This Great And Little Gift von Arianrhod- ([NaLu | Lucy vs. Jude]) ================================================================================ 19. Kapitel, in dem es langsam ernst wird ----------------------------------------- „… nicht so viel Ärger machen.“, drang eine leise Stimme zu ihr hindurch. Lucy runzelte die Stirn und presste ihre Wange tiefer in den weichen Untergrund, während die Stimme fortfuhr: „Sie hat es im Moment echt nicht leicht. Sie hat eine ganze Menge durchmachen müssen, um hierher zu kommen, und ich weiß, dass vieles davon sie unglücklich gemacht hat. Aber das hat sie nicht verdient, darum musst du ganz lieb sein, okay? Und nicht erst, wenn du da bist, sondern auch jetzt schon, damit sie schlafen kann.“ Lucy fragte sich, was das für ein seltsamer Traum war. Wer sprach denn da bitte und mit wem? Dabei war ihr die Stimme so vertraut, der Tonfall, die Worte… „Sie braucht ihre Kraft, weißt du, vor allem jetzt, wo es in den Endspurt geht. Und danach sowieso.“ Ein leises Lachen folgte, ein Lachen, das sie kannte und liebte. „In Grays schlauen Büchern steht, dass danach erst alles anfängt. Da müssen wir uns ja gehörig auf etwas gefasst machen, nach allem, was wir schon hinter uns haben! Aber ich brenne schon richtig drauf. Du wirst sehen, das wird toll. Wir werden gemeinsam jede Menge Spaß haben, du und ich und deine Mama.“ Sie schlief gar nicht, fiel Lucy plötzlich auf. Stattdessen lag sie wach in dem Bett, das nicht das ihre war, aber ihr inzwischen genauso so vertraut war, dass es sich wie ihres anfühlte, und starrte das Kissen an, das ihr Blickfeld ausfüllte. Sie konnte sogar das Muster darauf erkennen, die verschnörkelte weiße Borte, die sich hell von dem dunklen Stoff abhob, denn der Mond schien hell in das Zimmer. Eine von Natsus großen Händen lag auf ihrer Hüfte und sie konnte sanft seinen Atem auf ihrem nackten Bauch spüren, während er bereits weitersprach. „Sie wird eine ganz tolle Mama sein, darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen! Die beste Mama der Welt, das versprech‘ ich dir. Sie tut ja jetzt schon alles, was sie kann, obwohl sie dadurch so viele Verluste einstecken muss. Und ich werd schon einen Weg finden, ein guter Papa für dich zu sein. Das wird schon, immerhin hab ich vom besten gelernt!“ Vorsichtig tätschelte er ihren Bauch, sachte genug, um sie nicht zu wecken, und in seinem Tonfall war deutlich ein breites Grinsen zu hören. Unwillkürlich huschte ein Lächeln über Lucys Gesicht, wobei sie keinen Zweifel daran hatte, dass Natsu ein guter Vater sein würde. Quatsch, der Beste! „Opa Igneel ist übrigens auch schon ganz aufgeregt, dich zu treffen. Auch wenn er es nicht sonderlich mag, wenn wir ihn Opa nennen, dann beschwert er sich immer, dass er doch noch gar nicht so alt ist.“ Natsu lachte erneut und jedes Mal konnte sie einen leichten Hauch auf ihrer Haut spüren. „Er geht das allerdings mit mehr Ruhe an als wir anderen. Vermutlich, weil er das schon mal durchgemacht hat. Das ist auch ganz gut so, sonst würden wir hier alle am Rad drehen. Aber erzähl ihm nicht, dass ich das gesagt habe.“ Natsu verfiel einen Moment in Schweigen, ehe ihm etwas Neues einfiel und er mit lebhafter Stimme weitersprach: „Wir sind übrigens nicht die einzigen, die sich so sehr auf dich freuen. Du hast noch mehr Familie, auch wenn wir nicht wirklich verwandt sind. Aber darum geht es bei Familien nicht, oder? Nein, es geht um Zusammenhalt und Vertrauen und Liebe und darum ist unsere Familie viel größer. Deine Tante Erza ist vermutlich die, die am aufgeregtesten von uns allen ist. Sie wird uns noch alle in den Wahnsinn treiben. Und deine Onkel Gray und Loke wissen auch noch nicht ganz, wer von ihnen dein Patenonkel sein darf, neben Erza natürlich. Niemand wird sie von dieser Stellung vertreiben. Lucy sagt, das sollen sie unter sich ausmachen und dass sie schon zu einer Einigung kommen. Sie kann das sicher besser beurteilen als ich. Denk daran, bei solchen Sachen musst du immer deiner Mama glauben, die weiß da schon Bescheid und kann dir immer Rat geben.“ Er bewegte sich, rieb sich den Hinterkopf. „Ich bin in sowas nicht so gut. Aber ich verspreche, du wirst dich bei uns wohl fühlen. Wir lieben dich bereits jetzt. Bei uns wirst du immer eine Familie haben, versprochen! Wir lassen dich niemals alleine.“ Lucy konnte den Schwur in seiner Stimme hören, laut und deutlich, und die absolute Entschlossenheit, ihn zu halten und wenn er dafür durch die Hölle gehen musste. Das Herz wurde ihr warm bei dieser Gewissheit – Natsu würde nie sein wie Jude, egal, was geschah. Etwas verspätet bemerkte sie endlich, dass sie einem (vielleicht etwas einseitigen) Gespräch lauschte, von dem Natsu vermutlich gar nicht wollte, dass sie es mitbekam. Aber jetzt war es schon zu spät. Also reckte sie sich leicht und drehte sich etwas, damit sie ihn richtig ansehen konnte. „Hey.“, krächzte sie, ihre Stimme noch rau vom Schlaf und Natsu setzte sich abrupt auf. Im Halbdunkeln des Zimmers konnte sie sehen, wie er sich verlegen am Hinterkopf kratzte. Vermutlich wurde er auch rot, doch da sie kaum seine Züge ausmachen konnte, weswegen sie nicht sicher sein konnte. „Wie lange bist du schon wach?“, wollte er nach einem Moment wissen, die Stimme befangen. „Eine Weile.“, antwortete sie und stemmte sich auf ihre Ellbogen hoch. „Oh.“, machte er und sie ahnte, dass sein Kopf vor Verlegenheit rot glühen musste, auch wenn sie es nicht sah. Es war wohl selbst ihm etwas peinlich, dabei erwischt zu werden, mit einem Bauch zu sprechen. Dabei war das sehr typisch für ihn, also hatte er vielleicht ein anderes Problem? „Ich wollte nicht lauschen.“, erklärte sie darum ernst und suchte sich im Schneidersitz eine bequemere Position. Unwillkürlich streichelte sie dabei über ihren noch immer entblößten Bauch. Nur noch ein paar wenige Wochen…! Da es im Zimmer warm war, machte sie nicht die Mühe, Natsus alte T-Shirt herunterzuziehen, das sie zum Schlafen trug. „Hast du Angst, dass wir die falsche Wahl getroffen haben?“ Sie wusste wirklich nicht, was sie tun würde, wenn er jetzt einen Rückzieher machte. Wenn er entschied, dass dies doch zu viel für sie beide war – für ihn. Wenn er… „Was?!“, fuhr er entrüstet auf und alle ihre Zweifel waren wie weggeblasen. „Natürlich nicht!“ Die Sicherheit in seiner Stimme ließ sie gleichzeitig lächeln und erleichtert aufatmen. „Auf keinen Fall!“, versicherte er. „Ich… Es ist vielleicht etwas früh, aber das ist das, wovon ich geträumt habe. Du und ich und eine Familie. Das ist das Beste, was ich mir vorstellen kann!“ Lucy spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg, und jetzt war sie froh um die Dunkelheit, die nun ihre Verlegenheit verbarg. Sie wusste, dass Natsu sie liebte. Aber sie hätte nie gedacht, dass er so … so tief und so viel fühlte und dass er sich solche Gedanken über die Zukunft gemacht hatte. Wieder einmal hatte sie ihn unterschätzt, auch wenn sie immer wieder damit konfrontiert wurde. Er griff nach ihren Händen und drückte sie. „Es ist etwas früh.“, gab er zu, leiser als vorhin. „Und ich hätte wirklich gern noch ein wenig Erfahrung und … Weisheit gesammelt. Und Geld.“ Er schnaubte belustigt. „Aber … wir kriegen das schon hin, du und ich. Du wirst die beste Mutter der Welt. Und ich … naja, ich finde schon einen Weg.“ Sie lächelte sanft und hoffte, dass er zumindest eine Ahnung davon erkennen konnte, während sie den Händedruck erwiderte. „Du wirst ein guter Vater werden, Natsu. Du bist es ja jetzt schon.“ „Auch wenn ich mit Leuten spreche, die mich weder hören noch verstehen können?“ Sie lachte leise und presste seine Hände auf ihren Bauch, in dem sich jetzt das Baby regte und leicht gegen ihre Bauchdecke trat. Vermutlich hatte sie ihn aufgeweckt mit ihrer eigenen Unruhe. „Er weiß vielleicht noch nicht, was du ihm da genau erzählst. Aber er kann den Sinn dahinter verstehen, da bin ich mir zu hundert Prozent sicher. Dass er geliebt wird. Und das reicht doch, oder?“ Natsus Blick war ihren Gesten gefolgt und er blickte ihre verschlungenen Hände an. Dann schaute er auf und grinste. „Den Rest versteht er schon noch.“ Er beugte sich vor und küsste sie, sanft und zart, aber mit so viel Gefühl und Liebe, dass ihr Herz für einen Moment aussetzte. Sie erwiderte den Kuss, ohne ihn zu vertiefen, zufrieden damit, einfach seine Zuneigung und sein Glück, seine Freude zu fühlen und sie zu genießen, und damit, diese Gefühle auf gleiche Weise zurückzugeben, wie sie sie entgegengebracht bekam. Als sie sich schließlich voneinander lösten, war ihr ruhiger Atem das einzige, was sie hören konnte. Natsu lehnte seine Stirn an ihre, sich kein Stück weiter von ihr wegbewegend, als unbedingt nötig, und sie konnte sein strahlendes Lächeln sehen, dass das Zwielicht um sie herum aufzuhellen schien. „Ich liebe dich.“, flüsterte er gegen ihre Lippen und sie spürte die unumstößliche Unwiderlegbarkeit darin, sein Versprechen für ihrer beider Zukunft und die grundlegende Richtigkeit der Worte, die sie aus tiefstem Herzen erwidern konnte. „Ich liebe dich auch.“ ~~*~~❀~~*~~ Die nächsten zwei Wochen waren angefüllt mit Arbeit, Stress und Terminen. Der letzte große Ultraschall kam und ging ohne aufregende Befunde. Es lief alles so, wie es sollte, erklärte die Ärztin ihr, die sie untersuchte, Grandines Partnerin in der Praxis. Trotzdem rief sie hinterher nochmal ihre Doktorfreundin an und fragte nach. Es fiel ihr einfach leichter, mit Grandine über diese Dinge zu sprechen als mit einer völlig Fremden. Auch der Geburtsvorbereitungskurs stahl ihr Zeit, dazu kamen der Vorstellungstermin im Krankenhaus, Gespräche mit der Vertrauenslehrerin und der Rektorin der Schule – immerhin war der Geburtstermin mitten in der Unterrichtszeit, oh Gott! – die Klausurenphase, die jetzt über sie hereinbrach, Termine mit diversen Ämtern, die sie wegen Elterngeld und ähnlichen Dingen abklappern musste, Natsus Nachhilfeunterricht und eben der übliche Weihnachtstress, der den Dezember so mit sich brachte. Das bedeutete Geschenke, Weihnachtschmuck, Weihnachtsmärkte, die Vorbereitungen auf das Fest, die sie das erste Mal richtig miterlebte, weil sie selbst Hand mit anlegen musste, und vieles mehr… Erneut sah sie sich mit dem Problem konfrontiert, was sie verschenken sollte, nur dass sie diesmal nicht nur für Natsu etwas finden musste, sondern auch für eine ganze Reihe anderer Leute – Igneel, ihre Freunde, Ur, als ein Zeichen der Dankbarkeit für die Hilfe in den vergangenen Monaten, und auch Grandine, für die sie ein Windspiel auf dem magnolischen Weihnachtsmarkt fand. Babysachen bekam sie in letzter Zeit genug, darüber hatte sie sich schon beschwert, wenn auch nur gegenüber Lucy. Außerdem hatte sich Igneels Bruder angekündigt, der die Feiertage wie immer bei dem Rest der Dragneels verbringen würde, der einzigen Familie, die er noch hatte. Lucy war ihm noch nicht oft begegnet, da er sich die meiste Zeit mit Ärzte Ohne Grenzen im Ausland herumtrieb und Gutes tat. Glücklicherweise brauchte sie für ihn nichts zu Weihnachten zu besorgen, aber alle anderen gaben ihr genug Kopfzerbrechen auf. Nachdenklich kaute sie an ihrem Stift und starrte auf die Tafel, an die die Lehrerin gerade eine Reihe Zahlen schrieb. Lucy hatte den Faden längst verloren, aber zum Glück war das nur eine Wiederholungsstunde drei Tage vor den Ferien und ein Blick auf die Aufgabe zeigte ihr, dass sie sie ohne Schwierigkeiten lösen konnten. Erneut schweiften ihre Gedanken zu den wichtigeren Problemen in ihrem Leben ab. Vielleicht sollte sie einfach mal unauffällig herumfragen, was ihre Freunde sich so wünschten. Oder auffällig, das spielte ja auch keine Rolle, auch wenn es inzwischen kurz vor knapp war und Weihnachten gar nicht mehr weit entfernt. Vielleicht sollte sie noch einen Shoppingtag mit Erza dazwischenschieben… Auch wenn die ihr vermutlich den Kopf waschen würde, dass sie das so lange vor sich hergeschoben hatte. Die Rothaarige hatte schon vor ein paar Tagen verkündet, dass sie alle Geschenke besorgt und verpackt hatte und sich alle gefälligst darüber zu freuen hatten. Lucy hatte sich etwas Geld zurückgelegt von dem, was Igneel ihr für die Büroarbeiten gab, die sie inzwischen regelmäßig für ihn erledigte. (Auch wenn er sich weigerte, Geld für Notwendigkeiten wie Essen, Kleidung und solche Dinge zu nehmen und sie argwöhnte, dass er sie überbezahlte.) Das würde zwar nicht sehr weit reichen – zumindest nicht nach ihrem Standard – aber es wäre zumindest ein Anfang. Sie würde sich aufschreiben, wie viel sie für wen brauchte und erstmal rechnen. Sie konnte auch mit den anderen zusammenlegen, zum Beispiel mit Gray und Natsu, damit sie ein neues Übungsschwert für Erza kaufen konnten, oder… „Lucy, wenn du so freundlich wärst, dem Unterricht zu folgen, wäre ich dir sehr verbunden.“ Die Stimme der Lehrerin riss sie aus den Gedanken und sie fuhr auf, um zu der Frau aufzublicken. „Wa…? Ja, ich höre zu!“, posaunte sie, obwohl es offensichtlich war, dass sie nichts dergleichen tat. Die Lehrerin stand direkt vor ihrem Tisch und blickte mit hochgezogenen Augenbrauen auf sie herunter. „Wenn das so ist, wirst du wohl kein Problem haben, deinen Mitschülern zu erklären, wie man diese Aufgabe löst, richtig?“, war die spitze Antwort und ein Stück Kreide wurde ihr vor die Nase gehalten. Lucy beugte sich zur Seite, um an ihr vorbeizusehen und einen Blick auf die Tafel zu werfen. Inzwischen waren sie eine Aufgabe weiter, aber mit diesem Problem hatten Natsu und sie sich erst am letzten Abend beschäftigt. Sie warf der Frau ein freundliches Lächeln zu, schnappte sich die Kreide und wuchtete sich aus ihrem Stuhl. Im Vorbeigehen warf sie einen kurzen Blick zu ihrem Freund hinüber, der ihr ein verschmitztes Lächeln zuwarf und ihr den ausgestreckten Daumen zeigte. Vor ihm auf dem Pult lag das aufgeschlagene Matheheft, vollgekritzelt mit seiner krakeligen Schrift. Am Rand schaute ein Bogen liniertes Papier heraus, ebenso unordentlich beschrieben, aber mit dem Unterricht hatte es offensichtlich nichts zu tun. Er wurde hoffentlich nicht nachlässig mit seinen Studien? Die letzten Wochen hatten so gut geklappt und die Lehrer waren echt erstaunt gewesen über seine plötzliche Aufmerksamkeit, die etwas nachträglich eingesetzt hatte, wie sie es vorausgesehen hatte. Es wäre schade, wenn das wieder nachlassen würde, jetzt, wo er so kurz vor dem Ziel stand. Nur noch ein paar Monate…! Lucy ging, oder besser, sie watschelte nach vorne und hinter ihr ertönten Gekicher und ein paar flüsternden Stimmen. Das begleitete sie ständig, seit ihr Bauch so groß und sichtbar geworden war – anscheinend gab es im Moment nichts anderes, über das man lästern konnte – und sie konnte sich gut vorstellen, was da gesagt wurde. Doch inzwischen interessierte sie das gar nicht mehr. Sollten die anderen Schüler doch reden, wenn sie lustig waren. Nichts würde sie davon abhalten, sich auf das Baby zu freuen und auf ihre Zukunft mit dem Mann, den sie liebte und der sie liebte. Die hatten ja alle keine Ahnung oder vielleicht waren sie auch neidisch. Sie löste die Aufgabe an der Tafel mit Bravour und die Lehrerin nickte, ermahnte sie aber, trotzdem weiterhin aufzupassen. Lucy lächelte sie entschuldigend an und fragte sich einen Moment, ob sie weiter über Geschenke und Geld nachdenken sollte. Mit einem Seufzen beschloss sie, sich besser auf den Unterricht zu konzentrieren. Immerhin kamen die Prüfungen nicht nur auf Natsu zu und sie hatte auch Respekt davor, auch wenn sie ihr Zeugnis wohl nicht für eine Bewerbung bei der Uni brauchen würde, zumindest noch nicht so bald. Sie zuckte zusammen, als ein zusammengefalteter Zettel vor ihr auf dem Heft landete. Als sie sich suchend umsah, die flache Hand auf die Nachricht gelegt, grinste ihr Natsu entgegen und machte eine aufmunternde Geste. Sie warf ihm einen bösen Blick zu und deutete auf seine Bücher, aber sein Grinsen wurde nur breiter und er wiederholte die Gebärde. Sie schnaubte amüsiert und kam der Aufforderung endlich nach. Auf dem Zettel stand eine Liste mit Namen. Einige davon waren unterstrichen, um zu zeigen, dass Natsu sie besser gefielen, andere standen in Klammern, die sollten wohl eher eine Notlösung darstellen, und ein einzelner war eingekreist. Während der letzten Wochen hatten sie viele solcher Zettel getauscht, nicht nur in der Schule, auch zuhause, denn irgendwie kamen sie nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Es hatte schon heftige Diskussionen gegeben, die mehr als einmal damit geendet hatten, dass Lucy in ihrem eigenen Zimmer geschlafen hatte. (Igneel amüsierte sich jedes Mal königlich darüber.) Darum waren sie auf diese Listen umgestiegen, in die sie allerdings nicht einmal den zukünftigen Opa einsehen ließen. Der nahm es mit Humor, Erza hatte ein viel größeres Problem damit, auch wenn Lucy sie jedes Mal vom Thema ablenken konnte. Sie hatte Natsus Warnung über Erzas Namensgeschmack nicht vergessen. Trotzdem waren sie noch nicht auf ein Ergebnis gekommen. Doch jetzt huschte ihr unwillkürlich ein Lächeln über die Lippen, als sie den eingekreisten Namen las. Sie mochte ihn. Sie mochte ihn sogar sehr. Und Natsu gefiel er offensichtlich ebenso gut, also… Mit einem kurzen Blick auf die abgelenkte Lehrerin griff sie nach einem Rotstift und malte zwei Ausrufezeichen und ein Herzchen daneben, um auch keine Zweifel daran aufkommen zu lassen, wie sehr er ihr gefiel. Dann ließ sie den Zettel zurückgeben. Das erfreute Lächeln, als Natsu ihre Antwort aufnahm, ließ sie grinsen. Zumindest diesen Schritt waren sie jetzt auch weiter. ~~*~~❀~~*~~ „Onkel Weiß! Onkel Weiß!“ Natsu wedelte mit beiden Armen in der Luft herum und grinste so breit, dass sein Gesicht drohte, sich in zwei Hälften zu spalten. Es fehlte nicht viel und er würde auf der Stelle auf und ab hüpfen wie ein kleines Kind. Stattdessen stürmte er los und drängte sich ohne Rücksicht auf Verluste durch die Menschenmenge am Check-out, die in Richtung der Gepäckausgabe strebte. Lucy folgte ihm langsamer, nicht nur, weil ihr körperlicher Zustand es nicht mehr zuließ, dass sie rannte. Dazu kam, dass sie Weißlogia Dragneel bis jetzt auch nur eine Handvoll Mal begegnet war und ihn entsprechend kaum kannte. Allerdings war er ihr sehr sympathisch, bodenständig und beherrscht in Erinnerung geblieben. Er war ein hochgewachsener, jung gebliebener Mann mit trotz der winterlichen Jahreszeit sonnengebräunter Hautfarbe und demselben ansteckenden Lachen, wie Igneel und Natsu es besaßen. Das schien ihnen in den Genen zu liegen und ihre Hoffnung, dass auch ihr Sohn es erben würde, wurde mit jedem Tag größer. Tatsächlich konnte man ihm die Familienähnlichkeit zu den beiden nicht absprechen. Er hatte den gleichen, athletischen Körperbau und sehr ähnliche Gesichtszüge wie sein älterer Bruder und dieselben dunkelblauen Augen. Dazu kam allerdings eine wahre Mähne weißblonden Haares, die er sich im Nacken zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, so dann nur noch ein paar Ponysträhnen ihm verwegen in das Gesicht fielen. Er begrüßte seinen Neffen mit einer herzlichen Umarmung und die beiden unterhielten sich angeregt. Seine Gestik war allerdings sehr viel beherrschter und weniger ausschweifend als Natsus, bemerkte Lucy und auch sonst hielt er sich mit stiller Gelassenheit. Er war wohl das ausgleichende Element in der Familie. Igneel ähnelte eher seinem Sohn. Sie tätschelte ihren nur von dem Pullover bedeckten Bauch, der sich unter ihren Händen ungewöhnlich hart anfühlte. Seit ein paar Tagen ging das in unregelmäßigen Abständen immer wieder so und wenn es nicht langsam besser wurde, würde sie bald Grandine anrufen. Das war doch nicht mehr normal! Allerdings war es bis jetzt noch nicht so häufig vorgekommen, dass sie dies noch nicht getan hatte. Sie wollte nicht überreagieren. Dazu kamen jedoch noch leichte Schmerzen im Rücken, die in ihrem Kreuz anfingen und nach oben abstrahlten. Rückenschmerzen waren allerdings nichts Neues und in der Regel half es, wenn sie sich ein wenig hinlegte oder zumindest ihre Position veränderte. Außerdem, und das machte ihr am meisten Sorgen, verspürte sie hin und wieder ein heftiges Ziehen im Unterleib. Jedes Mal erstarrte sie und ihre Hand wanderte automatisch zu ihrem Bauch, um sich schützend darüber zu legen. Sie hatte nicht mit Natsu darüber geredet, denn während der letzten Tage hatte er sich so auf den Besuch seines Onkels gefreut, dass nicht einmal die regelmäßigen Nachhilfestunden, mit denen sie auch jetzt in den Ferien nicht aufhörten, ihm die gute Laune verderben konnte. Da wollte sie nicht mit so etwas kommen. Es ist sicher nichts, versuchte sie sich einzureden das ist ganz normal. Auch wenn ich keine Ahnung habe, was es wirklich ist. Auch jetzt fühlte sie es wieder, ein unangenehmes Ziehen in ihrem Unterleib, dass in den Rücken strahlte, so dass sie stehen blieb und sich das Kreuz rieb. Man, würde sie froh sein, wenn sie das alles endlich hinter sich hatte! Aber der Geburtstermin war keine fünf Wochen mehr entfernt und auch wenn Grandine sie davor gewarnt hatte, dass Erstgebärende meist etwas darüberlegen, waren das keine zwei Monate mehr! Sie konnte es kaum mehr erwarten, nicht nur, weil sie dann diese Schmerzen loswurde, sondern größtenteils, weil sie dann endlich ihren Sohn in den Armen halten, ihn ansehen und ihn wiegen und lieben konnte und… Weil er dann endlich da war. „Lucy, wo bleibst du…?“, drang Natsus Stimme zu ihr durch und sie blickte auf. „Hey, da bist du!“, rief er und winkte sie herüber. „Warum so schüchtern? Du bist doch sonst nicht so?“ Er unterbrach sich und runzelte besorgt die Stirn. „Ist etwas passiert?“ „Nein, nein.“, beruhigte Lucy ihn und versuchte sich an einem Lächeln. „Ich habe nur ein bisschen Rückenschmerzen.“ Demonstrativ rieb sie sich die schmerzende Stelle. Das war ja noch nicht einmal eine Lüge. Wobei natürlich auch nicht die volle Wahrheit… Sie schob ihr schlechtes Gewissen mit dem Versprechen beiseite, nachher gleich Grandine anzurufen und trat zu den beiden wartenden Männern, um Weißlogia die Hand hinzustrecken. Der erwiderte die Begrüßung mit einem ehrlichen Lächeln. „Schön, dich mal wieder zu sehen.“, erklärte er und zwinkerte ihr zu. „Ich hätte schon bei der ersten Begegnung wissen sollen, dass du gekommen bist, um zu bleiben. Natsu war vorher noch nie so begeistert von jemandem.“ „Wobei diese Art sicher nicht geplant war.“, gab Lucy mit einem reuigen Lächeln zu und tätschelte ihren Bauch, hoffend, dass sich ihre Gedanken, dass er sich unter ihren Fingern immer noch seltsam anfühlte, nicht auf ihrem Gesicht abzeichneten. Während Natsu grinsend danebenstand, musterte Weißlogia sie nur kurz und sein Blick war scharf, doch statt etwas zu sagen, ließ er einfach nur ihre Hand wieder los. „Lasst uns noch kurz mein Gepäck holen, damit wir nicht noch ewig hier am Flughafen herumstehen müssen.“ Erleichtert atmete Lucy auf und folgte den anderen beiden auf die Gepäckausgabe zu, froh, den Fragen entkommen zu sein. Doch da hatte sie ihre Rechnung ohne Natsu gemacht, der nach ein paar Worten mit seinem Onkel zu ihr zurückfiel und sie besorgt anblickte. „Ist etwas los? Du bist schon seit ein paar Tagen so seltsam.“ „Wa…?“ Und sie hatte gedacht, sie hätte ihre Sorgen gut überspielt! „Nein!“, versicherte sie etwas zu hastig, was ihn die Stirn runzeln ließ. „Alles ist normal.“, erklärte sie und versuchte, soviel Überzeugungskraft wie möglich in ihre Worte zu legen. Aber dass sie gleichzeitig dachte, dass es ganz und gar nicht normal war, musste ihnen an Sicherheit nehmen, denn er wirkte kein Stück beruhigter. „Lucy, wenn etwas nicht stimmt, musst du es sagen! Ich mache mir sonst Sorgen.“ „Es ist nichts.“, versuchte sie es erneut. „Die Rückenschmerzen sind nur etwas größer als sonst.“ Inzwischen waren sie am Gepäckband angekommen, an dem das größte Gedränge sich bereits aufgelöst hatte. Natsu verzog unwillig das Gesicht, offensichtlich glaubte er ihr nicht. Zumindest ahnte er, dass sie ihm nicht alles erzählte. Sie war nun mal noch nie ein guter Lügner gewesen! Sie seufzte auf und rieb sich mit beiden Händen den Bauch. „Es ist wirklich nichts. Nur ein leichtes Ziehen hier, das ganz schnell wieder weggeht.“ Sein Gesicht entgleiste entsetzt und er starrte sie mit weit aufgerissenen Augen geschockt an. Wäre die Situation nicht so ernst, wäre dieser Ausdruck ziemlich komisch gewesen, aber jetzt konnte sie sich kaum ein Lächeln abringen. Trotzdem versuchte sie es und nahm beruhigend seine Hand. „Es ist nicht so schlimm.“, versuchte sie nicht nur sich zu überzeugen. „Aber… aber, was wenn da gerade etwas schief läuft…!“ Natsus Stimme überschlug sich. „Und… und…“ „Das klingt nach Übungswehen.“, mischte sich Weißlogia von der Seite ein und seine ruhige, nüchterne Stimme stand ganz im Gegensatz zu Natsus Panik. „Die sind ganz normal.“ Sie drehten sich zu ihm und Lucy blinzelte verdutzt. Auch Natsu öffnete den Mund. „Woher willst du das wissen? Was, wenn es doch irgendwas Schlimmes ist?“ „Ich bin Arzt, erinnert ihr euch?“, half er ihr amüsiert auf die Sprünge. „Und auch wenn ich eigentlich Chirurg bin, da wo ich normalerweise eingesetzt bin, decke ich alle möglichen Gebiete und Schwangerschaften gehören sehr häufig dazu.“ Er verließ seinen Platz am Gepäckband und zog sie ein paar Schritte beiseite. „Tut es sehr weh?“, wollte er wissen und Lucy schüttelte den Kopf. „Es ist eher ein unangenehmes Ziehen.“ Sie zeigte mit der Hand, wo in etwa. „Und es strahlt in den Rücken ab.“ „Sind sie sehr regelmäßig?“, fragte Weißlogia weiter und machte eine Geste zu ihrem Bauch. „Darf ich?“ Sie nickte und er tastete sie kurz ab. Natürlich trug sie noch ihren Pullover, aber das schien ihn nicht zu stören. Also antwortete sie auf seine Frage: „Nein, sie kommen hin und wieder und klingen dann rasch wieder ab. Sie kommen auch nur ein paar Mal am Tag.“ Sie warf Natsu einen kurzen Blick zu, aber er runzelte noch immer die Stirn, wenn er auch nichts mehr sagte. Allerdings war er noch immer beunruhigt und spielte nervös mit den Enden seines Schals. „Was ich so auf die Schnelle sagen kann, ist, dass es kein Grund zur Beunruhigung ist.“, versicherte Weißlogia ihnen. „Das dürften nur Übungswehen sein. Sollten sie öfter kommen als drei Mal die Stunde, solltest du deinen Gynäkologen aufsuchen, aber ansonsten gibt es keinen Grund zur Sorge. Hast du sie bis jetzt noch nicht gespürt? In der Regel treten sie das erste Mal etwa zwischen der zwanzigsten und der fünfundzwanzigsten Woche auf.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ist das schlimm?“ „Manche spüren überhaupt nichts davon.“, beruhigte er sie und trat wieder einen Schritt von ihr zurück. „Sie sind nur eine Art Training zur Geburt. Wärme hilft, du solltest dir zuhause ein Bad gönnen. Danach entspannen, lass dir von Natsu die Füße massieren.“ Er warf seinem Neffen einen Blick zu. „Oh…“ Erleichterung durchflutete sie. Dann waren die Sorgen der letzten Tage wohl doch umsonst gewesen. Warum hatte sie nicht gleich Grandine gefragt! „Danke.“ Weißlogia nickte ihr zu. „Falls du noch Fragen hast, stehe ich dir gerne zur Verfügung. Und ich glaube, da kommt mein Gepäck.“ Abgelenkt ging er zum Fließband herüber, während Natsu sofort zu ihr trat und sie in die Arme nahm. „Mach das nie wieder, okay?“ „Wa…? Natsu, ich mache das nicht mit Absicht!“ Sie drehte sich in seiner Umarmung, so dass sie ihn ansehen konnte, und runzelte verwirrt die Stirn. „Ich meine nicht diese Übungswehen oder so.“, verbesserte er sie. „Ich rede davon, dass du mir nichts davon gesagt hast, obwohl du dir solche Sorgen machst! Wie kann ich dir helfen, wenn du dich nicht rührst?“ „Oh… I-ich…“, begann sie und fühlte, wie ihr Gesicht heiß wurde. Was sollte sie dazu sagen? „Ich wollte dich nicht beunruhigen.“, gab sie schließlich kleinlaut zu. Natsu wirkte gar nicht glücklich mit ihr, doch er beugte sich vor und küsste sie zärtlich. „Aber ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nichts sagst“, wiederholte er „und ich bin lieber beunruhigt, als dich das alles allein stemmen zu lassen. Wir stecken beide in der Sache drin, also teile das mit mir.“ Lucy blickte ihn einen Moment aus großen Augen an, dann fühlte sie, wie die Anspannung aus ihrem Körper wich und sie legte den Kopf auf seine Schulter, während sie ihre Arme um seine Mitte gleiten ließ. Ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit durchdrang sie. Was hatte sie nur getan, um jemanden wie Natsu zu verdienen? Sie konnte sich niemand besseren vorstellen, den sie für dieses Abenteuer an ihrer Seite haben konnte! „Kommt, ihr zwei Turteltauben.“, riss Weißlogias Stimme sie schließlich aus dem Moment und sie lösten sich hastig voneinander. Vermutlich war ihr Gesicht genauso rot wie Natsus, aber Weißlogia ging nicht weiter auf diese intime Umarmung mitten in der Eingangshalle des Flughafens ein. Er grinste nur. „Opa Igneel wartet sicher schon auf uns.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)