf: „Ich denke nicht, dass er Scott nun mit der Verantwortung ganz allein lassen wird. Er wird ihn mit Sicherheit nach Kräften unterstützen. Ich vermute, Peter hat ganz einfach nach einem Weg gesucht, wie Scott und er zusammen bleiben können. Ich schätze, dein bester Freund bedeutet Peter mehr, als er jemals zugeben würde. Vermutlich sogar mehr, als er selbst je für möglich gehalten hätte. Und zwei Alphas können nun einmal kein Rudel anführen. Das ist unnatürlich. Einer muss das Kommando haben. Und zwei Alphas können auch keine Beziehung führen. Peter weiß das und scheinbar ist es ihm wichtiger, mit Scott zusammen zu sein, als der Alpha zu sein.“ Dereks Ausführungen klangen plausibel. Nur dass es Peter war, über den sie hier sprachen; der Typ, neben dem Lord und Lady Macbeth wie wirklich nette, aufrichtige Leute aussahen. Stiles runzelte nachdenklich die Stirn. Sie waren ziemlich bepackt, als sie vom Einkaufen zurückkehrten. Stiles hatte sich für dieses besondere Abendessen einiges vorgenommen, denn es sollte etwas ganz Besonderes werden. Zeit war ein Faktor, aber er wollte dennoch gleich wieder ins Krankenhaus zurück, um dem Ebenbild seines Vaters Rede und Antwort zu stehen. Und so rekrutierte Stiles Boyd und Danny für die Vorbereitungen des Dinners und gab genaue Anweisungen, ehe er mit Derek erneut aufbrach. Zu ihrer Überraschung fanden sie den Sheriff bei ihrer Rückkehr in Jeans und Flanellhemd in seinem Zimmer sozusagen auf gepackten Koffern sitzend vor: „Man wird mich entlassen! Ich warte nur noch auf euch und eine Erklärung, die mich nicht den Verstand verlieren lässt! Kannst du mir so eine liefern `Miguel´?“ fragte John Stilinski scharf: „Die haben mich hier im Krankenhaus auf den Kopf gestellt, um irgendeine Erklärung für meine wundersame Rückkehr aus dem Reich der Toten zu finden. Sie sagen, sie hätten so etwas noch nie gesehen und es sei darüber hinaus auch noch medizinisch vollkommen unmöglich! Also? Was ist hier passiert, zum Teufel? Und wieso zum Donner siehst du aus wie mein verstorbener Sohn Stiles? Ich verlange jetzt SOFORT ein paar Antworten!“ „Tut mir leid, Dad! Das muss schwer für dich sein!“ Stiles wusste nicht recht, wie er anfangen sollte, also sagte er: „Weißt du, es ist so: Einerseits bin ich dein Sohn und andererseits auch wieder nicht! Ich weiß, dass sich das unglaublich anhört, aber ich gehöre nicht in eure Welt. Ich stamme aus einer parallelen Realität.“ John Stilinskis Blick sagte ganz eindeutig `Bullshit!´, doch er ließ Stiles weiter reden, über Werwölfe, seine magischen Fähigkeiten, darüber, wie Peter Hale den Sheriff geheilt hatte, über Stiles Leben zuhause, das College, seine Beziehung zu Derek und seine Tochter Loba. „Ich habe das Gefühl, mein Kopf platzt gleich und wenn es hier nicht so viele Dinge gäbe, die ich mir nicht erklären kann, dann würde ich euch auf der Stelle rausschmeißen, oder euch eine Dauerreservierung im Eichen-Haus sichern.“ polterte der Sheriff los und kratzte sich verstört am Hinterkopf. Dann stutzte er: „Moment Mal! Soll das bedeuten, mein Sohn ist schwul gewesen?“ Stiles stöhnte. Als ob EIN Coming-Out bei den Eltern im Leben noch nicht genug wäre! Er hatte wirklich nicht die geringste Lust, das Ganze noch einmal zu durchleben: „Ist das alles, was von meinen Ausführungen bei dir hängen geblieben ist, Dad?“ fragte er grimmig. John Stilinski zuckte unschlüssig mit den Schultern. „Also gut!“ seufzte Stiles: „Wenn mein Doppelgänger in dieser Welt so war wie ich, und davon gehe ich aus, dann mochte er Frauen. Und Männer mochte er eben auch; insbesondere Derek Hale!“ Stiles verschränkte seine Finger mit denen von Derek. „Und konnte er auch zaubern, oder wie?“ fragte der Sheriff mit skeptischem Blick auf die Hände, die einander hielten: „Ich schätze, er ist zu früh gestorben, um diese Seiten an sich zu entdecken, denn ich wusste es in seinem Alter auch noch nicht.“ erwiderte Stiles. In Stilinskis Gesicht war zu lesen, dass es in seinem Kopf immer noch ratterte: „Und wie ist mein Sohn nun gestorben? Denn das ist etwas, was ich nie verstanden habe. Die Ärzte haben gesagt, es sei eine Art Infektion gewesen, doch sie konnten mir nicht sagen, was für eine. Es hat mich beinahe wahnsinnig gemacht, mich immer wieder zu fragen, ob ich etwas hätte tun können, um es zu verhindern, oder ob es gar meine Schuld gewesen wäre.“ Stiles warf Derek einen hilflosen Blick zu, doch dann entschied er, dass sein Vater die ganze Wahrheit wissen musste, auch wenn er sie hassen würde. Und so berichtete er dem Sheriff von Peters Biss vor vier Jahren und von der Abstoßungsreaktion, die daraufhin stattgefunden hatte und die dem Stiles in dieser Welt das Leben gekostet hatte. Der Sheriff hörte es sich zunächst in aller Ruhe an, doch als Stiles geschlossen hatte, sprang er urplötzlich vom Bett auf, trat auf Derek zu und brüllte: „Bedeutet dass etwa, IHR ONKEL hat meinen Jungen umgebracht?“ Stiles zog den Doppelgänger seines Vaters von Derek fort und zwang diesen, ihn anzusehen: „Nein, Dad so war das nicht! Peter hat mich vor die Wahl gestellt; in meiner und auch in dieser Welt. Ich selbst habe damals Nein gesagt, doch dein Sohn hat zugestimmt. Er hat dabei gewusst, dass es in einem kleinen Teil der Fälle zu der Abstoßungsreaktion kommen kann, so wie ich es auch gewusst habe. Er hat dieses Risiko auf sich genommen, um ein Werwolf zu werden. Es war ein Unfall, doch selbst, wenn nicht, so wäre es bestimmt nicht Dereks schuld! Und Peter hat auch nicht gewollt, dass mein Doppelgänger stirbt! Ich schätze, er hat es eher getan, weil er ihn irgendwie geliebt hat. Und außerdem: Vergiss bitte nicht, dass Peter dir heute das Leben gerettet hat, Dad.“ John blickte das Ebenbild seines Sohnes verdutzt an: „Peter Hale ist auch schwul?“ Stiles rollte mit den Augen. Irgendwie schien die Tatsache, dass Männer andere Männer lieben konnten, einen Großteil der geistigen Kapazität seines Vaters aufzubrauchen: „Nein Dad, Peter ist auch... flexibel bei der Partnerwahl. Neuere Studien haben im Übrigen gezeigt, dass das für die Mehrheit aller Menschen unter den richtigen Umständen gilt, also komm´ drüber weg. Peter und Scott sind bereits seit langem ein Paar. Hast du das etwa nicht gewusst?“ „Scott ist auch...?“ setzte der Sheriff an, wurde jedoch von einem strengen: „DA-AD!“ von Stiles unterbrochen. Der Sheriff nahm sich einen Moment, um das Gehörte zu verdauen. Dann sah er mit einem Mal aus, als ob ihm etwas klar werden würde: „Du wirst wieder in deine eigene Welt zurückkehren, richtig Stiles?“ „Wenn heute alles so läuft, wie ich es mir erhoffe, dann werde ich wohl bereits morgen wieder heimkehren!“ bestätigte Stiles leise und nahm die Hand seines Vaters in seine. Bei dieser Antwort zuckte nicht nur der Sheriff ein wenig zusammen, sondern auch Derek sah aus, als habe er sich gerade eine Kugel gefangen. Mitten ins Herz! „Ich gebe heute ein Abendessen im Haus der Argents. Wirst du dabei sein, damit wir wenigstens noch ein bisschen Zeit miteinander haben?“ fragte Stiles schnell, weil er den Schmerz der beiden Männer einfach nicht ertrug. John nickte. Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen, um zu verhindern, dass sich das Wasser, welches sich in seinen Augenwinkeln gesammelt hatte seinen Weg suchte. „Willst du, dass wir dich gleich mitnehmen? Dein Zeug können wir ja unterwegs zuhause abliefern.“ Ein weiteres Nicken des Sheriffs und dann machten sie sich auf den Weg. Im Haus der Argents marschierte Stiles auf direktem Weg in die Küche, denn sonst würde er es niemals schaffen, in den verbleibenden zweieinhalb Stunden ein Vier-Gänge-Menü für sechzehn Personen auf den Tisch zu bringen. Zum Glück hatten Boyd und Danny bereits ganze Arbeit geleistet, hatten auch noch andere dafür eingespannt, ihnen zu helfen und hatten es sogar geschafft, sich bei der Arbeit nicht an die Gurgel zu gehen. Im Gegenteil, eigentlich wirkten sie ganz harmonisch miteinander. `Wunderbar!´ dachte Stiles: `Das Rudel wuchs zusammen!´ Die Creme Catalan war bereits im Ofen, so dass sie noch rechtzeitig kalt werden würde, um ihre knisternde Kruste aus karamellisiertem Zucker zu erhalten. Die verstorbene Victoria Argent muss wohl eine ausgezeichnete Köchin gewesen sein, zumindest fand sich in ihrer Küche alles, was das Herz des Gourmets begehrte, einschließlich eines Küchenbunsenbrenners. Stiles briet Lammlachse im Akkord an, welche später im Backofen den letzten Schliff erhalten würden, während seine beide Küchensklaven brav nach Anleitung die Beilagen, die Platten mit Käse, Früchten und Kanapees herstellten. Nebenbei badete das Entenfleisch, das später die Suppeneinlage werden würde, auf niedriger Temperatur im Sous-Vide-Garer. Stiles hatte Danny nicht verraten, dass seine Mutter heute Abend kommen würde, weil er fürchtete, dass dieser ansonsten vielleicht vorher die Flucht ergreifen würde, vor lauter Scham, seiner Mutter das Herz gebrochen zu haben. Doch nun klingelte es an der Tür. Stiles rannte los, begrüßte die unsichere Cynthia Mahealani mit einer kleinen Umarmung und rief ihren Sohn aus der Küche: „MEIN GOTT MUM!“ in Dannys Stimme mischten sich Entsetzen, Freude, Angst, Scham und mindestens noch ein weiteres Dutzend Empfindungen und er wäre wohl überwältigt in sich zusammengesunken, wenn Ethan nicht zur Stelle gewesen wäre, um ihn festzuhalten. „JUNGE! JUNGE! MEIN LIEBER JUNGE!“ rief Cynthia Mahealani immer wieder. Ihre Stimme war schrill und der Schmerz über die verlorenen Jahre mit ihrem Kind schnitten in Stiles Herz, wie ein Messer. Kaum vorstellbar, wie es erst Danny dabei ergehen musste. Seine Mutter war nun los gerannt, um ihren Sohn an sich zu drücken. Danny war ein großer Kerl mit stahlharten Muskeln und überdies ein Werwolf, dennoch meinte Stiles, seine Rippen in Cythias Umarmung brechen zu hören. Nach einer angemessen Zeit der ersten Wiedersehensfreude, schickte Stiles Mutter und Sohn hinauf in Allisons Zimmer, damit sie sich ungestört aussprechen konnten. Ethan wollte folgen, doch das erschien Stiles noch zu früh zu sein, also verpflichtete er ihn stattdessen, Dannys Platz in der Küche einzunehmen. Es dauerte nicht lange, bis es ein zweites Mal an der Tür klingelte. Diesmal war es für Lydia, welche bei Aiden im Wohnzimmer saß und über den Verletzten wachte, wie ein deutscher Schäferhund. Sie schien ihren Augen nicht trauen zu wollen, als plötzlich Nathalie Martin vor ihr stand und blickte misstrauisch zwischen Stiles und ihrer Mutter hin und her: „Was macht sie hier? Will sie mich von ihm wegholen? Wollt ihr uns auseinanderbringen?“ fuhr Lydia Stiles giftig an. Nathalie Martin antwortete an Stiles Stelle: „Lydia? Süße? Was ist denn bloß passiert? Was haben dein Vater und ich denn falsch gemacht. Wieso vertraust du uns nicht mehr!“ Ihr Tonfall war sanft, doch sie konnte die Verletzung darin dennoch nicht vollständig zurückhalten Lydia antwortete nicht und nahm ihre Mutter lediglich kühl ins Visier. Aiden rappelte sich mühsam auf in eine sitzende Position, legte einen Arm um Lydia und sagte: „Sprich´ mit deiner Mum, Baby. Bitte!“ Die Erdbeerblondine warf einen skeptischen Blick auf ihren Geliebten, doch dann erhob sie sich widerwillig und zog sich mit Nathalie Martin auf die Terrasse zurück. Stiles würde wohl niemals wirklich erfahren, was zwischen den beiden Frauen gesprochen würde, aber er verrenkte sich den Hals, um sie vom Küchenfenster aus wenigstens sehen zu können. Erst weinte Ms. Martin. Eine Weile später war es Lydia, die in Tränen ausbrach. Und am Schluss weinten sie beide. Beinahe wären Stiles durch seine Spionageaktion seine Mini-Quiches angebrannt, wenn Boyd ihn nicht durch einen unsanften Stoß in die Rippen darauf aufmerksam gemacht hätte. Chris hatte, mithilfe von Peter, Derek, Malia, Isaac und Erica das Esszimmer umgebaut, so dass jeder einen Platz an der langen Tafel finden würde. Danny kam gerade mit seiner Mutter, die nicht so aussah, als würde sie ihren Sohn jemals wieder loslassen wollen, wieder die Treppe herunter. Nach und nach setzten sich alle an den Tisch und Stiles trug mit Boyds und Ethans Hilfe die Vorspeisensuppe mit Pilzen und schonend gegarter Entenbrust auf, deren Anblick ein begeistertes Raunen auslöste. Zufrieden registrierte Stiles, dass die Stimmung am Tisch unerwartet friedlich und familiär war. Erica und Malia zogen über den Tisch hinweg Grimassen und wirkten beinahe wie Schwestern. Peter ließ sich von Scott füttern. Isaac schien sich bei Derek am sichersten zu fühlen, denn er hatte darauf bestanden, neben ihm zu sitzen. Deaton und Chris fachsimpelten über irgendetwas; doch Stiles konnte nicht wirklich verstehen, worum es ging. Lydia hielt unter dem Tisch die Hand ihrer Mutter. Ms. Mahealani klebte so sehr an ihrem Sohn, dass es diesem kaum gelang, den Löffel zum Mund zu führen, doch schien er es ihr nicht übel zu nehmen. Stiles fing einen Blick von Scott auf, der zuvor Danny und seine Mutter beobachtet hatte. Sein Freund sah traurig aus, stellte der junge Magier fest und er ahnte, dass Scott wohl an Melissa dachte und sie in diesem Moment gewiss ganz besonders vermisste. Und vielleicht dachte Scott auch an Stiles, der schon sehr bald weg sein würde. Sie mussten vor seiner Heimkehr unbedingt noch einmal ein wenig Zeit miteinander haben, wurde Stiles klar. Dann war da ja auch noch sein Dad, der neben ihm saß und Stiles während des Essens ununterbrochen so anschaute, als sei er eine Art Wunder, oder so. Und nicht zuletzt gab es Derek, dem er das Herz brechen musste. Stiles hatte keine Ahnung, wie er es jemals fertig bringen sollte, ihnen allen für immer Lebewohl zu sagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)