Vertauscht von lullulalla (Vertauschte Welten) ================================================================================ Kapitel 7: Im goldenen Käfig ---------------------------- 7 Im goldenen Käfig KARI Das erste, was ich beim Aufwachen bemerkte, waren höllische Kopfschmerzen. Ich fasste mir an den Kopf und drückte meine Finger an meine Schläfen, um die Schmerzen wenigstens ein wenig zu lindern. Die unsanfte Art von Akemis Mutter plus die ganze Situation, sowie der Unfall, pochten unaufhörlich und schmerzhaft in meinem Kopf. Langsam stand ich auf und ging leise ins Bad. Wieder war ich froh, dass Akemi ein eigenes Bad hatte. Ich wusch mir mit kaltem Wasser das Gesicht und schaute schließlich in den Spiegel. „Das ist alles nicht wahr…“, flüsterte ich zu dem Mädchen, welches mir trübe in die Augen schaute. Ich wandte mich schnell weg und ging wieder ins Zimmer. Der Arzt hatte mir mitgeteilt, dass ich lieber noch nicht in die Schule gehen sollte. Ich sei noch zu schwach und er hatte mich davor gewarnt, dass ich mich nicht zu sehr bewegen sollte, wegen den Kopfschmerzen. Aber das konnte ich nicht. Ich musste hier raus. Ich musste so schnell wie möglich etwas unternehmen! Wenn ich überlebt hatte, dann hatte das mit Sicherheit Akemi auch! Und ich musste sie finden! Ich musste meinen Körper finden! Wir mussten eine Lösung finden, wie wir zurück in unsere eigenen Körper wechseln konnten! Ich ging zum Kleiderschrank und öffnete sie rasch. Bestimmt gab es hier ihre Schuluniform. Ich würde so tun, als würde es mir besser gehen, dass ich wieder in die Schule konnte. Dann würde ich nach Hause laufen und bestimmt dort auch Akemi treffen! Tatsächlich fand ich im Schrank eine marineblaue Schuluniform. Ich konnte nicht sagen, von welcher Schule sie kam, da ich diese Schuluniform zum ersten Mal sah. Der Stoff fühlte sich jedoch „wertvoll“ an, überhaupt musste sie ziemlich teuer gewesen sein. Schnell zog ich sie an und streifte mir schließlich noch die Strümpfe über. Mittlerweile war es kurz vor halb acht. Vielleicht war die Mutter schon wach? Ich hoffte nicht. Die Schultasche von Akemi war leicht zu finden, sie lag umgekippt auf dem Boden neben dem Kleiderschrank, so schnappte ich sie mir schnell und wollte aus dem Zimmer gehen, als mir plötzlich wahnsinnig schwindelig wurde. Ich wankte einige Schritte vor und hielt mich schließlich an der Wand fest, damit ich das Gleichgewicht nicht verlor. Mir wurde fast schwarz vor Augen und mein Atem beschleunigte sich. „Jetzt bloß nicht die Ruhe verlieren, Kari…“, flüsterte ich leise zu mir selber, als ich spürte, wie die Übelkeit langsam in mir aufstieg. Ich versuchte langsamer zu atmen und zählte die Sekunden, um mich zu beruhigen. „Bald ist alles vorbei… Es ist nur ein böser Traum… Nur ein böser Traum…“ Mit unsicheren Schritten ging ich zur Zimmertür und öffnete sie. Ich versuchte dabei so leise wie möglich zu sein. Wieder betete ich darum, dass keiner wach war. Möglichst unauffällig tapste ich schließlich die Treppen hinunter und dankte dafür, dass die Treppen aus Mamor bestanden und nicht aus quietschendem Holz. Unten angekommen musste ich mich erst wieder orientieren. Das Wohnzimmer war riesengroß und auch der Boden bestand aus grau-weißem Mamor. In der Mitte präsentierte sich ein großer, ovaler Esstisch aus dunklem Holz mit ebenso dunklen Stühlen. An den Wänden waren weiße Glasschränke aufgestellt in denen sich wertvolle Porzellangeschirre befanden, sowie schwere Kristallgläser. Weiter hinten standen große Zimmerpflanzen, sowie kleinere Porzellanstatuen in Formen von Hunden. Es war offensichtlich, dass die Familie Ito ziemlich vermögend war. Der Vater war ein großer Firmenchef, von keiner Ahnung welcher Firma, und die Mutter arbeitete anscheinend auch. Vermutlich hatten sie sogar Dienstleute im Haushalt, das konnte ich mir gut vorstellen. Wieder waren meine Gedanken bei Akemi. Trotz dieses Reichtums, konnte sie bestimmt nicht glücklich sein. Was brachte ihr der ganze Reichtum, wenn sie Eltern hatte, die sie anscheinend nicht liebten?! Ich seufzte und wandte mich schließlich um. Ich durfte nicht nachdenken. Ich musste jetzt so schnell wie möglich zu ihr! „Halt!“ Ich fuhr erschrocken herum und sah in das strenge Gesicht von Akemis Mutter. Sie stand einige Meter von mir und schloß gerade eine Tür hinter sich zu. „Wo willst du hin?“, wollte sie wissen. Sie hatte ihren Kinn gehoben, sodass es den Eindruck auf mich machte als würde sie auf mich herabblicken. Ich versuchte mit fester Stimme zu antworten. „Zur Schule.“ Sie schnaubte. „Das ist doch wohl nicht dein Ernst.“ Mit energischen Schritten ging sie auf mich zu und schnappte mir die Schultasche weg. Ich zuckte zusammen, als sich dabei unsere Finger kurz berührten. Es war wie ein eisiger Stromschlag. „Du denkst doch wohl nicht, dass ich dich alleine irgendwohin lasse, nachdem du uns in diese Misere gebracht hast? Das kannst du dir gleich aus dem Kopf schlagen! Sobald du wieder alleine auf der Straße rumspazierst, wirst du uns nur noch mehr Ärger einbringen! Und was würden die Nachbarn sagen, wenn sie dich draußen sehen! ’Das ist doch die Tochter der Familie Ito, die sich UMBRINGEN wollte!!‘ Das können wir uns definitiv nicht leisten!“, donnerte sie und schmiss die Schultasche auf den Boden. „Ab sofort ist dein Alleingang untersagt, hast du kapiert?? Ich werde nicht zulassen, dass du uns wieder in solche Schwierigkeiten bringst! Weißt du, wie sauer dein Vater auf mich ist?!“ Ihre Stimme wurde höher und durch den Hall ihrer Stimme im ganzen Raum pochte es wieder schmerzhaft in meinem Kopf. Doch ich ließ mir nichts anmerken. „Hören Sie-….Hör mal, Mutter, du kannst mir nicht verbieten zur Schule zu gehen!“, versuchte ich mich zu verteidigen. Mit wütenden Schritten kam sie auf mich zu und verpasste mir eine Ohrfeige, die mich für einige Sekunden lang versteifen ließ. „Benutz das Wort „Mutter“ nicht so leichtfertig, hast du kapiert?“, zischte sie und durchbohrte mich fast mit ihrem Blick. Wie vom Donner berührt und nicht fähig mich zu bewegen, hielt ich mir mit meiner Hand die Wange. Ein sinustöniges Piepen hallte in meinen Ohren wieder. Das war nicht wirklich passiert, oder? Sie hatte mich nicht ernsthaft geschlagen, oder? „Kaum bist du wieder hier, bereitest du uns schon wieder nur Ärger. Ich glaub’s nicht! Du denkst immer nur an dich!“, regte sie sich auf. Ich starrte auf den Boden und war froh darüber, dass meine Haare die Sicht zu ihr verdeckten. In mir brodelte es, doch ich musste mich beruhigen. Ich durfte sie jetzt nicht noch weiter zur Weißglut bringen. „Ich habe dir einen Begleiter besorgt, der dich zur Schule hin- und wieder zurückbringt. Außerdem wird er, während du in der Schule bist, in der Nähe sein, damit du nicht wieder auf verrückte Gedanken kommst!“ Sie kniff die Augen leicht zu und beäugte mich mit einem verachtenden Blick. „Ich lasse nicht zu, dass du dich selbst umbringst! Solange du den Namen Ito trägst, wirst du uns nicht in den Ruin treiben.“, zischte sie. Ich schaute demonstrativ weg. Ich konnte ihren Anblick im Moment nicht ertragen. Plötzlich klingelte es an der Tür. „Das muss dein Begleiter sein.“, sagte sie und ging an mir vorbei. Ich schloss für eine Sekunde die Augen. Meine Wange brannte noch etwas. Beruhige dich, Kari! Beruhige dich! Sie durfte so nicht mit mir umgehen, das wusste ich, doch wenn ich mich jetzt mit ihr anlegte, würde das zu nichts bringen. Nein, es würde vielleicht schlimmer werden. „Matsumoto, ich will, dass du gut auf sie aufpasst! Dass sie dir ja nicht ausbüxt!“, hörte ich ihre strenge Stimme hinter mir. „Nein, ich werde aufpassen.“, antwortete er. Ich bückte mich nach unten und hob die Schultasche auf. Ohne weitere Worte ging ich schnell an den beiden vorbei nach draußen. Vor mir stand ein dunkelblaues Auto. Ich runzelte die Stirn. „Bitte steigen Sie ein.“, sagte der große Mann mit tiefer Stimme. Er war um die dreißig und war unglaublich groß und breit. Sein Gesicht sah aus, als hätte er noch nie in seinem Leben gelächelt. Ohne zu antworten schlüpfte ich durch die Autotür, die er mir offen hielt. Mein Plan war gescheitert. Völlig gescheitert. Ich war gefangen, wie ein Vogel im goldenen Käfig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)