Endormis von Friedi ================================================================================ Prolog: Nur ein Traum --------------------- Protagonist: Sirius Black *** Es war ein warmer Morgen im Juni. James und ich hatten uns heute schon früh verabredet, weil wir einige Aufträge für den Orden zu besprechen hatten. James nahm eigentlich schon lange keine Aufträge mehr an, die größere Risiken mit sich brachten. Lily war im achten Monat schwanger und würde bald ihr erstes Kind zur Welt bringen und James wollte natürlich für seine kleine Familie da sein. Manchmal konnte er schon richtig nervig sein, wie er sich so auf sein Kind freute. Aber ich sollte mich nicht beschweren. Ich freute mich ja auch für ihn. Wir saßen also in seinem Wohnzimmer und hatten unsere Köpfe zusammengesteckt, während Jana neben uns saß und an ihren Hausaufgaben arbeitete. Eigentlich war sie mit ihren noch nicht ganz 16 Jahren noch nicht berechtigt, über den Orden Bescheid zu wissen, aber James und ich kümmerten uns nicht wirklich darum, wenn sie neben uns saß. Wir wussten, dass sie nichts darüber erzählen würde. Dazu wäre sie, selbst, wenn sie wöllte, zu schüchtern und wir konnten uns auch nicht vorstellen, dass Voldemort oder überhaupt irgendjemand auch nur auf die Idee kommen würde, sie über den Orden ausfragen zu wollen. Aber abgesehen davon, natürlich, wusste sie, dass wir streng geheime Dinge besprachen und dass sie ebenfalls nichts sagen durfte. Wir konnten ihr da ganz vertrauen. Schließlich kam Lily mit einer Tasse Tee zu uns ins Wohnzimmer. Sie war erst gerade eben aufgestanden. In letzter Zeit schlief sie immer länger, wegen ihrer Schwangerschaft. „Guten Morgen“, grüßte sie uns noch ein wenig verschlafen und setzte sich neben James. „Guten Morgen, mein Engel“, erwiderte er und küsste sie zärtlich auf die Wange. „Ist eigentlich alles in Ordnung mit dir? Du warst letzte Nacht ein wenig unruhig im Schlaf.“ „Ach nichts“, antwortete sie und gähnte. „Ich hatte nur so einen dämlichen Albtraum.“ „Oh“, sagte James und zog sie zu sich ran. „Was hast du denn geträumt?“ Sie überlegte kurz. „Ach eigentlich möchte ich gar nicht so sehr drüber nachdenken“, meinte sie. „Ich hab‘ geträumt, Voldemort wäre hinter uns her gewesen und hätte uns schließlich aufgespürt. Und du, Sirius, würdest mehrere Jahre unschuldig in Askaban sitzen.“ James und ich starrten sie irritiert an und auch Jana hatte ihren Kopf gehoben. „Mal keine Teufel an die Wand, Lily!“, bat ich sie. „Ach ist nicht so wichtig“, antwortete sie. „Es war ja nur ein Traum!“ James zog sie noch etwas näher zu sich ran und umarmte sie. „Jetzt bist du ja wieder wach“, versicherte er. „Und Voldemort hat uns bislang noch keinen Besuch abgestattet.“ Wir lachten kurz, doch Lily lächelte bloß müde. James blickte sie an. „Mach dir nicht so viele Gedanken darüber“, sagte er. „Es war bloß ein Traum.“ „Schon, aber gruselig war es trotzdem“, entgegnete sie. „Manchmal frage ich mich auch, ob mir mein Unterbewusstsein vielleicht etwas mitteilen möchte.“ „Also ich träume auch ständig, mich würde die ganze Zeit ein Drache verfolgen“, erzählte James, „nur, um mich plötzlich auf die Schulter zu tippen, er wolle nur fix nach dem Weg nach wo-auch-immer fragen.“ Ich prustete und auch Lily wirkte amüsiert. „Vielleicht hast du ja Recht“, gab sie zu. James drückte ihr noch einen Kuss auf die Wange und wir wandten uns wieder den Aufträgen zu. Die Tage vergingen. Ich schaute in den nächsten Tagen und Wochen und zwischen den Aufträgen öfters bei den Potters vorbei. Meistens redeten wir über Aufträge für den Orden, manchmal aber auch über so dies und das. Oder aber James redete die ganze Zeit nur über die immer näher rückende Geburt seines Kindes. Das Kleine strampelte jetzt immer öfters im Bauch und James schien fast aufgeregter, als seine Frau selbst. Gerade saßen wir wieder im Wohnzimmer, nachdem wir bereits über die Aufträge diskutiert hatten, und unterhielten uns über James‘ Hoffnungen darüber, dass sein Kind später einmal ein großartiger Quidditchspieler (Er wünschte sich übrigens einen Jungen als erstes Kind. Später hätte er dann gerne auch eine Tochter. Aber das erste Kind sollte ein Junge sein!) werden würde. Da kam Lily mit einem Kessel, mit irgendeiner gelblichen Flüssigkeit drinnen, ins Wohnzimmer. „Was ist das?“, fragte ich. „Ein Zaubertrank“, begann sie. „Ach!“, erwiderte ich. „Lässt du mich ausreden?“ „Entschuldigung!“ „Also dieser Traum von letztens hat mir noch keine so wirkliche Ruhe gelassen“, erklärte sie. „Und da hab‘ ich ein wenig gelesen.“ „Es war doch nur ein Traum!“, beruhigte James sie und zog sie in seine Arme. „Ich weiß“, antwortete sie. „Aber, ihr wisst ja, es sind dunkle Zeiten und es passieren so viele schreckliche Dinge und wir sind ja auch im Orden und wenn wir für einen Auftrag unterwegs sind, dann lässt sich ein gewisses Risiko nun mal nicht vermeiden, selbst wenn es ein kurzer und einfacher Auftrag ist. Und da dachte mir einfach, man kann schließlich nicht vorsichtig genug sein.“ „Aber ich nehm‘ ja zurzeit gar keine Aufträge an“, versuchte James sie zu beruhigen. „Du würdest nicht ewig einfach nur hier rumsitzen wollen“, widersprach ihm Lily. „Ich kenn dich doch! Irgendwann würdest du gelegentlich wieder ein paar Aufträge annehmen, und wenn es nur Kleinere sind.“ „OK, damit hast du vielleicht Recht“, gab James zu. „Aber meinst du nicht, dass du dir vielleicht auch doch ein wenig zu viele Sorgen machst?“ „Ja, vielleicht, aber…“ „Das ist sicher nicht gut für dich. Immerhin kommt ja auch unser Kind bald. Du könntest wirklich etwas mehr Ruhe vertragen.“ Er streichelte ihr liebevoll über den Bauch. „Ja… du hast ja Recht. Vielleicht übertreibe ich einfach nur ein wenig und vielleicht sind es ja auch bloß die Schwangerschaftshormone. … Und trotzdem! Ich würde mich einfach wohler fühlen, wenn wir einfach alle einen Schluck von dem Trank nehmen würden. Es kann ja auch nichts weiter Schlimmes passieren!“ „Na gut, also was ist das für ein Zaubertrank?“, gab James schließlich nach. „Der schützt uns“, erklärte sie. „Wenn wir ihn trinken, dann sind wir einmalig davor geschützt zu sterben.“ „Er macht uns also unsterblich?“, schlussfolgerte ich. „Naja, nicht ganz unsterblich“, entgegnete Lily. „Er schützt uns nur vor einem eventuell tödlichen Zauber.“ „Aha!“, sagte James. „Naja dieser Trank ist vielleicht wirklich sinnvoll in der heutigen Zeit.“ Ich nickte kurz und Lily füllte jedem von uns einen kleinen Becher ab. James reichte auch Jana einen Becher, nur um ganz sicher zu gehen. Ich schnupperte. Der Trank roch schon vielversprechend und genauso schmeckte er auch! Aber er musste ja auch nicht gut schmecken. James zog eine Grimasse, nachdem er seinen Becher gelehrt hatte. „Etwas Zucker hätte vielleicht nicht geschadet“, fand er. „Zucker vernichtet viele Zaubertränke“, wandte Lily ein. Aber auch sie sah so aus, als würde sie diese Tatsache definitiv bedauern. „Wenigstens können wir uns jetzt aber wieder etwas sicherer fühlen.“ „Perfekt!“, antwortete ich und reckte zu ihr gewandt meinen Daumen. Danach war das Thema schließlich erledigt und Lily schien endlich wieder ein ruhiges Gewissen zu haben. Kapitel 1: Eine Schicksalhafte Nacht ------------------------------------ Protagonist: Sirius Black *** Die Sonne war gerade noch blutrot am Horizont zu sehen, als ich mit meinem Motorrad zu Lily und James flog. Ich wollte mit den beiden über den Fidelius-Zauber reden, den Dumbledore ihnen vorgeschlagen hatte. Offensichtlich wäre Voldemort hinter ihnen her und sie mussten sich verstecken. Der Fidelius-Zauber schien dafür einfach perfekt zu sein. So würden sie ihr zu Hause in der Erinnerung einer lebenden Person verstecken können und solange dieser sogenannte Geheimniswahrer den Aufenthaltsort nicht preisgeben wollte, würde sie niemand finden können. Natürlich hatte James sofort mich gefragt, ob ich sein Geheimniswahrer werden würde und ich hatte auch zugestimmt. In den letzten Tagen, jedoch, hatte ich mir viele Gedanken darübergemacht und ich war zu dem Schluss gelangt, dass ich es wohl doch nicht tun sollte. Es war nicht so, als ob ich Angst davor hätte, sein Geheimniswahrer zu werden. Man konnte derartige Informationen auch nicht aus einem Geheimniswahrer herausfoltern. Er konnte sie nur freiwillig preisgeben oder gar nicht. Und trotzdem schien mir der Plan, so wie er war, nicht gut. Es sah ganz danach aus, als gäbe es einen Spion unter uns, der für Voldemort arbeitete. Diesen Verdacht hegte Dumbledore jedenfalls. Aber er hatte sich noch nie bei solchen Verdachtsmomenten geirrt. Doch es war schmerzlich. Es hieß, dass wir nicht mal mehr sicher sein konnten, unseren engsten Freunden trauen zu können. Es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Remus oder Peter. Ich hatte in den letzten Tagen viel darüber nachgedacht, wem von beiden ich es am ehesten zutrauen würde. Eigentlich konnte ich es keinem von beiden so wirklich zutrauen. Wir hatten so viel zusammen erlebt, dass ich es mir einfach nicht vorstellen konnte. Aber da sich Dumbledore ja bei sowas noch nie geirrt hatte, musste ich wohl schmerzlich davon ausgehen, dass einer von beiden ein Verräter war. Wenn nun einer von beiden ein Verräter war, dann hieß das also, dass Voldemort praktisch fast alles über Lily und James wissen konnte. Er würde wissen, wem sie vertrauten und er würde sich denken können, dass ich ihr Geheimniswahrer wäre. Es war einfach eine naheliegende Schlussfolgerung, also würde er mit Sicherheit hinter mir her sein und mich dazu bringen wollen, ihm freiwillig das Geheimnis zu verraten. Damit wäre er natürlich wahrscheinlich sowieso nicht erfolgreich, aber, wenn ich Lily und James von meinem Plan überzeugen könnte, dann könnte absolut gar nichts mehr schiefgehen. Wenn nämlich jemand anderes der Geheimniswahrer wäre und Voldemort aber denken würde, dass ich es wäre, dann wäre er immer noch hinter mir her. Aber ehe er vielleicht irgendwann mal dahinterkäme, dass ich es doch nicht bin, könnten wir ihn vielleicht schon längst besiegt haben. Natürlich bedeutete dieser Plan, dass ich mich zwischen Remus und Peter entscheiden musste. Und an diesem Punkt hatte ich meine größten Schwierigkeiten. Doch ich war jetzt zu einem Schluss gekommen. Remus war ein Werwolf und Peter ein eher unbedeutender und untalentierter Zauberer, der geradeso ein paar seiner UTZ-Kurse in Hogwarts bestanden hatte. Vielleicht war das zu voreingenommen gedacht, aber letzten Endes lag der Verdacht einfach zu nahe, dass wohl Remus der Verräter sein müsse. Natürlich war Remus nie ein typischer Werwolf gewesen. Er war nett, freundlich, hilfsbereit und man musste ihn einfach gernhaben. Es tat mir immer noch weh, dass ich ihn verdächtigte, aber ich musste wohl glauben, dass Voldemort ihm wohl viel zu bieten hatte. Und Peter? Nun ja, die Frage müsste ich in Peters Fall wohl eher andersrum stellen. Was hätte Peter Voldemort zu bieten? Außerdem war Peter viel zu ängstlich. Es war schon eine Zumutung für ihn überhaupt im Orden zu sein. Zwar hatte er ein paar Todesser ausliefern können, aber mehr mit einem Trick, den er während unserer Schulzeit entdeckt hatte. Er konnte alles um sich herum explodieren lassen und niemals würde es so aussehen, als ob er der Täter wäre. Er hatte James und mir auf diese Art und Weise früher versehentlich Nachsitzen eingehandelt und das nicht nur einmal. Aber jetzt hatte er sich besser unter Kontrolle und konnte damit Todessern ein Bein stellen. Aber dennoch besaß er für Voldemort keinerlei Wert und er selber war immer noch zu feige. Natürlich war es gleichzeitig ein Vorteil, dass Peter so unbegabt war. So würde sich Voldemort auch nie träumen lassen, dass Lily und James ausgerechnet ihn zum Geheimniswahrer wählen könnten. Schließlich kam ich bei den beiden an. Ich musste noch nicht mal klingeln. Die beiden wussten schon, dass ich komme, wenn sie nur das Geräusch meines Motorrads hörten. Lily öffnete mir die Tür. Sie hatte Harry auf dem Arm. „Hallo, Sirius“, grüßte sie. „Wir haben dich nicht erwartet.“ „Hallo“, grüßte ich zurück. „Ich muss mit euch reden.“ „OK…“ Sie schien ein wenig verdutzt über meinen Ton, ließ mich jedoch ohne zu zögern rein. Harry zappelte aufgeregt in ihren Armen. Ich war sein „Großer Kumpel“ und er freute sich immer, wenn ich zu Besuch kam und vielleicht mit ihm spielte. „Hey, mein kleiner Rabauke“, grüßte ich ihn grinsend und stupste ihm auf die Nase. Der Kleine quietschte vergnügt. Lily setzte ihn auf dem Boden ab und er kam mir in die Arme gerannt. Er war stolz auf sich, denn er konnte jetzt schon recht gut selbstständig laufen. James kam aus dem Wohnzimmer. „Hey“, sagte er. „Schön, dass du kommst.“ „Hi“, antwortete ich. „Ich muss was mit euch besprechen.“ „Klar, komm rein.“ Wir setzten uns ins Wohnzimmer, während Lily Tee kochen ging. In der Zwischenzeit begann ich ohne weitere Umschweife. „Ich denke nicht, dass ich wirklich euer Geheimniswahrer werden sollte“, sagte ich. James war überrascht. „Warum?“, wollte er wissen. „Wer wäre denn besser geeignet als du? Außerdem, seit wann hast du Schiss?“ „Nein, ich hab‘ keinen Schiss“, widersprach ich. „Es ist nicht so, wie du denkst. Aber ich hab‘ einen Plan.“ Also umriss ich ihm den Plan, den ich mir ausgedacht hatte. Er wurde nachdenklich. „Das klingt zwar gut“, sagte er, „aber es gefällt mir nicht, Remus zu verdächtigen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er ein Spion sein sollte.“ „Geht mir ja eigentlich auch so“, gab ich zu. „Aber die einzig andere Möglichkeit wäre, dass es Peter sein müsse und das ist genauso abwegig, findest du nicht. Oder aber du müsstest mich verdächtigen.“ „Spinnst du? Wenn ich dich verdächtigen würde, würde ich dich wohl kaum fragen, oder?“ „War auch nur ein Witz. Aber mal im Ernst, mir tut dieser Verdacht genauso weh aber, wenn ich mich frage, wer von beiden am ehesten der Spion sein sollte, dann würde ich es Remus noch eher zutrauen als Peter.“ James senkte nachdenklich seinen Blick zu Boden. Er sah ein wenig Harry dabei zu, wie er mit seinen Bauklötzchen spielte. Dann wandte er sich wieder mir zu. „Eigentlich will ich gar nicht so richtig glauben, dass auch nur einer von euch dreien mich hintergehen würde“, antwortete er. „Ich glaube, dieses Mal irrt sich Dumbledore einfach!“ „Und wie wahrscheinlich ist das?“, fragte ich. „Naja, gut, es ist nicht sehr wahrscheinlich“, gab er missmutig zu. „Aber im Grunde ist er sich nur sicher, dass der Spion Lily und mir einigermaßen nahestehen muss. Aber wenn wir mal ehrlich sind, könnte es auch jeder aus dem Orden sein. Es ist ja nun nicht so, als ob die Informationen, von denen Dumbledore glaubt, dass Voldemort sie kennt, innerhalb des Ordens ein großes Geheimnis gewesen wären.“ „Aber wir wissen auch nicht, was Voldemort sonst noch über euch weiß“, gab ich zu bedenken. „Aber ja, vermutlich hast du damit auch Recht. Und trotzdem denke ich, dass es besser wäre, wenn ich nicht euer Geheimniswahrer werde. Ich meine, ich lass ja trotzdem alle glauben, dass ich es bin. Und so würde ich Voldemort auf eine falsche Fährte locken.“ James wirkte immer noch unentschlossen. Lily kam nun mit dem Tee zu uns ins Wohnzimmer und er erzählte ihr kurz von meinem Plan. Auch sie war überrascht. „Ist das wirklich nötig?“, wolle sie wissen. „Nötig vielleicht nicht, aber ich halte es einfach für sicherer“, antwortete ich. „Da kommt Voldemort nie drauf. Und bevor er überhaupt dahinterkäme, dass ich nicht euer Geheimniswahrer bin, ist er vielleicht schon längst besiegt.“ „Aber wir verdächtigen hier gerade Remus ein Spion zu sein!“, wandte James verzweifelt ein. „Ich meine, nein, ich würde auch Peter nicht verdächtigen. Ich kann einfach keinen von euch verdächtigen.“ „Na dann verdächtige halt keinen von uns“, sagte ich schließlich. „Dann vertrau doch einfach darauf, dass der Plan so perfekt ist. Aber es ist wohl am sichersten, wenn niemand sonst weiter darin eingeweiht wird. Selbst wenn wir niemanden weiter verdächtigen, aber je mehr davon wissen, desto größer ist die Gefahr, dass der Plan versehentlich Voldemort zu Ohren kommt und dann ist er hinter Peter her und nicht mehr hinter mir.“ Lily und James sahen sich kurz an. „Was hältst du davon?“, fragte er sie. Sie zuckte nur mit den Achseln. „Ich hab‘ keine wirkliche Meinung dazu“, gab sie zu. „Aber es klingt schon nach einem guten Plan.“ „OK“, erwiderte James ernst und wandte sich wieder zu mir, „dann machen wir das so, wenn du so sehr davon überzeugt bist, dass der Plan besser ist.“ Und so kam es dann auch. James und ich fragten Peter gleich schon am nächsten Tag. Er war völlig aus dem Häuschen und wirkte verängstigt. Ich musste ihm fünfmal versprechen, dass Voldemort nie auch nur auf den Gedanken käme, dass er der Geheimniswahrer sein könnte, aber dann stimmte er zu und er ließ sich zum Geheimniswahrer machen. James teilte Dumbledore daraufhin mit, dass er den Zauber ausgeführt habe. Die Potters waren jetzt also sicher und in den nächsten Tagen war ich auch ziemlich mit allerlei Aufträgen für den Orden beschäftigt. Ich kam kaum dazu die beiden zu besuchen, also hielt ich mehr Briefkontakt mit ihnen. Zwei Wochen später wollte ich doch aber zumindest mal Peter besuchen gehen. Wir hatten zwar niemandem von unserem Plan verraten und ich wüsste auch nicht, wie Voldemort dahinterkommen könnte, aber trotzdem wollte ich sichergehen, dass es Peter gut ging. Er wohnte nur ein paar Minuten von mir entfernt und ich brauchte noch nicht mal mein Motorrad, um zu ihm zu gelangen. Ich klingelte an seiner Tür, aber er öffnete nicht. Ich klingelte ein weiteres Mal. Wieder keine Reaktion. Das war seltsam. Ich wusste, dass er heute keine Aufträge für den Orden hatte. Dumbledore hatte ihm in der letzten Besprechung nichts aufgegeben. Und es war schon recht spät. Peter wagte sich nach Sonnenuntergang nicht mehr aus dem Haus und seine Erledigungen machte er tagsüber. Es gab also keinen Grund für ihn, warum er nicht zu Hause sein sollte. Er konnte noch nicht mal Remus besuchen gegangen sein, denn der war schon seit drei Tagen auf einer längeren Mission im Norden unterwegs. Und er war erst vorgestern bei Lily und James zu Besuch gewesen. Das hatte Lily mir geschrieben und er besuchte sie sonst nicht so häufig. Mich beschlich ein ungutes Gefühl. Nicht, dass Peter angegriffen worden war. Und so brach ich seine Tür auf. Sein Haus war ordentlich. Wenn es einen Kampf gegeben hätte würde es definitiv anders aussehen. Ich war erst vor einem Monat dabei gewesen, als wir Marlene und Roran McKinnons Leichen bergen mussten. Die Todesser hatten sie bei ihnen zu Hause angegriffen gehabt und nach dem Angriff das Dunkle Mal über dem Haus aufsteigen lassen. Die Wohnung war völlig demoliert gewesen. Wäre nun also Peter angegriffen worden, müsste ich hier zumindest ein paar Spuren von Explosionen sehen. Schließlich kam ich in sein Schlafzimmer. Auch hier war es ordentlich, doch auf seinem Tisch in der Ecke lag etwas, das mir komisch vorkam. Ich ging darauf zu. Es war eine Maske. Sie war silbern und ich erkannte sie. Mich traf der Schlag. Es war eine Todesser-Maske und wenn Peter eine solche Maske besaß… Ich drehte um und rannte zu meinem Haus, um mein Motorrad zu holen. Vielleicht war es noch nicht zu spät und ich konnte Lily und James noch rechtzeitig warnen. Ich brauchte normalerweise eine halbe Stunde, um zu ihnen zu fliegen, aber jetzt flog ich, so schnell ich nur konnte. Es konnte jeden Augenblick zu spät sein. Aber gleichzeitig hoffte ich, noch rechtzeitig bei ihnen zu sein. Doch ich war zu spät. Ich erkannte es schon von weitem. In ihrer Hauswand, da wo vorher Harrys Kinderzimmer gewesen war, klaffte ein großes Loch. Als ich landete sah ich, dass die Haustür aufgebrochen war und James lag im Eingangsbereich. Ich stand wie versteinert da. Was hatte Peter getan? Was hatte ICH nur getan? Wie hatte ich mich mit meinem Plan nur so irren können? Ich war mir so sicher gewesen, dass er funktionieren würde und ich hatte mich getäuscht. Und schlimmer noch, ich hatte meinen besten Freund und seine Familie dem Tod überlassen, nur indem ich sie von diesem dummen Plan überzeugt hatte. Wäre ich doch beim ursprünglichen Plan geblieben und selbst Geheimniswahrer geworden! Meine Knie gaben nach und ich brach vor James zusammen. „Es tut mir leid!“, schluchzte ich verzweifelt, aber natürlich konnte James mir nicht mehr antworten. Plötzlich hörte ich, wie sich im oberen Stockwerk etwas bewegte. Ich sprang auf und griff nach meinem Zauberstab. War Voldemort etwa noch da? Der Eindringling kam polternd die Treppe hinunter. Es war nicht Voldemort, es war Hagrid. „Hagrid!“, rief ich gleichermaßen erleichtert und überrascht. „Was machst du hier?“ „Hallo Sirius“, antwortete Hagrid. „Es tut mir wirklich leid, aber für Lily und James kannst du leider nichts mehr tun.“ Das wusste ich bereits und doch traf es mich sehr, es noch einmal zu hören. „Nur der arme kleine Harry hat überlebt“, fuhr er fort und ich merkte auf. Erst jetzt bemerkte ich das strampelnde Bündel in seinem Arm. „H-Harry!“, stammelte ich und hielt meine Arme auf, damit Hagrid mir den Jungen geben konnte. Ich betrachtete Harry in meinen Armen. Er war vollkommen verängstigt, aber er schien gesund zu sein. Er hatte plötzlich eine blitzförmige Schnittwunde auf der Stirn, also musste Voldemort offensichtlich auch versucht haben, Harry etwas anzutun. Und dennoch, der Kleine lebte. Ich schloss ihn fest in meine Arme, um ihn zu trösten. „Wie hat er überlebt?“, wollte ich wissen. „Keine Ahnung“, antwortete Hagrid. „Aber Du-weißt-schon-wer ist verschwunden und der arme kleine Kerl ist nun ganz allein.“ „Ich werde mich um ihn kümmern“, erwiderte ich prompt. „Es tut mir leid, aber das geht nicht“, widersprach Hagrid und ich war über seine Widerrede so überrascht, dass ich einen Moment brauchte, um es zu begreifen. „Wie? ‚Das geht nicht‘?“, fragte ich. „Ich bin sein Pate. Natürlich kümmere ich mich um Harry. Das ist meine Pflicht!“ „Es tut mir wirklich leid, aber ich hab‘ Anweisungen von Dumbledore“, entgegnete Hagrid. „Er sagte Harry solle zu seinen Verwandten, Lilys Schwester.“ „Aber Lily und ihre Schwester haben kaum Kontakt zueinander. Lily hat immer gesagt, ihre Schwester wolle nichts mehr mit ihr zu tun haben. Warum soll Harry ausgerechnet zu der?“ „Ich hab‘ meine Anweisungen von Dumbledore.“ „Dumbledore hat kein Recht darauf, darüber zu entscheiden, wo Harry aufwachsen soll.“ „Aber er vertraut darauf, dass ich seine Anweisungen ausführe. Und er ist davon überzeugt, dass Harry besser bei seinen Verwandten aufwachsen sollte.“ „Warum sollte es besser sein, dass Harry bei dieser Frau aufwächst? Ich meine, ich kenne diese Frau ja auch nicht, aber Lily hat erzählt, sie verabscheue Magie. Sie ist eine Muggel. Sie kann Harry überhaupt nicht schützen. Sie würde ihn noch nicht mal haben wollen. Was ist, wenn sie ihn einfach wieder vor die Tür setzt?“ „Dumbledore wird ihr alles erklären und ich bin mir sicher, dass sie den Kleinen nicht vor die Tür setzen wird.“ Ich grummelte und Harry, in meinen Armen, quengelte. Der Streit schien ihm Angst zu machen. Es gefiel mir immer noch nicht. Mal ganz davon abgesehen hatte Hagrid keine stichhaltigen Argumente vorzuweisen. Aber auf der anderen Seite spürte ich auch mehr und mehr das Verlangen, Peter zu finden und ihn dafür, was er getan hatte, zur Rechenschaft zu ziehen. Ich konnte Harry ja schlecht mit mir nehmen, wenn ich Peter jagen ging. „Also gut“, antwortete ich missmutig. „Dann bring Harry zu seinen Verwandten.“ Und ich legte den Jungen wieder vorsichtig zurück in Hagrids Arme. „Danke, Sirius“, antwortete dieser, während Harry anfing zu weinen. Er wollte offensichtlich nicht, dass ich ihn weggab. „Nicht weinen“, beruhigte ich ihn noch. „Ich komm dich ganz bald besuchen.“ Dann würde ich mir angucken, wie diese Frau den Jungen behandelte und ihn mit mir nehmen, wenn ich nicht zufrieden war. Oder ich würde mir das gar nicht erst angucken und Harry einfach direkt mit mir nehmen. „Nimm mein Motorrad, Hagrid“, bot ich ihm an. „Ich brauch es nicht mehr.“ „Danke, Sirius“, antwortete er. „Ich verspreche dir, dass es Harry gut gehen wird.“ „Naja das kann ich mir bei der Frau nicht vorstellen. Aber wir werden sehen.“ Er nickte unbeholfen. „Tut mir wirklich leid für dich“, schloss Hagrid traurig. „Es ist wirklich traurig, dass das passiert ist.“ Ich konnte nicht antworten. Mir steckte ein Kloß im Hals. Also nickte ich auch nur. Ich sah ihm zu, wie er das Motorrad bestieg und mit Harry in den Nachthimmel verschwand. Kapitel 2: Askaban ------------------ Protagonist: Sirius Black *** Ich starrte Hagrid eine Weile hinterher. Dann sank ich wieder neben James auf die Knie. Ich konnte ihn nicht ansehen, denn ich hatte das Gefühl, mir würde sich der Magen umdrehen. „Es tut mir leid“, flüsterte ich erneut. „Bitte vergib mir. Ich dachte wirklich, der Plan wäre unfehlbar.“ Ich bekam keine Antwort. Ich unterdrückte meine Tränen nicht. Es spielte sowieso keine Rolle. Insgeheim hatte ich gehofft, James würde mir antworten und mich damit aufziehen, dass ich heulte, aber das tat er nicht. Natürlich nicht! Ich musste mich dazu zwingen, ihn schließlich anzusehen. Seine Augen waren weit aufgerissen und starrten ins Leere. Bei dem Anblick hatte ich das Gefühl, zu fallen ohne dabei jemals auf dem Boden aufzuschlagen. Ich zitterte, als ich ihn schließlich hochhob und in sein Schlafzimmer brachte, wo ich ihn auf das Bett legte. Sachte nahm ich ihm die Brille ab und legte sie ordentlich auf den Nachttisch. Dann schloss ich ihm mit der Hand die Augen. Mit einem Kloß im Hals wandte ich meinen Blick von ihm ab und machte mich auf die Suche nach Lily. Sie lag in Harrys Kinderzimmer, so als wäre sie eine Puppe, die man fallen gelassen hatte. Behutsam hob ich auch sie vom Boden auf und legte sie neben James. Schließlich sah es tatsächlich so aus, als wären die beiden nur – wie jeden Abend – nebeneinander eingeschlafen. „Verzeiht mir“, wiederholte ich mich. „Ich wollte das nicht. Ich verspreche euch, ich werde für Harry da sein. Ich werde ihn großziehen. ... Er soll euch nie vergessen. ... Ich werde mich um Jana kümmern. … Und ich werde euch rächen!“ Mit diesen Worten gelangte ich ganz langsam meine Fassung zurück und der Hass auf Peter ergriff vollends von mir Besitz. Kurzentschlossen apparierte ich zu seinem Haus zurück und verwandelte mich dort in einen Hund. Als Hund nahm ich seine Fährte auf. Ich prägte sie mir gut ein. Dann suchte ich alle möglichen Plätze ab, von denen ich wusste, dass Peter sich dort öfters aufhielt. Ich brauchte eine Weile. Ich suchte die ganze Nacht nach ihm und den Großteil des folgenden Tages. Erst am späten Nachmittag danach fand ich ihn schließlich. Er war in einer Muggelkleinstadt. Ich wusste, dass seine Mutter hier in der Nähe wohnte, nur ein kleines Stückchen außerhalb der Stadt. Vielleicht versuchte er ja bei ihr unterzutauchen. Ich erwischte ihn schließlich, auf offener Straße, noch bevor er offensichtlich seine Mutter erreicht hatte. „Peter!“, rief ich laut und er schreckte auf. Jedes bisschen Farbe wich aus seinem Gesicht. Er antwortete mir nicht. Er drehte sich um und versuchte wegzurennen. Doch er würde mir nicht entkommen. Er bog um die nächste Ecke, doch offenbar hatte er nicht bedacht, dass es sich hierbei nur um eine kurze Sackgasse handelte. Er saß in der Falle. „Du kannst mir nicht entwischen, Peter!“, knurrte ich. Peter sah sich verängstigt um. Dann begann er hysterisch zu schluchzen. Sollte er mir jetzt bloß nicht auf die Tour kommen. Mitleid hatte ich nun wirklich nicht für ihn übrig. Doch er erwischte mich tatsächlich auf falschen Fuß. „Lily und James, Sirius?“, schrie er und ich bemerkte, wie einige Passanten in unserer Nähe stehen blieben und sich nach uns umsahen. „Wie konntest du nur?“ „Du wagst es?“, rief ich aufgebracht und langte nach meinem Zauberstab. Doch ich hatte ihn noch gar nicht richtig zu fassen bekommen, da flog alles um mich herum in die Luft. In den beiden Hauswänden, rechts und links neben mir und in der Mauer hinter ihm klafften riesige Löcher und der Krater war so tief, dass die Abflussrohre in der Erde aufgerissen waren. Peter nutzte die Gelegenheit, um sich in seine Animagus-Gestalt, eine Ratte, zu verwandeln und zu verschwinden. Als sich der Rauch dann verzogen hatte, war von ihm nur noch eine Blutlache zu sehen und ein einzelner abgetrennter Finger lag mitten drin. Diese kleine miese Ratte! Ich hätte mit diesem Trick rechnen müssen. So oft hatte ich ihn schließlich selber miterlebt. Und doch hatte er es geschafft, mich dermaßen aus der Fassung zu bringen, dass ich es tatsächlich nicht kommen sehen hatte. Jetzt war er mir tatsächlich entwischt. Er musste sich in die kleine miese Ratte verwandelt haben, die er war. Und als Ratte war es natürlich ein Leichtes für ihn, mir zu entkommen. Lediglich seinen Finger hatte er zurückgelassen. Die Täuschung war natürlich perfekt. Diese Ironie des Schicksals schlug mir mit aller Macht ins Gesicht. Ich begriff, indem wir niemandem von meinem ach-so-tollen Plan erzählt hatten, hatte ich meinen Kopf für Peter hingehalten und dieser besaß nun noch die bodenlose Frechheit, diesen Vorteil schamlos auszunutzen. Es musste sich einfach um einen Albtraum handeln! Das konnte einfach nicht real sein. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Und ich sah keinen anderen Ausweg mehr aus diesem Albtraum. Ich begann zu lachen. Ich bekam kaum mehr mit, was noch um mich herum geschah. Die verängstigten Schreie der Muggel klangen so fern für mich. Ich bekam nicht mal mit, dass es, binnen weniger Augenblicke, um mich herum von Mitgliedern der Magischen Polizeibrigade nur so wimmelte. Ich nahm nicht wahr, dass sie mir meinen Zauberstab abnahmen und mich abführten. Erst einige Stunden später gelangte ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Es war ein kalter Boden, steinig und schmutzig, in einer finsteren Zelle in Askaban. Hier saß ich nun und sah zu, wie die Zellentür hinter mir ins Schloss fiel. Ich konnte die Anwesenheit der hunderten Dementoren hier spüren und die Schreie der anderen Häftlinge um mich herum hören. Und ich saß hier drin und hatte eigentlich nichts getan. Ich war unschuldig! Doch dann dachte ich an James und Lily und ich fühlte mich nicht mehr so unschuldig. Ich war es ja schließlich gewesen, der sie von diesem dummen Plan überzeugt hatte. Es war meine Idee gewesen, Peter zum Geheimniswahrer zu machen. Noch vor zwei Wochen war ich so felsenfest davon überzeugt gewesen, dass der Plan unfehlbar wäre, war mir sicher gewesen, dass Peter niemals ein Spion für Voldemort sein könne und dass es Remus eher zuzutrauen wäre als Peter. Erst jetzt im Nachhinein fiel mir auf, wie offensichtlich es doch eigentlich schon lange gewesen war. Peter hatte immer große Freunde gemocht, die für ihn nach dem Rechten sahen. Er musste schon vor Monaten damit angefangen haben, Lily und James auszuspitzeln. So subtil und unauffällig, dass keiner von uns dem je irgendeine Beachtung geschenkt hatte. Und Remus? Was hatte er getan, dass er meinen Verdacht überhaupt verdient hatte? Nichts. Letztlich hatte ich mich von einem Vorurteil gegen Werwölfe leiten lassen und dabei hätte gerade ich es doch eigentlich besser wissen müssen. Und dann dachte ich an Jana, James‘ kleine Schwester. Gerade verbrachte sie ihr letztes Schuljahr auf Hogwarts, aber was würde danach aus ihr werden? Sie hatte immer jemanden gebraucht, der sich um sie kümmerte, wenn sie krank wurde. James und Lily waren ihre letzten Angehörigen gewesen. Wie sollte sie nun überleben? Ich hatte James und Lily doch versprochen, ich würde mich um sie und Harry kümmern! Genaugenommen war ich also nicht nur für den Tod meines besten Freundes und seiner Frau verantwortlich, sondern auch noch für den Tod seiner kleinen Schwester. Eines unschuldigen jungen Mädchens, das mit alledem am allerwenigsten zu tun hatte. Ich fragte mich, ob James ihr wohl erzählt hatte, dass wir den Plan geändert hatten. Aber im nächsten Moment beantwortete ich mir diese Frage selbst. Jana war in letzter Zeit schon wegen jeder Kleinigkeit besorgt gewesen und Aufregung war nicht gut für sie. Es war gut möglich und genaugenommen sogar sehr wahrscheinlich, dass James ihr nichts gesagt hatte, einfach, um sie nicht unnötig zu beunruhigen. Aber selbst wenn er ihr von der Planänderung erzählt hätte, was würde sie schon tun können? Peter wurde jetzt sicher von aller Welt für tot gehalten und ich wurde nun also für den Mord an ihm und der Tötung weiterer unschuldiger Muggel verantwortlich gemacht. Wie viele Muggel wohl bei dieser Explosion ums Leben gekommen waren? Ich wollte es eigentlich gar nicht wissen, aber dass es gar keine Opfer gegeben hatte, war wohl äußerst unwahrscheinlich. Selbst wenn Jana nun also bezeugen könnte, dass ich nicht der Geheimniswahrer ihres Bruders gewesen war, so hatte ich immer noch den Vorwurf am Hals, Peter und wer-weiß-wie-viele unschuldige Muggel auf einmal getötet zu haben. So oder so, saß ich hier also unweigerlich fest. Kapitel 3: Klopf Klopf ---------------------- Protagonist: Sirius Black *** Die Tage, Wochen, Monate und vielleicht auch schon Jahre vergingen. Ich hatte mein Zeitgefühl hier schon sehr zeitnah verloren. Was kümmerte die Zeit hier überhaupt? Ich hatte nichts zu tun, außer den ganzen Tag hier in meiner Zelle rumzusitzen und Löcher in die Luft zu starren. Ich konnte meinen Mithäftlingen in den Nachbarzellen dabei zuhören, wie sie allmählich wahnsinnig wurden. Die Dementoren hier hatten auf alle von ihnen dieselbe Wirkung. Wahrscheinlich auch auf mich, auch wenn ich nicht sagen konnte, ob ich bereits verrückt war oder noch nicht. Und wenn nicht, wie lange würde es noch dauern? Ab und zu wurden weitere Gefangene nach Askaban gebracht. In der ersten Zeit, nachdem ich hierhergebracht worden war, waren es noch viele. Nach und nach wurden nun möglichst alle noch verbliebenen Anhänger Voldemorts geschnappt und hier in Askaban weggesperrt. Offensichtlich war Voldemort, nachdem er versucht hatte, Harry zu töten, tatsächlich verschwunden. Das war schwer zu begreifen. Harry war doch nur ein kleines Baby. Er war gerade einmal 15 Monate alt gewesen und er hatte anscheinend den Todesfluch überlebt und Voldemort war seitdem auch noch verschwunden. Das ging schier über meine Vorstellungskraft und doch musste es so passiert sein. Mit der Zeit jedoch wurden die Inhaftierungen der Todesser weniger. Ich wagte zu bezweifeln, dass sie alle gefasst hatten. Wer wusste schon, wie viele Anhänger Voldemort gehabt hatte? Sie überhaupt alle zu identifizieren musste pure Spekulation sein. Eine Inhaftierung, einige Zeit nach meiner eigenen, ließ mich jedoch aufmerken. Es war eine Gruppe von vier Personen und ich erkannte alle vier von ihnen. Dreien von ihnen hätte ich es ohne Weiteres zugetraut, Todesser zu sein. Es waren meine Cousine Bellatrix, ihr Mann Rudolphus Lestrange und dessen Bruder Rabastan. Definitiv waren sie Todesser! Der vierte Häftling jedoch, ein Junge, vielleicht gerade einmal 19 Jahre alt, war der Sohn von Bartemius Crouch, einem Mitarbeiter des Ministeriums, der in den letzten paar Jahren eine ziemlich steile Karriere hingelegt hatte und für viele schon fast sicher als der nächste Zaubereiminister galt. Ausgerechnet sein Sohn wurde also mit einer Gruppe Todessern aufgegriffen. Das überraschte mich schon ein wenig. Ich fragte mich, wie diese vier wohl aufgegriffen worden waren. Allerdings hatte ich wohl keine Chance, es herauszufinden. Die Dementoren würden es mir bestimmt nicht verraten. Ich sah einfach nur zu, wie sie alle in verschiedene Zellen, einige Zellen von mir entfernt, gesteckt wurden. Ich konnte das gestörte Lachen meiner Cousine hören. Wie sehr ich meine leibliche Familie doch immer verabscheut hatte! Nicht umsonst, war ich schließlich vor ein paar Jahren von zu Hause weggelaufen und zu James und seiner Familie gezogen. Und jetzt sollte mir Bellatrix also tagtäglich mit ihrem hysterischen Lachen in den Ohren liegen! Diese Strafe war fast noch schlimmer als all die Dementoren hier um mich herum! Ich versuchte sie schließlich auszublenden und nach einer Weile gelang mir das auch wieder recht gut, genauso, wie es mir schließlich auch gelang, die Schreie der anderen Häftlinge auszublenden. Von da an, kehrte nun also wieder die Langeweile zu mir zurück. Ich wusste nicht, wie viel Zeit seitdem vergangen war. Ich verbrachte Tag für Tag damit nahezu reglos auf meiner Pritsche, in meiner Zelle, zu liegen und Löcher in die Luft zu starren. Die einzigen Bewegungen, die ich unternahm, waren ein gelegentliches Aufblicken und Aufstehen, wenn mir die Dementoren das Essen vorbei brachen. Es war ein spärliches Mahl. Es war widerlich, aber Askaban war ja schließlich auch kein 5-Sterne-Hotel und der Hunger trieb es rein. Abgesehen davon jedoch lag ich nur antriebslos auf meiner Pritsche und starrte gegen die Decke. Geistesabwesend klopfte ich mit meiner rechten Hand auf dem Holz herum. Es war sinnlos, aber bei all den Schreien hier drinnen, war es wohl noch am unauffälligsten, geistesabwesend auf seiner Pritsche herum zu klopfen. Früher hatten James und ich eine Geheimsprache gehabt, die nur auf Klopfzeichen beruhte. James hatte sie sich ausgedacht. Das musste noch vor unserem 11. Geburtstag gewesen sein und unsere ersten Zeichen waren noch ziemlich simpel gewesen. Mit der Zeit hatten wir jedoch ein ziemlich komplexes System entwickelt und wir waren nicht mal mehr in der Lage gewesen, es Remus und Peter zu erklären. Lediglich Jana hatte es mitgelernt, aber auch nur, weil sie in den Ferien so oft mit uns rumgehangen hatte, wenn wir uns neue Zeichen ausdachten. Aber jetzt war ich allein und ich hatte niemanden, mit dem ich mich auf diese Art und Weise unterhalten könnte. Niemand würde die Klopfzeichen verstehen und im Grunde genommen, lag mir auch nichts daran, mich hier in Askaban mit irgendjemanden zu unterhalten. Plötzlich jedoch hörte ich ein neues Klopfen. Ein Klopfen, das nicht von mir kam und es kam auch nicht aus einer der anderen Zellen. Ich setzte mich auf und lauschte. Überall waren diese Schreie und ich musste mich stark konzentrieren, es zu hören, aber da war es wieder, derselbe Rhythmus und ich kannte auch diese Kombination. „Sirius“, klopfte es. „Bist du da?“ Das war absurd! Aber ich saß hier schon seit gefühlten Ewigkeiten in Askaban, umringt von hunderten Dementoren. Wahrscheinlich war ich wohl gerade auf dem besten Wege, den Verstand zu verlieren. Doch da war wieder dieses Klopfen. „Bitte antworte“, sagte es. Das konnte eigentlich nicht sein. Ich musste mir das einbilden, ganz sicher. Und doch langte ich in meine Umhangtasche und fand dort einen kleinen Spiegel wieder. Es war ein Zwei-Wege-Spiegel. Das Gegenstück zu einem Spiegel, den auch James besessen hatte. Wenn wir früher an unterschiedlichen Orten gewesen waren, hatten wir uns über diese Spiegel miteinander unterhalten können und wenn nötig natürlich auch über unsere Klopfzeichen. Doch das Gesicht im Spiegel war nicht das von James. Es war Jana. „Jana!“, hauchte ich überrascht. „Was tust du?“ „Ich hab‘ den Spiegel gefunden“, antwortete sie nur mit ihrer zaghaften Stimme. Ich wandte mich um. Ich wollte nicht, dass irgendjemand Unbefugtes unser Gespräch vielleicht belauschen könnte. Also wechselte ich wieder zurück zur Klopfzeichensprache. „Wie geht es dir?“, wollte ich wissen. Auch Jana begann wieder zu klopfen. „Es geht“, antwortete sie. „Ich bin zu Hause. Ich hab‘ angefangen James‘ und Lilys Sachen zusammen zu packen. Und dabei hab‘ ich deinen Spiegel gefunden und hatte gehofft, dass du mich vielleicht hörst.“ „Warum tust du das? Warum bist du nicht in Hogwarts?“ „Ich bin fertig. Das Schuljahr ist seit gestern vorbei und jetzt bin ich hier.“ „Oh! ... Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass…“ „Was ist eigentlich passiert?“ „Hast du es nicht gehört?“ „Naja gehört schon, aber ich kann es nicht glauben.“ „Wie meinst du das?“ „Du hättest das nicht getan. Ich weiß es. Du hättest niemals James und Lily verraten, oder? Und du hättest auch niemals all diese Menschen auf einmal töten können, oder? Das ist alles nur ein dummes Missverständnis, richtig?“ Ich starrte sie einen Moment lang mit offenen Mund an. Hatte James ihr nun erzählt, dass wir den Plan geändert hatten oder nicht? Aber wenn er es ihr erzählt hätte, dann müsste sie sich ja zumindest diesen einen Punkt sicher wissen. Aber, was sie sagte, waren pure Spekulationen. „Was macht dich da so sicher?“, wollte ich wissen. „Naja Lily hatte es doch mal geträumt, oder?“, antwortete sie und haute mich damit nun völlig von den Socken. „Was meinst du damit?“ „Weißt du das nicht mehr? Das war vor etwa zwei Jahren, glaube ich. Harry war noch gar nicht geboren. Da hat sie das mal geträumt, dass sie und James angegriffen würden und du würdest unschuldig in Askaban landen. Das hat sie erzählt.“ Wieder starrte ich sie nur fassungslos an. Dunkel konnte ich mich daran erinnern. Aber es war doch nur ein Traum gewesen. Ein bloßer Albtraum! „Und dann hat sie diesen Trank gebraut“, fuhr sie fort. „Und sie wollte, dass wir ihn trinken. Weißt du das nicht mehr? Sie sagte, der Trank würde sie vor einem Angriff schützen. Dann könnten sie nicht sterben. Ich hab‘ ein Buch über Zaubertränke gefunden. Da stand was drin. Ich glaube, diesen Trank muss sie gebraut haben und er bewirkt, dass sie nur schlafen und nicht sterben. Jetzt müssen wir sie nur noch aufwecken.“ Ich gelangte ein Stück meiner Fassung zurück. „Du bist nur aufgrund eines Traumes zu dem Schluss gekommen, dass ich unschuldig sein muss?“ „Naja… schon.“ Sie war unglaublich! Ich schüttelte leicht amüsiert den Kopf. Aber was noch unglaublicher war, dass sie fest davon überzeugt zu sein schien, dass James und Lily noch lebten. Ich wagte noch kaum zu hoffen. „Was ist passiert“, wollte sie noch einmal wissen und ich wurde wieder ernst. Ich erzählte ihr die ganze Geschichte und fast erwartete ich, dass sie wohl finden würde, dass es unglaubwürdig klang, doch sie nickte, als Zeichen, dass sie mir glaubte. Ich war ziemlich baff. Mal angenommen, ich wäre tatsächlich schuldig, ich könnte ihr sonst was für ein Märchen erzählt haben! „James hat mir das gar nicht erzählt“, stellte sie fest. Das dachte ich mir ja auch bereits. „Vielleicht wollte er dich nur nicht beunruhigen“, vermutete ich. „Du warst so oft besorgt gewesen und das ist nicht gut für dich, das weißt du.“ „Aber ich wollte nicht, dass der Traum wahr wird“, erwiderte sie. „Lily hat doch uns allen von ihrem Traum erzählt!“ „Anscheinend warst du wohl die einzige von uns, die mehr in diesem Traum gesehen hat, als bloß einen Traum. Selbst Lily hat sich wohl später nicht mehr so viel daraus gemacht. Jedenfalls wüsste ich nicht, dass sie was gesagt hätte oder wenigstens hätte sie mir wohl widersprochen, als ich James und ihr Peter als Geheimniswahrer vorgeschlagen hatte. … Der Vorschlag war dumm gewesen. Es tut mir leid.“ „Aber du konntest ja nicht ahnen, dass Peter der Verräter gewesen war.“ „Ich hätte einfach bei dem Plan bleiben sollen, den wir vorher hatten. Dann wäre das alles nicht passiert.“ Sie sah etwas betreten zur Seite. „Wie kann ich dir helfen?“, wollte sie schließlich wissen und überraschte mich damit noch mehr. „Mir helfen?“, fragte ich etwas ungläubig. „Naja du bist unschuldig!“, antwortete sie. „Ich muss doch etwas tun können, damit du wieder aus Askaban raus kannst.“ Woah! Langsam! „Tu das nicht!“, bat ich sie. „Du kannst nichts bezeugen. Alles, was du hast, ist ein Traum, von dem nur du davon ausgegangen zu sein scheinst, dass es eine Vorahnung war. Und ansonsten hast du nur mein persönliches Wort. Und das wird niemanden überzeugen.“ „Aber ich könnte sagen, James hätte mir das erzählt“, schlug sie vor. „James könnte dir nur erzählt haben, dass Peter und ich als Geheimniswahrer getauscht haben. Das könntest du vielleicht wirklich sagen“, gab ich zu. „Aber, was dann folgte, kann James nicht mehr bezeugen und dir auch nicht mehr erzählt haben. Dass Peter lebt kann nur ich selber bezeugen und mein Wort ist kaum glaubwürdig. Dafür hat Peter erfolgreich gesorgt.“ „Aber vielleicht würde man dir eher zuhören, wenn ich dem Ministerium sage, dass Peter der eigentliche Geheimniswahrer war.“ „Oder aber vielleicht würde man annehmen, dass du mit mir zusammenarbeitest und annehmen, dass du auch zu Voldemorts Anhängern gehört haben könntest. Bitte, tu das nicht! Du könntest dich selber damit in Schwierigkeiten bringen und ich möchte nicht verantworten müssen, dass man dich auch zu Unrecht hierherbringt.“ „Aber-“ „Jana, bitte! Wenn du wirklich Recht hast, dass Lily diesen Trank gebraut hat und der auch gewirkt hat-“ „Aber Lilys Tränke haben doch immer gewirkt!“ „Nehmen wir also an, dass er gewirkt hat. Dann heißt das, dass die beiden wiedererwachen werden. Und wenn ich James dann erklären müsste, dass man dich hierher nach Askaban gebracht hätte, weil du mir eigentlich nur helfen wolltest, dann könnte ich ihm nie wieder in die Augen sehen. Ich hab‘ ihm schon zu viel angetan damit, dass ich ihm und Lily Peter vorgeschlagen habe. Lass mich nicht auch noch verantworten müssen, dass ich zugelassen hätte, wie du dich meinetwegen in Schwierigkeiten bringst.“ „Aber so sitzt du jetzt unschuldig in Askaban!“ „Und auch das hat Lily geträumt. Das hast du selber erzählt. Ich werde hier schon irgendwie zurechtkommen. Und vielleicht lässt Peter sich ja irgendwann versehentlich blicken und man kommt von selber zu dem Schluss, dass ich unschuldig bin. Bis dahin kannst du nichts tun. Bitte nicht!“ Sie ließ niedergeschlagen den Kopf hängen. Ein paar Tränen traten in ihre Augen. „Nicht weinen, Jana“, versuchte ich sie zu trösten. „Das ist nicht gut für dich, das weißt du. Und wenn du mir wirklich einen Gefallen tun möchtest, dann bleib am Leben.“ Sie guckte mich etwas verwirrt an. „Ich weiß, dass das viel verlangt ist“, fuhr ich fort. „Aber bitte achte auf dich. Versuch deine Kräfte so gut es geht zu schonen. Bitte.“ „Ich versprech’s“, antwortete sie und nickte. „Aber was ist mit dir?“ „Mach dir um mich keine Gedanken. Ich komm hier schon zurecht. Und vielleicht komme ich hier auch irgendwann raus, aber du solltest dafür nichts tun. Ich möchte einfach nicht, dass du dich deswegen in Schwierigkeiten bringst. Sei lieber für Harry da.“ Wieder senkte sie niedergeschlagen den Kopf. „Ich darf mich nicht um ihn kümmern“, sagte sie traurig. „Dumbledore sagt, ich könne nicht gewährleisten, dass sich jemand um Harry kümmert, wenn ich krank bin.“ Damit hatte er wohl Recht. Manchmal hasste ich es, wenn er Recht hatte. Jana war einfach gesundheitlich nicht in der Lage, sich alleine um Harry zu kümmern. Früher hatte sie zwar wohl gelegentlich auf ihn aufgepasst, aber natürlich nur für ein paar Stunden und immer nur, wenn es ihr gut ging, natürlich. „Du kannst trotzdem für ihn da sein“, versicherte ich ihr. „Auch, wenn du vielleicht nicht alleine für ihn sorgen darfst, aber du könntest in seiner Nähe wohnen.“ „Aber Lilys Schwester mag doch keine Magie“, wandte sie ein. „Was ist, wenn sie mich nicht zu Harry lässt?“ „Du musst ihr doch nicht erzählen, dass du eine Hexe bist, oder?“ „Und wenn sie mich wiedererkennt?“ „Es ist genauso gut möglich, dass sie dich nicht wiedererkennt.“ „Wenn du meinst …“ Ich konnte an ihrem Blick erkennen, dass sie wahrscheinlich zu schüchtern sein würde, Lilys Schwester überhaupt anzusprechen. Aber vielleicht würde sie sich ja wenigstens in Harrys Nähe ansiedeln. „Und du könntest Lily und James wieder aufwecken“, schlug ich ihr außerdem vor. „Ich hab‘ es schon versucht“, antwortete sie. „Aber es hat nicht funktioniert. In dem Buch, das ich gefunden habe, fehlt die Seite, auf der beschrieben steht, wie man die beiden wieder aufwecken kann. Das Buch ist halt schon extrem alt.“ „Na dann find es doch heraus. Wenn jemand dazu in der Lage ist, dann du.“ „Ich versuch’s. Darf ich dich anklopfen, wenn ich Hilfe brauche?“ „Ich kann dir leider nicht aktiv helfen. Aber wir haben die Spiegel, also können wir uns unterhalten, wann immer wir wollen. Ein bisschen Klopfen wird niemandem auffallen.“ „Danke.“ „Du brauchst mir dafür nicht zu danken. Ich hab‘ nichts getan, weswegen du mir danken müsstest. Pass einfach auf dich auf, OK? „OK.“ Sie nickte wieder und unser Gesprächsthema wandte sich nun anderen Dingen zu. Wir unterhielten uns auch noch eine Weile, bevor sie sich dann schließlich irgendwann aus dem Spiegel verabschiedete, weil sie noch Lilys und James‘ Sachen weiter zusammen räumen wollte. Nachdem sie aus dem Spiegel verschwunden war, kehrten die Schreie um mich herum wieder in mein Bewusstsein zurück. Jana hatte es geschafft, dass ich mich für den Moment, indem ich mit ihr gesprochen hatte, Askaban auf eine Weise entfliehen konnte. Jetzt, da ich ihr Gesicht nicht mehr im Spiegel sehen konnte, war ich also wieder hier zurück und wieder allein. Die Dementoren konnten nun wieder ihre volle Macht an mir auslassen. Dank Jana hatte ich sie kurzzeitig ausblenden können. Jetzt waren sie wieder da. Am liebsten hätte ich Jana sofort in den Spiegel zurückgerufen. Aber sie hatte schließlich noch andere Sachen zu tun. Also widerstand ich dem Drang. Ich ließ mich wieder auf meine Pritsche sinken und verfiel wieder der Langeweile. Kapitel 4: Am Rande des Wahnsinns --------------------------------- Protagonist: Sirius Black *** Jana klopfte mich ab jetzt fast täglich an. Nachdem sie alle persönlichen Sachen von Lily und James zusammengepackt und sicher eingelagert hatte, war sie in die Kleinstadt gezogen, in der auch Lilys Schwester mit ihrer Familie lebte. Von Harry hatte sie aber noch nicht viel zu sehen bekommen. Er hielt sich wohl meist eher im Haus auf. Dank ihr kehrte auch mein Zeitgefühl zum Teil wieder zurück. Sie hielt mich über alles auf dem Laufenden, was so außerhalb von Askaban so vor sich ging. Es waren selten gute Nachrichten dabei, aber gute Nachrichten hätten hier in Askaban auch keinen Bestand gehabt, da die Dementoren um mich herum jedes glückliche Gefühl sofort wieder aus mir heraussaugten. Abgesehen von den Nachrichten hielt sie mich über ihre Recherchen auf den Laufenden. Sie war bisher noch nicht wirklich vorangekommen. Sie hatte schon alle möglichen Buchläden und Bibliotheken abgeklappert, die ihr bekannt waren, aber ein zweites Exemplar von dem Buch, das sie bei Lily gefunden hatte, hatte sie noch nicht finden können. „Meinst du, ich sollte mal in der Nocturngasse nach dem Buch gucken?“, fragte sie mich nach ein paar Wochen. „Das gefällt mir nicht“, antwortete ich. „Dort rennen so viele zwielichtige Gestalten rum und wenn du dort alleine hingehst…“ „Aber wo sollte ich denn sonst noch suchen?“ „Ich weiß es nicht. Aber es muss noch andere Bibliotheken geben, in denen du noch nicht gesucht hast. Bitte geh einfach nicht in die Nocturngasse. Ich möchte nicht, dass dir was passiert.“ „OK…“ Also suchte sie weiter, aber auch in den nächsten Wochen wurde sie nicht fündig und schließlich wurde ihre Suche auch noch durch ihre Gesundheit unterbrochen. Der Sommer neigte sich langsam dem Ende entgegen und es war offensichtlich ziemlich unangenehmes Wetter draußen. Jedenfalls hatte sie sich eine ordentliche Erkältung eingefangen. Normalerweise war das kein großer Grund zur Sorge gewesen. Aber jetzt, da sie alleine war, war das doch etwas anderes. „Bleib im Bett, OK“, bat ich sie. „Ich hab‘ schon so lange geschlafen heute und ich muss doch noch weiter nach Informationen suchen, wie ich Lily und James aufwecken kann“, protestierte sie, aber ich sah ihr genau an, dass es ihr absolut nicht gut ging. „Deine Recherchen müssen warten. Es bringt nichts, wenn du dich kaputt spielst. Was ist, wenn du umkippst? Du brauchst Ruhe. Koch dir ‘nen Tee und geh wieder ins Bett, bitte.“ „Kirbie hat mir vorhin schon Tee gekocht.“ „Du hast Corbie und Kirbie bei dir? Das ist super! Dann können die beiden sich ein wenig um dich kümmern.“ „Naja ich hab‘ ihnen gesagt, sie sollen auf das Haus von Mum und Dad aufpassen. Aber sie kommen immer mal nach mir sehen.“ „… Hmpf… Naja das ist wohl immerhin besser als nichts. Aber trotzdem solltest du dich jetzt wieder ins Bett legen. Du bist jetzt schon so blass und du hast mir versprochen, deine Kräfte zu schonen.“ „Aber, wenn ich mit meinen Recherchen nicht voran komme-“ „Jana, bitte!“ „Na gut…“ Etwas widerwillig verschwand sie aus dem Spiegel, nur um ein paar Minuten später wiederaufzutauchen. Ich konnte jetzt im Hintergrund erkennen, dass sie sich jetzt hingelegt hatte. „Sehr gut. Und jetzt ruh dich etwas aus“, bat ich sie. „Meinst du wirklich, dass ich mir das leisten kann?“, wollte sie wissen. „Du musst dich ausruhen! James würde nicht wollen, dass du deine Gesundheit aufs Spiel setzt, nur um ihn und Lily wieder aufzuwecken.“ „Aber wer weiß, wie lange sie noch schlafen werden, wenn ich nicht vorankomme? Und was ist, wenn ich es nie schaffe, sie aufzuwecken.“ „Darüber kannst du dir wieder Gedanken machen, wenn es dir wieder bessergeht. Jetzt brauchst du Ruhe und du solltest etwas schlafen! Bitte! … Ich seh‘ dir doch an, dass es dir nicht gut geht.“ „Aber-“ „Wenn du dir so viele Sorgen machst, dann strapazierst du dich nur noch mehr. Du weißt, dass Stress nicht gut für dich ist. Ruh dich jetzt einfach aus, bitte.“ Sie antwortete nicht. Sie blickte nur etwas unglücklich und unzufrieden mit sich selbst drein. „Ich lass dich jetzt schlafen“, erzählte ich ihr. „Und ich möchte, dass du dich wirklich schonst und wieder zu Kräften kommst. Erst dann kannst du weiter nach Informationen über diesen Trank suchen.“ Sie nickte nur. Ich wünschte ihr noch eine angenehme Ruhe und verschwand aus ihrem Spiegel. Ich hoffte, dass sie nicht zu schlecht träumen würde. Albträume verschlimmerten meist ihren Zustand nur noch. In den nächsten Tagen klopfte sie gar nicht an und mit jedem Tag, an dem ich nichts von ihr hörte, wurde ich zunehmend nervöser. Was, wenn sie einfach gestorben war? Ich hätte es ja wissen müssen! Es war sinnlos gewesen, sich von ihr versprechen zu lassen, dass sie am Leben bleiben würde. Wie sollte sie dieses Versprechen auch einhalten? Sie hatte ja schließlich kaum einen Einfluss darauf! Und James und Lily würden wahrscheinlich nie wieder aufwachen. Dieser Tatsache musste ich wohl ins Auge sehen. Wer sollte sie auch aufwecken? Jana war vermutlich gerade verstorben und ich saß hier fest und sonst wusste niemand davon, dass die beiden nicht richtig tot waren. Ich glaube, das war jetzt wohl offiziell der Punkt, an dem ich hier drinnen wahnsinnig wurde! Ich hatte keine Chance! Ich konnte nichts tun! Ich konnte nicht raus, um Jana zu helfen. Ich konnte nicht für Harry da sein! Es wäre meine Aufgabe gewesen, mich um ihn zu kümmern. Ich war schließlich sein Pate und jetzt wuchs er bei einer Frau auf, die ihn vermutlich verabscheute. Jana hatte auch so etwas erwähnt gehabt. Sie hatte wohl einmal beobachten können, dass diese Frau sich wohl einen Dreck um Harry scherte und ihren eigenen Bengel dagegen nach Strich und Faden verwöhnte. Und ich saß hier drinnen fest und konnte nichts tun! So viele Dinge, die jetzt eigentlich meine Pflicht gewesen wären und ich konnte einfach nichts machen! Ich stieß einen frustrierten Schrei aus und raufte mir die Haare. Wenn ich hier nur rauskäme. Vielleicht könnte ich Jana dann ja doch noch retten. Oder vermutlich war es auch schon längst zu spät. Sie hatte ja schließlich schon tagelang nichts von sich hören lassen und die Wahrscheinlichkeit war gering, dass ich noch irgendetwas für sie tun könnte, selbst wenn ich hier rauskäme. Ich lief in meiner Zelle auf und ab, fand keine Ruhe. Es war alles meine Schuld! Wenn ich doch einfach nur bei dem Plan geblieben wäre! Warum hatte ich James und Lily nur davon überzeugen müssen, Peter als Geheimniswahrer zu wählen? Warum hatte ich nicht einfach dabeibleiben können? Warum bin ich nicht einfach selbst Geheimniswahrer geworden? Was ich getan hatte, war fast noch schlimmer, als sie verraten zu haben! Und jetzt saß ich hier auch noch fest und konnte mich noch nicht mal um ihren Sohn und James‘ Schwester kümmern! Selbst wenn die beiden irgendwann aufwachen würden; James würde mich köpfen! Ich hätte es verdient. Und so verging die Zeit nur schleppend, bis ich schließlich, nach einer halben Ewigkeit, wieder ein zaghaftes Klopfen aus dem Spiegel vernahm. „Jana!“, rief ich, versehentlich etwas zu laut, aber außerhalb meiner Zelle schien sich niemand darum zu scheren. „Du lebst!“ „Hab‘ ich lange geschlafen?“, wollte sie wissen. Sie lag noch immer im Bett und wirkte ziemlich schwach. Es schien ihr schon schwer zu fallen zu klopfen. „Ein paar Tage“, antwortete ich und versuchte dabei nicht blicken zu lassen, dass ich in der Zeit die Krise gekriegt hatte. „Ich sollte jetzt besser aufstehen und wieder weiter recherchieren.“ „Nein! Bleib liegen!“ „Aber-“ „Du bist noch nicht wieder fit. Du musst dich noch immer ausruhen.“ Sie machte anstalten, sich aufrichten zu wollen, aber offenbar fehlten ihr die Kräfte. Jedenfalls blieb sie im Bett liegen und ruhte sich weiter aus. Sie klopfte jetzt zwar wieder häufiger an, aber weniger Sorgen machte ich mir deswegen nicht. Und es war nur der Anfang gewesen. Jana wurde nur sehr langsam wieder gesund und als sie schließlich das Bett wieder verlassen konnte, hatte ich das Gefühl, dass sie eigentlich noch etwas mehr Ruhe vertragen konnte, aber sie war zu aufgewühlt, weil sie so viel Zeit vergeudete, die sie eigentlich für ihre Recherchen benötigte. Also ließ sie sich nicht davon abhalten, sich wieder auf die Suche nach Informationen zu machen. Es kam, wie es kommen musste! Sie war noch nicht wieder richtig fit gewesen und nur ein paar Wochen später wurde sie wieder krank. Wieder vergingen Tage, bis sie sich wieder meldete, allerdings hatte ich das Gefühl, dass sie dieses Mal vielleicht nicht ganz so lange bewusstlos gewesen war. Trotzdem war ich in den paar Tagen wieder der Verzweiflung nahe und nur umso erleichterter, als sie schließlich wieder anklopfte. Sie sah verdammt schlecht aus. Ich hatte sie noch nie so erlebt. Ihre Eltern und natürlich auch James hatten sich früher immer so gut um sie gekümmert, dass ihr Anblick jetzt, für mich kaum zu ertragen war. Aber alle Bitten halfen nichts. Sie ruhte sich einfach nicht lange genug aus, um wieder richtig gesund zu werden und so geriet sie in einen Teufelskreis. Ich konnte ihr förmlich dabei zusehen, wie sie von Mal zu Mal immer schlechter aussah. Zwar erzählte sie mir, dass Corbie und Kirbie wohl alle zwei, drei Tage nach ihr sahen und sich um sie kümmerten, aber die beiden Hauselfen hatten leider auch nur begrenzt die Möglichkeit, sich so um Jana zu kümmern, wie es ihre Eltern und James immer getan hatten. Und Jana schien es wichtig zu sein, dass die beiden sich außerdem um ihr Elternhaus kümmerten. Also war Jana größtenteils trotzdem auf sich allein gestellt und wurde immer schwächer. Ich hielt es schon kaum noch für möglich, aber da sie sich nie die Ruhe gönnte, die sie brauchte, wurde sie nur umso schneller wieder krank. Und so vergingen die Monate und vielleicht auch Jahre. Zwischendurch schaffte sie es dann tatsächlich irgendwann ein Buch zu finden, dass ihr endlich mehr Informationen bieten konnte. Sie hatte Briefpost zwischen Slughorn und Lily gefunden, in denen sie ein paar Kontakte gefunden hatte. Über diese Kontakte war sie schließlich an das Buch gelangt. So fand sie schließlich heraus, dass die beiden nur zu bestimmten Gelegenheiten aufgeweckt werden konnten und es hing mit den Mondphasen zusammen. Hatte man eine Gelegenheit allerdings verpasst, war die nächste Gelegenheit erst etwa 13 Monate später. Also besorgte sie sich eine detaillierte Mondtabelle, und zählte sich den nächsten Termin ab. Nachdem sie sich diesen dann rot im Kalender markiert hatte, ließ sie sich tatsächlich zu einer längeren Ruhepause überreden, in der sie wieder etwas mehr zu Kräften kommen konnte. Mittlerweile sah sie auch schon wirklich furchtbar aus und sie brauchte dringend die Ruhe. Ich versuchte mich in den darauffolgenden Tagen, in denen sie sich nicht meldete, wieder etwas zu beruhigen. Sie hatte immerhin mehrere Monate, vielleicht Jahre – so genau hatte ich es dann doch nicht verfolgt – alleine durchgehalten, obwohl es ihr wirklich schlecht ging. Jetzt würde sie sich ja wieder richtig ausruhen. Und doch nützte es nichts. Ich machte mir noch immer genauso viele Sorgen wie vorher. Jeder Tag, an dem sie sich nicht meldete, war die pure Hölle. Ständig diese Ungewissheit, ob sie nun tot war oder noch lebte! Doch schließlich meldete sie sich auch dieses Mal wieder. Viel besser schien es ihr zwar noch nicht zu gehen, aber sie hatte sich offenbar gut in ihr Bett eingepackt und ruhte sich noch aus. „Wie fühlst du dich?“, wollte ich wissen „Mir ist bisschen schwindlig“, antwortete sie. „Aber Corbie ist unten.“ „Das ist super! Dann ist sie ja da, um bisschen für dich zu sorgen.“ Sie nickte schwach. Wir unterhielten uns noch ein wenig, aber schließlich ließ ich sie dann wieder schlafen und verschwand wieder aus ihrem Spiegel. Tatsächlich gönnte sie sich nun wesentlich länger Ruhe und als sie schließlich – nach so ein oder zwei Monaten – wieder ihr Bett verließ, sah sie auch bei Weitem besser aus als vorher. Harry war jetzt offenbar schon fünf Jahre alt, erzählte sie mir und ab und zu steckte sie ihm wohl ein paar Süßigkeiten zu, wenn er vorbeikam. Außerdem wäre offenbar das Baby-Blau seiner Augen jetzt verschwunden und grün geworden. Ich musste etwas grinsen. James hatte immer gehofft, dass Harry Lilys Augen geerbt haben könnte. Der Kleine war ansonsten ein nahezu perfektes Abbild seines Vaters, aber seine baby-blauen Augen hatten früher noch nicht so wirklich Aufschluss darüber gegeben, wessen Augen er nun geerbt hatte. Ich konnte mir Harry nur zu gut vorstellen, wenn sie mir von ihm erzählte und ich hätte ihn auch nur zu gern selber gesehen und wäre meinen Pflichten als Pate nachgekommen. Aber ich saß ja hier drinnen fest! Das frustrierte mich zunehmend. Ich versuchte es Jana nicht zu zeigen. Ich wollte ja auch, dass sie mir von Harry erzählte. Aber je mehr sie mir von ihm berichtete, desto mehr ärgerte es mich auch, dass ich hier nicht rauskam. Und natürlich konnte Jana das nicht entgehen. „Willst du, dass ich aufhöre, von Harry zu reden?“, fragte sie. „Nein“, erwiderte ich. „Es nervt mich nur, dass ich nicht für ihn da sein kann … oder für dich.“ „Lass mich dir helfen! Du bist unschuldig! Es ist nicht fair, dass du in Askaban sitzen musst!“ „Tu das nicht! Das ist nur gefährlich für dich. Womöglich wird man dir nicht glauben und nur denken, du würdest mit mir unter einer Decke stecken. Ich will nicht, dass sie dich auch verurteilen, nur wegen so etwas.“ „Aber, wenn ich dir nicht helfe, kommst du vielleicht nie raus.“ „Lass das nicht deine Sorge sein.“ „Aber es ist doch auch nicht, wahrscheinlich, dass Peter sich von selber blicken lässt.“ „Jana, du hast keine Ahnung, wie es hier drinnen ist, glaub mir. Und das ist auch gut so. Ich will nicht, dass du hier in Askaban landest.“ „Aber was, wenn sie mir doch glauben würden?“ „Mir ist aber das Risiko zu groß, dass sie dir nicht glauben werden. Bitte riskier es nicht. Lieber verbring ich den Rest meines Lebens hier drinnen, als verantworten zu müssen, dass du hierhergebracht wirst, weil du mir nur helfen wolltest.“ Sie wirkte ein wenig verletzt, als ich das sagte und ihr Blick tat mir weh. „Ich weiß, dass du es nur gut meinst“, fuhr ich fort. „Aber bitte versteh doch, wenn es schiefgeht, dann war das alles sinnlos. Dann hast du mir nicht helfen können und die Dementoren würden dir so sehr zusetzen, dass …“ Ich brach ab. Daran wollte ich lieber nicht weiterdenken. „Und James und Lily würden auch nicht wieder aufwachen“, wechselte ich daher die Richtung. „Es wäre niemand mehr da, der sie aufwecken könnte. Und du bist die Einzige, die die beiden wecken kann.“ Daraufhin nickte sie, aber sie sah immer noch traurig aus deswegen. „Wann ist der nächste Termin?“, wollte ich wissen. „Nach Weihnachten“, antwortete sie. „In der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember.“ „Naja dann ist das doch eine schöne Weihnachtsüberraschung für Harry, findest du nicht? Wenn auch ein klein wenig verspätet.“ Sie musste kurz lachen. „Ja, da hast du wohl Recht“, stimmte sie mir zu. „James wird dann bezeugen können, dass ich nicht sein Geheimniswahrer war“, versicherte ich ihr. „Wenn er und Lily wieder aufwachen, dann wird mir das Ministerium sicherlich auch eher zuhören, wenn die beiden bezeugen werden, dass ich kein Todesser bin.“ „Aber warum kann ich es dann nicht einfach bezeugen?“ „Weil du einfach nicht gut lügen kannst. Selbst wenn du sagst, dass James es dir erzählt hätte, würde dir das keiner glauben. Außerdem sind jetzt schon ein paar Jahre seitdem vergangen und es wäre komisch, wenn du jetzt auf die Idee kämst, ins Ministerium zu gehen. Wenn du es von James erfahren hättest, dann wärst du ja direkt zu Dumbledore gegangen, oder?“ Sie senkte den Kopf und errötete etwas. Ich hatte sie ertappt. Wir einigten uns also auf diesen Plan. Wir hatten allerdings nicht bedacht, dass es im Dezember natürlich schnell passieren konnte, dass Jana krank wurde. War ja früher auch immer mal wieder vorgekommen, also hätte es eigentlich keine große Überraschung sein dürfen. Trotzdem traf es mich unvorbereitet. Sie wurde noch vor Weihnachten krank und meldete sich erst am Morgen des 26. Dezember wieder – jedenfalls nahm ich das an, wenn ich richtig mitgezählt hatte. Sie sah wirklich nicht fit aus. So könnte sie auf keinen Fall die beiden aufwecken gehen. Was, wenn sie einfach zusammenbrach, bevor sie die beiden erreichte? Ich wagte es vorsichtshalber gar nicht erst, das Thema überhaupt anzusprechen. Als sie mich fragte, welcher Tag es war, log ich sie lieber an, sie hätte offenbar verschlafen. In ihrem Zustand wollte ich sie einfach nicht losschicken. Natürlich war sie am Boden zerstört und brach in Tränen aus. „Beruhig dich, Jana, bitte“, flehte ich sie an. „Es ist ärgerlich, ich weiß. Aber ruh dich lieber aus und werd' wieder gesund. Wann ist die nächste Gelegenheit, die beiden aufzuwecken?“ „Erst wieder im Januar 1987“, antwortete sie, immer noch in Tränen aufgelöst. Ich musste schlucken. Sie hatte zwar gesagt, dass man die beiden nur alle 13 Vollmonde wecken könne, aber so richtig begriff ich es wohl jetzt erst. Aber ich blieb bei meiner Lüge. Lieber sollte sie ausgeruht und einigermaßen bei Kräften sein, wenn sie die beiden wecken ging, als dass sie dabei ihr eigenes Leben riskierte. „Das ist lang“, gab ich zu. „Aber es nützt ja nichts. So hast du wenigstens Zeit, wieder richtig zu Kräften zu kommen.“ „Aber was, wenn ich dann wieder krank werde?“, fragte sie frustriert. Da hatte sie Recht. Januar war kaum besser als Dezember, wenn es darum ging, dass sie einigermaßen gesund bleiben sollte. „Du musst einfach genügend deine Kräfte schonen“, sagte ich ihr. „Das wird schon! Jetzt werd‘ du erstmal wieder gesund!“ Aber sie war zu außer sich. Hätte ich vorher gewusst, dass sie so extrem auf die Lüge reagierte, hätte ich mir das wohl besser zweimal überlegt. Aber nun war es zu spät und ich musste mit ansehen, wie es mit ihrer Gesundheit von da an nur noch bergab ging. Sie fing an, ihren Zustand regelrecht zu hassen und redete sich ein, sie wäre schwach, wenn sie krank würde. Also versuchte sie gegen Krankheiten anzukämpfen und stresste sich damit nur noch mehr. Alle meine Argumente halfen nichts. Ich hätte genauso gut mit der Wand in Askaban dieses Gespräch führen können. Und so kam es, wie es kommen musste; sie wurde auch vor der nächsten Gelegenheit wieder krank und es sollte nicht die letzte Gelegenheit gewesen sein, die sie auf diese Art und Weise verpasste. Jahre vergingen. Ich hatte mittlerweile sieben verpasste Gelegenheiten gezählt, seit wir wussten, wie James und Lily aufgeweckt werden könnten. Jana sah wirklich schrecklich aus und es war noch eine gnadenlose Untertreibung. Jedes Mal, wenn sie eine Gelegenheit verpasste, brach sie hinterher furchtbar in Tränen aus und ich hatte Mühe, sie wieder zu beruhigen. Für ihre Gesundheit war das überhaupt nicht gut und genau genommen, war es wohl ein Wunder, dass sie nicht schon längst gestorben war. Es war noch einen Monat Zeit, bis sie die nächste Gelegenheit wahrnehmen konnte und aktuell schien sie gerade wieder etwas auf dem Weg der Besserung zu sein – sofern man es denn so ausdrücken konnte. „Wie fühlst du dich?“, fragte ich sie, aber diese Frage war mittlerweile fast schon unnütz geworden. Wenn ich sie ansah, hätte ich sie mir eigentlich selber mit ‚tot‘ beantworten müssen. „Es geht so“, erwiderte sie und ich nahm diese offenkundige Lüge so hin. „Bis zur nächsten Gelegenheit ist es noch etwa einen Monat hin, richtig?“ Ich wollte einfach absolut sichergehen. Sie nickte bloß. „Dann ist noch genügend Zeit, dich gut auszuruhen“, schloss ich daraus. „Es nützt ja doch nichts“, antwortete sie frustriert und den Tränen nahe. „Doch und du hast in den nächsten Wochen auch nichts zu tun, weswegen du dir irgendeinen Stress machen müsstest. Ruh dich einfach aus. Verlass dein Bett nicht und lass dich von Corbie und Kirbie versorgen. Selbst wenn du denkst, dass es dir wieder bessergeht; du verlässt erst dann wieder dein Bett, wenn du James und Lily wecken gehst, hörst du?“ „Und du meinst, das funktioniert?“ „Wenn du dich zur Abwechslung mal wirklich ausruhst und dich nicht so unter Druck setzt, dann ja. Hast du dich eigentlich mal im Spiegel gesehen? Du siehst aus, wie …“ Nein, das konnte ich ihr dann doch nicht ins Gesicht sagen. „Ich meine, James kriegt doch einen Schock, wenn er aufwacht und dich so sieht“, fuhr ich fort. Sie senkte nur ihren Blick, ohne zu antworten. Ich wusste, dass es sie traurig machte, das zu hören und ich konnte mir vorstellen, wie sehr sie James vermisste. Umso mehr frustrierte es sie nur, es bisher noch nicht geschafft zu haben, ihn aufzuwecken. Mir ging es ja nicht anders und doch konnte ich nicht wütend auf sie sein. Sie war schon immer kränklich gewesen und für die Tatsache, dass sie bis jetzt durchgehalten hatte, sollte ich wohl schon dankbar genug sein. Eher war ich auf mich selbst wütend, dass ich hier immer noch in Askaban festsaß und mich somit darauf verlassen musste, dass es Jana irgendwann gut genug ging, um die beiden zu wecken. Aber nun ruhte sie sich tatsächlich aus und ich begann mir tatsächlich wieder ernsthaft Hoffnungen zu machen. Am Abend des 5. Mai unterhielten wir uns noch miteinander. Sie sah auch schon ein bisschen besser aus und sie war wohl auch fit genug, um lange genug durchzuhalten. James würde immer noch einen Schock kriegen, wenn er sie so sah. Aber sie hatte sich einfach zu lange so kaputt gespielt, dass ein Monat Ruhe wohl kaum ausreichte, um die Spuren davon rückgängig zu machen. Ich verabschiedete mich von ihr und verschwand aus ihrem Spiegel, kurz bevor sie loswollte und endlich hatte ich das Gefühl, dass es tatsächlich funktionieren würde. Nur etwa zwei Stunden später klopfte sie wieder an. Sie war in Tränen aufgelöst und fast fürchtete ich, sie wäre in Godrics Hollow zusammengebrochen und hätte die Zeit verpasst. Aber es war etwas Anderes. Es war schlimmer! Es hatte nicht funktioniert. Die beiden waren nicht aufgewacht und diese Nachricht war fast noch schlimmer als der Moment damals, als ich James im Eingangsbereich seines Hauses liegen gesehen hatte. Jana war in Tränen aufgelöst und mir fiel kaum etwas ein, was ich ihr sagen konnte, um sie zu trösten. Vielleicht hatte sie sich ja im Datum verzählt, überlegte ich und teilte ihr vorsichtig diese Vermutung mit. „Aber ich hab‘ doch mehrfach nachgezählt“, schluchzte sie. „Bleib einfach ruhig“, erwiderte ich. „Geh jetzt schlafen und beruhig dich etwas. Morgen früh gehst du einfach nochmal in Ruhe alles durch, was wir haben. Dann sehen wir weiter, OK?“ Sie war zu aufgewühlt, um zu antworten und als ich mich wieder von ihr verabschiedete, hatte ich das Gefühl, dass die Dementoren dieses Mal mit aller Macht ihre Wirkung auf mich einprügelten. Der schwache Hoffnungsschimmer, Jana könne sich einfach nur verzählt haben, war nichts im Vergleich zu der Furcht, dass James und Lily vielleicht wirklich tot sein könnten. Kapitel 5: Flucht aus Askaban ----------------------------- Protagonist: Sirius Black *** Jana war wieder krank geworden. Die Tatsache, dass James und Lily nicht aufgewacht waren, als sie in Godrics Hollow war, hatte sie sehr mitgenommen. Jetzt war sie am Boden zerstört und kam sich unnütz vor. Und natürlich trug ihr Zustand auch noch enorm zu dieser Annahme bei. Etwas mehr als zwei Monate waren seitdem jetzt vergangen und ich hätte es nicht mehr für möglich gehalten, doch sah sie nun noch schlechter aus als vorher. Teilweise vergingen Wochen, eh sie sich wieder meldete, weil sie zwischendurch zu geschwächt war, um auch nur den Spiegel zu halten. Ich vermutete, dass Corbie und Kirbie ihr Bestes taten, um Jana am Leben zu halten. Anders konnte ich mir das nicht erklären. Aber die beiden Hauselfen waren ja auch schon alt und wahrscheinlich selbst zu zweit heillos überfordert mit der Situation. Janas Anblick war mittlerweile die reinste Qual. Sie war leichenblass, abgemagert, hatte blutunterlaufene Augen und tiefe und dunkle Augenringe und diese Beschreibung allein reichte noch nicht einmal aus, um sich ihren Zustand vorstellen zu können. Davon, jedenfalls, dass sie noch einmal nachlas, ob sie sich vielleicht nur verzählt haben könnte, konnte keine Rede sein. Dazu fehlte ihr die Kraft. Eines Abends wollte ich mich gerade mit ihr unterhalten, als ich Schritte hörte, die sich in die Richtung meiner Zelle bewegten. Das klang nach einem Besuch des Ministeriums. „Ich meld‘ mich später wieder“, teilte ich Jana mit und verschwand hastig aus ihrem Spiegel, ohne eine Antwort abzuwarten. Tatsächlich betrat nur wenig später ein Beamter des Ministeriums meine Zelle, der sich als der aktuelle Zaubereiminister, Mister Fudge, vorstellte. Er zeigte sich überrascht, dass ich ihm so scheinbar normal begegnete. Ich zuckte mit den Schultern. „Wenn Sie das sagen“, antwortete ich nur. Ich wusste nicht, was ich sonst darauf hätte sagen sollen. „Ich nehme an, Sie hatten in den letzten Jahren viel Zeit, über das nachzudenken, was Sie damals getan haben?“, fragte mich der Minister. „Das kann man wohl so sagen“, erwiderte ich etwas grimmig, aber ich ging nicht näher darauf ein. Das Gespräch zog sich eine Weile hin. Im Grunde unterhielten wir uns über vieles, aber wirklich in die Tiefe gingen wir nicht und ich verspürte auch keinen Drang, dem Minister mehr über mich preiszugeben. Als der Minister sich schließlich zum Gehen abwandte, hielt ich ihn noch zurück. „Haben sie vielleicht ihre Zeitung schon ausgelesen?“, wollte ich wissen. „Ich würde gerne das Kreuzworträtsel lösen.“ Er wirkte unglaublich erschrocken, dass ich ihn danach fragte. „Nun …“, stammelte er, „ja, Sie können sie haben.“ Er legte mir die Zeitung auf den Rand meiner Pritsche, so als wolle er nicht, dass ich ihn versehentlich berührte. Dann langte er noch in seine Umhangtasche und zog eine alte Feder und Tinte heraus, die er auf die Zeitung legte. „Ich danke Ihnen“, sagte ich. Der Minister nickte nur knapp und wandte sich nun endgültig zum Gehen um. Nachdem er wieder verschwunden war, nahm ich mir die Zeitung in die Hand und betrachtete das Titelblatt. Dort war eine Familie abgebildet, die ihren Urlaub in Ägypten verbrachte. BEAMTER DES ZAUBEREIMINISTERIUMS GEWINNT GROSSEN PREIS, hieß es unter dem Bild. Arthur Weasley, Chef der Abteilung gegen den Missbrauch von Muggelartefakten im Zaubereiministerium, hat den jährlich vergebenen Großen Goldpreis des Tagespropheten gewonnen. … Die Weasleys! Ich wusste nicht viel über sie. Ich konnte mich erinnern, dass meine eigene Familie sich früher viel über die Weasleys lustig gemacht hatte. Eine Bande von Blutsverrätern, wären sie. Von James‘ Vater hatte ich hingegen immer mal gehört, dass sie im Grunde sehr nett seien. Ich betrachtete mir das Foto genauer. Sie waren eine ziemlich große Familie. Sechs Söhne und eine Tochter. Doch mein Blick fiel auf etwas Anderes auf diesem Foto. Einer der Jungen, er stand genau in der Mitte des Bildes, hatte eine Ratte auf seiner Schulter sitzen. Offensichtlich war es seine Hausratte. Das Problem war nur, dass diese Ratte keine Ratte war. Das war Peter! Definitiv! Ich würde ihn sofort und immer und überall wiedererkennen. Es bestand überhaupt kein Zweifel! Der machte sich offensichtlich eine schöne Zeit in Ägypten, während ich hier drinnen festsaß! Noch einmal wandte ich meinen Blick dem Text unterhalb des Fotos zu: Die Familie Weasley wird einen Monat in Ägypten verbringen und zu Beginn des neuen Schuljahres in Hogwarts, das gegenwärtig fünf ihrer Kinder besuchen, zurückkehren. Fünf der Kinder gingen also nach Hogwarts. Die beiden ältesten Jungs zu erkennen war nicht schwer. Sie sahen nicht mehr so aus, als würden sie noch zur Schule gehen. Aber der Junge, mit Peter auf der Schulter war definitiv noch nicht aus der Schule raus. Ich konnte nur schätzen. Wie alt mochte der Junge sein? 13 oder 14? Auf keinen Fall älter! Damit wäre er ungefähr in Harrys Alter, oder? Ich rechnete angestrengt nach und ja, Harry müsste jetzt tatsächlich bald 13 Jahre alt werden. Vermutlich war er in Gryffindor, wie James und Lily damals. Jedenfalls bestand daran für mich gar kein Zweifel. Und dieser Weasley-Junge hier? Vermutlich war er auch ein Gryffindor. Ich meinte mich zu erinnern, dass die die meisten Weasleys Gryffindors gewesen waren. Also kannten sich dieser Junge und Harry wahrscheinlich. Womöglich waren sie sogar in einer Klasse. Vielleicht sogar miteinander befreundet. Und Peter war die Hausratte dieses Jungen! Es war gut möglich, dass er mit Harry in einem Schlafsaal schlief! Das war einfach nicht zum Aushalten! Da war also Peter auf dem Titelbild des Tagespropheten und niemand würde etwas unternehmen! Niemand würde ihn so erkennen! Nicht mal der Junge, zu dem er gehörte, würde irgendeinen Verdacht schöpfen! Und Harry war vollkommen ahnungslos! Wenn nun Voldemort zurückkehrte… Nun er war ja immerhin verschwunden und Peter würde sicher nichts für Voldemort tun, solange dieser sich nicht blicken ließ. Aber Jana hatte damals erzählt, dass Voldemort eben nur verschwunden sei und es vollkommen unklar wäre, ob er noch lebe oder nicht. Sie hatte erzählt, es gäbe sehr wohl Vermutungen, dass er nur entkräftet worden war, aber noch irgendwo da draußen sein musste. Wenn er nun zurückkehrte und Peter sich womöglich sicher genug fühlte – Harry hätte keine Chance. Er würde es noch nicht einmal kommen sehen! Ich musste es Jana erzählen! Zur Abwechslung hatte sie tatsächlich mal eine Chance etwas zu tun. Sie konnte Dumbledore warnen und sie musste dabei noch nicht einmal verraten, dass sie die Geschichte von mir hatte. Sie könnte behaupten, James hätte ihr das alles mal erzählt und sie hätte uns auch schon so gesehen. „Jana!“, klopfte ich aufgeregt. „Jana, bitte antworte.“ Ihr Gesicht erschien im Spiegel. Sie stand in ihrer Küche und hatte ihren Spiegel neben sich gelegt und schien nebenbei etwas Anderes zu machen. Ich stutzte ein wenig. „Ja?“, wollte sie wissen. „Warum bist du nicht in deinem Bett?“, fragte ich sie. „Ich will mir nur fix ein paar Sandwiches machen.“ „Was ist mit Corbie und Kirbie?“ „Die waren heute Mittag schon da.“ „Hmpf…“ Sie sah nicht gut dabei aus. Sie schien sehr lange dafür zu brauchen. Da der Spiegel neben ihr lag, konnte ich nicht viel erkennen, aber sie war sehr zerstreut und unkonzentriert und hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. „Du solltest eine Pause machen“, riet ich ihr. „Wenigstens solltest du dich kurz hinsetzen.“ „Ich mach mir doch nur Sandwiches“, wiedersprach sie mit ein paar schwachen Gesten. „Und anscheinend ist selbst das schon anstrengend genug für dich.“ „Es geht schon.“ „Wenn du das sagst. … Ich wollte dir eigentlich etwas erzählen.“ „Was denn?“ Aufgeregt erzählte ich ihr von dem Besuch gerade eben und davon, dass Fudge mir seine Zeitung gegeben hatte und ich Peter auf dem Titelblatt entdeckt hatte. „Was macht dich so sicher, dass er es ist?“, wollte Jana wissen, aber auch sie wirkte etwas nervös bei dem Gedanken. „Ich hab‘ ihn schon so oft dabei gesehen, wie er sich verwandelt“, versicherte ich ihr. „Ich bin mir definitiv sicher, dass er es ist! … Du kannst etwas tun, hörst du. Du musst Dumbledore warnen. Ich kann dir auch alles erklären, was du ihm sagen kannst und –“ Ich brach ab, als ich sah, wie sie sich plötzlich verkrampfte. Ich hatte lange keinen Anfall mehr beobachtet. Den Anblick hatte sie mir die letzten Jahre immer erspart. Jetzt griff sie noch nach einem kleinen Fläschchen, von dem ich hoffte, dass es ihr Heiltrank wäre. „Jana!“, rief ich noch, doch sie antwortete nicht. Sie sackte in sich zusammen, bevor ich sah, dass sie ihren Trank hätte nehmen können und sie stand nicht wieder auf. Ich saß wie versteinert auf meiner Pritsche und starrte durch den Spiegel gegen ihre Decke, bis das Bild verblasste, weil sie aus dem Spiegel verschwunden war. Es war, als würde ich in ein tiefes Loch fallen. Und ich erwartete jeden Moment, mit voller Wucht auf dem Boden einzuschlagen, doch der kam einfach nicht. Ich stand völlig neben mir. Womöglich hätte ich nicht so aufgeregt mit ihr reden sollen. Ich hätte mir ja denken können, dass sich meine Aufregung auf sie übertragen könnte und sie dadurch einen Anfall bekam. „Jana!“, klopfte ich verzweifelt, in der Hoffnung, dass sie wieder zu sich kam und mich hörte. „Jana!“ Aber sie erschien nicht wieder im Spiegel und es hatte auch keinen Zweck nach ihr zu rufen. Was, wenn sie nun wirklich tot war? Ausgerechnet jetzt, nachdem sie so lange durchgehalten hatte! Aber jetzt war sie zusammengebrochen! Vermutlich würde sie es dieses Mal vielleicht nicht überstehen und ich könnte nichts mehr für sie tun. Aber ich musste etwas tun! Sofort! Ich musste zu Jana und ihr helfen und ich musste Peter schnappen, bevor Voldemort vielleicht auf die Idee kommen könnte zurückzukehren. Aber wie? Was sollte ich tun? Ich saß hier fest! Völlig außer mir, lief ich in meiner Zelle auf und ab. Ich raufte mir die Haare und versuchte mir angestrengt einen Plan zu überlegen, wie ich hier rauskam. Aber mir wollte nichts einfallen. Den ganzen Abend über, zerbrach ich mir den Kopf, doch ich kam zu keinem Ergebnis. Irgendwann fiel ich dann in einen unruhigen Schlaf. Als ich am nächsten Morgen wieder aufwachte, wirkte meine Perspektive irgendwie anders. Irgendwie schien es, als wäre die Zelle jetzt größer geworden. Es verwirrte mich einen Moment, doch dann merkte ich, dass ich mich im Schlaf offenbar in meine Animagusgestalt verwandelt hatte. Ich nahm meine Zelle also aus der Perspektive eines Hundes wahr. Und noch etwas kam hinzu: der Einfluss der Dementoren war schwächer geworden. Sie waren noch da. Ich konnte sie sehen und ich spürte sie auch noch, wenn auch nicht mehr so stark. Sie hingegen schienen sich keine Gedanken darüber zu machen, dass ich plötzlich ein Hund war. Sie schwebten an meiner Zelle vorbei, als wenn nichts wäre. Und ich begriff. Tierische Gefühle waren wohl schwerer für sie zu erfassen. Dass sie blind waren, hatte ich ja schon länger festgestellt. Anderenfalls hätten sie wohl mitkriegen müssen, dass ich über Jahre hinweg zu Jana Kontakt hatte. Aber anscheinend hatten sie jedenfalls auch weniger Einfluss auf Tiere. Das war die Lösung! Das musste es einfach sein! Wenn sie mich in dieser Gestalt nicht spüren konnten, könnte ich vielleicht auch unbemerkt an ihnen vorbei schlüpfen! Ich wartete also darauf, dass sie mir mein Essen vorbeibrachten. Dafür mussten sie mir ja schließlich die Tür öffnen. Ich setzte mich genau vor die Zelltür. Ich würde die Gelegenheit nicht verpassen! Und tatsächlich! Das war noch einfacher als erwartet. Offenbar spürten sie, dass ich nicht in meiner Zelle war, aber sie schienen mich nicht erfassen zu können und ich nutzte diese Verwirrung aus. Ich war schneller draußen als gedacht, sprang in das kalte Wasser und schwamm zum Festland. Es war nicht so weit. Tatsächlich war es wirklich einfach, das kurze Stück von Askaban zum Festland zu schwimmen. Aber normalerweise wirkten die Dementoren offenbar genug auf ihre Gefangenen ein, um sie an einem Ausbruch zu hindern. Schließlich kam ich an Land und ich versteckte mich in einem dichten Gebüsch, wo ich mich wieder in einen Menschen verwandelte. Wie lange würden sie wohl brauchen, um das Ministerium über meine Flucht zu informieren? Jedenfalls durfte ich keine Zeit verlieren. Wenn ich mich hier erwischen ließ, dann wäre ich schneller wieder drinnen, bevor ich irgendjemandem hätte helfen können. Ich konzentrierte mich und versuchte mich daran zu erinnern, wie Jana mir ihr Haus beschrieben hatte. Ich konnte mich erinnern, dass sie mir mal beiläufig ihre Adresse genannt hatte. Magnolienring 2, Little Whinging, Surrey. Und sie hatte mir auch ihr Haus beschrieben, aber ich konnte mich nicht mehr so genau daran erinnern. Aber ihr Schlafzimmer! Sie war so oft in ihrem Schlafzimmer gewesen, natürlich, dass ich es oft gesehen hatte, wenn wir uns über den Spiegel miteinander unterhalten hatten. Auch, wenn meine Sicht vielleicht etwas eingeschränkt gewesen sein mochte, aber meine Erinnerung würde ausreichen, um dorthin zu apparieren. Ich konzentrierte mich und nur einen Augenblick später fand ich mich in einem kleinen Schlafzimmer wieder. Es war kleiner, als ich dachte und ich hoffte, dass ich im richtigen Haus gelandet war. Ich wollte mir lieber nicht vorstellen, was passieren würde, wenn ich ein Muggelhaus erwischt hatte. „Jana?“, rief ich und ging hinaus auf den Flur. Das Schlafzimmer befand sich im Obergeschoss. Die Küche war vermutlich eher unten, also stürmte ich die Treppen hinunter. Es gab hier nicht viele Türen, aber die Tür zur Küche stand offen. Ich fand sie leblos am Boden liegen. Neben ihr lag das Fläschchen mit ihrem Trank gegen solche Anfälle. Es war leer und offenbar aber auch nicht ausgelaufen. Also hatte sie es vielleicht doch noch geschafft, den Trank zu nehmen, bevor sie ohnmächtig geworden war. Und doch schien es, als wäre ich bereits zu spät. Sie war kreidebleich und sie rührte sich nicht. Zitternd sank ich neben ihr auf die Knie und nahm sie in den Arm. Sie reagierte nicht und ich sah sie nur entsetzt an. James würde mich köpfen! Jana hatte so lange durchgehalten und jetzt lag sie hier reglos in meinen Armen! Sie war so abgemagert, dass ich das Gefühl hatte, sie könnte mir in meinen Armen zerbrechen. Aber Leichen fühlten sich normalerweise auch kalt an, überlegte ich mir schließlich. Janas Körper dagegen fühlte sich immer noch an, als hätte sie entsetzlich hohes Fieber. Und tatsächlich konnte ich noch ganz schwach ihren Puls und ihren Herzschlag ertasten. Sie war also nicht tot! Ich konnte mein Glück kaum fassen und ich hob sie vom Boden auf und brachte sie nach oben, in ihr Schlafzimmer, wo ich sie sanft in ihr Bett legte. In ihrem Nachttischschränkchen fand ich noch mehr von ihrer Medizin und verabreichte ihr etwas davon. Sie ließ ein kurzes, leises Hüsteln hören, aber sie beruhigte sich schnell wieder und schlief dann weiter. Die ganze Zeit fühlte ich dabei ihren Herzschlag, nur um mir absolut sicher zu sein, dass es nicht irgendwann einfach aussetzte. Schließlich begab ich mich auf die Suche nach ihrem Badezimmer, um mir etwas Kaltes gegen ihr Fieber zu organisieren. Ihr Haus war wirklich übersichtlich. Es war nicht schwer zu finden. Nachdem ich sie versorgt hatte, verschwand ich allerdings selber erst einmal im Badezimmer. Es war noch nicht mal so lange her, dass ich Jana noch vorgeworfen hatte, sie sähe zum Fürchten aus, aber ich selber war kaum besser, mit meinen fettigen, filzigen und knielangen Haaren, meinem ausgemergelten Gesicht und meiner wächsernen Haut. Ich musste zugeben, dass mein Aussehen, wohl gut mit ihrem Zustand mithalten konnte, aber wenigstens konnte ich das Problem wohl, mit etwas Hygiene, leichter beheben, als sie – wenigstens zum Teil. Als ich im Bad fertig war, hatte ich mir zumindest die Haare gestutzt, mich vernünftig geduscht und mir meine Zähne mit einem Wink ihres Zauberstabs, der auf ihrem Nachttisch gelegen hatte, wieder in Ordnung gebracht. Auch meinen dreckigen Umhang hatte ich mit Hilfe ihres Zauberstabs wieder gereinigt. Ich legte ihr den Zauberstab wieder auf den Nachttisch zurück und machte mir dann die Sandwiches fertig, die Jana gestern angefangen hatte. Es war alles ein wenig ausgetrocknet, aber noch nicht verdorben und besser als der Fraß in Askaban war es alle Male! Ich machte noch Tee und begab mich dann wieder zu Jana nach oben. Sie schlief immer noch und ich musste mich noch einmal vergewissern, dass sie in der Zwischenzeit nicht gestorben war. Aber ihr Herz schlug noch und ich ließ mich erleichtert neben ihr auf das Bett sinken. Kapitel 6: Bei Jana ------------------- Protagonist: Sirius Black *** Jana schlief einige Tage durch und ich musste mich etwa alle ein oder zwei Stunden erneut vergewissern, dass sie noch lebte. Ihr Fieber war etwas gesunken. Das war wohl ein gutes Zeichen, hoffte ich, aber es änderte nichts an ihrem Anblick, der dem einer Leiche glich. Corbie tauchte am Morgen, nachdem ich angekommen war, auf. Sie war überrascht, mich zu sehen, schien sich aber darüber zu freuen. Ich nahm an, dass Jana ihr und Kirbie die Geschichte erzählt hatte und hinterfragte es nicht weiter. „Mr Sirius kann sich gar nicht vorstellen, wie verzweifelt Kirbie und Corbie waren!“, quiekte sie. „Wenn wir doch nur mehr für Miss Jana hätten tun können! Aber Miss Jana wollte nicht, dass Corbie oder Kirbie Hilfe holten. Sie wollte keine Aufmerksamkeit erregen.“ Eigentlich hatte James‘ und Janas Mutter früher sehr viel Wert daraufgelegt, dass die beiden Hauselfen auch ruhig ihre eigenen Meinungen äußern durften. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass Jana sich darüber beschwert hätte, wenn sie ihr widersprochen hätten. Aber offensichtlich waren sie Jana, als eine der letzten Familienangehörigen, ganz ergeben gewesen und hatten es einfach nicht gewagt, ihr zu widersprechen. „Mach dir keine Vorwürfe, Corbie“, entgegnete ich. „Es ist nicht eure Schuld.“ „Mr Sirius ist zu gütig!“, antwortete Corbie etwas peinlich verlegen. Ich ließ mir erzählen, welchen Aufgaben sie und Kirbie sonst noch so nachgegangen waren und irgendwie war ich auch ein wenig beeindruckt. Jana hatte davon geträumt, dass wir später alle zusammen in Hardwins Place einzogen und somit hatten Corbie und Kirbie sich hauptsächlich um das Haus gekümmert, was Jana mir ja auch schon erzählt hatte. Außerdem hatte sie aber offenbar das alte Unternehmen ihres Vaters zurückgekauft, als es weniger Umsatz zu machen schien und indem sie sich von Corbie und Kirbie in allem vertreten lassen hatte, hatte sie sogar dafür gesorgt, dass sie selber nicht anwesend zu sein brauchte. Corbie berichtete, dass das Unternehmen nun wieder gut liefe und Jana somit tatsächlich ein recht gutes Einkommen besaß, welches sie fleißig in Gringotts einlagern ließ, um James das Vermögen zu ersetzen, das nun Harry geerbt hatte. Ich musste grinsen, als ich mir vorstellte, wie James wohl auf die Nachricht reagieren würde, dass sein gesamtes Vermögen vererbt worden war und er nun darauf angewiesen war Spenden anzunehmen. Das würde ihm gar nicht gefallen. Aber natürlich mussten er und Lily ja auch erst noch wieder aufwachen. In dem Moment fiel mir wieder ein, dass Jana ja noch nicht wieder nachgelesen hatte, ob sie sich vertan haben könnte und ich suchte ihr Haus nach ihrem Buch ab. Ich fand es unten, in ihrem Wohnzimmer. Sie hatte die Mondtabelle und ein paar Notizen direkt zwischen die Seiten gelegt, sodass ich die richtige Stelle auch gleich fand. Ich warf einen Blick auf die Mondtabelle und mir fiel der Fehler gleich auf. Ich meinte mich zu erinnern, dass Jana von der Nacht vom 5. Mai auf den 6. Mai ausgegangen war. Und dieses Prinzip stimmte auch mit allen Daten überein, die sie sich in ihre Notizen übernommen hatte. Tatsächlich, aber hatte sie sich um eine Nacht vertan. Sie hatte nur diese Tabelle hier falsch interpretiert! Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich sie wohl besser beruhigen können, damals. Corbie kam mir neugierig ins Wohnzimmer hinterher und wollte wissen, was ich hier tat. Offenbar hatte Jana es bisher nicht geschafft ihr und Kirbie zu erzählen, was in der Nacht vor fast drei Monaten passiert war. Ich erzählte Corbie die Geschichte und sie war bestürzt. „Die arme Miss Jana!“, rief sie. „Sie vermisst Mr James so sehr und hat sich immer so viel Druck ausgesetzt, um ihn und Mrs Lily aufzuwecken und dann so etwas!“ Tatsächlich musste Jana bei all dem Druck, den sie sich selber aufgeladen hatte einfach davon ausgegangen sein, dass es alles eine Nacht früher wäre. Wahrscheinlich hatte sie diese Annahme auch nie in Frage gestellt. So wäre es natürlich egal gewesen, welche ihrer Gelegenheiten sie wahrgenommen hätte, es hätte nie funktioniert! Eigentlich wäre es ärgerlich gewesen, aber dennoch war ich eher erleichtert, als verärgert. Das hieß, dass noch immer Hoffnung bestand, dass James und Lily noch lebten und wieder aufwachen würden. Ich sah noch einmal in der Tabelle nach und zählte mir die nächste Gelegenheit ab, um die beiden aufzuwecken. Und dieses Mal würde es funktionieren! Ich würde da sein und sie aufwecken und Jana brauchte sich so keinem Druck mehr aussetzen, um nicht krank zu werden. Endlich würde es also vorangehen, dachte ich mir und ich konnte es kaum abwarten, Jana davon zu erzählen. In der Zwischenzeit hörte ich Corbie weiter zu. Sie wackelte durch das Haus, räumte etwas in der Küche auf, überprüfte die Vorräte, dass auch noch genügend zu Essen da war und erzählte mir nebenbei von Harry. Jana hatte sie und Kirbie offenbar auch darum gebeten, ein Auge auf Harry mit zu haben. Sie hatten sich ihm gegenüber zwar nie zu erkennen gegeben, aber immerhin hatte Jana es dank Corbie und Kirbie geschafft, an jeden von Harrys Geburtstagen zu denken und ihm Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke zukommen zu lassen. So sehr Jana es auch immer bedauert hatte, dass sie sich nie selber um Harry kümmern konnte, aber man konnte ihr wenigstens nicht vorwerfen, sie hätte sich nicht für ihn interessiert! Ich freute mich darüber, zu hören, dass Harry Quidditch spielte und offenbar ein talentierter Sucher war. James würde stolz auf ihn sein, wenn er wieder aufwachte. Ich hörte Corbie noch eine Weile zu, wie sie erzählte, dann reiste sie wieder ab und ich ging wieder zu Jana nach oben, die immer noch schlief. Erneut vergewisserte ich mich, dass sie in meiner Abwesenheit nicht einfach gestorben war. Erst dann ließ ich mich beruhigt neben ihr auf dem Bett nieder und vertrieb mir etwas die Zeit, indem ich ein Buch las, das ich unten in ihrem Regal gefunden hatte. Solange Jana schlief, verbrachte ich meine Zeit hauptsächlich damit zu lesen. Früher hatte ich wenig gelesen, aber jetzt war das so ziemlich der einzige Zeitvertreib, der mir blieb, wenn ich Jana nicht zu oft alleine lassen wollte. Zu groß war die Sorge, ihr könne in meiner Abwesenheit einfach das Herz stehen bleiben. Ich verließ ihr Zimmer nur, um mir etwas zu Essen aus der Küche zu holen oder um ins Bad zu gehen. Nach ein paar Tagen kam sie dann aber endlich wieder zu sich. Ich war gerade unten in der Küche, um mir ein paar Sandwiches zu belegen und bekam daher nicht mit, wie sie sich vermutlich mühsam in ihrem Bett aufrichtete. Als ich das Zimmer wieder betrat, sah sie sich gerade etwas verwirrt um. So in etwa – wenn man einmal die Umgebung außer Acht ließ – musste es wohl aussehen, wenn ein Zombie sich aus seinem Grab erhob! „Du bist wach!“, grüßte ich sie erleichtert und stellte den Teller mit Sandwiches auf ihrem Nachttisch ab. „Aber du hättest besser liegen bleiben sollen!“ Sie starrte mich irritiert an und schien einen Moment zu brauchen, um zu begreifen, wen sie vor sich hatte. „Sirius!“, sagte sie. „Bist du frei?“ „Ich bin ausgebrochen“, antwortete ich, während ich sie sanft wieder zurück in ihre Kissen drückte. „Aber so bekommst du doch Ärger!“ „Solange ich mich nicht erwischen lasse, ist alles gut. Außerdem solltest du dir Gedanken über deine eigene Gesundheit machen und nicht um mich. Ich hab‘ schon Leichen gesehen, mit mehr Farbe im Gesicht als du!“ Sie blickte etwas betreten an mir vorbei. Ich warf einen Blick auf den Teller mit Sandwiches, die ich mir gemacht hatte. Jetzt, da Jana wach war, würden sie nicht reichen. Sie war so abgemagert, sie brauchte definitiv eine ordentlichere Mahlzeit als das. „Bleib kurz liegen“, bat ich sie. „Ich hol dir nur was Anständiges zu Essen.“ Sie antwortete mir mit einem kurzen Nicken und ich verschwand erneut runter in die Küche. Ein paar Minuten später kehrte ich mit einem Tablett zu ihr zurück, voll beladen mit Sandwiches, Obst, Gemüse und Tee. Ich half ihr dabei die Kissen so aufzurichten, dass sie sich im Sitzen dagegen lehnen konnte, während sie aß. Füttern brauchte ich sie nicht, dafür reichte ihre Kraft noch aus. Trotzdem schaffte sie gerademal ein Sandwich und einen halben Apfel. „Du kannst doch nicht bloß so wenig essen!“, teilte ich ihr mit. „Aber ich schaff nicht mehr“, widersprach sie und guckte mich dabei etwas reumütig an. Ich starrte entsetzt zurück. So ausgehungert, wie sie war hätte sie doch den Inhalt des Tabletts geradezu in sich reinschlingen müssen! „Du musst wieder zu Kräften kommen. Wo willst du denn deine Energie hernehmen, wenn du nicht ausreichend isst?“ „Ich schaff wirklich nicht mehr.“ … „Dann … dann versuch wenigstens noch den Apfel aufzuessen und iss den Rest halt später. … Und trink was!“ „OK.“ Sie zwängte noch den Rest des Apfels in sich rein und trank eine Tasse Tee, der mittlerweile kalt war. Ich stellte das Tablett bei Seite, während sie sich wieder richtig hinlegte. Dann erzählte ich ihr von meiner Flucht aus Askaban und zeigte ihr auch den Zeitungsartikel, den Fudge mir gegeben hatte. Jetzt, da sie den Zeitungsartikel sah, war sie nur umso geschockter, als sie es bei ihrem Zusammenbruch schon gewesen war. Von dem Weasley-Jungen, zu dem Peter offenbar gehörte, hatten ihr Corbie und Kirbie erzählt. Er hieß Ron und war Harrys bester Freund. Also hatte ich mit meiner Vermutung völlig richtiggelegen! Damit war Peter also perfekt positioniert, um Harry etwas anzutun, sobald ihm zu Ohren kommen sollte, dass Voldemort wieder zu Kräften kam. „Kannst du nicht verhindern, dass Peter wieder nach Hogwarts zurückkehrt?“, wollte Jana wissen. „Na jetzt ist er sowieso noch in Ägypten“, antwortete ich. „Außerdem müsste ich dafür wissen, wo die Weasleys genau wohnen, um Peter noch abzufangen. Dann aber würde es für mich schwierig werden, selber wieder zu entkommen. Das Einfachste wird tatsächlich sein, nach Hogwarts zu gehen und ihn dort zu schnappen.“ „Aber in Hogwarts sind doch noch mehr Leute, an denen du dich unbemerkt vorbei schleichen musst!“ „Aber in Hogwarts kenne ich mich besser aus. Ich kenne genügend Geheimgänge und Abkürzungen, die sonst keiner kennt und es gibt genügend Verstecke, wo ich mich unbemerkt aufhalten könnte.“ „Aber was ist, wenn sie dich doch erwischen und dich wieder nach Askaban bringen?“ „Mach dir um mich keine Gedanken.“ Ich streichelte ihr beruhigend über die Wange, aber tatsächlich hatte sie einen kritischen Punkt angesprochen. Ich musste mir absolut sicher sein, dass man mich nicht erwischen würde, denn Jana war nun von mir abhängig. Sie nochmal für längere Zeit alleine zulassen, kam nicht in Frage. Es war schon ein Wunder genug, dass sie es bis hierhin ausgehalten hatte und ich sollte das Schicksal lieber nicht zu sehr herausfordern. Darüber hatte ich mir allerdings bisher noch keine Gedanken gemacht. Ich hatte tatsächlich nicht berücksichtigt, dass ich sie ja schlecht mit mir nach Hogwarts nehmen konnte. Sie war schwach und ich könnte mit ihr nicht apparieren. Außerdem war sie kein Animagus und konnte sich nicht, wie ich, unbemerkt auf das Gelände schleichen. Ich wusste auch noch nicht, was das Ministerium unternehmen würde, um die Schule zu bewachen. Würden sie überhaupt ahnen, wo ich hinwollte? Wahrscheinlich schon, denn wäre ich ein Todesser, wie sie befürchteten, könnte ich ja theoretisch Harry etwas antun wollen. Ja, das Ministerium würde diese Möglichkeit wohl sicher in Betracht ziehen, um mich zu fassen. Daher würden sie das Gelände wohl zu allen Seiten hin absichern. Und selbst wenn ich Jana unbemerkt auf das Gelände schmuggeln könnte; wo wollte ich mich mit ihr verstecken? Ginge es nur um mich, fielen mir genügend Verstecke ein, aber mit ihr gemeinsam war das schon schwieriger. Ich müsste ja schließlich sicherstellen, dass ich in diesem Versteck auch die Möglichkeit hätte, sie zu versorgen, falls sie krank werden würde. Und es müsste sicher genug sein, dass sie ebenfalls nicht erwischt werden könnte, denn das letzte, was ich wollte, war, dass sie nach Askaban gebracht würde, nur meinetwegen. Ich hatte mir also noch einiges auszudenken, bevor das Schuljahr wieder losging. Nicht zuletzt musste ich dafür sorgen, dass Jana wieder zu Kräften kam und aktuell schaffte sie ja noch nicht mal mehr als ein Sandwich und einen Apfel pro Mahlzeit und das, obwohl sie absolut unterernährt war! Sie mit nach Hogwarts zu nehmen würde also auch kaum in Frage kommen. Also musste ich mir wohl eine kreative Lösung überlegen. Jana war in der Zwischenzeit wieder eingeschlafen und jetzt, da sie wenigstens ein bisschen was gegessen hatte und einen recht stabilen Eindruck machte, konnte ich es mir vielleicht erlauben, sie ein paar Minuten länger alleine zu lassen. Also legte ich ihr einen Zettel auf den Nachttisch, für den Fall, dass sie aufwachte und erkundete noch ein wenig ihr Haus. Bei einem Blick aus dem Fenster sah ich Harry, wie dieser gerade eilig den Gehweg entlanglief, sein ganzes Gepäck im Schlepptau und seinen Zauberstab offen in der Hand. Schließlich blieb er direkt vor dem Haus stehen und ließ sich auf die kleine Mauer vor Janas Haus sinken, wo er eine Weile einfach nur saß. Ich konnte kaum widerstehen. Ich stahl mich leise durch die Terrassentür nach draußen und verwandelte mich in einen Hund. Ich versteckte mich im schmalen Durchgang zwischen ihrer Hauswand und dem Zaun. Von hier aus konnte ich ihn gut einfach nur beobachten. Er war groß geworden. Ich hatte ihn so lange nicht gesehen, dass es mich fast umhauen konnte, wie er gewachsen war. Und trotzdem wusste ich genau, dass er es war, denn die Ähnlichkeit zu James war einfach verblüffend. Jana hatte mir außerdem von seinen Augen erzählt, die wohl eher nach Lily kamen. Doch die konnte ich in der Dunkelheit natürlich nicht erkennen, selbst, wenn er sich umgedreht hätte. Tatsächlich fragte ich mich, was wohl passiert sein mochte. Er saß hier, mitten in der Nacht, mutterseelenallein auf einer Mauer. Er hatte seinen Koffer für Hogwarts dabei und seinen Zauberstab umklammert. Hatte er sich vielleicht verabredet und wartete darauf, jeden Augenblick von jemandem abgeholt zu werden? Aber gegen diese Theorie sprach seine Unruhe. Offenbar musste er wohl eher mit seiner Tante und seinem Onkel in Streit geraten und von zu Hause weggelaufen sein. Jetzt aber, schien er sich zu überlegen, was er nun tun sollte. Schließlich öffnete er seinen Koffer und schien nach etwas zu suchen. Plötzlich jedoch richtete er sich auf und sah sich um. Er blickte einen Moment lang aufmerksam die Straße entlang, warf einen Blick auf alle Fenster der umliegenden Häuser und wandte sich schließlich wieder seinem Koffer zu. Doch es dauerte keine zwei Minuten, bis er sich wiederaufrichtete und sich umdrehte. Er starrte direkt in meine Richtung. Offensichtlich hatte er also bemerkt, dass ich ihn beobachtete. Aber in der Dunkelheit konnte er mich nicht erkennen. „Lumos“, hörte ich ihn murmeln und sah, wie er seinen nun hell erleuchteten Zauberstab in meine Richtung hielt, um besser sehen zu können. Einen kurzen Augenblick lang starrten wir uns an, dann wich er zurück und stolperte dabei über seinen Koffer. Er fiel rücklings auf die Straße und der Zauberstab flog ihm aus der Hand. Dann ertönte ein Knall und ich sah, wie der Fahrende Ritter angerollt kam. Harry schrie auf und rollte sich zurück auf den Gehweg, gerade noch rechtzeitig, um nicht von dem Bus überrollt zu werden. Ich war ziemlich erleichtert darüber. Ich wandte mich um und verschwand wieder ins Haus. Ich hatte nicht beabsichtigt, ihm so einen Schrecken einzujagen. Zurück im Haus, ließ ich das Licht ausgeschaltet und konnte vom Wohnzimmerfenster aus gerade noch beobachten, wie er dem Schaffner des Fahrenden Ritters etwas Geld in die Hand drückte und mit dessen Hilfe, seinen Koffer in den Bus hievte. Einige wenige Augenblicke später verschwand der Bus und mit ihm auch Harry. Fast bedauerte ich es etwas, ihn nicht ins Haus geholt zu haben. Ich hätte ihm die ganze Geschichte erklären können, hätte ihn vor Peter warnen können. Aber das wäre wahrscheinlich auch sowieso keine gute Idee gewesen. Natürlich konnte er sich nicht mehr an mich erinnern. Er war noch so klein gewesen, als wir uns das letzte Mal gesehen hatten und jetzt war ich jemand völlig Fremdes für ihn und er hätte keinen Grund, mir ohne Weiteres zu vertrauen. Es war auch gut möglich, dass er von mir gehört hatte und das, was er von mir hätte hören können, konnte unmöglich zu meinen Gunsten sein. Immerhin hatte ich jahrelang in Askaban gesessen und war nun flüchtig. Niemand aus dem Ministerium oder in Hogwarts war sich bewusst, dass Peter der eigentliche Schuldige war, geschweige denn, dass er noch lebte. Würde Harry mich also erkennen, wäre seine erste Reaktion wohl verständlicherweise eher abwehrend, wenn nicht gar hasserfüllt, sollte er bereits davon gehört haben, dass ich angeblich seine Eltern verraten hatte. Ich überlegte mir, dass es vielleicht sinnvoll sein konnte, einen Illusionszauber auf die Fenster des Hauses zu legen. Sollte das Ministerium auf die Idee kommen, die Muggelgesellschaft vor mir zu warnen, dann könnten sie mich so wenigstens nicht zufällig von außen durch die Fenster erspähen. Also holte ich mir Janas Zauberstab vom Nachttisch und belegte alle Fenster im Haus mit einem Zauber. Dann kehrte ich wieder zu ihr ins Zimmer zurück und ließ mich neben ihr nieder. Kapitel 7: Ungeplant -------------------- Protagonist: Sirius Black *** Die Tage vergingen und Jana wurde nur sehr langsam wieder gesund. Immerhin aß sie mit jeder Mahlzeit etwas mehr und sie hatte innerhalb von ein paar Tagen auch schon wieder ein bisschen was an Gewicht zugelegt. Aber ich war mir nicht ganz sicher, ob das nicht auch nur Wunschdenken sein konnte. Abgesehen davon war sie sehr anhänglich. Das war sie natürlich immer schon gewesen. Früher, als sie und James noch Kinder gewesen waren, war sie öfters zu ihm ins Bett geklettert, wenn sie sich nachts aufgewacht war und sich nicht gut gefühlt hatte. Auch später hatte sie sich allgemein immer etwas besser erholt, wenn jemand einfach nur bei ihr war und sie in den Arm nehmen konnte. Offensichtlich war diese Angewohnheit auch nach Jahren nicht verschwunden, in denen sie vollkommen auf sich allein gestellt gewesen war. Das war jedenfalls mehr oder weniger gut für mich – wahrscheinlich aber eher weniger. Ich mochte Jana und mir war schon seit Jahren irgendwie bewusst gewesen, dass ich sie vielleicht auch etwas zu sehr mochte. So lange schon hatte ich versucht, das nicht blicken zu lassen, denn ich war mir sicher, dass James das nicht gefallen würde. Früher, in Hogwarts, hatten wir öfters Meinungsverschiedenheiten gehabt, wenn es um ernsthafte Beziehungen ging. Damals hatte mir Jana noch nicht das gleiche bedeutet, wie sie mir jetzt und genau genommen, war ich ein ziemlicher Idiot gewesen, der nicht verstehen wollte, wie James sich nur so auf Lily versteifen konnte, während doch noch so viele andere Mädels nach Hogwarts gingen und ein offensichtliches Interesse an ihm hatten. Die Diskussionen darüber hatten wir irgendwann aufgegeben und uns nur noch im Stillen unseren Teil gedacht. Aber nachdem James schließlich doch mit Lily zusammengekommen war, hatte sein Glück irgendwie dazu beigetragen, dass sich meine Meinung wohl nach und nach geändert hatte. Darüber hatte ich nie mit ihm gesprochen. Ich hielt es für nicht wichtig. Also hatte er auch nie erfahren, dass ich irgendwann angefangen hatte, mich mehr um Jana zu sorgen, als vorher. Wenn er nun aufwachte und erfahren würde, dass ich mit seiner kleinen Schwester zusammen war, wie würde er wohl darauf reagieren? Unsere Beziehung zueinander war bisher zwar noch unausgesprochen und doch gab es für mich bereits kein Zurück mehr, denn ich hatte das größte Tabu gebrochen, das ich nur hatte brechen können. Das war im Grunde noch schlimmer, als die bloße Tatsache, dass ich mit Jana zusammen war. Aber vielleicht, wenn ich aufpasste, dass es nicht noch einmal vorkam, würde James es nie erfahren. Ich musste es ihm schließlich nicht direkt unter die Nase reiben. Jana jedenfalls schien sich keine Gedanken darüber zu machen und ich wollte sie auch nicht so direkt darauf ansprechen. Ich konzentrierte mich vor allem darauf, sie gesund zu pflegen. Es war wirklich mühselig, aber wenigstens kehrte nach ein paar Tagen ein gesunder Appetit zurück. Corbie und Kirbie tauchten abwechselnd alle zwei Tage auf, um aufzuräumen, die Vorräte zu überprüfen und aufzustocken und um die Wäsche zu waschen. Sie hatten mir außerdem neue Umhänge vorbeigebracht, sodass ich meinen alten jetzt entsorgen konnte. Mittlerweile war es auch Mitte August und ich begann mir Gedanken zu machen, was ich Jana zum Geburtstag schenken könnte. Die letzten Jahre hatte sie gar nicht gefeiert und wahrscheinlich würde sie noch nicht einmal selber daran denken, aber mir gefiel der Gedanke. Ich wusste noch von früher, dass Jana recht begabt war, wenn es darum ging magische Gegenstände selber herzustellen. In ihrem fünften Schuljahr hatte sie einmal ein Kissen so verzaubert, dass es die Träume des Besitzers speicherte und morgens noch einmal abspielen konnte. Allgemein war Zauberkunst immer ihr bestes Fach gewesen, dicht gefolgt von Verwandlungen. Ich bat also Corbie und Kirbie darum, nach etwas Ausschau zu halten, was man Jana in dieser Richtung schenken konnte. Das Gold dafür sollten sie sich einfach selbstständig aus meinem Verlies Nummer 711 besorgen. In der Zwischenzeit überlegte ich mir weiter, wie ich es wohl anstellen würde, nach Hogwarts zu gehen, um Peter zu erwischen und dabei gleichzeitig auch für Jana da sein zu können. Die Heulende Hütte fiel mir ein. Jedenfalls, würde ich mich dort sicher verstecken können und auch Jana könnte bei mir sein. Aber natürlich müsste ich sie dort erst einmal rein schmuggeln. Schließlich gelangte man nur vom Schulgelände aus in die Hütte und wenn das Schloss bewacht würde, dann könnte das schwierig werden. Und die Hütte war natürlich völlig demoliert. Immerhin hatte Remus früher einmal im Monat darin gehaust und er hatte nicht ein Möbelstück heile gelassen. Es kam mir schon etwas schäbig vor, Jana in ein Versteck mitzunehmen, dass derart verfallen war. Und wie sollte ich sie versorgen, wenn es ihr nicht gut gehen sollte? Nein, sie konnte nicht mit mir mitkommen. Mir fiel kein Versteck ein, wo sie sicher genug wäre und wo sie sich gleichzeitig auch gut erholen konnte. Sie musste also hierbleiben und ich brauchte einen Plan, wie ich zwischen ihrem Haus und Hogwarts pendeln könnte. Ich konnte nicht einfach auf das Schulgelände apparieren. Diverse Schutzzauber sorgten dafür, dass es völlig unmöglich war, auf dem Gelände zu apparieren oder zu disapparieren. Also müsste ich wohl nach einem sicheren Ort in Hogsmeade Ausschau halten, um zu apparieren. Von dort aus, könnte ich dann nach Hogwarts gelangen. Diese Methode war zwar etwas umständlicher, aber offenbar die einzige Möglichkeit, die mir blieb. Ich teilte Jana meinen Plan mit und sie schien nicht ganz glücklich zu sein, damit. „Du musst nicht meinetwegen immer hin und her pendeln“, sagte sie. „Wenn sie dich erwischen, dann schicken sie dich nur wieder zurück nach Askaban!“ „Und wenn ich dich hier zurücklasse, dann siehst du in zwei Wochen noch schrecklicher aus, als letztens“, widersprach ich ihr. „Ich kann dich hier nicht nochmal alleine lassen. Du bist ja jetzt noch nicht mal wieder richtig fit.“ „Aber, wenn du ständig hin und her apparierst, dann riskierst du doch, dass sie dich dabei sehen könnten.“ „Hör zu, ich verspreche dir, dass ich auf mich aufpassen werde. Ich werde nicht riskieren entdeckt zu werden, OK? Aber ich werde dich hier nicht einfach so zurücklassen.“ Sie nickte etwas zögerlich, doch sie schien immer noch besorgt zu sein. „Ich werd‘ mir ein sicheres Versteck suchen, wo ich apparieren kann, OK?“, fügte ich hinzu. „Wo sie mich nicht beobachten und fassen können. Bist du damit einverstanden?“ „OK“, antwortete sie. Damit ließen wir das Thema vorerst auf sich beruhen. Jetzt waren die Ferien sowieso noch nicht zu Ende und im Moment hatte ich auch noch genug damit zu tun, mich voll und ganz um ihre Gesundheit zu kümmern. Auch in den nächsten Tagen besserte sich ihr Zustand nur schleichend. Zwar aß sie mittlerweile genügend, aber ich hatte das Gefühl, dass sie manchmal auch etwas zu viel auf einmal aß. Jedenfalls war ihr gelegentlich etwas übel und manchmal musste sie sich auch tatsächlich übergeben. Das machte mir Sorgen, aber ich hoffte, es würde sich zeitnah legen. Am Abend vor ihrem Geburtstag, kamen Corbie und Kirbie wieder vorbei. Sie hatten eine Buchreihe auftreiben können: „1001 praktische Zaubereien im Alltag“. Ich blätterte ein paar Bände durch. Die Zauber waren wirklich gut beschrieben. Die Zauberstab-Bewegungen waren anschaulich anhand von Skizzen dargestellt. Es waren einige wirklich komplizierte aber nützliche Zauber dabei und ich wusste, Jana würde Spaß daran haben, die Zauber auszuprobieren. Kirbie stellte unterdessen den Kuchen in der Küche ab. Ich hatte nicht erwartet, dass sie einen Kuchen backen würde. Ich hatte sie sie nicht darum gebeten gehabt, aber ich war begeistert von ihrer Idee. Es war ein Himbeer-Kuchen und Jana liebte Kuchen mit Früchten. „Danke, Kirbie“, sagte ich. „Der ist großartig!“ „Kirbie hofft, dass er Miss Jana schmecken wird“, erwiderte sie mit einer Verbeugung. „Das denke ich doch“, versicherte ich ihr, während sie ihre weiteren Einkäufe auspackte und im Vorratsschrank verstaute. Die beiden Hauselfen blieben wie immer nicht sehr lange. Nachdem sie ihre Dinge erledigt hatten, verbeugten sie sich vor mir und verschwanden wieder. Ich ging wieder nach oben zu Jana, die gerade schlief und von alledem nichts mitbekommen hatte. Am nächsten Morgen schien es ihr tatsächlich etwas besser zu gehen. Jedenfalls hatte sie genügend Kraft, um alleine ins Badezimmer zu gehen. Ich wartete der Weile unten in der Küche auf sie, wo ich das Frühstück schon auf dem Tisch stehen hatte. Sie brauchte ziemlich lange und ich begann mir Sorgen zu machen, ob es ihr noch gut genug ging. Gerade wollte ich nach ihr sehen, als ich vorsichtige Schritte auf der Treppe hörte. Ich ging ihr entgegen. „Ist alles OK?“, wollte ich wissen. Sie nickte bloß und konzentrierte sich dann wieder darauf, nicht die Treppen hinunter zu stürzen. Ich hielt es nicht lange aus, ihr dabei zuzusehen und trug sie schließlich lieber die letzten Stufen hinunter und den Weg zur Küche. Hier setzte ich sie auf einem Stuhl ab. Sie war blass. Blasser als noch vor einer Dreiviertelstunde, als sie aufgewacht war. „Du hast dich übergeben müssen, oder?“, fragte ich, aber leugnen wäre zwecklos. Es war ihr auch die letzten Male immer anzusehen gewesen. Wieder nickte sie. „Und dabei hast du noch nicht mal etwas gegessen, heute!“, stellte ich grummelnd fest. Was sollte ich nur mit ihr anstellen? Das konnte doch nicht mehr normal sein! „Aber ich hab‘ Appetit!“, versicherte sie mir. Dann wanderte ihr Blick zu dem Kuchen, den Kirbie gestern vorbeigebracht hatte und sie errötete leicht. „Aber es wäre nicht nötig gewesen, dass… … Ich meine … Danke.“ Ein flüchtiges Grinsen huschte über mein Gesicht. Es sah etwas komisch aus, wenn sie errötete, so blass wie sie war. „Alles Gute zum Geburtstag jedenfalls“, antwortete ich. „Ich hoffe wirklich, dass du dich bald wieder erholst.“ „Danke“, erwiderte sie etwas verlegen. „Vielleicht ist das Geschenk nicht sonderlich kreativ, aber ich hoffe es gefällt dir trotzdem.“ Sie errötete noch mehr. „Du musst mir wirklich nichts schenken“, währte sie ab, als ich ihr die Buchreihe reichte. „Ich weiß“, sagte ich und grinste. „Aber ich tu’s trotzdem!“ Ihre Blässe ergab zusammen mit ihrer Verlegenheit wirklich eine eigenartige Mischung, als sie ihr Geschenk entgegennahm, aber sie schien sich dennoch wirklich darüber zu freuen. „Danke, die ist toll!“, freute sie sich. „Aber es wäre wirklich nicht nötig gewesen.“ „Ich hoffe jedenfalls, dass du sie vielleicht nützlich finden wirst.“ Sie lächelte und nickte. Dann legte sie die Bücher umständlich zur Seite und ich reichte ihr ein Stück von dem Kuchen. „Oder möchtest du lieber erst was Anständiges essen?“, wollte ich wissen. „In der Hoffnung, dass du es nicht im Rückwärtsgang wieder hervorbringst.“ „Ist mir eigentlich egal“, antwortete sie. „Ich hab‘ auf alles Appetit.“ „Du bist schon komisch!“ „Vielleicht. … Ich bin schwanger.“ Kapitel 8: Das neue Schuljahr ----------------------------- Protagonist: Sirius Black *** Stille trat ein, während ihre letzten drei Worte sich langsam in meinem Verstand einnisteten. „Wie bitte?“, fragte ich etwas begriffsstutzig. Ich hoffte ihre Gesten falsch gedeutet zu haben. „Ich bin schwanger“, wiederholte sie und an der Bedeutung ihrer Gesten konnte auch kein Zweifel bestehen. „… Oh! …“ Ich war wirklich sprachlos und entsetzt. Es erklärte ihr allgemeines Essverhalten und ihre Übelkeit, aber das war nicht die Erklärung gewesen, die ich mir gewünscht hätte. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut! Da saß sie hier vor mir, sah immer noch wirklich schlecht und krank aus, hatte sich in den letzten Wochen noch kaum erholt und jetzt erzählte sie mir, sie sei schwanger! Ebenso gut hätte sie erzählen können, sie hätte sich irgendeine unheilbare magische Krankheit zugezogen. Es würde auf das Gleiche hinauslaufen. Mit dem Unterschied, dass ich eine Krankheit nicht hätte verhindern können. Aber das hier war meine Schuld! Ich hatte im Grunde genommen ihr Schicksal besiegelt. „Du freust dich gar nicht?“, fragte sie und sah mich etwas traurig an. Ich musste mich stark zusammenreißen, um ihr zu antworten. „Nein“, gestand ich ihr und ich wusste, dass ich sie damit verletzen würde. „Aber versteh mich nicht falsch, ich …“ Ich brach ab und überlegte angestrengt, wie ich das am besten sagen sollte. „Ich mach mir nur Sorgen um dich“, schloss ich schließlich. Sie blickte mich nachdenklich an. „Ich hab‘ so lange alleine durchgehalten“, begann sie. „Ja und du siehst auch immer noch nicht wieder halbwegs gesund aus!“, teilte ich ihr mit. „Aber, wenn ich dir verspreche, mich besser auszuruhen? … Ich möchte das Kind nicht verlieren. … Das Kind kann doch nichts dafür, oder?“ Ich gab ein hohles Lachen von mir. „Das Kind kann nichts dafür, wenn du es nicht überlebst, das stimmt.“ Sie zögerte bevor sie mir wieder antwortete. „Lily wollte doch mal Heilerin werden“, sagte sie schließlich. „Ich hab‘ alle ihre Bücher dazu hier. Vielleicht steht da ja was drin. Aber ich will das Kind nicht verlieren. … Ich hab‘ mir schon lange ein Kind gewünscht.“ Lilys Bücher! Ich wagte zu bezweifeln, dass in Lilys Büchern etwas darüber drinstand, wie man ein kränkliches, schwächliches Etwas, das vollkommen am Ende ihrer Kräfte war, sicher durch eine Schwangerschaft führte. Selbst Lily hätte sich das bestimmt nicht zugetraut, jedenfalls konnte ich mir das kaum vorstellen. Aber es würde Jana das Herz brechen, wenn ich darauf bestand, das Kind nicht zu behalten und dann würde sie vielleicht am Ende trotzdem daran zu Grunde gehen und schließlich sterben. Ich überlegte, was James mir wohl raten würde, aber ich gelangte nur zu dem Schluss, dass er mich köpfen würde. Das hätte ich auch verdient, aber es war schließlich auch keine Lösung. Am Ende blieb mir wohl nichts Anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und Jana ihren Wunsch nach einem Kind zu erfüllen. „Meinst du wirklich, dass Lilys Bücher weiterhelfen können?“, wollte ich wissen. „Naja in irgendeinem ihrer Bücher steht doch bestimmt etwas drin“, antwortete sie. „Und ich verspreche auch, dass ich mich ab jetzt besser ausruhen werde.“ Was sollte ich dazu nur sagen? „OK“, gab ich schließlich nach. „Aber das wird nicht leicht.“ „Ich weiß.“ Wieder trat Stille ein. Ich war immer noch etwas geschockt. Ich hatte im Traum nicht damit gerechnet, dass sie schwanger werden könnte und ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie sie das nur überstehen sollte. Bei Lily, damals, war es schon anstrengend gewesen. Man hatte sie leicht mit Kleinigkeiten aus der Fassung bringen können. Aber Lily war auch nicht anfällig gewesen. Bei Jana hingegen war das etwas Anderes. Jeder Anflug von Stress, Nervosität und Panik könnte schon zu viel für sie sein und wie würde das jetzt erst in den nächsten Monaten aussehen? Und selbst wenn sie die Schwangerschaft an sich noch gut verkraften würde. Spätestens wenn das Baby dann raus wollte, wäre sie verloren. Und doch hatte ich keine Wahl. Ich würde Jana nicht umstimmen können und sie alleine zu lassen, kam schon gar nicht in Frage. Umso wichtiger wurde es also, dass ich mir ein Versteck suchte, wo ich sicher zwischen hier und Hogsmeade hin und her apparieren könnte. Ein paar Stunden alleine würde sie hoffentlich durchhalten, wenn ich Peter jagen ging. Im Besten Fall brauchte ich noch nicht mal lange, um ihn zu fassen und dann könnte ich wieder ganz bei ihr bleiben. Und vielleicht, würde sie es ja doch überstehen. Auch wenn ich mir immer noch schwer vorstellen konnte, wie, aber immerhin hatte sie die letzten elf Jahre überlebt und das ganz alleine. Wenn ich jetzt gut auf sie aufpasste, dann war vielleicht noch nicht alles verloren. Da ich ja sowieso keine Wahl hatte, konnte ich auch genauso gut versuchen etwas optimistisch zu sein, auch wenn mein Verstand mit sagte, dass ich mich gerade selbst belog. Für den Rest des Tages ließen wir das Thema auf sich beruhen. Es gab nichts mehr, was ich im Moment noch dazu zu sagen hätte und ich musste diese Nachricht auch erst einmal richtig verdauen. Jana hatte sich nach dem Frühstück wieder in ihr Bett gesetzt und blätterte die Bücher durch, die ich ihr geschenkt hatte. Ich saß nur stumm daneben und guckte ihr eine Weile dabei zu. „Hier sind Portalzauber beschrieben“, erzählte sie schließlich. Gerade sah sie sich die Inhaltsangaben des dritten Bandes der Buchreihe durch. „Super“, erwiderte ich. „Das wäre eine gute Möglichkeit, um sicher nach Hogwarts zu gelangen und wieder zurück.“ Sie schlug die erste Seite des Kapitels auf und drehte das Buch auf ihrem Schoß, sodass ich über ihre Schulter blicken und mitlesen konnte. Es waren schwierigere Zauber, sehr raffiniert, aber sie klangen interessant. Einer davon schien besonders schwierig zu sein, doch er konnte gewisse Schutz- und Abwehrzauber umgehen, die verhinderten, dass man ein Gelände oder ein Gebäude zum Beispiel mittels Apparieren betreten könnte. Jana überließ mir das Buch, damit ich mich damit weiter befassen konnte. „Aber du passt doch auf dich auf, oder?“, wollte sie wissen. „Ich meine, du suchst dir doch ein Versteck, wo niemand so einfach auf das Portal stoßen könnte, oder?“ Das war ein berechtigter Einwand. Ich kannte zwar genügend Verstecke in und um Hogwarts, aber ich musste mir auch definitiv sicher sein, dass nicht auch jemand anderes dieses Versteck kannte und dann zufällig auf das Portal stieß. „Das versprech‘ ich dir“, versicherte ich. Tatsächlich, überlegte ich mir, wäre es wohl unklug, wenn ich das Portal irgendwo mitten im Schloss beschwören würde. James, Remus, Peter und ich hatten zwar so viel über die Ländereien herausgefunden, dass es unwahrscheinlich war, dass irgendein anderer Schüler genauso viel wusste, allerdings konnte ich ja schließlich schlecht vergleichen. Womöglich gab es tatsächlich den ein oder anderen Schüler, der ebenfalls einige Verstecke kannte und auch nutzte. Dann lief ich Gefahr, dass mein Portal zufällig gefunden wurde. Ich musste mein Portal also außerhalb des Schlosses verstecken und gleichzeitig durfte es natürlich nicht offen irgendwo in der Weltgeschichte zugänglich sein. Ich wollte schließlich auch keine wilden Tiere aus dem verbotenen Wald oder von sonstwo auf dem Gelände zu Jana nach Hause einladen. Wieder kam mir die Heulende Hütte in den Sinn und sie schien tatsächlich perfekt dafür geschaffen zu sein. … Es sei denn, natürlich, Dumbledore hatte einen neuen Schüler aufgenommen, der wie Remus an Lycanthropie litt. Dieser Schüler wäre natürlich auf seine Hütte angewiesen. … OK, diese Überlegung grenzte wahrscheinlich an Aberglauben, aber es konnte auch nicht schaden, auf Nummer Sicher zu gehen. „Kennst du einige gute Werwolf-Abwehrzauber?“, fragte ich Jana. Sie guckte mich irritiert an. „Wieso?“, wollte sie wissen. „Bloß zur Vorsicht. Es ist nicht wahrscheinlich, aber ich denke, es kann nicht schaden, ein bisschen vorsichtiger zu sein.“ Ich erklärte ihr, was ich mir gerade überlegt hatte und sie überlegte. „Ich glaube, ich hab‘ unten ein Buch über diverse Abwehrzauber“, sagte sie. „Ich weiß nicht, ob da Bannzauber gegen Werwölfe dabei sind.“ „Ich kann ja mal nachsehen“, antwortete ich. „Aber ich kenn einen Versteckzauber. Damit könntest du zum Beispiel eine Tür wie eine Wand aussehen lassen und den Zugang mit einem Passwort oder sowas verstecken.“ „Das klingt auch gut.“ Sie erklärte mir, wie dieser Zauber funktionierte und ich machte mir ein paar Notizen. Jetzt hatte ich also die Grundzüge meines Plans. Nun musste ich ihn nur noch ausführen. In den nächsten paar Tagen kam ich allerdings kaum dazu. Jetzt, da ich es wusste, machte sich Janas Schwangerschaft durchaus deutlicher bemerkbar, als ich das vorher wahrhaben wollte. Ich traute mich kaum, sie alleine zu lassen und ich hatte mir bereits sämtliche von Lilys alten Lehrbüchern der Heiler-Ausbildung mit zu ihr ins Zimmer genommen. Die meisten dieser Bücher behandelten natürlich andere Themen, allerdings hatte Lily tatsächlich auch ein paar Bücher, die aufschlussreicher waren. Ich hatte es noch nie zuvor so geschätzt, dass Lily so ein Bücherwurm war! Ich verbrachte also einige Tage damit, mich noch voll und ganz um Jana zu kümmern. Erst als ich davon überzeugt war, dass es ihr geradeso gut genug ging, wagte ich es, sie für ein paar Stunden alleine zu lassen. „Ich hab‘ den Spiegel dabei“, versicherte ich ihr. „Wenn du mich brauchen solltest, musst du nur klopfen.“ „OK“, antwortete sie. „Es kann sein, dass ich vielleicht eine Viertelstunde oder so brauche, um bei dir zu sein. Also warte bitte nicht, bis es schon fast zu spät ist.“ Sie nickte und ich drückte ihr noch einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, bevor ich mich aufmachte. In ihrem Buch stand beschrieben, dass man das Portal auf beiden Seiten beschwören musste, um eine Verbindung herzustellen. Ich hatte mich für ihren Schrank unter der Treppe entschieden. Dieser war groß genug, um einen Zugang zu schaffen und so präparierte ich also ihren Schrank. Ich hielt es für sinnvoller zuerst das Portal hier zu beschwören und nicht anders herum. Denn sollte sie mich tatsächlich brauchen, dann konnte ich bereits ganz einfach das Portal in der Hütte benutzen, um schneller bei ihr zu sein – in der Hoffnung natürlich, dass der Zauber funktionierte. Schließlich jedoch überlegte ich mir angestrengt einen Ort, an dem ich sicher apparieren konnte. Ich wollte nicht direkt nach Hogsmeade apparieren. Die Gefahr, von einem Zauberer oder einer Hexe erwischt zu werden, war mir einfach zu groß und ich durfte keine unnötigen Risiken eingehen. Ich tauchte in einem kleinen Muggelort, unweit von Hogwarts wieder auf. Ich sah mich einen Moment um, um mich zu orientieren. Schon ertönte ein paar Meter von mir entfernt ein Schrei. Ich zuckte zusammen und wandte mich um. Eine Frau - sie sah definitiv aus, wie eine Muggel – hatte mich entdeckt. Ich flüchtete so schnell ich konnte ins nächste Gebüsch und verwandelte mich dort in einen Hund. Das ging ja gut los! Ich nahm mir vor, Jana schonenderweise nichts davon zu erzählen, wenn ich wieder bei ihr war. Sonst würde sie sich womöglich noch zu große Sorgen machen. Ich wartete nicht, bis Mitarbeiter des Ministeriums eintrafen, um nach mir zu suchen. In meiner Animagusgestalt setzte ich meinen Weg fort und innerhalb etwa einer halben Stunde die Bahnstation von Hogsmeade in Sichtweite. Als ich mich dem Gelände näherte spürte ich, wie es immer kälter wurde. Dementoren! Sie hatten tatsächlich Dementoren hier postiert, um mich abzufangen! Gut, dass ich mich dagegen entschieden hatte, Jana mit mir nach Hogwarts zu schmuggeln. An Dementoren – und es mussten hunderte sein – hätte ich sie nicht unbeschadet vorbei bekommen. Zwei bewachten den Eingang direkt hinter der Station, die anderen schwirrten rings um das Gelände drum herum. Ich schlüpfte an ihnen vorbei, auf das Gelände und bog als erstes in Richtung des verbotenen Waldes ab. Dort hielt ich mich zwischen den dichten Bäumen am Rande des Waldes verborgen und lief noch ein Stück, bis ich die Gewächshäuser beobachten konnte. Gerade war Unterricht, aber es musste noch vor der Mittagspause sein. Ich beobachtete eine Klasse dabei, wie sie gerade ihren Kräuterkunde-Unterricht verbrachten. Harry war nicht dabei und die Schüler dieser Klasse sahen auch aus wie Erstklässler. Ich wartete bis der Unterricht vorbei war und alle Schüler und auch Professor Sprout zum Mittag gegangen waren. Erst dann schlich ich mich hinüber zur Peitschenden Weide. Der Baum regte sich bedrohlich, als ich mich ihm näherte. Ich sah mich kurz um, aber es war niemand zu sehen. Ich hoffte inständig, dass alle beim Mittagessen waren. Also verwandelte ich mich zurück und griff nach einem naheliegenden Ast, der auf dem Boden lag. Mit diesem berührte ich einen Knoten am Stamm der Weide, der Baum erstarrte und ich konnte in dem Gang darunter verschwinden. Der Tunnel in die Heulende Hütte kam mir niedriger vor als beim letzten Mal. Früher als Schüler hatte ich diesen Gang natürlich auch hauptsächlich in meiner Animagusform genutzt, da am anderen Ende ja schließlich ein Werwolf hauste. Trotzdem hatte ich ihn höher in Erinnerung. Schließlich verwandelte ich mich doch wieder in einen Hund. So tief gebückt den Gang entlang zu wandern, war mir zu anstrengend. Und schließlich kam ich in der Hütte an. Sie war staubig. Alle Möbel hier waren auseinandergenommen und die Einzelteile lagen kreuz und quer herum. Auf dem Boden waren noch immer die Blutspuren von damals zu sehen, als sich Remus während seiner Verwandlungen selbst verletzt hatte. Alles sah so aus wie beim letzten Mal, als Remus in unserem letzten Schuljahr, die Vollmondnächte hier verbracht hatte. Alles wirkte seitdem unberührt. Also hatte Dumbledore seitdem offenbar keinen neuen Werwolf als Schüler aufgenommen. Das war beruhigend, aber trotzdem würde ich das Portal lieber werwolfsicher verstecken, wenn auch aus purem Aberglauben. Der Schrank unter der Treppe war ramponiert. Die Tür war aus den Angeln gehoben und kaputt. Die Regalbretter im Inneren waren größtenteils durchgebrochen. Ich nahm die Regalböden heraus und stellte sie an die Seite. Dann kümmerte ich mich mit einem Wink von Janas Zauberstab um die kaputte Tür, bevor ich schließlich das zweite Portal erschuf. Die Sicht durch das Portal wurde klar. Ich konnte düster einen kleinen Raum auf der anderen Seite erkennen, in den nur durch einen schmalen Belüftungsspalt in der Tür ein wenig Licht drang. Ich trat durch das Portal, um es zu testen und es hatte funktioniert! Ich war genau in Janas Schrank unter der Treppe wieder herausgekommen, wie ich es beabsichtigt hatte. Ich grinste zufrieden und ging zurück in die Heulende Hütte, um den Zugang noch zu schließlich. Schließlich, als ich fertig war, war von der Schranktür nichts mehr zu sehen. Stattdessen sah der Flur nun aus, als gäbe es unter der Treppe keinen Schrank. Da wo, die Schranktür vorher gewesen war hing nun ein staubiger und zerbrochener Bilderrahmen an der Wand, den ich mir aus dem „Wohnzimmer“ geholt hatte. Zufrieden betrachtete ich mein Werk. Selbst, wenn man nun auf die Idee käme, hier überhaupt nach mir zu suchen, hätten sie keine Chance, das Portal zu entdecken. Hier konnte schon so lange niemand mehr gewesen sein und ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich irgendjemand daran erinnern würde, dass es hier überhaupt einen Schrank unter der Treppe gab. Sollte also jemand auf die Idee kommen, diese Hütte zu betreten, würde er auch keinen Verdacht schöpfen, wenn er den Schrank nicht vorfand. Ein weiteres Mal griff ich nach dem Zauberstab und dieses Mal berührte ich mit dessen Spitze den Bilderrahmen. „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut“, sagte ich und die Tür zum Portal erschien wieder. Ich trat hindurch und schloss sie wieder. „Missetat begangen.“ Es war geschafft. Die Vorbereitungen waren getroffen und jetzt konnte ich also gefahrlos das Gelände betreten und wieder verlassen, wie ich wollte. Für heute ließ ich es jedoch gut sein und ging wieder nach oben zu Jana. Kapitel 9: Halloween -------------------- Protagonist: Sirius Black *** Jana erfuhr natürlich davon, dass ich entdeckt worden war. Es stand ganz groß im Tagespropheten am nächsten Tag. Sie starrte mich entsetzt an und daraufhin folgte eine ziemliche Diskussion. Ich konnte sie nur mit Mühe wieder beruhigen, indem ich ihr immer und immer wieder versicherte, dass ich ja jetzt das Portal hatte und keine Gefahr mehr laufen würde entdeckt zu werden. Ich versicherte ihr, dass niemand wusste, dass ich mich in einen Hund verwandeln konnte und schließlich ließ sie sich auch wieder besänftigen. „Ich hab‘ einfach Angst um dich“, erzählte sie mir traurig. „Ich will nicht, dass sie dich wieder nach Askaban stecken.“ „Ich pass schon auf mich auf“, antwortete ich. „Außerdem solltest du dir wirklich mehr Sorgen über dich selber machen.“ Ich legte meine Hand auf ihren Bauch. Noch war sie in ihrer Schwangerschaft ja noch nicht so weit. Also würde ich auch nichts spüren, aber ihr war klar, was ich mit dieser Geste meinte. „Ich hab‘ gestern ein bisschen in Lilys Büchern gelesen“, teilte sie mir mit. „Ich glaube nicht, dass es so gefährlich für mich ist.“ Sie lächelte in sich hinein und streichelte über ihren Bauch, auch wenn ihm natürlich noch nicht anzusehen war, dass ein Kind in ihm wuchs. „Na dein Wort in Gottes Gehörgang!“, antwortete ich ein wenig pessimistisch. Sie überging dies. Die nächsten Tage und Wochen vergingen mehr oder weniger ereignislos. Die Vormittage verbrachte ich bei Jana. Ihre Morgenübelkeit hatte sich noch nicht wirklich gebessert. Ich konnte mich erinnern, dass es bei Lily irgendwann nachgelassen hatte. Dafür aber hatte Lily den ganzen Tag über mit Übelkeit zu kämpfen gehabt. Bei Jana trat es nachmittags eher seltener auf. So oder so war ich nicht glücklich über den Gedanken, dass Jana schwanger war. Sie selber war absolut optimistisch, dass sie es überstehen würde. Ich hingegen war noch nicht so wirklich überzeugt. Hinzu kam ja außerdem noch, dass sie sich nur langsam von den Strapazen der letzten elf Jahre erholte. Wenigstens schlief sie viel. Wenn es wenigstens ein Schwangerschaftssymptom gab, dass etwas Gutes an sich hatte, dann war es ihre Müdigkeit, die dafür sorgte, dass sie sich ausruhte. Erst an den Nachmittagen schlich ich mich nach Hogwarts. Auch nach zwei Wochen hatte ich Peter noch nicht zu fassen bekommen. Natürlich würde er auch die meiste Zeit im Gryffindor-Turm verbringen und ich hatte auch noch keine Gelegenheit und Möglichkeit gefunden, da rein zu gelangen. Ich verbrachte viel Zeit damit zu beobachten. Sobald ich unter der Peitschenden Weide hervortrat, huschte ich immer sofort zwischen die Bäume des verbotenen Waldes. Von dort aus konnte ich gut beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Hagrid war offensichtlich Lehrer geworden. Ich konnte ihn sehen, wie er Klassen unterrichtete – vermutlich in Pflege magischer Geschöpfe. Allerdings konnte ich nicht erkennen, wie er sich so schlug. Hagrid musste doch Feuer und Flamme sein, den Schülern alle möglichen gefährlichen Wesen vorzustellen, die er selbst für harmloser hielt, als sie eigentlich waren. Er hatte auch James und mich früher gelegentlich in den Wald mitgenommen, wenn wir ihn nur lange genug darum gebettelt hatten. Und trotzdem konnte ich nicht erkennen, was für Wesen er überhaupt behandelte. Das wunderte mich schon ein wenig, aber ich hatte keine Möglichkeit ihn selber danach zu fragen. Also beschäftigte ich mich nicht zu lange mit der Frage und beobachtete weiter das Treiben auf dem Gelände. Eines Abends, gegen Ende September, wartete ich bis alle zum Abendessen in die große Halle gegangen waren. Selbst Filchs Büro stand jetzt leer und genau da rein wollte ich jetzt auch. Vor Jahren, als James und ich in unserem letzten Schuljahr gewesen waren, hatte er uns einmal erwischt gehabt, wie wir nachts durch das Schloss gewandert waren. Dabei hatte er uns eine Karte abgenommen, die wir selber entwickelt hatten. Ich erinnerte mich noch, wie wir seit unserem fünften Schuljahr über Monate hinweg und noch im sechsten Schuljahr an dieser Karte gearbeitet hatten. Wir hatten auf ihr alles eingezeichnet, was wir über das Gelände wussten. Die Karte war so verzaubert, dass sie jeden im Schloss zeigen würde. Man konnte also direkt nach einer bestimmten Person auf diesem Gelände suchen. Ich brauchte nur diese Karte. Aber Filch hatte sie. Wir waren damals nicht mehr in der Lage gewesen, sie zurück zu holen. Dafür war Filch viel zu misstrauisch und er hatte immer mit uns gerechnet. Wenigstens konnte er nicht wissen, was er da eigentlich beschlagnahmt hatte. Die Karte konnte wie ein leeres weißes Blatt Pergament aussehen, wenn man sie verbarg und es war unwahrscheinlich, dass er in der Zwischenzeit herausgefunden hatte, wie er die Karte öffnete. Wahrscheinlich hatte er es noch nicht einmal versucht. Aber wahrscheinlich rechnete er jetzt nicht mehr mit mir und da sowieso alle beim Abendessen waren, nutzte ich meine Gelegenheit. Ich stahl mich in Filchs Büro und machte mich eilig daran, die Schublade mit der Aufschrift „Beschlagnahmt und gemeingefährlich“ zu durchsuchen. Nichts! Sie war nicht da. Jemand anderes musste sie vor mir aus dieser Schublade geholt haben. Aber wer sollte das gewesen sein? Ich hörte ein Geräusch und verbarg mich so schnell ich konnte. Im nächsten Moment kam Filch ins Büro und sah die Unordnung. „PEEVES!“, brüllte er wütend und machte auf dem Absatz kehrt, um nach dem Poltergeist zu suchen. Ich war froh, dass er Peeves die Schuld für die Unordnung hier gab und huschte so schnell ich konnte wieder nach draußen, ohne das mich jemand bemerkte. Wieder im Gang unter der Peitschenden Weide zurück überlegte ich angestrengt, wer die Karte bereits vor mir an sich genommen haben könnte. Hatte Peter einmal eine Gelegenheit genutzt, um an die Karte zu gelangen? Das wäre nicht gut. Denn dann könnte er ja nach mir Ausschau halten und sich besser vor mir verstecken und ich würde es schwerer haben, ihn in die Finger zu bekommen. Auf der anderen Seite, überlegte ich mir, war es doch auch unwahrscheinlich, dass Peter die Karte hatte. Er tarnte sich schließlich als Ratte und wie sollte er die Karte nutzen, wenn er doch die ganze Zeit in seiner Rattengestalt verbrachte. Zumindest nahm ich an, dass er das tat. So tollpatschig, wie er immer gewesen war, war es ihm ja schließlich leicht zuzutrauen, dass er selbst mit der Karte einmal entdeckt werden könnte. Dann nämlich, wenn er sich zu sehr auf etwas auf der Karte konzentrierte und dabei übersah, dass Schüler auf dem Weg in seinen Schlafsaal waren. Abgesehen davon, was hätte Peter von der Karte gehabt? Wenn, dann konnte sie ihm schließlich auch jetzt wieder etwas nützen, wo ich auf freiem Fuß war. Aber vorher? Nein, es war wirklich unwahrscheinlich, dass Peter die Karte wieder an sich genommen hatte. Es musst noch jemand anderes gewesen sein. Aber mir fiel definitiv niemand ein, wer das gewesen sein sollte. Frustriert betrat ich die Heulende Hütte und das Portal zurück zu Janas Haus. Sie wartete schon auf mich. Sie hatte sich aus ihrem Bett gewagt und Abendessen gemacht. Jetzt saß sie am Tisch und hatte noch gar nicht angefangen zu essen. „Tut mir leid, ich hab‘ mich verspätet“, entschuldigte ich mich. „Du hättest ruhig schon anfangen können zu essen.“ „Ich hab‘ mir Sorgen gemacht, dass du erwischt worden wärst“, antwortete sie etwas vorwurfsvoll. „Hättest du doch geklopft!“, schlug ich ihr vor. „Ich hab‘ mich nicht getraut. Ich wollte dich nicht noch extra in Schwierigkeiten bringen.“ „Keine Sorge, Klopfen ist unauffällig. … Wie geht es dir?“ „Mir geht es gut“, antwortete sie und ich war zufrieden. Ich setzte mich zu ihr an den Tisch und wir begannen zu essen. Ich erzählte ihr davon, dass ich versucht hatte, die Karte aus Filchs Büro zu klauen und dass sie aber schon von jemanden anderes gefunden worden war. Sie konnte mir auch nicht sagen, wer wohl noch in Frage käme, sie genommen zu haben. Ich musste wohl vermuten, dass vielleicht ein Schüler sie entdeckt hatte und ahnte, dass es sich bei dem scheinbaren Blatt Pergament um etwas anderes als ein bloßes Pergament handelte. Wer auch immer dieser Schüler war, hatte er herausgefunden, wie er die Karte benutzte? Oder hatte er es nicht geschafft? Und was hätte er mit der Karte angestellt, wenn er ihre Funktion nicht hatte herausfinden können? Das stellte mich vor ein gewisses Problem. Falls dieser Schüler, wer immer er war, noch immer nach Hogwarts ging und wusste, wie er die Karte nutzte, dann könnte er mich entdecken und ich würde es noch nicht einmal verhindern können. Ich hätte keine Chance mich so zu tarnen, dass ich nicht auf der Karte erschien. Selbst als Hund würde ich auf ihr erscheinen, denn natürlich hatten wir die Karte früher entsprechend so verzaubert. Ich konnte mich nur so viel wie möglich außerhalb von Hogwarts aufhalten und dabei hoffen, dass dieser Schüler mich nicht entdecken würde, wenn ich doch das Gelände betrat. Ich konnte also nur auf mein Glück vertrauen. … Aber diesen Gedanken erzählte ich Jana nicht. In den nächsten Tagen begann ich mir wieder einen Plan zu überlegen. Irgendwie musste ich in den Gryffindor-Turm gelangen. Mir blieb nichts Anderes übrig. Ich hielt es für unwahrscheinlich, dass Peter sein sicheres Versteck freiwillig verlassen und ich ihn dabei erwischen würde. Ich verbrachte dabei weiterhin die Nachmittage auf dem Gelände. Die Quidditchsaison stand bevor und seit Anfang Oktober konnte ich Harry dabei beobachten, wie er für das erste Spiel trainierte. Wenn ich ihn fliegen sah, erinnerte er mich an James. Er saß so selbstsicher auf seinem Besen und er flog mindestens ebenso gut. Ich war stolz und ich hoffte, James würde ihn auch bald dabei sehen können. Harry trainierte dreimal die Woche und jedes Mal, wenn ich ihn dabei beobachtete, wie er hinterher zurück ins Schloss ging, sah er unglaublich zufrieden mit sich aus. Ansonsten bekam ich Harry gelegentlich zu sehen. Montags belegte er direkt nach dem Mittagessen Pflege magischer Geschöpfe bei Hagrid. Das konnte ich beobachten. Darüber hinaus sah ich ihn ab und zu, wie er zusammen mit seinen beiden Freunden in ihrer Freizeit nachmittags Hagrid besuchen gingen. Allerdings hielten die drei sich natürlich dann hauptsächlich in Hagrids Hütte auf und ich konnte nicht hören, worüber sie sich so unterhielten. Noch immer überlegte ich, wie ich in den Turm gelangen konnte und die Idee kam mir erst, als sich der Oktober seinem Ende entgegen neigte. Halloween rückte näher und das Festessen wäre mit Sicherheit die perfekte Gelegenheit. Es würde länger gehen, als das normale Abendessen, jeden Tag und die Schüler wären mit Sicherheit alle dort. So hätte ich genug Zeit in den Turm einzubrechen. Ich erzählte Jana von dem Plan und dass ich an diesem Tag später erst zu Hause sein würde. So brauchte sie nicht mit dem Essen wieder auf mich zu warten. Natürlich machte sie sich Sorgen, aber ich hatte das Gefühl, dass sie sich Mühe gab, ihre Bedenken zu unterdrücken. „Pass auf dich auf“, bat sie mich nur. „Das werde ich“, versprach ich ihr und gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Am Abend von Halloween huschte ich pünktlich auf das Gelände. Ich hatte mich vorbereitet. Ich hatte ein Messer bei mir, um Peter zu töten, sobald ich ihn in die Finger bekam. Ich saß in einer dunklen Nische in der Eingangshalle des Schlosses. Ich war gut versteckt und beobachtete, wie die Schüler und Lehrer in die große Halle strömten. Schließlich gingen die Türen zu und ich nahm an, dass nun alle in der Halle waren. Der Eingangsbereich war nun wie ausgestorben. Das war meine Gelegenheit und ich schlüpfte aus meinem Versteck hervor und begab mich auf den Weg zum Gryffindor-Turm. Bevor ich um die letzte Ecke bog, verwandelte ich mich zurück in einen Mann. Keine Portraits waren hier in Sichtweite, die mich verraten könnten. Nun bog ich also um die letzte Ecke und ging auf das Portrait vor dem Gryffindor-Gemeinschaftsraum zu. Er wurde noch immer von der fetten Dame bewacht. Sie schlummerte gerade, aber sie erwachte, als ich vor ihr stand und bekam einen kleinen Schreck. „Was willst du?“, fragte sie. „Ich muss in den Turm“, antwortete ich knapp. Sie sah sehr geschockt aus, blieb jedoch ruhig. „Passwort?“, verlangte sie. Ich zögerte. Daran hätte ich denken müssen. Ich kannte das Passwort nicht. „Vielsafttrank?“, riet ich etwas planlos. Sie bewegte sich nicht. „Eidechse? … Quidditchspiel? … Halloween? …“ Ich probierte einige Passwörter durch, doch die fette Dame schüttelte nur den Kopf und bewegte sich nicht. Langsam wurde ich nervös. „Bitte“, flehte ich sie an. „Es ist wirklich wichtig, dass ich in den Turm gelange.“ „Ohne Passwort gelangt niemand in den Turm“, antwortete sie stur. „Du weißt, dass ich früher selber einmal hier in Gryffindor war.“ „Das interessiert mich nicht.“ „Ich werde nicht lange bleiben.“ „Kein Passwort, kein Einlass!“ Langsam verlor ich wirklich die Geduld. „Kannst du nicht wenigstens eine Ausnahme machen?“, fragte ich. „Nein“, erwiderte sie knapp. Frustriert hämmerte ich mit beiden Händen gegen die Wand. Sie schrie und im nächsten Moment floh sie aus dem Portrait. Ich hatte mit dem Messer das Portrait getroffen. Das hatte ich nicht beabsichtigt. „Upps!“, sagte ich. „Tut mir leid.“ Sie hörte mich wohl nicht mehr. Jedenfalls antwortete sie mir nicht. Aber jetzt da sie weg war und das Portrait leer war, könnte ich es vielleicht aufbrechen? Ich schlug mit dem Messer auf das Portrait ein, aber alles, was ich erreichte, war, dass sich die Leinwand vom Holz löste. Ich kam nicht durch. Schließlich musste ich aufgeben. Noch einmal stieß ich einen frustrierten Schrei aus, dann verwandelte ich mich zurück in einen Hund und verließ so schnell ich konnte das Schloss und das Gelände, um nicht Gefahr zu laufen, dass man mich doch noch entdeckte. Das war wohl keine gute Idee gewesen. Ich hätte die Nerven nicht so verlieren dürfen und eigentlich hätte ich mir wohl auch denken müssen, dass ich nicht einfach so mit Gewalt durch das Portrait käme. Ich seufzte schwer, als ich durch das Portal zurück zu Jana ging. Sie guckte mich fragend an, als ich mich wieder zu ihr gesellte und es hatte keinen Zweck es vor ihr zu verheimlichen. Womöglich würde es ja doch im Tagespropheten stehen. Also erzählte ich ihr von meinem gescheiterten Versuch. Kapitel 10: Ein ziemlich schlauer Kater --------------------------------------- Protagonist: Sirius Black *** Jana hatte sich furchtbar aufgeregt, als ich ihr von meinem gescheiterten Versuch, Peter zu schnappen, erzählt hatte. Sie hatte einen Anfall bekommen deswegen und ich war zwei Tage lang gezwungen gewesen, bei ihr zu bleiben, weil ich mich zunächst um sie kümmern musste. Sie hatte ja Recht, ich hätte meine Nerven nicht so verlieren dürfen. Das war nicht gut für mich. Selbst wenn ich Peter zu fassen bekäme, könnte ich es dadurch schwieriger haben, das Ministerium von meiner Unschuld zu überzeugen. Ich musste umsichtiger vorgehen. … Auch Jana zuliebe. Wenn sie wenigstens eine kleine Chance haben sollte, ihre Schwangerschaft zu überleben, dann durfte ich ihre Nerven nicht so sehr strapazieren. Also betrat ich erst nach zwei Tagen wieder das Gelände. Ich konnte nicht erkennen, inwieweit schärfere Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden waren. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie von meiner Animagusgestalt wussten war auch ziemlich gering. Ich huschte in den verbotenen Wald. Im Augenblick hatte ich sowieso noch keinen neuen Plan, um in den Gryffindor-Turm zu gelangen, also konnte ich auch genauso gut weiter beobachten. Das Wetter wurde jetzt so langsam immer schlechter und ich hielt mich daher lieber etwas tiefer im Wald auf, wo die dichten Baumwipfel den Regen etwas abmilderten. Produktiv war das nicht, aber wenigstens hatte ich die Möglichkeit um nachzudenken. Plötzlich riss mich jedoch ein Fauchen aus meinen Gedanken. Ich wandte mich überrascht um. „Was bist du?“, zischte es und jetzt erst fiel mein Blick auf eine rundliche Katze mit langem, rotem Fell und einem ziemlich eingedellten Gesicht, als wäre sie mal bei einer Verfolgungsjagd von einer Backsteinmauer ausgebremst worden. Normalerweise würde es mich ja nicht verwundern, dass eine Katze einen Hund anknurrte und fauchte, aber hatte dieses Tier gerade zu mir gesprochen? „Was bist du für ein Wesen?“, fauchte das Tier erneut. Tatsächlich! Das war schon putzig! Ich war in meiner Animagusgestalt schon mehreren anderen Tieren begegnet, aber noch nie hatte eines davon mit mir gesprochen. „Ein Hund“, log ich in meinen Gedanken. Ich wusste nicht, ob die Katze sie hören konnte, aber jedenfalls antwortete sie. „Du bist kein Hund!“, knurrte sie. „Bin ich nicht?“ „Nein“ „Na sowas!“ Ich überlegte, aber ich kam zu dem Schluss, dass es wohl kaum etwas ausmachen konnte, einer Katze meine wahre Gestalt zu zeigen. Ich nahm nicht an, dass dieses Tier ein anderer Animagus sein konnte, denn auch James und Peter hatten nie auf diese Art und Weise mit mir kommunizieren können, wenn wir verwandelt waren. Also verwandelte ich mich in einen Menschen. Die Katze und ich sahen uns einen Moment lang an. Sie blickte ziemlich misstrauisch drein, aber in meinem Kopf war es plötzlich wieder still geworden. Konnte die Katze etwa nur mit mir kommunizieren, wenn ich mich in einen Hund verwandelt hatte? „Bist du jetzt zufrieden?“, fragte ich sie, aber dieses Mal bekam ich keine Antwort. Also musste ich mich tatsächlich in meiner Animagusgestalt befinden, um mit ihr zu reden. Ich verwandelte mich wieder zurück in einen Hund und wiederholte meine Frage von geradeeben. „Was willst du?“, forderte die Katze. „Ich suche nach jemanden“, antwortete ich. „Nach diesem Menschenjungen mit den schwarzen Haaren und grünen Augen hinter Glas?“ „Nein, nach jemandem anderes.“ „Alle Menschen sagen, dass du diesen Jungen willst.“ „Aber ich bin nicht auf der Suche nach ihm. Ich suche jemanden anderes.“ „Ich werde dich im Auge behalten.“ Mit diesen Worten zog die Katze von dannen und ich starrte ihr verblüfft hinterher. Das war schon eine verrückte Begegnung gewesen! Noch nie zuvor hatte ich mich so mit einem Tier unterhalten. Ich fragte mich, ob diese Katze vielleicht irgendwelche besonderen Kräfte besaß. Auch während der nächsten Tage lief ich dieser Katze wieder über den Weg. Sie funkelte mich nur misstrauisch an und antwortete mir nicht, wenn ich sie grüßte, also beachtete ich sie nicht großartig. Am Samstag nach Halloween stand das erste Quidditchspiel der Saison an. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Schließlich wollte ich doch sehen, wie Harry Slytherin auf dem Feld platt machte. Das Wetter an diesem Samstag war furchtbar. Es war noch schlimmer als schon die ganze Woche über, aber wegen des Wetters wurden Quidditchspiele normalerweise nicht abgesagt. Jedenfalls hatte auch James damals bei jedem Wetter gespielt und sich selbst von dem schlimmsten Gewitter nicht abhalten lassen. Ich setzte mich auf die oberste Reihe der Zuschauertribünen. Die war komplett frei und Schüler und Lehrer würden sowieso zu sehr damit beschäftigt sein das Spiel zu verfolgen, als mich zu sehen und sich zu wundern, warum ein Hund das Quidditchspiel verfolgt. Gryffindor spielte nicht gegen Slytherin, stellte ich fest, als die Mannschaften das Spielfeld betraten. Sie spielten gegen Hufflepuff und ich fragte mich wirklich, warum sie nicht gegen Slytherin spielten. Normalerweise war doch das erste Spiel der Saison immer zwischen Gryffindor und Slytherin gewesen! Aber vielleicht hatten sie das ja aus irgendeinem Grund mal geändert. Das Spiel begann und ich hatte wirklich Mühe, den Spielstand zu verfolgen. Die Sicht war bei dem Wetter stark eingeschränkt und der Wind heulte so sehr, dass ich nicht einmal die Kommentare hören konnte. Nach einer ziemlichen Weile musste es 80 zu 30 für Gryffindor stehen und ich hörte, wie Madam Hooch zu einer kurzen Pause in ihre Pfeife blies. Ich konnte geradeso erkennen, wie sich das Gryffindor-Team unter einem großen Schirm versammelte, wo der Mannschaftskapitän offensichtlich gerade eine Ansprache hielt. Aber viel konnte ich nicht erkennen. Die Pause dauerte nur etwa fünf Minuten, dann ging das Spiel auch schon weiter. Gryffindor schoss ein weiteres Tor, aber Harry schien den Schnatz noch nicht entdeckt zu haben. Plötzlich, während er sich umsah, fiel sein Blick genau in meine Richtung. Ich hatte ihm schon mal einen Schrecken eingejagt und ich war mir nicht sicher, ob er mich wiedererkannte. Ich verschwand lieber unter die Sitzbänke, um mich besser zu verbergen. Im nächsten Augenblick wurde es kalt. Eisig kalt! Diese plötzliche Kälte war definitiv nicht normal und im nächsten Moment erkannte ich auch schon die Ursache. Hunderte Dementoren waren zum Spiel gekommen und mir blieb vor Schreck fast das Herz stehen. Sie konnten unmöglich wissen, dass ich hier war. Niemand wusste es und die Katze hatte mich doch nicht verraten, oder? Oder aber sie waren einfach wegen der ganzen Aufregung hier auf dem Quidditchfeld gekommen. Das war auch eine logische Erklärung. Meine Gedanken wurden allerdings jäh abgelenkt, als ich sah, wie Harry vom Besen fiel. Nicht wenige der Schüler vor mir schrien und auch ich konnte nur geschockt dabei zusehen. Ich konnte erkennen, dass Dumbledore irgendeinen Zauberspruch in Harrys Richtung schleuderte, der seinen Fall offenbar abbremste, sodass er sanfter auf dem Boden aufkam. Dann rannte er auf das Feld, den Dementoren entgegen. Ich hatte noch nie einen derart wütenden Dumbledore erlebt! Harrys Besen jedoch trieb ab. Ich verfolgte ihn mit meinem Blick, doch, wenn ich mich nicht täuschte, dann wurde er ausgerechnet von der Peitschenden Weide aufgehalten. Das war bitter und im nächsten Moment hörte ich einen Pfiff, der das Spiel beendete. Ich sah noch, wie der Sucher von Hufflepuff triumphierend den Schnatz in die Luft hielt. Erst danach schien er zu bemerken, dass Harry vom Besen gefallen war. Gryffindor hatte verloren. Das alleine war schon hart genug. Ich hatte Harry wirklich meine beiden Vorderpfoten gedrückt, aber, was noch viel schlimmer war, war, dass er vom Besen gefallen war. Ich vermutete, dass wohl die Dementoren daran schuld sein mussten. Jedenfalls konnten sie diesen Effekt haben und ganz offensichtlich reagierte Harry besonders empfindlich auf sie. Ich war völlig durcheinander vor Sorge. Ich sah zu, wie er von Dumbledore auf eine Trage gezaubert wurde und dieser ihn ins Schloss begleitete. Die Schüler verließen ebenfalls die Zuschauertribünen und machten sich auf den Weg zurück ins Schloss. Kaum jemand sprach wirklich über das Spiel selbst. Aufgeregt unterhielten sie sich hauptsächlich über die Dementoren und darüber, dass Harry vom Besen gefallen war. Nicht einmal die Hufflepuffs schienen sich so wirklich über ihren Sieg zu freuen. Sie schienen es für nicht fair zu halten, nachdem was passiert war. Lediglich ein paar Slytherins konnte ich beobachten, wie sie sich unglaublich darüber freuten, dass Gryffindor auf diese Art und Weise verloren hatte. Ich knurrte, aber sie hörten mich nicht und was erwartete ich auch von Slytherins? Schließlich begab ich mich wieder in Richtung Peitschender Weide. Von Weitem konnte ich noch sehen, wie Professor Flittwick Harrys Besen unter ihren Zweigen hervorholte. Der Besen war definitiv hinüber, das war klar. Kein noch-so-guter Besenhersteller würde ihn wieder reparieren können, nachdem er eine Begegnung mit der Peitschenden Weide hinter sich hatte. Wenigstens aber, so überlegte ich mir, hatte ich jetzt eine Idee, was ich Harry zu Weihnachten schenken konnte. Jana war wirklich bestürzt, als ich ihr von dem Spiel erzählte. „Geht es Harry gut?“, wollte sie wissen. „Ich weiß es nicht“, gab ich ehrlich zu. „Aber Madam Pomfrey bekommt ihn sicher wieder hin. Mach dir keine Sorgen.“ „Aber er ist vom Besen gefallen. Er hätte sich doch sonst-was brechen können!“ „Dumbledore hat seinen Fall ja abgebremst. Ihm ist sicher nichts weiter Schlimmes passiert. Er ist nur ohnmächtig geworden wegen der Dementoren. Und die machen mir viel mehr Sorgen.“ „Warum sind sie überhaupt zum Spiel gekommen?“ „Ich hoffe jedenfalls, dass sie nicht wegen mir da waren, sondern wegen der Stimmung im Stadion. Das muss für sie wie ein Fest gewesen sein!“ Jana blickte mich erschrocken an. „Mach dir keine Sorgen um mich“, fügte ich hastig hinzu. „Ich pass schon auf mich auf.“ Nachdem ich sie beruhigt hatte, verlief sich das Thema. Ich erzählte ihr noch von der Katze, die ich getroffen hatte und wir unterhielten uns auch eine Weile über das Tier. Jana fand es genauso interessant. Ich bekam Harry erst am Montag wieder zu sehen, als ich seine Unterrichtsstunde bei Hagrid beobachten konnte. Er hatte den Sturz also im Großen und Ganzen unbeschadet überstanden und ich konnte Jana dahingehend beruhigen. Ansonsten hatte ich noch einige Begegnungen mit der Katze. Mittlerweile redete sie wieder mit mir, wenn ich sie grüßte. Je öfter ich jetzt die Stimme in meinem Kopf hörte, desto mehr bekam ich das Gefühl, dass es eigentlich ein Kater war. „Wie heißt du eigentlich?“, wollte ich von ihm eines Nachmittags wissen. „Namen sind Schall und Rauch für mich“, antwortete er. „Du willst mir deinen Namen bloß nicht verraten!“ „Was würde er dir nützen?“ „OK, ich frag nicht weiter nach. Kannst du mir trotzdem behilflich sein?“ „Nur solange ich davon überzeugt sein kann, dass du dem Menschenjungen mit den schwarzen Haaren und den grünen Augen hinter Glas nichts antun wirst.“ „Ich bin nicht hier um Harry etwas anzutun.“ „Wie kann ich mir da sicher sein?“ „Ich hatte bereits genügend Chancen. Wenn ich hinter Harry her wäre, dann hätte ich bereits zuschlagen können. Aber ich suche nach jemandem anderes.“ „Nach wem?“ „Einem Zauberer, der sich in eine Ratte verwandeln kann.“ In den Augen des Katers blitzte etwas auf. „Da ist ein Wesen“, erzählte er. „Es sieht aus, wie eine Ratte, aber es ist keine Ratte.“ „Er muss im Gryffindor-Turm sein“, fügte ich hinzu. „Hast du ihn dort gesehen?“ „Ja“ „Du weißt also, wen ich meine?“ „Ja“ „Kannst du mir helfen, an ihn heran zu kommen?“ „Nur diese eine falsche Ratte?“ „Ja, nur ihn.“ „Was führt diese falsche Ratte im Schilde?“ „Im Moment hoffe ich, dass er noch nichts im Schilde führt. Aber er könnte Harry etwas antun, wenn er nur einen Anlass dazu sieht.“ „Er ist also gefährlich?“ „Möglicherweise.“ „Ich wusste es!“ Der Kater blickte gefährlich drein. Dann erzählte er mir, dass er im Sommer von Harrys bester Freundin in der Winkelgasse gekauft worden war. Er war damals schon Peter begegnet, da dieser zu Harrys bestem Freund gehörte. Seitdem gab es wohl gelegentlich Streit zwischen Harrys beiden Freunden, weil der Weasley-Junge offenbar sein Haustier schützen wollte. Der Kater vertraute mir nun also und ich fand, dass ich schon einen etwas ungewöhnlichen Verbündeten gefunden hatte. Er hielt mich über alles auf dem Laufenden, was im Gryffindor-Turm so vor sich ging. Er nannte zwar nie Namen, aber mit der Zeit verstand ich ungefähr, wen er meinte, denn zumindest hatte ich ein ungefähres Bild von Harrys Mitschülern im Kopf, wenn ich ihn und seine Klasse in Pflege magischer Geschöpfe beobachten konnte. Gegen Ende November zeigte ich dem Kater, wie er in den Gang unter der Peitschenden Weide und in die Heulende Hütte gelangte. Ich veränderte auch den Zauber, der das Portal verbarg für ihn, damit er durch das Portal treten konnte, wenn er Informationen für mich hatte. Jana war ganz hin und weg von ihm, als er das erste Mal bei ihr zu Hause auftauchte. Mittlerweile waren auch bei ihr so langsam Fortschritte zu erkennen. Sie sah wieder besser aus, ihre morgendliche Übelkeit hatte sich endlich gelegt und aktuell hatte sie auch keine großartigen Probleme mit ihrer Schwangerschaft. Sie hatte sich sogar so weit erholt, dass sie endlich ihre Stimme wieder gebrauchen konnte, nachdem sie so lange zu schwach dafür gewesen war. „Ich mag ihn“, erzählte sie lächelnd, während der Kater es sich schnurrend auf ihrem Schoß bequem machte. „Da sind wir uns ja dann einig“, erwiderte ich und grinste. Ich war lange nicht mehr so optimistisch gewesen. Jana ging es mittlerweile wirklich gut und ich ertappte mich dabei, wie ich mich tatsächlich fast auf das kleine Kind freute. … Aber nur fast. Denn noch war es ja nicht da und ich sollte den Tag besser noch nicht vor dem Abend loben! Kapitel 11: Weihnachten ----------------------- Protagonist: Sirius Black *** Der Dezember brach an und Weihnachten rückte näher. Ich beschloss für ein paar Wochen, nicht auf das Gelände zu gehen. Es war schließlich seit Jahren das erste Weihnachtsfest, das ich feiern konnte und ich wollte es mit Jana verbringen. Abgesehen davon hatte sich Peter die ganze Zeit über schon nicht gezeigt. Der Kater erzählte mir, dass er sich lediglich im Schlafsaal verkroch, in dem auch Harry schlief. Ich nahm nicht an, dass er Harry unmittelbar in der nächsten Zeit irgendetwas antun würde. So dumm wäre er auch nicht. Ich war mir nicht sicher, ob Peter ahnte, dass ich wusste, wo er sich genau versteckte, aber mit Sicherheit war er sich definitiv im Klaren darüber, dass ich hinter ihm her war und nicht hinter Harry. Würde er Harry nun ausgerechnet jetzt Harry etwas antun würde, dann könnte er damit rechnen, dass er mir damit nur einen Grund mehr lieferte, ihm auf den Fersen zu sein. Dieses Risiko würde er nicht eingehen, nicht solange er sich nicht definitiv sicher sein konnte, dass sein alter Meister wieder erstarken würde. Und für den Fall der Fälle hatte ich immer noch den Kater, der Peter im Auge behalten konnte. Auch wenn der Kater mir erzählt hatte, dass Harrys Freund ihn nicht an Peter heranließ, so schien Peter doch einen gewissen Respekt vor ihm zu haben und ich würde mich über Weihnachten einfach ganz auf den Kater verlassen. In der Zwischenzeit kümmerte ich mich einfach ganz um Jana. Jetzt, da es ihr so langsam wieder besserging, wurde sie etwas aktiver und lief im Haus umher. Sie verließ sich nicht mehr so sehr auf Corbie und Kirbie, sondern wollte selber ihren Haushalt erledigen. Corbie und Kirbie zu entlasten war durchaus eine gute Idee. Die beiden hatten sich so langsam definitiv mal ihren Ruhestand verdient. Jedoch wagte Jana es nicht, es den beiden vorzuschlagen. Sie hatte das Gefühl, sie könnte sie damit vielleicht kränken. Sie bat die beiden daher nur darum, doch schon mal ein Kinderzimmer in Hardwins Place einzurichten und somit kamen die beiden nun nur noch etwas seltener, um Einkäufe abzuladen. Ich war hin und hergerissen zwischen Nervosität und einer Art Freude, wenn man das denn so nennen konnte, bei dem Gedanken an ein Kinderzimmer. Auf der einen Seite wollte ich mich nicht zu früh freuen. Jana hatte noch nicht einmal ganz die Hälfte ihrer Schwangerschaft überstanden und die größte Sorge bereitete mir ohnehin erst der Moment, in dem das Kind dann eigentlich raus wollte. Auf der anderen Seite hatte sie sich in den letzten Monaten doch auch durchaus gut erholt und ich hoffte, dass es gut ausgehen würde. Ich wusste nicht wirklich, welchem Teil von mir ich eigentlich nachgeben sollte und verlor größtenteils kein Wort darüber. Ihr Optimismus hingegen war nicht zu bremsen. Sie hatte sich in Lilys Büchern und Notizen bereits ausführlich informiert und ich konnte ihr nun regelmäßig, nur eher kommentarlos, dabei zusehen, wie sie anfing Schwangerschaftsübungen zu machen. Ich fand den Anblick irgendwie schon kurios. Ich hatte Lily damals nie dabei zugesehen, wie sie Übungen gemacht hatte. James hatte ab und zu mal was erwähnt, meinte ich mich zu erinnern. Lily hatte wohl damals auch teilweise darauf bestanden, dass er mitmachte. Aber ich war jedenfalls nie dabei gewesen und ich war auch irgendwie froh, dass Jana nicht auf die Idee kam, mich zu fragen, ob ich nicht bei ihren Übungen mitmachen wollte. „Ich glaube, ich hab‘ das Kleine gerade gespürt“, meinte Jana plötzlich während einer ihrer Übungen. Sie hielt inne und streichelte sich zärtlich über die kleine Wölbung, die nun so langsam sichtbar wurde. „Wirklich?“, fragte ich und setzte mich neben sie. Sie legte meine Hand auf ihren Bauch, doch da war nichts. „Also ich spüre nichts“, gestand ich ihr. „Es war ein ganz sanfter kleiner Stupser“, erzählte sie. „Dann hast du es dir vielleicht auch nur eingebildet.“ „Nein, es hat gestupst, ganz sicher!“ „Wenn du das sagst.“ Ich zog meine Hand zurück und sah ihr einen Momentlang zu, wie sie sich liebevoll über den Bauch streichelte und dabei glücklich aussah. „Ich hoffe, dass Emma nach dir kommen wird“, warf Jana plötzlich ein, während sie sich noch immer zärtlich über den Bauch streichelte. Ich hob überrascht meine Augenbrauen. „Emma?“, fragte ich. „Ich finde den Namen schön, du nicht?“ „Ja, ist ganz süß, denke ich. Aber du weißt ja noch gar nicht, ob es überhaupt ein Mädchen wird.“ „Hm… ich wüsste noch keinen schönen Namen für einen Jungen. Was würdest du vorschlagen?“ Wieso machte sie sich eigentlich jetzt schon Gedanken über Namen? Noch hatte sie doch ihre Schwangerschaft noch gar nicht überstanden! „Meinst du, dass wir das jetzt schon klären müssen?“, wollte ich wissen. „Naja, ich finde der Name sollte dir auch gefallen“, erwiderte sie. „Ja, aber wir haben doch auch noch die Möglichkeit, uns einen Namen zu überlegen, wenn das Kind dann da ist. … Wenn wir wissen, dass alles gut gegangen ist.“ „Nein, James und Lily wussten auch vorher, welche Namen sie wählen würden.“ „Die beiden mussten sich vorher auch keine Sorgen darübermachen, dass Lily es nicht überleben könnte.“ Sie guckte mich etwas verletzt an. „Freust du dich eigentlich auf das Kind?“, fragte sie traurig. Was sollte ich ihr darauf jetzt antworten? Im Grunde ja eigentlich schon, aber auf der anderen Seite… Ich suchte einen Moment lang nach einer Antwort doch sie deutete mein Schweigen und ein paar Tränen traten ihr in die Augen. „Mir geht es doch gut“, sagte sie. „Und ich hatte gehofft, du würdest dich im Grunde auch auf das Kind freuen.“ „Jetzt geht es dir gerade gut“, erwiderte ich. „Aber noch ist es auch nicht geschafft.“ Sie antwortete nicht. Sie stand etwas mühselig auf und wandte sich ab. „Jana, bitte versteh mich nicht falsch“, fügte ich schnell hinzu. Ich stand ebenfalls auf und packte sie an der Schulter. Tränen liefen ihr über das Gesicht, als ich sie zu mir drehte. Sie sah verletzt an mir vorbei. „Bitte versteh doch“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Ich will, dass es dir gut geht und ich hab‘ einfach Angst um dich.“ „Aber es ist doch nicht die Schuld des Kindes“, weinte sie. „Das sag‘ ich doch auch gar nicht.“ „Aber du freust dich nicht darauf.“ „Jana, bitte.“ Sie löste sich aus meinem Griff und wandte sich wieder ab zum Gehen. „Jana, bitte beruhig dich doch“, hielt ich sie langsam etwas verzweifelt zurück. „Was für eine Antwort erwartest du denn eigentlich von mir?“ „Ich wünsche mir doch nur, dass du das Baby genauso lieb hast“, antwortete sie immer noch in Tränen aufgelöst. „Ich werde es lieb haben“, versprach ich ihr. Sie wirkte jedoch nicht wirklich überzeugt. „Glaubst du wirklich, ich würde das Kind dafür verurteilen, wenn du es nicht überlebst? Ich weiß, dass es nichts dafürkann und natürlich würde ich es trotzdem liebhaben. Aber deswegen habe ich trotzdem auch Angst um dich.“ Sie antwortete nicht. Sie stand nur da und hatte immer noch Tränen in den Augen. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und drehte es sanft zu mir. „Ich kann mich jetzt im Moment einfach noch nicht so wirklich freuen“, fügte ich ehrlich hinzu während ich versuchte ihr die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. „Es ist einfach schwierig. Du bist kränklich und das Kind könnte vielleicht auch krank sein. Es kann so viel schieflaufen, wenn das Kind auf die Welt kommen wird und ich hab‘ doch keine Ahnung davon, wie ich dir richtig beistehen soll. Ich kann dir noch nicht einmal eine Hebamme aus dem Sankt Mungos dazu holen, die sich um dich kümmern könnte, denn immerhin bin ich auf der Flucht und ich habe es auch immer noch nicht geschafft Peter zu schnappen und hab‘ keinen Beweis für meine Unschuld. Ich hoffe einfach, dass alles gut gehen wird, verstehst du?“ Langsam schein sie sich wirklich etwas zu beruhigen. Sie nickte zaghaft und wischte sich selber ein paar Tränen aus dem Gesicht. Ich zog sie in meine Arme und hielt sie fest. In diesem Moment frustrierte es mich mehr denn je, dass ich es noch nicht fertig gebracht hatte Peter aus Harrys Schlafsaal zu holen. Ich hatte den Kater zwar nach dem Passwort gefragt, aber dieser hatte mir erzählt, dass diese wohl jetzt ständig geändert wurden. Jedenfalls schienen sich wohl Harry und seine Mitschüler immer mal wieder darüber zu beschweren. Somit würde es mir also nichts nützen, wenn er mir nur ein Passwort nannte, denn es konnte sich ja innerhalb von Stunden schon wieder ändern. Ich seufzte. Was Peter anbelangte, war der Kater zurzeit meine einzige Hoffnung. Ich selber konnte sowieso nichts tun, auch wenn mich das gerade schon irgendwie wurmte. Wenigstens jedoch hatte Jana sich nun wieder beruhigt. Sie klammerte sich an mich und schien es zu genießen, dass ich sie so in meinen Armen hielt. Nach einer Weile erst löste sie sich aus meiner Umarmung, weil ihr die Beine anfingen schwer zu werden und sie ließ sich auf dem Sofa nieder, während ich uns etwas zu essen machte. Wir verbrachten die Vorweihnachtszeit ruhig. Jana freute sich, dass sie einen Grund hatte, ihr Haus weihnachtlich zu dekorieren. Die letzten Jahre hatte sie einsam verbracht. Meistens war sie krank gewesen, aber wenn es ihr doch einmal einigermaßen gut gegangen war, dann hatte sie trotzdem niemanden gehabt, mit dem sie Weihnachten hätte verbringen können. Umso glücklicher war sie nun, dass ich bei ihr war. Ich hatte noch kein Geschenk für sie, stellte ich Mitte Dezember schließlich etwas peinlich berührt fest. Auch für Harry hatte ich mich noch nicht gekümmert, aber wenigstens hatte ich für sein Geschenk schon eine Idee. Für ihn musste ich lediglich eine Bestellung formulieren. Ich würde seinen Namen verwenden, denn meinen eigenen zu verwenden glich ja schließlich so gut wie Selbstmord, aber ich musste mir noch überlegen, wie ich diese Bestellung abschicken sollte. Jana hatte keine Eule, aber vielleicht konnte ich ja Corbie oder Kirbie oder den Kater um diesen Gefallen bitten, die Bestellung zu versenden. Jetzt blieb nur noch Janas Geschenk offen. Ich war noch nie gut gewesen, mir Geschenke einfallen zu lassen. Ab und an hatte ich mal eine gute Idee, ja, aber meistens waren meine Geschenke doch ziemlich einfallslos. Was sollte ich ihr nun schenken? Genau in diesem Moment tauchte Kirbie mit ihren Einkäufen für uns auf. Jana war gerade im Wohnzimmer in ihre Übungen vertieft, aber ich half der Hauselfe dabei die Sachen zu verstauen. Der Ärmsten fiel es bereits mit jedem Mal sichtlich schwerer, die Einkäufe zu tragen. „Danke, Kirbie“, bedankte ich mich bei der Elfe. Sie antwortete mit einer Verbeugung. „Ich hoffe, es wird dir nicht zu viel, aber könntest du einen Gefallen für mich tun?“ „Natürlich, was immer Mr Sirius wünscht“, piepste Kirbie. „Du musst dich nicht verpflichtet fühlen“, versicherte ich ihr. „Du und Corbie, ihr habt euch Ruhe verdient. Ich frage dich nur, wenn es dir wirklich nicht zu viel werden sollte.“ „Kirbie erfüllt gerne die Wünsche von Miss Jana und Mr Sirius.“ „Danke. Könntest du diese Bestellung für mich zur Eulenpost bringen?“ Ich reichte ihr die Bestellung für Harrys Weihnachtsgeschenk. Natürlich könnte ich sie auch fragen, ob sie die Bestellung direkt in die Winkelgasse lieferte, aber da ich ja mit Harrys Namen unterschrieben hatte, würde man vielleicht misstrauisch werden, wenn eine Hauselfe die Bestellung überbrachte. „Natürlich, Mr Sirius“, antwortete Kirbie mit einer Verbeugung. „Und ich brauche noch einmal deinen Rat“, fuhr ich fort und senkte aber die Stimme, damit Jana mich nicht zufällig, vom Wohnzimmer aus, hörte. „Ich hab‘ noch immer kein Weihnachtsgeschenk für Jana. … Hast du vielleicht irgendeine Idee, worüber sie sich freuen könnte?“ „Miss Jana freut sich über viele Dinge“, antwortete Kirbie selber etwas ratlos. Ich überlegte angestrengt. „Meinst du, es wäre zu aufdringlich, ihr Schmuck zu schenken?“ „Kirbie hält das für eine wunderschöne Idee. Sie kennt da auch einen Laden. Sie und Corbie haben früher oft im Auftrag von Mr Fleamont oder Mr James dort eingekauft.“ „Kannst du für mich ein Geschenk für Jana dort kaufen? Eine Kette oder ein Armband vielleicht. Etwas, das zu Jana passen würde.“ „Natürlich, Mr Sirius.“ „Ich danke dir.“ Kirbie verbeugte sich ein weiteres Mal, dann verschwand sie mit einem leisen Plopp. Ich ging wieder zu Jana ins Wohnzimmer, die mit ihren Übungen fertig war und jetzt kreuzbeinig auf dem Boden saß und Namensbücher durchblätterte, die sie ebenfalls unter Lilys alten Büchern gefunden haben musste. „Alles OK bei dir?“, erkundigte ich mich und setzte mich neben sie. Sie nickte mit einem Lächeln und blätterte dann in dem Buch eine Seite weiter. „Was hältst du von Benjy?“, wollte sie wissen. Ich schüttelte den Kopf, grinste aber ein wenig. „Wenn ich ein Kind nach einem ehemaligen Mitschüler benennen würde, dann am ehesten nach James.“ „Hm… aber wenn James und Lily wieder aufwachen, dann wäre es doch verwirrend, oder? … Ich meine dann müssten wir ja ständig dazu sagen, wen wir gerade ansprechen.“ Ich musste lachen. „Wir können ja ein ‚Junior‘ hinten dran hängen“, schlug ich vor. „Ich mag den Zusatz ‚Junior‘ nicht wirklich“, widersprach sie. „Na gut, dann eben nicht. Aber James hat damals, als er und Lily nach Namen gesucht haben, auch Elfendepp vorgeschlagen!“ Sie sah völlig entgeistert von ihrem Buch auf und starrte mich an. „Ich dachte eigentlich, wir geben unserem Kind einen schönen Namen“, sagte sie. „War nur ein Witz gewesen“, lachte ich, musste aber amüsiert an die Diskussionen denken, die James und Lily damals geführt hatten, bevor sie sich irgendwann für Harry entschieden hatten. „Aber jetzt mal ernsthaft, frag mich lieber nicht nach Namen. Lily fand meine Vorschläge damals auch immer ganz furchtbar, also überlass‘ ich die Wahl lieber dir.“ „Der Name soll dir aber auch gefallen.“ „Ich werd' dir schon sagen, wenn ich einen Namen überhaupt nicht gut finde.“ „Na gut.“ Sie wandte sich wieder dem Buch zu und suchte noch eine Weile nach Namen, für den Fall, dass das Kind ein Junge werden sollte. Ich verstand im Grunde immer noch nicht, warum sie sich unbedingt jetzt schon wegen eines Namens Gedanken machen wollte, aber ich wollte sie nicht noch einmal so aufbringen, wie letztens und hielt meine Sorgen jetzt lieber zurück, soweit es ging. Und so verbrachten wir dann auch sehr entspannt die Weihnachtszeit. Am Weihnachtsmorgen dann, wachte ich etwas früher auf als Jana. Kirbie hatte mir noch vor ein paar Tagen das Geschenk für sie vorbeigebracht und ich hatte es erst einmal noch versteckt, damit Jana es nicht zu früh sah. Jetzt stand ich, so leise wie ich nur konnte, auf und huschte hinunter zum Schrank unter der Treppe. Ich hatte die kleine Schatulle dort drinnen in einem Regal versteckt. Nun holte ich sie wieder hervor. Es war eine sehr feingliedrige Goldkette mit einem Herzanhänger, in den ein Saphir eingefasst war. Die Kette war dezent, nicht zu auftragend. Kirbie hatte genau Janas Geschmack getroffen. Ich betrachtete die Kette einen Momentlang zufrieden, bevor ich wieder zu Jana nach oben ging. Sie wachte auf, als ich mich gerade wieder zu ihr legen wollte. „Guten Morgen“, murmelte sie, noch ein wenig verschlafen. „Guten Morgen“, antwortete ich. „Und frohe Weihnachten.“ „Dir auch frohe Weihnachten.“ Sie richtete sich auf und suchte nach etwas in ihrem Nachttischschränkchen. Als sie sich wieder zu mir wandte hielt sie ein liebevoll verpacktes Geschenk in der Hand, welches sie mir erwartungsvoll überreichte. „Wow“, erwiderte ich. „Danke.“ Zum Vorschein kam ein eleganter, marineblauer Umhang mit kunstvollen, weißen Bordüren an den Säumen. Er fühlte sich leicht an. „Ich habe ihn selber genäht“, erzählte mir Jana, noch während ich den Umhang betrachtete. „Echt? … Wow!“, antwortete ich und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. „Wann hast du…?“ „Na im November halt“, beantwortete sie mir meine unfertige Frage. „Während du in Hogwarts warst. Ich habe ihn verzaubert. Im Winter hält er warm und im Sommer verhindert er, dass man zu sehr schwitzt und er ist wasserabweisend. … Harry hat auch einen Umhang bekommen. Aber seiner ist in den Gryffindorfarben und er hat einen goldenen Löwenkopf drauf.“ Ich war wirklich sprachlos und brauchte einen Moment, ehe ich meine Stimme wiederfand. „Er ist wirklich toll!“, versicherte ich ihr und probierte den Umhang an. Er passte wie angegossen. „Jetzt bin ich dran.“ Ich griff neben mich und überreichte ihr die kleine Schatulle. Sie errötete. „Du musst mir wirklich nichts schenken“, murmelte sie verlegen. „Ich weiß“, sagte ich. „Aber ich tu’s trotzdem.“ Etwas zögerlich nahm sie die Schatulle in die Hand und öffnete diese. Sie sog etwas die Luft ein und hielt sich eine Hand vor den Mund. Offenbar verschlug es ihr die Sprache, aber ihre Augen leuchteten. Ich grinste und nahm die Kette heraus, um sie ihr umzulegen. Sie brachte immer noch kein Wort hervor, doch sie betrachtete den Anhänger ihrer Kette mit strahlenden Augen. Dann fiel sie mir um den Hals. „Danke“, stammelte sie überwältigt. „Es freut mich, dass sie dir gefällt“, antwortete ich und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. „Sie sieht wunderschön an dir aus.“ Jana und ich verbrachten den Tag so ruhig, wie die anderen Tage auch. Jana zeigte mir ihr kleines Nähzimmer. Ich hatte diesem Raum bisher nie wirklich Beachtung geschenkt und mir auch wenig Gedanken drüber gemacht, was Jana wohl so machte, wenn sie tagsüber alleine hier war. Jetzt stellte ich fest, dass sie offenbar gerne nähte, wenn es ihr nur einigermaßen gut ging. Und sie musste dieses Hobby schon vor Jahren begonnen haben. Wie es aussah, konnte sie Lily und James auch schon komplett neu einkleiden, wenn sie aufwachten und ein paar Baby-Sachen hatte sie auch schon fertig. „Ich bin sicher, wir hätten bestimmt auch Harrys alte Sachen nutzen können“, meinte ich etwas amüsiert. „Naja, aber ich hatte so viele schöne Ideen“, antwortete sie. „Das kann man wohl nicht bestreiten.“ Ich musste grinsen, als ich mir die Baby-Sachen genauer ansah, die sie schon fertig hatte. Auf ihnen waren Hundemotive drauf gestickt und ich kam nicht umhin, etwas gerührt zu sein. Für den Rest des Tages verlor sich Jana geradezu darin, mir von ihren vielen Ideen vorzuschwärmen, die sie für das Kind hatte. Sie konnte mich damit immer noch ziemlich erschlagen, denn ich hatte immer noch meine Bedenken. Immerhin hatte sie ja noch die Hälfte der Schwangerschaft und die Geburt vor sich. Aber ich wagte es nicht, sie darauf hinzuweisen, also tat ich so gut es ging so, als könne ich es selber kaum abwarten. Kapitel 12: Im Gryffindor-Turm ------------------------------ Protagonist: Sirius Black *** Fast bedauerte ich es etwas, dass Weihnachten so schnell vorüber war. Ich hatte schon lange nicht mehr ein so friedliches Weihnachten verbracht. Nicht mehr, seit ich damals Hogwarts als Schüler verlassen hatte, jedenfalls. Die Jahre danach waren immer irgendwie überschattet worden von den Ereignissen, die sonst so passierten. Doch dieses Weihnachten war erholsam gewesen. Aber dennoch musste ich so langsam vorankommen, wenn ich Peter zu fassen bekommen wollte und so betrat ich ab Januar wieder an den Nachmittagen das Schulgelände. Der Kater wartete auf mich, im verbotenen Wald, um mir Bericht zu erstatten. Er erzählte mir, dass Peter sich immer noch, im Gryffindor-Turm versteckte. Sein jüngster Versuch die kleine miese Ratte zu schnappen, war gescheitert und sein Frauchen und Harrys bester Freund redeten seitdem auch nicht mehr miteinander, sodass er seither noch keine weitere Gelegenheit gefunden hatte, Peter zu fangen. Ich knurrte etwas missmutig, aber ich konnte dem Kater keinen Vorwurf daraus machen. Immerhin sollte ich mich schon glücklich schätzen, dass ich überhaupt einen Verbündeten gefunden hatte, der den Gryffindor-Turm für mich im Auge behalten konnte. Und so blieb es in den ersten Wochen im neuen Jahr mehr dabei, dass wir uns beratschlagten, was wir noch anstellen konnten, um Peter in die Finger zu bekommen. Dafür jedoch schritt auf der anderen Seite Janas Schwangerschaft natürlich weiter fort und mittlerweile zeichnete sich ihr Bauch auch immer deutlicher ab. Ihr Optimismus war immer noch ungebrochen, doch ich merkte, wie ihr die Schwangerschaft jetzt so langsam aber sicher zuzusetzen begann. Trotz, dass sie jetzt natürlich schon bedeutend besser aussah als noch im letzten Sommer, war sie immer noch zierlich genug, dass ihr der Bauch so langsam zu schwer wurde. Stehen war mühsam für sie und sie hatte mit Rückenschmerzen zu kämpfen. Außerdem schlief sie schlechter als zuvor, da sie nun nachts ewig lange nach einer angenehmen Liegeposition suchen musste. Trotzdem ließ sie sich davon nicht abhalten, alles Mögliche für das Kind vorzubereiten. Ich stand ihr so gut es ging bei und hatte mir von ihr versprechen lassen, dass sie sich schonen würde, solange ich nicht da war, aber aus irgendeinem Grund war ich mir nicht immer sicher, ob sie darunter das gleiche verstand wie ich. Jedenfalls fand ich sie gelegentlich ziemlich erschöpft vor, wenn ich abends zu ihr zurückkehrte. Ich machte mir zunehmend Sorgen um sie. Ich begann damit, nebenbei sämtliche von Lilys alten Büchern zusammen zu sammeln, um mich darauf vorzubereiten, wenn das Kind dann irgendwann raus wollte. Eigentlich war das ein Thema, mit dem ich mich unter anderen Umständen nie beschäftigt hätte. Wäre Jana nicht kränklich und ich nicht auf der Flucht, müsste ich eigentlich nur ihre Hand halten. Damit könnte ich noch umgehen, aber sie aktiv bei der Entbindung zu unterstützen…? … Aber ich hatte ja keine Wahl, also musste ich mich, wohl oder übel mit dem Gedanken anfreunden. Umso mehr frustrierte es mich jedoch, dass sich Peter immer noch erfolgreich vor mir versteckt hielt und ich mich damit nicht voll und ganz um Jana kümmern konnte. Ich versuchte ihr das nicht zu zeigen, aber trotzdem passierte es hin und wieder, dass ich sie damit verletzte, wenn ich etwas zu mürrisch deswegen drauf war. „Es tut mir leid“, teilte ich ihr eines Abends, Ende Januar mit, nachdem sie gerade in Tränen ausgebrochen war. „Bitte nimm es dir nicht so zu Herzen. Ich bin nur nervös und ich wäre gerne voll und ganz für dich da, aber ich hab‘ es immer noch nicht geschafft, Peter zu fassen.“ Ich nahm sie in den Arm, um sie zu beruhigen. Sie antwortete nicht, nickte aber zaghaft. „Soll ich dir ein Bad einlassen?“, schlug ich ihr vor und sie nickte dankbar, wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht und versuchte wieder ein fröhliches Gesicht aufzusetzen, was ein wenig kläglich aussah. Baden sollte für Schwangere entspannend sein. So jedenfalls hatte ich es in Lilys alten Ratgebern gelesen. Ich hielt mich auch genau an die Tipps daraus: Die Wassertemperatur durfte nicht höher als 38° sein und Jana sollte am besten auch nicht zu lange baden, sonst könnte das ihren Kreislauf belasten. Ich bereitete ihr also das Badewasser vor und machte ihr noch einen Tee, damit sie sich absolut entspannen konnte. Den Rest des Abends verbrachten wir ruhig. Die nächsten Tage verliefen eher unspektakulär. Jana ging es verhältnismäßig gut, jedenfalls nicht so schlecht, dass sie nicht ein paar Stunden ohne mich auskommen könnte. Ab und an hatte sie nachts Albträume, allerdings beruhigte sie sich ganz gut wieder, wenn ich sie daraufhin einfach in den Arm nahm und sie zärtlich streichelte. An den Nachmittagen ging es ihr jedoch soweit gut, dass ich mich wieder auf das Schulgelände wagte. Ich verbrachte den Großteil der Zeit damit, zusammen mit dem Kater durch den verbotenen Wald zu streifen und mich zu unterhalten. Manchmal sah ich Harry auch aus der Ferne zu, wie er für sein nächstes Spiel trainierte, aber ich wagte mich noch nicht wieder in die Nähe des Stadions. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob er mich nicht vielleicht wiedererkennen würde, wenn er mich sah und ich wollte ihn nicht von seinem Training ablenken. Das Spiel selbst, jedoch, wollte ich mir aber auf jeden Fall ansehen. Nur sollte ich mich dieses Mal wohl lieber gleich unter den Sitzbänken verstecken. Zwei Tage vor dem Spiel hatte der Kater schließlich tatsächlich Neuigkeiten für mich. Gleich nachdem ich das Gelände betreten und mich in den Wald begeben hatte, kam er mit einem kleinen Zettel im Maul auf mich zu. „Was hast du da?“, wollte ich wissen. „Das sind die Passwörter für den Turm“, teilte er mir unverwandt mit. Ich bekam große Augen und betrachtete den Zettel genauer. Da standen mindestens zwei Dutzend Passwörter drauf. Excalibur, Metzengerstein, Gemeiner Aufschneider, Spitzbuben, … Was sollten das überhaupt für Passwörter sein? Die waren ja lächerlich! „Es sind die Passwörter für die ganze Woche“, fügte der Kater noch hinzu. „Der vergessliche Menschenjunge mit dem runden Gesicht hat sie aufgeschrieben.“ Ich war begeistert. Endlich würde ich Peter also zu fassen bekommen! Ich musste nur noch einen günstigen Moment dafür abpassen. „Wie wär’s während des Spiels?“, schlug Jana mir später vor, als ich ihr davon berichtete. „Hm…“, erwiderte ich grummelnd. „Dann kann ich aber Harry nicht dabei zusehen. Und ich wollte mir unbedingt ansehen, wie ihm sein Weihnachtsgeschenk gefällt.“ „Aber wann willst du dann in den Turm?“ Ich überlegte einen Moment. „Nachts, wenn alle schlafen“, antwortete ich schließlich. „Aber, wenn sie dich erwischen…“, wandte Jana besorgt ein. „Mach dir nicht so viele Sorgen um mich. Ich werde niemanden aufwecken, das versprech ich dir.“ Sie sah nicht ganz überzeugt aus, aber sie ließ sich davon vorerst beruhigen. Am Samstagmorgen vergewisserte ich mich, dass es Jana einigermaßen gut ging, bevor ich mich schließlich auf das Gelände begab. Diese Nacht hatte sie wieder einen Albtraum gehabt und war jetzt ziemlich aufgewühlt. Doch nachdem sie sich schließlich beruhigt hatte, schaffte ich es immer noch gerade pünktlich zum Spiel Gryffindor gegen Ravenclaw. Ich legte mich wieder in die oberste Reihe unter die Sitzbänke. Von hier aus hatte ich einen recht guten Blick und hoffte gleichzeitig, dass Harry mich dieses Mal nicht sehen würde. Das Wetter war dieses Mal bei Weitem besser. Ob das nun gut oder schlecht für mich sein würde, konnte ich nicht sagen, aber wenigstens würde ich das Spiel dieses Mal besser verfolgen können. Die Teams betraten nacheinander das Feld und ich konnte sehen, wie sich die Kapitäne begrüßten. Dann ertönte auch schon Madam Hoochs Pfiff und die Gryffindor- und Ravenclaw-Teams erhoben sich in die Lüfte. Harry war mit dem Feuerblitz schneller oben, als jeder andere Spieler. Noch bevor das Spiel überhaupt richtig begonnen hatte, war er bereits einmal um das Stadion gesaust. Er erinnerte mich unweigerlich an James. „Jetzt sind sie oben“, hörte ich die Stimme des Spielkommentators durch das magische Mikrophon, „und die große Sensation dieses Spiels ist der Feuerblitz, den Harry Potter für die Gryffindors fliegt. Rennbesen im Test zufolge werden die Nationalmannschaften bei der diesjährigen Weltmeisterschaft allesamt den Feuerblitz fliegen -“ „Jordan, wären Sie wohl so freundlich uns zu sagen, wie das Spiel verläuft?“, war McGonagalls Stimme zu hören. „Da haben Sie vollkommen Recht, Professor – ich wollte nur ein wenig Hintergrundwissen vermitteln – übrigens hat der Feuerblitz eine eingebaute automatische Bremse und -“ „JORDAN!“ „Schon gut, schon gut, Gryffindor im Ballbesitz, Katie Bell auf dem Weg zum Tor…“ Der Junge war witzig. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass McGonagall es insgeheim doch mochte, wenn der Kommentator sie ein bisschen zur Weißglut brachte. Anderenfalls hätte sie wohl auch mich damals nie kommentieren lassen. Ich grinste in mich hinein, während ich Harry beobachtete. Er flog ein wenig über das Stadion hinweg, um sich einen Überblick zu verschaffen. Die kleine Sucherin der Ravenclaws war ihm dabei immer dicht auf den Fersen und mehr als einmal flog sie ihm in den Weg, um ihn zu einem Richtungswechsel zu zwingen. Schließlich reichte es Harry und er beschleunigte und hing sie ab. Nachdem er um die Torstangen gesaust war, ging er plötzlich in den Sturzflug. Offenbar hatte er den Schnatz bereits gesichtet. Die Sucherin der Ravenclaws setzte im nach, doch ihr Besen war schlichtweg zu langsam. Ich konnte sehen, wie Harry dem Schnatz bereits immer näherkam, als ihn ein Klatscher den Weg blockierte. Harry schaffte es gekonnt diesem auszuweichen, doch offenbar verlor er dabei den Schnatz aus den Augen, denn er brach seine Verfolgungsjagt mit einem grimmigen Gesichtsausdruck ab. „Gryffindor führt mit achtzig zu null Punkten, und schaut euch an, wie dieser Feuerblitz losgeht! Potter macht ihm jetzt wirklich die Hölle heiß, jetzt geht er scharf in die Kurve und Changs Komet kann da einfach nicht mithalten, die Gleichgewichtsautomatik des Feuerblitzes ist wirklich erstaunlich bei diesen langen -“ „JORDAN! WERDEN SIE DAFÜR BEZAHLT FÜR FEUERBLITZE WERBUNG ZU MACHEN? BLEIBEN SIE BEIM SPIEL!“ Wenn man es sich recht überlegte, sollte der Junge vielleicht tatsächlich eine Karriere in dieser Richtung anstreben. Ein gewisses Talent war ihm nicht abzustreiten. Harry unterdessen suchte erneut nach dem Schnatz, während die Ravenclaws ein paar Tore aufholten. Dann sauste er erneut los, doch die gegnerische Sucherin blockierte seinen Weg. Erneut verlor er den Schnatz aus den Augen. Dieses Mädchen hatte bisher noch nicht einmal selbstständig losgelegt. Sie schien es einzig und allein darauf abgesehen zu haben Harry zu blockieren. Aber das würde sich Harry nicht lange gefallen lassen, darauf vertraute ich. Ein weiteres Mal schoss Harry in die Tiefe und seine Gegnerin setzte ihm nach. Dann riss er seinen Feuerblitz scharf aus dem Sturzflug heraus und sauste in die Höhe. In diesem Moment schien ihn für einen Moment etwas abzulenken und ich erkannte nur den Bruchteil einer Sekunde später den Grund dafür. Drei große Dementoren waren zum Spiel gekommen und starrten genau in seine Richtung zu ihm hoch. Aber irgendwas war komisch mit diesen Dementoren. Es wurde nicht kalt. Sie waren nicht zu spüren. Das konnte bloß ein Trick sein! Harry jedoch ließ sich davon nicht beeindrucken. Gerade noch erkannte ich, wie er den Möchte-Gern-Dementoren einen waschechten Patronus entgegenfeuerte. Ich war begeistert! Er hatte gelernt, einen Patronus herauf zu beschwören! Ich kam nicht umhin, stolz auf ihn zu sein. Wenn James schließlich aufwachen würde und davon erfuhr; er würde geradezu platzen vor Stolz, da war ich mir sicher! Schon im nächsten Moment ertönte der Pfiff, der das Spiel beendete und Harry hielt triumphieren den Schnatz in die Höhe. Das Stadion – insbesondere in den Reihen der Gryffindor-Fans – explodierte. Seine Teamkameraden rasten auf ihn zu und für einen kurzen Moment hatte ich Sorge, sie würden ihn versehentlich vom Besen stoßen, doch sie schafften es gemeinsam zu landen und schon waren sie umringt von einer jubelnden Meute Gryffindors. Ich bedauerte es etwas, dass ich Harry nicht selber zu seinem Sieg beglückwünschen konnte. Ich nahm mir fest vor, das nachzuholen, sobald ich Peter gefasst hatte und freigesprochen war. Dann würde ich Harry auch alles erklären können. In der Zwischenzeit betrachtete ich die drei Möchte-Gern-Dementoren genauer. Offensichtlich handelte es sich um eine kleine Gruppe Slytherins, die wohl gehofft hatte, Harry damit einen bösen Streich zu spielen. Ganz offensichtlich hatten sie allerdings wohl nicht damit gerechnet, dass Harry sich wehren könnte und erneut überkam mich eine unbändige Woge des Stolzes! Harry war erst 13! Wir hatten damals den Patronuszauber in unserem sechsten Schuljahr behandelt und nicht viele von uns hatten überhaupt einen Patronus hervor bekommen. Und Harry erschuf einfach mal locker flockig einen Patronus während eines Quidditchspiels und fing dabei noch Sekunden später den Schnatz! Das wollte definitiv was heißen! Ich war der letzte, der das Stadion verließ. Dann huschte ich unbemerkt zurück in den verbotenen Wald, wo ich mich so auf die Lauer legte, dass ich den Gryffindor-Turm im Auge behalten konnte. Ich huschte ein paar Meter in den Wald hinein, verwandelte mich dann zurück in meine menschliche Gestalt und kletterte auf einen Baum. So zwischen den Zweigen versteckt, hatte ich immer noch eine gute Sicht und man würde im Gegenzug mich nicht entdecken. Den Nachmittag über unterhielt ich mich, über den Zwei-Wege-Spiegel, mit Jana, um ihr vom Spiel zu berichten und mich zu vergewissern, dass es ihr immer noch gut ging. Sie wirkte ein wenig blass, aber ansonsten schien es ihr relativ gut zu gehen. Und so saß ich die Zeit ab, bis im Gryffindor-Turm irgendwann das Licht ausging. Dort schien jedoch Party angesagt zu sein. Nach so einem Sieg hätte ich wohl vorher damit rechnen müssen. Jedenfalls dauerte es wirklich drei gefühlte Ewigkeiten, bis irgendwann das Licht gelöscht wurde. In der Zwischenzeit hatte sich Jana schon längst aus dem Zwei-Wege-Spiegel verabschiedet gehabt, um sich schlafen zu legen. Ich bereute es, dass ich mir das nicht vorher überlegt hatte. Ich hätte in Ruhe zu Jana nach Hause zurückkehren können, um den Nachmittag bei ihr zu sein. Später noch einmal wiederzukommen, nachdem sie eingeschlafen war, wäre kein Problem gewesen, aber nun war es für diesen Gedanken auch zu spät. Endlich schien im Turm Ruhe einzukehren und ich kletterte vom Baum herab und verwandelte mich wieder in einen Hund. Die Gänge des Schlosses waren wie ausgestorben. Selbst die Portraits schienen zu schlafen. Bevor ich um die Ecke zum Portraitloch bog, verwandelte ich mich schließlich zurück. „Wer da?“, rief das Portrait, das nun an der Stelle hing, wo vorher die Fette Dame gehangen hatte. Sir Cadogan! Ich hätte es ahnen müssen! Wer sonst, würde sich solche bescheuerten Passwörter ausdenken? „Wir haben uns lange nicht gesehen“, begrüßte ich ihn mit einem schiefen Grinsen. „Wer begehrt da Einlass in meine Gemächer?“, antwortete er. „Was wollt Ihr?“ „Ich habe nur eine Kleinigkeit zu erledigen. Es wird nicht lange dauern.“ „Nennt also das Passwort.“ Ich zog den kleinen Zettel aus der Tasche und las ihm die Passwörter vor, die darauf standen. Zufrieden klappte er schließlich zur Seite. „Ich danke dir“, sagte ich. „Ich bin gleich wieder da.“ Ich kletterte durch das Portraitloch und begab mich, so leise, wie ich nur konnte, auf die Suche nach Harrys Schlafsaal. Dort war es stockfinster. Alle Bettvorhänge waren zugezogen. Darauf bedacht, niemanden zu wecken, schloss ich die Tür nahezu geräuschlos hinter mir. Ich sah mich um. Der Kater hatte mir eine ungefähre Beschreibung gegeben, in welchem Bett sich Peter versteckte. Leise schlich ich darauf zu. Ich zog ein Messer aus meiner Umhangtasche und schlitze ebenso leise die Vorhänge des Bettes auf. Offenbar jedoch nicht leise genug, denn der Weasley-Junge drehte sich im Schlaf um und blinzelte. Ich hielt inne und starrte ihn eindringlich an, in der Hoffnung, dass er sofort weiterschlafen würde, doch stattdessen starrte er einen Momentlang mit weit aufgerissenen Augen zurück. Er schien einen Moment zu brauchen, um zu begreifen, was vor sich ging, doch dann: „AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAARRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH! NEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIN!“ Mist! Ich reagierte binnen Sekundenbruchteilen. Ich machte auf dem Absatz kehrt und verließ fluchtartig den Schlafsaal und den Turm. Ich achtete nicht darauf, was Sir Cadogan mir hinterherrief. Ich bog um die nächste Ecke, verwandelte mich wieder in einen Hund und floh, so schnell ich konnte. Peter hatte ich dabei nicht erwischt. Zwar hatte ich nicht viel erkennen können und es war alles so schnell gegangen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht im Bett dieses Jungen gewesen war. Und ich hatte auch keine Ratte eilig davonrennen sehen. Das konnte also nur bedeuten, dass er schon vorher Wind davon bekommen haben musste, dass ich kurz davor stand ihn zu schnappen und er war mir erneut entwischt! Also befand er sich mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr im Gryffindor-Turm. Doch obwohl Harry dadurch etwas sicherer vor ihm war, ärgerte mich Peters Gerissenheit maßlos. Frustriert kehrte ich zu Jana nach Hause zurück. Wieder war ich also gescheitert! Würde er mir ganz entkommen, hätte ich verdammt schlechte Karten, um jemals meine Unschuld zu beweisen. Aber immerhin konnte ich mich einigermaßen mit dem Gedanken trösten, dass er wohl nicht so weitsichtig war, das Gelände ganz zu verlassen. Womöglich würde ich es jetzt sogar einfacher haben, ihn zu finden, jetzt, wo er sein so sicheres Versteck einmal verlassen hatte. Kapitel 13: Albträume --------------------- Protagonist: Sirius Black *** Jana war wach, als ich bei ihr ankam. Sie saß im Bett und war in Tränen aufgelöst. Offenbar hatte sie wieder einen Albtraum gehabt? „Warum hast du mich nicht angeklopft?“, wollte ich wissen, setzte mich zu ihr und nahm sie in den Arm, um sie zu beruhigen. „Ich …“, begann sie, doch ihre Stimme versagte. „Ich hab‘ geträumt, man hätte dich erwischt und die Dementoren hätten dich geküsst.“ Ich seufzte leise. Vor zwei Tagen hatte im Tagespropheten gestanden, dass das Ministerium den Dementoren die Befugnis erteilt hatte, mich zu küssen, sollten sie mich in die Finger bekommen. Jana hatte auf diese Nachricht wesentlich schlechter reagiert als ich selbst. Im Grunde hatte ich mit dieser Nachricht früher oder später gerechnet, aber Jana machte sich nun noch mehr Sorgen. „Es war nur ein Traum“, versicherte ich ihr und streichelte ihr sanft durch das Haar. „Ich bin hier und meine Seele ist auch noch da.“ Sie schniefte nur und schien sich nicht so wirklich beruhigen zu wollen. „Außerdem“, fügte ich nach einer kurzen Pause noch hinzu, „würde ich dich niemals betrügen. Und schon gar nicht mit einem Dementor!“ Auf diese Bemerkung hin musste sie irgendwie lachen und es half tatsächlich ein wenig. Ich hielt sie noch eine ganze Weile im Arm und streichelte sie. Solange, bis sie sich wieder gänzlich beruhigt hatte. Ich verkniff es mir lieber, ihr zu erzählen, dass ich Peter nicht in die Finger bekommen und dafür aber versehentlich den Jungen aufgeweckt hatte. Wenn ich ganz großes Glück hatte, dann würde sie es vielleicht auch nicht durch den Tagespropheten erfahren. Irgendwann warf ich einen Blick auf ihre Uhr, die auf dem Nachttisch stand. Es war schon fast halb vier. „Du solltest noch etwas schlafen“, teilte ich ihr mit. Sie schüttelte nur den Kopf. „Du brauchst Schlaf“, beharrte ich. „Ich will sowas nicht noch einmal träumen“, antwortete sie. „Ich bin doch da. Dir kann nichts passieren. Soll ich dir ‘nen Tee machen?“ Sie nickte und ich stand auf und kehrte ein paar Minuten später mit einer Kanne Kräutertee zu ihr zurück. Während sie den Tee trank, entspannte sie sich noch ein wenig mehr und wir unterhielten uns noch ein wenig, ehe sie schließlich – mittlerweile war es schon bald sechs – endlich wieder einschlief. Ich strich ihr zärtlich die Haare aus dem Gesicht, dann legte ich mich zu ihr. Ihr immer dicker werdender Bauch machte es so langsam umständlich, sie nachts in den Arm zu nehmen. Meistens lag sie mit dem Rücken zu mir. Ein paar Stunden später wurde ich von dem Kater geweckt. Er saß auf dem Bett und hatte mich mit seiner Pfote wach getippt. „Hallo“, grüßte ich ihn, noch etwas verschlafen. Ich warf einen Blick auf die Uhr: 10:30. Die Nacht war eindeutig zu kurz gewesen! Mit einem Blick auf Jana, die immer noch schlief, stand ich leise auf, um sie nicht zu wecken. Dann verwandelte ich mich in einen Hund. „Die falsche Ratte ist verschwunden“, teilte mir der Kater unvermittelt mit. „Ja, das hab‘ ich bemerkt“, erwiderte ich mit einem leisen Knurren. „Er hat Blut auf dem Laken hinterlassen. Der Junge mit den roten Haaren denkt, ich hätte ihn gefressen.“ „Diese Masche hat er nicht das erste Mal abgezogen. Weißt du, wo er jetzt ist?“ „Nein.“ Ich knurrte missmutig. „Nun gut, ich werde wohl ein paar Tage hier bei Jana bleiben“, erklärte ich ihm. „Sie braucht mich. Könntest du solange weiter nach Peter Ausschau halten?“ Der Kater schnurrte zur Bestätigung und ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und verschwand durch das Portal wieder in Richtung Schloss. Tatsächlich stellte ich in den nächsten Tagen fest, dass ich es immer seltener schaffte, das Gelände zu betreten. Jana hatte fast jede Nacht Albträume und jedes Mal war sie hinterher vollkommen aufgelöst und durcheinander. Die ganze Aufregung tat ihr nicht gut. Sie entwickelte sogar wieder Fieber. Trotzdem ließ sie sich davon nicht abhalten, weiter ihre Schwangerschaftsübungen zu machen, auch wenn es ihr hinterher zunehmend schwerer fiel, wieder aufzustehen. „Die Schwangerschaft wird dir langsam zu viel“, teilte ich ihr besorgt mit, nachdem ich ihren Zustand schon seit fast zwei Wochen beobachtet hatte. „Aber es kann ja nicht mehr viel länger sein, als neun oder zehn Wochen“, antwortete sie. „Und du meinst, die hältst du durch?“ „Ja, ich muss doch.“ „Es gibt bestimmt Möglichkeiten das Kind durchzubekommen, selbst wenn es ein bisschen früher kommen würde.“ Sie schüttelte nur bestimmt mit dem Kopf und ich unterdrückte das Bedürfnis, meiner Sorge noch weiter Ausdruck zu verleihen. Dass es ihr nicht gut ging, war offensichtlich. Sie hatte ja immerhin schon wieder ihre Stimme verloren! Aber vielleicht war es ja auch tatsächlich noch etwas zu früh, sich wirklich Sorgen zu machen. Vielleicht würden sich ja ihre Albträume auch wieder legen und dann ginge es ihr danach auch wieder besser. Jana saß unterdessen kreuzbeinig auf dem Bett und streichelte ihren Bauch. Man konnte sogar schon sehen, wie das Kleine gegen ihre Bauchdecke stieß. Gerade war es ziemlich aktiv und Jana schien sich darüber zu freuen. „Ich hoffe, es wird ein Mädchen“, erzählte sie mir glücklich. Ich konnte nur leicht schmunzeln. Im Grunde war es mir egal, ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen würde, aber ‚Emma‘ war bisher immer noch der einzige Name, bei dem sich Jana sicher war, dass er ihr gefiel. „Tja, wenn es ein Junge wird, dann dürfte es Emma später sehr schwer haben“, witzelte ich schließlich. „Sei nicht so gemein“, antwortete sie, musste aber auch grinsen. „Oder aber wir nennen es doch Elfendepp. Der Name ist sogar unisex!“ „Der Name ist furchtbar!“ Ich musste lachen. „Oder Wilberforce“, schlug ich vor. „Der wäre doch auch nicht schlecht.“ Sie versuchte mich böse anzublicken. Das Problem war nur, dass sie viel zu lieb war, um wirklich böse zu gucken. „Weißt du eigentlich, dass du absolut niedlich aussiehst, wenn du versuchst böse zu gucken?“, fragte ich sie, immer noch lachend. „Jetzt weiß ich, was du meintest, ich sollte dich nicht nach Namen fragen“, erwiderte sie nur etwas beleidigt und überging dabei meine Bemerkung. „Ich will dich doch nur ein bisschen ärgern“, entgegnete ich und nahm sie wieder in den Arm. Ihr Fieber machte es mir tatsächlich ziemlich schwer, mir wirklich ernsthaft über Namen Gedanken zu machen. Tatsächlich hatte sie ja eigentlich nur etwas erhöhte Temperatur, aber es gefiel mir trotzdem nicht. Ihr Zustand besserte sich auch in den nächsten paar Wochen nicht. Die meiste Zeit verbrachte ich bei ihr, weil ich es kaum wagte, sie alleine zu lassen. Wenn ich mich doch einmal nach Hogwarts begab, dann nur für ein paar Stunden und nur, wenn es Jana nicht allzu schlecht ging. Ich streifte dann durch den Wald und – wenn ich mir sicher war, dass alle Schüler gerade beim Unterricht oder beim Abendessen waren – auch über das gesamte Gelände. Ich würde Peter auch nach all den Jahren immer noch am Geruch erkennen, da war ich mir sicher, aber wo immer er sich auch versteckt hielt, er hatte sich ein ziemlich cleveres Versteck gesucht. Frustriert kehrte ich schließlich zu Jana zurück, die schon auf mich wartete. Sie saß im Wohnzimmer auf dem Fußboden. Offenbar hatte sie ihre Schwangerschaftsübungen gemacht, während sie alleine war und kam nun nicht mehr alleine hoch. „Du sollst doch klopfen, wenn du mich brauchst“, ermahnte ich sie, während ich ihr wieder auf die Beine half. „Ich will nicht, dass man dich erwischt“, widersprach sie. „Ich pass schon auf mich auf. Außerdem würde ich schon dir zuliebe nichts riskieren.“ Sie antwortete nicht. Sie verkrampfte sich und hielt sie ihren Bauch. „Was ist?“, wollte ich wissen, doch sie schien zu starke Schmerzen zu haben um zu antworten. „Hast du Wehen?“ „Es geht wieder“, antwortete sie schließlich. „Aber es wäre noch viel zu früh!“ „So viel zu früh wäre es auch nicht.“ „Doch -“ Sie guckte mich entsetzt an, doch ich hielt ihre Hände fest und nahm sie einfach nur in den Arm, um zu verhindern, dass sie sich aufregte. „Du solltest dich jetzt einfach etwas ausruhen“, sagte ich ihr und half ihr dabei, die Treppen hoch zu kommen. Der Abend verging ohne weitere Vorkommnisse. Nachdem Jana schließlich eingeschlafen war, las ich weiter in Lilys alten Ratgebern. Zwar hatte sie nach der einen Wehe keine weiteren Wehen gehabt, aber ich machte mir trotzdem Sorgen. Schließlich stellte ich jedoch fest, dass es offenbar verschiedene Wehen gab und offensichtlich waren Vorwehen, die unregelmäßig und nicht öfters als dreimal die Stunde auftraten, in den letzten Wochen einer Schwangerschaft völlig normal. Toll! Schön, dass das offenbar völlig normal war! Aber Jana ging es ja jetzt schon nicht so gut. Wie sollte sie da die nächsten Wochen überhaupt noch überstehen? So genau wussten wir noch nicht einmal, wann es überhaupt so weit sein sollte. Ich könnte vielleicht nachzählen, aber im Grunde wusste ich noch nicht mal, wo ich überhaupt anfangen sollte zu zählen. Wahrscheinlich müsste das Kind irgendwann Ende April oder Anfang Mai zur Welt kommen, aber jetzt war es erst Mitte März und wenn ich mir Jana so anguckte, dann kam mir Ende April/Anfang Mai noch verdammt lange hin vor. Ich seufzte und versuchte mich daran zu erinnern, wie es bei Lily gewesen war. Aber entweder hatte ich damals wirklich nicht viel von ihrer Schwangerschaft mitbekommen oder es war bei ihr einfach entspannter gewesen. Ich warf einen Blick auf den Kalender. Ich hatte mir den 25. Mai markiert, als nächstes Datum, um sie und James zu wecken. Das hieß also, dass ich nicht auf Lilys Rat warten konnte, um Jana zu helfen. Ich war also auf mich allein gestellt und wenn Jana es nun nicht schaffen sollte … Ich wollte lieber nicht daran denken. James würde mich Köpfen. Definitiv würde er mich köpfen! … Wenn es dagegen gut ausgehen sollte, dann könnte ich vielleicht auch Glück haben. Aber dennoch, wie sollte ich ihm das überhaupt erklären? Ich kam nicht weiter dazu, mir länger darüber Gedanken zu machen. Jana brach im Schlaf plötzlich in Tränen aus. Wahrscheinlich hatte sie schon wieder einen Albtraum. Ich rüttelte sie wach und sie riss erschrocken die Augen auf. „Was hast du geträumt?“, fragte ich ruhig. Sie antwortete nicht sofort und ich wartete geduldig auf ihre Antwort. „Das Baby“, stammelte sie völlig aufgelöst und sie hatte immer noch Tränen in den Augen. „Ich hab‘ es verloren.“ Ich blinzelte etwas verdutzt, dann streichelte ich ihr ruhig über die Bauchdecke. Das Kleine strampelte noch putzmunter gegen ihre Bauchdecke. „Du hast nur geträumt“, beruhigte ich sie und legte ihre Hände auf ihren Bauch. „Es ist noch da und alles ist gut.“ Sie brauchte einen Moment, um es zu begreifen. Dann entspannte sie sich wieder, trotzdem war sie noch immer völlig fertig mit ihren Nerven und ihr Fieber war noch ein wenig gestiegen. So langsam machte ich mir wirklich ernsthafte Sorgen um sie. Aber ich wagte es nicht, ihr noch einmal vorzuschlagen, das Kind etwas früher zur Welt zu bringen. Leider half mir das auch in den nächsten zwei Wochen nicht wirklich weiter. Tatsächlich ging es Jana mittlerweile richtig schlecht. Ihr Fieber war zwar noch nicht gefährlich hoch, aber hoch genug, um sich Sorgen zu machen und sie sah schon beinahe wieder so schlecht aus, wie vor ein paar Monaten, als ich aus Askaban ausgebrochen war. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus, ihr dabei zuzusehen, wie es ihr immer schlechter ging. „Jana, es geht nicht mehr“, eröffnete ich ihr. „Es gibt Möglichkeiten, um das Kind durchzubekommen, auch wenn es ein bisschen früher dran ist, als normal.“ „Es ist noch zu früh“, widersprach sie mit Tränen in den Augen. „Ich versprech‘ dir, dass ich alles tun werde, damit alles gut gehen wird. Ich hab‘ alle Lehrbücher und Ratgeber von Lily durchgelesen. Ich weiß, was zu tun ist.“ Die Wahrheit war, dass die darin beschriebenen Zauber ziemlich kompliziert wirkten und ich sie natürlich noch nie zuvor geübt hatte. Im Grunde war es ein Glücksspiel, aber ich konnte nicht anders. Wenn Janas Schwangerschaft noch länger andauern würde, dann würde sie vielleicht nicht mehr so lange durchhalten. Sie sah mich immer noch ängstlich an. Ihre Hände streichelten zärtlich über ihren Bauch, wie um sich zu vergewissern, dass das Kind noch strampelte. „Mach dir keine Sorgen“, beruhigte ich sie. „Ich weiß, was ich tue.“ Das war eine Lüge, aber ich versuchte auch gegen meine eigene Nervosität anzukommen. Schließlich, jedoch, nickte Jana. *** Kapitel 14: Auferstanden ------------------------ Protagonist: James Potter *** Der Abend war ruhig. Ich saß noch mit Harry auf dem Sofa im Wohnzimmer und spielte mit ihm, bevor er ins Bett sollte. Er war schon umgezogen, aber er liebte es, wenn er vor dem Schlafen gehen noch bunte Rauchwolken fangen durfte. Und so ließ ich die bunten Wölkchen aus meinem Zauberstab herauspaffen und Harry sprang, vor Freude quietschend, auf dem Sofa herum und versuchte sie zu greifen. Schließlich ging die Tür auf und Lily kam herein. „Schlafenszeit für Harry“, sagte sie lächelnd. „Ja“, antwortete ich ihr kurz und nahm den Kleinen auf den Arm. Er quengelte. Er wollte noch nicht ins Bett gehen. Normalerweise wachte er auch immer noch nachts auf und weinte dann, weil er spielen wollte, aber nicht aus seinem Bettchen rausklettern konnte. Dann dauerte es auch immer eine Weile, bis wir ihn wieder hingelegt hatten und zum Einschlafen bringen konnten. „Gute Nacht, mein kleiner Rabauke“, sagte ich und drückte ihm noch einen Kuss auf die Wange, bevor ich ihn Lily übergab. Sie lächelte, als sie ihn entgegennahm und mit ihm aus dem Zimmer ging. Ich konnte hören, wie sie liebevoll mit ihm redete, während sie ihn die Treppen hoch, in sein Zimmer trug. Ich warf meinen Zauberstab auf das Sofa, ließ mich darauf nieder und streckte mich ausgiebig. Harry hielt uns den Tag über ganz schön auf Trapp. Wenn man ihn auch nur für einen Moment aus den Augen ließ, dann hatte er sich auch schon wieder irgendwo versteckt und freute sich, wenn wir ihn suchten. Plötzlich flog krachend die Haustür auf. Ich langte noch nach meinem Zauberstab, doch er entglitt mir wieder, als ich hastig in den Hausflur stürmte. Ich hatte nicht mal die Zeit, mir Gedanken darüber zu machen, dass wir verraten worden waren. Wir hatten Peter vertraut, als wir ihn zum Geheimniswahrer gemacht hatten. Selbst Sirius hatte seinen Kopf für ihn hingehalten, indem wir niemandem verraten hatten, dass sie getauscht hatten. Nicht einmal Jana hatte ich es erzählt. Ihre Sorgen, die sie sich gemacht hätte, wären berechtigt gewesen, aber ich hatte keine Zeit mehr, zu bereuen, dass ich es ihr nicht erzählt hatte. Über all das konnte ich mir jetzt keine Gedanken machen. Voldemort stand vor mir und er war im Begriff meine Familie auszulöschen. „Lily, nimm Harry und lauf!“, rief ich noch panisch zu ihr nach oben. „Er ist es! Schnell fort, ich halte ihn auf!“ Aber natürlich konnte ich ihn ja gar nicht aufhalten. Mein Zauberstab lag ja gerade sonst wo. Und so hörte ich nur noch sein kaltes, schrilles Lachen und sah gerade noch den gleißenden grünen Lichtblitz. Danach war alles schwarz. Es war dunkel, als ich wieder zu mir kam. Nur ein spärliches Licht flackerte. Es dauerte einen Moment, bis ich realisierte, dass ich nicht zu Hause war. Ich lag nicht auf meinem Sofa oder im Bett. Ich lag in einer hölzernen Kiste und alles um mich herum war aus Stein. Ich befand mich ein einer Gruft! Wie konnte das sein? Das Jenseits hatte ich mir doch irgendwie anders vorgestellt, irgendwie viel heller. So hell, dass es schon blendete und ganz bestimmt würde ich nicht in einer Gruft aufwachen! War ich also tatsächlich noch am Leben? Das war gruselig! Ich sah an mir herunter, sah auf meine Hände und fuhr mir über das Gesicht. Soweit ich das sagen konnte, war ich kein Zombie, oder? Aber ich musste doch eigentlich tot sein. Niemand hatte jemals den Todesfluch überlebt und der grüne Lichtblitz war doch eindeutig der Todesfluch gewesen, oder? … Oder hatte ich mir vielleicht in meiner Panik nur eingebildet, dass Voldemort den Todesfluch gesprochen hatte und tatsächlich hatte er irgendeinen anderen Fluch gesprochen? … Nein, diese Vorstellung war definitiv absurd. Natürlich war es der Todesfluch gewesen. Aber wieso lebte ich dann noch? Ich kletterte etwas unbeholfen aus meinem Sarg. Meine Beine fühlten sich noch etwas taub an und es dauerte einen kurzen Moment bis sie mich wieder selbstständig trugen. Ich sah mich um. Neben meinem Sarg stand ein zweiter Sarg. Auch er war offen. Warum waren die Särge eigentlich überhaupt offen? … Aber diese Frage beschäftigte mich nicht lange. Lily lag in dem zweiten Sarg. Geschockt ging ich darauf zu. Meine Knie gaben etwas nach und ich hatte Mühe, mich noch immer auf den Beinen zu halten. „Lily?“, hauchte ich verzweifelt. Ich streichelte ihr sanft über die Wange und betrachtete sie traurig. Sie hatte also nicht fliehen können. Aber wo war Harry? Plötzlich regte sie sich und ich zog verdutzt meine Hand zurück. Was ging hier nur vor? „Lily?“, fragte ich, diesmal lauter. Sie blinzelte. „James?“, erwiderte sie etwas irritiert. Dann richtete sie sich mit einem Mal ruckartig auf. „Wo ist Harry?“ Ich hielt sie an der Schulter fest. „Ich weiß es nicht“, gestand ich ihr. Ich sah mich um, aber es war kein weiterer Sarg zu sehen, in dem er hätte liegen können. „Was ist passiert?“, fragte sie weiter. „Wo sind wir hier?“ „Ich weiß es nicht. Ich bin auch gerade erst aufgewacht und ich versteh wirklich nicht, wie. Ich müsste tot sein und doch… Seh ich eigentlich aus wie ein Zombie?“ Sie sah mich erschrocken an. „Nein“, antwortete sie. „Du siehst ganz normal aus.“ „OK“, erwiderte ich etwas beruhigt. „Lass uns hier erst einmal von hier verschwinden.“ „Ohne Harry?“ „Er ist nicht hier. Ich sehe hier nirgends noch einen dritten Sarg. … Lass uns von hier verschwinden, bitte. Wir werden herausfinden, was passiert ist und wo Harry ist.“ Ich half ihr dabei, aus ihrem Sarg heraus zu steigen. Sie fiel mir schluchzend in die Arme. „Er wollte Harry töten“, erzählte sie mir unter Tränen. „Er wollte von mir, dass ich zur Seite gehe und dabei zusehe, wie er ihn tötet. Ich habe ihn angefleht, lieber mich zu töten und Harry zu verschonen, aber ich weiß nicht, was dann passiert ist.“ Ich hielt sie nur unbeholfen in meinen Armen und streichelte ihr beruhigend das Haar. „Vielleicht hat er ihn ja verschont“, mutmaßte ich zaghaft. Das war unwahrscheinlich. Seit wann hörte Voldemort auf Bitten? Und doch; Harry war nicht hier. Eine vernünftige Erklärung dafür, warum er nicht hier war, war, dass er vielleicht lebte. War vielleicht zufällig jemand gerade noch rechtzeitig dazu gekommen, um wenigstens ihn zu retten? „Komm“, sagte ich zu ihr, griff nach unseren Zauberstäben in den Särgen und wir wandten uns zum Gehen um. Die Tür zur Gruft war nicht verriegelt. Das war schon etwas seltsam. Aber es war auch gut für uns. Was würden wohl die Leute denken, wenn sie uns aus der Gruft rufen hörten? Sie wären wohl berechtigterweise geschockt. Es war mitten in der Nacht und in keinem der Häuser, die ich von hier aus erkennen konnte, brannte Licht. Wir verließen den Friedhof. Das Tor quietschte ein wenig, aber nirgendwo in den Häusern ging das Licht an. Gerade wollten wir uns auf den Weg zu uns nach Hause machen, als uns der Obelisk auffiel, der schon immer hier gestanden hatte. Er hatte sich in eine Statue verwandelt, die uns zeigte. Sie war ein Abbild von Lily und mir mit Harry auf dem Arm. Was sollte das? Warum stand hier eine Statue von uns? Das war doch echt verrückt! Lily neben mir zitterte. Sie hatte Tränen in den Augen. „Lass uns weiter gehen“, sagte ich schließlich und nahm sie an der Hand. „Was ist bloß passiert?“, fragte sie. „Ich weiß es nicht. Aber wir werden es herausfinden. Komm.“ Ich zog sie sachte mit mir und wir gingen weiter zu unserem Haus. Als es schließlich in Sichtweite kam, sackte mir das Herz in die Hose. Die Hecke und das Gras wucherten wild vor sich hin. Die Hauswand war über und über mit Efeu bedeckt und in der Hauswand, genau an der Stelle, wo Harrys Kinderzimmer gewesen war, klaffte ein riesiges Loch. Wir erstarrten einen Moment. Lily schlug die Hand vor den Mund. „Harry“, schluchzte sie. Ich antwortete nicht und zog sie weiter. Das Tor war verrostet. Es ließ sich kaum öffnen. Plötzlich stieg ein Schild aus dem Boden. An dieser Stelle verloren in der Nacht des 31. Oktober 1981 Lily und James Potter ihr Leben. Ihr Sohn Harry ist bis heute der einzige Zauberer, der jemals den Todesfluch überlebt hat. Dieses Haus, für Muggel unsichtbar, wurde in seinem zerstörten Zustand belassen zum Gedenken an die Potters und zur Erinnerung an die Gewalt, die ihre Familie zerriss. Ich musste die Aufschrift auf dem Schild zweimal lesen, ehe ich begriff, was sie bedeutete. Harry hatte überlebt. Voldemort hatte ihn nicht verschont, aber er hatte überlebt. Es war auch niemand noch gerade rechtzeitig zu seiner Rettung erschienen. Er hatte einfach überlebt! Wie sollte das gehen? Er war doch nur ein kleines Baby gewesen! Er war gerade 15 Monate alt! Wie konnte er den Todesfluch überlebt haben? … Natürlich sollten Lily und ich eigentlich auch nicht hier stehen, um diese Aufschrift hier zu lesen, aber irgendwie erschien es mir seltsamer, dass Harry den Fluch so überlebt hatte, dass offensichtlich auch noch alle davon wussten. Auch Lily, neben mir, schien sich das zu fragen. „Er hat überlebt?“, hauchte sie verwundert und hoffnungsvoll zugleich. „Aber wo ist er?“ „Er wird wohl kaum noch hier in der Gegend wohnen“, antwortete ich mit Blick auf das Haus. „Lass uns reingehen. Vielleicht finden wir ja einen Hinweis.“ Ich stieß das Tor auf und wir betraten unser Haus. Jemand hatte es ausgeräumt. Alle Möbel standen zwar noch an ihrem Platz, aber unsere sämtlichen persönlichen Dinge waren verschwunden. Da hatte man dieses Haus zwar in seinem Zustand belassen zum Gedenken an uns, aber unsere persönlichen Dinge hatte man offenbar doch eingesammelt. Na super! Wir betraten jeden einzelnen Raum. Doch: Nichts. Das ganze Haus war aufgeräumt. Nur noch die Möbel standen hier, aber nirgendwo lag noch etwas von uns rum. So interessant waren unsere persönlichen Sachen doch nun auch wieder nicht gewesen. Warum hatte man sie mitgenommen? Hätte nicht in der Hauswand so ein riesiges Loch geklafft, hätte man fast meinen können, das Haus würde als Ferienhaus genutzt und stünde nur vorübergehend leer. Ich sah mich nach Lily um. Sie war eigenständig durch das Haus gewandert und ich fand sie in Harrys ehemaligem Zimmer. Sie war auf dem Fußboden zusammengesackt und weinte. Auch hier hatte man alle persönlichen Gegenstände zusammengesammelt; Spielsachen, Kuscheltiere, alles! Warum? … Gut, wenn es nur Harrys Spielsachen und Kuscheltiere gewesen wären, könnte ich es auch noch irgendwo einsehen. Schließlich hatte er überlebt, also hatte Sirius wohl vermutlich Harrys Sachen zusammengepackt. Aber der Rest? Ich half Lily dabei, aufzustehen. „Komm“, sagte ich. „Es hat keinen Zweck mehr, hier zu bleiben. Es findet sich doch kein Hinweis.“ „Aber wo sollen wir hin?“, fragte sie. „Zu Sirius? Vermutlich ist Harry sogar bei ihm. Er wird uns sicher alles erklären können. Komm.“ Sie nickte und wir apparierten von hier aus zu Sirius‘ Haus. Wir kamen auf seiner Terrasse an. Es war ebenfalls stockfinster. Vermutlich schlief er, aber das kümmerte mich nicht. Ich klingelte. Keine Reaktion. Ich klingelte noch einmal. Wieder kam keine Reaktion von drinnen. Es ging nicht einmal das Licht an. War er nicht zu Hause? „Alohomora“, flüsterte ich leise und die Tür öffnete sich. Das Haus wirkte verlassen. Alles hier war verstaubt. Es lag noch alles rum, was Sirius so besaß, aber es sah so aus, als hätte es schon lange niemand mehr angefasst. Von Sirius selbst oder von Harry war im ganzen Haus keine Spur zu sehen. Nicht mal Harrys Spielsachen waren hier. So langsam machte ich mir wirklich Sorgen. Wo war Sirius? Kümmerte er sich etwa nicht um Harry? Vielleicht waren die beiden ja gerade für eine Weile nicht zu Hause, aber warum waren dann Harrys Sachen nicht hier? Warum hatte Sirius hier alles zurückgelassen? War ihm vielleicht etwas zugestoßen? War er vielleicht dazu gekommen und hatte versucht, Harry zu retten? Aber dann hätte ja vielleicht ein Hinweis auf dem Schild gestanden. Was war ihm also passiert? „Ich versteh das nicht“, sagte ich. Ich bekam keine Antwort. Lily blickte sich nur geschockt um und wirkte mehr und mehr verzweifelt. Auch ich hatte langsam Mühe, noch einen vernünftigen Gedanken zu fassen. „Lass uns Dumbledore aufsuchen“, schlug ich schließlich vor. „Vielleicht hat er Antworten für uns.“ Sie nickte nur. Nach Hogwarts selbst konnten wir nicht apparieren. Also apparierten wir nur bis zur Station von Hogsmeade, wo der Hogwartsexpress immer hielt. Hier traf uns gleich der nächste Schock. Dementoren! Hunderte! Und sie sahen aus, als hätten sie schon lange keine Opfer mehr in die Finger bekommen! Wir hatten keine Zeit uns lange darüber Gedanken zu machen. Ich griff nach meinem Zauberstab und konzentrierte mich mit aller Macht auf ein glückliches Ereignis; Harrys Geburt zum Beispiel. „Expecto Patronum“, brüllte ich, doch aus meinem Zauberstab kam nur schwächlicher Rauch. Auch Lily, neben mir, hatte Schwierigkeiten, sich auf eine glückliche Erinnerung zu fokussieren. Schließlich, nach dem dritten oder vierten Versuch, gelang es mir einen Patronus zu erschaffen. Der silberne Hirsch brach aus meinem Zauberstab hervor und vertrieb die Dementoren um uns herum. Ich packte Lily bei der Hand und wir rannten so schnell wir konnten auf das Gelände. Sie waren nicht auf dem Gelände, nur davor und sie kamen uns auch nicht auf das Gelände hinterher. Also waren wir jetzt wieder vor ihnen sicher. Aber was bei Merlin suchten sie hier?!? Der Schock saß tief und im nächsten Moment spürte ich, wie Lily, neben mir, in sich zusammensackte. „Lily!“, rief ich und ging neben ihr auf die Knie. Ich versuchte sie wieder wachzurütteln. „Lily!“ Sie rührte sich nicht. Ich lief zum See hinüber und hielt meine Hände kurz in das kalte Wasser. Dann rannte ich wieder zurück zu ihr und gab ihr einen Klapps auf die Wange. Schließlich regte sie sich wieder und ich atmete erleichtert auf. Es war nur der Schreck gewesen, nahm ich an. „Ist alles OK?“, wollte ich wissen, als sie mich verwirrt anblickte. „Gar nichts ist OK!“, schrie sie aufgebracht. „Harry ist weg, Sirius ist nicht zu Hause und in seiner Wohnung gibt es auch keine Anzeichen davon, dass Harry bei ihm lebt. Wir wissen immer noch nicht, was passiert ist und jetzt finden wir hier rund um die Schule hunderte Dementoren vor!“ Sie brach in Tränen aus und fiel mir weinend in die Arme. Eine Weile lang saßen wir nur so da. Sie lag in meinen Armen und weinte und ich konnte nichts sagen, um sie zu trösten. Sie hatte ja Recht, es war nichts in Ordnung gerade. „Lily, beruhig dich doch“, versuchte ich sie schließlich zu besänftigen. „Es wird alles wieder gut, das versprech ich dir.“ Aber sie wollte sich nicht beruhigen. Sie klammerte sich nur an meine Brust und weinte. „Lily, bitte“, redete ich auf sie ein. „Wir werden Dumbledore aufsuchen. Er wird uns erzählen können, was passiert ist. Er wird uns sagen können, wo Harry und Sirius sind. Es wird alles wieder gut. Bitte beruhig dich.“ Ich hoffte nur, dass Dumbledore hier überhaupt noch Schulleiter war. Wenn hier schon hunderte Dementoren rum schwirrten, war vielleicht noch Schlimmeres geschehen. Eigentlich hatte ich, nachdem ich das Schild vor unserem Haus gelesen hatte, die leise Hoffnung gehegt, Voldemort wäre mittlerweile besiegt worden. Aber die Dementoren hier nahmen mir diese Hoffnung gerade wieder weg. Aber diesen Gedanken teilte ich Lily lieber nicht mit. Sie hatte sich nun tatsächlich etwas beruhigt und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Ich half ihr wieder auf die Beine. Mittlerweile wurde es schon langsam hell. Noch war kein Schüler auf dem Gelände unterwegs. Wir liefen um den See herum und während wir dem Schloss näherkamen, stieg die Sonne etwas höher. Schließlich kamen wir an der kleinen Besenhütte in der Nähe des Quidditchfeldes vorbei. Wir liefen nun geradewegs auf das Schloss drauf zu. Drei Schüler, zwei Jungen und ein Mädchen kamen nun raus auf das Gelände und machten sich auf den Weg zum Quidditchfeld. Nur einer der beiden Jungen trug einen Besen. Sie unterhielten sich und bemerkten uns nicht sofort. Das Mädchen bemerkte uns zuerst und blieb abrupt stehen vor Schreck. „Hermine?“, hörte ich einen der beiden Jungen sagen und die beiden wandten sich zu ihr um. Dann folgten sie ihrem Blick in unsere Richtung und auch ihnen verschlug es die Sprache. Der andere Junge ließ seinen Besen fallen. Es traf mich wie ein Schock. Es war, als würde ich in einen Spiegel blicken. Er hatte schwarze, zerzauste Haare, hatte meine Statur und er trug eine Brille. Überhaupt sah er so aus wie ich, nur jünger. Es gab nur zwei offensichtliche Unterschiede: seine Augen waren grün, so wie die von Lily und er hatte eine blitzförmige Narbe auf der Stirn. Lily, neben mir, schlug die Hand vor den Mund und ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen, als sie Harry erblickte. Ich hingegen stand da wie festgefroren. Ich hatte erwartet, dass wohl ein paar Monate vergangen sein mochten, aber Jahre? Und dann noch so viele? Harry war groß geworden. Wie alt mochte er jetzt sein? Vielleicht 12 oder 13? Vielleicht auch schon 14? Ich konnte es nicht sagen und mir sank das Herz in die Hose. Dass es Harry war, stand jedenfalls außerfrage. Er sah mir zu ähnlich, als dass es jemand anderes sein konnte. So sehr ich doch versuchte, zu leugnen, dass er es sein konnte, es ging nicht. Ich musste mir eingestehen, dass tatsächlich so viele Jahre vergangen sein mussten und Harry nun direkt vor uns stand. Er starrte uns an und wir starrten zurück. Ich konnte nicht sagen, was er wohl denken mochte. War er wütend, dass wir ihn so lange alleine gelassen hatten? Würde er es uns übelnehmen, dass wir hierhergekommen waren? Würde er uns je verzeihen können? Wie sollten wir die verlorene Zeit jemals wieder gut machen? Neben mir, löste sich Lily von mir und machte einen zaghaften Schritt auf Harry zu. Auch er schien sich aus seiner Starre zu lösen, trat auf uns zu und fiel uns unvermittelt um den Hals. Lily brach nun endgültig in Tränen aus und umklammerte ihn fest. Auch ich umarmte sie beide, doch ich war immer noch wie paralysiert. Erst nach einer ziemlichen Weile lösten wir uns wieder voneinander. Ich betrachtete Harry und er blickte uns an. „Ihr lebt?“, wollte er wissen. Er klang nicht verärgert oder anklagend. Er klang nur überrascht. Und doch … was sollte ich ihm darauf antworten? Lily rang mit ihren Worten und sie hatte immer noch Tränen in den Augen. „Vielleicht … sind wir ja auch einfach bloß Zombies“, erwiderte ich matt. Das war die plumpste Antwort, die ich ihm nur hatte geben können, stellte ich bereits im nächsten Moment fest und ich ärgerte mich über mich selbst. Er starrte mich verdutzt an. „Ich meine … ähm…“, stammelte ich, „tut mir leid, ich weiß nicht, was eigentlich passiert ist. … … Ich bin einfach froh, dass du lebst.“ Und ich zog ihn noch einmal in eine Umarmung und ich hielt ihn fest. Ich wollte ihn nicht wieder loslassen. Was würde passieren, wenn ich ihn wieder losließ? Würde ich ihn dann wieder verlieren? Ein bisschen fühlte es sich an, als hätte ich ihn bereits verloren. Er war so groß geworden und im Grunde kannte ich ihn gar nicht mehr. Das letzte, was ich von ihm wusste, war, dass er mit 15 Monaten liebend gern bunte Rauchwölkchen aus meinem Zauberstab gefangen hatte. Mir kam es im wahrsten Sinne des Wortes so vor, als wäre das erst gestern gewesen. Aber wie viel Zeit war seitdem wirklich vergangen? Irgendwann, nach einer gefühlten Stunde, löste ich mich wieder von ihm. Ich blickte ihn nur traurig an und wusste nicht, was ich sagen sollte. Lily stand wie paralysiert neben uns, während Harry uns abwechselnd abwartend anblickte. „Sie sind wirklich von den Toten wieder auferstanden?“, wollte sein Freund wissen. Auch er und das Mädchen waren noch da und beobachteten uns. „Ron!“, zischte sie und stieß ihm mit dem Ellbogen in die Seite. „Was?“, verlangte er, als wisse er nicht, was er falsch gemacht hatte. Ich ließ ein schwächliches und nervöses Lachen hören. „Wenn man das so sagen kann“, antwortete ich dem Jungen, „dann sind wir wohl von den Toten wieder auferstanden.“ Das war unmöglich, aber gab es eine andere Erklärung? Wir ließen uns neben der Besenhütte nieder. Es gab einiges zu erzählen, auch wenn ich absolut keine Ahnung hatte, wo ich anfangen sollte. Harry stellte seine Freunde als Ron Weasley und Hermine Granger vor, die mit ihm in Gryffindor waren. Ich konnte nur nicken. Es erschien mir überflüssig Lily und mich vorzustellen. Ein Moment der Stille trat ein. „Wie ist es so, von den Toten wieder aufzuerstehen?“, wollte Ron schließlich wissen. „Ron, um Himmels Willen!“, zischte Hermine und stieß ihm noch einmal in die Seite. Ich musste irgendwie grinsen. Der Junge war schon etwas witzig. „Bisher verwirrend“, antwortete ich bloß. Dann blickte ich kurz zur Seite und seufzte kurz. Dann blickte ich wieder zu Harry und seinen beiden Freunden. „Was ist eigentlich passiert?“ „Ähm“, begann Harry, „naja … Voldemort hatte euch getötet …“ Ich stieß einen kurzen gequälten Lacher aus. „OK“, erwiderte ich. „Und danach?“ Harry holte Luft und erzählte uns eine ziemlich verrückte Geschichte. Er wäre bei Lilys Schwester Petunia aufgewachsen, die ihn eigentlich nur widerwillig aufgenommen hatte. Erst an seinem elften Geburtstag hätte er dann von Hagrid erfahren, dass er ein Zauberer war, weil Hagrid ihm den Brief gebracht hatte. Er erzählte uns etwas von seinen bisherigen Schuljahren, gerade war er im dritten Schuljahr. Und er erzählte uns etwas von Sirius, der aus Askaban ausgebrochen sei und nun hinter ihm her wäre. Er wäre irgendwo auf dem Gelände und man hätte ihn noch nicht in die Finger bekommen. Lily und ich blinzelten ihn irritiert an und es dauerte einen ziemlichen Augenblick, bis seine letzten Worte zu mir durchdrangen. „Sirius ist aus Askaban ausgebrochen?“, fragte ich noch einmal nach. „Ähm. Ja“, antwortete Hermine für Harry. „Wir haben erfahren, dass er einen weiteren Ihrer Freunde getötet hat, bevor er nach Askaban gebracht werden konnte.“ „Wen hat er denn getötet?“, wollte ich wissen. „Peter Pettigrew“, erwiderte Harry. Ich musste lachen. Ich konnte nicht anders und Harry und seine Freunde starrten mich an, als wäre ich verrückt geworden. Aber die Geschichte klang so absurd. Sirius ein Todesser? Und er hatte in Askaban gesessen, weil er Peter getötet hatte? „Seid ihr sicher, dass die Geschichte so stimmt?“, vergewisserte ich mich. „Ja“, antworteten alle drei im Chor und sie sahen so aus, als zweifelten sie an meinem Geisteszustand. Mein Lachen erstarb. „Es … es tut mir wirklich leid, Mr Potter“, sagte Hermine vorsichtig. „Was sollte dir daran leidtun?“, fragte ich. „Von euch kann doch niemand etwas dafür!“ Sie antwortete nicht und ich dachte angestrengt nach. Sirius war tatsächlich in Askaban gelandet! Man hielt ihn für einen Todesser und Harry wirkte beim Klang seines Namens unglaublich wütend. … Hatte ich nicht wenigstens Dumbledore geschrieben, dass Sirius nicht unser Geheimniswahrer geworden war? Ich blickte Lily an, die die ganze Zeit nur geschockt dagesessen und zugehört hatte. „Was hab‘ ich Dumbledore eigentlich in meinem letzten Brief geschrieben?“, fragte ich sie. „Dass wir den Fideliuszauber ausgeführt haben?“, erwiderte sie etwas matt. „Ja, aber hab‘ ich ihm auch geschrieben, wen wir nun zum Geheimniswahrer gewählt hatten?“ „Ich hab‘ mir den Brief nicht durchgelesen.“ „Oh…“ Offensichtlich musste ich tatsächlich vergessen haben zu erwähnen, dass Sirius und Peter getauscht hatten. Es war ja Teil des Plans gewesen, dass so wenige Leute, wie möglich eingeweiht wurden, aber wenigstens Dumbledore hätte es wohl erfahren müssen. „Oh…“, wiederholte ich und war ziemlich entsetzt. Ich war also mehr oder weniger Schuld daran, dass mein bester Freund in Askaban gelandet war. Harry und seine beiden Freunde starrten uns fragend an. „Ähm, offensichtlich gab es ein Missverständnis“, erzählte ich schließlich. „Sirius war nie ein Anhänger von Voldemort. Das kann definitiv nicht sein.“ „Aber er hat euch doch verraten, oder?“, widersprach Harry. „Nein, hat er nicht“, antwortete nun Lily, die langsam ein Stück ihrer Fassung zurückzugewinnen schien. „Er kam zu uns und hat uns vorgeschlagen jemanden anderes zu nehmen. Er hielt es für sicherer. Er wollte damit Voldemort auf eine falsche Fährte locken. Peter ist unser Geheimniswahrer geworden.“ „Aber ich kann irgendwie nicht traurig darüber sein, dass der jetzt tot ist“, fügte ich leicht grimmig hinzu. Einen Moment lang herrschte Stille. „Aber warum bricht er dann aus Askaban aus und ist hinter Harry her?“, fragte Ron plötzlich. „Woher wollt ihr wissen, dass er hinter Harry her ist?“, erwiderte ich. „Warum sollte er sonst nach Hogwarts kommen?“, wollte Harry wissen. Ich überlegte. „Naja… er hat immerhin einige Jahre in Askaban verbracht“, mutmaßte ich. „Vielleicht ist er ja ein wenig verwirrt und eigentlich will er nur mal ‚Hallo‘ sagen.“ Harry und Ron mussten lachen. „Ach ich weiß es doch nicht“, setzte ich noch hinterher. „Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass er hinter dir her ist, Harry. Das kann nicht sein. Warum sollte er das tun? Er ist dein Pate.“ Wieder herrschte einen Moment lang Stille. „Es tut mir leid, dass du bei deiner Tante Petunia aufwachsen musstest, Harry“, meinte ich schließlich. „Ich dachte, ich hätte Dumbledore geschrieben, dass wir den Plan geändert hatten. Offensichtlich habe ich das vergessen. Hätte wenigstens Dumbledore Bescheid gewusst, dann hättest du sicher bei Sirius aufwachsen können. …“ „Warum musste er überhaupt zu Petunia?“, warf Lily verzweifelt ein. „Gab es keine andere Möglichkeit?“ Ich überlegte angestrengt, wer Harry sonst noch hätte großziehen sollen. Dann schüttelte ich den Kopf. Jana wäre auch nicht infrage gekommen, selbst, wenn sie gewollt hätte. … Jana! Was war eigentlich mit Jana? Die ganze Zeit hatte ich mir kaum Gedanken über sie gemacht. Bevor wir Harry getroffen hatten, hatte ich wohl unbewusst angenommen, dass sie noch hier in Hogwarts sein müsse. Aber es war so viel Zeit vergangen, dass sie längst fertig sein musste. Aber was sollte sie dann angefangen haben? „Ich trau mich kaum zu fragen“, setzte ich an. „Aber, wenn du bei deiner Tante Petunia aufgewachsen bist und nichts von unserer Welt wusstest, bevor Hagrid dir gesagt hat, du wärst ein Zauberer, was ist dann aus Jana geworden?“ „Wer ist Jana?“, fragte Harry daraufhin. Ich hatte es befürchtet! Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Jahre waren vergangen, Harry war fernab der Zauberwelt aufgewachsen, Sirius hatte in Askaban gesessen und war nun auf der Flucht und Jana war verschwunden! Ein Teil von mir hoffte, dass sie noch lebte. Der andere Teil jedoch – und dieser Teil war ziemlich dominant – war davon überzeugt, dass sie keine Chance gehabt haben konnte, wenn sich nicht jemand um sie gekümmert hatte. „James‘ Schwester“, antwortete Lily für mich. Auch sie wirkte betroffen. „Sie war kränklich. Sie hätte sich nicht selber um dich kümmern können.“ „Sie hätte ja selber jemanden gebraucht, der sich um sie kümmerte“, fügte ich hinzu. „Aber wer soll das getan haben?“ „Vielleicht hat sie ja auch jemanden gefunden“, versuchte Lily mich zu besänftigen. „Ja, aber dann hätte sie sich ja bei Harry gemeldet“, widersprach ich frustriert. Ein weiteres Mal trat Stille ein. Ron sah aus, als wollte er etwas sagen, aber Hermine boxte ihm schon wieder in die Seite, als wolle sie ihm bedeuten, still zu sein. In dem Moment war ich ihr dankbar dafür. Es traf mich wirklich hart, dass Jana verschwunden war. Der hoffnungsvolle Teil in mir gab immer mehr dem Teil von mir nach, der mir sagte, dass es wirklich unwahrscheinlich war, dass Jana nach all den Jahren noch lebte. „Würde es euch etwas ausmachen, wenn wir jetzt zu Dumbledore gehen könnten?“, wandte ich mich schließlich an die drei. Ich wollte mich ablenken und außerdem hatte ich so langsam das Gefühl, dass es wirklich überfällig war, mit Dumbledore zu reden. Sie schüttelten nur die Köpfe und standen auf. „Was ist heute eigentlich für ein Tag?“, wollte ich neugierig wissen. Es war jedenfalls kein Unterricht, ganz offensichtlich. „Montag“, antwortete Ron. „Aber es sind Osterferien. Und Harry hat mir eigentlich versprochen, dass ich mit seinem Feuerblitz fliegen darf.“ „Ron, du bist unmöglich!“, schimpfte Hermine, doch Harry drückte ihm seinen Besen in die Hand. „Geh schon“, forderte er ihn auf. Ron bekam leuchtende Augen und Harry fügte noch grinsend hinzu: „Aber mach ihn nicht kaputt.“ „Boah! Danke, Harry“, freute sich Ron. „Wir sehen uns dann später, ja?“ Ich sah, wie Hermine die Augen verdrehte. Dann warf sie Harry und uns einen kurzen Blick zu, bevor sie Ron hinterherrannte. Ich nahm an, sie wollte uns damit etwas Privatsphäre verschaffen. „Du spielst Quidditch?“, fragte ich, während Harry uns zu Dumbledores Büro begleitete. „Ja, als Sucher“, antwortete er und ich konnte nur noch in mich hineingrinsen, während er mir auf dem ganzen Weg hoch zu Dumbledores Büro davon erzählte, wie er in die Mannschaft gekommen war, wie das Team so war und alles, was es darüber sonst noch so zu erzählen gab. Es verschaffte mir wenigstens ein bisschen Ablenkung für diesen Moment. Kapitel 15: In Dumbledores Büro ------------------------------- Protagonist: James Potter *** Vor dem Aufgang zu Dumbledores Büro versperrte uns der steinerne Wasserspeier den Weg. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ja das Passwort zu seinem Büro gar nicht kannte. „Du kennst nicht zufällig das aktuelle Passwort?“, fragte ich Harry. „Ähm…“, erwiderte er etwas ratlos. „Scherbert Zitrone?“ Nichts passierte. „Das zumindest war letztes Jahr das Passwort gewesen“, schloss er etwas ernüchtert. „Tja… dann ist es das jetzt wohl nicht mehr“, antwortete ich. „Knallbonbon? … Himbeermarmelade? … Siruptorte? … Lakritzzauberstab? ...“ Von dem Wasserspeier kam keine Reaktion. „Super!“, gab ich etwas resigniert auf. „Wir stehen hier einfach so rum und warten. Vielleicht kommt er ja irgendwann von selber raus!“ Harry hingegen schien sich noch nicht so schnell geschlagen geben zu wollen. „Eulenkeks … Butterbier … Eismäuse …“, riet er weiter, „Getrocknete Kakerlaken …“ „Gummidrops“, warf eine weitere Stimme ein und der Wasserspeier erwachte augenblicklich zum Leben und gab den Weg frei. Ich wandte mich nach der Stimme um. Es dauerte einen Moment, eh ich den Mann, der vor mir stand, erkannte. Er sah schäbig und kränklich aus, seine Kleidung war alt, abgetragen und mit Flicken überseht, seine Haare waren etwas angegraut und er hatte ein paar Narben im Gesicht, in welchem die pure Überraschung geschrieben stand. „James? Lily?“, fragte er nach einer Weile, in der wir uns einfach nur angestarrt hatten. „Remus?“, erwiderte ich ebenso perplex. Mit ihm hatte ich überhaupt nicht gerechnet. „Was tust du hier?“ „Das fragt gerade der Richtige!“, entgegnete er. „Bevor du fragst“, fiel ich ihm ins Wort, „ich kann dir nicht beantworten, wie wir aus unserem Grab entsteigen konnten. Wir hatten gerade gehofft, dass Dumbledore vielleicht ein paar Antworten für uns hätte. … Aber ich halte es auch nicht für ausgeschlossen, dass wir auch einfach nur Zombies sein könnten.“ „Ihr seht nicht aus wie Zombies“, versicherte er uns. Einen kurzen Moment schien er mit seiner Fassung zu ringen und brachte keinen Ton hervor. „… Wow!“, setzte er schließlich wieder an. „Ich bin so perplex, ich hab‘ glatt vergessen, was ich eigentlich wollte. Aber ich komme gerne mit hoch und hoffe mit euch, dass Dumbledore Antworten für euch hat.“ „Cool“, antwortete ich knapp und endlich stiegen wir die Treppe zu Dumbledores Büro empor. Oben angekommen klopfte ich an die Tür. „Herein!“, hörten wir Dumbledores freundliche Stimme. Wir traten ein. Dumbledore wirkte nicht überrascht, als er uns sah. Tatsächlich blickte er von seinem Strickmuster-Heft auf, das er gerade gelesen hatte und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als wäre es völlig normal, dass Leute so einfach nach 12 Jahren ihrem Grab entsteigen. „Oh, James! Lily! Remus! Und Harry!“, begrüßte er uns gut gelaunt. „Welch freudige Überraschung, euch zu sehen! Setzt euch doch! Möchtet ihr vielleicht ein Brausebonbon?“ Er setzte sich aufrecht hin, bot uns je einen Stuhl an und hielt uns eine kleine Schale mit Bonbons hin. Ich blieb jedoch sehen. „Nein, danke“, antwortete ich, während die anderen nur stumm mit dem Kopf schüttelten. „Nun, gut“, meinte er. „Ich stelle die Schale also einfach hier hin und wenn ihr wollt, dann greift einfach zu.“ Er stellte die Schale in unserer Griffnähe ab, dann lächelte er uns freundlich an. „Ich denke, ihr werdet mir vielleicht verzeihen, wenn ich euch zunächst eine kleine Frage stelle, bevor ihr mir eure sicher spannende Geschichte erzählt?“, fuhr er an Lily und mich gewandt fort. Ich blickte ihn nur abwartend an, was ihm als Zustimmung zu genügen schien. „Was tat Harry, als ich das letzte Mal bei euch zu Besuch war?“ Ich legte meine Stirn in Falten und musste erst einmal überlegen. Das letzte Mal, als er uns besucht hatte, hatten wir über den Fidelius-Zauber diskutiert. Er hatte uns angeboten, selber unser Geheimniswahrer zu werden, aber wir hatten abgelehnt. Damals war es auch noch unser fester Plan gewesen, Sirius zu wählen – wären wir doch bloß dabeigeblieben! … Danach hatten wir uns, glaube ich auch noch über den Tarnumhang unterhalten … Aber was hatte Harry in der Zeit gemacht? Lily schien sich jedoch schneller als ich, daran zu erinnern. „Er hat auf dem Fußboden, im Wohnzimmer mit seinen Bauklötzchen gespielt“, antwortete sie. „Dann kam er irgendwann auf meinen Schoß. Und schließlich fand er Ihren Bart so faszinierend, dass er die ganze Zeit nur noch damit gespielt und darauf rumgekaut hat!“ Remus unterdrückte einen kurzen Lacher, während Harry ein Gesicht machte, als wisse er nicht so recht, ob ihm diese Geschichte nun peinlich sein oder ob er sich witzig finden sollte. „Ach richtig! Hat er Sie nicht sogar noch gefragt, ob Sie – wie war das - der Weihnachtsmann wären?“, erinnerte ich mich. Jetzt konnte Harry sich einen kurzen Lacher offenbar nicht mehr verkneifen. Dumbledore achtete jedoch nicht auf ihn. Ihm schien diese Antwort zu genügen, denn er nickte und lächelte uns nun noch breiter an. „Nun, dann bin ich doch sehr gespannt darauf zu erfahren, wie ich zu diesem unverhofften Besuch komme“, sagte er mit einer einladenden Geste. Ich wusste nicht so recht, wie ich seine Reaktion interpretieren sollte. Sein Gesichtsausdruck wirkte nach wie vor nicht im mindesten überrascht und doch kam mir seine Formulierung so vor, als ob er diese Überraschung vielleicht nur verborgen hielt. Andererseits hatte er bisher noch immer alles gewusst oder zumindest eine hilfreiche Vermutung parat gehabt. Also begann ich ohne weitere Umschweife. „Also ich weiß, dass das wohl etwas schräg klingt, aber Lily und ich sind letzte Nacht offenbar unserem Grab entstiegen und offensichtlich war es da drin so gemütlich gewesen, dass wir glatt ein paar Jahre verschlafen haben. Wir hatten gehofft, Sie wüssten vielleicht, was passiert sein könnte und hätten ein paar Antworten für uns.“ Für einen kurzen Moment blickte er mich nachdenklich an. „Das kommt darauf an, welche Antworten du haben möchtest“, erwiderte er. „Ich werde mein Bestes geben, dir deine Fragen zu beantworten. … Allerdings,“ fügte er nun in einem etwas bedauernden Tonfall hinzu, „fürchte ich, dass ich bereits deine erste Frage nicht beantworten kann. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie es passiert sein könnte, dass ihr beiden eurem Grab entsteigen konntet.“ Ich war über diese Antwort so enttäuscht, dass ich mich resigniert auf einen Stuhl sinken ließ und einen Momentlang gar nichts sagen konnte. Also konnte noch nicht einmal Dumbledore uns helfen! „Es tut mir leid, James“, setzte Dumbledore nach. „Ich kann dir nur sagen, dass kein Zauber die Toten ins Leben zurückholen kann. Ihr jedoch wirkt sehr lebendig auf mich. Die einzige Schlussfolgerung, die sich mir ergibt, ist die, dass ihr offenbar nie wirklich tot wart.“ „Aber er hat den Todesfluch auf uns gerichtet“, widersprach ich. „Und ich jedenfalls hatte keine Chance mich zu verteidigen.“ „Auch Harry hat überlebt, ohne sich zu verteidigen“, entgegnete Dumbledore. „Aber ganz offensichtlich hat Harry auf eine ganz andere Art und Weise überlebt, als wir“, stellte ich fest. „Er hat jedenfalls keine 12 Jahre verschlafen.“ „Wie hat Harry überlebt?“, fragte Lily, neben mir, zaghaft. Das war eine interessante Frage. Sie schien mir fast ein wenig grob, in Harrys Beisein und auch Lily wirkte etwas unsicher, als hätte sie sich schon eine ganze Weile gefragt, ob sie diese Frage eigentlich stellen sollte. Doch Harry wirkte nicht wütend oder verletzt darüber. „Du hast mich beschützt“, warf er ein. „Er konnte mich nicht töten, weil du ihn nicht an mich ranlassen wolltest.“ Lily und ich starrten ihn etwas verwirrt an. Was meinte er damit, Voldemort hatte ihn nicht töten können, weil Lily ihn nicht an ihn ranlassen wollte? Welche Eltern hätten denn so etwas auch zugelassen? „Das Entscheidende hierbei ist die Macht der Liebe“, fügte Dumbledore an Lily gewandt hinzu, „Indem du dich vor Harry gestellt hast, hast du ihn durch deine Liebe beschützt. Die Liebe ist eine Macht, die Voldemort nie verstanden und immer unterschätzt hat. Deswegen konnte er Harry nicht töten.“ Lily guckte immer noch geschockt und ziemlich verwirrt. Ich selber war nicht minder irritiert. Was hätte man denn anderes erwarten sollen? „Aber warum konnte ich dann nicht Lily und Harry schützen?“, wollte ich wissen. „Ich habe versucht, Voldemort auf der Türschwelle aufzuhalten. Ich hatte nicht einmal mehr meinen Zauberstab in der Hand. Warum konnte er Lily etwas antun?“ „Leider, jedoch“, erwiderte Dumbledore, „hat Voldemort dir keine Wahl gelassen, zu sterben oder nicht. Er hatte niemals vor dich am Leben zu lassen. Allerdings hätte er Lily nicht getötet, wenn sie zur Seite getreten wäre. Hätte Voldemort dir die gleiche Wahl gelassen, wie ihr, dann hätte er womöglich auch Lily nichts anhaben können.“ „Aber warum hat er mir die Wahl gelassen“, fragte Lily. „Auf diese Frage habe ich leider keine Antwort“, antwortete Dumbledore. „Ich habe seine Beweggründe dahingehend nie verstehen können. Entscheidend jedoch ist, dass er dir die Wahl gelassen hat.“ Er sah Lily lächelnd an. Sie jedoch blickte immer noch etwas verwirrt drein, sagte allerdings nichts mehr dazu. „Aber warum haben wir dann überlebt?“, kehrte ich nun zum eigentlichen Thema zurück. „Ganz offensichtlich ist es doch etwas völlig Anderes, wie Harry überlebt hat. Wieso konnten dann Lily und ich in unserem Grab aufwachen, wenn wir nicht auf dieselbe Art und Weise geschützt wurden?“ „Wie gesagt, habe ich darauf keine Antwort“, entgegnete Dumbledore. „Du müsstest mir ein wenig Zeit geben, es herauszufinden.“ Ich nickte resigniert und schwieg einen Moment. „Da wäre noch etwas Anderes, was ich gerne klären würde“, wechselte ich schließlich das Thema. „Dann schieß los“, forderte mich Dumbledore freundlich auf. „Ich habe gehört, dass Sirius in Askaban war und nun allerdings ausgebrochen ist“, begann ich. „Das ist richtig“, bestätigte er mir mit einem ernsten Nicken. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass er sich irgendwo auf dem Gelände befindet“, warf Remus ein, der bisher lediglich zugehört hatte. „Leider versteckt er sich bisher sehr erfolgreich. Er hat es zweimal geschafft ins Schloss einzubrechen, aber es ist uns leider noch nicht gelungen, ihn zu fassen.“ „Aber er ist unschuldig!“, widersprach ich und Remus wirkte mehr als nur überrascht. Ich jedoch wandte mich wieder an Dumbledore. „Professor, er war nicht unser Geheimniswahrer. Er hat uns selber davon überzeugt, dass wir lieber Peter wählen sollten und wir haben auf ihn gehört. Ich muss offensichtlich völlig vergessen haben, Ihnen das zu schreiben, aber es war geplant, dass Sirius trotzdem weiterhin so tut, als wäre er unser Geheimniswahrer. Er wollte damit Voldemorts Aufmerksamkeit auf sich lenken.“ Dumbledore sah mich einen Augenblick nachdenklich an, während Remus unterdessen offensichtlich sprachlos war. „Das wirft in der Tat ein anderes Licht auf ihn, als bisher vermutet“, stimmte er mir zu. „Allerdings erschließt sich mir nicht wirklich, aus welchen Gründen er dann schließlich aus Askaban ausbrechen und hierher nach Hogwarts kommen sollte.“ „Ich weiß es nicht“, erwiderte ich. „Ich habe gehört, alle vermuten, er hätte es auf Harry abgesehen. Aber das kann nicht sein. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Er ist immerhin Harrys Pate und wieso sollte er ihm etwas antun wollen?“ Unterdessen schien Remus ein bisschen seiner Fassung wiedererlangt zu haben. „Warum er das tun sollte, kann ich dir nicht sagen“, mischte er sich ein. „Aber die Anzeichen sprechen bisher deutlich dafür, dass er offensichtlich tatsächlich hinter Harry her ist. Beide Male, in denen er ins Schloss gelangt ist, wollte er in den Gryffindorturm. Das eine Mal war er dabei sogar mit einem Messer bewaffnet und ist bis in Harrys Schlafsaal gelangt.“ Ich starrte ihn entsetzt an, dann zu Harry, der nur ein leichtes Nicken erwiderte. Aber das konnte nicht sein! Das ergab überhaupt keinen Sinn! Er war mein bester Freund, er war wie der Bruder für mich, den ich nie hatte. Ausgerechnet er…? … Nein, das konnte nicht sein. Es musste einfach eine andere Erklärung für alles geben! Womöglich hatte Askaban ihn schlicht um den Verstand gebracht! „Er saß immerhin 12 Jahre in Askaban“, beharrte ich. „Er ist mit Sicherheit nicht ganz bei sich. Vielleicht wollte er Harry das Messer ja schenken!“ Dumbledore und Remus blickten mich mit einer seltsamen Mischung aus Unglauben und Mitleid an, während Harry offenbar versuchte ein Lachen zu unterdrücken. „Er war offensichtlich bei klarem Verstand genug, um aus Askaban zu entkommen und hier in Hogwarts einzudringen“, entgegnete Remus. „Selbst jetzt versteckt er sich immer noch erfolgreich. Wäre er nicht ganz bei Verstand, dann hätte man ihn längst fassen müssen.“ Allmählich gingen mir die Ideen aus. „Dann denkt er vielleicht, dass irgendjemand anderes hinter Harry her sein könnte“, schlug ich vor. „Harry hat vorhin erzählt, er wäre hier Voldemort bereits zweimal begegnet. Vielleicht hat Sirius ja davon gehört und will Harry vor ihm schützen.“ „Ich bitte dich, dich zu beruhigen, James“, versuchte mich Dumbledore zu besänftigen. Aber ich wollte mich nicht beruhigen. Ich spürte, dass er mir offenbar nicht glaubte und ich spürte, dass Sirius hier gerade zu Unrecht verdächtigt wurde. „Nennen Sie mir nur einen handfesten Beweis dafür, dass er wirklich bei klarem Verstand ist“, forderte ich ihn auf und erhob mich wieder von dem Stuhl. „Es ist pure Spekulation, dass er Harry etwas antun will und das kann einfach nicht sein. Ich weiß es!“ „Auch du weißt es nicht, James“, widersprach Dumbledore mir. „Auch du kannst nur Vermutungen anstellen. Der einzige, der uns sagen könnte, was er wirklich vorhat, ist er selbst und im Augenblick wissen wir nicht, wo er sich genau versteckt hält.“ „Dann werde ich ihn eben finden!“, versicherte ich. „Das habe selbst ich noch nicht geschafft“, warf Remus ein. Ich wandte meinen Blick wieder ihm zu. „Dann hast du’s anscheinend noch nicht wirklich versucht“, warf ich ihm etwas aufgebracht vor. „Erzähl mir nicht, dass du das Schloss und dieses Gelände nicht gut genug kennst, um die Verstecke zu kennen, die Sirius wahrscheinlich wählen könnte.“ „Ich habe sie alle abgesucht“, versicherte er mir ruhig. Wie konnte er nur so ruhig bleiben und so felsenfest von Sirius Schuld überzeugt? „Ganz ehrlich, Remus“, fuhr ich ihn an. „Ich habe damals nicht verstehen können, wie Sirius eigentlich dich verdächtigen konnte, ein Spion zu sein. Wie kannst du glauben, dass Sirius ein Spion gewesen sein könnte?“ „Hättest du Peter verdächtigt?“, fragte er mich prompt. „Hätte ich ahnen sollen, dass ausgerechnet Peter euch tatsächlich verraten würde?“ „Ich konnte keinen von euch verdächtigen“, gestand ich, doch in diesem Moment wünschte ich mir, ich hätte Peter damals verdächtigt. „Tatsächlich hätte ich ebenfalls niemals vermutet, dass auch nur einer von uns ein Verräter sein könnte“, gestand Remus bitter. „Aber nach dem, was passiert war, sprach doch alles dafür, dass Sirius ein Spion gewesen sein musste.“ „Er-ist-kein-Spion!“, widersprach ich. „Warum sollte er mich denn davon überzeugen, dass es besser sei, Peter zum Geheimniswahrer zu wählen, wenn er insgeheim selber der Spion war?“ „Er könnte mit Peter unter einer Decke gesteckt haben“, antwortete Remus vorsichtig. „Und warum sollte er dann Peter anschließend umbringen, nur um dann selber in Askaban zu landen?“ „Vielleicht sind die beiden in Streit geraten.“ „ICH WEIGERE MICH, ZU GLAUBEN, DASS SIRIUS AUCH NUR IM ENTFERNTESTEN GEAHNT HABEN KÖNNTE, DASS PETER UNS VERRATEN WÜRDE!“ Remus verstummte augenblicklich. Dumbledore dagegen war nun von seinem Stuhl aufgestanden und um das Pult herumgekommen. „Ich bitte dich noch einmal darum, dich zu beruhigen, James“, sagte er und legte mir beschwichtigend die Hände auf meine Schultern. „Versteh, dass es im Augenblick keinen Beweis dafür gibt, dass Sirius tatsächlich unschuldig ist.“ Ich wollte widersprechen, doch er brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Die einzige Chance diesen Fall zu klären, ist es, ihn zu finden und ihn selbst zu befragen“, fuhr er ungeachtet fort. „Und ich fürchte, dass wenn du ihn tatsächlich fragen willst, du damit den Dementoren zuvorkommen musst. Das Ministerium hat ihnen vor zwei Monaten die Erlaubnis erteilt, Sirius zu küssen, sollten sie ihn in die Finger bekommen.“ Jedes Bisschen Farbe wich aus meinem Gesicht. „Das dürfen Sie nicht zulassen!“, forderte ich. „Er ist unschuldig!“ „Im Augenblick haben wir keinen Beweis dafür“, wiederholte Dumbledore mit etwas mehr Nachdruck in der Stimme. „Bisher versteckt sich Sirius ausgesprochen erfolgreich, selbst vor den Dementoren. Vielleicht gelingt es dir also, ihn vor ihnen zu finden. Dann kannst du ihn vielleicht vor diesem Schicksal bewahren.“ Ich konnte darauf nichts mehr antworten. Ich war nur noch entsetzt, sprachlos und fassungslos und eine Weile lang sprach niemand ein Wort. Ich spürte, wie Lily sachte meine Hand nahm, wie um mich zu beruhigen und langsam setzte ich mich wieder. „Vielleicht möchtet ihr jetzt erst einmal ein bisschen für euch sein“, schlug Dumbledore vor, während auch er wieder hinter seinem Pult Platz nahm. „Ich kann euch fürs Erste eine kleine Gästewohnung hier im Schloss anbieten.“ Lily nickte kaum merklich. „Das wäre wirklich sehr freundlich von Ihnen“, antwortete sie leise. Ich dagegen reagierte nicht sofort. Es war nicht meine Absicht gewesen, Dumbledores Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen, doch dann erinnerte ich mich wieder daran, dass unser Haus ja zerstört worden war und wir somit anderenfalls obdachlos wären. Also blieb uns wohl keine andere Wahl. „Danke“, antwortete ich, immer noch etwas tonlos. „Ich schlage außerdem vor, dass wir wohl erst einmal geheim halten sollten, dass ihr beiden lebt“, fuhr Dumbledore fort. „Wenigstens erst einmal solange, wie wir noch nicht wissen, was genau passiert ist. Danach können wir weitersehen, denke ich.“ „Meinetwegen“, stimmte ich zu. Dann jedoch kam mir noch etwas Anderes wieder in den Sinn. „Professor, können Sie mir vielleicht sagen, was aus Jana geworden ist?“ Er schwieg einen Moment und sah mich wieder nur ernst an. „Leider, nein, James“, antwortete er. „Seit sie Hogwarts verlassen hat, hat sie sich völlig zurückgezogen.“ „Aber warum haben Sie sie alleine gehen lassen?“, wollte ich wissen. „Warum haben Sie nicht dafür gesorgt, dass sie jemanden hat?“ „Ich habe es ihr angeboten“, versicherte er. „Ich konnte ihr leider nicht erlauben, sich um Harry zu kümmern. Aber ich habe ihr angeboten, ihr dabei zu helfen, ein Zuhause zu finden, wo sie nicht alleine bleiben würde. Doch sie hat es abgelehnt.“ „Wissen Sie dann wenigstens, wo sie sich zuletzt aufgehalten haben muss?“, fragte ich verzweifelt weiter. „Nein, es tut mir leid“, erwiderte Dumbledore. „Ich weiß, dass Pomona versucht hat, Kontakt mit ihr zu halten. Allerdings scheint dieser Kontakt wohl schon wenige Monate, nachdem Jana Hogwarts verlassen hatte abgebrochen zu sein.“ Also hatte sie nicht mal so lange überlebt, schloss ich daraus und mir sackte das Herz in die Hose. Und wenn er jetzt noch nicht mal wusste, wo sie sich zuletzt aufgehalten hatte, wie sollte ich mich dann jemals von ihr verabschieden? Wieder spürte ich Lilys Hand auf meiner. Ich war ihr dankbar dafür, doch mir steckte ein Kloß im Hals und ich konnte einfach nicht antworten. „Wissen Sie, ob Professor Sprout vielleicht etwas über ihren Aufenthaltsort damals erfahren hat?“, ergriff Lily nun für mich das Wort und ich merkte etwas hoffnungsvoll auf. „Soweit ich weiß, hat Jana nicht viel darüber geschrieben“, antwortete Dumbledore. „Doch ich kann Pomona gerne fragen, ob sie die Briefe von damals noch hat.“ „Das wäre sehr nett von Ihnen.“ Ein weiteres Mal trat Stille ein. Ich versuchte diese ganze Unterhaltung zu verdauen. Sirius würde von den Dementoren geküsst werden, falls ich es nicht schaffen sollte, ihn vorher zu finden, Jana war immer noch verschwunden und vermutlich schon nach wenigen Monaten nach ihrem Abschluss verstorben und wir hatten immer noch keine Antwort auf die Frage, warum wir eigentlich lebten. Enttäuschender hätte das Gespräch kaum verlaufen können. „Professor“, meldete sich jetzt Harry zu Wort, „wenn meine Mum und mein Dad jetzt wieder leben, muss ich dann noch zu den Dursleys zurück?“ Dumbledore lächelte ihn an. „Ich denke nicht, Harry“, versprach er ihm und Harry grinste. „Warum musste er überhaupt bei ihr aufwachsen?“, warf Lily ein, noch bevor Harry die Zeit hatte zu antworten. „Ich sehe ja ein, warum Sirius und Jana nicht infrage kamen, aber gab es wirklich keine andere Möglichkeit? Was wäre zum Beispiel mit Frank und Alice gewesen? Harry ist doch genauso alt wie Neville. Wieso hätte er nicht bei ihnen aufwachsen können?“ „Ihr wart mit Nevilles Eltern befreundet?“, fragte Harry neugierig, dann wandte er sich ebenfalls an Dumbledore. „Aber er lebt doch bei seiner Großmutter, oder? Was ist mit seinen Eltern eigentlich passiert?“ Lily und ich guckten ihn etwas verdutzt und geschockt zugleich an. Was sollte das heißen, Neville lebte bei seiner Großmutter? Remus schien sich etwas unwohl zu fühlen und nicht zu wissen, was er sagen sollte. Dumbledore dagegen sah Harry mit einem scharfen Blick an. „Ich schließe daraus, dass Neville dir offenbar nie erzählt hat, warum er bei seiner Großmutter aufgewachsen ist“, sagte er ruhig. Harry schüttelte den Kopf. Dumbledore ließ einen leisen Seufzer hören, bevor er antwortete. „Nevilles Vater, Frank Longbottom, war ein Auror, ein Angestellter des Ministeriums, der schwarze Magier jagte. Er und seine Frau wurden gefoltert, um ihnen abzupressen, wo sich Voldemort nach seinem Sturz aufhielt.“ Lily und ich saßen wie versteinert da, vor Schreck. „Also sind sie tot?“, fragte Harry leise. „Nein“, erwiderte Dumbledore mit Bitterkeit in seiner Stimme. „Sie sind geistig zerrüttet. Beide sind im St.-Mungo-Hospital für Magische Krankheiten und Verletzungen. Ich glaube, Neville besucht sie immer, während der Ferien, zusammen mit seiner Großmutter. Sie erkennen ihn nicht.“ Lily schlug erneut die Hand vor den Mund und auch Harry war starr vor Entsetzen. Ich wusste so langsam nicht mehr, wie viele Schreckensnachrichten ich heute eigentlich noch zu hören bekommen würde. „Der Angriff auf die Longbottoms geschah erst nach Voldemorts Sturz, als alle glaubten, nun sicher zu sein“, fuhr Dumbledore fort. „Das hat natürlich eine Welle des Entsetzens ausgelöst. Allerdings konnte ich das natürlich nicht vorhersehen, als es darum ging, wo Harry nun aufwachsen sollte. Der Grund, warum ich Harry zu deiner Schwester schickte, Lily, war also ein anderer. Indem du dich Voldemort in den Weg gestellt hast, um Harry zu retten, hast du Harry nicht nur für diesen Moment geschützt. Dieser Schutz fließt bis heute in seinen Adern und wird ihn immer ein wenig schützen. Ich setzte mein Vertrauen in dein Blut und brachte Harry zu deiner Schwester, deiner einzigen noch lebenden Blutsverwandten.“ „Aber sie liebt mich nicht“, warf Harry ein. „Ich bin ihr egal!“ „Doch sie hat dich aufgenommen“, erwiderte Dumbledore. „Egal wie widerwillig und verbittert sie dies auch getan haben mag, sie hat dich bei sich aufgenommen und damit den Schutzzauber besiegelt. Solange du den Ort, an dem das Blut deiner Mutter fließt, dein Zuhause nennen kannst, kann Voldemort dich dort nicht anrühren.“ Das war nicht wirklich die Antwort gewesen, die ich mir erhofft hatte und auch Lily schien nicht wirklich zufrieden damit. Sie blickte immer noch sehr entsetzt drein. Und doch gab es dem nichts wirklich entgegenzusetzen. „Aber dann“, schloss ich daraus, „gibt es ja nun keinen Grund mehr, Harry zu dieser Frau zurück zu schicken.“ „Nein, den gibt es nicht mehr“, stimmte Dumbledore mir zu. Ein weiterer Moment verging, in dem niemand etwas sagte. Ich fühlte mich ausgelaugt nach diesem Gespräch. Im Grunde hatte ich so gut wie nichts Gutes zu hören bekommen. Die einzig positiven Nachrichten bisher waren gewesen, dass Harry noch lebte und dass Sirius Peter getötet hatte. Allerdings konnte ich mich über beides noch nicht so wirklich freuen. Immerhin hatten wir 12 Jahre von Harrys Kindheit einfach so verschlafen und Sirius war nicht hier. Er versteckte sich irgendwo auf dem Gelände vor den Dementoren. Wenigstens jedoch war Remus hier. „Wenn ihr möchtet, würde ich euch nun eure Gästewohnung zeigen“, schlug Dumbledore vor. Lily und ich nickten bloß. „Sicherlich möchtet ihr einen Moment für euch alleine. … Ach und Harry“, wandte er sich noch einmal an ihn. „Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich dich bitten mit niemanden über Nevilles Eltern zu sprechen. Wenn Neville bisher noch nicht über sie gesprochen hat, dann wird das seinen Grund haben und den sollten wir beherzigen.“ „Ja, Sir“, versprach Harry. Wir erhoben uns und Dumbledore führte uns nun in eine kleine Wohnung, die unserer alten Schulsprecherwohnung damals sehr ähnlich war. „Wenn du willst, kann ich dir übrigens die Karte des Rumtreibers geben, James“, erzählte mir Remus, nachdem Dumbledore uns alleine gelassen hatte. Ich starrte ihn entgeistert an. „Du hast die Karte?“, fragte ich. „Ja, und ich dachte, du willst sie vielleicht nutzen, um Sirius zu finden.“ „Und du erzählst mir, du hättest ihn nicht schon längst gefunden?!?“ „Wahrscheinlich hält er sich außerhalb des Kartenbereichs auf und ich habe bisher immer verpasst, ihn dabei zu erwischen, wenn er ihn betritt. Aber ich bin hier Lehrer. Ich habe nicht die Zeit, die Karte ständig zu überwachen. Deswegen nützt sie dir vielleicht mehr.“ Das wirkte etwas wie eine Ausrede auf mich, doch ich verkniff mir den Kommentar und nahm sein Angebot an. Das verschaffte mir wenigstens eine realistische Chance, Sirius zu finden, bevor ihn die Dementoren in die Hände bekommen könnten. *** Kapitel 16: Emma ---------------- Protagonist: Sirius Black *** Gedankenversunken und etwas k.o. lag ich auf Janas Bett und konnte noch kaum glauben, dass es vorbei war. Auf meiner Brust lag, in eine kuschelige Decke eingewickelt, meine kleine Tochter, die neugierig in die Welt guckte und dabei offenbar glücklich an meinem Finger nuckelte. Emma war noch etwas klein – gerademal so groß wie ein Butternut-Kürbis. Harry war damals größer gewesen und auch etwas schwerer, glaubte ich mich jedenfalls zu erinnern. Emma brachte gerade einmal knapp 2.500g auf die Waage. Aber sie war ja immerhin auch etwas zu früh dran. Trotzdem aber war sie in ihrer Entwicklung offenbar weit genug, um alleine zu überleben. Ich konnte mein Glück immer noch nicht so richtig fassen. Ich hatte damit gerechnet gehabt, dass ich sie mit einigen Zaubern aufpäppeln müsste, sobald sie da war. Ich hatte mir alle Bücher zusammengesammelt, die Lily zu dem Thema gehabt hatte, bereit, um mein Versprechen einzuhalten und das Kind durchzubringen. Doch das hatte Emma gar nicht gebraucht. Gleich nach der Geburt hatte sie einen kurzen, kräftigen Schrei ausgestoßen, wie um uns zu sagen, dass es ihr gut ging. Jana war darüber unglaublich erleichtert gewesen. Bis zum Schluss hatte sie sich Sorgen um die Kleine gemacht. Nun, da sie endlich da war, hatte sie sie sofort in den Arm nehmen wollen. Emma hatte sich sofort wieder beruhigt, als sie auf Janas Bauch lag. Mit großen Kulleraugen hatte sie an ihr hochgeguckt und hatte sich sogar von ganz alleine bis zu ihrer Brust hochgeschoben. Ganz fasziniert und glücklich hatte Jana die Kleine dabei beobachtet, wie sie ihre ersten paar Züge trank. Dabei hatte sie auch völlig die Strapazen der letzten Stunden vergessen. Die Geburt war anstrengend gewesen und hatte sich ziemlich lange hingezogen. Ich hatte Jana auch immer wieder mit ihrem Trank aufpäppeln müssen, aber am Ende hatte sie es endlich überstanden. Eine ganze Weile lang hatte die Kleine einfach nur auf Janas Brust gelegen zufrieden mit ihrer Mama gekuschelt, während ich mich neben sie und schützend einen Arm um sie gelegt hatte. Irgendwann waren sowohl Jana als auch Emma friedlich eingeschlafen. Behutsam hatte ich Jana zugedeckt und Emma nun auf meine Brust gelegt. Davon war sie wieder aufgewacht und hatte kurz ein wenig geknatscht, aber offenbar fand sie es ganz toll, dass sie an meinem Finger nuckeln konnte. Jedenfalls ließ sie sich von dem Positionswechsel nicht weiter aus der Ruhe bringen. Je länger ich die Kleine betrachtete, desto mehr überwältigten mich nun meine Gefühle. Monatelang hatte ich mir solche Sorgen um Jana gemacht, dass sie es nicht überleben könnte, dass ich den Gedanken daran, Vater zu werden, nicht an mich herangelassen hatte. Ich hatte es nicht gewagt, mich wirklich auf das Kind zu freuen und mich stattdessen davor gefürchtet, ich könnte Jana verlieren. Doch Jana hatte es überstanden. Sie war erschöpft, völlig ausgelaugt und brauchte dringend Erholung, doch sie hatte es überstanden und ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal, oder überhaupt jemals in meinem bisherigen Leben, so glücklich gewesen war. Jetzt erst begriff ich, wie James sich damals, direkt nach Harrys Geburt, gefühlt haben musste. Er war überschwänglich gewesen vor Freude und ich hatte mich natürlich auch für ihn und Lily gefreut. Doch so richtig nachvollziehen konnte ich seine Gefühle jetzt erst. Ich musste grinsen und ich kam aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Eigentlich war ich auch müde. Schließlich waren es jetzt fast 36 Stunden, in denen ich nicht geschlafen hatte, weil sich die Geburt einfach so lange hingezogen hatte. Und doch war ich wach und irgendwie machte mir meine Müdigkeit auch nicht so viel aus. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war jetzt halb 12 am Morgen und Emma war jetzt so ziemlich genau eine Stunde alt. Außerdem war heute der 27. März. Mein Grinsen wurde noch ein wenig breiter. Wenn ich vielleicht Glück hatte, und James mir nicht den Kopf abschlagen würde, dafür, dass ich ein Kind mit seiner kleinen Schwester hatte, dann würde er es vielleicht auch cool finden, dass er und Emma am selben Tag Geburtstag feiern könnten. Im Grunde machte ich mir immer noch Gedanken, wie ich James eigentlich erzählen sollte, dass er jetzt Onkel war. Ein bisschen nervös war ich schon noch, aber auf der anderen Seite hatte ich ja auch noch knapp zwei Monate Zeit, mir das zu überlegen. Emma, auf meiner Brust, streckte sich etwas und schlief dann friedlich ein. Ich dagegen fühlte mich immer noch nicht wirklich müde genug, um zu schlafen. Stattdessen lag ich einfach nur weiter da, beobachtete Emma während sie schlief und streichelte sie sanft. Ich fand, dass sie mehr nach Jana kam, obwohl sie noch etwas zerknautscht aussah. Und doch wirkten ihre Gesichtszüge Jana irgendwie ähnlicher als mir. Nur ihr feiner Haarschopf war offenbar schwarz. Eigentlich fand ich es schon ein wenig schade. Ich mochte Janas Haarfarbe – ein sehr heller Braunton. Und doch, sah Emma Jana immer noch so ähnlich, dass es mich nicht weiter störte. Stundenlang lag ich so da und konnte nicht anders, als zu grinsen. Emma schaffte es sogar, Peter aus meinen Gedanken zu vertreiben. Ich bedauerte es nur, immer noch auf der Flucht zu sein, denn im Augenblick hatte ich das Bedürfnis, allen meinen Freunden die Kleine vorzustellen. Aber das funktionierte leider nicht. James und Lily schliefen noch zwei Monate und von Remus hatte ich seit meiner Gefangennahme damals nichts mehr gehört. Und selbst wenn ich wüsste, wo er sich gerade aufhielt, würde er mich wohl nicht sehr freundlich begrüßen. Ich seufzte kurz. Weder Jana noch Emma wachten davon auf. So langsam hatte ich das Gefühl, dass ich wohl auch in zwei Monaten noch auf der Flucht sein würde, wenn ich schließlich James und Lily aufwecken ging. Das war schon wirklich schäbig. James hätte allen Grund dazu, mich zu köpfen. Ich hatte es noch nicht mal geschafft, Peter zu fassen und Harry vor ihm zu schützen. Aber diese Gedanken konnte gar nicht richtig zu mir vordringen. Emma war einfach zu süß, um mich länger als einen Momentlang mit etwas anderem zu beschäftigen als mit der Tatsache, dass sie da war und es ihr gut ging. Mittlerweile breitete sich allerdings doch die Müdigkeit in mir aus und ich war gerade schon am Wegdösen, als plötzlich Corbie vor mir auftauchte. „Oh, hallo Corbie“, grüßte ich sie. „Mr James hatte darum gebeten, dass Corbie etwas für das Kind vorbei bringt“, sagte sie mit einer kurzen Verbeugung. ‚Mr James?‘ Ich stutzte etwas über diese Anrede. Aber auf der anderen Seite war Corbie natürlich auch schon so alt und ich hatte sie war schon ein paar Monatelang nicht mehr gesehen. Sie wurde wohl langsam senil. „Ach richtig“, antwortete ich und überging also ihre Anrede. Sie holte ein kleines Bündel aus ihrer Tasche und tatsächlich hatte sie ein Beistellbettchen, eine Wickelkommode, ein Stillkissen und einige andere grundlegende Dinge darin, welche sie so klein gezaubert hatte, dass sie sie ohne Probleme hatte transportieren können. Mit einem Schnipsen nahmen die Sachen ihre normale Größe an. „Warte, ich helfe dir“, versicherte ich Corbie und legte Emma behutsam neben Jana. Sie ningelte etwas im Schlaf, doch sie wachte nicht auf. Dann half ich Corbie mit einem Wink mit Janas Zauberstab dabei, die Babymöbel ordentlich aufzustellen. „Danke, Corbie“, sagte ich. Sie verbeugte sich noch einmal. „Was immer Mr James wünscht“, antwortete Corbie mit einer weiteren Verbeugung. „Kann Corbie sonst noch etwas tun?“ „Nein, nein danke, Corbie“, erwiderte ich. „Du hast dir Ruhe verdient.“ „Aber Mr James, mit irgendetwas muss Corbie Ihnen doch noch behilflich sein können. Mr James sieht hungrig aus.“ Ach, tat ich das? Eigentlich war mein Hunger irgendwie gerade gar nicht so wichtig, aber Corbie ließ sich nicht davon abbringen einen riesigen Teller mit Sandwiches zu machen, von denen die meisten mit Fischfilet belegt waren. Offenbar glaubte sie tatsächlich, James vor sich zu haben. Ihm hätte sie mit Fischsandwiches natürlich eine Freude machen können. Aber zu meinem Glück belegte sie ein paar Sandwiches auch mit Hühnchen, Schinken und Käse. Während sie in der Küche vor sich hin werkelte, erzählte sie gedankenversunken irgendwelche Geschichten von James, Jana und mir, als wir noch Kinder gewesen waren. Es war irgendwie witzig, ihr dabei zuzuhören, doch sie schien mich nicht weiter zu bemerken. Schließlich war Corbie fertig und sie reichte mir den Teller. Nur mit Mühe konnte ich sie nun davon abhalten, auch noch das ganze Haus aufzuräumen. Ich überzeugte sie davon, dass sie sich nun wirklich etwas Ruhe gönnen und nach Hardwins Place zurückkehren sollte. Und gerade, als sie wieder abgereist war, hörte ich, wie Emma im Obergeschoss quengelte. Offenbar war sie jetzt wieder aufgewacht. Auch Jana war wach, als ich das Zimmer wieder betrat. Gerade war sie dabei, sich aufzurichten. „Kommst du klar?“, wollte ich wissen und stellte den Teller mit Sandwiches auf dem Nachttisch ab. Jana nickte bloß und nahm die Kleine behutsam in den Arm, um sie zu stillen. Das stellte sich als schwieriger heraus, als gedacht. Offenbar hatte Emma Schwierigkeiten, die Brust richtig zu fassen. Jedenfalls drehte sie ihr Köpfchen oft weg. Ich saß nur daneben und konnte nicht helfen. An dem Tag, an dem Harry zur Welt gekommen war, war ich damals für einen Auftrag unterwegs gewesen und James und ich hatten uns nie über so etwas unterhalten. Jana hingegen schien sich davon noch nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Geduldig versuchte sie die Kleine, an ihre Brust zu führen, doch so richtig gelingen wollte es nicht. „Vielleicht hat sie ja gar keinen Hunger, sondern will etwas anderes“, schlug ich etwas ratlos vor, als Emma nach einer Weile langsam unruhig wurde. Jana, deren Stimme noch nicht wieder fitt war, um zu sprechen, konnte mir nicht antworten. Die Kleine lag noch immer in ihren Armen. Und trotzdem versuchte sie mir wohl mit einem kurzen Kopfnicken zu sagen, dass sie sehr wohl hungrig war. Jedenfalls versuchte sie weiter, die Kleine zu stillen, was sich ziemlich in die Länge zog. Auch Jana wurde nach einer Weile nervös, als die Kleine nach einiger Zeit immer noch nicht wirklich getrunken hatte. Emma war mittlerweile schon ziemlich aufgewühlt und weinte. „Und wenn du dich einfach wieder hinlegst?“, fragte ich sie schließlich. „Vorhin hat es doch geklappt, als sie einfach nur auf deiner Brust lag.“ Jana guckte mich etwas verwirrt an, doch dann legte sie sich wieder auf den Rücken. Emma brauchte einen Moment, bevor sie sich wieder beruhigt hatte. Dann jedoch schien es ihr tatsächlich leichter zu fallen und endlich begann sie an Janas Brust zu nuckeln und zu trinken. Jana schien darüber sehr erleichtert zu sein und sie streichelte die Kleine behutsam. Schließlich, als sie satt zu sein schien, schlief Emma wieder ein. „Soll ich sie dir kurz abnehmen, damit du dich wieder anziehen kannst?“, fragte ich Jana. Sie schüttelte den Kopf. Jetzt, da sie Emma auf ihrer Brust liegen hatte, hatte sie auch ihre Hände frei, um mir mit Gesten zu antworten. „Es ist gut, wenn sie so auf meiner Brust liegt“, erzählte sie. „Das hat Lily mit Harry damals auch gemacht. Es stärkt die Eltern-Kind-Bindung, hat sie erzählt.“ „Oberkörperfrei?“, fragte ich etwas verwundert nach. Jana nickte. „So kann sie besser meine Nähe spüren.“ „Wenn du das sagst.“ Ich legte sanft die Decke über die beiden, sorgfältig darauf achtend, Emmas Köpfchen nicht zu verdecken. Dann legte ich mich wieder neben sie und gab Jana einen zärtlichen Kuss. „Ich liebe dich“, schwor ich ihr. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich diese drei Worte jemals zuvor verwendet hatte und in diesem Moment wurde mir das erst bewusst. Tatsächlich hatte ich dieses Gefühl jedoch auch noch nie so intensiv gespürt wie jetzt und mir kam es so vor, als könnte dieser einfache Satz im Grunde niemals ausreichen, um das Gefühl passend zu beschreiben. Janas Augen begannen zu strahlen. „Ich dich auch“, hauchte sie leise. Ihre Stimme war kaum zu vernehmen, doch ich verstand sie. Eine Weile lang lagen wir einfach nur so da und irgendwie wirkte die Welt um uns herum plötzlich so friedlich, wie sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gewesen war. Die Zeit hatten wir bereits völlig vergessen und irgendwann übermannte uns schließlich die Müdigkeit. Ich wusste nicht, wie lange es her war, dass ich so friedlich geschlafen hatte. Ich hatte mich bereits vor über zehn Jahren an die Albträume gewöhnt, dass sie Alltag für mich geworden waren. Nun jedoch war ich einfach nur glücklich. In den folgenden Tagen versuchten wir einen neuen Alltag mit der Kleinen zu finden. Ich hatte bisher gedacht, dass mir das eigentlich nicht so schwerfallen dürfte, da ich ja früher auch auf Harry aufgepasst hatte. Ich hatte Lily und James damals so oft besucht, dass immer geglaubt hatte, ich wäre auf den Umgang mit Emma wenigstens ein bisschen vorbereitet. Doch das stellte sich jetzt als Irrtum heraus. Emma schlief viel, doch niemals länger als drei oder vier, manchmal auch fünf Stunden am Stück. Lily und James hatten damals müde ausgesehen und sie hatten davon geredet, wenn ich es mir recht überlegte. Und doch hatte ich es nicht so wirklich für voll genommen. Ich war selten über Nacht geblieben. Deswegen ging mir die ganze Bedeutung dieser Tatsache erst jetzt auf. Natürlich war mein Schlaf in den letzten Jahren kaum erholsamer gewesen, aber ich hatte es irgendwie geschafft, mich derart an die Albträume zu gewöhnen, dass ich immerhin durchgeschlafen hatte. Emma dagegen wachte mitten in der Nacht auf und weinte dann, weil sie Hunger hatte. Jana schien das weniger zu überraschen, als mich. Tatsächlich wirkte sie überhaupt nicht überrascht. Sie blinzelte nur, richtete sich etwas umständlich auf und hob die Kleine aus ihrem Bettchen, das neben unserem Bett stand. Dann legte sie sich wieder hin und ließ Emma trinken. Sie hatte den Dreh noch nicht so ganz raus, wie sie sie im Sitzen stillen sollte. Deswegen ließ sie Emma einfach auf ihrer Brust liegen, was immer noch am besten klappte. Jana schlief dann einfach wieder ein, ohne die Kleine wieder in ihr Bettchen zu legen und auch Emma schlief nach dem Stillen sofort wieder ein. Ein Lächeln huschte mir über das Gesicht. Es sah so süß aus, doch ich nahm Jana die Kleine wieder von der Brust und legte sie sanft zwischen uns ab. Dann deckte ich die beiden wieder zu und legte mich ebenfalls wieder hin. Trotzdem, dass Jana in der Nacht so schnell wieder eingeschlafen war, wirkte sie am Morgen danach sehr unausgeruht. Offenbar hatte sie nur einen sehr leichten Schlaf gehabt. „Bleib liegen“, sagte ich ihr und nahm ihr Emma behutsam von der Brust. „Ich kümmere mich schon um sie.“ Sie nahm das Angebot an und schlief noch etwas weiter, während ich die Kleine in eine Decke einwickelte und mit ihr nach unten ins Wohnzimmer ging. Sie schlief dabei friedlich weiter und nachdem ich mit ihr ein paar Runden durch das Zimmer gedreht hatte, legte ich sie behutsam auf das Sofa, um schon einmal Frühstück vorzubereiten. Ablegen fand Emma aber anscheinend gar nicht toll, denn sie wachte sofort auf und fing an zu weinen. Noch während ich versuchte sie wieder zu beruhigen, kam Jana ins Zimmer dazu. „Du hättest noch nicht aufstehen müssen“, wandte ich mich an sie, als sie Emma auf den Arm nahm und sich mit ihr auf das Sofa setzte, um sie ein weiteres Mal zu stillen. „Sie könnte vielleicht Hunger haben“, antwortete sie mit einer kurzen Geste. „Na gut, das könnte sein“, gab ich zu. „Ich mach dann schon mal Frühstück.“ Sie nickte mir zu und ich drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Stirn. Dann verschwand ich in der Küche. Ich konnte hören, wie Emma etwas quengelte. Offenbar hatte Jana den Dreh mit dem Stillen immer noch nicht ganz raus. Als ich jedoch den Tisch fertig gedeckt hatte, das Essen auf dem Tisch stand und ich wieder zu den beiden in das Wohnzimmer ging, schien es endlich geklappt zu haben und Jana wirkte sehr erleichtert darüber. Wir ließen die Tage eher ruhig angehen und konzentrierten uns ganz auf die Kleine. Tatsächlich stellte ich fest, dass Jana sich noch sehr gut daran erinnern konnte, wie Lily und James sich damals um Harry gekümmert hatten. Sie schien ungewohnt selbstsicher, wenn es darum ging, Emma zu wickeln, anzuziehen oder zu baden. Ich hatte das noch nie gemacht. Wenn ich mich um Harry gekümmert hatte, dann nur für ein paar Stunden und das Wickeln hatte ich immer Lily oder James überlassen. Jana hingegen hatte den beiden, was das anbelangte, wohl mehr unter die Arme gegriffen und überhaupt keine Probleme damit. Dennoch machte sie sich wegen jeder Kleinigkeit Gedanken, ob sie alles richtigmachte. Sie überprüfte ständig, ob die Kleine es warm genug hatte, aber auch nicht zu warm. Sie machte sich Sorgen, ob sie genug trank und wog sie nach jeder Mahlzeit, um zu überprüfen, ob sie auch genug an Gewicht zulegte. Selbst über die Atmung der Kleinen machte sie sich einen Kopf. Jedes Mal, wenn die Kleine anfing zu weinen, ging sie gedanklich alle Möglichkeiten durch, was sie wollen könnte. Hatte sie vielleicht Hunger? War ihre Windel voll? War sie müde? Tat ihr irgendwas weh? Emmas Schreien zu deuten fiel ihr immer noch am schwersten und manchmal dauerte es eine ganze Weile, bis sie die Kleine wieder beruhigt hatte. Das schlauchte auch Jana. Ich fühlte mich oft etwas hilflos, denn ich schaffte es kaum Janas Nerven wieder zu beruhigen. Mehr denn je, wünschte ich mir, dass James und Lily jetzt da sein könnten. Ich versuchte mir vorzustellen, was sie uns raten würden, doch ich konnte mich kaum erinnern, wie es damals bei Harry gewesen war. Es fühlte sich so an, als hätte ich im Grunde fast gar nichts mitbekommen und es war alles so lange her, dass ich mich an das Wenige, das ich mitbekommen hatte in Vergessenheit geraten war. Und dennoch musste ja einer von uns die Nerven behalten und so versuchte ich jedes Mal aufs Neue Jana zu versichern, dass alles in Ordnung war. „Soll ich dir ein Bad einlassen?“, schlug ich ihr am dritten Tag mit der Kleinen vor, als sie sie gerade zum Mittagsschlaf in ihr Kinderbettchen gelegt hatte. „Du machst dir viel zu viel Stress und du weißt, dass das nicht gut für dich ist. Du solltest dich noch ausruhen.“ „Und du solltest mich nicht ständig in Watte packen“, erwiderte sie mit schwacher Stimme. Sie war noch kaum wieder zu hören. Ich war überrascht von dieser Antwort und hob irritiert die Augenbrauen. „Wie meinst du das?“, wollte ich wissen. „Ich möchte nicht, dass du mir alles abnimmst“, erklärte sie. „Ich will-“ Doch ihre Stimme war noch zu schwach, für lange Ausführungen also fuhr sie schließlich doch in Zeichensprache fort. „Ich hab‘ genauso meine Verantwortung als Mutter zu tragen.“ „Das wollte ich gar nicht abstreiten.“ „Aber du versuchst mir so viel Verantwortung abzunehmen. Und das ist auch lieb von dir, aber ich muss doch auch lernen, damit klar zu kommen.“ „Öhm…“ Ich blinzelte sie immer noch irritiert an und wusste gar nicht, was ich darauf antworten sollte. „Ich möchte ja nur, dass du dich genug ausruhst“, sagte ich nach einer kurzen Pause. „Die Geburt war immerhin anstrengend für dich.“ „Du möchtest immer, dass ich mich richtig ausruhe“, erwiderte sie. „Und ich pass doch auch auf mich auf, aber ich frage mich, ob ich vielleicht auch früher schon besser zurechtgekommen wäre, wenn ihr mich nicht immer so in Watte gepackt hättet?“ Ich stutzte. „Hätte ich dich vielleicht einfach so alleine zurücklassen sollen?“, fragte ich etwas verletzt. „Hast du dich damals eigentlich mal im Spiegel angeguckt, als du alleine warst? Du sahst schrecklich aus. Du brauchtest Hilfe!“ Sie schüttelte den Kopf. „So habe ich das nicht gemeint“, widersprach sie. „Ich meine nur, dass du mich trotzdem auch was alleine machen lassen sollst. Einfach nicht so überbeschützen.“ Für einen kurzen Augenblick sagte niemand von uns beiden etwas. Ich starrte sie immer noch mit großen Augen an. „Erinnerst du dich noch daran, wie du mir in der dritten Klasse geholfen hast, dass ich lerne, alleine zurecht zu kommen, wenn du, James und Lily Hogwarts verlassen haben werdet?“, setzte sie schließlich wieder an. „Damals ging es ja auch nur darum, dass du alleine in den Krankenflügel gehen könntest, wenn du Hilfe brauchtest“, antwortete ich. „Ja, aber vorher konnte ich nicht einmal das“, erinnerte sie mich. „Ich musste immer James oder dich zur Hilfe rufen. Und ich hätte es niemals gelernt, wenn du mir damals nicht geholfen hättest. Und ich frage mich, ob ich es dann nicht auch schaffen kann, besser auch für mich selber zu sorgen? Ich möchte nicht immer nur auf deine Hilfe angewiesen sein. Ich möchte, dass wir uns beide gleichwertig um Emma kümmern können, ohne dass ich ständig auf meine Gesundheit achten muss.“ Jetzt verstand ich so langsam, was sie meinte. Tatsächlich musste ich zugeben, dass sie durchaus recht hatte. Sie war niemals wirklich zur Selbstständigkeit erzogen worden und während wir damals auf Hogwarts gewesen waren, hatte auch James stets beharrlich ignoriert, dass Jana ein Problem bekommen könnte, wenn sie schließlich, alleine nach Hogwarts ging und nicht mehr James oder mich rufen konnte, um ihr zu helfen. Kurzerhand hatte ich es mir in unserem siebten Schuljahr schließlich zur Aufgabe gemacht, sie auf ihre letzten vier Schuljahre vorzubereiten. Doch weiter als bis dahin hatte auch ich niemals gedacht. Und dennoch wunderte es mich ein wenig, dass Jana es jetzt zur Sprache brachte. „OK, ich verstehe jetzt, worauf du hinaus willst“, versicherte ich ihr. „Aber wie kommst du da jetzt eigentlich drauf?“ Sie zuckte mit den Achseln. „Ich hab‘ mir darüber schon eine Weile lang Gedanken gemacht“, gestand sie. „Und irgendwie habe ich seit Emmas Geburt immer mehr das Gefühl, dass es wirklich wichtig ist. Emma braucht uns doch als Eltern. Ich sollte ihr nicht die Aufmerksamkeit wegnehmen, die doch eigentlich sie braucht.“ Ich nickte langsam. Das klang wohl einleuchtend. „Gut, ich verspreche dir, dass ich dich zukünftig nicht mehr so sehr in Watte packen werde“, schwor ich ihr. „Aber du könntest jetzt trotzdem einen Moment für dich gebrauchen. Ein bisschen Entspannung kann einfach nicht schaden. Ich lass dir ein Bad ein und dann kümmere ich mich in der Zeit um Emma.“ Damit war sie schließlich einverstanden und sie nickte dankbar. „OK, dann mach ich dir jetzt das Wasser fertig“, sagte ich und drückte ihr noch einen Kuss auf die Stirn und verschwand im Badezimmer. Nach dieser kleinen Diskussion schien sie wieder zufrieden zu sein und der Alltag spielte sich langsam etwas besser ein. Sie machte sich immer noch wegen jeder Kleinigkeit Sorgen um Emma und ich versuchte ihr weiterhin gut zuzureden, ohne sie dabei zu sehr mit Samthandschuhen anzufassen. Dennoch bestand ich darauf, dass sie nicht alles alleine machte. Immerhin hatte ich ja auch meine Vaterpflichten zu erfüllen. Sie kam diesem Wunsch nach, indem sie etwas von ihrer Milch abpumpte, sodass auch ich Emma ab und zu füttern konnte. Wir einigten uns auf das Ritual, dass ich Emma abends füttern, wickeln und ins Bett bringen würde, während Jana sich in dieser Zeit in der Wanne entspannte. Damit konnten wir beide gut leben. Am fünften Tag fühlte auch ich mich langsam immer sicherer im Umgang mit der Kleinen. Gerade hatte ich Jana wieder ein Bad eingelassen und ihr Emma abgenommen. Jetzt saß ich entspannt auf dem Bett, hatte sie auf dem Arm und gab ihr ihr Fläschchen. Sie trank langsam. Jedenfalls nuckelte sie mehr, als dass sie wirklich trank. Doch anscheinend war das vollkommen normal. Jana sagte jedenfalls, dass das bei Harry damals wohl auch nicht viel anders gewesen war. Ich machte mir darüber jedenfalls keine Gedanken. Stattdessen überlegte ich, ob ich der Kleinen vielleicht eine Geschichte erzählen sollte. Ich kannte nicht viele Kindergeschichten. Meine eigenen Eltern hatten mir und Regulus nie Märchen erzählt. Erst von James‘ und Janas Eltern hatte ich ein paar gelernt. James und Jana hatten die Märchen von Beedle dem Barden geliebt. Doch ich konnte mich nicht mehr an alle Details erinnern und war mir nicht sicher, ob ich diese Geschichten nacherzählen könnte, also sog ich mir einfach selber eine Geschichte aus den Fingern. „Hab ich dir schon einmal die Geschichte erzählt, wie Schnuffel seinen Freund Bambi kennen gelernt hat?“, fragte ich unnötigerweise. Natürlich nicht! Doch ich fuhr einfach ohne Umschweife fort. „Es war einmal ein kleiner schwarzer Hund. Der hieß Schnuffel. Er lebte in einem großen dunklen Haus und seine Eltern ließen ihn immer nur mit anderen Hundewelpen spielen. Doch Schnuffel war immer schon ein neugieriger kleiner Hund gewesen und er fragte sich, ob die anderen Tiere nicht auch nett waren. Aber seine Eltern hatten ihm verboten mit diesen Tieren zu spielen und sie wurden jedes Mal böse, wenn sie ihn dabei erwischten. Eines Tages jedoch ging der kleine Schnuffel alleine zum Spielen in den großen Park. Dort traf er auf viele andere Tier-Kinder und sie spielten alle so friedlich miteinander. Schnuffel überlegte sich, ob er sich nicht einfach zu ihnen gesellen sollte. Seine Eltern waren ja gerade gar nicht dabei. Also konnten sie auch nicht böse werden, wenn sie es gar nicht erfuhren, dachte er sich. Und so mischte er sich unter die anderen Tier-Kinder und traf dabei auch ein kleines Rehkitz, mit Namen Bambi. Bambi war ein aufgewecktes Rehkitz und seine Eltern ließen ihn immer mit allen Tieren spielen. Und er und Schnuffel freundeten sich auch ganz schnell an. Und bald schon nahm Bambi Schnuffel auch zum Spielen mit zu sich nach Hause, wo Schnuffel auch Bambis Familie kennen lernte. Er fand Bambis Eltern so viel freundlicher, als seine eigenen Eltern. Und doch musste er abends immer wieder zurück nach Hause, wo seine Eltern wissen wollten, wo er gewesen war. Schnuffel erzählte seinen Eltern nicht, wen er kennen gelernt hatte, denn er wusste, dass sie das nicht mögen würden. Doch von nun an hatte er einen neuen besten Freund gefunden und er und Bambi waren ganz bald schon unzertrennlich.“ Schließlich wandte Emma ihr Köpfchen ab, um zu zeigen, dass sie anscheinend satt war. Ich stellte das Fläschchen auf den Nachttisch ab und nahm Emma noch in den Arm, um mit ihr zu kuscheln und damit sie ein Bäuerchen machen konnte. „Hat dir die Geschichte gefallen?“, sprach ich beruhigend auf sie ein. Für einen Außenstehenden mochte es vielleicht komisch aussehen, wie ich mit der Kleinen sprach. Schließlich konnte sie mir ja sowieso noch nicht antworten. Und wahrscheinlich verstand sie auch noch nicht einmal, was ich ihr überhaupt erzählte. Doch wenigstens daran erinnerte ich mich noch, dass auch James und Lily immer liebevoll mit Harry geredet hatten und ihm Geschichten erzählt hatten, selbst wenn er noch zu klein gewesen war, um es überhaupt zu verstehen. Das wichtigste, hatte Lily damals erklärt, war es, dass man in einem ruhigen und liebevollen Ton mit dem Kind redete. Dann wäre es vollkommen egal, was man überhaupt erzählte. Es wirkte beruhigend auf die Kinder, die Stimme der Eltern zu hören. In diesem Moment spuckte mir die Kleine hinten in meinem Nacken ins T-Shirt. Ich denke, das zählte wohl als Bäuerchen oder es war einfach ihre Art, mir zu sagen, dass sie die Geschichte mochte. Vielleicht sollte ich aber beim nächsten Mal doch lieber ein Spucktuch verwenden. Ich griff nach Janas Zauberstab, der ebenfalls auf dem Nachttisch lag und beseitigte die kleine Sauerei mit einem kurzen Wink. Danach machte ich Emma für ihr Bettchen fertig. Der Abend verlief sehr ruhig. Emma schlief so schnell ein und so hatte ich etwas mehr Zeit, ihn gemeinsam mit Jana ausklingen zu lassen. Der nächste Morgen begann mit strahlendem Sonnenschein. Ich hatte bereits den Frühstückstisch vorbereitet und wartete auf Jana, die sich im Moment noch um die Kleine kümmerte. Schließlich kam sie dazu. Sie hatte Emma in ein Tragetuch gewickelt und trug sie vor sich auf der Brust. Ich bewunderte sie dafür, wie viel sie noch von Harry damals wusste. Zwar konnte ich mich noch daran erinnern, dass Lily Harry auch gelegentlich in einem Tragetuch getragen hatte, doch ich hätte beim besten Willen nicht mehr sagen können, wie man das Kind darin sicher einwickelte. Jana dagegen schien über solche Dinge nicht nachdenken zu müssen. „Wie machst du das nur?“, wollte ich von ihr wissen. „Was?“, fragte sie nach. Ihre Stimme war immer noch zaghaft, doch bereits wieder kräftiger als noch zwei Tage zuvor. „Du gehst so selbstverständlich mit der Kleinen um.“ Sie überlegte einen Moment. „Naja ich war ja bei Harry damals dabei gewesen, oder?“, erzählte sie schließlich. „Ich hab Lily und James immer dabei zugesehen, wie sie es gemacht haben und Lily hat mir auch immer alles erklärt. … Und trotzdem. Ich bin mir nicht sicher, ob ich alles richtigmache. An was ich mich erinnern kann, ist doch alles nur Theorie!“ „Das ist mehr Wissen, als ich habe“, merkte ich an und sie lächelte verlegen. Für einen kurzen Moment trat Stille zwischen uns ein, während wir uns dem Frühstück zuwandten. Nur Emmas leise Glucks-Geräusche waren zu hören. „Du solltest heute vielleicht wieder auf das Gelände gehen und nach Peter suchen“, schlug Jana schließlich vor, nachdem wir aufgegessen hatten. Ich sah sie eindringlich an. „Meinst du, du kommst alleine klar?“, fragte ich. Im Grunde war die Frage unnötig. Jana kam immerhin besser mit der Kleinen klar, als ich. Und dennoch hatte ich manchmal das Gefühl, dass ihr meine Anwesenheit guttat, wenn sie wieder einmal angestrengt überlegte, warum die Kleine gerade weinte. Außerdem konnte ich ihr andere Dinge abnehmen, für die ihr alleine keine Zeit blieben. „Ich werde den Tag über schon zurecht kommen“, versprach sie mir. „Aber du musst doch auch vorankommen.“ „Da hast du wohl recht“, erwiderte ich und nickte. „Ich nehm den Zwei-Wege-Spiegel mit. Wenn du mich brauchst, dann klopf einfach.“ Sie schüttelte nur bestimmt den Kopf. „Du sollst mich nicht so in Watte packen“, widersprach sie. „Pass du auf dich auf.“ Ich musste kurz lachen. Sie hatte mich wohl ertappt. Schließlich nickte ich erneut zustimmend. „Ja, ist gut“, sagte ich. „Ich nehm trotzdem den Zwei-Wege-Spiegel mit. Nur für den Fall. Und mach dir keine Sorgen um mich.“ Ich erhob mich und drückte ihr und Emma noch jeweils einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Dann wandte ich mich um und trat wieder durch das Portal in die Heulende Hütte. *** Kapitel 17: Die ganze Geschichte -------------------------------- Protagonist: James Potter *** Ich saß kreuzbeinig auf dem Fenstersims in der kleinen Wohnung, die Dumbledore uns angeboten hatte und starrte Löcher in die Luft. Es war nun schon der fünfte Tag hier und es hatte sich noch nichts – absolut rein gar nichts – getan. Im ersten Moment hatte ich Remus nicht wirklich glauben wollen, dass es so schwierig sein sollte, Sirius zu finden. Insbesondere, da er ja die Karte hatte. Doch mittlerweile wusste ich, dass Sirius sich tatsächlich meisterhaft versteckte und es fiel mir tatsächlich immer schwerer, selber zu glauben, dass er wohl nicht ganz bei klaren Verstand sein konnte. In diesen fünf Tagen bisher hatte er sich noch nicht ein einziges Mal blicken lassen und das ergab von hinten bis vorne überhaupt keinen Sinn! Die Karte lag geöffnet vor mir, doch ein Blick darauf war geradezu sinnlos. Ich würde Sirius doch nicht darauf finden. Er war nicht auf dem Gelände. Wo auch immer er sich hier in der Gegend versteckte, er war befand sich jedenfalls außerhalb des Bereichs, den die Karte abdeckte. Ich warf einen Blick aus dem Fenster. Von Weitem konnte ich Harry dabei beobachten, wie er Quidditch trainierte. Das machte mich stolz und sehnsüchtig zugleich. Er war als jüngster Spieler des Jahrhunderts in die Mannschaft gekommen, weil er es geschafft hatte, gleich in seiner ersten Flugstunde Professor McGonagall auf sich aufmerksam zu machen. Nicht einmal ich hatte dieses Kunststück damals hinbekommen und Harry hatte es noch nicht einmal darauf angelegt, wie mir erzählt worden war. Ich konnte nicht anders. Ich platzte förmlich vor Stolz und immer, wenn ich Harry beobachtete, musste ich grinsen. Gleichzeitig jedoch, wäre ich aber auch zu gerne mit ihm auf dem Quidditchfeld gewesen. Ich vermisste es zu spielen und ich hätte mich am liebsten selber auch auf einen Besen geschwungen und hätte eine Runde um das Feld gedreht. Doch das durfte ich nicht. Dumbledore hatte Lily und mir davon abgeraten, zu viel im Schloss umher zu wandern. Er hielt das nicht für ratsam, weil Schüler neugierig werden könnten. Faszinierenderweise waren wir bisher tatsächlich noch nicht so vielen Schülern begegnet. Harry und seine beiden Freunde verbrachten häufig ihre Zeit hier, allerdings drängte Hermine sehr stark darauf, dass die drei ihre Hausaufgaben machen und für ihre bevorstehenden Prüfungen lernen sollten, was ich etwas bedauerte. Doch Lily unterstützte Hermine darin und hatte sich sogar dazu gesetzt, als die drei gerade an ihren Zaubertränke-Hausaufgaben saßen. Harry schien dieses Fach zu verabscheuen und nachdem ich erfahren hatte, dass dieses Fach mittlerweile von Snape unterrichtet wurde, konnte ich ihm das auch nicht verübeln. Wie hatte Dumbledore diesen Schleimbeutel nur hier einstellen und auf die Schüler loslassen können? Das ging absolut über meine Vorstellungskraft, aber es brachte nichts, Dumbledore darauf anzusprechen. Immer wenn ich das Thema beginnen wollte, ließ dieser sich irgendeinen Vorwand einfallen, um ein anderes Thema einzuschlagen oder das Gespräch gänzlich zu beenden. Im Augenblick saß ich nun also hier und langweilte mich gerade zu Tode, während Lily gerade einen Brief an ihre Schwester schrieb. Gleich, nachdem wir diese Wohnung hier bezogen hatten, hatte Lily sich bereits daran gesetzt, eine Nachricht an ihre Schwester zu schreiben, um ihr mitzuteilen, was passiert war – zumindest soweit wir das natürlich selber wussten. Diese hatte sich einige Tage Zeit gelassen und die Antwort war erst vorhin angekommen. Lily hatte es die Sprache verschlagen, als sie sie gelesen hatte und sie war darüber in Tränen ausgebrochen. Sie hatte mir nicht einmal selber mitteilen können, was eigentlich drinstand. Deswegen hatte ich ihr kurzerhand das Papier abgenommen und gelesen. Ich war selber sprachlos gewesen. Der Brief enthielt allerlei wüste Beschimpfungen und Anschuldigungen. Mehrmals beklagte sich diese Frau darüber, dass sie Harry hatte aufziehen müssen, obwohl wir doch ganz offensichtlich doch lebten! Man sollte eigentlich meinen, dass sich normale Menschen darüber freuen würden, wenn sie erfuhren, dass ihre lange-totgeglaubten Geschwister am Leben waren. Auf diese Frau dagegen traf das offensichtlich jedoch nicht zu. Vielleicht war es gut so, dass diese Person im Moment ganz weit von mir entfernt war. Ich verspürte große Lust, ihr gehörig meine Meinung zu sagen. Und dafür, dass ich sachlich bleiben würde, konnte ich nicht garantieren. Lily zitterte auch jetzt noch, während sie einen weiteren Brief an diese Frau verfasste und ein paar Tränen traten ihr wieder in den Augen. „Du bist deiner Schwester keine Rechenschaft schuldig“, versuchte ich sie zu trösten. „Immerhin haben nicht wir entschieden, dass Harry ausgerechnet bei ihr aufwachsen sollte.“ Sie nickte bloß, ohne einen Ton zu sagen. „Schreib ihr einfach, dass du ihr bloß mitteilen wolltest, dass Harry von jetzt an wieder bei uns wohnen wird und dann brauchen wir nie wieder ein Wort mit ihr wechseln oder ihr gar begegnen.“ Lily schluckte doch wieder nickte sie und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, bevor sie weiterschrieb. Ich wusste, dass es ihr wehtat. So schlecht sie und ihre Schwester auch immer miteinander klargekommen waren, sie hatte sie immer als einen Teil ihrer Familie betrachtet. Ich beobachte sie noch für einen Moment, dann wandte ich mich wieder der Karte zu, die immer noch ausgebreitet vor mir lag. Eigentlich war es beinahe schon sinnlos. Sirius hatte sich so lange nicht blicken lassen und ich erwartete nicht, dass er es jetzt tun würde. Und tatsächlich: Er war nicht da. Ich hatte die Karte zuvor schon auf und abgesucht, mehrmals. Harry hatte mir außerdem meinen alten Tarnumhang vorbeigebracht, den Dumbledore ihm offenbar in seinem ersten Schuljahr weiter vererbt hatte. Ich hatte ihn genutzt, um Sirius überall dort zu suchen, wo er nicht auf der Karte erschien. Ich war im Raum der Wünsche gewesen, in der Heulenden Hütte, sogar in den Ausläufern des verbotenen Waldes hatte ich nach ihm gesucht. Er war nirgends zu finden gewesen. ‚Was sollte das eigentlich?‘, fragte ich mich. Was immer er hier auch suchte, er musste sich doch wenigstens in der Nähe aufhalten. Doch anscheinend war dies nicht der Fall. Meine Gedanken drifteten wieder ab. Überhaupt war ich diese Woche nicht einen Schritt weitergekommen. Lily hatte immerhin ihrer Schwester geschrieben. Doch ich dagegen konnte meiner kleinen Schwester nicht schreiben. Ich hatte mich bereits mit Professor Sprout unterhalten, doch auch sie wusste nichts davon, wo Jana sich nach ihrem Schulabschluss aufgehalten haben könnte. Sie hatte mir die Briefe gezeigt, die Jana ihr noch geschrieben hatte. Sie waren oberflächlich. Sie deuteten nur an, dass es ihr gut ginge und dass sie sich nach einem neuen Zuhause umsah. Manchmal hatte Jana davon geschrieben, dass sie Harry besuchen wolle, aber ich konnte nicht genau sagen, ob sie es tatsächlich auch getan hatte. Außerdem gab mir auch das noch keinen Aufschluss darüber, wo sie gelebt haben könnte. Der Kontakt war bereits nach ein paar Briefwechseln abgerissen. Ich schloss daraus, dass Jana schließlich krank geworden sein verstorben sein musste. Aber so weit war ich auch vorher schon gewesen. Wo war sie nur? Ich spürte eine Träne über mein Gesicht laufen. Es war schwer für mich zu begreifen. Für mich fühlte es sich noch immer so an, als wäre es erst einige Tage her, dass ich mich mit ihr über unsere Zwei-Wege-Spiegel unterhalten hatte. Fast täglich hatten wir so miteinander geredet, selbst wenn sie in Hogwarts war. Und nun, würde ich sie plötzlich nie wiedersehen? Instinktiv langte ich in meine Umhangtasche. Sie war leer. Ich hatte meine beiden Zwei-Wege-Spiegel nicht bei mir gehabt, als Voldemort in der Tür aufgetaucht war. Weder das Gegenstück zu dem von Jana, noch zu dem von Sirius. Und unser Haus war immerhin leergeräumt worden. Selbst wenn ich dorthin zurückkehren würde, ich würde sie wohl kaum finden. Es war zum Verzweifeln! Es war doch schon schlimm genug, dass Lily und ich so viel verpasst hatten. Warum mussten Sirius und Jana auch noch spurlos verschwunden sein? Immerhin konnte ich noch hoffen, dass ich Sirius irgendwann finden würde, aber Jana? Wenn ich doch wenigstens herausbekäme, wo sie zuletzt gelebt hatte. Wie sollte ich mich denn je von ihr verabschieden können, wenn ich nicht einmal genau wusste, wann und wo sie verstorben war? Erneut warf ich einen Blick auf die Karte. Es war ein beiläufiger Blick. Ich hatte mir nichts davon versprochen. Doch jetzt sah ich, zu meiner eigenen Überraschung, wie Sirius den Gang zwischen der Heulenden Hütte und der Peitschenden Weide entlang, in Richtung Schloss lief. Für einen kurzen Augenblick starrte ich etwas fassungslos auf die Karte. Er war in der Hütte gewesen! Aber ich hatte doch auch dort nach ihm gesucht! Auch Remus hatte mir erzählt, dass er mehrfach in der Hütte nach ihm gesucht hätte, auch wenn er dieses Schuljahr nie an den Vollmonden dort gewesen war. Das war offenbar nicht mehr nötig, da es nun einen Trank gab, der die Symptome seines Werwolf-Daseins soweit abschwächte, dass er sich an Vollmondnächten wie ein harmloser Wolf in seinem Büro zusammenrollen konnte. Das freute mich für ihn. Wenigstens waren die Vollmonde so also erträglicher für ihn. Allerdings schockte mich die Tatsache, dass er sich diesen Trank von Snape brauen ließ. Der konnte ihm doch jederzeit genauso gut Gift unterjubeln! Doch Remus hatte von diesem Einwand nichts hören wollen. Wie auch immer: Jedenfalls sagte mir die Karte gerade, dass Sirius sich doch in der Hütte aufgehalten haben musste. Wie war er da nur so unbemerkt reingelangt? Aber im Grunde war das gerade auch nicht wichtig. Ich sprang auf, faltete die Karte zusammen und steckte sie in meine Umhangtasche. Dann griff ich nach dem Tarnumhang. Lily sah von ihrem Brief auf. „Was ist los?“, wollte sie wissen. „Ich hab‘ ihn gefunden“, antwortete ich ihr knapp. „Ich geh ihm entgegen. Wir sehen uns dann später.“ Ich drückte ihr noch eilig einen kurzen Kuss auf die Wange. Dann verschwand ich auch schon unter dem Tarnumhang und verließ die Wohnung. Lily antwortete mir noch mit einem „Bis später!“, doch ich hatte es zu eilig, Sirius endlich zu treffen, dass ich ihr nicht noch einmal antwortete. Während ich ihm entgegen lief, behielt ich ihn auf der Karte im Auge. Nachdem er den Gang unter der Peitschenden Weide verlassen hatte, bog er in Richtung des verbotenen Waldes ab. Es ergab wohl Sinn, dass er sich tagsüber lieber im verbotenen Wald aufhielt, wo ihn niemand so schnell finden würde. Allerdings fiel mir kein vernünftiger Grund ein, warum er sich erst so lange nicht auf das Gelände gewagt hatte, nur um dann als erstes in den verbotenen Wald zu gehen. Ich brauchte eine Weile, um Sirius einzuholen. Er war in seiner Animagus-Gestalt und wandte sich immer wieder um, um sicher zu gehen, dass ihm niemand folgte, doch er bemerkte mich zunächst nicht. Ich folgte ihm bis auf eine kleine Lichtung, wo er einen Momentlang aufmerksam nach etwas schnupperte. Dann jedoch setzte er sich einfach nur unter einen Baum, als würde er auf etwas warten. „Auf was wartest du hier?“, fragte ich und nahm den Tarnumhang ab. Geradezu reflexartig verwandelte er sich zurück in einen Mann und griff nach dem Zauberstab, den er dabeihatte, bevor er herumwirbelte. Als er mich jedoch sah, blieb ihm nur der Mund offenstehen und er ließ den Zauberstab wieder sinken. „James?“, fragte er und wirkte nicht minder überrascht wie alle anderen, denen Lily und ich bisher begegnet waren. Tatsächlich sah er aus, als könne er seinen eigenen Augen kaum trauen. „… Ich … bin milde überrascht!“ Ich schnaubte kurz, amüsiert über diese Untertreibung. Sein Gesichtsausdruck wirkte alles andere, als nur milde überrascht, doch ich ging auf diese Untertreibung ein. „Du bist der erste, der nur milde überrascht ist“, kommentierte ich und trat auf die Lichtung. Er lächelte nur etwas schwächlich und schien sich überlegen zu müssen, was er darauf erwidern sollte. „Ich kann dir übrigens nicht erklären, warum Lily und ich unserem Grab entstiegen sind“, teilte ich ihm unvermittelt mit. „Und Dumbledore hat bis jetzt auch noch keine Antwort auf diese Frage gefunden.“ „Das hab‘ ich, ehrlich gesagt, auch nicht erwartet“, sagte er. „Na das ist ja schon mal beruhigend. … Also was machst du hier?“ „Also eigentlich hatte ich vorgehabt, mich hier mit einem Kater zu treffen.“ „Einem Kater?!“ „Ja, ich vermute ich habe eine längere Geschichte zu erzählen.“ „Ich will für dich hoffen, dass du eine ausführliche Geschichte für mich hast! Ich hab‘ immerhin gehört, dass du aus Askaban ausgebrochen und nun angeblich hinter Harry her bist!“ „Dass ich aus Askaban ausgebrochen bin, stimmt. Aber -“ „Ich hatte ja eigentlich gehofft, dass du vielleicht nicht ganz bei klarem Verstand wärst, aber irgendwie siehst du weder danach noch nach 12 Jahren Askaban aus!“ Tatsächlich war er sehr ordentlich gekleidet und sah auch nicht nur annähernd so verwahrlost aus, wie auf den Bildern, die ich in den letzten paar Tagen von ihm zu Gesicht bekommen hatte. Er schien sogar gut gegessen zu haben. Er runzelte die Stirn. „Sagen wir, ich hatte die Gelegenheit, mich etwas frisch zu machen“, antwortete er. „Aber warum glaubst du, ich wäre nicht ganz bei klarem Verstand?“ „Weil das irgendwie die logischste Erklärung für mich ist, warum du hinter Harry her bist.“ „Ich bin nicht hinter Harry her!“, erwiderte er energisch und offenbar etwas entsetzt darüber, dass ich diesen Verdacht auch nur äußerte. „Danke“, sagte ich nur. „Ich habe auch nie ernsthaft daran geglaubt.“ Er musste kurz grinsen. Dann wurde er jedoch wieder ernst. „Nein, ich bin nicht hinter Harry her“, wiederholte er. „Aber meine Geschichte ist so verrückt, dass du ohnehin nicht von selber darauf gekommen wärst und ich muss wohl auch etwas ausholen.“ „Ich habe es nicht gerade eilig“, versicherte ich ihm und setzte mich unter den Baum. Er jedoch blieb stehen. „Es tut mir leid“, sagte er unvermittelt. „Was tut dir leid? Gerade eben hast du doch nicht gesagt, dass du nicht hinter Harry her bist. Also was sollte dir leidtun?“ „Ich bin auch nicht hinter Harry her! Mir tut es leid, was passiert ist. Ich wollte nicht, dass … Ich meine … Ich hätte einfach bei dem ursprünglichen Plan bleiben und euer Geheimniswahrer werden sollen. Ich hätte nie Peter vorschlagen sollen. … Es tut mir leid!“ Ich starrte ihn etwas fassungslos an. „Ich habe dir nicht eine Sekunde lang unterstellt, dass du gewusst haben könntest, dass Peter der Spion war“, antwortete ich. „Aber trotzdem war es meine Idee gewesen, ihn zum Geheimniswahrer zu machen“, widersprach er. „Und das tut mir leid. Ich wollte nicht, dass euch etwas passiert.“ „Es ist nicht deine Schuld!“, erwiderte ich bestimmt, doch er sah immer noch nicht danach aus, als würde er sich dadurch viel besser fühlen. „Immerhin hast du ihn ja dafür umgebracht. Also hör schon auf, dir weiter deswegen Vorwürfe zu machen!“ Doch nun machte er den Eindruck, als ob er sich in seiner Haut sogar noch unwohler fühlen würde. „Es tut mir wirklich leid“, sagte er noch einmal. „Sag mal, hast du mir gerade eigentlich zugehört?“, wollte ich wissen. „Ja“, erwiderte er. „Aber Peter ist nicht tot.“ „Was?!?“ Er biss sich auf die Lippe. „Ich wollte ihn töten“, fuhr er fort. „Ich wollte Lily und dich rächen. Doch er hat mich überlistet und ist mir entwischt. Deswegen bin ich in Askaban gelandet und konnte nicht ein Versprechen, das ich dir gegeben habe, halten. … Es tut mir leid!“ Noch einmal starrte ich ihn nur fassungslos an. „Ich habe bisher noch kaum eine gute Nachricht zu Ohren bekommen“, brachte ich hervor. Ich versuchte resigniert zu klingen, doch meine Stimme brodelte. „Und ausgerechnet eine von den wenigen guten Nachrichten die ich bis jetzt gehört hab, musst du mir wieder zerstören!“ „Das tut mir leid“, erwiderte er noch einmal und er sah wirklich danach aus, als könnte er sich jeden Moment selber ohrfeigen. „Ach hör endlich auf, dich für alles zu entschuldigen! Erzähl mir lieber, was eigentlich passiert ist – NACHDEM Lily und ich von Voldemort Besuch bekommen haben.“ Tatsächlich machte es mich wirklich wütend, dass Sirius so versagt hatte. Er hatte also Jahrelang in Askaban gehockt für nichts und wieder nichts und dabei hätte Harry ihn doch gebraucht! Aber was brachte es mir, ihm das vorzuwerfen. Zu ändern war es doch eh nicht mehr und ich war so gespannt darauf, endlich zu erfahren, was wirklich passiert war, dass ich ihn nur abwartend ansah. Er zögerte einen Moment, doch dann setzte er sich ebenfalls unter den Baum und begann zu erzählen. „Also wie gesagt, ich wollte Peter für seinen Verrat an euch umbringen“, fing er an. „Ich hatte ihn auch schon gestellt. Aber dann schrie er, sodass die ganze Straße es hörte, dass ich euch verraten hätte und er hat es geschafft, mich so aus der Fassung zu bringen, dass ich tatsächlich nicht schnell genug reagiert hab‘. Er hat die halbe Straße in die Luft gesprengt und alle im Umkreis von zehn Metern getötet. Dann hat er sich in eine Ratte verwandelt und ist verschwunden, noch bevor sich der Rauch der Explosion gelichtet hatte.“ Ich war etwas geschockt. „Eine Explosion?“, wiederholte ich säuerlich. „Ich hätte danach fragen sollen, wie Peter angeblich gestorben ist. Es wäre mir gleich komisch vorgekommen!“ „Es tut mir leid“, entschuldigte sich Sirius schon wieder. „Meine Fresse! Wenn ich noch einmal höre, dass dir irgendetwas leidtut, dann schlag ich dich!“ Sirius antwortete nicht. Er sah nur betreten zu Boden. „Also bist du völlig unschuldig in Askaban gelandet“, fasste ich zusammen. „Und alles, wofür du eigentlich dort drinnen saßt, hat tatsächlich Peter begangen!“ „Ja“, antwortete er nur knapp und er schien sich angestrengt verkneifen zu müssen, sich auch dafür zu entschuldigen. „Gratulation!“ Wieder antwortete er nicht. Er schien sich immer noch eine weitere Entschuldigung verkneifen zu müssen und er sah aus, als warte er jeden Augenblick auf seine Hinrichtung. Aber Vorwürfe und Entschuldigungen brachten uns jetzt natürlich auch nicht weiter, also hielt ich meine Wut so gut es ging im Zaum. Oder zumindest versuchte ich es, Sirius zuliebe. „Diese kleine miese Ratte!“, fluchte ich stattdessen. „Ja, das hab‘ ich mir auch schon so oft gedacht.“ „Also kann der sich jetzt sozusagen überall verstecken. Alle halten ihn für tot und er könnte jetzt irgendwo rumkriechen, ohne, dass ihn irgendjemand jemals in seiner Rattengestalt erkennt!“ „Er ist hier auf dem Gelände, soviel weiß ich.“ Ich merkte auf. „Woher?“, wollte ich irritiert wissen. „Es war kompletter Zufall gewesen“, antwortete er. „Der aktuelle Minister für Zauberei hat mich letztes Jahr in meiner Zelle in Askaban besucht und wir haben uns unterhalten. Dabei hat er mir seine Zeitung gegeben und ich habe zufällig Peter auf dem Titelbild entdeckt.“ Er langte in seine Umhangtasche und holte einen Zeitungsausschnitt hervor. Es war ein Bild von einer neunköpfigen Familie, die Urlaub in Ägypten machten. In dem Artikel darunter hieß es, dass Mr Weasley einen Goldpreis gewonnen hatte und das Gold für diesen Urlaub verwendet hatte. Ich erkannte auch Harrys Freund Ron darauf und ich wollte Sirius schon fragen, wo er denn bitteschön hier Peter entdeckt zu haben glaubte, als mein Blick auf der Ratte hängen blieb, die auf der Schulter von Ron saß. Mir blieb geschockt der Mund offenstehen. „Er tarnt sich als Hausratte?“, fragte ich entsetzt. „Das ist Ron, Harrys bester Freund! Und Peter tarnt sich als SEINE Hausratte?“ „Ja“, erwiderte Sirius und es schien ihm sichtlich unangenehm zu sein. „Das heißt, Peter befindet sich jetzt wahrscheinlich sogar im Gryffindor-Turm? Das heißt, er könnte Harry etwas antun, wenn ihm danach ist?“ „Er ist nicht mehr dort. Er ist offenbar geflohen, als er mitbekommen hat, wie dicht ich ihm auf den Fersen war.“ „Deswegen bist du hierher nach Hogwarts gekommen!“ „Ja. Aber ich habe es noch nicht geschafft, ihn zu fassen zu bekommen. Er muss hier irgendwo auf dem Gelände sein. Aber ich weiß nicht, wo genau.“ „Er könnte auch einfach vom Gelände geflohen sein.“ „Nein, für so weitsichtig halte ich ihn dann doch nicht. Ich denke, er hofft darauf, dass mich die Dementoren in die Finger bekommen und er dann gefahrlos zu seinem Besitzer zurückkehren kann.“ Für einen Moment starrte ich grimmig Löcher in die Luft. „Die Dementoren scheinen dich übrigens wirklich zu vermissen“, teilte ich ihm mit. „Du kannst ihnen ja liebe Grüße von mir ausrichten“, spottete er. „Im Ernst! Die vermissen dich sogar so sehr, dass sie dir sogar ein Begrüßungsküsschen geben würden.“ „Ja, aber so sehr vermisse ich sie wieder nicht!“ „Ich wollte es dir ja nur ausrichten.“ „Ich habe es also zur Kenntnis genommen. Aber das wusste ich auch schon.“ „Na dann ist ja gut.“ „Ich hatte nicht vor, Peter diesen Gefallen auch noch zu tun.“ „Das ist sehr beruhigend zu wissen!“, erwiderte ich mit einem sarkastischen Unterton in meiner Stimme. „Da fällt mir ein: Warum hast du dich eigentlich mindestens fünf Tage lang in der Heulenden Hütte versteckt, bevor du wieder rausgekommen bist, um weiter nach Peter zu suchen?“ „Ich war nicht in der Hütte. Jedenfalls nicht die ganze Zeit über. Ich nutze einen Portalzauber, um auf das Gelände zu gelangen. Die Hütte ist bloß mein Zugang.“ Ich war ehrlich verblüfft. „Portalzauber!“, wiederholte ich. „Das ist wirklich kreativ!“ „Danke“, antwortete er. „Das Gegenportal befindet sich übrigens noch nicht einmal hier in der Nähe.“ „Wow! Also mangelnde Kreativität bei deinem Versteck kann man dir nicht vorwerfen. … Aber das beantwortet meine Frage noch nicht, warum du mehrere Tage lang nicht auf dem Gelände warst.“ Er lief etwas rosa an im Gesicht und wirkte etwas nervös bei dieser Frage. „Ich bin Vater geworden“, gestand er nach einem kurzen Augenblick. Erneut starrte ich ihn einfach nur an. Wollte er mich jetzt verarschen? Sein Blick ließ sich irgendwie nur schwer deuten, war er nervös oder glücklich? Offenbar schien er sich bei dieser Frage selber nicht ganz einig zu sein. „Du meinst, du hast gerade herausgefunden, dass du ein Kind hast?“, vergewisserte ich mich. „Wie alt ist das Kind denn schon?“ „Fünf Tage!“, antwortete er mit aller Ernsthaftigkeit. „Und nein, ich habe es nicht erst jetzt herausgefunden.“ „Du willst mir erzählen, dass du aus Askaban ausgebrochen bist und es tatsächlich geschafft hast, eine Frau zu schwängern, während du auf der Flucht warst?“ „Ja, das … das war nicht geplant.“ „Ja, dass du sowas nicht planst, ist mir vollkommen klar!“ Irgendwie amüsierte mich das, doch Sirius schien etwas peinlich verlegen. „Wie hast du das angestellt?“, wollte ich wissen. „Ich hatte eigentlich gehofft, nicht ins Detail gehen zu müssen.“ Ich rollte mit den Augen. „Also derartige Details wollte ich nicht wissen! Ich wollte wissen, wie du es fertiggebracht hast, ein vertrauensseliges Wesen dafür zu finden. Weiß sie eigentlich, wer du bist?“ „Ja, das weiß sie.“ „Also kennt sie die offizielle Geschichte über dich?“ „Ja.“ „Und sie hat sich davon nicht beeindrucken lassen?“ „Sie hat nie daran geglaubt.“ „Wow!“ Einen Momentlang trat Stille ein. Ich war ziemlich beeindruckt, doch Sirius war immer noch etwas rosa im Gesicht. „Ich war übrigens mit meiner Geschichte noch nicht fertig“, teilte er mir schließlich mit. „Sagtest du nicht, du willst nicht ins Detail gehen?“ „Ich will auch nicht ins Detail gehen. Ich meine die Geschichte davor.“ „Davor saßt du in Askaban und bist ausgebrochen, nachdem du erfahren hast, dass Peter sich hier auf dem Gelände versteckt“, fasste ich etwas irritiert zusammen. „Ja, aber das ist noch nicht die ganze Geschichte.“ „Wie jetzt? ‚Noch nicht die ganze Geschichte‘? Hast du vielleicht in Askaban paar nette Freundschaften geschlossen?“ „Ja, weißt du, ich bin mit den Dementoren per ‚du‘ und kenne sie alle mit Vornamen!“ „Ach, na das ist doch nett! Dann kannst du uns ja bei Gelegenheit mal vorstellen. Vielleicht kommen sie ja auch mal zum Kaffeekränzchen vorbei. Einfach, um über die schönen alten Zeiten zu plaudern!“ „Solange es beim Plaudern bleibt.“ „Das würde ich doch sehr schätzen.“ „OK, Spaß beiseite.“ „Meinst du, du hast wirklich Freundschaften geschlossen in Askaban?“ „NEIN!“ „Wie spannend kann dann die Geschichte schon noch sein? Willst du mir beschreiben, wie viele Sandkörner du in deiner Zelle zählen konntest?“ „Jana hat mich angeklopft, während ich in Askaban saß.“ Ich brauchte einen Augenblick, um diese Nachricht zu begreifen. Jana? Ausgerechnet Jana hatte ihn angeklopft? Aber sie hatte doch davon ausgehen müssen, dass Sirius Lily und mich verraten hätte! Selbst Remus hatte offenbar daran geglaubt. Ausgerechnet Jana hatte also Kontakt zu Sirius aufgenommen? Außerdem bedeutete das, dass Sirius also wissen konnte, was mit ihr passiert war. Fast eine ganze Woche lang hatte mir niemand sagen können, was aus Jana geworden war. Ich hatte alle Lehrer gefragt, die sie damals gekannt hatten. Ausgerechnet Sirius, von dem ich das gerade am wenigsten erwartet hatte, erzählte mir nun, dass er etwas von ihr wusste? Ich bekam keinen Ton heraus. Ich starrte ihn nur mit offenen Mund an und wartete darauf, dass er endlich fortfahren würde. „Sie hatte, nachdem sie Hogwarts abgeschlossen hatte, deinen alten Zwei-Wege-Spiegel gefunden und mich darüber kontaktiert“, berichtete er. „Sie wollte wissen, was eigentlich passiert war und ich musste ihr noch nicht einmal irgendeinen Beweis nennen. Sie hat mir alles geglaubt, ohne auch nur ein Wort zu hinterfragen. … Und sie hat mich daran erinnert, dass Lily davon geträumt hatte, dass das passieren würde. …“ „Dass was passieren würde?“, unterbrach ich ihn. „Na, dass du und Lily von Voldemort angegriffen werden würdet und dass ich in Askaban landen würde.“ „Wann soll denn das gewesen sein?“ „Ein paar Wochen, bevor Harry auf die Welt kam. Ich habe auch nicht mehr daran gedacht. Oder ich wäre wohl nicht auf diese blöde Idee gekommen, euch Peter vorzuschlagen. … Aber Jana hat sich daran erinnert. Lily hatte damals sogar noch einen Trank gebraut, um euch davor zu schützen, dass euch bei einem Angriff etwas passieren könnte.“ „Wieso erinnert sich Jana an sowas und Lily und ich nicht?“ „Ich schätze, Jana hat wohl ein besseres Gedächtnis? … Vielleicht war sie aber auch einfach die einzige von uns, die Lilys Traum ernst genommen hat. Wenn du sie fragst, kann sie dir bestimmt auch noch wortwörtlich wiederholen, was Lily damals darüber erzählt hat.“ „Tse!“ Ich blickte zur Seite und versuchte es zu begreifen, mich selber daran zu erinnern, doch es fiel mir schwer. Das war so lange her gewesen. Und in der Zwischenzeit war so viel passiert. Wir waren immer so viel mit Harry beschäftigt gewesen, dass wir seitdem nie wieder einen Gedanken daran verschwendet hatten. Ganz langsam und bruchstückweise kehrte die Erinnerung zurück. Tatsächlich war dieser Trank doch genau dazu gedacht gewesen, um uns vor einen Angriff zu schützen. Gut, wir waren nie ernsthaft davon ausgegangen, dass wir in unserem eigenen Haus angegriffen werden würden, und trotzdem! Wie hatten wir so etwas Entscheidendes nur vergessen können? Wir hatten uns offenbar schlicht zu sicher gefühlt. Aber Jana hatte es in Erinnerung behalten! Ich war darüber so baff, dass ich immer noch nichts dazu sagen konnte und meinen Mund auch immer noch nicht wieder zu bekam. „Jana hat auch das Buch gefunden, aus dem Lily das Rezept für diesen Trank hatte“, fuhr Sirius fort. „Sie wollte euch auch aufwecken, aber sie hat es nicht geschafft.“ „Du willst mir sagen, dass ihr wusstet, dass Lily und ich leben?“ „Ja, aber ehrlich gesagt, kann ich dir nicht beantworten, warum ihr bereits alleine aufgewacht seid. Eigentlich hatte Jana in Erfahrung gebracht, dass ihr nur in bestimmten Vollmondnächten aufgeweckt werden könnt. Leider hat sie die Gelegenheiten immer verpasst und ich hatte eigentlich gedacht, dass die nächste Gelegenheit erst in knapp zwei Monaten wäre.“ „Also ist Jana nicht tot?“ Diese Hoffnung hatte ich die letzten Tage über kaum noch an mich herangelassen. Aber, was Sirius gerade erzählte, klang nicht danach, als ob sie zwischenzeitlich verstorben wäre. „Nein. Sie hat es grundsätzlich geschafft, sich am Leben zu halten.“ „Was soll das denn heißen?“ Er schluckte und schüttelte sich, als ob ihm die Vorstellung immer noch einen Schauer über den Rücken jagte. „Du willst es nicht wissen.“ „Doch!“ „Sie war krank.“ „Na das ist ja noch nicht weiter ungewöhnlich.“ „Ja, aber du hast keine Vorstellung! Sie war 11 Jahre lang allein gewesen! In der Zeit war sie nicht ein einziges Mal wirklich gesund gewesen. Als ich aus Askaban ausbrach hat sie noch geatmet und ihr Herz und ihr Puls haben noch geschlagen. Aber ansonsten sah sie aus wie tot. Sie hat durchgehalten, aber als mehr konnte man es nicht bezeichnen.“ Mir stockte etwas der Atem. Ich konnte mir schwer vorstellen, wie Jana es geschafft haben sollte, so lange alleine auf sich gestellt zu überleben. „Aber sie lebt?“, vergewisserte ich mich. „Ja“, versicherte Sirius mir bestimmt. „Und sie sieht jetzt auch wieder um Welten besser aus, als vor ein paar Monaten, als ich sie von ihrem Küchenfußboden aufgesammelt habe. … Aber ich will sie nie wieder so sehen.“ Vom Küchenfußboden aufgesammelt? Er hatte recht, ich wollte tatsächlich nichts weiter darüber hören. „Wie geht’s ihr?“, wollte ich wissen. „Ganz gut“, erwiderte er. „Ich hoffe doch, dass sie mich anklopft, falls sie mich brauchen sollte. Aber ich fürchte sie weigert sich, das zu tun, weil sie nicht riskieren will, dass ich erwischt werde. Aber ich hatte auch nicht vor, sie länger als ein paar Stunden alleine zu lassen.“ „Das heißt also“, schlussfolgerte ich, „dass das Kind, von dem du vorhin erzählt hast, auch Janas Kind ist.“ Wieder lief er rot an. „Ja“, gestand er. „Du hast Jana halb tot von ihrem Küchenfußboden aufgelesen, nur um sie anschließend zu schwängern?“ Sein Kopf war jetzt so feuerrot vor Scham, dass das Gryffindor-Banner dagegen blass aussah. „Naja so krass kann man das nicht formulieren.“ Es war ihm sichtlich peinlich. „Aber ich sagte ja bereits, dass es nicht geplant war.“ Mir fiel darauf nichts zu ein. „Das geht auf keine Drachenhaut!“, rief ich aus und konnte nicht mehr darauf antworten. Selbst in meinen Gedanken war ich sprachlos. Meine Schwester hatte ein Kind bekommen! Von Sirius! Und das auch noch, während er sich auf der Flucht befand und alle ihn für einen Mörder hielten! … Aber wenn ich es mir genau überlegte, passte es sogar zusammen. Jana war vertrauensselig – zumindest denen gegenüber, die sie näher kannte – und im Grunde überraschte es mich auch nicht wirklich, dass sie Sirius vertraut hatte, ohne weiter zu hinterfragen. Und ich hatte schon seit Lilys Schwangerschaft irgendwie das Gefühl gehabt, dass Jana sich auch Kinder wünschte. „Aber du hast gesagt, sie lebt?“, vergewisserte ich mich schließlich noch einmal. Immerhin war eine Schwangerschaft ja auch nicht ganz ungefährlich für sie und schon gar nicht unter diesen Umständen. „Ja“, erwiderte er. „Ihr geht’s gut?“ „Sie hat alles gut überstanden.“ „OK.“ Ich atmete tief durch und wieder trat ein Moment der Stille zwischen uns ein. Ich versuchte immer noch die Nachricht zu verdauen, dass Sirius und Jana ein Kind zusammen hatten. Er dagegen saß einfach nur da und blickte drein, wie ein Hund, der von seinem Herrchen dabei erwischt worden war, wie er Blödsinn angestellt hatte. „Bevor du mir den Kopf dafür abschlägst,“ begann er schließlich verlegen, „lass mich dir wenigstens erklären, wie du genau zu ihr gelangst, damit sie nicht wieder alleine bleibt.“ Ich starrte ihn entsetzt an. „Warum sollte ich dir den Kopf abschlagen?“ „Ich schätze, ich hätte es wohl verdient.“ „Warum sollte ich meinem besten Freund köpfen und damit meine eigene kleine Schwester zur alleinerziehenden Mutter zu machen und ihrem Kind den Vater zu nehmen?“ Er antwortete nicht. „Freust du dich eigentlich überhaupt darüber, ein Kind zu haben?“, wollte ich wissen. Ein flüchtiges Grinsen huschte über sein Gesicht. „Schon, seitdem Jana alles ganz gut überstanden hat“, antwortete er. „Warum denkst du dann, dass ich dir den Kopf abschlagen würde?“ „Sie ist immerhin deine kleine Schwester.“ „Ja, na und? Ich dachte nicht, dass sich daran etwas geändert hätte, nur, weil sie jetzt offenbar ein Kind von dir hat.“ „Nein, aber…“ Er brach ab und schien mit seinen Worten zu ringen. „Aber was?“, fragte ich. „Die Hauptsache ist doch, dass es Jana und dem Kind gut geht und dass du dich darüber freust, Vater zu sein, oder? … Dem Kind geht’s doch gut, oder?“ Er starrte mich an, mit einem Blick, den ich nicht so recht deuten konnte. „Ja, allen geht es gut, aber … ich bin mit deiner kleinen Schwester zusammen!“, erzählte er mir noch einmal, als wolle er sicherstellen, dass ich es auch wirklich begriffen hatte. „Ja, und das ist doch super, oder? … Also es sei denn, natürlich, du wölltest nur mit ihr spielen. Dann würde ich dir wirklich den Kopf abschlagen!“ „NEIN!“ „Na also, was soll das dann?“ Er schwieg einen Moment. „Ich dachte eigentlich, dass du nicht davon begeistert sein würdest, dass Jana mit mir zusammen ist.“ „Warum sollte ich?“ „Naja, wir waren uns früher beim Thema Beziehungen nie einig gewesen und hatten das Thema ja dann auch extra nicht mehr angesprochen. … Aber … ich meine … ich war eben war eben damals dumm und …“ Ihm schien das Thema im Nachhinein offensichtlich wirklich peinlich zu sein. Ich dagegen war eher baff darüber, dass er es überhaupt wieder hervorholte. Das war doch Ewigkeiten her! Da waren wir schließlich noch in Hogwarts gewesen. Wie konnte er glauben, dass ich jetzt noch davon reden würde? … Außerdem, wollte er mir gerade ernsthaft erzählen, dass er sich scheute mit Jana zusammen zu sein, nur, weil er früher nicht an feste Beziehungen geglaubt hatte? Das war absurd! „Ja, na und? Deswegen kannst du dich doch trotzdem ganz normal verlieben, oder?“, antwortete ich ihm. „Schon, ich dachte nur, du hättest vielleicht etwas dagegen, dass ich mich ausgerechnet in Jana verliebt hab. Immerhin hast du sie ja auch immer sehr vor allem beschützt.“ „Ach komm! Du hast mich darin sogar noch übertroffen! Also konnte ich mir ja immer sicher sein, dass sie bei dir in guten Händen ist. Außerdem, glaubst du, ich hätte nicht mitbekommen, dass ihr schon seit ‘ner ganzen Weile in einander verliebt wart?“ „Das hast du gewusst?“, fragte er mich verblüfft. „Hältst du mich für blind? – Ich meine, ich trage zwar ‘ne Brille, aber die ist ja schließlich auch genau dafür da, dass ich auch was sehe. – Und das war euch aus fünf Kilometern Entfernung anzusehen! … Ich dachte ehrlich gesagt, du wärst nur ein wenig begriffsstutzig, was deine eigenen Gefühle für sie angeht und würdest es deswegen selber nicht bemerken. Aber jetzt bin ich ernsthaft ein bisschen beleidigt, dass du allen Ernstes von mir denkst, ich würde nicht wollen, dass du mit Jana glücklich wirst, nur, weil sie meine kleine Schwester ist.“ Er grinste. „Tut mir leid“, sagte er, doch dieses Mal klang es ganz anders, als vorhin. Er grinste in sich hinein. „Ja, das sollte dir tatsächlich mal leidtun. … Was ist es eigentlich?“, wollte ich wissen, um das Thema wieder zu wechseln. „Junge oder Mädchen?“ „Ein Mädchen“, antwortete er, offenbar froh darüber, dass ich fragte und tatsächlich holte er ein paar Fotos aus seiner Umhangtasche und zeigte sie mir. „Das ist Emma.“ Ich kam nicht umhin zu grinsen, als er mir die Fotos gab. „Sie ist so klein! Harry war irgendwie größer. Oder kommt mir das nur auf den Fotos so vor?“ „Nein, sie ist etwas früh dran, weil ich nicht riskieren, wollte, dass Janas Gesundheit zu sehr leidet. Ehrlich gesagt, bin ich aber ziemlich erleichtert. Es ist alles besser verlaufen, als ich befürchtet hatte.“ Ich wollte lieber nicht genauer darauf eingehen. Stattdessen betrachtete ich einfach weiter die Fotos. „Sie sieht aus wie Jana“, stellte ich fest und grinste noch breiter. „Nur ihre Haarfarbe ist anders.“ Sirius grinste, doch er antwortete nicht und eine Weile lang saßen wir einfach nur da und guckten uns die Fotos seiner kleinen Tochter an. Kapitel 18: Der Verräter ------------------------ Protagonist: James Potter *** Erst als die Sonne schon ein ganzes Stück herumgewandert war, bemerkten wir, wie lange wir hier eigentlich schon gesessen haben mussten. „Oh, Mist!“, fluchte Sirius. „Ich wollte Jana eigentlich nicht so lange alleine lassen.“ „Hast du den Zwei-Wege-Spiegel eigentlich dabei?“, wollte ich wissen. „Ja, natürlich. Sie muss ja wenigstens die Möglichkeit haben, mich zu kontaktieren, falls sie mich brauchen sollte.“ „Ich würde gerne mit ihr reden.“ Er zögerte. „Ich weiß nicht, ob das so direkt eine gute Idee ist“, erwiderte er schließlich. „Warum?“, fragte ich verständnislos. „Sie ist nicht sonderlich glücklich darüber, dass sie es nicht geschafft hat, euch aufzuwecken“, sagte er. „Was hat das damit zu tun? Ich kann ihr ja schließlich keinen Vorwurf daraus machen, dass sie krank war.“ „Ja, aber das macht es in ihren Augen nicht gerade besser. Ich habe es mitbekommen. Jede verpasste Gelegenheit. Sie ist hinterher jedes Mal in Tränen ausgebrochen deswegen. Und letztes Jahr war die erste Gelegenheit, zu der sie es tatsächlich mal geschafft hatte, da zu sein.“ „Aber wir sind jetzt erst aufgewacht.“ „Das lag daran, dass sie sich in der Nacht geirrt hat. Sie war eine Nacht zu früh dran und deswegen hat es nicht geklappt, euch aufzuwecken. Sie war wirklich am Boden zerstört deswegen. Aber eigentlich hatte sie sich die letzte Woche über wirklich Hoffnungen gemacht, sie könnte dabei sein, wenn ihr schließlich aufwacht. Ich glaube, es könnte sein, dass ihr die Nerven durchdrehen, wenn du sie einfach so anklopfst. Vielleicht ist es besser, wenn du einfach mitkommst und ich sie aber vorher etwas schonend darauf vorbereiten könnte.“ Ich antwortete nicht sofort, denn seine Erklärung musste erst einmal sacken. Jana war also da gewesen und hatte versucht uns zu wecken. Das erklärte, warum unsere Särge und die Gruft offen gestanden hatten. Sie musste vergessen haben, sie hinterher wieder zu schließen. Oder sie war womöglich auch zu schwach dafür gewesen. Ein Teil von mir wollte immer noch unbedingt sofort mit ihr sprechen. Der andere Teil von mir stimmte Sirius jedoch zu, dass es vielleicht besser war, Jana lieber direkt zu sehen. Und schließlich siegte dieser Teil in mir auch. „Also hätten wir früher aufwachen können, wenn Jana sich nicht in der Nacht geirrt hätte?“, fragte ich noch einmal nach. „Ja, aber du solltest sie lieber nicht darauf ansprechen“, erwiderte Sirius. „Ich vermeide dieses Thema auch bewusst. Sie macht sich selber deswegen schon genug Vorwürfe. … Ehrlich gesagt, versteh‘ ich auch selber nicht, warum ihr beiden auf einmal alleine aufgewacht seid. Wenn ich es gewusst hätte, dann wäre ich da gewesen. Es tut mir leid.“ „Ach was soll’s?“, antwortete ich und zuckte mit den Schultern. „So viel Unterschied macht es doch nun auch nicht mehr, oder?“ Er antwortete nicht, deswegen fuhr ich einfach fort. „Ob wir nun letztes Jahr schon aufgewacht wären oder erst irgendwann in ein paar Monaten oder eben jetzt, ist doch im Grunde egal. Wir haben ohnehin schon so viel Zeit verpasst. Da machen ein paar Monate das Brot nun auch nicht mehr fett. Der einzige Unterschied wäre doch nur gewesen, dass wir direkt unsere Fragen los gewesen wären. Aber die Zeit hätte sich deswegen auch bloß nicht zurückdrehen lassen.“ Er nickte ernst. „Das stimmt wohl“, stimmte er zu. „Tut mir leid, deswegen.“ „Ich mach euch deswegen keinen Vorwurf“, widersprach ich. „Und fang bloß nicht schon wieder damit an, dich für alles Mögliche zu entschuldigen! Es ist halt nun einmal so. Das Thema ist durch und ich finde es irgendwie unnötig, sich deswegen noch zu entschuldigen.“ Wieder antwortete er nicht. „Also lass uns lieber Peter endlich schnappen!“, wechselte ich das Thema. „Naja wirklich vorangekommen, bin ich mit der Suche nach ihm heute nicht gerade“, erwiderte Sirius. „Und der Kater ist auch nicht aufgetaucht.“ „Welcher Kater eigentlich?“ „Ach, das ist eine lustige Geschichte. Ich glaube, er gehört zu Harrys bester Freundin. Aber er ist sehr intelligent. Er hat mich durchschaut, als ich als Hund vor ihm stand und er hat auch erkannt, dass Peter keine echte Ratte ist. Er kann mit mir kommunizieren, wenn ich verwandelt bin und er hat versucht, Peter für mich zu fangen. Außerdem hält er für mich die Augen offen, falls er ihn hier auf dem Gelände findet.“ Das klang wirklich kurios! Peter tarnte sich als Rons Hausratte und Hermines Kater versuchte insgeheim, Sirius zu helfen! Wenn in den letzten paar Tagen nicht noch mehr unglaubliche Dinge passiert wären, hätte ich Sirius wohl direkt für verrückt erklärt. Aber ich verkniff mir den Kommentar. „Ich muss mir also mal merken, mich zu verwandeln, wenn ich das nächste Mal einem Kater begegne“, antwortete ich. „Vielleicht ergibt sich ja mal ‘ne nette Unterhaltung. … Aber unabhängig davon, glaube ich, dass wir die Suche nach Peter auch abkürzen können.“ Mit diesen Worten zog ich die Karte des Rumtreibers wieder aus meiner Umhangtasche. „Du hast die Karte!“, stellte Sirius überrascht fest. „Ja, ich hab‘ sie die letzten Tage über verwendet, um nach dir Ausschau zu halten“, erzählte ich. „Aber ich hab‘ nicht mit Peter gerechnet. Deswegen ist er mir wohl entgangen.“ „Wo hast du die her?“ „Remus hat sie mir gegeben.“ „Der ist hier?“ „Ja, er unterrichtet hier wohl Verteidigung gegen die dunklen Künste.“ „Aber er hätte mir doch irgendwann mal über den Weg laufen können! Und wenn er die Karte hatte, dann hätte er mich doch erst recht finden müssen!“ „Er sagt, er habe nie mitbekommen, wie du den Kartenbereich betreten hast. Außerdem hat er die Karte wohl erst ein paar Wochen oder so vor mir in die Hände bekommen. Davor hatte sie offenbar Harry und Remus hat sie ihm abgenommen. Und Harry hat erzählt, er hätte die Karte vorher von den beiden Zwillingsbrüdern von Ron bekommen. Die Karte hat also offenbar ein wenig ‚Bäumchen wechsle dich‘ gespielt in letzter Zeit.“ „Wie jetzt? Harry hatte sie und Remus hat sie ihm abgenommen? Warum?“ „Er sagte, er wollte nicht, dass Harry damit Dummheiten anstellt. … Kann ich auch nicht verstehen. … Ist jetzt aber auch irgendwie gerade nicht wichtig, oder?“ „Na gut, das stimmt.“ Ich aktivierte also ohne ein weiteres Wort zu wechseln die Karte und suchte sie dieses Mal nach Peter ab. Sirius blickte mir dabei über die Schulter. „Da!“, sagte er schließlich und deutete auf Hagrids Hütte. „Na die Hütte ist wohl tatsächlich katzensicher!“, kommentierte ich. „Hagrid ist ja immerhin gegen Katzen allergisch.“ „Ich muss zugeben, Peter ist wirklich gerissener, als ich ihm jemals zugetraut hätte!“, gab Sirius mit einem grimmigen Gesichtsausdruck zu. „Na jetzt sitzt er aber auf jeden Fall in der Falle!“ Ich schnappte nach meinem Tarnumhang und erhob mich. „Und wie wollen wir ihn da rausbekommen?“, wollte Sirius wissen und stand jetzt ebenfalls auf. „Immerhin ist Hagrid auch in seiner Hütte.“ „Wir klopfen an seine Tür und bitten ihn darum, uns die Ratte zu geben, die sich irgendwo in seiner Hütte verkrochen hat.“ „Und wie willst du ihm das erklären?“ „Darüber mach ich mir doch keine Gedanken! Hast du dir über irgendwelche Erklärungen Gedanken gemacht, als du mit einem Messer in den Gryffindor-Turm eingedrungen bist?“ „Nein, ich hatte gehofft, dass niemand aufwachen würde.“ „Tse!“ Ich schüttelte amüsiert den Kopf. „Naja wie auch immer; Erklärungen können wir uns überlegen, wenn wir danach gefragt werden. Also kommst du nun?“ „Ja, ja, komme schon!“ Und so verließen wir den Wald wieder und machten uns auf in Richtung Hagrids Hütte. Keiner von uns wechselte in den nächsten Minuten ein Wort. Erst als die Hütte in Sichtweite gelangte, meinte Sirius, dass er sich wohl lieber besser wieder in einen Hund verwandeln sollte. „Immerhin kennt Hagrid die Geschichte nicht“, erklärte er. „Es könnte also vielleicht etwas einfacher für uns sein, wenn er mich nicht direkt erkennt.“ „Meinetwegen“, nickte ich und wartete auf ihn, während er die Gestalt eines Hundes annahm. Dann trat ich entschlossenen Schrittes auf die Hütte zu und klopfte an die Tür. „Wer da?“, kam es verdutzt von drinnen. Ich konnte hören, wie es sich im Inneren der Hütte regte und wenig später erschien Hagrids Gesicht in der Tür. „Harry, du weißt doch, dass du um diese Zeit …“, fing er an, doch er brach ab, als ihm auf den zweiten Blick offensichtlich klar wurde, dass ich nicht Harry war. Vor Überraschung brachte er kein weiteres Wort mehr heraus. Ich konnte mich entsinnen, dass Dumbledore wohl auch den Lehrern noch nichts davon verraten hatte, dass wir lebten. Lediglich Remus, Professor McGonagall und Professor Sprout waren eingeweiht worden. Aber alle anderen – und ganz offensichtlich auch Hagrid – hatten noch keine Ahnung. Ich hatte dabei fast schon ein schlechtes Gewissen, doch ich wollte keine Zeit damit verschwenden, ihm umständlich alles zu erzählen, was vorgefallen war. „Hallo Hagrid“, grüßte ich ihn daraufhin nur. „Ich weiß, ich sollte eigentlich tot sein. Ist ‘ne lange und komplizierte Geschichte. Keine Zeit, das jetzt alles zu erklären. Ich wollte dich nur fragen, ob du so freundlich sein könntest und mir eine Ratte bringen könntest? Die müsste sich hier irgendwo in deiner Hütte verkriechen.“ Er wirkte, soweit das möglich war, noch verwirrter. „Eine Ratte?“, stammelte er irritiert. „Ja, ich glaube, sie müsste sich irgendwo da hinten in der Ecke verkrümelt haben.“ Ich deutete direkt in diese Richtung. Hagrid blickte immer noch offenkundig verwirrt drein. „Aber woher…?“, begann er, doch er schien nicht recht zu wissen, wie er seine Frage beenden sollte. „Sagen wir einfach, ich hatte da so eine Eingebung“, antwortete ich. „Würdest du mir diese Ratte bringen, bitte?“ „Öhm… Klar!“ Er blickte mich noch einmal ziemlich verdattert an, dann wandte er sich aber ab und suchte in der Richtung, die ich ihm gezeigt hatte nach Peter. „Hab‘ den kleinen Schlingel!“, rief er schließlich und zog Peter unter seiner Kommode hervor. Peter wirkte für eine Ratte ziemlich abgemagert, doch im Augenblick schien ihm noch nicht bewusst zu sein, was ihm wohl gleich blühte. Erst als Hagrid sich wieder mir zuwandte und er mich erblickte, begann er aufgeregt in Hagrids Hand zu quieken und zu zappeln. Als ob er eine Chance haben würde, mir noch zu entkommen! „Das ist doch Rons Ratte Krätze!“, stellte Hagrid verblüfft fest. „Na sowas!“, kommentierte ich ungerührt und ließ Peter nicht eine Sekunde aus den Augen. „Scheint irgendwie Angst vor mir zu haben! … Aber ich kann ihn voll und ganz verstehen. Ich würde mir an seiner Stelle auch nicht über den Weg laufen wollen.“ Noch bevor Hagrid sich einen Reim darauf machen und antworten konnte, entwand Peter sich seinem Griff und sprang auf den Boden. Offenbar versuchte er so schnell wie möglich an mir vorbeizuhuschen, um zu entkommen, doch ich war schneller. Blitzschnell hatte ich meinen Zauberstab gezogen und schleuderte ihm einen Zauber entgegen, der ihn auf der Stelle dazu zwang, seine wahre Gestalt anzunehmen. Hagrid stand da wie vom Donner gerührt. Er brachte keinen Ton heraus und starrte einfach nur versteinert auf Peter. Dieser blickte sich unglaublich verängstigt um. „Hallo Peter!“, grüßte ich ihn lässig, doch meine Stimme verdüsterte sich und Peter sollte mich immer noch gut genug kennen, um zu wissen, dass es gleich mächtig gewittern würde. „Ich hab‘ gehört, du bist auch unter die Untoten gegangen. Normalerweise würde ich mich ja über einen Erfahrungsaustausch freuen, aber irgendwie bin ich doch nicht so wirklich daran interessiert, mich mit dir darüber auszutauschen.“ „J-James!“, stotterte er. „W-wie sch-schön d-dich z-zu s-sehen!“ Ich antwortete nicht. Ich starrte ihn nur mit eisigem Blick an. „W-wir k-können d-doch über a-alles reden, o-oder?“, stammelte er weiter. „Eigentlich ist mir nicht so sehr nach Reden zumute“, lehnte ich ab und bemühte mich um Hagrids Willen, meine Stimme so ruhig wie möglich zu halten. „Außerdem ist mir nicht ganz klar, worüber du reden willst. Vielleicht darüber, wie du Voldemort verraten hast, wo er Lily, Harry und mich finden kann? -“ Hagrid und selbst Peter zuckten beim Klang von Voldemorts Namen zusammen. Doch ich achtete nicht darauf. „- Oder wie erfolgreich du alles Sirius in die Schuhe geschoben hast, damit er für dich in Askaban landet?“ „Er wollte mich töten!“ „Oh, das tut mir aber leid! Erwartest du jetzt vielleicht noch, dass ich Mitleid mit dir bekomme? DU HAST MEIN KOMPLETTES FAMILIENLEBEN ZERSTÖRT! WORÜBER WILLST DU ÜBERHAUPT NOCH MIT MIR REDEN? ICH HABE DIR MIT MEINEM LEBEN UND DEM MEINER FAMILIE VERTRAUT UND DU HATTEST NICHTS BESSERES ZU TUN GEHABT, ALS ES AN VOLDEMORT ZU VERKAUFEN! SIRIUS HAT SEINEN KOPF FÜR DICH HINGEHALTEN UND DU HAST IHN EINFACH NACH ASKABAN GEBRACHT! DU HÄTTEST ES EIGENTLICH VERDAMMT-NOCH-MAL VERDIENT, DASS ER DICH TÖTET!“ Er antwortete nicht. Er gab nur ein pfeifendes, verängstigtes Quieken von sich. Ich dagegen brauchte nur einen Moment, um mich wieder zu sammeln. „Darauf fällt dir wohl nichts mehr zu deiner Verteidigung ein, was?“, fragte ich kalt und mit immer noch bebender Stimme. „Recht so! Es wäre auch sowieso unnötig.“ „Du wirst mich doch nicht töten?“, quiekte er. „Wenn du wüsstest, wie gerne ich das gerade tun würde!“, antwortete ich bedrohlich. „Aber was hab‘ ich davon, wenn Sirius oder ich zu Mördern würden, nur deinetwegen? Außerdem brauch‘ ich dich noch, um Sirius‘ Unschuld zu beweisen. Danach kann ich immer noch weitersehen, was ich mit dir anstelle. Wenn ich besonders gnädig bin, übergebe ich dich persönlich den Dementoren.“ „NEIN!“, kreischte Peter und wollte sich schon wieder in eine Ratte verwandeln, um zu verschwinden, doch ich hatte ihn schneller mit der Ganzkörperklammer gelähmt, ehe er dazu kam. Da lag er nun! Völlig reglos und mir ausgeliefert. Hagrid stand immer noch völlig versteinert daneben und brachte kein Wort heraus vor Schreck. „Entschuldige die Störung, Hagrid“, wandte ich mich wieder an ihn und grinste ihn entschuldigend an. Der arme Kerl schien wirklich mit seiner Fassung zu ringen und er brauchte einen Moment bevor er seine Stimme wiederfand. „Black – ich meine – Sirius ist nicht – also – er hat euch nicht-?“ „Ja, er ist unschuldig und er hätte uns NIE verraten!“, unterbrach ich ihn, bevor er seine Frage hatte zu Ende stellen können. „Hör mal, könntest du mir einen Gefallen tun und Ron lieber nichts davon erzählen. Ich will dem Jungen nicht erklären müssen, dass seine Ratte der wahre Verräter ist.“ „Klar“, brachte Hagrid nur knapp als Antwort hervor. Noch immer stand ihm die Verwirrung offen ins Gesicht geschrieben. Er schien wirklich Schwierigkeiten damit zu haben, die Situation zu begreifen. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Immerhin hatte er ja nicht mit mir rechnen können und auch nicht damit, dass Peter sich unter seiner Kommode verkriechen würde. Allerdings hatte ich keine Zeit weiter, ihm alles zu erklären. „Tut mir leid, dass ich nicht länger bleiben kann“, entschuldigte ich mich daher. „Ich muss noch zu Dumbledore. Ich hoffe, wir können dann die Tage mal plaudern. Bis dann, Hagrid.“ Ich ließ ihm keine Zeit, mir zu antworten. Ich schnappte mir Peter am Kragen seines Umhangs und schleifte ihn zur Tür heraus. Sirius saß in seiner Hundegestalt brav vor der Tür und wartete auf mich. Neben ihm saß eine Katze mit rostrotem, langem und dichtem Fell und einem ziemlich eingedellten Gesicht. Das also war Hermines Kater! Er starrte mich neugierig an und ich hätte nur zu gerne ausprobiert, ob es stimmte, dass ich in meiner Animagus-Gestalt mit ihm reden könnte. Doch dafür war jetzt keine Zeit, also verschob ich das auf später. „Das ist also der Kater“, stellte ich fest. „Nett, dich kennenzulernen.“ Sirius verwandelte sich, als ich noch einen Schritt auf ihn zukam. „Ich soll dir ausrichten, er findet es auch interessant, dich kennenzulernen“, erzählte er mir grinsend. „Das freut mich“, nickte ich dem Kater zu. „Ich bin James Potter.“ Der Kater schnurrte und blinzelte einmal mit den Augen. Ich wandte mich wieder Sirius zu. „Übrigens hätte ich dir ja liebend gerne geholfen“, entschuldigte er sich grinsend. „Aber irgendwie schienst du die Situation schon so schön unter Kontrolle zu haben.“ „Ja, ja“, erwiderte ich ungerührt. Er griff nach einem noch freien Stück Stoff von Peters Kragen und nun machten wir uns zusammen auf den Weg zurück ins Schloss. Jedenfalls dachte ich, dass wir das Schloss ansteuern würden. Sirius jedoch wollte offenbar in Richtung des Eisentors am Eingang zum Schulgelände abdrehen. „Wo willst du hin?“, fragte ich ihn „Einen Geheimgang nutzen?“, antwortete er in einem Tonfall, als wäre das doch offensichtlich. „Ich wandere schließlich nicht einfach so in dieser Gestalt durch das Schloss! Immerhin bin ich ja noch nicht freigesprochen.“ „Na gut … Da hast du wohl recht.“ Ich fragte mich ernsthaft, wie Sirius es schaffte, in dieser Situation seinen klaren Verstand zu bewahren. Ich selber kochte innerlich immer noch. Doch wahrscheinlich war es gut, dass wenigstens Sirius seine Fassung behielt. Also steuerten wir auf das Tor zu. Der Kater folgte uns auf dem Fuße. Das Tor wurde zu beiden Seiten von zwei geflügelten Ebern flankiert, welche auf steinernen Säulen thronten. Das Tor war geschlossen und hielt somit die Dementoren draußen, die davor Wache hielten. Zielstrebig vertrieben Sirius und ich die Dementoren mittels unserer Patroni von ihren Posten. Somit waren wir nun ungestört und wandten uns dem Eber zu unserer Linken zu. Der Einlass in den Geheimgang befand sich unter ihm. „OK“, sagte Sirius. „Also wer von uns beiden öffnet jetzt den Gang.“ „Also ich würde sagen, die Ehre gebührt dem frisch gebackenen Papa“, erwiderte ich und grinste ihn breit an. „An Sauereien wirst du dich in der nächsten Zeit sowieso gewöhnen müssen.“ Er warf mir einen finsteren Blick zu. Doch dann seufzte er, schüttelte resigniert den Kopf und kletterte die Säule hinauf. „Aber du hast doch mit Schweinereien eigentlich mehr Erfahrung als ich“, wandte er sich noch einmal um. „Willst du mir nicht doch lieber erst einmal zeigen, wie das geht?“ „Nein, nein, das schaffst du schon alleine.“ Er rollte genervt mit den Augen. Mit etwas angewiderten Blick steckte er dem steinernen Tier seine Finger in die Nase, welches augenblicklich zum Leben erwachte, sich in die Lüfte hob und neben mir auf dem Boden landete. „Und?“, kommentierte ich immer noch breit grinsend. „War das jetzt so schlimm?“ „Du bist ein Idiot!“, antwortete er. „Stets zu deinen Diensten.“ „Außer, wenn es darum geht, einem Eber die Finger in die Nase zu stecken!“ „Genau!“ Mit dieser gepfefferten Antwort kletterte ich ebenfalls die Säule hinauf und schleifte Peter achtlos hinter mir her. Sirius war unterdessen schon in den Einlass, der sich oben auf der Säule aufgetan hatte, hinabgestiegen. Der Eingang führte nicht so weit in die Tiefe, also stieß ich Peter einfach mit einem Fußtritt hinein und kletterte dann selbst hinab. Gerade als ich unten neben Sirius ankam, hörte ich den Eber über uns erneut zum Leben erwachen und er flatterte wieder zurück auf seinen Posten, um die Öffnung zu verschließen. „Lumos“, hörte ich Sirius‘ Stimme und ein helles Licht erstrahlte an der Spitze seines Zauberstabes und erhellte den niedrigen Gang, der vor uns lag. „Also auf geht’s“, sagte ich geschäftsmäßig und packte Peter wieder an seinem Kragen. „Auf geht’s“, stimmte Sirius mir zu und ergriff einen freien Zipfel des Kragens. Für einen Augenblick herrschte Schweigen zwischen uns, während wir gebückt den sich windenden Pfad entlangliefen. „Sag mal, woher hast du eigentlich den Zauberstab?“, fiel mir unterwegs ein. „Deinen Alten durftest du ja sicherlich nicht behalten, oder?“ „Den hab‘ ich mir von Jana geliehen“, antwortete er. „Das war das Einfachste.“ „Aha. Ja, das stimmt wohl.“ „Da fällt mir ein-“ Sirius blieb abrupt stehen und begann in seiner Umhangtasche zu kramen. „Was soll das?“, wollte ich wissen, doch er antwortete nicht. Stattdessen zog er einen kleinen Spiegel aus der Tasche und ich erkannte ihn als sein Gegenstück zu dem Zwei-Wege-Spiegel, den wir früher so häufig verwendet hatten. Ohne überhaupt auf meine Frage einzugehen, klopfte er zweimal auf das Glas und wartete einen Moment ab, bis er eine Reaktion erhielt. „Wo bist du?“, hörte ich eine zaghafte Stimme und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, als ich Jana erkannte. Sirius hatte mich also nicht angelogen. Sie lebte und es ging ihr offenbar gut. Am liebsten hätte ich Sirius den Spiegel sofort aus der Hand gerissen, um sie sehen zu können. Doch dann fiel mir wieder ein, dass Sirius sie ja noch schonend darauf vorbereiten wollte, dass Lily und ich schon wach waren, also hielt ich mich zurück und lauschte nur. „Ich bin noch auf dem Gelände“, erwiderte Sirius sanft. „Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich hier noch etwas beschäftigt bin.“ „Du bist nicht erwischt worden, oder?“, vergewisserte sie sich besorgt. „Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich komme nur etwas später nach Hause.“ „OK“ „Ist bei dir alles gut?“ „Ja, Emma ist gerade eingeschlafen.“ Sirius lächelte sanft. „Gib ihr einen Kuss von mir“, bat er sie. „Ich versuche, nicht allzu spät nach Hause zu kommen.“ „Mach ich“, versprach sie. „Pass auf dich auf.“ „Mir passiert schon nichts. Mach dir keine Sorgen. Ich hab‘ dann noch eine Überraschung für dich. Aber das erzähl‘ ich dir alles später.“ Ich hörte keine Antwort, doch ich stellte mir vor, wie sie ihn nur neugierig anguckte. „Bis später“, verabschiedete sich Sirius. „Ja, bis dann.“ Mit diesen Worten war Jana dann anscheinend wieder aus dem Spiegel verschwunden, denn Sirius steckte ihn zurück in seinen Umhang. „Wolltest du sie nicht noch schonend auf etwas vorbereiten?“, fragte ich etwas vorwurfsvoll. „Doch nicht über den Spiegel!“, widersprach er. „Was ist denn, wenn sie einen Anfall bekommt, weil sie sich solche Vorwürfe macht, dass sie euch nicht aufwecken konnte und noch nicht einmal dabei war? Ich könnte doch nicht so schnell bei ihr sein, um ihr zu helfen!“ „Na gut, da hast du wohl recht.“ Ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren, machten wir uns wieder auf den Weg in Dumbledores Büro. „Sag mal, woran hast du damals eigentlich gemerkt, dass ich mich in Jana verliebt habe?“, durchbrach Sirius irgendwann erneut die Stille. „Also das war ja nun wirklich nicht schwer!“, versicherte ich ihm. „Du warst manchmal einfach so geistig abwesend, wenn sie gerade wieder nach Hogwarts aufgebrochen war oder wenn das Thema zufällig auf sie zu sprechen kam. Wenn du von ihr gesprochen hast, dann hattest du so einen verträumten Gesichtsausdruck und in deiner Stimme lag immer ein Hauch Schwärmerei und wenn ihr euch gesehen habt, dann hast du so liebevoll mit ihr geredet. Also es konnte einem gar nicht entgehen, dass du dich bis über beide Ohren in sie verliebt hast!“ „Oh…“ „Und erinnerst du dich noch daran, wie ihr Mitschüler aus Hufflepuff einmal in den Ferien bei uns zu Besuch war? Wie hieß er noch gleich? Conner Davidson?“ „Ja…?“ „Der arme Kerl war nur zum Hausaufgaben machen da und du bist ihn angegangen, er solle bloß seine Finger von ihr lassen!“ „Ist dir nicht aufgefallen, wie er sie angesehen hat?“ „Du warst einfach eifersüchtig!“ Ich grinste, als ich mich daran zurückerinnerte. Es war wirklich amüsant gewesen. „Du hast mir doch damals sogar zugestimmt, als ich ihn beiseite genommen hab!“, erinnerte er mich. „Ja, na klar! Ich konnte dir ja schlecht in den Rücken fallen, oder?“ Er schwieg. „Ach komm schon! Das war lustig!“, fand ich. „Wenn du das sagst!“, erwiderte er, doch er wirkte etwas peinlich berührt und soweit ich das in dem flackernden Licht des Zauberstabes erkennen konnte, hatte seine Gesichtsfarbe einen leichten rosafarbenen Stich angenommen. „Falls es dich interessiert, ich hatte gehofft, dass du und Jana irgendwann zusammenkommen würdet“, teilte ich ihm mit und warf ihm einen eindringlichen Blick zu. „Tatsächlich?“ „Ja, ich konnte mir ja schließlich immer sicher sein, dass du sie gut behandeln würdest.“ „Aber darüber hast du auch nie gesprochen!“ „Nö, da ich ja dachte, du wärst nur etwas begriffsstutzig, was deine Gefühle für sie anbelangt, glaubte ich, du kommst vielleicht schon noch von selber darauf. … Ich hätte dich aber vielleicht mal darauf angesprochen, wenn es dann auf Janas Abschluss in Hogwarts zugegangen wäre.“ Er kam nicht weiter dazu zu antworten, denn in diesem Moment erreichten wir das andere Ende des Ganges. Ich öffnete die Karte, um einen flüchtigen Blick darauf zu werfen, dass wir auch in niemanden hineinlaufen würden. Doch der Gang vor Dumbledores Büro war wie ausgestorben. Also stieß ich das Portrait beiseite, hinter dem der Gang versteckt lag und nur wenige Augenblicke später standen wir auch schon vor Dumbledores Büro. „Herein“, kam es auf mein Klopfen hin von drinnen und wir traten ein. Wenn Dumbledore jemals überrascht war, in seinem Büro unerwarteten Besuch zu empfangen, dann besaß er jedenfalls das bemerkenswerte Talent, dies gut zu verbergen. Auch dieses Mal breitete sich ein fröhliches Lächeln auf seinem Gesicht aus, als hätte er uns bereits erwartet und er legte die Socke beiseite, die er begonnen hatte zu stricken. „Guten Abend, Professor“, grüßte ich ihn. „Guten Abend, James“, erwiderte er. „Und guten Abend, Sirius. Wie ich höre … und sehe, scheint sich deine Geschichte doch etwas anders darzustellen, als die allgemeinen Nachrichten vermuten lassen.“ Er betrachtete Peter, der immer noch bewegungsunfähig war und den wir achtlos hinter uns her in das Büro schliffen. Sein alter Umhang sah mittlerweile ziemlich mitgenommen aus und er selber war über und über mit Schrammen und blutigen Kratzern überseht. Wir hatten uns nicht gerade die Mühe gemacht, ihn sanft in das Büro zu bugsieren. Er lebte noch. Jedenfalls waren seine Augen, das einzige, was er noch bewegen konnte, weit aufgerissen und er starrte uns entsetzt und ängstlich an. Doch mir war nicht danach, Mitleid für ihn zu empfinden. Sirius war unterdessen bereits dabei, Dumbledore zu erzählen, was wirklich geschehen war. Er gab sich Mühe, keine Details auszulassen und erzählte selbst davon, wie wir damals zu Schulzeiten Animagi geworden waren. „Ah“, sagte Dumbledore andächtig. „Und das habt ihr all die Jahre selbst vor mir geheim gehalten?“ „Naja es wäre auch nicht sonderlich klug gewesen, es jemandem anzuvertrauen, oder?“, antwortete Sirius entschuldigend. „Es war meine Idee gewesen“, warf ich ein. „Ich weiß, dass sich Remus deswegen etwas schuldig fühlt, er hätte uns dazu verleitet. Doch er hatte nicht die geringste Ahnung, dass wir so etwas tun würden. Er hat uns nie darum gebeten und wenn er davon gewusst hätte, hätte er versucht, es uns auszureden.“ Dumbledore lächelte nur milde. „Nun, ich denke, es ist ohnehin zu spät, euch dafür von der Schule zu verweisen“, erwiderte er. „Aber eine beachtliche Leistung, ohne Zweifel.“ Sirius und ich tauschten einen kurzen Blick aus, antworteten jedoch nicht. „Wahrscheinlich ist es jedoch das Sinnvollste, es auch weiterhin geheim zu halten“, fuhr er fort. „Von Peters Fähigkeit sollte das Ministerium natürlich erfahren, doch ich werde dafür sorgen, dass er euch nicht verraten kann.“ Er deutete mit seinem Zauberstab auf Peters reglosen Körper, dann wandte er sich wieder uns zu. „Das sollte genügen“, sagte er zufrieden. „Und nun sollten wir uns endlich darum kümmern, dass Sirius freigesprochen wird.“ Er erhob sich von seinem Stuhl und trat auf seinen Kamin zu, wo er beherzt nach einer Handvoll Flohpulver griff und sie ins Feuer warf. Er rief einen Namen, der mir nicht bekannt vorkam und nur wenige Augenblicke später erschien ein beleibter kleiner Zauberer darin. Kapitel 19: Endormis -------------------- Protagonist: James Potter *** Der Mann trug einen Bowler und einen langen Nadelstreifenumhang. Bei näherer Betrachtung glaubte ich mich zu erinnern, dass ich ihn vor ein paar Jahren schon einmal gesehen hatte. Er arbeitete in der Ministeriumsabteilung für magische Unfälle und Katastrophen. Ich fragte mich, was er mit Sirius‘ Fall zu tun hatte. Andererseits jedoch hatte ich auch 12 Jahre verschlafen. Es war also gut möglich, dass er inzwischen in eine andere Abteilung versetzt worden war. Der Ministeriumsmitarbeiter wirkte mehr als nur überrascht, uns zu sehen. Er blickte abwechselnd von Sirius zu Peter, schließlich zu mir und wieder zu Sirius. Man konnte ihm regelrecht ansehen, wie er versuchte sich einen Reim auf das zu machen, was er sah. „Cornelius“, begrüßte Dumbledore den Mann freundlich. „Wie schön, dass du es dir einrichten konntest zu kommen. Wie es scheint, gibt es einige neue Informationen, die ein neues Licht auf den Fall ‚Sirius Black‘ werfen.“ Während Dumbledore ihm also die Geschichte erklärte, teilte Sirius mir im Flüsterton mit, dass es sich bei dem Zauberer um den aktuellen Zaubereiminister, Cornelius Fudge, handelte. „War damals nicht dieser Crouch der absolute Favorit, um die Nachfolge für Ministerin Bagnold anzutreten?“, fragte ich in unserer Zeichensprache. Ich wollte den Minister nicht gerade mit der Nase darauf stoßen, dass wir über ihn tuschelten. „Wer weiß“, erwiderte Sirius. „Ich saß immerhin 12 Jahre in Askaban und ich habe mich mit Jana eher nicht über Politik unterhalten. Aber eventuell weiß sie ja mehr darüber, falls es dich so brennend interessiert.“ „Zumindest kann es nicht schaden, etwas über die aktuellen Gegebenheiten Bescheid zu wissen, oder?“ „Kann schon sein. Das war in den letzten Monaten allerdings nicht gerade meine oberste Priorität gewesen.“ Ich zuckte mit den Schultern und lauschte wieder dem Gespräch zwischen Dumbledore und dem Zaubereiminister. Der schien noch nicht so recht fassen zu können, was er gerade gehört hatte und musste alles für sich wiederholen, was Dumbledore ihm erklärte, um ganz sicher zu gehen, dass er es auch wirklich verstanden hatte. „Also … ähm … Peter Pettigrew war also der Geheimniswahrer der Potters?“, fragte er. „Das ist richtig“, mischte ich mich ein. „Er und Sirius haben getauscht.“ „Und … und Pettigrew war es auch, der all diese Leute umgebracht hat?“, stammelte er. „Ja, ebenfalls richtig“, bestätigte Sirius. „Aber was ist mit seinem Finger? Der war doch das größte Stück, was von ihm übrig war!“ „Nun, also ich würde sagen, dieses Stück hier von ihm ist definitiv größer als sein Finger, den er sich selber abgetrennt hat.“ Sirius deutete mit einem Fußtritt auf Peter, der immer noch bewegungsunfähig am Boden lag. Seine kleinen wässrigen Augen huschten panisch umher, aber zu einer Reaktion war er nicht imstande. „Nun …“, stammelte Fudge. „Ja … das lässt sich wohl nicht bestreiten.“ Er zog ein Taschentuch aus seinem Umhang und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Aber, Dumbledore, sagten Sie nicht einmal, Black hätte schon zu Schulzeiten gelegentlich etwas in die Luft gesprengt?“, erkundigte er sich. „Das war ich nicht“, widersprach Sirius grimmig. „Das war auch Peter. Meistens waren es Unfälle und es sah komischerweise immer danach aus, als wären es James oder ich gewesen. Wir haben damals nie einen Grund gesehen, uns zu verteidigen. … Wir dachten schließlich, Peter wäre unser Freund.“ „Aber was ist mit den Einbrüchen, dieses Jahr?“, wollte Fudge wissen. „Ich habe zufällig herausgefunden, dass Peter hier in Hogwarts ist“, antwortete Sirius. „Er ist immerhin ein Anhänger Voldemorts und er hat sich in Harrys Schlafsaal aufgehalten! Da konnte ich doch wohl kaum einfach rumsitzen und nichts tun!“ „Nun gut …“ Wieder wischte er sich nervös mit dem Taschentuch über seine schweißnasse Stirn. Er brauchte einen Moment, ehe er sich wieder gesammelt hatte. „Nun, es sieht dann wohl ganz danach aus, als wären Sie doch unschuldig, richtig?“, stammelte er. Niemand antwortete auf diese offensichtlich rhetorische Frage. Immer noch nach Worten ringend, fuhr der Minister fort. „Ich bitte Sie vielmals um Entschuldigung für diesen Irrtum“, stammelte er an Sirius gerichtet. „Die Beweise schienen so eindeutig, verstehen Sie.“ „Sprechen Sie mich doch einfach frei, nehmen dieses Etwas hier mit,“ Sirius deutete auf Peter, „und dann ist der ganze Fall erledigt.“ „Gut, gut“, erwiderte Fudge. „Wie wäre es außerdem mit einer Entschädigung? Ich kann Ihnen einen Pressetermin anbieten. Ein Interview mit dem Tagespropheten?“ „Ich will kein Interview“, lehnte Sirius ab. „Es interessiert niemanden, wie die 12 Jahre in Askaban für mich waren. Das kann sich wohl jeder auch selber einigermaßen ausmalen. Es reicht völlig, wenn im Tagespropheten steht, dass ich unschuldig bin.“ „Natürlich, natürlich. Und einen Goldbetrag, als Entschädigung?“ „Hören Sie. Ich habe genug Gold in meinem Verlies. Kein Gold, das Sie mir anbieten könnten, könnte mich für die letzten Jahre entschädigen, geschweige denn sie ungeschehen machen. Ich will nur meinen Freispruch. Das ist alles.“ „Nun gut …“ Wieder benötigte er einen Moment, um sich zu sammeln. „Irgendwie habe ich das Gefühl, der Crouch hätte sich nicht so leicht aus der Fassung bringen lassen, wie der“, teilte ich Sirius mit einer versteckten Geste mit. Er rollte nur mit den Augen, als Antwort. Fudge hingegen schien es überhaupt nicht mitbekommen zu haben. Dieses Mal brauchte er einen ziemlich langen Moment, um seine Fassung wiederzuerlangen. „Wie wäre es, wenn Sie einfach meine Entlassungspapiere unterzeichnen?“, schlug Sirius mittlerweile etwas ungeduldig vor. „Richtig, richtig“, erwiderte Fudge und beschwor nun eilig einen langen Bogen Pergament herauf, wo er hastig alles ausfüllte und schließlich unterzeichnete. „Bitte sehr.“ „Ich danke Ihnen“, antwortete Sirius und nahm eine Kopie der Entlassungspapiere entgegen. Fudge nickte ihm nur nervös zu, dann warf er mir einen Blick zu, nur um sich dann wieder an Dumbledore zu wenden. „Und … ähm … die Potters sind also tatsächlich am Leben, richtig?“ „Solange ich in Ihren Augen nicht wie ein Zombie aussehe, würde ich das doch meinen“, warf ich ein. Er warf mir einen peinlich berührten Blick zu, doch Dumbledore ergriff bereits das Wort, bevor er antworten konnte. „Dieses Phänomen ist in der Tat noch nicht aufgeklärt“, erwiderte er. „James und Lily kamen letzten Montag zu mir, auf der Suche nach Antworten, doch ich fürchte, ich habe bis jetzt noch nicht herausfinden können, wie sie wiederauferstehen konnten.“ „Verstehe“, sagte Fudge. „Wenn Sie jedoch so freundlich wären“, fuhr Dumbledore fort, „Dann denke ich, dass es besser wäre, wenn die Öffentlichkeit nicht davon erfährt, dass James und Lily am Leben sind. Es könnten noch immer alte Feinde da draußen sein, die dem Vorwurf Todesser zu sein entgangen sind.“ „Verstehe“, antwortete Fudge und nickte bedächtig. „Natürlich … also auch kein Interview für Sie, Mr Potter?“ „Ich fand es schon schwer genug, meinem Sohn erklären zu müssen, was ich mir selber nicht erklären konnte“, lehnte ich missmutig ab. „Bedauerlicherweise, muss ich Ihnen sagen, dass Ihr ganzes Vermögen vererbt wurde“, gestand Fudge und sah mich entschuldigend an. „Sie verstehen sicherlich, dass das Ministerium nicht ahnen konnte, dass Sie und Ihre Frau wiederauferstehen würden.“ Ich antwortete nicht und stand stattdessen nur da wie festgefroren. Dieser Gedanke war mir in der letzten Woche nicht ein einziges Mal in den Sinn gekommen. Tatsächlich hatte ich sogar gelegentlich – wenn auch eher halbherzig – im Tagespropheten nach Anzeigen für ein neues Haus Ausschau gehalten. Ich hatte nicht mit einer Silbe daran gedacht, dass mein ganzes Vermögen wahrscheinlich an Jana und Harry aufgeteilt worden war, so wie ich es selber in meinem Testament gewünscht hatte. Die Nachricht traf mich nun, wie ein Schock, obwohl sie mich eigentlich nicht hätte überraschen dürfen. „Nun, wir hatten diesen Fall noch nie, ein Testament rückabwickeln zu müssen“, fuhr Fudge sichtlich verlegen fort, als ich nicht antwortete. „Vielleicht wenn Sie mit Ihrem Sohn reden …“ „Ich will Harry nicht damit belästigen“, entgegnete ich bitter. „Sie haben sich nichts vorzuwerfen. Es ist ja alles mit rechten Dingen zugegangen und Harry hat mein Gold rechtmäßig geerbt.“ „Wenn ich Ihnen dann also die Unterstützung des Ministeriums zusichern dürfte …“ „Ich komme schon irgendwie klar. Ich will keine Aufmerksamkeit. Auch nicht vom Ministerium.“ „Nun gut …“ „Bringen Sie ihn hier jetzt einfach weg“, bat ich ihn und deutete auf Peter. „Richtig!“ Etwas unbeholfen griff er nach seinem Zauberstab und wandte sich nun Peter zu. „Ich würde Ihnen vielleicht raten, ihn nicht von dem Fluch zu befreien“, setzte ich noch an, doch es war schon zu spät. „Finite Incantatem“, sagte er und gab somit Peters Körper wieder frei. Peter richtete sich panisch auf. „I-i-ihr liefert mich doch nicht den Dementoren aus?“, stammelte er und sah uns flehentlich an. „Wir – wir sind doch Freunde!“ Ich warf ihm nur einen vernichtenden Blick zu und Sirius knurrte ihn an, ohne sich dafür in einen Hund verwandeln zu müssen. „J-j-james, S-sirius, bitte“, flehte er verzweifelt. „Ihr versteht das nicht. Er hätte mich getötet. Was hättet ihr denn an meiner Stelle getan.“ „Eher wären wir gestorben, als unsere Freunde zu verraten“, antwortete Sirius und sein Ton verfinsterte sich. „Wir hätten dich niemals verraten“, pflichtete ich ihm bei. „Ich hab‘ das nicht gewollt“, heulte Peter. „Bitte, wir sind doch Freunde!“ „Freunde verraten einander nicht“, wies ich ihn bissig zurück. Er zuckte zusammen. Einen kurzen Momentlang stand er nur gekrümmt da und zitterte verängstigt. Dann jedoch ergriff Dumbledore wieder das Wort. „Genug davon“, gebot er mit erhobener Stimme. „Cornelius, bitte führen Sie ihn ab.“ „Natürlich“, erwiderte Fudge. „Mr Pettigrew, wenn Sie mir bitte folgen mögen.“ „Und, wenn Sie so freundlich sein könnten, Cornelius“, fuhr Dumbledore fort, „würden Sie die Dementoren bitte gleich mitnehmen.“ „Ja, ja, die müssen gehen“, versprach Fudge. „Werden ja nicht länger benötigt.“ Mit einem kurzen Nicken in unsere Richtung wandte er sich ab und führte Peter mit erhobenen Zauberstab aus dem Zimmer. Sirius wartete bis die Tür ins Schloss fiel. Dann wandte er sich an mich. „Ich kann dich übrigens beruhigen“, versicherte er mir. „Den Teil deines Goldes, das an Jana vererbt wurde, bekommst du eins zu eins zurück.“ „Sie hat es rechtmäßig geerbt“, wehrte ich ab. „Ich will weder sie noch Harry damit belästigen. Ich krieg das schon irgendwie alleine hin.“ „Tja …“, sagte er mit einem leisen Seufzen, doch ich hatte den Eindruck, dass es gespielt war, „ich schätze, darüber wirst du dich mit ihr streiten müssen und nicht mit mir.“ Ich warf ihm einen Blick zu, doch sein Grinsen verriet mir nicht wirklich, was er dachte. „Ich schließe daraus, dass Jana offenbar wieder aufgetaucht zu sein scheint“, mischte sich Dumbledore nun ein. „Ja, Professor“, bestätigte ich ihm. „Sie und Sirius hatten offenbar Kontakt zueinander.“ „Eine wirklich erfreuliche Nachricht.“ „Ich weiß jetzt auch, wie Lily und ich überlebt haben. Sirius hat mich an etwas erinnert, das – nun, wie soll ich sagen – in Vergessenheit geraten ist.“ „Interessant. … Ich bin gespannt darauf die Geschichte zu hören, aber vielleicht wollen wir Lily, Harry und Remus dazu holen. Dann müssen wir die Geschichte nicht zweimal erzählen.“ „Gute Idee!“ „Setzt euch doch solange“, bot er uns an. „Und bedient euch ruhig an den Zitronenbrausebonbons. Die sind wirklich gut.“ Sirius und ich warfen uns einen kurzen Blick zu, dann setzten wir uns. Sirius griff auch sogleich nach einem Brausebonbon, während Dumbledore erneut zu seinem Kamin hinüberging und nach Lily und Remus rief. Keine zehn Sekunden später erschienen sie auch bereits nacheinander im Feuer, direkt gefolgt von Harry. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Lily sofort. Sie kam auf Sirius und mich zugestürmt und umarmte Sirius zur Begrüßung. „Sirius! Es ist so schön, dich wiederzusehen“, rief sie. „James und ich haben uns wirklich Sorgen gemacht, als wir hörten, dass du in Askaban gesessen hättest und nun auf der Flucht wärst. Du bist doch wieder freigesprochen worden, oder?“ Sie warf uns abwechselnd einen fragenden Blick zu. „Ja, alles OK“, erwiderte Sirius mit einem leichten Grinsen und hielt seine Entlassungspapiere für alle sichtbar in die Höhe. „Ist alles geklärt.“ „Das beruhigt mich“, sagte sie. Dann wandte sie sich mit einem vorwurfsvollen an mich. „Aber ihr habt wirklich lange gebraucht! Du bist so lange nicht zurückgekommen und ich hab‘ mir schon Sorgen gemacht, dass ihr vielleicht Schwierigkeiten mit den Dementoren bekommen hättet!“ „Tut mir leid“, erwiderte ich entschuldigend. „Wir hatten so viel zu klären. Da haben wir glatt die Zeit vergessen.“ „Wenn du wenigstens diese Karte dagelassen hättest!“, warf Lily mir vor. „Dann hätte Remus nach euch sehen können.“ „Aber ich brauchte diese Karte!“ Ich zog sie beruhigend in meine Arme. „Tut mir wirklich leid. Ich wollte dich nicht so beunruhigen. Und jetzt ist ja auch alles in Ordnung.“ Sie ließ die Umarmung zu, antwortete jedoch nichts weiter darauf. Trotzdem wusste ich, dass sie mir wegen so etwas nicht lange böse sein könnte. Harry stand noch immer neben dem Kamin und beobachtete uns mit regem Interesse. Er musterte Sirius mit einem leicht skeptischen Blick, so als wisse er noch nicht so richtig, was er von ihm zu halten habe. Remus dagegen, der einen Augenblicklang ebenfalls nur dagestanden hatte, als wäre er festgewachsen, trat nun mit entschlossenen Schritt auf uns zu und umarmte Sirius schließlich, wie einen lange verlorenen Bruder. „Schön, dich wiederzusehen, Remus“, grüßte Sirius ihn und klopfte ihn freundschaftlich auf den Rücken. „Du kannst dir nicht vorstellen, was es für mich bedeutet, zu erfahren, dass du unschuldig bist und Lily und James leben“, erwiderte Remus und hielt Sirius eine Armlänge von sich weg, um ihn anzusehen. „Du siehst überhaupt nicht danach aus, als hättest du 12 Jahre in Askaban gesessen und wärst nun mehrere Monatelang auf der Flucht gewesen!“ „Ja, das ist in der Tat eine etwas längere Geschichte“, bestätigte ihm Sirius mit einem Nicken. „Und wir sind auch schon alle gespannt darauf, sie zu hören“, mischte sich nun Dumbledore wieder ein. „Setzt euch doch, setzt euch. Dann können wir über alles reden, was geschehen ist. Und ich würde sagen, es ist in der Tat viel passiert.“ Er beschwor noch einige Stühle herauf, damit sich alle setzen konnten. Schließlich, als alle Platz genommen hatten, begann Sirius damit, die Geschichte zu wiederholen, die er bereits mir erzählt hatte. „Der Traum!“, rief Lily plötzlich aus, als Sirius an dieser Stelle der Geschichte angelangt war. Sie hatte die Hand vor den Mund geschlagen und blickte geschockt drein, geradezu entsetzt über sich selbst. „Wie haben wir den bloß vergessen können?“ „Du bist nicht die Einzige“, tröstete Sirius sie. „Mir ist er genauso in Vergessenheit geraten, bis Jana mich in Askaban angeklopft hat und mich daran erinnert hat.“ „Sie hat dich kontaktiert?“, fragte Lily überrascht. „Aber wie-? Ich meine, wie konnte sie dich erreichen?“ „Sie hat James‘ alten Zwei-Wege-Spiegel gefunden“, antwortete Sirius und hielt ihn in die Höhe. „Darüber hat sie mit mir sprechen können. Sie war es, die mich wieder daran erinnert hat, dass wir alle diesen Trank eingenommen haben, um uns vor einem eventuell tödlichen Angriff zu schützen.“ „Endormis“, erwiderte Lily nickend uns sie starrte dabei ins Leere, als kämen stückchenweise all ihre Erinnerungen zurück. „Der Trank der schlafenden Toten. … Ich hatte nie erwartet, dass wir tatsächlich direkt bei uns zu Hause angegriffen werden könnten.“ „Was jedoch nicht bedeutet, dass er nicht trotzdem gewirkt hätte“, entgegnete Sirius. Lily konnte nur nicken. Sie starrte noch immer ins Leere und schien einen Moment zu brauchen, um diese Erkenntnis zu begreifen. Ich griff beruhigend nach ihrer Hand. Harry starrt uns fasziniert und mit offenem Mund an, während Remus nur erstaunt die Augen aufgerissen hatte. „Wie dem auch sei“, fuhr Sirius fort, als niemand etwas sagte. „Jana hat mich jedenfalls schließlich angeklopft und mich an alles erinnert. Sie hat auch alles über den Trank recherchiert, was einiges an Arbeit für sie war.“ „Ich hatte ein Buch darüber“, warf Lily ein. „Hat Jana es nicht gefunden?“ „Doch, aber die entscheidende Seite hat gefehlt.“ „Oh!“ „Sie hat aufwendig nach einem weiteren Exemplar suchen müssen, bis sie schließlich auf alte Briefe zwischen dir und Professor Slughorn gestoßen ist.“ „Ja, ich habe das Buch von einem seiner alten Kontakte erhalten.“ „Sie hatte auch vor, euch aufzuwecken. Allerdings konnte dies nur zu bestimmten Gelegenheiten geschehen und sie war jedes Mal zu krank dazu und hat so alle Gelegenheiten verpasst.“ „Lebt sie?“, warf Remus ein. „Sie war doch schon immer so kränklich gewesen. Wie hat sie überhaupt so lange durchhalten können?“ „Ja, sie lebt“, antwortete Sirius. „Und mittlerweile geht es ihr auch schon wieder recht gut. Wie sie es geschafft hat, so lange alleine zu überleben, kann ich nicht sagen und ich habe es nie gewagt, es zu hinterfragen.“ „Warum hat sie sich nie gemeldet?“, wollte Harry plötzlich wissen. Sirius starrte ihn verdutzt an. „Was meinst du damit?“, fragte er etwas begriffsstutzig. „Ich wusste nie, dass Dad eine Schwester hat“, antwortete Harry. „Wenn sie doch lebt, warum hat sie sich nie bei mir gemeldet? Warum konnte ich nicht bei ihr aufwachsen?“ „Sie war zu kränklich“, erinnerte ich ihn. „Sie hätte sich wirklich nicht alleine um dich kümmern können.“ „Jaah“, erwiderte er. „Na gut. Aber sie hätte sich ja trotzdem bei mir melden können. Wenigstens hätte sie mir doch sagen können, dass ich ein Zauberer bin. Warum war ich ihr so egal?“ „Du bist ihr nicht egal“, widersprach Sirius ihm. Er wirkte immer noch sehr überrascht. „Du warst ihr nie egal. Sie wohnt nicht einmal weit von dir entfernt und sie hat sich doch bei dir gemeldet.“ „Nein.“ „Sie hat dir doch auch regelmäßig Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke zukommen lassen!“ Jetzt blickte Harry verdutzt drein und zog irritiert die Augenbrauen hoch. „Die ganzen anonymen Geschenke waren von ihr?“, stellte er daraufhin fest. „Anonym?“, fragte Sirius irritiert nach. „Ja.“ „… Dann sollten wir sie wohl persönlich fragen, warum sie die Geschenke anonym versendet hat, aber hast du dich nie gefragt, von wem die Geschenke sein könnten, wenn sie anonym waren?“ „Doch, aber immer, wenn ich jemanden gefragt habe, konnte es mir niemand sagen. Keiner schien irgendeine Idee zu haben, wer mir die Geschenke geschickt haben könnte.“ „Aha … also ich kann dir nicht erklären, warum sie die Geschenke anonym versendet hat. Aber ich weiß, dass du ihr nicht egal warst. Sie wohnt ganz in deiner Nähe.“ Harry überlegte einen Moment, bevor ihm ein Licht aufzugehen schien. „Sie ist das Gespenster-Mädchen?“, fragte er, doch es war mehr eine Feststellung als eine Frage. „Wer?“, wollte Sirius verdutzt wissen. „Das Gespenster-Mädchen“, wiederholte Harry. „Eine junge Frau, die bei mir in der Gegend wohnt. Ich kenne ihren richtigen Namen nicht, aber alle in der Gegend bezeichnen sie als das Gespenster-Mädchen, weil sie aussieht wie ein Geist. Ich dachte immer, sie wäre stumm, denn jedes Mal, wenn ich ihr begegnet bin, dann hat sie nur irgendetwas gestikuliert.“ Er fuchtelte ein wenig mit seinen Händen, um die Zeichensprache nachzuahmen. Sirius blickte ihn halb ernsthaft, halb belustigt an. Es fiel schwer festzustellen, für welche Gefühlsregung er sich entscheiden wollte. „Jana ist nicht stumm“, warf ich ein. „Aber es kommt sehr schnell vor, dass sie ihre Stimme verliert, wenn sie zu krank wird.“ „Ich mag den Spitznamen ‚Gespenster-Mädchen‘“, fand Sirius. „Der ist ja geradezu niedlich!“ „‚Niedlich‘?“, wiederholte ich. „Eher besorgniserregend!“ „Besorgniserregend war, wie sie dagegen tatsächlich aussah!“, widersprach Sirius mir und mir schlief förmlich das Gesicht ein. „Ich will keine weiteren Details wissen!“, stellte ich klar. Sirius warf mir einen kurzen Blick zu, ging aber nicht weiter darauf ein. „Vielleicht hat sie ja tatsächlich versucht, dir zu sagen, wer sie ist“, überlegte Lily, den Blick auf Harry gerichtet. „Du hast sie vielleicht nur nicht verstanden.“ „Jaah“, antwortete Harry. „Kann schon sein.“ „Ich denke, ihr werdet Gelegenheit bekommen, sie selber danach zu fragen“, meldete sich Dumbledore plötzlich zu Wort. „Vorerst würde ich jedoch noch einmal gerne auf deinen Traum, Lily, und den Zaubertrank zu sprechen kommen. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann hattest du ganz offensichtlich eine sehr klare Vision von den Geschehnissen, die passiert sind.“ Lily wirkte, als könne sie diese Erkenntnis noch immer nicht so recht begreifen und sie brauchte einen Moment, bevor sie antwortete. „Ich hab‘ nie wirklich daran geglaubt“, erzählte sie. „Ich meine, Albträume waren doch schließlich auch irgendwie normal damals, oder?“ „Dennoch scheinst du ein gewisses seherisches Talent zu besitzen“, entgegnete Dumbledore. „Möglicherweise solltest du diese Fähigkeit zukünftig etwas weiter ausbauen.“ Sie blickte sehr ungläubig drein. Ich wusste, dass sie früher nur Marlene zuliebe Wahrsagen gewählt hatte, weil die sie so sehr darum gebeten hatte. Sie hatte mir einmal erzählt, dass sie eigentlich nie daran geglaubt hatte, dass man wirklich zuverlässig die Zukunft vorhersehen könne. Entsprechend halbherzig hatte sie dieses Fach belegt. Ich konnte nur ahnen, wie schwer es für sie sein musste, sich vorzustellen, dass sie tatsächlich eine Begabung besaß, die sie bisher immer verkannt hatte. „Dein Talent für Zaubertränke jedoch, steht wohl außer Frage“, fuhr Dumbledore fort, als Lily nicht antwortete. Ein verlegenes Grinsen huschte über ihr Gesicht. „Es ist so viel passiert seit wir diesen Trank eingenommen haben“, sagte sie. „Das war ja noch bevor Harry geboren wurde. Wir haben uns zu Hause so sicher gefühlt. … Zu sicher. … Und schließlich haben wir gar nicht mehr daran gedacht.“ „Ein Fehler, der wohl jedem hätte passieren können“, erwiderte Dumbledore nachsichtig und er lächelte sanft. „Aber vielleicht erlaubst du mir die Neugierde, was genau das für ein Trank ist?“ Aller Augen waren auf sie gerichtet und sie schien einen Momentlang über ihre Antwort nachdenken zu müssen. „Ich glaube, ich hatte damals Professor Slughorn gefragt, ob er vielleicht ein paar Rezepte für Schutztränke empfehlen könne“, erzählte sie schließlich. „Ich weiß gar nicht mehr, wonach ich überhaupt genau gesucht hatte, aber er empfahl mir einen seiner alten Freunde, der sich darauf spezialisiert hatte, Rezepte von alten Zaubertränken, die längst in Vergessenheit geraten waren, zu sammeln. Von ihm hab‘ ich auch das Buch erworben. Den Endormis hat er mir direkt vorgeschlagen. Der Trank wehrt einen möglicherweise tödlichen Angriff nicht ab, doch er mildert ihn soweit, dass der Betroffene in einen tiefen Schlaf versetzt wird, der nur zu bestimmten Zeitpunkten beendet werden kann. Verpasst man eine Gelegenheit, muss man ganze 13 Vollmonde auf die nächste warten.“ „Ja, das hat Jana auch herausgefunden“, bestätigte Sirius. „Allerdings hatte ich mir ausgerechnet, dass die nächste Gelegenheit, euch zu wecken, erst in der Nacht vom 25. auf den 26. Mai sein würde.“ „Dann muss die Wirkung des Trankes nachgelassen haben“, schlussfolgerte Lily. „Das geht?“, wunderte sich Sirius. „Ja, natürlich“, erklärte sie. „Jeder Trank verliert früher oder später seine Wirkung. Es kommt ganz auf seine Stärke drauf an, wie lange die Wirkung anhält. Ich weiß noch, dass mir Professor Slughorns Freund geraten hat, ich solle für den Trank geriebene Affodill-Wurzel verwenden, nicht Wermut. Wermut würde bewirken, dass man tatsächlich stirbt, sobald die Wirkung nachlässt, bevor man geweckt wird. Affodill-Wurzel dagegen lässt den oder die Betroffene/n von alleine aufwachen und immerhin konnte ich nicht wissen, wie lange mein Trank wirken würde, falls er in Kraft treten sollte.“ „… Gut, damit konnten Jana und ich natürlich nicht rechnen“, gab Sirius zu. „Ich glaube, ich hatte ein bisschen darauf gehofft, dass wir den Trank tatsächlich nie brauchen würden“, fuhr schuldbewusst fort. „Oder aber, dass wir direkt nach 24 Stunden aufgeweckt würden. Erst danach muss man 13 Vollmonde auf die nächste Gelegenheit warten. … Aber ich hätte wohl damals darauf hinweisen sollen.“ „Das hätte sich in der Tat als ganz praktisch erweisen können“, stimmte Dumbledore ihr zu. „Und dennoch ist es ein Glück, dass ihr diesen Trank genommen habt. Mach dir nicht allzu große Vorwürfe deswegen.“ Einen Momentlang sagte niemand etwas. Ich zog Lily erneut in meine Arme und hielt sie einfach nur fest. „Scheinbar war dein erster Versuch, diesen Trank zu brauen offenbar doch ziemlich stark“, warf Remus ein. Es war sehr schwer, anhand seines Gesichtsausdruckes zu sagen, ob er diese Tatsache bedauerte oder bewunderte. Lily jedoch schüttelte mit dem Kopf. „Er war gar nicht so stark“, widersprach sie. „Es heißt, die längste bisher bekannte Wirkungsdauer wären 100 Jahre nach seinem Inkrafttreten gewesen.“ „Super!“, kommentierte ich. „Jetzt bin ich irgendwie froh darüber, dass wir nur 12 Jahre verpasst haben!“ „Dabei ist diese Geschichte eigentlich sogar bekannt“, fuhr Lily fort. „Dornröschen stand auch unter dem Einfluss dieses Trankes.“ Sirius, Remus und ich blinzelten sie nur verdutzt an. Ich tauschte einen Blick mit Sirius und war mir definitiv sicher, dass er von dieser Geschichte auch noch nie gehört hatte. „Aber das ist doch ein Märchen!“, bemerkte Harry. „Nein, ist es nicht“, erzählte Lily. „Es wird als Muggel-Märchen erzählt, doch eigentlich beruht es auf einer wahren Begebenheit. Ich habe irgendwann mal festgestellt, dass eigentlich viele Märchen, die ich aus meiner Kindheit kannte, eigentlich wahr sind und von Zauberei handeln.“ „Ich hab‘ als Kind keine Muggel-Märchen zu hören bekommen“, teilte Sirius in einem leicht belustigten Ton mit. „Hast du überhaupt Märchen zu hören bekommen?“, wollte ich wissen. Ich war mir ziemlich sicher, dass die Blacks von derlei Kram überhaupt nichts gehalten hatten. „Nein, hab‘ ich nicht. Das stimmt auch wieder“, gab er zu. „Wozu hattet ihr damals Muggelkunde?“, wollte Lily ungläubig wissen. „Da wurden uns auch keine Muggel-Märchen erzählt“, schwor ich. „Ich sollte Professor Burbage vielleicht den Tipp geben, sie als Thema in den Unterricht aufzunehmen“, stellte Dumbledore mit einem milden Lächeln fest. Er schien sich gerade wirklich zu amüsieren. Harry unterdessen schien wirklich überrascht zu sein. „Dann ist die Geschichte von Dornröschen also wirklich wahr?“, fragte er noch einmal nach. „Ja, ist sie“, meinte Lily nickend. „Aber ich denke trotzdem, dass möglicherweise auch viel hinzugedichtet worden ist. Es gibt verschiedene Fassungen von dieser Erzählung. In einer ganz alten Fassung hieß es, glaube ich, dass sie Zwillinge zur Welt gebracht hätte … Aber ich glaube, diese Version ist auch Unfug. … Das ist einfach absurd!“ Sie schüttelte entschieden den Kopf, doch ich hatte das Gefühl, aus ihrem Tonfall ein leises Bedauern herauszuhören. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob ich es mir nicht vielleicht doch bloß einbildete. Niemand sonst schien etwas bemerkt zu haben. Also fragte ich nicht nach. „Tatsache ist jedoch wohl, dass sie tatsächlich 100 Jahre geschlafen hat, nachdem die Wirkung des Trankes bei ihr eingesetzt hatte“, schloss Lily schließlich. „Also beginnt die Wirkung des Trankes erst zu verfallen, wenn die betreffende Person angegriffen wird?“, wollte Remus wissen. Lily nickte. Wir kamen nicht mehr dazu, weiter darüber zu diskutieren. Es klopfte an der Tür und noch bevor Dumbledore den Besucher hereinbitten konnte, stürmte auch schon der Minister wieder in das Büro. Er blickte sich etwas verwundert um. Sein Blick fiel auf Lily, Remus und Harry, doch er nickte nur und wandte sich dann aufgelöst an Dumbledore, dass Peter ihm entwischt sei, als er ihn den Dementoren hatte übergeben wollen. Er habe sich in eine Ratte verwandelt und hatte die einsetzende Dämmerung genutzt, um zu verschwinden. Sirius und ich konnten uns ein genervtes Aufstöhnen nicht verkneifen. Der Crouch hätte Peter nicht entkommen lassen. Da war ich mir sicher. Im Grunde konnte ich eigentlich nicht wissen, ob dieser Fudge nicht sogar der bessere Minister war und doch hatte ich diesen unbändigen Eindruck, dass er ein absoluter Stümper war! Kapitel 20: Wieder vereint -------------------------- Protagonist: James Potter *** Die Nachricht, dass Peter erneut entkommen war, war mehr als ärgerlich. Immerhin hatten Sirius, Remus und ich zu unserer Erleichterung feststellen können, dass er nun offensichtlich vom Gelände verschwunden war und Dumbledore hatte uns versichert, dass der Zauber, mit dem er ihn belegt hatte, verhindern würde, dass er mit irgendjemandem über uns sprechen könnte. Das hieß also, dass ihm jede Möglichkeit genommen war, uns ein weiteres Mal zu verraten. Dennoch wäre ich in diesem Moment am liebsten direkt aufgebrochen, um nach ihm zu suchen. Doch Dumbledore hatte mich davon abgehalten. Er war davon überzeugt, dass wir keine Chance haben würden, in der einsetzenden Dunkelheit eine Ratte zu finden. Das einzige Trostpflaster, das uns jetzt also noch blieb, war die Tatsache, dass Sirius immerhin freigesprochen worden war und dass es womöglich schon morgen im Tagespropheten stehen würde. Alles in allem konnte ich mich wohl nicht beklagen, wie alles gelaufen war. Endlich hatten Lily und ich Antworten auf unsere Fragen gefunden und in wenigen Minuten würde ich auch Jana wiedersehen. Gerade waren wir zu fünft in den Gang unter der Peitschenden Weide hinabgeklettert und Sirius führte uns zu ihr und seiner kleinen Tochter. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass du es tatsächlich geschafft hast, während du auf der Flucht warst, ein Kind mit Jana zu bekommen!“, bemerkte Remus fassungslos. Er und Lily waren aus allen Wolken gefallen, als Sirius davon erzählt hatte. „Wenn ich ganz ehrlich sein soll, kann ich das selber noch nicht so richtig fassen“, gab dieser zu. „Ich hoffe doch, dass ich der Pate für das Kind sein werde!“, warf ich ein. Sirius guckte mich kurz verdutzt an. „Ich bin davon ausgegangen, dass du danach nicht fragen müsstest“, erwiderte er. „Wen sollten Jana und ich denn sonst zum Paten für die Kleine wählen?“ Ich grinste nur. „Wollte ja nur sichergehen, dass du nicht noch auf dumme Gedanken kommst!“ „Also bitte!“ Bis wir in der Heulenden Hütte angekommen waren, sprach niemand ein weiteres Wort. „Hier ist es ja immer noch so unordentlich wie damals!“, kommentierte ich, nachdem ich mich aus dem Loch, das von einer Falltür verdeckt wurde, gehoben hatte. Nicht ein Möbelstück, das zu sehen war, war noch ganz. Remus hatte damals regelmäßig einmal im Monat hier gewütet und in Ermangelung menschlicher Opfer, hatte er seine Wut, die sein pelziges kleines Problem so mit sich gebracht hatte, an der Einrichtung ausgelassen. Seit damals hatte sich nun jedoch eine dicke Staubschicht auf alles hier gelegt. Man hätte fast meinen können, dass seit Jahren niemand mehr diese Hütte betreten hatte. „Ehrlich mal, Sirius“, fuhr ich gespielt enttäuscht fort. „Du hättest hier ruhig mal ein wenig aufräumen können! Was ist denn, wenn sich dein Kind irgendwann mal hier her verirrt? Soll es vielleicht in dieser Staubschicht krabbeln lernen?“ „Wieso sollte sich Emma hier hin verirren?“, wollte Sirius wissen. „Naja, weit hat sie’s ja nicht, durch das Portal!“ „Ich hatte nicht vor, das Portal noch aufrechtzuerhalten, wenn es nicht mehr benötigt wird.“ Harry unterdessen sah sich staunend im Raum um. „Wenn ich Fred und George Weasley erzähle, dass ich in der Heulenden Hütte war!“, sagte er. „Das hier ist der einzige Zugang“, erklärte Remus ihm. „Zumindest theoretisch. Die Heulende Hütte war natürlich nie dafür gedacht, dass Schüler den Weg hier hineinfinden und ich finde es auch ein wenig unverantwortlich, dass du ein Portal hier in der Hütte erschaffen hast, Sirius.“ „Das Portal ist absolut werwolfsicher versteckt!“, verteidigte sich Sirius. „Ach ja?“, entgegnete Remus skeptisch. „Was soll das Theater, Remus?“, warf ich ein. „Du kannst dich aktuell nun nicht gerade darüber beschweren, dass es gefährlich wäre, diese Hütte hier zu betreten. Du hast sie ja die letzten Monate über nicht einmal genutzt! Aktuell besteht im Grunde nur die Gefahr, dass du dich von Snape vergiften lässt!“ „Was soll das heißen?“, wollte Sirius wissen. „Er nimmt seit einigen Monaten einen Trank zu sich, der die Symptome seines pelzigen Problems abmildert und er bei seinen Verwandlungen den Verstand behält“, erklärte ich ihm. „Und offensichtlich ist Snape mittlerweile hier Lehrer für Zaubertränke. Jedenfalls lässt Remus sich den Trank von ihm brauen.“ Sirius starrte Remus mit einer Mischung aus Schock und Ekel an. „Du trinkst einen Trank, den Snape gebraut hat?“, fragte er Remus ungläubig. „Bist du des Wahnsinns?“ „Er würde mich nicht vergiften“, versicherte Remus geduldig. „Klar! Und ich bin Merlin!“, entgegnete Sirius. „Er hat mich das ganze Schuljahr über nicht vergiftet“, widersprach Remus. „Der Trank hat immer ausgezeichnet gewirkt und ich habe meinen Verstand behalten. Und auch Professor Dumbledore vertraut Severus, im Übrigen.“ „Ach!“, schnarrte Sirius. „Wir nennen ihn jetzt also schon SEVERUS!?!“ „Dumbledore ist ja nicht zum ersten Mal vertrauensselig!“, kommentierte ich. „Ganz ehrlich Remus“, fand Sirius, „wenn ich an deiner Stelle wäre, ich würde auf meinen Verstand pfeifen und lieber einmal im Monat die Hütte hier demolieren gehen, als dass ich ein Gesöff in den Mund nehme, das Snape zusammengepanscht hat!“ Remus verdrehte nur die Augen und schüttelte leicht amüsiert den Kopf. „Du hättest die Hütte jederzeit aufsuchen können!“, fuhr Sirius fort, aufgebracht darüber, dass Remus sich so uneinsichtig zeigte. „Wirklich! Das Portal ist absolut werwolfsicher versteckt! Das hättest du nie gefunden in diesem Zustand!“ „Könnten wir das Thema bitte langsam beenden?“, rief Lily ungeduldig dazwischen. „Ihr könnt euch ja gerne auch später weiter darüber streiten.“ Eine kurze Stille trat ein. Lily hatte mir mehr als nur einmal versichert, dass sie mit Severus Snape nichts mehr zu tun haben wollte. Immerhin war er ein Todesser geworden. Dennoch hatte ich manchmal das Gefühl, dass sie diese Tatsache bedauerte und der einstigen Freundschaft auch ein wenig hinterher trauerte. Die letzte Woche über hatte sie es vermieden über ihn zu sprechen. Ich hatte sie gefragt, was sie davon hielt, dass Dumbledore ihn eingestellt hatte. Doch sie hatte keine Meinung äußern wollen und es auch vermieden, Snape aufzusuchen. Sirius war es, der zuerst wieder das Wort ergriff. „Ja, du hast recht“, gab er zu und wandte sich ab, in Richtung des kleinen Korridors, der an diesen Raum angrenzte. „Ist immerhin auch schon spät und Jana wartet sicherlich schon auf mich.“ „Richtig!“, pflichtete ich ihm bei. Er führte uns tatsächlich nur bis in den Korridor und blieb vor der Treppe schon wieder stehen. „Und jetzt?“, wollte ich wissen. „Ich sagte doch, das Portal ist versteckt!“, erwiderte er. „Was hast du denn erwartet? Einen Wegweiser mit der Aufschrift „Hier geht’s zum Portal“?“ Er schüttelte nur mit dem Kopf, wartete jedoch keine Antwort ab, sondern zog den Zauberstab, den er sich von Jana geliehen hatte und tippte damit gegen einen zerbrochenen alten Bilderrahmen, der schief an der Wand unter der Treppe hing. „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut“, sprach er und dort, wo vorher noch die Wand gewesen war, riss die Tapete ein. Schnurgerade, bis sich schließlich eine Tür abzeichnete, die sich selbstständig öffnete und den Zugang zum Portal in einem Schrank freigab. Ich hatte völlig vergessen, dass es hier eigentlich mal einen Schrank gegeben hatte. Solche Details waren damals einfach nicht wichtig gewesen, als wir an Vollmonden in unseren Animagusformen Remus hier besucht hatten. Gebannt starrten Remus, Lily, Harry und ich auf die Tür, die gerade erschienen war. Sirius öffnete sie unfeierlich. Es war nur ein Schrank unter der Treppe, also war in diesem Räumchen natürlich nicht viel Platz. Wir würden also einzeln durch das Portal treten müssen. „Ich sollte besser vorgehen“, sagte Sirius. „Warum?“, wollte ich wissen. „Ist der Zugang zum Portal auf der anderen Seite auch versteckt?“ „Nein, aber ich sagte doch, dass ich Jana lieber erst einmal alles erklären möchte“, antwortete Sirius. „Du hast ja keine Vorstellung davon, wie sehr sie sich eigentlich gewünscht hat, dabei sein zu können, wenn ihr aufwacht. Sie macht sich überhaupt schon Vorwürfe, dass sie es die ganzen letzten Jahre über nicht geschafft hat und jetzt seid ihr schon wach!“ „Wir halten dich doch nicht davon ab, als erstes mit ihr zu sprechen!“, widersprach ich. „Aber wir müssen doch nicht hier in der Hütte warten, oder?“ Dem hatte er offenbar nichts entgegenzusetzen. Jedenfalls zuckte er schließlich nur mit den Achseln und hielt uns die Tür auf, sodass wir der Reihe nach durch das Portal treten konnten. Auf der anderen Seite des Portals war es dunkel und ich trat gegen irgendetwas Hartes. „Autsch!“, fluchte ich und ein weiteres „Autsch“ folgte, als im nächsten Moment Harry in mich hineinrannte, der mir durch das Portal gefolgt war. „Was ist los?“, wollte er wissen. „Keine Ahnung“, antwortete ich ihm. „Ich seh nichts!“ Er tastete umher und fand schließlich eine Strippe, um das Licht einzuschalten. Es war auch nur ein Schrank unter einer Treppe. Sirius hätte uns definitiv vorwarnen können! „Meine Kindheit holt mich wieder ein“, seufzte Harry und blickte sich in dem Schrank um. Er achtete jedoch nicht auf meinen fragenden Blick. Ohne sich anscheinend irgendeinen Gedanken weiter darüber zu machen, schnipste er eine kleine Spinne von seiner Schulter, die sich gerade darauf niederzulassen versucht hatte und stieß die Schranktür auf. Wir traten in den kleinen Flur eines Hauses, das auf den ersten Blick dem ähnelte, in dem Lily früher mit ihren Eltern und ihrer Schwester gewohnt hatte. Der Eingangsbereich des Hauses war nicht gerade groß, doch er wirkte einladend. Ich sah mich um. Direkt zu meiner Linken lag die Küche und gegenüber dem Schrank das Wohnzimmer. Die Tür zum Wohnzimmer war geöffnet und Jana, die offensichtlich auf Sirius gewartet haben musste, stand keine zwei Meter von uns entfernt und starrte uns völlig überrascht an. Sie hatte die Hände vor den Mund geschlagen und ihre Augen waren vor Schreck geweitet. Sie stand einfach nur da, als könne sie es nicht fassen, uns zu sehen. Ihr ganzer Körper zitterte und sie bekam keinen Ton hervor. Ich hätte wohl auf Sirius hören und ihm den Vortritt lassen sollen. Doch ich hatte nicht damit gerechnet, dass Jana direkt den Eingang zum Portal im Blick haben könnte. Ich ließ mir allerdings nicht die Zeit, das zu bereuen. Dafür war es jetzt ohnehin zu spät. Also trat ich, ohne zu zögern, auf sie zu und schloss sie fest in meine Arme, während sie in Tränen ausbrach. Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir hier einfach nur so standen. Ich hielt sie einfach nur in meinen Armen, während sie mir den Umhang vollschluchzte. Erst nach einer ganzen Weile ließ ich sie wieder los und hielt sie eine Armlänge von mir weg, um sie zu betrachten. Sie war blass. Natürlich hatte sie immer eine sehr helle Haut gehabt, aber dennoch hatte ich sie definitiv schon mit mehr Farbe im Gesicht erlebt. Außerdem hatte sie dunkle Augenringe. Sie sah nicht gerade so gesund aus, wie damals, als ich mit ihr das letzte Mal über den Zwei-Wege-Spiegel gesprochen hatte. Und dennoch war ich erleichtert, sie zu sehen. Sie lebte und ich hatte mir ihren Zustand noch schlechter vorgestellt. Auch sie blickte mich noch immer an. Offenbar hatte es ihr vollkommen die Sprache verschlagen und in ihren Augen glitzerten noch immer Tränen. „Es tut mir leid“, gestikulierte sie aufgelöst. „Es tut mir so leid! Ich wollte euch aufwecken. Ich -“ Ich hielt ihre Hände an den Handgelenken fest, damit sie nicht weiter gestikulieren konnte. „Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen“, antwortete ich. „Sirius hat mir schon alles erzählt. Ich mache dir keinen Vorwurf.“ „Aber -“, fing sie mit schwacher Stimme wieder an. „Es ist OK“, unterbrach ich sie und zog sie noch einmal in meine Arme. Sirius, Lily, Harry und Remus saßen unterdessen bereits im Wohnzimmer auf dem Sofa. Sirius hatte Lily ein kleines Baby in die Arme gelegt, dass sie nun zärtlich hin und her wiegte, während Remus sie fasziniert dabei beobachtete und Harry völlig aus dem Häuschen schien, eine kleine Cousine bekommen zu haben. Auch er konnte den Blick kaum von ihr abwenden. Sirius dagegen hatte die Arme verschränkt und beobachtete Jana und mich. Ich konnte an seinem Blick erkennen, dass er etwas schmollte, weil er nun doch nicht die Chance gehabt hatte, Jana schonend auf alles vorzubereiten. Er warf mir einen etwas grimmigen Blick zu, doch dann erhob er sich und trat auf uns zu. Er löste Jana aus meiner Umarmung und drehte sie zu sich. „Eigentlich wollte ich dich damit überraschen“, gab er zu. „Wann warst du sie aufwecken?“, krächzte sie und blickte ihn ein wenig vorwurfsvoll an. „Gar nicht“, erwiderte er. „Sie sind alleine aufgewacht.“ „Aber wie –?“ Sie blickte mich erschrocken an, doch Sirius legte beruhigend seine Hände auf ihre Schultern und erklärte ihr alles. Sie ließ sich von dieser Erklärung jedoch überhaupt nicht beruhigen. Im Gegenteil, sie wirkte nur noch unzufriedener mit sich selbst, dass sie all die Jahre nichts hatte unternehmen können und kam sich nutzlos vor. „Du bist nicht nutzlos“, versuchte Sirius sie zu beschwichtigen. „Du hast es wenigstens versucht“, pflichtete ich ihm bei. „Ohne dich wüssten wir vielleicht jetzt noch nicht, was passiert ist. Und immerhin konntest du ein Auge auf Harry haben.“ Das schien sie nicht wirklich zu überzeugen, doch sie kam nicht dazu, zu widersprechen. Harry hatte aufgemerkt, als er seinen Namen gehört hatte, und war nun aufgestanden, auf sie zugetreten und blickte sie jetzt neugierig an. Jana wandte sich ihm zu und ihre Augen füllten sich ein weiteres Mal mit Tränen. „Hallo“, grüßte Harry etwas steif, so als wisse er nicht wirklich, was er sagen sollte. Auch Jana schien nicht recht zu wissen, was sie sagen sollte. Sie brachte keine Antwort hervor und machte nur einen zögerlichen Schritt auf ihn zu, als überlegte sie, ob sie ihn umarmen dürfe oder nicht. „Ähm…“, begann Harry, wie um die unangenehme Stille zu durchbrechen. „Du … du hast mir nie erzählt, dass du meine Tante bist!“ Sie senkte traurig den Blick. „Ich konnte dir nicht sagen, wer ich bin“, erwiderte sie betrübt und ihre Stimme zitterte so, dass man genau hinhören musste, um sie überhaupt zu verstehen. Die Tränen glitzerten in ihren Augen. „Du hättest es nicht verstanden…“ „Du meinst, dass Harry die Zeichensprache nicht verstanden hätte“, wollte ich ihr aushelfen, doch sie schüttelte nur energisch mit dem Kopf. Sie brauchte einen Moment, ehe sie sich wieder genug gesammelt hatte, um etwas zu sagen. „Du wurdest so schlecht behandelt“, begann sie und ein Schluchzen lag in ihrer Stimme, während sie Harry dabei direkt in die Augen sah. „Petunia und ihre Familie haben dich nie gewollt und du hast dich dort auch nie wohl gefühlt. … Aber ich konnte dich nicht zu mir nehmen. … Ich konnte nichts tun. … Es tut mir so leid …“ Sie brach ab und die Tränen liefen ihr haltlos über das Gesicht. Harry starrte sie fassungs- und sprachlos an. Eine Weile lang war nur Janas Schluchzen zu hören. Niemand sonst wagte es, etwas zu sagen. Schließlich gewann sie wieder die Oberhand über ihre Stimme, die jedoch noch immer etwas zittrig klang. „Du wärst so enttäuscht gewesen, wenn ich es dir gesagt hätte“, fuhr sie traurig fort. „Und Petunia und ihr Mann hätten dich vielleicht auch versucht abzuschieben, wenn sie erfahren hätten, wer ich bin. … Ich hab‘ es ja nicht einmal geschafft … James und Lily wieder aufzuwecken.“ Ihre letzten Worte waren gerade nur noch ein Hauchen gewesen. Ich stand direkt neben ihr und doch hatte ich Mühe gehabt, sie zu verstehen, so leise war sie geworden. Sie starrte betreten zu Boden und konnte niemandem in die Augen blicken. Auch Harry schien sich etwas unwohl zu fühlen bei der Erklärung. Er schien nicht zu wissen, was er antworten sollte und ich konnte ihn verstehen. Sirius und ich hatten versucht, sie zu trösten und die ganze Zeit waren wir nur darauf eingegangen, dass Lily und ich ihr keinen Vorwurf machen würden. Doch nun wurde mir klar, dass diese Sorge nicht ihr einziger Selbstvorwurf gewesen war und noch nicht einmal der gravierendste. Auch ich starrte betreten zur Seite. Wut entbrannte in mir. Nicht auf Jana – sie konnte ja nichts für ihre gesundheitliche Verfassung – aber auf Lilys Schwester und ihren Mann – Vernon, oder wie dieser Kerl hieß. Sie waren Harrys einzige Zuflucht gewesen und Jana hatte nicht anders gekonnt, als sich darauf verlassen zu müssen, dass sie sich gut um ihn kümmern würden. Doch das hatten sie nicht getan und ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie es für Jana gewesen sein musste, das mit ansehen zu müssen, ohne jemals in der Lage zu sein, etwas dagegen unternehmen zu können. Als Harry Lily und mir von seiner Kindheit erzählt hatte, war er nur eher flüchtig darauf eingegangen, wie er behandelt worden war. Im Grunde hatte ich nicht so sehr darüber nachgedacht und mir keine Vorstellungen gemacht. Erst jetzt begriff ich, wie furchtbar es für Harry gewesen sein musste, bei dieser Familie wohnen zu müssen. Ich war mir nicht sicher, ob ich noch Details wissen wollte. Womöglich war es gut so, dass ich keine Details kannte. Im Augenblick verspürte ich das schwer zu bändigende Verlangen, diese Frau aufzusuchen und ihr gehörig den Kopf zu waschen. Ich ballte meine Hände zu einer Faust. „Ähm…“, begann Harry etwas verlegen, „Aber immerhin muss ich ja jetzt nicht mehr zu den Dursleys zurück.“ Dann wandte er sich zu mir und zu Lily um. „Wo sollen wir jetzt eigentlich wohnen?“ Er sah fragend zwischen mir und Lily hin und her. „In Hardwins Place“, warf Jana plötzlich ein und noch bevor ich überhaupt Zeit gehabt hatte, um mir auf Harrys Frage eine Antwort zu überlegen. „Das ist unser Elternhaus. Es ist nach einem unserer Vorfahren benannt und es ist ganz in der Nähe von Godrics Hollow.“ Ich stutzte. Wie hatte ich nur nicht mehr daran denken können? Die Lösung war so naheliegend. Als Mum und Dad verstorben waren, hatten sie das Haus mir und Jana vererbt. Sie hatten sich nicht festgelegt, wer von uns beiden später dieses Haus beziehen sollte, aber Lily und ich waren jedenfalls nicht direkt dahin zurück umgezogen und hatten es unbewohnt belassen. Insgeheim hatte ich wohl gehofft, dass Sirius und Jana wohl irgendwann in dieses Haus ziehen würden. „Daran hab‘ ich gar nicht mehr gedacht“, gab ich zu. „Ich hab‘ den Fideliuszauber darauf gelegt“, erwiderte Jana. „Ich wollte nicht, dass jemand einbrechen und etwas stehlen könnte.“ Mit diesen Worten wandte sie sich ab und ging rüber zu einer Kommode, aus der sie eine kleine Schatulle hervorholte, nur um sie mir im nächsten Moment in die Hand zu drücken. „Was ist das?“, fragte ich verwundert. „Na das sind die Schlüssel“, antwortete sie. „Einmal für Hardwins Place und einmal für euer neues Verlies bei Gringotts.“ „Wie jetzt? ‚Neues Verlies bei Gringotts‘?“ „Naja, euer Vermögen ist ja an Harry und mich vererbt worden und ich hab‘ meinen Teil einfach in ein anderes Verlies lagern lassen und der Schlüssel dazu ist da drin.“ Ich blinzelte irritiert. Das gefiel mir nicht. Immerhin hatten Jana und Harry rechtmäßig geerbt. Es hätte ja schließlich niemand ahnen können, dass Lily und ich wieder auferstehen würden, also fand ich es auch nicht richtig, das Vermögen einfach so zurückzufordern. Ich öffnete die Schatulle und nahm den Schlüssel heraus, der für das Haus meiner Eltern gedacht war. Dann schloss ich sie wieder und gab sie Jana zurück. „Das ist nicht fair“, lehnte ich ab. „Es ist nicht deine Schuld, dass das Vermögen an euch vererbt wurde und es ist alles mit rechten Dingen zugegangen.“ „Aber was soll ich alleine damit?“, fragte sie. „Es ist euer Vermögen und ich wusste doch, dass ihr nicht tot seid. Außerdem ist es doch das Mindeste, was ich für euch tun kann.“ Sie verschränkte die Arme und weigerte sich die Schatulle wieder zu nehmen. Das hatte sie noch nie getan, aber diese Geste konnte sie sich nur von mir abgeguckt haben, wenn ich früher darauf bestanden hatte, dass mir meine Freunde ihre „Schulden“ bei mir nicht zurückzahlen müssten. Gerade Remus war es immer unangenehm gewesen, wenn ich ihm an unseren Hogsmeade-Ausflügen bereitwillig das Butterbier bezahlt hatte oder ihn nach unserem Abschluss finanziell unterstützt hatte. Aber dennoch hatte ich Diskussionen darüber nie zugelassen. Unterdessen schien Harry nun ebenfalls ein schlechtes Gewissen bekommen zu haben. „Ähm“, sagte er und kramte in seiner Hosentasche. Einen Augenblick später holte er ein kleines Portemonnaie hervor und zog ebenfalls einen Schlüssel daraus hervor. „Das ist euer Verlies.“ „Harry, du musst den wirklich nicht zurück geben“, versicherte ich ihm. „Ich will lieber Taschengeld, wie normale Kinder auch“, beharrte er und steckte den Schlüssel kurzerhand mit in die Schatulle, die ich immer noch in meiner Hand hielt. Ich wollte gerade widersprechen, als Lily sich plötzlich einmischte. „Wir sollten das Angebot annehmen, James“, meinte sie und blickte vom Sofa aus zu uns hinüber. „Wir können es immer noch zurückzahlen, wenn wir Arbeit gefunden haben.“ „Ihr müsst es nicht zurückzahlen“, widersprach Jana vehement. „Es ist euer Gold. Ich hab‘ doch mein eigenes Verlies.“ „Und ich möchte wirklich lieber Taschengeld“, bekräftige Harry bestimmt. „Danke“, sagte Lily und lief etwas rot an. „Ich verstehe wirklich nicht, warum ihr euch so ziert“, warf Remus plötzlich ein. „James, du hast dich doch früher förmlich darum geschlagen, die Runde Butterbier in Hogsmeade ausgeben zu dürfen und du hast dich immer geweigert Gold von mir anzunehmen, wenn ich dir etwas von dem zurückzahlen wollte, womit du mich immer unterstützt hast, als wir Hogwarts verlassen hatten. Das ist schon ein wenig ironisch, findest du nicht?“ „Das war auch was vollkommen anderes“, widersprach ich. „Eigentlich finde ich das nicht“, entgegnete Remus belustigt. „Doch ist es!“, beharrte ich. „Das kannst du überhaupt nicht damit vergleichen. Basta!“ „Strenggenommen“, meldete sich Sirius wieder zu Wort, „wart ihr nie tot. Damit hätte genaugenommen euer Vermögen nie vererbt werden dürfen und Harry hat sich, wenn man es so sieht, ohne eure Erlaubnis vom Familienvermögen bedient.“ „Und wie hätte Harry das bitte ahnen sollen?“, wollte ich von ihm wissen. „Meine Güte, das war doch mehr ein Scherz gewesen“, lachte Sirius. „Jetzt hab dich einfach nicht so und nimm die Schlüssel an! Du bist ohnehin überstimmt.“ Ich verzog missmutig das Gesicht und gab schließlich nach. „Also gut“, sagte ich. „Wie viel Taschengeld möchtest du, Harry?“ Er zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung“, erwiderte er. „Fünf Galleonen im Monat?“ „So wenig bloß?“, wollte ich wissen. „Ich hätte dir mindestens 20 gegeben.“ „James, du hast ’nen Knall!“, kommentierte Remus vom Sofa aus und er hatte seine Hand gegen die Stirn geschlagen. Auch Harry schien die Unterhaltung mehr und mehr komisch zu finden. „Sieben Galleonen,“ ließ er sich breitschlagen, „und die Erlaubnis, Hogsmeade besuchen zu können.“ „Wovon du dich ja auch nicht abhalten lassen würdest, selbst wenn du die Erlaubnis nicht hättest, Harry“, kam es von Remus mit einem leicht strengen Tonfall und Harry grinste schuldbewusst. „Ernsthaft jetzt?“, fragte ich. „Also irgendwie ist das hier ‘ne verkehrte Welt!“, amüsierte sich Sirius. „Ich hab‘ noch nie erlebt, dass Eltern ihrem Kind unbedingt mehr Taschengeld geben wollen, als es selber verlangt.“ „Du kannst mich wohl schlecht mit deinen leiblichen Eltern vergleichen“, protestierte ich. „Deine Eltern hätten das auch nicht getan“, widersprach er belustigt und tatsächlich musste ich zugeben, dass das stimmte. „Ist ja schon gut“, gab ich mich geschlagen. In diesem Moment wachte die kleine Emma auf, die die ganze Zeit über friedlich in Lilys Armen geschlafen hatte, und fing an zu quengeln. Sofort galt alle Aufmerksamkeit nur noch ihr und auch ich kam zum ersten Mal dazu, meine kleine Nichte näher zu betrachten. Sie hatte die Haarfarbe von Sirius, doch ansonsten war sie ihrer Mama wie aus dem Gesicht geschnitten. Ich konnte mich gerade noch daran erinnern, wie Jana damals ausgesehen hatte und die kleine Stubsnase und das Grübchen am Kinn hatte sie eindeutig an die Kleine vererbt. Ich kam nicht umhin, darüber zu grinsen. Lily legte die Kleine behutsam in Janas Arme, die sich mit ihr in einen gemütlichen Sessel setzte, um sie zu stillen. Mir fiel auf, dass Jana im Umgang mit der Kleinen schon gut organisiert zu sein schien, dafür das Emma erst wenige Tage alt war. „Wie alt ist sie?“, fragte ich noch einmal nach. Sirius hatte es mir zwar schon gesagt, aber ich war mir nicht mehr sicher. „Fünf Tage“, antwortete er. „Sie ist am 27. März geboren.“ Ich grinste noch breiter. „Habt ihr das getimt?“, wollte ich wissen. Sirius schien sich über meine Reaktion zu freuen. „Nein, aber es hat irgendwie gepasst“, erwiderte er. „Happy birthday, nachträglich. Ich hoffe, du nimmst es uns nicht übel, dass wir kein anderes Geburtstagsgeschenk für dich haben, aber wir dachten ja auch, ihr würdet erst in zwei Monaten aufwachen.“ „Ich hab‘ ja nicht mal mitbekommen, welches Datum wir hatten“, erwiderte ich gleichgültig, kam aber aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Mir gefiel der Gedanke, von nun an mit der Kleinen zusammen meinen Geburtstag feiern zu können. Den Rest des Abends verbrachten wir gemütlicher. Wir saßen nur im Wohnzimmer und unterhielten uns, bis Remus mit einem Blick auf die Uhr feststellte, dass es bereits sehr spät war und er bestand darauf, dass Harry wieder ins Schloss zurückkehren sollte. „Kann ich nicht noch das Haus sehen?“, bettelte Harry. „Es sind doch außerdem auch Ferien!“ „Du wirst es schon noch früh genug sehen“, gebot Remus streng. „Jetzt hab‘ dich nicht so, Remus“, wandte ich ein, doch er fiel mir ins Wort, bevor ich weiterreden konnte. „Ich bin dafür, dass ihr zuerst einmal selber ankommen solltet, bevor Harry dort einzieht“, argumentierte er. „Außerdem verleitet ihr ihn so nur dazu, dass er gleich auch noch den Rest der Ferien dort verbringen will und er hat sicherlich noch genügend Hausaufgaben zu erledigen, die er so möglicherweise vernachlässigen könnte.“ „Du bist ein alter Streber, Remus!“, beschwerte ich mich. „Ich bin Lehrer“, korrigierte er mich. „Und als Lehrer bestehe ich jetzt auch darauf, dass Harry wieder mit mir ins Schloss zurückkehrt.“ „Aber-“, setzte ich an, doch ich wurde jäh unterbrochen. „Wir haben doch auch noch gar nichts vorbereitet“, warf Lily ein und legte ihre Hand auf meinen Arm. „Und so lange geht das Schuljahr doch auch nicht mehr.“ „Und ich bin gar nicht an das Flohnetzwerk angeschlossen“, sagte Jana. „Wir müssen apparieren, aber eigentlich wäre es mir lieber, wenn wir nicht mehr heute Nacht umziehen.“ Ich brummte missmutig und gab mich schließlich geschlagen. Remus ließ schließlich auch nicht erweichen. Auch Harry war nicht gerade glücklich darüber, doch schließlich gab auch er klein bei und verabschiedete sich von uns allen. Lily zog ihn noch in eine lange Umarmung, bevor er schließlich in Remus‘ Begleitung wieder durch das Portal zurück in die Heulende Hütte trat und sich auf den Weg zurück ins Schloss machte. Jana hatte unterdessen Emma in Sirius‘ Arme gelegt, um Lily und mir ein Gästezimmer für die Nacht zurechtzumachen. Kapitel 21: Ein neues altes Zuhause ----------------------------------- Protagonist: James Potter *** Am nächsten Morgen wurden wir vom Weinen eines Babys geweckt. Geradezu instinktiv richtete ich mich auf und wollte schon zu Harry ins Zimmer gehen, als ich feststellte, dass ich mich nicht in meinem Schlafzimmer in Godrics Hollow befand. Einen Momentlang war ich verwirrt, während das Weinen langsam erstarb. Erst dann fiel mir wieder ein, dass ich die Geschehnisse der letzten Tage nicht bloß geträumt hatte. Harry war kein Baby mehr und das Weinen war auch nicht seins, sondern das von Emma, die mittlerweile wahrscheinlich schon längst von Jana und Sirius versorgt wurde. Gedankenversunken und ein wenig niedergeschlagen ließ ich mich wieder auf das Bett sinken und starrte einfach nur ins Leere. „Was ist los?“, wollte Lily wissen und ich wandte mich zu ihr um. Auch sie war von Emmas Weinen wach geworden. Sie hatte sich aufgerichtet und sah mich etwas besorgt an. Ich brauchte jedoch einen Moment, um ihr zu antworten. „Ich hatte nur gerade das Gefühl gehabt, das alles nur geträumt zu haben“, erzählte ich ihr schließlich. „Ich dachte, wenn ich gleich zu Harry ins Zimmer gehe, wäre alles wieder so wie früher.“ Sie senkte betrübt den Kopf und auch sie schwieg für einen Augenblick. „Mir ging es die letzten Tage schon ähnlich“, gestand sie mit einem leichten Zittern in der Stimme. „Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht und habe mich gewundert, warum Harry nicht weint. Jedes Mal, wollte ich schon aufspringen und nach ihm sehen, ob es ihm gut geht und dann erst ist mir wieder eingefallen, dass er ja kein Baby mehr ist, dass wir in Hogwarts sind und er im Gryffindor-Turm schläft. … Und die kleine Emma war diese Nacht schon ein paar Mal wach.“ Ich nickte bloß und wieder trat ein Moment der Stille zwischen uns ein. Davon hatte sie am Morgen danach nie etwas erzählt und ich hatte es nicht einmal mitbekommen. Normalerweise wurde ich immer wach, wenn Lily unruhig schlief und nun fühlte ich mich ein wenig schuldig deswegen, dass mir das nicht aufgefallen war. „Es tut mir leid“, entschuldigte ich mich und streichelte ihr zärtlich über die Wange. „Irgendwie hat es sich noch so irreal angefühlt, als wir in Hogwarts übernachtet haben. Ich glaube, ich habe das alles gar nicht so richtig bis zu mir vordringen lassen. Es kam mir wohl alles wie ein einziger komischer Traum vor.“ Sie schüttelte nur verständnisvoll den Kopf. „Du musst dich nicht entschuldigen“, entgegnete sie. „Es war einfach viel zu viel Aufregung und du hattest deinen Kopf voll mit anderen Sorgen. Ich wollte dich nicht auch noch mit meinen Problemen belasten.“ „Ich hätte es dir niemals übel genommen“, versuchte ich sie zu besänftigen. „Ich weiß.“ Einen weiteren Augenblicklang sagte keiner von uns beiden etwas. Wir saßen einfach nur da und grübelten, jeder für sich, vor uns hin. „Glaubst du, Harry denkt jetzt, wir wöllten ihn nicht bei uns haben, weil er gestern Abend wieder zurück ins Schloss sollte?“, durchbrach Lily schließlich die Stille. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Ein bisschen könnte ich diesen Gedanken schon verstehen. Zwar hatte Harry sich schließlich geschlagen gegeben, als Remus ihn ins Schloss zurückgebracht hatte, doch er sein Blick hatte etwas enttäuscht ausgesehen. Dennoch brachte ich es Lily gegenüber nicht fertig, diese Vermutung zu äußern. „Ich bin mir nicht sicher, ob es sinnvoll für ihn ist, wenn er jetzt schon so viel Zeit mit uns verbringt“, fuhr Lily langsam fort, als ich nach einer Weile noch nicht geantwortet hatte. Doch so richtig glücklich schien sie mit dieser Formulierung nicht zu sein. „Ich meine ...“ Sie brach ab und überlegte einen Moment, wie sie sich besser ausdrücken konnte. „Ich glaube, Remus hatte womöglich auch recht, wenn er sagt, dass Harry seine Hausaufgaben vernachlässigen könnte, wenn er die Ferien bei uns verbringt.“ „Findest du wirklich, dass er so viel verpassen würde? Wäre es nicht auch ein bisschen verständlich, dass er sich gerade schlecht auf die Schule konzentrieren kann?“ „Schon …“ Wieder brauchte sie einen Moment, um ihre Gedanken zu ordnen, bevor sie schließlich fortfuhr. „Aber bei uns geht doch auch noch alles drunter und drüber. … Es ist alles so seltsam. … Ich wüsste noch gar nicht so richtig, wie ich mit Harry umgehen sollte. … Wir haben doch noch gar keinen Alltag wiedergefunden!“ Mein Hals fühlte sich an, als hätte sich ein riesiger Kloß in ihm gebildet, sodass es mir unmöglich war, zu antworten. Es fühlte sich seltsam an und ich kam mir auch etwas schäbig vor, und dennoch musste ich mir eingestehen, dass es wohl durchaus ein wenig stimmte, was sie sagte. Ich konnte darauf nur nicken und nahm zärtlich ihre Hand, ohne etwas zu sagen. „Ich will mein Baby wiederhaben!“, schluchzte sie und lehnte sich an meine Schulter, wo sie sich eine Weile lang einfach nur ausweinte. Mir fiel keine sinnvolle Antwort ein. Also legte ich nur meine Arme um sie und hielt sie fest, während sie ihren Tränen freien Lauf ließ. Erst nach einer Weile beruhigte sie sich langsam wieder. Ich drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. „Wir sollten wohl langsam aufstehen“, schlug ich mit etwas belegter Stimme vor. Ich wusste nicht, was ich sonst noch hätte sagen können. Sie nickte bloß und löste sich von mir. Ein paar Tränen glitzerten noch immer in ihren Augen. Ich wischte sie ihr aus dem Gesicht und gab ihr noch einen Kuss, bevor wir uns schließlich erhoben und uns umzogen, um uns dann zu Sirius und Jana zu gesellen, die in der Küche schon damit beschäftigt waren, das Frühstück vorzubereiten. Ein paar Stunden später tauchten wir hinter einer dichten Gruppe von Bäumen auf, nur vielleicht einen knappen Kilometer außerhalb von Godrics Hollow. Emma fing verstört an zu weinen und Jana wiegte sie beruhigend hin und her, um sie wieder zu besänftigen. Ich wusste, dass auch Jana nicht gerne apparierte und für die kleine Emma musste es sich geradezu furchterregend anfühlen. Aber da Jana mit ihrem kleinen Haus in Little Whinging nicht an das Flohnetzwerk angeschlossen war, war es nun einmal die einzige Möglichkeit für uns, um zum Haus unserer Eltern zu gelangen. Sirius, Lily und ich warteten geduldig, bis sich Emma wieder beruhigt hatte. Dann traten wir hinter den Bäumen hervor, auf die Straße. Kein Auto war unterwegs und auch keiner der Bewohner der paar vereinzelten Häuser, die entlang dieser Landstraße standen. Diese Gegend hier war schon immer ruhig und idyllisch gewesen. Kaum jemand verirrte sich zufällig hier her. Wir mussten nicht weit laufen, bis Hardwins Place in Sichtweite kam. Wenn Jana nicht gestern Abend noch erzählt hätte, dass sie das Haus mit dem Fideliuszauber belegt hatte, hätte ich es nicht einmal bemerkt und mir wohl auch keine Gedanken darüber gemacht. Von außen sah das Haus nicht anders aus, als die übrigen Häuser. Es besaß einen kleinen Vorgarten mit einer Blumenrabatte, die ein wenig wild vor sich hin wucherte und den Eindruck machte, als wären die Besitzer schon ein paar Wochen im Urlaub und hätten vergessen, einen Nachbarn darum zu bitten, sich um die Blumen zu kümmern. Muggel, die an diesem Haus vorbeigingen, wären nie auf die Idee gekommen, dass hier Zauberer gelebt haben könnten. Im Inneren des Hauses, war jedoch alleine schon der Eingangsbereich größer, als man das von außen hätte vermuten können. Die Decke zum ersten Obergeschoss hin war offen, sodass man auf den Eingang hinabblicken konnte. Von diesem führten links und rechts zwei Korridore ab, die in die einzelnen Zimmer führten. Hinter dieser Größe steckte ein Dimensionszauber, den einer von Janas und meinen Vorfahren hier gewirkt haben musste. Vermutlich hatte er eine größere Familie gegründet, als in diesem Haus normalerweise Platz gefunden hätte und so besaß das Haus nun in seinem Inneren die Größe eines stattlichen Landsitzes, während es äußerlich noch immer den Eindruck eines gewöhnlichen Einfamilienhauses machte. Auch im Inneren erweckte alles den Eindruck, als wären meine Eltern nur für ein paar Wochen verreist und es hätte sich nur niemand um die Blumen gekümmert. Die Pflanzen, die dekorativ an den Wänden entlang standen, waren ein bisschen welk und auf den Bilderrahmen der alten Familienportraits lag nur eine sehr feine Staubschicht. Wenn ich es nicht gewusst hätte, dann hätte ich niemals vermutet, dass schon seit Jahren niemand mehr in diesem Haus gewohnt hatte. Doch zu meiner Überraschung war das Haus in all den Jahren offenbar nicht vollkommen unbewohnt gewesen. Zu unserer Rechten, aus einem kleinen Flur, der in die Küche und das Esszimmer führte, kam uns Kirbie entgegen gewackelt. „Mr James, Mrs Lily“, quiekte sie aufgeregt. „Kirbie hatte ja gar keine Ahnung, dass Sie heute nach Hause kommen würden!“ „Kirbie!“, rief ich begeistert. „Ich hab‘ gar nicht mehr damit gerechnet, dich noch einmal wiederzusehen! Wie geht es dir? Und wie geht es Corbie? Ist sie auch da?“ Ich hatte nicht damit gerechnet, dass unsere alten Hauselfen noch lebten. Ich konnte mich noch erinnern, dass sie schon seit ein paar Generationen unserer Familie dienten und sie mussten ja jetzt schon an die 200 Jahre alt sein, schätzte ich. „Kirbie geht es ganz gut“, erzählte sie. „Aber die arme Corbie … sie ist gestern Abend verstorben, Mr James.“ „Oh…“ Das schockte mich dann doch und auch Jana und Sirius wirkten sehr betroffen. „Aber du hast doch letztens gesagt, ihr ginge es noch nicht so schlecht!“, wandte sich Jana etwas vorwurfsvoll an Sirius. „Naja, ich dachte, sie wird vielleicht langsam etwas senil“, verteidigte er sich. „Aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass sie schon so bald versterben könnte! … Ich hab‘ sie extra noch davon abgehalten, sich zu überarbeiten!“ „Corbie war eben schon sehr alt, Mr Sirius“, piepste Kirbie verständnisvoll. „Es war Zeit für sie.“ Ohne auf ein weiteres Wort zu achten, wandte ich mich ab und ging in die Küche. Es wirkte ein wenig chaotisch hier, als hätte auch Kirbie schon so ihre Schwierigkeiten, alles in Ordnung zu halten. Sie hatte eingekauft, sicherlich mit der Absicht, die Einkäufe nachher zu Jana zu transportieren, doch sie lagen noch auf dem Arbeitsbereich verteilt umher. Außerdem hatte sie wohl die Absicht gehabt, etwas für Jana und Sirius zu kochen, wobei ihr jedoch zwei Eier und ein paar Tomaten auf den Boden gefallen waren, der Topf war schon kurz vorm Überkochen und in der Spüle war der Abwasch vom Vortag noch nicht fertig. Mit einem Wink meines Zauberstabes versuchte ich Kirbie ein bisschen Arbeit abzunehmen, doch ich hatte Haushaltszauber nie so gut hinbekommen und das Essen auf dem Herd kochte davon nun erst recht über. Ich drehte die Temperatur also einfach manuell herunter und wandte mich dann wieder um, auf der Suche nach Corbie. Sie war nicht hier, doch ich fand sie in dem kleinen Zimmerchen, welches sich an die Küche anschloss und das liebevoll für sie und Kirbie eingerichtet worden war. Als Kind hatte ich mich beim Spielen öfter hier drinnen versteckt, nur um schließlich Ärger mit meiner Mutter zu bekommen, mit der Begründung, dass ich es schließlich auch nicht mögen würde, wenn jemand ungefragt in meinem Zimmer verstecken spielen würde. Anschließend hatte sie mir immer gesagt, ich solle mich bei Corbie und Kirbie entschuldigen, doch die hatten mir das niemals übelgenommen. Corbie lag auf ihrem Bettchen und sah so aus, als würde sie nur schlafen. Ich fühlte ihren Puls und musste, etwas enttäuscht, feststellen, dass Kirbie sich nicht geirrt hatte. Es schnürte mir förmlich die Kehle zu. Auch wenn Corbie „nur“ eine Hauselfe gewesen war, hatte ich sie und Kirbie doch immer als Familienmitglieder betrachtet und Corbies Tod machte mich nun ebenso sehr betroffen, wie der Tod meiner Eltern damals. Sie wirkte friedlich und hatte offenbar nicht gelitten. Ich nahm an, dass sie einfach im Schlaf gestorben sein musste, denn ich glaubte nicht, dass Kirbie es noch geschafft hätte Corbie in das Bettchen zu legen. Eine kleine Weile saß ich nur starr da und betrachtete sie, nicht in der Lage auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Es führte mir vor Augen, wie viel Lily und ich doch in den letzten Jahren verpasst hatten. Noch immer fühlte es sich an, als wäre das alles bloß eine gute Woche her. Corbie und Kirbie waren abwechselnd täglich bei uns vorbeigekommen und hatten uns mit unseren Einkäufen versorgt, weil wir selber das Haus nicht hatten verlassen dürfen. Die beiden waren noch so fit gewesen, dass ich mir niemals wirklich Gedanken darüber gemacht hatte, wie alt sie wohl schon waren. Und jetzt war Corbie einfach tot! Ich grübelte eine Weile lang vor mich hin und starrte ins Leere. Ich hörte, wie Lily, Jana und Sirius hinter mir das Zimmer betraten, doch ich wandte mich nicht sofort zu ihnen um. Erst Janas sanfte Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Wir sollten sie beerdigen“, schlug sie vor. Ich konnte nur nicken und endlich erhob ich mich wieder. Behutsam umwickelte ich Corbies kleinen Körper mit der Decke des Bettes, hob sie auf und ging mit ihr nach draußen in den Garten. Hinter dem Haus, unter einer kleinen Gruppe von Apfelbäumen, würde ich sie begraben. Es gab hier bereits ein weiteres Grab für eine Hauselfe. Pucky, hatte sie geheißen. Ich hatte sie nie kennen gelernt. Als Kind hatte ich meine Eltern einmal nach diesem Grab gefragt, doch ich erinnerte mich nicht mehr daran, was sie mir über die Hauselfe erzählt hatten. Ich vermutete einfach, dass meine Mutter sie hier beerdigt haben musste. Die Stelle schien mir daher nur umso besser geeignet dafür, Corbie auch hier zu bestatten. Es fühlte sich ein bisschen so an, als wäre nichts mehr so wie früher. Es war komisch das Haus meiner Eltern wieder zu betreten, nachdem ich Corbie gerade beerdigt hatte. Noch immer fiel es mir schwer zu begreifen, wie nur so viel Zeit vergangen sein konnte, obwohl mir doch alles so vorkam, als wäre es erst wenige Tage her. Harry war plötzlich 13 Jahre alt und ging nach Hogwarts und meine Lieblingshauselfe war tot. Ich nahm an, dass es Lily natürlich immer noch genauso gehen musste, doch sie versuchte sich davon nichts anmerken zu lassen. Ich bewunderte sie ein wenig dafür, dass sie sich offenbar aktiv bemühte, die Situation zu akzeptieren und weiter zu machen. Jedenfalls überredete sie Kirbie dazu, sich ihren verdienten Ruhestand zu gönnen. Sie liebte es, selber zu kochen und womöglich verhalf ihr diese Möglichkeit zu ein bisschen mehr innerer Ruhe, wenn auch nur minimal. Überhaupt hatte ich das Gefühl, als hätte Lily irgendwie Hummeln im Hintern. Sie verbrachte den ganzen restlichen Tag über damit, durch das Haus zu streifen und sämtliche Zimmer zu ordnen, wie sie es sich vorstellte. Ich hielt es für besser, sie nicht davon abzuhalten, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass es sie auch ziemlich erschöpfte. Sie ordnete die Küche neu und bereitete das Mittagessen vor, nur um nach dem Essen direkt damit weiter zu machen, alle persönlichen Gegenstände zu sortieren, die Jana für uns eingelagert hatte. Sie legte eine Zimmeraufteilung fest, richtete sich unser neues Schlafzimmer ein und hätte anschließend auch direkt mit dem Zimmer weitergemacht, das für Harry bestimmt war, wenn Sirius sie nicht davon abgehalten hätte. „Ähm, Lily“, rief er ihr zu. „Ich denke nicht, dass du Harrys alte Spielsachen in seinem Zimmer drapieren musst.“ Lily, die gerade dabei war, eine Kiste mit Bauklötzen einzuräumen, blinzelte etwas irritiert. „Aber er hatte sie doch die ganzen letzten Jahre über nicht“, erwiderte sie. „Ja, ja, das ist schon richtig“, stimmte er ihr zu. „Aber ich wollte dich nur kurz daran erinnern, dass er jetzt schon 13 ist und, soweit ich mich richtig erinnere, spielen 13-jährige in der Regel nicht mehr mit Bauklötzen.“ „Ach ja…“, sah Lily ein und starrte deprimiert auf die Kiste vor ihren Füßen. „Aber du könntest sie vielleicht Emma überlassen“, schlug Sirius vor. „Die spielt dann bestimmt in ein paar Monaten oder so damit.“ „Und du könntest Harry ein Set mit Quidditchbällen besorgen“, warf Jana ein. „Dann kann er in den Ferien trainieren.“ „Quidditch ist gut“, bestätigte Sirius optimistisch. „Aber ich bin sicher, du kannst auch nichts falsch machen, wenn du ihm einfach die Möglichkeit gibst, sich nach dem Schuljahr sein Zimmer selber zu gestalten.“ Mit diesen Worten packte er sie an den Schultern und schob sie aus dem Zimmer. Lily sah aus, als wäre sie den Tränen nahe und sie brauchte einen Moment, um sich wieder zu fangen. Ich überlegte, was ich ihr sagen könnte, doch mir fiel nichts Sinnvolles ein. Schließlich jedoch schluckte sie ihre Trauer herunter und nickte nur, bevor sie sich schließlich daransetze, Harry ein Quidditch-Set zu bestellen und sämtliche von Harrys alten Spielsachen wanderten in das Kinderzimmerchen, das Sirius und Jana für Emma gestaltet hatten. Lily kam auch in den nächsten Tagen nicht zur Ruhe, selbst nachdem sie das ganze Haus von vorn bis hinten umgekrempelt hatte. Es war ihr ein Bedürfnis, die Weasleys aufzusuchen. Harry hatte erzählt, dass er von Rons Familie so herzlich aufgenommen worden war. Wir hatten vorher nie wirklich etwas mit dieser Familie zu tun gehabt, weshalb Lily sich unbedingt dafür bedanken wollte. Nachdem Lily also Freundschaft mit den Weasleys geschlossen hatte, suchte sie als nächstes Augusta Longbottom auf, nur um ihr ihr Beileid zu bekunden, was mit Frank und Alice geschehen war. Mrs Longbottom war darüber zwar sehr perplex, jedoch auch so begeistert von Lily, dass sie uns von nun an regelmäßig alle paar Tage zum Tee zu sich einlud. Sirius ging unterdessen seinen eigenen Erledigungen nach. Nachdem, wie erwartet, schon am nächsten Tag der Tagesprophet über seinen Freispruch berichtet hatte, war seine erste Amtshandlung die, sich sofort einen neuen Zauberstab zuzulegen. Danach kehrte er zurück und hatte neben dem Zauberstab auch noch eine Tarnung für mich mit besorgt. „Wozu ist die denn?“, wollte ich wissen. „Ich brauch dich mal“, erklärte er. „Ich muss noch mal los. Und damit dich niemand erkennt...“ „Und was hast du vor?“ „Erklär ich dir auf dem Weg.“ Er grinste etwas schief, doch er ließ sich weder von mir noch von Jana irgendwelche weiteren Informationen entlocken. Fünf Minuten später betraten wir zu zweit vom Tropfenden Kessel aus die Winkelgasse. „Also was willst du jetzt eigentlich hier?“, wollte ich schließlich wissen. „Ich brauche Verlobungsringe“, antwortete er. Ich starrte ihn verdutzt an. „Nur für den Fall, dass es dir doch entgangen sein sollte“, erklärte ich und legte ihm mit einem gespielt mitleidigen Blick meine Hände auf seine Schulter. „Ich fürchte, ich muss dich enttäuschen. Ich bin schon glücklich verheiratet.“ „Oh, das bricht mir jetzt das Herz!“, erwiderte er, doch er war nicht imstande, seine gekränkte Miene aufrechtzuhalten und fing an zu lachen. „Natürlich nicht für dich, du Trottel! Ich hab‘ vor, Jana zu überraschen und ich brauche dafür deine Meinung als Trauzeugen.“ „Oh na dann… Klar doch!“ Ich grinste breit, während wir einen kleinen Laden am Ende der Gasse ansteuerten, der Ringe verkaufte. Als wir nach Hause zurückkehrten, fanden wir Lily im Wohnzimmer auf dem Sofa, wo sie offenbar eingeschlafen war. Direkt neben ihr hielt, in eine Babydecke eingewickelt, auch Emma ihr Mittagsschläfchen. Sirius und ich setzten uns dazu. Ich strich Lily eine Haarsträhne aus dem Gesicht, ohne, dass sie davon aufwachte. Es war normalerweise ungewöhnlich für sie, mitten am Tag einzuschlafen, doch sie war die letzten Tage über so ruhelos gewesen, dass sie diese Pause jetzt wohl gut gebrauchen konnte. Ich schnappte mir den Tagespropheten, der vor mir auf dem Stubentisch lag und überflog ihn. Wirklich viel Interessantes stand nicht darin. Minister Fudge musste offenbar Rede und Antwort stehen, wie es überhaupt zu diesem Irrtum hatte kommen können, dass ein Unschuldiger 12 Jahrelang in Askaban gefangen gehalten worden war und wie er nun den wahren Schuldigen hatte laufen lassen können. In seiner Haut hätte ich absolut nicht stecken wollen, auch wenn mein Mitleid sich auf der anderen Seite ziemlich in Grenzen hielt. Ich überflog den Artikel, doch von Peter hatte er noch keine neue Spur. Man hatte seine Mutter aufgesucht und ausgefragt, doch natürlich wusste sie von nichts. Ich hatte wirklich Mitgefühl mit Mrs Pettigrew. Sie war eine wirklich herzensgute Person. Ihr Mann war bereits verstorben, als Peter noch ein kleiner Junge gewesen war und so war ihr einziger Sohn ihr ein und alles gewesen. Es musste für sie wohl schon kaum zu ertragen gewesen sein, zu hören, Peter wäre angeblich in einer Explosion gestorben, die Sirius verursacht hätte. Nun aber zu erfahren, dass Peter noch lebte und dass er der Schuldige war, musste noch schlimmer sein als man sich vorstellen konnte. Ich überlegte, ob ich sie vielleicht anschreiben sollte, aber vermutlich würde es sie an den Rand des Wahnsinns treiben und so entschied ich mich, dass es wohl besser war, nicht zu ihr Kontakt aufzunehmen. Ich warf die Zeitung wieder zurück auf den Tisch vor mir und streckte mich. In diesem Moment kam Jana mit einem Tablett mit Tee und Keksen ins Wohnzimmer und stellte es vor uns ab. Gerade war sie dabei jedem von uns eine Tasse zu reichen, als Emma just in diesem Augenblick aufwachte und Hunger bekam und sie sich ihr zuwandte. Etwa eine halbe Stundelang unterhielten wir uns kaum miteinander. Nur Jana sprach liebevoll mit der Kleinen, während sie trank. Plötzlich läutete es an der Tür und ich sah überrascht vom Tagespropheten auf. Lily, neben mir, blinzelte und richtete sich noch etwas verschlafen auf. „Jana, hattest du nicht gesagt, du hättest das Haus mit dem Fideliuszauber belegt?“, erkundigte ich mich irritiert. „Ja, hab‘ ich“, erwiderte sie und sie schien nicht minder überrascht zu sein. „Vielleicht könnte seine Wirkung nachgelassen haben?“ „Hm… wer weiß!“ Ich hatte immer angenommen, dass der Fideliuszauber ewig halten würde. Doch ich hatte mich damals, als Lily und ich ihn angewandt hatten, nicht so eingehend damit beschäftigt, um mir dessen wirklich gewiss zu sein. Ich legte also die Zeitung beiseite und erhob mich, während Jana und Sirius noch immer voll und ganz mit Emma beschäftigt waren. Niemand stand vor der Haustür, als ich sie öffnete und schon dachte ich, der Fideliuszauber müsse tatsächlich seine Wirkung verloren haben und ein Kind hätte sich einen Spaß erlaubt, doch dann: „Harry Potter, Sir!“, piepste eine aufgeregte Stimme und ich wandte meinen Blick völlig verdutzt nach unten. Da stand ein Hauself vor mir und strahlte mich bis über beide Ohren an. Ganz offensichtlich war er in die Freiheit entlassen worden, denn er trug zwei nicht zusammenpassende Socken, die eine davon eine schlichte Schwarze und die andere mit einem grell bunten Muster. Dazu trug er eine quietschgelbe Kinder-Sporthose, die er sich eng am Bauch festgeschnürt hatte. Sein Oberkörper war frei, doch über sein linkes Ohr hatte er sich einen Teewärmer gestülpt. Als er meinen überraschten Gesichtsausdruck bemerkte, wurde ihm offenbar klar, dass ich nicht Harry war, denn plötzlich wirkte er ein bisschen peinlich verlegen. „Oh, verzeihen Sie, Sir“, piepste er. „Dobby hat gedacht, Sie wären…“ „Schon gut, schon gut“, unterbrach ich ihn. „Ich bin James Potter. Aber woher kennst du Harry?“ Der kleine Kerl, namens Dobby, machte große Augen. „Dobby wusste nicht, dass Harry Potters Familie noch lebt, Sir“, quiekte er aufgeregt. „Dobby dachte…“ „Ja, ich schätze, da bist du sicherlich nicht der Einzige“, winkte ich ab. „Sagen wir, meine Frau und ich haben ein wenig verschlafen. Ist ‘ne lange Geschichte. Aber ich bin wirklich neugierig, woher du eigentlich Harry kennst.“ Ich setzte mich kreuzbeinig auf die Türschwelle, um auf einer Höhe mit ihm zu sein, während Dobby mir so aufgeregt und wild durcheinander seine Geschichte erzählte, dass ich nicht alle Einzelheiten wirklich begriff. Wenn ich ihn richtig verstand, dann hatte er Harry offenbar vor nicht ganz zwei Jahren in seinem Zimmer bei Lilys Schwester aufgesucht, um ihn vor einer Verschwörung in Hogwarts zu warnen. Diese Verschwörung musste Harry dann offenbar schließlich aufgedeckt haben und dem Hauselfen dann anschließend zur Freiheit verholfen haben. Ich blinzelte irritiert. „Was, du hast Harry deine Freiheit zu verdanken?“, wunderte ich mich. „Ja, Sir!“, erwiderte Dobby und er wirkte nicht im Mindesten traurig darüber. Mein Vater hatte mir einmal die Geschichte erzählt, dass meine Mutter nach der Hochzeit mit ihm offenbar zunächst Gewissensbisse gehabt hatte, Hauselfen zu halten und sie hatte sie in die Freiheit entlassen wollen, nur um festzustellen, dass die Hauselfen dies gar nicht wollten. Stattdessen hatten sie sie angefleht, bleiben zu dürfen und meine Mutter hatte sich schließlich damit abgefunden, den Hauselfen die Arbeitsbedingungen dafür so angenehm wie möglich zu machen. Dieser kleine Kerl vor mir jedoch wirkte tatsächlich sogar stolz darauf, dass er in Freiheit war. „Dobby ist gerne frei“, erzählte er glücklich. „Doch Dobby sucht trotzdem Arbeit.“ Mein Mundwinkel zuckte belustigt. „Sag mal, du bist doch der Hauself der Malfoys, oder?“, wollte Sirius wissen. Er und Lily waren dazu gekommen und verfolgten ebenso neugierig die Unterhaltung. „Ich glaube, ich habe dich damals auf der Hochzeit von Narzissa gesehen, kann das sein?“ „Ja, Sir“, erwiderte Dobby und es schien ihn zu bedrücken. „Die Familie Malfoy waren Dobbys alte Meister.“ „Na, ich kann dich verstehen, warum du von denen wegwolltest!“, kommentierte Sirius und ein Grinsen breitete sich wieder auf dem Gesicht des Hauselfen aus. „Danke, Sir“, quiekte er. „Dobby freut sich auch, frei zu sein. Dobby will kein Sklave sein. Aber er möchte trotzdem arbeiten … und er möchte Lohn für seine Arbeit.“ Er war nun ein bisschen leiser geworden. Sicherlich hatte er schon mehrere Zaubererhaushalte aufgesucht, auf der Suche nach Arbeit und war an diesem Punkt schließlich immer wieder abgewiesen worden. Auch ich hatte noch nie einen Hauselfen erlebt, der bezahlt werden wollte, aber, wenn ich es mir recht überlegte, fiel mir kein Grund ein, der dagegensprechen sollte. „Öhm“, überlegte ich. „Also ich hab‘ noch keine Erfahrungen, was ich dir da anbieten könnte, aber was hältst du davon, wenn ich dir erstmal erzähle, wie die generellen Arbeitsbedingungen hier so sind? Und wenn die dir dann so angenehm sind, kannst du mir ja erzählen, wie viel Lohn du dir vorgestellt hast. Dobby machte große Augen und so fuhr ich einfach ohne Weiteres fort und versuchte alles aufzuzählen, was meiner Mutter wichtig gewesen war. „Also Du könntest dir auf jeden Fall ein eigenes Zimmer aussuchen, wenn du möchtest. … Unsere beiden alten Hauselfen haben damals das Zimmerchen neben der Küche bevorzugt, aber du könntest dir auch ein anderes aussuchen, wenn du willst. … Du hättest Zugriff zur Haushaltskasse und kannst dir auch selbstständig Arbeitssachen holen, wenn du das für nötig hältst. … Du kannst dir deine Pausenzeiten legen, wie du möchtest. … Du könntest freie Wochenenden bekommen. … Öhm…“ Weiter kam ich gar nicht, denn Dobby hüpfte vor Freude aufgeregt vor mir herum. „Es ist mehr, als Dobby verlangen würde, Sir“, quiekte er, völlig aus dem Häuschen. „Wie jetzt? ‚Mehr als du verlangen würdest‘?“, wiederholte ich verblüfft. „Heißt das, dass unsere alten Hauselfen die ganze Zeit frei waren, ohne es zu ahnen?“ Sirius, hinter mir, fing an in sich hinein zu kichern. „Dobby mag die Freiheit, Sir, aber er will nicht zu viel, Sir“, erzählte Dobby. „Er mag lieber arbeiten.“ „Also was hast du dir an Lohn so vorgestellt?“, wollte ich wissen und konnte mich selber kaum noch zurückhalten, nicht gleich laut loszulachen über den kleinen Kerl. „Eine Galleone in der Woche und einen freien Tag im Monat“, piepste er. „Dann ist Dobby schon glücklich.“ Ich konnte nicht mehr an mir halten. Ich musste lachen. „Ich mag den kleinen Kerl“, brachte ich hervor und wandte mich zu Lily und Sirius um. „Ich würde ihn behalten!“ Sirius stieß ein bellendes Lachen aus. „Oh schau mal, Mummy, ein Kätzchen!“, spottete er und fuchtelte gespielt aufgeregt mit seinen Armen über dem Kopf. „Darf ich es behalten, Mummy? Bitte, bitte, bitte!“ Ich überging ihn und guckte stattdessen eher Lily an, die die ganze Zeit über noch gar keine Meinung dazu abgegeben hatte. Ihrem Blick nach zu urteilen, schien sie sich schwer entscheiden zu können, was sie davon halten sollte. Ein bisschen wirkte sie enttäuscht, doch gänzlich abgeneigt schien sie auch nicht zu sein. „Ich möchte wenigstens für das Mittagessen verantwortlich bleiben“, sagte sie schließlich mit einem leichten Schulternzucken und mehr Zustimmung bedurfte es nicht. „Abgemacht, Dobby“, wandte ich mich wieder an den Hauselfen. „Komm rein, ich zeig dir das Haus.“ Ich hatte das Gefühl, dass es mit Dobby im Haus so schnell nicht langweilig werden könnte. Der kleine Kerl war lustig und womöglich würde Emma in ein oder zwei Jahren einen dankbaren Spielgefährten haben, wenn sie nichts lieber tun wollte, als ihm Kleidung anzuziehen. Das stellte ich mir jetzt schon witzig vor. Lily setzte sich an diesem Abend etwas zeitiger ab, als alle anderen. Als ich ihr etwa eine Viertelstunde später folgte, fand ich sie in unserem Schlafzimmer, kreuzbeinig auf dem Bett sitzend mit einem dicken Buch vor ihr. „Was ist los?“, fragte ich. „Ist Dobby dir zu aufgedreht?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich fühl mich nur nicht besonders gut, heute“, antwortete sie. Ich setzte mich zu ihr und fühlte ihr die Stirn. „Aber du wirst nicht krank, oder?“, vergewisserte ich mich. „Ich glaube nicht“, erwiderte sie etwas matt, ohne mich dabei aber wirklich anzusehen. Sie las immer noch in ihrem Buch. Ich folgte ihrem Blick und stellte fest, dass es offenbar das Buch war, aus dem sie auch das Rezept für den Endormis-Trank hatte. „Glaubst du, der Trank hat noch Nebenwirkungen?“, wollte ich wissen. „Das nicht“, entgegnete sie und sah nun tatsächlich von dem Buch auf. „Aber es ist komisch. Ich … ich bin schwanger.“ Ich war so überrascht darüber, dass ich sie einen Momentlang nur verdutzt anstarren konnte. „Und dem Test zufolge bin ich auch schon ungefähr in der achten Woche“, fuhr sie fort und jetzt verstand ich auch, was sie so komisch fand und weshalb sie so fieberhaft in dem Buch nach einer Antwort suchte. „Du meinst …“, schlussfolgerte ich, „dass du schon vorher schwanger gewesen sein musst?“ „Ich wollte es dir erzählen. Ich wollte nur noch Harry ins Bett bringen und dann stand Voldemort plötzlich in der Tür. … Ich dachte, nach all den Jahren, …“ Sie brach ab und fand offenbar keine Worte mehr. Sie starrte nur wieder auf das Buch. In mir jedoch machte sich unterdessen ein Glücksgefühl breit, welches ich schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gehabt hatte. Ich konnte nicht mehr anders, als zu grinsen. Schließlich nahm ich Lily das Buch aus der Hand und klappte es zu. „Wen kümmert es eigentlich, wie das sein kann?“, wollte ich von ihr wissen und nahm sie in den Arm. „Ich meine; wer fragt denn schon danach?“ Ihr fiel offenbar selber keine Antwort darauf ein. Jedenfalls sagte sie nichts. Stattdessen ließ sie meine Umarmung zu und musste nun selber grinsen. Ich drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und hatte das Gefühl, dass ich wohl in der nächsten Zeit wohl kaum noch glücklicher sein könnte. *** Autorenkommentar: So... lange hat's gedauert! Aus irgendeinem Grund tu ich mich immer am schwersten damit, eine FF zum Abschluss zu bringen. Das Ende soll ja möglichst auch rund werden! Der Epilog fehlt immer noch, aber da ich mich jetzt zumindest schonmal entschieden habe, wie ich ihn jetzt final gestalten will, stell ich denn jetzt dieses Kapitel schonmal ein und hoffe, der Epilog folgt dann endlich mal die Tage :D Als kleine Entschädigung weil es so lange gedauert hat, folgen hier außerdem auch noch die Out-Takes: :D Diese Unterhaltung ist entstanden, weil ich vor lauter Verzweiflung darüber, dass ich nicht weiter kam, mit meiner Beta-Leserin (MeriRene) auf facebook gechattet hab. Dabei haben wir ein bisschen rumgeblödelt. Eigentlich wollte ich diese Unterhaltung wirklich gerne einfließen lassen, aber dann hat sie doch nicht so hübsch in das Kapitel ansich gepasst. Deswegen nun auf diesem Weg :D Viel Spaß :D *** [...] James: "Wie kommt es eigentlich, dass Corbie und Kirbie in ihrem Alter eigentlich niemals kleine Hauselfen bekommen haben?" Sirius: "Na ganz offensichtlich hat es ihnen niemand aufgetragen." James: "Wie jetzt? Niemand hat es ihnen aufgetragen? Hat dir etwa jemand aufgetragen, du solltest unbedingt ein Kind mit Jana bekommen, oder was?" Sirius: "Ich bin aber kein Hauself!" James: "Ach, ich wünschte, du wärst einer... ... Man muss es denen echt sagen, dass sie sich fortpflanzen sollen?" Sirius: "Na ja, es ist wie ein Befehl... Sie brauchen einen Befehl..." James: "Aber du kannst doch nicht einfach... Ich meine wie...?" Sirius: "Vielleicht.... ich befehle dir Nachkommen zu schaffen..." James: "Und wer hat es eigentlich dir befohlen, Sirius?" Sirius: "Ich bin immer noch kein Hauself!" James: "Naja vielleicht kann das ja noch werden. Sirius, mach mir ein Sandwich!" Sirius: „Aber Sirius weiß gar nicht, wie das geht, Mister James.“ James: „Du bist ein schlechter Hauself, Tatze, weißt du das?“ Sirius: „Ich habe niemals den Anspruch erhoben überhaupt ein Hauself zu sein.“ James: „Dann solltest du das vielleicht mal tun. Sandwiches machen ist nämlich ganz einfach! Du nimmst eine Scheibe Toast und-“ Sirius: „Na siehst du, du weißt immerhin schon, wie man Sandwiches macht. Dann wäre doch der Beruf des Hauselfen doch eher eine passende Karriere für dich!“ James: „Ne, ich werd‘ bestimmt kein Hauself!“ Sirius: „Na, dann sind wir uns ja wieder einig, dass wir beide keine Hauselfen sind!“ James: „Hmpf…“ Sirius: „… Aber wo ich gerade so darüber nachdenke, vielleicht wissen die Hauselfen ja tatsächlich nicht, wie man sich fortpflanzt, wenn ihre Herrschaften es ihnen nicht sagen.“ James: „Möchtest du Dobby vielleicht gerne die Geschichte mit den Bienchen und den Blümchen erzählen?“ Sirius: „Was für eine Geschichte?“ James: „Sag bloß, deine Eltern haben dir nie die Geschichte mit den Bienchen und den Blümchen erzählt! Sirius, ich bin ehrlich geschockt! Weißt du wenigstens, wie man verhütet?“ Sirius: „Ich dachte nicht, dass man das Thema Aufklärung so verniedlichen muss. Aber ich bin dennoch aufgeklärt, danke.“ James: „Na, ich wollt‘ ja nur mal sichergehen. Aber wie will man denn sonst dieses Thema beginnen, wenn nicht mit einer niedlichen kleinen Geschichte?“ Sirius: „Naja wenn du die Geschichte doch schon kennst, erzähl du sie doch Dobby! Da ergeben sich doch gleich ganz neue berufliche Perspektiven: Hauselfen-Schwangerschafts-Motivations-Trainer!“ [...] Epilog: Die Hochzeit -------------------- Protagonist: Sirius *** Früher hätte ich mir noch nicht einmal im Traum vorstellen können, dass ich irgendwann einmal heiraten würde. Als Teenager hatte ich nie so wirklich daran geglaubt, dass ich mich überhaupt einmal so verlieben würde, dass ich diese Frau heiraten würde. James hatte, im Gegensatz zu mir, schon ziemlich früh sehr genaue Vorstellungen davon gehabt, wie seine Traumfrau sein sollte und er hatte niemals einer anderen Frau als Lily so viel Aufmerksamkeit zukommen lassen wie ihr. Ich dagegen hätte gar keine Vorlieben nennen können, wenn man mich damals gefragt hätte. Tatsächlich hatte ich anfangs noch nicht einmal mitbekommen, wie ich mich schließlich in Jana verliebt hatte und wenn ich jetzt im Nachhinein so darüber nachdachte, dann hatte James das wohl noch schneller bemerkt, als ich selber. Vermutlich war das noch während meines letzten Schuljahres auf Hogwarts passiert. James hatte fast nur noch Augen und Ohren für Lily gehabt und vor lauter Langeweile hatte ich mir Gedanken darübergemacht, wie Jana wohl auf Hogwarts zurechtkommen würde, wenn James ihr nicht mehr so schnell helfen konnte, wenn sie ihn brauchte. Und so hatte dann wohl eins zum anderen geführt, ohne, dass ich es selber realisierte. Doch selbst, als ich mir irgendwann über meine Gefühle klargeworden war, hatte ich mich viel zu sehr dafür geschämt, aus Furcht eine Beziehung mit Jana könne meine Freundschaft zu James gefährden. James schien über diese Erkenntnis tatsächlich nur schwer hinwegzukommen. Jedenfalls hatte ich mir in den letzten drei Monaten immer wieder Witze darüber anhören dürfen, dass ich mich nur seinetwegen nicht getraut hatte, mit Jana zusammenzukommen. So langsam wurden seine Scherze schon echt ermüdend, aber auf der anderen Seite konnte ich meine Erleichterung über seine Reaktion kaum in Worte fassen. Späße waren definitiv einfacher zu ertragen, als wenn er tatsächlich etwas gegen unsere Beziehung gehabt hätte. Und nun war es also endlich soweit! Heute war der 16. Juli, es war fünf Uhr morgens und ich lag bereits wach in unserem Bett. Selbst Emma schlief noch friedlich, was bereits ein großer Fortschritt war. Sie hatte erst in den letzten Tagen so langsam ihre Schlafgewohnheiten entwickelt. Jetzt gab ich ihr abends so gegen 18:30 ihr Fläschchen und legte sie dann schlafen. Wenn Jana und ich dann später ebenfalls ins Bett gingen, wachte sie noch einmal auf und wollte gestillt werden. Danach ließ sie uns mittlerweile sogar schon bis sechs Uhr morgens schlafen. Heute allerdings hätte es uns womöglich nicht einmal groß gekümmert, wenn Emma noch nicht durchschliefe. Jana hatte vor lauter Aufregung die ganze Nacht schon kaum schlafen können und war erst vor etwa anderthalb Stunden in meinen Armen eingenickt und auch, wenn ich mich eigentlich gar nicht so aufgeregt fühlte, so hatte die Vorfreude bei mir diese Nacht doch dafür gesorgt, dass mein Schlaf noch unterbrochener gewesen war, als die letzten Monate über dank Emma. Selbst in Askaban hatte ich normalerweise länger geschlafen, als diese Nacht. Und doch war das überhaupt kein Vergleich. Ich fühlte mich weder matt noch unausgeschlafen, noch war ich von Albträumen geplagt. Tatsächlich war ich entspannt und konnte den Tag kaum abwarten. Es fühlte sich fast so an, als wäre ich niemals in Askaban gewesen, so glücklich fühlte ich mich in diesem Moment. Ich konnte nicht leugnen, dass ich dieses Gefühl zu einem Großteil Jana zu verdanken hatte. Nicht im Traum hatte ich damals in Askaban daran geglaubt, dass irgendjemand an meine Unschuld glauben könnte, noch wäre ich gar auf die Idee gekommen, dass diese Person zu mir Kontakt aufnehmen würde. Doch Jana hatte all die Jahre über zu mir gehalten und in den Momenten, in denen wir uns über den Spiegel unterhalten hatten, hatte sie, egal wie schlecht es ihr selber ging, es doch jedes Mal geschafft, die Dementoren aus meinem Kopf zu vertreiben. Wie hätte ich die Jahre in Askaban wohl überstanden, wenn Jana nicht gewesen wäre? Wäre ich dann heute überhaupt in Freiheit? Oder wäre ich schon viel früher in Askaban zugrunde gegangen? Ich wollte es mir nicht vorstellen. Tatsache war, dass ich Jana für all das unendlich dankbar war, auch wenn sie selber kaum das Gefühl hatte, mir wirklich eine Hilfe gewesen zu sein. In all den Jahren war sie mir die einzige Stütze gewesen, die ich hatte. Nicht einmal meine eigene Familie hatte mich jemals so sehr unterstützt. Natürlich überraschte mich das nicht, obwohl ich mir in den letzten zwölf Monaten gelegentlich überlegt hatte, ob die noch verbliebenen Mitglieder des Hauses Black nicht zumindest geahnt haben könnten, dass ich kein Anhänger Voldemorts gewesen sein könnte. Ich hatte bereits wieder Kontakt zu Andi und ihrer kleinen Familie aufgenommen und wir hatten viel darüber geredet. Tatsächlich hatte sie mir erzählt, dass sie es die ganze Zeit über niemals so richtig hatte glauben können und doch hatte sie keine Möglichkeit gesehen, wie sie ihrem Zweifel hätte nachgehen können. Umso mehr hatte sie sich über die Nachricht gefreut, dass ich freigesprochen worden war und hatte Jana, Emma und mich auch schon mit offenen Armen bei sich zu Hause zum Tee empfangen. Doch Andi war die einzige meiner leiblichen Familie, der ich diese Erklärung glaubte. Ich konnte womöglich noch glauben, dass wohl auch meine Mutter Zweifel gehegt hätte, doch ihr wäre dennoch im Traum nicht eingefallen, mir helfen zu wollen. Für meine Mutter war ich wohl bereits in dem Moment gestorben, als mich der Sprechende Hut damals dem Haus Gryffindor zugeteilt hatte. Seither hatten meine Eltern mir immer wieder vor Augen geführt, was für eine Enttäuschung ich doch für sie war. Tatsächlich musste ich bei dem Gedanken ein wenig schmunzeln. Denn wenn ich es mir genau überlegte, dann hatte ich als Teenager tatsächlich eine durchaus klare Vorstellung von meiner Traumfrau gehabt. Wenn es auch nur ein einziges Merkmal gewesen wäre, aber ich hatte immer geglaubt, ich würde mich in ein Mädchen verlieben, dass entweder gar keine magischen Kräfte besaß oder zumindest muggelstämmig wäre. Genaugenommen müssten meine Eltern in diesem Moment ja fast schon stolz auf mich sein, dass Jana eine reinblütige Hexe war. Ich schnaubte unwillkürlich. Ich legte keinen Wert darauf, meine Eltern stolz zu machen, wenn sie überhaupt noch lebten und ich bezweifelte dennoch, dass sie mit Jana einverstanden wären. Es gab immer noch so viele Dinge, in denen ich mich von meinen Eltern unterschied. Ich war mir nicht einmal sicher, ob meine Eltern überhaupt aus Liebe zueinander geheiratet hatten. Wahrscheinlich war ihre Ehe arrangiert gewesen, um den Reinblut-Status zu bewahren. Sie waren Cousin und Cousine zweiten Grades gewesen, im Stammbaum gerade einmal weit genug voneinander entfernt, dass andere Familien nicht tuscheln würden. Auch wenn wohl alle reinblütigen Familien in gewisser Weise miteinander verwandt waren, aber diese verwandtschaftliche Nähe war dennoch selten für eine Ehe. Verächtlich warf ich den Gedanken an meine leibliche Familie von mir. Ich fühlte mich dieser Familie schon lange nicht mehr zugehörig. Immerhin war ich nicht ohne Grund von zu Hause fortgelaufen, als ich 16 gewesen war. In James hatte ich immer viel eher einen Bruder gesehen, als in Regulus und, auch wenn seine Eltern mich damals quasi bereits adoptiert hatten, so hatte meine Heirat mit Jana nun etwas Offizielles an sich. Die Freude darüber war einfach nur unbeschreiblich. In diesem Augenblick riss mich Emma aus meinen Gedanken. Sie war aufgewacht und wollte nun gestillt werden. Jana blinzelte ein bisschen verschlafen. „Guten Morgen“, murmelte ich und drückte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. „Guten Morgen“, antwortete sie noch etwas schläfrig und erwiderte meinen Kuss, bevor sie sich mit einem Lächeln Emma zuwandte. Ich streckte mich ausgiebig und stand nun endlich auf. Bis zu unserer Trauung war es noch ein paar Stunden. Wir würden noch gemütlich zusammen mit Lily, James, Harry und Remus frühstücken, bevor Lily Jana in Beschlag nehmen würde, um sie für die Hochzeit fertig zu machen. Ich hatte bis jetzt das Brautkleid noch nicht zu Gesicht bekommen. Ich kannte diesen Aberglauben gar nicht, aber Jana und Lily waren fest überzeugt davon, dass es Unglück bringen würde, wenn ich Jana bereits bei einer Anprobe oder auch nur das Brautkleid selbst gesehen hätte. Ich hatte schließlich nachgegeben und mich stattdessen damit begnügt, dass James mir versichert hatte, dass ich davon ausgehen könne, dass Jana in dem Kleid wundervoll aussehen würde – als ob daran jemals ein Zweifel bestanden hätte. Nur noch ein paar wenige Stunden waren es jetzt also. Ein paar Stunden, die sich bei all der Vorfreude fast schon anfühlten wie mehrere Tage. Jetzt, wo die Trauung also endlich immer näher rückte konnte ich es tatsächlich kaum noch abwarten. *** Protagonistin: Walburga Black *** Es war ein Tag wie jeder andere. Seit Orion vor ein paar Jahren verstorben war gab es kaum noch einen Tag, der wirklich Abwechslung brachte. Heute Nachmittag würden meine Nichte Narzissa zusammen mit ihrem Mann Lucius und ihrem Sohn Draco zum Tee vorbeikommen. Es war eine echte Schande, dass der Junge den Namen Black nicht fortführte. Natürlich war die Familie Malfoy eine ehrbare Familie und dennoch. Wie viele Hoffnungen hatte ich doch in meinen eigenen Sohn Regulus gesetzt, er würde eine eigene Familie gründen, doch dann war er eines Tages nicht mehr nach Hause gekommen und ich hatte bis heute nicht in Erfahrung bringen können, was ihm zugestoßen sein mochte. Natürlich war er nicht von zu Hause fortgelaufen. So viele hatten diese Möglichkeit in Betracht gezogen, doch für mich stand das ganz außer Frage. Regulus war niemals so verdorben gewesen, wie sein missratener älterer Bruder. Regulus wäre nie einfach so fortgelaufen. Nein, ihm musste einfach etwas zugestoßen sein. Und doch brauchte ich mir keine Hoffnungen zu machen, dass ich ausgerechnet heute herausfinden würde, was ihm widerfahren war. Schweigend saß ich allein an meinem Frühstückstisch und nippte an meinem Tee. Kreacher, die einzig treue Kreatur in diesem Haus, die mir noch geblieben war, betrat die Küche, um mir die Tageszeitung zu bringen. „Der Tagesprophet, Herrin“, krächzte Kreacher. „Leg ihn auf dem Tisch ab“, wies ich ihn an. Er gehorche mit einer Verbeugung. „Wie Sie wünschen, Herrin.“ Mich kümmerten die aktuellen Nachrichten kaum noch. Ich las sie nur noch aus Gewohnheit. Gelangweilt blätterte ich die Zeitung durch. Natürlich gab es keine interessanten Neuigkeiten. Die aktuell stattfindende Quidditch-Weltmeisterschaft und das Finalspiel das in einem Monat stattfinden sollte tangierten mich äußerst peripher. Gerade schlug ich die Zeitung abfällig wieder zu, als mir die Heiratsanzeigen auf der letzten Seite ins Auge fielen. Es war ein Foto, das meine Aufmerksamkeit erregte. Es zeigte Sirius. Vor ein paar Monaten war sein Gesicht ständig in der Zeitung zu sehen gewesen, doch es war das Gesicht eines ausgezerrten Mannes gewesen, der Jahrelang in Askaban zugebracht und sich auf der Flucht befunden hatte. Ich war vor drei Monaten fast ein wenig schockiert gewesen, als man schließlich seine Unschuld festgestellt hatte. Natürlich hätte es mich doch sehr gewundert, wenn Sirius tatsächlich ein Anhänger des Dunklen Lords gewesen wäre. Dieser Sinneswandel wäre doch sehr erstaunlich gewesen. Und doch hatte er in meinen Augen seinen Aufenthalt in Askaban verdient. Umso erstaunter, ja regelrecht verärgert, war ich nun darüber, dem Bild zu entnehmen, dass er offenbar mittlerweile geheiratet hatte. Sein Gesicht wirkte so ganz anders als noch vor ein paar Monaten. Er sah fast so aus, als wäre er niemals in Askaban gewesen. Verächtlich fiel mein Blick auf das kleine zerbrechlich wirkende Geschöpf neben ihm. Das Gesicht dieser Frau sagte mir nichts, doch sein Geschmack schien sich in Askaban offenbar nicht gebessert zu haben. Etwas widerwillig las ich schließlich die Heiratsanzeige unter dem Foto. Doppel-Freude bei den Potters Heute fand in der Holy-St-Patrics-Church in Godrics Hollow nicht nur die traumhaft schöne Trauung des erst kürzlich vom Zwölffachmord freigesprochenen Sirius Potter (geb. Black) und seiner angebeteten Frau Jana statt, sondern es wurde ebenfalls die Taufe ihrer gemeinsamen Tochter Emma vollzogen. Es waren nur diese wenigen Zeilen, die es schafften mich gänzlich aus der Fassung zu bringen. Dieser – ich hatte noch nicht einmal mehr einen Ausdruck für ihn – hatte es tatsächlich gewagt den altehrwürdigen Namen Black gegen diesen verwaschenen Namen Potter einzutauschen! Und dann besaß er auch noch die bodenlose Frechheit in einer Muggel-Kirche zu heiraten! Und das Kind! Das Balg, das in den Armen der Mutter lag, war mir auf den ersten Blick gar nicht aufgefallen. Was war Emma überhaupt für ein Name? So ordinär! Ich hätte bis zu diesem Augenblick nicht für möglich gehalten, dass dieser missratene Kerl es noch einmal fertigbringen könnte, mich so in Rage zu versetzen. Doch ich musste feststellen, dass er mich eines Besseren belehrt hatte. „KREACHER!“, polterte ich. „Sie haben nach Kreacher verlangt, Herrin?“ „ICH VERLANGE SOFORT EINEN HEULER ZU SCHREIBEN!“ ~*.°.~~~.°.*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)