Make a Wish von dattelpalme11 (Eine Kurzgeschichtenreihe) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Unfall mit Folgen -------------------------------- Hektisch rannte er den langen Krankenhausflur entlang und spürte, dass seine Lunge bereits qualvoll brannte. Er war den ganzen Weg hergerannt, da kein verdammtes Taxi anhalten wollte und er zum Fahren nicht in der Lage gewesen wäre. Er lief zur Information, sah von Panik getrieben der Oberschwester hilflos in die Augen, als seine Stimme prompt versagte und sich förmlich überschlug. Es dauerte einen Moment, bis er sich wieder gefangen hatte und seine Sprache nach und nach zurückerlangte. „Ich suche Hikari Yagami. Mir wurde gesagt, dass sie hier eingeliefert wurde“, sagte er hastig und schluckte schwerfällig. Sein Bruder hatte ihn vor einer knappen Stunde völlig aufgelöst angerufen und ihn informiert. Er wusste nur, dass sie mit dem Auto unterwegs war und ein paar Besorgungen machen wollte. Später hatten sie sich sogar noch fürs Kino verabredet gehabt. Die Oberschwester tippte etwas in ihren Computer ein und huschte mit den Augen über den Bildschirm, ohne ihre Miene nur ansatzweise zu verändern und Takeru somit zu verraten, wie es um seine beste Freundin stand. „Sind sie mit Frau Yagami verwandt?“ „Nein…aber wir kennen uns…“ „Tut mir leid, aber ich darf ihnen da wirklich keine Auskunft geben!“, unterbrach sie ihn entschuldigend. „Aber ich bin ihr bester Freund! Ich muss doch wissen, wie es ihr geht“, polterte er aufgebracht und verzog augenblicklich das Gesicht. „Wie ich schon sagte, ich darf keine Informationen weitergeben. Nur an ihre Angehörigen“, erwiderte sie monoton und ließ die Verzweiflung in seinen Körper emporfahren. „Aber…können Sie denn keine Ausnahme machen? Ich bitte Sie! Ich muss wissen, wie es ihr geht“, antwortete er verzweifelt und fuhr sich durch die kurzen blonden Haare, während er den anderen Arm an der Information abstützte. „Ich würde Ihnen wirklich gerne weiterhelfen, aber ich kann Ihnen leider keine Auskunft geben! Bitte begeben Sie sich in den Wartebereich und warten Sie bis die Angehörigen von Frau Yagami auftauchen.“ Erbost blitzten seine blauen Augen auf und musterten die Oberschwester eindringlich, die sich jedoch kein bisschen zu erbarmen schien. Er musste doch wissen, wie es ihr ging, warum konnte sie das nicht verstehen? „Ich muss es aber…“ „Takeru?“ Ruckartig drehte er sich herum und sah plötzlich ein bekanntes Gesicht vor sich. „Mimi?“, er blickte in ihr trauriges Gesicht, dass vor lauter Kummer ganz angespannt war und wie eine eiserne Maske auf ihn wirkte. Sofort fand er in ihren Armen Zuflucht und spürte augenblicklich, dass Karis Zustand ernst sein musste. Kaum hatte er die Umarmung gelöst, blickte er Mimi hilfesuchend an, während sie mit den Tränen kämpfte. Sie war schon immer sehr nah am Wasser gebaut gewesen, aber so verzweifelt hatte er sie noch nie erlebt, weshalb der winzige Hoffnungsschlimmer, den er gehegt hatte, allmählich zu verblasen schien. Was war nur mit Hikari geschehen? War sie etwa…nein! Das durfte er sich nicht vorstellen. Hikari war eine Kämpferin! „W-Was ist passiert?“, brachte er mit schwerer Zunge hervor und fürchtete sich bereits vor der Antwort, die Mimi ihm gebe würde. Angespannt presste sie die Lippen aufeinander und senkte ihren Blick. „Wir wissen es nicht. Taichi redet gerade mit einem der Ärzte und wir warten immer noch auf seine Eltern…irgendwie will uns niemand so wirklich eine Auskunft geben, aber sie war wohl in einen Unfall verwickelt.“ Auch wenn es nichts Neues war, was er gerade hörte, spielte sich in seinem Gesicht die blanke Angst wieder. Mimi redete noch immer, doch ihre Stimme wurde immer leiser, während sich in seinem Kopf eine gähnende Leere ausbreitete. Niemand wusste was mit ihr war. Niemand konnte ihm sagen, wie es ihr ging, ob sie Angst hatte und wer gerade bei ihr war. Wohlmöglich ein Arzt, aber das beruhigte Takeru kein bisschen. Sie war der wichtigste Mensch in seinem Leben. Er durfte sie nicht verlieren. _ „Hey gib‘ mir das wieder“, jammerte das kleine Mädchen weinerlich und versuchte ihr Federmäppchen wiederzuerlangen, dass ihr zwei ältere Jungs aus dem Ranzen geklaut hatten. Er war gerade im Begriff nach Hause zu gehen, wunderte sich aber schon, wo seine beste Freundin abgeblieben war, die nur nochmal schnell zur Toilette wollte. Da Takeru sich Sorgen machte, ging er selbstverständlich zu den Toiletten, die sich auf dem Gang befanden. Als er die beiden Jungs zusammen mit Hikari sah, stockte ihm förmlich der Atem. Er kannte Kenji und Shouta nur vom Sehen, wusste nur das sie bereits in der dritten Klasse waren und zu denen gehörten, die immer Ärger machten. Hikari stand in der Mitte und versuchte mit ihren kurzen Armen, ihr Mäppchen zu fangen, dass die beiden Raufbolde sich immer wieder gegenseitig zuwarfen. „Na, dann hol es dir doch“, meinte Kenji grinsend und fuchtelte vor Hikaris Nase damit herum, bevor er es wieder Shouta zuwarf. „Du bist ganz schön langsam! So bekommst du es niemals zurück“, lachte er überheblich und brachte Hikari dazu in Tränen auszubrechen. Ein leises Wimmern durchzog den Schulflur, doch es war kein Lehrer weit und breit zu sehen. Mit geballten Fäusten und wackeligen Knien stand Takeru immer noch am gleichen Fleck, wohlwissend, dass er eingreifen musste. Er schluckte, als er seinen ganzen Mut zusammennahm und auf die beiden Jungs zustürmte. „Lasst sie in Ruhe!“, brüllte er und blieb an Hikaris Seite stehen. Er wanderte mit dem Blick kurz zu ihr, als er feststellte, dass ihre Augen bereits gerötet waren. „Ach, eilt dir dein kleiner Freund zu Hilfe? Ist ja niedlich“, sagte Shouta überheblich reckte sein Kinn. „Was willst du denn tun, Kleiner? Hab gehört, dass du eine kleine Heulsuse bist“, steuerte Kenji bei und zog ihm prompt seine Mütze ins Gesicht. Wütend richtete Takeru sie auf seinem Kopf und sah bedrohlich zwischen den beiden hin und her. „Gebt ihr das Mäppchen zurück! Sofort!“, forderte der Blondschopf sie energisch auf, während Kari verstummte und das Szenario mit großen Augen beobachtete. „Und was, wenn wir es nicht tun? Weinst du dich dann bei Mama aus?“, Shouta legte den Kopf schief und ging ein wenig in die Knie, da er einen ganzen Kopf größer als Takeru war. „Bestimmt rennt sie gleich zur Schulleitung und beschwert sich dann“, stichelte Kenji weiter. „So ein kleines Muttersöhnchen.“ Die Wut brodelte in ihm, als er seine Augen zu Schlitzen verzog. „Haltet gefälligst eure Klappe!“, knurrte er bedrohlich, was auch Hikari zu bemerken schien. Ängstlich berührte sie seine Schulter und wandte den Blick zum Ausgang. „Lass uns einfach gehen! Meine Mama kauft mir bestimmt ein Neues“, drängelte sie und versuchte ihn zum Gehen zu animieren, doch Takeru wollte sich das nicht gefallen lassen. Verständnislos blickte er zu ihr, als sich Kenji wieder zu Wort meldete. „Hör lieber auf deine kleine Freundin. Du willst doch sicher keinen Ärger…du, Muttersöhnchen!“ Ein dreckiges Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, als Shouta das Mäppchen erneut in die Luft warf. Takeru drehte sich reflexartig herum und sprang, ohne darüber nachzudenken, hoch. Er hielt die Luft an, als er seine Arme ausbreitete und das Mäppchen tatsächlich mit seinen geschickten Händen auffing. So flink wie der Wind, packte er Hikaris Handgelenk und rannte mit ihr zusammen in Richtung Ausgang, während Kenji und Shouta sich völlig perplex musterten. Es dauerte einen Moment, bis die beiden Takeru und Hikari brüllend nacheilten, doch der Blondschopf hatte bereits einen Plan, wie er sie abhängen konnte. Gemeinsam mit Kari polterte er die Treppen des Eingangs hinunter, bog nach links ab und versteckte sich unter der Treppe, die einen geheimen Hohlraum hatte. „Wir müssen jetzt ganz leise sein“, flüsterte er Hikari zu und legte den Zeigefinger auf seine Lippen, während Shouta und Kenji die Treppe hinunterrannten und den Schulhof nach ihnen absuchten. Angespannt beobachtete Takeru sie aus seinem Versteck, während Hikari sich schützend hinter ihn presste und nicht wusste, wie ihr geschah. Es dauerte zehn Minuten bis die beiden endgültig die Lust verloren und sich auf den Heimweg machten. „Wir sollten ihnen noch einen kleinen Vorsprung lassen“, sagte er und drehte sich zu seiner besten Freundin um und reichte ihr das Federmäppchen weiter. „Danke“, murmelte sie ihm entgegen, als ihre Wangen einen rötlichen Schimmer annahmen. „Ohne dich hätte ich das niemals geschafft.“ Takeru hingegen lachte nur und winkte sofort ab. „Ach so ein Quatsch Kari, für sowas sind doch Freunde da“, erwiderte er herzlich, während sie das Mäppchen in ihrem Ranzen verstaute. _ Er bewegte die Beine auf und ab, während er auf einem der Stühle Platz genommen hatte. Angespannt wartete er gemeinsam mit Mimi auf die Rückkehr von Taichi, der vor einer guten halben Stunde einen Arzt aufsuchen wollte, aber bisher noch nicht zurückgekehrt war. Panik rann durch seine Adern, er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, weil sich alles nur um Hikari und ihren Zustand drehte. Er schnaufte und fuhr sich verzweifelt durch die Haare, als er plötzlich eine Hand auf seinem Rücken spürte. „Ihr geht es sicher gut. Du kennst sie doch. Seit sie den Führerschein hat, fährt sie immer sehr bedacht und vorsichtig. Bestimmt ist alles nur halb so wild“, versuchte Mimi ihn zu beruhigen, auch wenn er merkte, dass sie ihre eigenen Worte selbst nicht glaubte. Es stimmte zwar, was Mimi sagte, aber dennoch musste man immer mit der Dummheit anderer Menschen rechnen – gerade im Straßenverkehr. Es war also egal wie umsichtig Kari auch gefahren war, sie hatte einen Unfall und keiner konnte ihm eine genaue Auskunft darüber geben. Natürlich meinte es Mimi nur gut. Sie versuchte ihn zu beruhigen, doch er wollte nur eins: Gewissheit. Dass es ihr gut ging. Dass sie unversehrt war. Dass sie immer noch ein Teil seines Lebens sein durfte. Es fing doch jetzt erst alles richtig an. Beide hatten vor kurzem ihren Abschluss und Führerschein gemacht und fingen gemeinsam an der Tokai Universität ein Studium an. Takeru hatte sich für Journalismus entschieden, während sich Hikari für Grundschullehramt eingeschrieben hatte. Er wusste, dass es sich bei ihr um einen Herzenswunsch handelte. Anfangs wollte sie Kindergärtnerin werden, doch wegen eines Praktikum an einer Schule hatte sie sich dazu entschieden, ihrem Weg doch einen kleinen Richtungswechsel zu geben. Sie wollte die Kinder auf ihrem anfänglichen schulischen Weg ein Stückchen zu begleiten, um ihnen die Angst zu nehmen und ihnen die notwendigen Wissensgrundlagen beizubringen. Er konnte die Euphorie in ihren Augen erkennen, wenn sie sich über das Studium und ihren neuen gemeinsamen Lebensweg unterhielten. Sie hatten sich sogar dazu entschieden eine Wohnung zu suchen und als WG ins Uni-Leben zu starten. Doch ihr gutaufgestelltes Fundament bekam deutliche Risse. Was wurde nur aus ihren Träumen? Was wenn dieser Tag alles verändern würde? Wenn nichts mehr so war, wie es heute Morgen der Fall war? Wenn ihre Zukunft zur blassen Vergangenheit wurde, in der die Trauer sein Herz vereinnahmte und ihn es ewig bereuen ließ, niemals ehrlich zu ihr und sich selbst gewesen zu sein? Er wusste, dass er seine Gefühle für sie verdrängt hatte. Dass er sie in einem anderen Licht sah, seit sie gemeinsam den Frühlingsball besucht hatten und sich tiefsitzendes Verlangen in ihm ausbreitete und ihm klarmachte, dass Kari mehr als nur eine Freundin für ihn war. _ Eng gepresst tanzten sie zusammen und folgten dem seichten Takt der Musik. Gemeinsam waren sie auf den Frühlingsball gegangen, der wie jedes Jahr das Highlight des gesamten Schuljahres bildete. Sie waren im letzten Jahr der Mittelschule, was bedeutete, dass bald neue Wege auf sie warten würden. Takeru war bereits ziemlich nervös, auch wenn noch harte Monate und die Abschlussprüfung auf sie zukamen. Natürlich waren Kari und er sich einig, dass sie die gleiche Oberschule wie ihre Brüder besuchen wollten, in der Hoffnung wieder in einer Klasse zu landen, wie es jedes Jahr der Fall war. Sie hatten einfach Glück. Besonders nachdem Takeru mit seiner Mutter wieder nach Odaiba gezogen war. Er wollte die Nähe seiner besten Freundin nämlich nicht mehr missen, denn seit kurzem bemerkte er zarte Veränderungen in ihrer Beziehung. Sie waren eben keine Kinder mehr, das wurde ihm von Tag zu Tag immer mehr bewusst. Seine Stimme wurde allmählich tiefer und bald würde er sich bestimmt auch rasieren müssen, um keinen Vollbart zu erhalten. Auch bei seiner besten Freundin sah er deutliche Veränderungen. Ihr zierlicher Körper war um einiges weiblicher geworden und hatte definitiv seine Wirkung auf ihn, auch wenn er diesen Gedanken immer wieder zu verdrängen versuchte. Doch wie sie hier standen, gemeinsam eng umschlungen tanzen und sich zärtlich berührten, schürte in ihm unbändiges Verlangen, dass er ständig kontrollierte, auch wenn es ihm immer schwerer fiel. Dieses verdammt enge pinke Kleid schmeichelte ihrer Figur hervorragend, während sie ihr fruchtig riechendes Haar zu einer filigranen Hochsteckfrisur gesteckt hatte. Er konnte gar nicht in Worte fassen, wie bezaubern sie aussah. Und er konnte es sich auch nicht verkneifen, ihr ein Kompliment auszusprechen, was sie prompt verlegen machte. Er fand es unglaublich süß, wenn ihre Wangen diesen rosafarbenen Schimmer annahmen und sie so unschuldig wirken ließ. Am liebsten würde er sich zu ihr hinunterbeugen und… Sein Atem stockte und er hielt plötzlich inne, was Kari sofort bemerkte. Sie hob den Kopf an, den sie gegen seine harte Brust geschmiegt hatte und lächelte leicht, bevor sie die Lippen kräuselte. „Alles in Ordnung? Brauchst du mal eine Pause?“, fragte sie keck. „Was? Ich brauche doch keine Pause“, wiedersprach er sofort. „Ich als Basketballer habe Ausdauer und das bisschen tanzen haut mich schon nicht um.“ „Das bisschen tanzen? Ich glaube, ich sollte dich mehr fordern“, meinte sie gespielt ernst, was ihn sichtlich amüsierte. Er wusste, dass sie tanzen über alles liebte und als Hobby ausübte. Natürlich waren diese Choreographien anstrengender als dieser seichte Bierkastentanz, den sie auf der Tanzfläche hinlegten, aber er liebte es genauso sehr, sie ein bisschen aufzuziehen. „Ich glaube, da müssen wir erst den nächsten Song abwarten. Das Lied ist viel zu langsam zum abtanzen“, meinte er und bewegte sich langsam zum Takt. „Da hast du wohl recht. Aber bei dem nächsten schnellen Song bist du dran, mein Lieber“, antwortete sie prophezeiend und kuschelte sich wieder näher an ihn heran, was sein Herz unvermittelt zum Höherschlagen brachte. Er schmiegte seine Arme um sie, platzierte eine Hand an ihrer Hüfte, während die andere sanft auf ihrem Rücken ruhte. Ihre Haare kitzelten an seinem Gesicht und ihr Duft raubte ihm förmlich die Sinne, sodass sich sein flehendes Herz machtvoll an die Oberfläche kämpfte. Doch er durfte sich diesen Gefühlen nicht hingeben. Sie war doch seine beste Freundin. Und diese Freundschaft konnte er nicht riskieren. _ „Warum dauert das denn so lange? Wo ist Tai denn hingegangen?“, fragte er hektisch und war vor fünf Minuten von seinem Stuhl aufgesprungen, weil er einfach nicht mehr ruhig sitzen konnte. Mimi versuchte ihn noch immer zu beruhigen und wartete geduldig auf die Rückkehr ihres Freundes, die sich für Takeru wie ein Ewigkeit anfühlte. „Takeru, versuch‘ bitte ruhig zu bleiben. Er wird sicher noch mit dem Arzt reden und seine Eltern sind ebenfalls auf dem Weg“, erinnerte sie ihn und faltete ihre Hände. „Aber das dauert viel zu lang! Ich muss wissen, ob es ihr gut geht! Sofort!“, er redete sich in Rage und ging immer wieder auf und ab. Er konnte nicht still sitzen bleiben, dafür war er viel zu nervös. „Takeru…ich weiß, dass du dir Sorgen machst, aber im Moment müssen wir warten! Bitte setz‘ dich wieder hin“, flehte Mimi und sah ihn eindringlich an, sodass er wenigstens stehen blieb. Mimis Blick war unergründlich, als auch er bemerkte, wie verzweifelt sie eigentlich war. Er handelte völlig egoistisch, obwohl er wusste, dass Mimi sich ebenfalls sorgte und Angst um ihre gemeinsame Freundin hatte. Er verhielt sich völlig daneben, nur, weil er seine eigenen Gefühle nicht mehr zurückhalten konnte. Ja, verdammt! Er liebte sie. Und er bereute es ihr niemals gesagt zu haben. Die Vorstellung, dass er es vielleicht nicht mehr konnte, ließ ihn panisch werden. Er hatte immer gedacht, dass er noch Zeit hätte, doch er hatte sie nur vergeudet, indem er seine Gefühle versteckt hatte. „Du hast recht“, murmelte er verhalten, ging auf Mimi zu und setzte sich direkt neben sie. „Ich habe nur eine unfassbare Angst um sie. Was ist, wenn sie…“ Mimi platzierte sofort ihre Hand auf seiner und schenkte ihm einen hoffnungsvollen Augenaufschlag. „Daran darfst du noch nicht mal denken, ja? Wir machen uns alle Sorgen, aber Hikari ist eine Kämpferin! Sie wird nicht kampflos aufgeben.“ „Denkst du wirklich?“, hakte er ehrfürchtig nach und wollte seinen negativen Gedanken eigentlich gar keinen Platz einräumen, aber sie kämpften sich gewaltvoll an die Oberfläche. Bevor Mimi etwas sagen konnte, bemerkte Takeru, wie jemand den Warteraum betrat. Beide richteten den Blick auf den Eingangsbereich und erstarrten. Mimi hielt seine Hand krampfhaft fest, als er auf sie zukam und einen Blick aufgelegt hatte, den Takeru einfach nicht deuten konnte. Er rechnete schon mit dem Schlimmsten, als Taichi sich bedacht auf sie zubewegte und langsam die Lippen kräuselte. Takeru hielt regelrecht die Luft an, als er an einen Moment zurückdachte, der hätte alles verändern können. _ Sie schniefte laut, als sie ihre salzigen Tränen mit einem Taschentuch trocknete. Völlig verzweifelt saß sie auf ihrem Bett, während Takeru ihr sanft über ihr Knie fuhr. „Er hat dich nicht verdient“, löste sich von seinen Lippen und schürte seine Wut, die er vor ihr nicht zeigen wollte. Er konnte nicht verstehen, wie ein Mensch jemandem sowas antun konnte. Seiner besten Freundin antun konnte. „E-Er hat einfach nur dagestanden und mich mit diesem leeren, abgeklärten Blick angestarrt. Ich habe ihn angeschrien, aber er meinte, dass er nichts für seine Gefühle könnte und er mir nicht wehtun wollte“, schluchzte sie herzzerreißend und ihre Tränen bahnten sich erneut ihre Wangen hinunter. Takeru hatte ihre völlig verzweifelte SMS kurz nach dem Basketballtraining erhalten und war sofort zu ihr gegangen, um ihr beizustehen. Er konnte immer noch nicht fassen, dass ihr Freund Katsu sie so hintergangen hatte, auch wenn Takeru diesen Kerl nie leiden konnte. Jedoch hatte dies ganz andere Gründe. Er konnte keinen ihrer Freunde leiden, weil er sich wünschte, dass er den Platz an ihrer Seite einnehmen konnte und nicht irgendein Kerl, der sie nur enttäuschte. Kari hatte ihm die ganze leidvolle Geschichte erzählt. Dass sie Katsu mit Ami aus der Parallelklasse auf dem Pausenhof beim rummachen erwischt hatte. Dass er ihr sagte, dass seine Gefühle für sie nicht stark genug gewesen wären und er lange dieser Versuchung widerstanden hatte, aber für seine unbändigen Gefühle nichts konnte. Dass er sie nicht anlügen wollte, es aber trotzdem getan hatte, weil er nicht wusste, wie er mit ihr Schluss machen sollte. Kari war daraufhin in Takerus Armen zusammengebrochen und hinterfragte ihre sechsmonatige Beziehung zu Katsu vollkommen. Hatte sie sich etwa in etwas verrannt? Wollte sie die Beziehungsschwierigkeiten nicht sehen, die eigentlich offensichtlich waren? Takeru hatte bereits gemerkt, dass Katsu und sie viel zu verschieden waren. Er war ein Draufgänger, der gerne Partys feierte, während es Kari lieber ruhiger angehen ließ, gerne DVDs schaute, sich in die Decke kuschelte und einen romantischen Abend zuhause verbrachte. Wahrscheinlich war es sogar besser so. Diese Beziehung hätte auf Dauer keinen Bestand gehabt, auch wenn sie es zurzeit sicherlich anderes sah. Sie war verletzt, fühlte sich hintergangen und brauchte eine starke Schulter zum Anlehnen. Behutsam rutschte er etwas zu ihr hoch und schlang vorsichtig die Arme um sie, um sie in eine herzliche Umarmung zu verwickeln, die Kari ihm nur allzu gern gewährte. Gemeinsam saßen sie auf ihrem Bett, während sie ihr Gesicht in sein T-Shirt drückte und ihren Gefühlen freien Lauf ließ. „Vielleicht war er einfach nicht der Richtige für dich“, murmelte er auf einmal und spürte das sein Herz zu rasen begann. „Du brauchst jemanden, der für dich da und nicht ständig auf Achse ist. Außerdem ist er wirklich dämlich dich gehen zu lassen!“ Überrascht hob sie den Kopf an und fixierte seine blauen Augen. „Findest du? Ich fühle mich einfach nur mies und frage mich, was ich falsch gemacht habe…“ „Du hast überhaupt nichts falsch gemacht. Du bist wundervoll und redete dir bitte nicht das Gegenteil ein, nur, weil ein schwanzfixierter Idiot das nicht erkennt“, erwiderte er sofort und brachte Kari zum Lächeln. „Hast du gerade echt ‚schwanzfixiert‘ gesagt? Ich wusste gar nicht, dass unser angehender Schriftsteller solche versauten Wörter kennt“, amüsierte sie sich und kuschelte sich wieder in seine Arme. „Erstens: Ich will Journalist werden. Und zweitens: Ich bin nicht so unschuldig, wie ich aussehe“, protestierte er vehement, als er Kari kichern hörte. Sie hob den Kopf an und grinste verwegen. „Schon klar, Casanova. Und ich glaube, du wärst ein toller Autor! Du weißt wie sehr ich deine Kurzgeschichten liebe.“ Sein Atem stockte abrupt, während er sie völlig perplex anstarrte. Die Kurzgeschichten. Er hatte sie für Hikari geschrieben, aber sie wusste natürlich nichts davon. Er hatte versucht seine Gefühle hinter geschriebenen Worten zu verbergen, doch er hatte niemals erwartet gehabt, dass sie sie jemals finden und lesen würde. Doch er hatte die Rechnung ohne Hikari Yagami gemacht, die gerne in seinem Zimmer rumschnüffelte und meist eine bessere Spürnase als Sherlock Holmes besaß. Für einen kurzen Moment überlegte er, ob er ihr nicht die Wahrheit sagen sollte. Dass er diese romantischen Kurzgeschichten für sie geschrieben hatte und er viel mehr für sie empfand, als er eigentlich zugeben wollte. Doch als er sie so in seinen Armen liegen sah, brachte er es einfach nicht über das Herz. Es war der falsche Augenblick. Er wollte sie damit nicht überfallen, besonders nicht kurz nach der Trennung. Er brauchte einfach noch etwas Zeit, unwissend, dass diese vergänglich war und ihm förmlich wie Sand durch die Finger rann. Und er war nicht in der Lage das Unvermeidliche aufzuhalten… _ Mit klopfendem Herzen ging er schwerfällig zu ihrem Krankenzimmer, dass ihr Bruder ihm genannt hatte. Erleichterung floss durch seinen Körper, als Taichi tatsächlich Entwarnung gab und bestätigte, dass seine Schwester nur ein paar oberflächliche Wunden von dem Unfall davon trug und sich lediglich von ihrem Schock erholte. Dass sie ihn direkt sehen wollte, erfüllte Takerus Herz mit Freude. Mimi und Taichi hatten sich im Wartebereich niedergelassen und warteten noch auf die Ankunft von Taichis Eltern, während Takeru bereits vor ihrer Zimmertür stand und sachte klopfte. Er streckte den Kopf zur Tür hinein und blickte in ein erleichtertes, aber immer noch geschocktes Gesicht. Sie lag in einem Krankenhausbett und hatte einige kleine Schrammen im Gesicht und an ihren Armen, aber sonst fand er tatsächlich keine größeren Verletzungen, die ihm Sorgen bereiteten. „Hey…“, begrüßte er sie mit sanfter Stimme und ging langsam auf sie zu, während sie ihn sehnsüchtig ansah und gar nicht erwarten konnte, dass er sich endlich neben sie setzte. Kaum hatte er sich neben ihr niedergelassen, schlang sie sofort die Arme um seinen Körper und drückte ihn fest an sich. „Takeru, ich bin so froh dich zu sehen“, murmelte sie gegen seine Halsbeuge und drückte ihr Gesicht dicht an ihn heran. Behutsam strich er über ihren braunen Haarschopf und konnte gar nicht in Worte fassen, wie erleichtert er war, sie unversehrt wiederzusehen. Er hatte bereits mit dem Schlimmsten gerechnet und war glücklich, dass das Gegenteil eingetreten war. „Ich bin auch froh, dich zu sehen. Und Gott sei Dank geht es dir gut“, erwiderte er nur, als er sie danach losließ, um ihr in die Augen sehen zu können. Jedoch rannen lautlose Tränen ihre Wangen hinunter und ein leises Wimmern löste sich von ihren Lippen, dass ihn etwas irritierte. Was hatte sie nur? War es die Anspannung, die sich gerade im Moment bei ihr löste? Zärtlich fuhr er über ihre nassen Wangen und startete einen Versuch, sie zu beruhigen. „Hey, alles wird gut. Dir ist nichts Schlimmes passiert und ich bin da, okay?“ „Takeru…ich…“, ihre Stimme brach abrupt ab, als ihr Körper zu zittern begann und sie ihre Fingernägel in seinem Hemd vergrub. „Ich bin so dämlich gewesen.“ Er runzelte die Stirn und konnte sich nicht erklären, auf was sie plötzlich hinauswollte. Redete sie etwa über den Unfall? „Wovon sprichst du denn?“, hakte er etwas überfordert nach, weil er diesen plötzlichen Heulkrampf seiner besten Freundin nicht verstehen konnte. Ihr ging es doch gut. Er wollte sie nicht weinen sehen. Sie hob jedoch ihren Kopf an und fixierte ihn dringlich. „Ich möchte nicht mit dir in einer WG wohnen“, brachte sie hervor und ein eiskalter Griff umfasste sein Herz, das prompt aussetzte. „W-Was? Wie kommst du denn plötzlich darauf?“ „Ich will nicht mehr mit dir befreundet sein…“, antwortete sie weinerlich und Takeru stand die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben. Hatte der Unfall etwa Auswirkungen auf ihr Gedächtnis? Sie waren immer durch dick und dünn gegangen. Waren die besten Freunde und sie wollte, dass all das endete? Er war völlig erstarrt, als er sich etwas unsanft von ihr losmachte und überlegte einfach das Zimmer zu verlassen, während sie den Blick von ihm gewandt hatte und ihre heißen Tränen auf ihre Bettdecke tropften. Was passierte hier nur? Wollte sie all das aufgeben, was sie sich gemeinsam aufgebaut hatten? „I-Ich will viel mehr als das“, eröffnete sie ihm plötzlich und sah ihm direkt in die Augen. „Ich kann das nicht mehr! Ich weiß, dass ich damit unsere ganze Freundschaft aufs Spiel setze, aber der Unfall…ich möchte es nicht bereuen, es niemals gesagt zu haben.“ „Heißt, das etwa, dass du…?“, er brachte es kaum über die Lippen, da ein unkontrolliertes Grinsen sein Gesicht zierte. Glückgefühle durchströmten seinen Körper und ließen seine Hände leicht zittern. „Ich habe mich in dich verliebt“, gestand sie ihm mit geschwächter Stimme, als eine Sicherung in ihm durchbrannte. Sein Herz pochte gegen seine Brust und drohte bereits herauszuspringen, als er ihre Worte realisierte und sich nicht mehr zurückhalten konnte. Ohne darüber nachzudenken, setzte er sich auf ihr Bett, wanderte mit den Fingern unter ihr Kinn und hob es sachte an. Stürmisch presste er die Lippen auf ihre und gab sich einem kurzen leidenschaftlichen Moment hin, der alle Unsicherheiten beseitigen sollte. Völlig geschockt riss sie die Augen auf, doch es dauerte keine Sekunde, als sie sich voll und ganz auf ihren Kuss einließ. Sie empfand das gleiche für ihn, wie er für sie und sie sollte es auch wissen. Langsam ließ er von ihr ab und drückte seine Stirn gegen ihre. Ihre Augen waren immer noch weit aufgerissen, aber ein verliebtes Lächeln zog sich über ihre Lippen. „Musst du mir so einen Schrecken einjagen? Ich dachte echt, dass du mir gerade die Freundschaft kündigst!“, erwiderte er gespielt ernst, konnte aber nicht verbergen, dass ihn dieser Moment unendlich glücklich machte. „Ich habe wirklich gedacht, dass ich damit alles kaputt mache. Aber das Leben ist einfach so vergänglich und das wurde mir heute bewusst. In dem Moment als ich den Unfall hatte, konnte ich nur an dich denken und hatte mir gewünscht, dass du an meiner Seite bist.“ „Das werde ich immer sein, egal was auch passiert“, raunte er ihr entgegen, als er erneut die Lippen auf ihre presste. Es war ein neuer Weg, den beide ab heute begehen würden. Eine gemeinsame Reise, die noch viele Abenteuer für sie bereithalten würde. Und Takeru konnte gar nicht erwarten, diese gemeinsam mit ihr zu entdecken. Mit der Frau, die er von Herzen liebte und mit der er für immer zusammen bleiben wollte. Kapitel 2: Die Nacht der Veränderungen -------------------------------------- „Du solltest ihm die Wahrheit sagen“, ertönte die besorgte Stimme meiner besten Freundin in meinen Ohren, sodass ich gegen den Drang ankämpfen musste, sie nicht zu zuhalten. Ich wusste nicht, wie oft sie diesen Satz schon zu mir gesagt hatte und wie oft ich ihr immer wieder die gleiche Antwort gegeben hatte. „Sora, du weißt, dass das nicht geht. Er…“, mein Atem stockte, als ich schmerzvoll meine Schneidezähne in mein Lippenfleisch drückte, um von dem pulsierenden Schmerz meines gebrochenen Herzens abzulenken. Ich war nur ein Trostpflaster. Nicht ernstes. Eine reine Bettgeschichte. Mehr nicht, auch wenn ich mir an jedem Abend das Gegenteil einredete. Ich wollte nicht wahrhaben, dass es sich um eine einmalige Sache handelte, da sich mein Herz schon seit Jahren nach seiner Nähe sehnte. Anfangs war es nur eine harmlose Schwärmerei gewesen, die meinen Alltag kaum beeinflusst hatte, solange ich nicht in seiner direkten Nähe war. Mein Magen spielte dann immer verrückt und eine leichte Gänsehaut überzog meinen Körper, wenn sich unsere Hände zärtlich berührten. Doch für ihn war ich in all den Jahren nur eine gute Freundin gewesen, die eine lange Zeit kaum zu seinem näheren Umfeld gehörte. Erst als ich aufgrund meines Studiums in meine Heimat Japan zurückkehrte, verbrachten auch wir wieder mehr Zeit miteinander. Oft nutzte ich die Gelegenheit und verbrachte möglichst viel Zeit mit ihm allein, was gar nicht so schwer war, da wir im gleichen Wohnkomplex lebten. Je mehr Zeit wir miteinander verbrachten, je mehr Aufmerksamkeit er mir gab, desto mehr sehnte ich mich nach einer Beziehung mit ihm. Eine Chance, bei der mein Herz, allein schon bei dem Gedanken daran, höher zu schlagen begann. Doch ich lebte in einer Luftblase, sah welche Mädchen er zu sich aufs Zimmer nahm, mit wem er sich leidenschaftlich vergnügte, während ich immer eine gute Freundin bleiben würde, die er seit Kindheitstagen kannte. „Mimi, ich mache mir echt Sorgen um dich“, sagte Sora behutsam und ging vor mir auf die Knie, während ich sie ausdruckslos anstarrte und eine ausbreitende Leere in mir spürte. „Er geht Ende des Monats nach Chicago, Sora. Ich kann doch nicht sein ganzes Leben mit einem Atemzug versauen, nur, weil ich…“ Meine Kehle schnürte sich augenblicklich zu, als mir klar wurde, was ich getan hatte. Ein beißender Schmerz kroch meinen Hals hinauf, als ich an die Nacht zurückdachte, in der sich mein sehnlichster Wunsch erfüllte… _ Es war eine schwülwarme Sommernacht, als wir uns dazu entschieden hatten, Taichis Abschluss gebührend zu feiern. Doch mir war nicht zum Feiern zu Mute, da ich wusste, was das Ende seines Studiums bedeutete. Ein dicker Kloß wanderte meinen Hals hinauf, während ich meine Freunde von dem Balkon einer kleinen Strandbar aus beobachtete. Ich hatte mich nach draußen verzogen, als unweigerlich das Thema angeschnitten wurde, dass ich nicht mehr hören konnte. Nein, ich wollte es nicht mehr hören. Ich wollte mich mit diesem Gedanken nicht auseinandersetzen. Nicht jetzt und auch nicht in Zukunft, wohlwissend, dass ich es früher, oder später tun musste. Frustriert fuhr ich mir durch meine langen Haare und bemerkte, dass ich etwas geschwitzt hatte. Ich fragte mich, wie ich diesen Abend nur überleben sollte…denn ich wusste, dass ich mich nicht für ihn freuen konnte. Mir wurde immer klarer, dass ich all meine Zeit vergeudet hatte. Rein gar nichts riskierte, weil ich Angst hatte, ihn als Freund zu verlieren. Oft fragte ich mich, ob er es nicht schon längst bemerkt hatte. Ich suchte förmlich seine Nähe und litt gleichzeitig Höllenquallen, wenn er mir diese gewährte. Oftmals lagen wir gemeinsam in seinem Bett, schauten irgendwelche Filme und schliefen nebeneinander ein. Am nächsten Tag wachte ich in seine starken Armen auf, die mir das trügerische Gefühl von Liebe und Geborgenheit gaben, auch wenn alles rein platonischer Natur war. Verbittert presste ich meine Lippen aufeinander und schaute in den unendlichen wirkenden Sternenhimmel, der mich jedes Mal aufs Neue in seinen Bann zog. Ich beobachtete die funkelnden Sterne, die das schwarze Himmelszelt erhellten. Ich atmete tief ein und lehnte mich gegen das Geländer, als plötzlich eine Stimme ertönte. „Was machst du denn hier alleine draußen? Wir wollten die nächste Runde bestellen“, sagte er und seine tiefe Stimme durchdrang meinen zitternden Körper, sodass ich meine Finger fest um das Geländer legte. Ich brauchte einen Moment, um mich zu sammeln, setzte ein falsches Lächeln auf und wandte mich ihm strahlend zu. „Ich brauche einfach ein bisschen frische Luft. Drinnen ist es ziemlich stickig“, antwortete ich mit schwerer Stimme und sah hinter ihn. Unsere Freunde saßen immer noch in dem offengeschnittenen Raum, dessen Fenster einen guten Blick auf die großflächige Terrasse ermöglichten. Er gesellte sich einfach neben mich und stellte sich so, dass sich unsere Arme zart berührten. Meine Atmung wurde auf einmal ganz unruhig, als ich seinen durchdringenden Blick auffing und feststellte, dass er mich schon längst durchschaut hatte. „Mimi, ich…“ „Und hast du schon eine passende Wohnung in Chicago gefunden?“, wechselte ich schweren Herzens das Thema, um ihn von seinem aufkommenden Verdacht abzulenken. Doch er kannte mich gut. Zu gut. Er wusste, wie er meinen angespannten Gesichtsausdruck zu deuten hatte und was es bedeutete, wenn sich meine Stimme förmlich überschlug. Auch ich merkte plötzlich die aufkommenden Tränen, die sich in meinen Augen angesammelten hatten. Geschockt rann mir die erste über die Wange, als ich hektisch mein Gesicht von ihm wandte und versuchte alle weiteren aufzuhalten. Ich rang mit mir selbst, da ich vor ihm stark sein wollte. Ich wollte, dass er sein Leben lebte. Und Chicago war eine große Chance, auch wenn ich ihn lieber bei mir wissen wollte. Doch diese Gefühle waren egoistisch. Ich musste mich daher zusammenreißen. Doch es gelang mir einfach nicht. Erst als ich seine Arme hinter meinem Rücken fühlte und spürte, wie er mich in eine behutsame Umarmung zog, schien mein Körper Ruhe zu finden. „Ich werde euch vermissen…“, murmelte er qualvoll und jagte mir ein Schluchzen über die Lippen. „Ich werde dich vermissen…“ Ich krallte meine Fingernägel in sein Hemd und drückte mein Gesicht in den weichen dunkeln Stoff, sodass ich seinen typischen Geruch aufnehmen konnte. Zärtlich fuhr er mir über meinen Haarschopf und verfestigte den Griff um meinen zierlichen Körper. „Ich werde dich auch vermissen“, flüsterte ich ihm mit verhangener Stimme entgegen, während mein Herz innerlich schrie. Ich lag in seinen Armen, vor uns erstreckte sich der Sternenhimmel und eine magische Atmosphäre umhüllte uns. Aber dennoch traute ich mich nicht ehrlich zu sein. Ich konnte es nicht. Auch wenn ich nichts mehr zu verlieren hatte. „Hey, siehst du das auch?“, fragte er unvermittelt und erweckte meine Aufmerksamkeit. Ich sah zu ihm hoch, als ein sanftes Lächeln seine Lippen einnahm, während sein Blick auf den Himmel gerichtet war. Auch ich drehte meinen Kopf in diese Richtung und sah das, was er sehen konnte. Sein Griff um mich wurde stärker, als er mit gefühlvollen Bewegungen mein Haar entlang strich. „Ich glaube, du solltest dir etwas wünschen, Prinzessin“, forderte er mich auf, während eine Sternschnuppe lautlos über unseren Köpfen vorbeizog. Ich schloss deswegen meine Augen und konzentrierte mich auf den einzigen Wunsch, den ich in diesem Moment hegte… _ „Nur, weil du was?“, fragte Sora etwas gereizt nach, weil sie diesen Satz wohl nicht mehr hören konnte. Sie stand wieder auf und ging unruhig in ihrer kleinen Küche umher, während sie scheinbar ihre Gedanken versuchte zu sortierten. „Es sind bei sowas immer zwei verantwortlich! Und außerdem hat er ein Recht es zu erfahren! Wie willst du es ihm denn verheimlichen?“ Ich rutschte meinen Stuhl hinunter und kam ins Grübeln. Darüber hatte ich mir eigentlich gar keine Gedanken gemacht, da er sich in den nächsten Monaten sowieso in den Staaten befinden würde. „Ich weiß es nicht...“, brachte ich verzweifelt hervor. „Ich kann es ihm aber jetzt nicht sagen. Er bereitet doch alles schon vor und ich…“ Ich war am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Tränen quollen unkontrolliert über meine Wangen, während sich mein Herz schmerzvoll zusammenzog. „Mimi…du musst es ihm sagen…er wird eins uns eins zusammenzählen können. Taichi ist nicht dumm und ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihm nichts bedeutet haben soll.“ „Aber es war nur eine Nacht…so wie bei all seinen namenlosen Bekanntschaften!“, schluchzte ich herzzerreißend und wollte mich erst gar nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass es nur eine weitere Bettgeschichte war. An jenem Abend stellte ich mir vor, dass wir es taten, weil wir uns liebten. Dass seine sehnsüchtigen Berührungen nur das eine bedeuteten und das ein „Wir“ kein Wunschgedanke war, sondern Realität werden könnte. „Mimi“, ertönte Soras feste Stimme. „Ich glaube nicht, dass es ihm egal war. Du gehst ihm seit über einem Monat aus dem Weg und er vermisst dich! Du solltest mit ihm reden und ich bin mir sicher, dass ihr eine gemeinsame Lösung finden werdet.“ Sora legte achtsam ihre Hände auf meinen Schultern ab und schenkte mir einen optimistischen Augenaufschlag, den ich nicht mit ihr teilen konnte. Sie hatte leicht reden. Mit Yamato lebte sie bereits seit dem Schulabschluss zusammen und er würde auch nicht das Land verlassen, was in Taichis Fall unumgänglich war. Er hatte diese Entscheidung für sich getroffen und ich war mir sicher, dass ich daran nichts mehr ändern konnte. _ Wankend hatte ich mich bei Taichi eingehakt und trottete den Flur zu seiner Wohnung entlang. „Du hast eindeutig zu tief ins Glas geschaut“, witzelte er, nachdem er mich doch noch dazu überreden konnte, ein paar Cocktails mit ihm zu trinken. Nach und nach hatte sich die kleine Gruppe um uns allmählich aufgelöst und Taichi und ich blieben tatsächlich am längsten in der Bar. Auch er war bereits ziemlich angetrunken gewesen, hatte aber eine wesentlich bessere Wegsteuer als ich. „Bringst du mich noch nach oben?“, fragte ich mit schwerer Zunge, während er bereits seinen Schlüssel hervorgekramt hatte. Er ließ den Schlüssel sinken und ging ein paar Schritte auf mich zu, sodass ich seinen warmen Atem auf meiner Haut spürte. „Du wolltest mir doch ein bisschen Gesellschaft leisten“, grinste er unsicher und kam mir etwas näher. Auch ich lächelte unschuldig, bettete meine Hände auf seinem Oberkörper und spielte mit meinen zarten Fingern an seinem Hemdkragen, während er seine Hand über meinen Körper gleiten ließ. „Ach, wollte ich das?“, hakte ich nach und näherte mich seinem markanten Gesicht. Sein Blick verfing sich mit meinem, als seine Augen auf einmal recht gläsern wurden. Zärtlich fuhr er mit den Fingern über meine Wangen und musterte mich dringlich. „Ich möchte heute Nacht nicht alleine sein…“, raunte er mir entgegen, während eine leichte Gänsehaut auf meinem Körper entstand. „Bitte bleib‘ heute Nacht bei mir“, bettelte er fast schon ein wenig wehleidig und krallte seine andere Hand in den Stoff meiner Bluse. Verstohlen sah ich zu ihm rauf, als ich ein verhaltenes Nicken zustande brachte und ihm in seine Wohnung folgte. Ein seltsames Gefühl bereitete sich in meiner Magengegend aus, als ich mitten im Flur stand und sah, wie er sich seine Schuhe auszog. Es war nicht die erste Nacht, die ich bei ihm verbracht hatte, aber es lag etwas in der Luft, was ich nicht deuten konnte. Die Anspannung durchzog meine Glieder als ich aus meinen Schuhen schlüpfte und regelrecht darauf wartete, dass etwas passierte – so wie ich es immer getan hatte. Doch es war nie mehr passiert. Plötzliche Enttäuschung machte sich in mir bereit, als ich regungslos mitten im Wohnzimmer stehen blieb und die wenigen Fotos betrachtete, die seine Wand zierten. Ich wurde ganz sentimental, als ich die einzelnen Bilder ansah und natürlich bei einem ganz besonderen Foto hängen blieb. Es war im letzten Sommer auf einer Party entstanden. Damals ahnte ich noch nichts von dem baldigen Abschied, der uns nun bevorstand, sondern lächelte einfach in die Kamera, während er seine Arme um mich geschlungen hatte. Wer uns nicht näher kannte, hätte auf diesem Foto sicherlich ein glückliches Pärchen gesehen, doch wir waren nur Freunde, die eine schöne gemeinsame Zeit miteinander verbracht hatten. Abrupt spürte ich wie er seine Arme um mich schlang und mich fest an sich drückte. Ich legte meine Handflächen auf seine Arme, fuhr zärtlich diese entlang und spürte wie sich seine Härchen langsam aufstellten. „Ich mag unser Foto“, gab ich zu, drehte den Kopf zu ihm und erkannte seinen schmerzerfüllten Blick sofort, auch wenn lediglich der Mond in sein Wohnzimmer schien und es erhellte. Er sagte nichts, sondern starrte mich nur mit einem festen Blick an, während ich mich zu ihm wandte. Liebevoll fuhr er meine Wange entlang und erkundete jeden Zentimeter meines Gesichts, so als wollte er sich jede Lachfalte, jedes noch so kleine Merkmal und winzige Besonderheit einprägen. Erst als ich seine Hand hinter meinem Nacken vernahm und bemerkte, wie er sich zu mir hinunterbeugte, setzte mein Herz aus. Ich war wie hypnotisiert, krallte meine Nägel verkrampft in sein Hemd und verfolgte seine Bewegungen mit vollster Anspannung. „W-Was tust du…“, doch weiter kam ich nicht, als sein warmer Atem mein Gesicht traf und seine rauen Lippen bestimmend nach meinen suchten. Die Versuchung war einfach zu groß, deswegen ließ ich es geschehen. Eine winzige Sekunde, in der die Zeit für den Moment stillstand und nur auf uns gerichtet war. Zärtlich berührten wir uns. Erst ganz zaghaft, aber dann brach der Sturm der Leidenschaft über uns hinein. Begierig fanden unsere Münder immer wieder zusammen, während wir es gerade noch so auf seine Couch schafften. Er ließ sich darauf nieder und zog mich sofort auf seinen Schoss, als meine warme Zunge flehend um Einlass bat, indem sie gierig über seine Lippen fuhr. Langsam drang ich in seine Mundhöhle ein, fand mich in einer Art Rausch wieder, der durch das wilde Zungengefecht immer weiter angetrieben wurde. Mit zitternden Fingern öffnete er meine Bluse und steifte sie mir ab, während ich mich um sein Hemd kümmerte. Seine pulsierende Erregung drückte sich gegen meine Schenkel und reizte meine eigene Lust ins Unermessliche, besonders, nachdem er meinen Hals hinunterwanderte und an meinem empfindlichen Fleisch begierig knabberte. Ich wusste nicht wie mir geschah. Konnte nicht mehr unterscheiden, ob es sich um einen Traum, oder die Realität handelte, da sich alles miteinander vermischte. Erst als mich sanft auf die Couch drückte und mein letztes übriggebliebenes Kleidungsstück – meinen Slip – nach unten zog, wurde mir klar, dass diese Nacht alles zwischen uns verändern würde. _ Natürlich hatte ich mich nach dem Gespräch mit Sora nicht dazu überwinden können. Vielleicht war ich stur. Vielleicht wartete ich auf eine Reaktion. Vielleicht war ich auch einfach nur dumm. Niedergeschlagen ging ich die Treppen zu meiner Wohnung hoch und starrte immer noch auf die Schwarz-Weiß-Aufnahme, die ich von meinem Arzt erhalten hatte. Angespannt kaute ich auf meiner Unterlippe herum, als die pure Überforderung meinen Körper einnahm. Wie sollte ich das nur alleine schaffen? Ich studierte doch noch und war mitten in den Vorbereitungen für meine Abschlussprüfungen. Ich fragte mich, wie ich das ganze meinen Eltern nur schonend beibringen sollte, wohlwissend, dass sie sicherlich nicht begeistert sein würden. Sie hatten eine klare Vorstellung von meinem Leben, auch wenn sie immer sagten, dass sie sich nicht einmischen und mir meine Entscheidungen überlassen wollten. Und diese Entscheidung hatte ich bereits in dem Moment getroffen, als ich davon erfahren hatte. Auch wenn es ein ungünstiger Zeitpunkt war... Ich verstaute das Bild in einem Seitenfach meiner Tasche und kramte bereits meinen Schlüssel hervor, als ich aufblickte und augenblicklich in meiner Bewegung erstarrte. Ich konnte nicht fassen, wer vor meiner Wohnungstür auf mich wartete und was er in seinen Händen hielt. Auch wenn wir im selben Gebäudekomplex wohnten, schaffte ich es immer ihm aus dem Weg zu gehen, auch wenn die Sehnsucht nach ihm mich förmlich auffraß. „Taichi…“, brachte ich nur über meine spröden Lippen, während ich ungläubig an Ort und Stelle festgefroren war. „Hey…“, begrüßte er mich leise und wirkte auf mich, wie ein kleiner Junge, der sich für sein unangemessenes Verhalten entschuldigen wollte. „I-Ich…wir sollten reden“, erwiderte er auf einmal und bewegte sich unruhig umher. Ich schluckte hart und war unfähig ihm eine Antwort zu geben. Hatte Sora da etwa ihre Finger im Spiel gehabt? Was wenn sie ihn ebenfalls bearbeitet hatte? Was wenn er wegen ihr hier war und mir schonend beibringen wollte, dass unsere gemeinsame Nacht nur ein Fehler war? Was wenn, er wusste, dass unser Fehler bereits Früchte getragen hatte? Der Angstschweiß wandert meine Nacken entlang und ich brachte nur ein verhaltenes Nicken zustande, als ich mich schwerfällig wieder in Bewegung setzte und meine Wohnungstür aufschloss. Mit schweren Schritten ging ich in meine eigenen vier Wände, gefolgt von Taichi, der sich ebenfalls nicht gerade wohl zu fühlen schien. Erst als er die Tür hinter sich schloss, durchzog mich die Panik und das Gefühl, einem Gespräch regelrecht ausgeliefert zu sein. Ich versuchte mich zu beruhigen und stellte meine Tasche auf einem Küchenstuhl ab, als ich mich flüchtig zu ihm drehte. „Möchtest du vielleicht etwas trinken“, fragte ich mit nervöser Stimme und schaffte es einfach nicht ihn direkt anzusehen. „Ja klar“, antwortete er knapp und hielt immer noch den Blumenstrauß in den Händen, den er mir mitgebracht hatte. Er legte sie auf die Ablage, während ich zwei Gläser aus dem Schrank holte und sie mit Mineralwasser befüllte. Zitternd reichte ich sein Glas an ihn weiter, als er vorschlug sich hinzusetzen. Ich stimmte nur sehr widerwillig zu und schritt an den roten Nelken vorbei, um mich auf der Couch niederzulassen, bevor meine Beine nachgaben. Er saß nur wenige Meter von mir entfernt, nippte kurz an seinem Wasser und stellte es danach direkt auf dem Beistelltisch ab, während ich mein Glas immer noch in den Händen hielt und gelegentlich meine Kehle damit befeuchtete. „Mimi…“ Als er meinen Namen in den Mund nahm, zog sich mein Magen augenblicklich zusammen. Die Kohlensäure meines Wassers brannte in meinem Mund und schürte meine aufkommende Übelkeit ins Unermessliche. „Ich glaube, das ist ein Fehler.“ Mein Herz setzte sofort aus, als er diese verletzenden Worte aussprach, auch wenn ich damit schon gerechnet hatte. Es war eben nur ein One-Night-Stand, nicht mehr und nicht weniger. Ich blinzelte angestrengt, damit ich nicht vor ihm in Tränen ausbrach, auch wenn ich bereits kurz davor war. Ich schloss die Augen und versteckte mein Gesicht unter meinen langen Haaren. Was sollte ich nur antworten? Ihm zustimmen? Es verneinen? Gott, warum hatte ich mich nur darauf eingelassen? Ein leises Schluchzen entwich ihren Lippen, als seine Stimme erneut ertönte. Sie war ruhig und fest, sodass ich mich schon auf das Schlimmste vorbereitete. „Es wäre ein Fehler nach Chicago zu gehen.“ Geschockt sah ich zu ihm auf, als ich sah, dass er näher an mich herangerückt war und seine Hand auf meiner platziert hatte. Behutsam strich er mir eine störende Haarsträhne aus dem Gesicht und sah mich voller Liebe an, während ich erst langsam die Bedeutung seines Satzes verstand. „Was? Taichi…was redest du da nur?“, fragte ich ungläubig und konnte nicht fassen, was er gerade zu mir gesagt hatte. „Ich kann das nicht…und ich will es auch nicht. Seit dieser Nacht kann ich nur noch an dich und meine Gefühle für dich denken. Ich war feige gewesen. Eine sehr lange Zeit sogar, weil ich unsere Freundschaft nicht riskieren wollte. Ich dachte, dass Chicago die Lösung wäre, mich von diesen Gefühlen endgültig zu lösen, um darüber hinweg zu kommen, statt mich immer nur davon abzulenken. Ich war dämlich und hatte Angst, aber ich…“ Er unterbrach seinen Monolog, als er meine Lippen mit seinem Daumen berührte und nachdenklich darüberfuhr. „In der Nacht hatte ich nur einen Wunsch, als wir diese Sternschnuppe erblickt hatten“, eröffnete er mir mit heiserer Stimme und durchdringenden Blick. „Ich wollte mit dir zusammen sein. Wenigstens ein einziges Mal. Doch als es passiert war, wusste ich, dass ich mehr wollte. Dass ich dich an meiner Seite wissen möchte, weil…“ Mein Atem stockte und mein Magen drehte sich im Kreis, als er die Worte zu mir sagte, die ich schon immer von ihm hören wollte. „…ich dich liebe.“ Völlig ergriffen von seinen Worten, traf mich meine plötzliche Übelkeit unvermittelt. Hastig stellte ich mein Glas auf den Couchtisch und hielt bereits würgend die Hand vor den Mund, als ich mich von ihm losriss und es gerade noch rechtzeitig in meine Küche schaffte. Ich beugte mich röchelnd über das Becken und stützte mich ab, während mein Mittagessen nach oben wanderte. Hektisch strich ihr mir die Haare hinter die Ohren und wollte am liebsten im Erdboden versinken, da ich so ganz sicher nicht auf sein Liebesgeständnis reagieren wollte. Doch es kam einfach so über mich, wie schon die letzten Tage. Ich konnte es nicht beeinflussen und auch wenn es mir unsagbar peinlich war, spürte ich die aufkommenden Glückgefühle in mir emporsteigen. Ich atmete schwerfällig aus, fuhr mit dem Handrücken über meinen Mund, als meine Beine zusammensackten und ich meinen Halt verlor. Geschwächt segelte ich zu Boden, als Taichi sofort von der Couch aufsprang und zu mir eilte. „Um Himmels Willen…Mimi was ist los?“, fragte er besorgt und setzte sich neben mich auf den Boden. „Tut mir leid…ich glaube, du hast sicher eine andere Antwort auf dein Geständnis erwartet“, antwortete ich grinsend, während er mich behutsam stützte. „Ja schon…ich mein‘ du hast gekotzt!“, stellte er fassungslos fest und blickte mich entsetzt an. Ich lächelte matt und presste meine Lippen fest aufeinander. Auch ich wollte mit offenen Karten spielen, nachdem er so ehrlich zu mir gewesen war. Deswegen robbte ich auf den Knien zu meiner Tasche und zog sie vom Küchenstuhl hinunter, was Taichi äußerst kritisch beobachtete. Ich musste nicht lange suchen, um ihm das zu zeigen, was ich ihm eigentlich verheimlichen wollte. Ich zog die Aufnahme aus dem Seitenfach und reichte sie an ihn weiter. Gespannt beobachtete ich seine Reaktion, sah wie seine Augen immer größer wurden und ein Strahlen sein Gesicht einnahm. „Ich glaube, diese Nacht hat nicht nur uns zusammengebracht, sondern auch etwas geschaffen, was unsere Liebe auf ewig besiegeln wird“, murmelte ich ihm entgegen und sah wie in seinen Augen die Tränen aufstiegen. Er konnte kaum den Blick von dem Bild wenden, dass er immer noch in seinen zitternden Fingern hielt. Zärtlich berührte ich seine Hände und kuschelte mich näher an ihn heran. „Also ist das Kotzen nicht deine Antwort gewesen, richtig?“, fasste er grinsend zusammen und ließ das Ultraschallbild auf seinem Schoss ruhen, während ich ihn empört, aber liebevoll anschaute. „Ich glaube, du kannst dir denken, wie meine Antwort lautet.“ Er näherte sich mir behutsam, löste seine eine Hand von seinem Schoss und strich mir eine Locke aus dem Gesicht. „Ich würde es aber gerne hören“, flüsterte er mir zu. Ich lächelte nur und ergriff seine Hand, um meine Finger mit seinen zu verschränken. Unsere Fingerkuppen berührten sich sanft und ich sah, dass meine Hand in seiner einen Zufluchtsort fand. Ich wusste, dass eine große Veränderung auf uns zukommen würde. Eine Veränderung, die wir zusammen bestreiten würden, auch wenn ich meine Zweifel hatte. Ich wollte seine Zukunft nicht zerstören, sah aber nicht, dass ich längst zu seiner Zukunft gehörte. Er wollte mich an seiner Seite wissen, sagte mir mit klaren und deutlichen Worten, was er für mich empfand und was er dafür bereit war aufzugeben. Manche Entscheidungen trafen wir, weil sie nach dem Abwiegen der Möglichkeiten, die bestmögliche Wahl für uns waren. Und manche Entscheidungen wurden mit dem Herzen getroffen, auch wenn diese vielleicht unüberlegt und impulsiv waren. Dennoch verfolgten sie eine Richtung, die ich bereit war endlich zu gehen. Mit dem Mann an meiner Seite, den ich von Herzen liebte und unserem gemeinsamen Baby, dass aus unserer Liebe entstanden war. Deswegen lächelte ich leicht, als ich die magischen Worte zu ihm sagte, die er sich von Herzen wünschte: „Ich liebe dich, auch.“ _ Mit einem Finger streichelte ich sanft über seine kleinen rosigen Wangen, während er mich mit seinen großen braunen Augen ansah. Er lag in meinen Armen und ich konnte dieses Gefühl, dass ich in meiner Brust verspürte kaum beschreiben. Es war eine bedingungslose Form von Liebe, die ich für diesen kleinen Menschen in meinem Arm empfand. Ich wollte ihn beschützen, ihm all das Geben, was er zum Leben brauchte und noch so viel mehr. Meine Liebe war unerschöpflich, wenn ich in das Gesicht meines Sohnes sah, der mit immer schwerer werdenden Lider an meiner Brust saugte. Zärtlich fuhr ich über seinen kleinen Haarflaum und wandte den Blick unweigerlich zur Seite, als sich ein Lächeln auf meinen Lippen abzeichnete. „Er sieht wirklich aus wie du“, schwärmte ich und betrachtete meinen Freund, der erst vor kurzem von der Arbeit nach Hause gekommen war und mich beim Stillen die ganze Zeit beobachtete hatte. „Die Augen hat er aber von dir“, korrigierte er mich liebevoll und rutschte näher an uns heran, als er vorsichtig über das kleine Gesicht fuhr. „Kaum zu glauben, wie er in den letzten Wochen gewachsen ist.“ „Naja, er will eben so groß und stark werden wie sein Vater“, erwiderte ich neckend und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Er lächelte zufrieden und zog mich in eine herzliche Umarmung, während unser Sohn seine Lider schloss und friedlich vor sich hinschlummerte. Ich richtete meine Bluse, während ich ihn immer noch in meinen Armen hier und mich kaum an ihm satt sehen konnte. Er war unser kleines Wunder, dass uns zusammengeführt und das Unmögliche möglich gemacht hatte. Vor einigen Monaten hatte ich wahrhaftig damit gerechnet Taichi nie wieder zu sehen, ihn endgültig zu verlieren und den Scherben meines gebrochenen Herzens ewig hinterher zu trauern. Doch wir schafften es, einen gemeinsamen Weg zu finden, der uns von Tag zu Tag immer mehr bewies, dass wir die richtige Entscheidung getroffen hatten. Taichi fand eine Anstellung in einem kleinen Unternehmen hier in Tokio, während ich weiterhin fleißig an meiner Abschlussarbeit werkelte und dass Mutter sein sichtlich genoss. Es dauerte nicht lange, bis wir uns eine gemeinsame Wohnung suchten und den Traum lebten, den wir uns beide immer gewünscht hatten. Trotz der ganzen Widrigkeiten fanden wir zusammen und konnten in ein neues Leben starten. Ein Leben als Familie. Kapitel 3: Bis in alle Ewigkeit ------------------------------- Er atmete unruhig als er sich in der kleinen Wohnung umsah. Er konnte seine Gedanken kaum sortieren, da sie immer wieder wild durch seinen Kopf sprangen und sein Herz zum höherschlagen brachte. Morgen war es endlich soweit. Er würde seine Traumfrau heiraten und konnte sein eigenes Glück kaum in Worte fassen, weshalb er erst gar nicht bemerkte, wie sich ein leichtes Grinsen auf seine Lippen schlich. Was sie wohl gerade machte? Er wusste, dass Sora die Nacht bei ihr verbrachte, damit sie am nächsten Morgen gleich das volle Schönheitsprogramm durchziehen konnten. Er konnte es kaum erwarten, sie endlich in diesem Kleid zu sehen, mit dem sie ihm seit Wochen die Nase langgemacht hatte und das von seiner besten Freundin extra für diesen besonderen Tag angefertigt wurde. „Wow, du grinst ja jetzt schon wie ein Honigkuchenpferd. Kannst wohl deine Hochzeitsnacht kaum noch abwarten“, stichelte Masaru grinsend und nippte genüsslich an seinem Bier. „Was? So ein Quatsch“, redete sich Taichi sofort raus, obwohl er sich durchaus freute, einen romantischen Abend mit Mimi alleine verbringen zu dürfen. In letzter Zeit hatten sie wirklich sehr selten Zeit zu zweit verbracht, da all das, während den gesamten Hochzeitsvorbereitungen untergangen war. Und dann gab es da auch noch einen anderen Grund. „Naja, ich glaube, nichts ist eine bessere Verhütungsmethode als ein Kleinkind, dass in der Besucherritze liegt“, grinste Masaru verschwörerisch, während Taichi nur mit den Augen rollen konnte. Masaru und seine dämlichen Sprüche. Eigentlich müsste er sich nach all den Jahren daran gewöhnt haben, aber er liebte es wohl, sich in Angelegenheiten einzumischen, die sein neugieriges Näschen mal rein gar nichts angingen. „Wann kommen Chiaki und Matt mit der Pizza zurück? Ich sterbe schon vor Hunger“, grummelte Taichi und rutschte auffällig den Sessel hinunter, in der Hoffnung ein anderes Thema einlenken zu können. Er verbrachte seinen letzten Abend in Freiheit – so wie es Masaru die ganze Zeit nannte – in Yamatos Wohnung, die er gemeinsam mit Sora bezog. Auch Chiaki und Masaru verbrachten die Nacht dort, da sich die Wohnung näher an der Hochzeitslokation befand. Sie hatten einen kleinen Saal gemietet, der an einer malerischeren Gartenlandschaft angrenzte. Auch ein kleines schnuckeliges Hotel befand sich in der Nähe, indem Taichi und Mimi die erste Nacht als Ehepaar verbringen wollten. Noriko hatten sie deswegen extra bei Mimis Mutter untergebracht, um ungestört einige Stunden zu zwei verbringen zu können, was mit einem Kleinkind, dass gerade erst laufen gelernt hatte, fast unmöglich war. Ständig musste man aufpassen, dass sie sich nicht verletzte, oder den halben Tisch abräumte, da sie voller Neugier an der Tischdecke zog. Und auch wenn er es nicht zugeben wollte, hatte Masaru in einem Punkt wirklich recht. Ein Kind war manchmal wirklich ein besseres Verhütungsmittel als die herkömmlichen Varianten. „Und bist du schon nervös?“, fragte Masaru behutsamer und stellte sein Bier auf dem Couchtisch ab, während ein erwartungsvoller Blick Taichi streifte. „Nervös? Ich sterbe tausend Tode. Wenn morgen irgendwas schiefgeht, bekommt Mimi einen Tobsuchtsanfall“, erwiderte er leicht mürrisch und erinnerte sich an die stressigen Hochzeitsvorbereitungen. „Ohja, Brautzilla hat ganz schön gewütet…wenn ich mich da an die pinken Servietten erinnere. Ich glaube, ich verstehe immer noch nicht den Unterschied zwischen pink und rosa. Für mich sieht das einfach alles gleich aus, aber immerhin bekommt sie jetzt die Barbie-Hochzeit, die sie sich schon immer gewünscht hat“, erwiderte Masaru lachend und Taichi konnte einen Hauch Sarkasmus in seiner Stimme deutlich spüren. Denn Mitspracherecht sah deutlich anders aus. Meist richtete sich Taichi nach ihrem Willen, weil er Farbkombinationen wählte, die laut Mimi einem matschigen Fußballfeld gar nicht so unähnlich sehen würden. Deswegen feierte er in einem Saal, der von Rosa- und Minttönen dominiert wurde. Königin Mimi hatte gesprochen und alles farblich danach ausgerichtet. Selbst die Blumen strahlen in einem zarten Rosa, sodass Taichi wirklich nur mit dem Kopf schütteln konnte. Aber was tat er nicht alles dafür um diese Frau glücklich zu sehen? Er hatte das Funkeln in ihren Augen bemerkt gehabt, weshalb er ihr die perfekte Hochzeit ermöglichen wollte. Mit allem was dazugehörte. Sie hatten keinen leichten Start hingelegt, hatten schon einige Höhen und Tiefen ihrer Beziehung erlebt und diese gemeistert. Und er konnte gar nicht erwarten, sie endlich seine Frau nennen zu können. _ „Oh mein Gott…du siehst so schön aus“, schwärmte Etsuko ergriffen und konnte kaum die Tränen zurückhalten. Sprachlos betrachtete Mimi ihr Spiegelbild, huschte mit den Augen prüfend über ihre Erscheinung und konnte nicht glauben, was ihre Freundinnen innerhalb von eineinhalb Stunden geschaffen hatten. Ihr Make-Up war recht dezent, weil Taichi es lieber natürlich mochte. Ihre Augen wurden durch warme Brauntöne passend hervorgehoben, während ein dünner Lidstrich und eine gute Portion Wimperntusche den Rest abrundete. Ihre Wangen leuchteten in einem matten rosè, während ihre Lippen durch einen glänzenden Lipgloss betont wurden. Ihr Kleid war schulterfrei und lag um obenrum sehr eng an. Die weiche Seide war um das Dekolleté herum mit samtweißen Perlen bestickt, während es untenrum etwas weiter wurde und an ein richtiges Prinzessinnenkleid erinnerte. Ihre Haare waren gelockt und zu einer halboffenen Hochsteckfrisur zusammengestreckt. Sora hatte einige Flechtelemente eingebracht, die die Frisur auflockerten und verspielt aussehen ließ. Auch in ihren Haaren fanden sich einige Perlen, die Kari gerade noch versuchte zu befestigen. „Ich glaube, Tai wird in Ohnmacht fallen, wenn er dich sieht“, sagte sie verträumt, als Etsuko ihr eine weitere Perlenhaarspange anreichte. „Bestimmt wird er sabbern, wie ein Rotweiler. Sag‘ mal, waren die eigentlich immer schon so riesig?“, fragte Etsuko verschmitzt und deutete auf Mimis üppiges Dekolleté, das in dem Kleid besonders schön zur Geltung kam. „Etsuko…“, murrte Mimi empört und runzelte die Stirn. „Was denn? Ist doch offensichtlich und gegen ein bisschen mehr Oberweite sagt dein Angebeteter sicherlich nichts. Mehr zum Anfassen für ihn“, flötete sie fröhlich, während der Rest lachte. „Naja, das kann er ja dann in der Hochzeitsnacht machen“, stimmte Yolei freudig mit ein und machte es sich auf Mimis Bett bequem, während Sora eine Flasche Sekt öffnete und bereits die Gläser an jeden verteilte. „Oh Gott, ich bin schon so nervös“, jammerte Mimi, als sie mit zitternden Finger ihr Glas entgegennahm. „Was wenn ich meine Ehegelübde vergesse?!“ „Das habe ich bereits in meine Handtasche gesteckt. Keine Sorge, deine Trauzeugin hat alles unter Kontrolle“, versicherte Sora ihr zuversichtlich. „Aber ich brauch‘ doch noch so viele Sachen. Was Altes, was Neues, was Geborgtes…und was Blaues“, fasste sie fast schon panisch zusammen und riss ihre Augen weit auf. „Oh Gott, ich bin so unvorbereitet…ich muss…“ „Hey, jetzt beruhig‘ dich doch mal. Erinnerst du dich noch an Noris Hochzeit? Da haben wir auch alles nach und nach zusammengestellt und das werden wir hier auch tun“, versicherte Etsuko ihr und legte eine Hand beruhigend auf ihrer Schulter ab. „Ja genau und was Blaues habe ich dir sogar schon besorgt“, bestätigte Sora sie und grinste schelmisch. „Ich glaube, dass wird Tai ziemlich gut gefallen.“ Mimi runzelte die Stirn, als Sora sofort durch den Raum sprintete und eine kleine Tüte hervorholte und sie Mimi überreichte. Völlig ahnungslos sah sie hinein und lief prompt rot an. „Sora…“, nuschelte sie peinlich berührt und konnte nicht fassen, dass ihre Trauzeugin ihr ausgerechnet sowas gekauft hatte. „Ach komm‘ schon. Sowas ist ein alter Hochzeitsbrauch und nur er wird dich darin sehen. Okay, neben uns“, erwiderte sie locker und hob ihr Glas an. „Aber jetzt solltest du dich wirklich entspannen. Das ist dein Tag und er wird sicher zauberhaft werden.“ _ Angespannt stand er vor dem Spiegel des kleinen Vorraums der Kirche, während die Gäste nach und nach eintrudelten. Taichi war sichtlich nervös und zupfte an dem Knoten seiner Krawatte, um besser Atmen zu können. Es war endlich soweit. Nur noch wenige Minuten und er würde Mimi endlich in ihrem Brautkleid sehen. Seine Finger zitterten bereits auffällig, als es plötzlich an der Tür leise klopfte. „Herein“, stammelte er aufgeregt und wandte sich um. Zaghaft wurde die Tür geöffnet und der braune Schopf seiner Schwester linste in den Raum. „Na Brüderchen, bist du bereit?“, fragte sie grinsend und trat in ihrem türkisfarbenen Brautjungfernkleid ein. „Natürlich“, antwortete er wie selbstverständlich, auch wenn er schon Angst hatte vor Nervosität zu sterben. Gott, die Anspannung floss regelrecht durch seinen Körper und schaltete jeden klaren Gedanken ab, sodass sich eine gähnende Leere in seinem Kopf ausbreitete. Wie sollte er unter diesen Umständen nur sein Ehegelübde hinbekommen? Hatte Yamato es überhaupt mitgenommen? Oder lag es immer noch auf dem Couchtisch, wo er die Nacht über dran gesessen hatte, um es nochmal durchzugehen? „Okay, vielleicht bin ich ein klein bisschen panisch. Weißt du ob Yamato mein…“ „Dein Ehegelübde eingepackt hat? Mensch Taichi, du bist ja völlig neben der Spur. Yamato hat mir erzählt, dass du ihn schon dreimal danach gefragt hast!“, erwiderte Hikari belustigt und trat näher an ihn heran. „Ich glaube, es wird Zeit das du jetzt da rausgehst und auf deine Braut wartest.“ Sie lächelte verschmitzt und legte beide Hände auf seinen Schultern ab. „Ich soll wirklich schon rausgehen? Ist sie denn schon da?“ „Sie wartet im Wagen und da die Kirche nur einen Vorraum hat, muss ich dich jetzt leider verjagen“, antwortete sie lässig und klopfte ihm beherzt auf die Schulter, bevor sie zur Tür ging und sie öffnete. „Na los! Raus mit dir! Die Braut will ihren Bräutigam am Alter warten sehen.“ Sie scheuchte ihn regelrecht aus dem Vorzimmer, als er über seine eigenen Füße stolperte und prompt mit jemandem zusammenstieß. „Wow, du stolperst aber schon ganz schön hier rum! Hast du etwa da drinnen heimlich einen gebechert?“, hakte Yamato herausfordernd nach und schlang den Arm um seinen besten Freund, der vor Nervosität ganz blass geworden war. Es war also soweit. Was war das nur für ein seltsames Gefühl in seiner Magengegend? Bekam er etwa gerade im Moment kalte Füße? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Aber was war es dann? Konnte ein Mensch etwa so aufgeregt sein, wenn er im Begriff war zu heiraten? Möglich. Schließlich heiratete er ja nicht irgendjemanden. Er heiratete die Frau, die er von Herzen liebte. Die, die ihn jedes Mal ganz wahnsinnig werden ließ, wenn sie sich verliebt gegen seine Brust schmiegte und mit ihren großen haselnussbraunen Augen anstarrte. Sie war die Mutter seiner Tochter, die für ihn das größte Geschenk war und die beiden für immer miteinander verbinden würde. Mimi jetzt noch zu ehelichen, sie als seine Frau bezeichnen zu können, erfüllte ihn mit Freude und ließ sein Herz nervös gegen seine Brust pochen, sodass er gar nicht gemerkt hatte, dass Yamato ihn bereits zum Altar geschleppt hatte. Angespannt drehte er sich zu den zahlreichen Menschen, die bereits Platz genommen hatten und auf die Ankunft seiner Angebeteten warteten. Er atmete tief ein und benetzte seine trockenen Lippen mit seiner feuchten Zunge, während Yamato nicht von seiner Seite wich und ihn lächelnd musterte. „Ich glaube, du hast in deinem ganzen Leben noch nie so glücklich ausgesehen“, flüsterte er ihm zu, als Taichi verwundert den Blick zu ihm wandte, bevor sich seine Gesichtszüge erweichten und sich ebenfalls ein Lächeln auf seine Lippen verirrte. „An was das wohl liegt“, murmelte er ihm zu und konnte seine eigene Anspannung kaum zähmen. Er wollte sie endlich sehen. „Du meinst, wohl eher an wem“, berichtigte Yamato ihn lachend und sah ebenfalls zum Kircheneingang als endlich die Musik einsetzte. Der dröhnende Klang der Orgel drückte auf Taichis Ohren, als er auf einmal Mimis Mutter und seine Tochter vorne stehen sah. Noriko trug ein rosanes Kleidchen und in ihren kurzen braunen Haaren war ein dezentes weißes Schleifchen befestigt, während sie ein Bastkörbchen in ihren kleinen Fingern hielt und immer wieder kritisch zu ihrer Großmutter starrte. Satoe zeigte ihr, dass sie die Blütenblätter auf dem Boden verteilen sollte, doch Noriko blickte sie nur mit großen Augen an und bewegte sich kein Stück. „Komm schon Nori, wir müssen gleich Platz für die Mama machen“, sagte sie zu ihr und nahm sie an die Hand, während sie selbst die Blütenblätter verteilte. Taichi konnte sich bei dem Anblick ein Grinsen nicht verkneifen. Das war typisch. Schon mit eineinhalb Jahren hatte seine Tochter ihren eigenen Kopf und machte meist das, was sie wollte. Erst als Taichi ihr sanft zuwinkte, zog sie an Satoes Arm und rannte glucksend los, sodass ihre Großmutter sie nicht länger halten konnte. Sie warf das Körbchen beiseite und lief lachend auf Taichi zu, der sofort in die Knie ging, um sie aufzufangen. „Na, was machst du denn da? Du stiehlst der Mama ja noch die Show“, antwortete er amüsiert und nahm sie hoch, während seine zukünftige Schwiegermutter nur leise seufzte und vor dem Altar die letzten roten Rosenblätter verteilte, bevor auch sie sich hinsetzte. Dann war es endlich soweit. Die Musik kündigte ihren großen Auftritt an, doch zuerst liefen die Brautjungfern ein, die jeweils ein kleines Rosensträußchen in ihren Händen trugen. Während sich Kari, Yolei und Etsuko zu den anderen gesellten, stellte sich Sora gegenüber von Matt auf, da auch sie als Trauzeugin nicht fehlen durfte. Taichi hingegen hielt immer noch seine Tochter auf dem Arm, während er geistesabwesend zum Eingang starrte. Er schnupperte an Norikos Haaren, dessen fruchtiger Duft ihn irgendwie beruhigten, als sie gemeinsam mit ihrem Vater eintrat und seinen Atem abrupt zum Stocken brachte. Sie lächelte vage, hatte sich bei ihrem Vater untergehakt und ließ sich zum Altar führen. Tai presste nur die Lippen aufeinander und drückte Noriko näher an sich heran, während er den Anblick, der sich vor seinen Augen bot, gar nicht richtig verarbeiten konnte. Sie war wunderschön. Alles passte perfekt zusammen. Das Kleid, ihr dezentes Make-up und ihre lockigen Haare, die verspielt zusammengesteckt waren. Leichtfüßig trat sie immer näher an ihn heran und raffte ihr Kleid ein wenig hoch, um die Stufe nicht zu übersehen, die sie voneinander trennten. Taichi setzte Noriko behutsam auf dem Boden ab und spürte, wie sie sich ehrfürchtig an seinem Hosenbein festklammerte und ihre Mutter mit großen Augen dabei beobachtete, wie sie ihrem Großvater einen Kuss auf die Wange hauchte und ihn losließ. Lächelnd ging Mimi auf Taichi zu, der ihr wie hypnotisiert die Hand hinhielt und sie in Empfang nahm. Ihre Finger berührten sich zaghaft, als sich ein wohliges Kribbeln auf seiner Handfläche ausbreitete und er sie langsam zu den Stühlen führte, die vor dem Altar aufgestellt waren. Sie nahmen Platz und auch ihre Gäste setzen sich hin, während Noriko auf Mimis Schoss stieg und der Pfarrer mit seiner Predigt begann. _ Mimi war völlig ergriffen von den Worten, die der Pfarrer ihnen und ihren Gästen vorgetragen hatte. Er erzählte ihre Liebesgeschichte, die Mimi jedes Mal aufs Neue verzaubert hatte. Nie im Leben hatte sie erwartet gehabt, dass sie mit Taichi gemeinsam hier sitzen würde. Anfangs war es wirklich nur eine Traumvorstellung gewesen, die nach und nach immer mehr in die Realität rückte und ihr Leben mit Liebe erfüllte. Auch die Ehegelübde, die beide vorbereitet hatten, zeigten die aufrichtige Liebe zueinander, die sich besonders in ihrer gemeinsamen Tochter widerspielte. Erschöpft saß Mimi auf ihrem Stuhl betrachtet Taichi dabei, wie er mit Noriko ausgelassen tanzte. Er hatte sie hochgenommen und drehte sich freudig mit ihr im Kreis, was sie mit einem quirligen Lachen quittierte. Lächelnd beobachtete sie sie und ertastete ihre Herzkette, die immer noch eine aufrichtige Verbindung zu ihrer Schwester darstellte. Wie gerne hätte sie sie an diesem besonderen Tag dabeigehabt? Wie gerne hätte sie ihr Lachen gehört und in ihr freudiges Gesicht gesehen? Eine plötzliche Schwere machte ich auf ihrem Brustkorb bemerkbar, als sie sich kurz von ihrer eigenen Traurigkeit hinreißen ließ, obwohl sie wusste, dass Noriko nie ganz weg war. Sie spürte noch immer ihre Anwesenheit und sie war sich sicher, dass sie auch heute dabei gewesen war. Dass sie die Zeremonie mit Hingabe verfolgt hatte und sicherlich genauso glücklich war, wie sie. Mimi presste die Lippen aufeinander und ein mildes Lächeln erhellte ihr Gesicht, während sie ihre Liebsten immer noch beim Tanzen beobachtete. „Die beiden üben wohl schon für den zukünftigen Vater-Tochter-Tanz“, ertönte plötzlich eine Stimme und ließ Mimi kurz zusammenschrecken. „Man Masaru, musst du mich so erschrecken?“, fragte sie empört und hielt sich die Brust, während er sich direkt neben ihr niederließ. „Warum denn erschrecken? Hegst du etwa versaute Hochzeitsnachtgedanken, von denen ich wissen sollte?“, hakte er süffisant nach und grinste verwegen. „Du bist unmöglich“, quietschte Mimi schrill und schlug ihm leicht gegen seinen Arm, was er jedoch kaum zu bemerken schien. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass ihr zwei jetzt verheiratet seid“, erwiderte er leicht wehmütig und blickte in die überschaubare Runde, die sich aus der Familie und den gemeinsamen Freunden zusammensetzte. „Ich finde es auch noch sehr unreal, aber…“ „Aber du bist unfassbar glücklich, oder?“ Mimi nickte nur, während Masarus Gesicht ein nachdenklicher Blick zierte. „Was ist denn los?“, fragte Mimi besorgt nach und legte behutsam ihre Hand auf seiner ab. Masaru linste sie einäugig an und versuchte sein missmutiges Gesicht vor ihr zu verbergen, aber Mimi kannte ihn bereits lange genug, um zu bemerken, dass ihn etwas beschäftigte. „Na komm, sag schon! Was ist los?“ Fürsorglich strich sie über seinen Handrücken, als er leise seufzte und den Blick wieder durch die Menge wandern ließ. „Denkst du ich finde auch irgendwann den Richtigen?“, fragte er sie offen, als Mimi feststellte, dass er gezielt zu den ganzen Pärchen im Raum sah, die glücklich vor sich hin turtelten. Gedankenverloren presste Mimi die Lippen aufeinander und stellte nüchtern fest, dass fast all ihre Freunde in festen Händen waren. Selbst ihre Eltern hatten sich auf neue Beziehungen eingelassen, an die Mimi sich immer noch gewöhnen musste. Es war seltsam für sie mitanzusehen, wenn ihre Mutter, oder ihr Vater jemand anderen liebevoll küsste, auch wenn sie ihnen ihr Glück gönnte. Besonders aber ihrer Mutter, der es schwergefallen war, nach ihrer Ehe einen neuen Partner zu finden, dem sie vertrauen konnte. Doch in Kenzo, den sie auf einem Lehrgang kennen gelernt hatte, fand sie einen Mann, dem sie wieder Vertrauen schenken wollte. „Du sagst ja gar nichts…“, stellte er ernüchternd fest und ließ den Kopf hängen. „Anscheinend muss es wirklich schlimm um mich stehen. Meine Begleitung ist mein Bruder, der eigentlich hier ist um eure Hochzeit zu filmen.“ Mimi blickte unweigerlich zu Yasuo, der sich in seinem Element befand und gerade die Kamera auf Taichi und Noriko gerichtet hatte. „Ach, was redest du dir denn da nur ein? Jeder findet sein passendes Deckelchen“, meinte Mimi optimistisch und musste unweigerlich an Chiaki denken, der so viel verloren hatte, aber seine Hoffnung nie aufgab. Es war für ihn alles andere als leicht, sich nach dem Tod ihrer Schwester auf jemanden einzulassen, aber er hatte es einfach versucht, als er sich dafür bereit gefühlt hatte. Mittlerweile war er mit Momoko bereits über ein Jahr zusammen und sehr glücklich mit ihr, auch wenn ihre Schwester immer noch eine große Rolle in seinem Leben spielte. Bei Masaru hatte Mimi allerdings das Gefühl, dass er sich mehr selbst im Weg stand, statt einfach mal etwas zu riskieren. Mutig zu sein, um eine neue Liebe in sein Leben zu lassen. „Du solltest dich nicht immer in deinem Schneckenhaus verstecken! Die Welt da draußen bietet dir so viele Möglichkeiten und du hast ein Recht glücklich zu werden. In allen Belangen. Du solltest dir nicht länger im Weg stehen. Man sagt doch ‚Wer nicht wagt, der nicht gewinnt‘“, sagte Mimi achtsam und lächelte Masaru aufmunternd an. „Wow, wann bist du nur so weise geworden! Ich bin wirklich beeindruckt“, erwiderte er lachend und stand auf. „Ich glaube, jetzt schuldest du mir wirklich einen Tanz. Dank dir, ist meine Begleitung nämlich mit der Kamera verwachsen“, forderte er sie auf und hielt ihr herausfordernd die Hand hin, die sie sofort ergriff. Langsam betraten sie die Tanzfläche und gesellten sich neben Taichi, der einfach nicht den Blick von ihr wenden konnte und sie von oben bis unten musterte, während Noriko ihre kleinen Ärmchen um seinen Hals gelegt hatte. Taktvoll bewegten sie sich zur Musik, während Masaru sanft die Hand auf ihrer Taille platzierte und einen langsamen Walzer mit ihr anstimmte. Sie bewegten sich grazil über die Tanzfläche, die sich immer weiter füllte, als plötzlich Masaru an der Schulter angetippt wurde und innehielt. Er wandte sich um und Mimi erkannte auf einmal ihren Mann vor sich, der ihre gemeinsame Tochter in den Armen hielt. „Nori hat mir gesagt, dass sie gerne die Partner tauschen möchte“, sagte er spitzfindig und bevor Masaru überhaupt richtig reagieren konnte, klammerte sich Noriko bereits an seinem Hals fest, während Taichi Mimi beiseiteschob und die Hände auf ihrer Hüfte platzierte. Mimi kuschelte sich an seine Brust und krallte ihre Fingernägel in sein weißes Hemd, da er seinen Sakko bereits ausgezogen hatte. „Ich hatte ja noch gar keine Gelegenheit mit meiner wunderschönen Frau zu tanzen“, raunte er ihr zu, was Mimi eine Gänsehaut über den Rücken jagte. „Jetzt bin ich ja hier“, murmelte sie leise und drückte sich noch näher an ihn heran, bevor sie den Kopf leicht anhob. Zärtlich fuhr sie mit einer Hand hinter seinen Nacken und stellte sich etwas auf die Zehenspitzen, um ihn küssen zu können. Er beugte sich zu ihr hinunter, streichelte sanft über ihre Wange, als sein heißer Atem ihre Haut umhüllte. Genüsslich schloss sie ihre Lider, als sich ihre warmen Lippen miteinander vereinten und Mimi auf Wolke sieben schweben ließ. Sie konnte gar nicht beschreiben, wie glücklich sie war. Ihr Herz pochte freudig gegen ihre Brust und ihr Wunsch mit ihm alleine zu sein, wuchs ins Unermessliche. Sie genoss jede kleinste Sekunde, die sie mit ihm teilen durfte. Jede Berührung, jeder Kuss, jeder Blick, der nur ihr galt. Es war die pure Liebe, die ihr jeden Tag ein glückliches Lächeln schenkte. Bis in alle Ewigkeit. _ Erschöpft hatte er sich auf dem großen Doppelbett ausgebreitet und beobachtete Mimi dabei, wie sie ihre kunstvolle Frisur langsam löste und ihre Locken sachte aufschüttelte. Es war mitten in der Nacht und die Gäste hatten sich bereits auf ihre Zimmer verteilt, während seine Tochter diesmal bei ihrer Großmutter blieb, damit die beiden ungestört sein konnten. Er hatte sie sogar ganz traditionell über die Türschwelle des Hotelzimmers getragen und konnte gar nicht erwarten, bis sie endlich zu ihm ins Bett kam. „Wie lange brauchst du denn noch?“, fragte er ein bisschen wehleidig, während Mimi besonnen die letzte Klammer aus ihren Haaren löste. „Na wenn du willst, kannst du ruhig schon mal ohne mich anfangen“, knurrte sie und beobachtete ihren Ehemann über den Spiegel hinweg, als er sich lustlos auf die Matratze fallen ließ und beleidigt die Arme vor der Brust verschränkte. „Schon gut, dann warte ich eben“, antwortete er monoton, bemerkte aber das der Alkohol ihm ganz schön das Hirn vernebelte und seine Lider ganz schwer werden ließ. Wenn sie ihn noch länger warten ließ, würde er sicher noch einschlafen und das ausgerechnet in seiner Hochzeitsnacht! Wieso brauchten Frauen auch immer eine halbe Ewigkeit? Er hatte sein Sakko schon vor Stunden ausgezogen und sich bereits von seiner viel zu engen Krawatte befreit gehabt. „Jetzt spiel‘ nicht die beleidigte Leberwurst! Du musst mir noch aus dem Kleid helfen“, antwortete sie verwegen und wandte den Blick direkt zu ihm, als er sich prompt aufsetzte und zum Rand des Bettes rutschte. „Okay, bin sofort dabei“, erwiderte er nur und sah gespannt zu Mimi, die sich zu ihm drehte und näher an ihn herantrat. „Weißt du eigentlich, was für ein Aufwand es war in dieses Kleid zu steigen?“, fragte sie verführerisch und nestelte an seinem Hemdkragen. „Ich musste es sogar nochmal komplett ausziehen, weil Sora eine Überraschung für dich besorgt hat.“ „Eine Überraschung?“, hakte er nach und zog verwundert eine Augenbraue in die Höhe, während er sanft mit den Fingern über ihren Rücken wanderte. Er stellte sich hin und fuhr mit den Fingern hoch zu ihrem Reißverschluss, an dem er auffällig zu spielen begann, was Mimi natürlich nicht unbemerkt blieb. „Ja, normalerweise zieht man unter das Kleid ein blaues Strumpfband an, aber ich glaube Soras Idee wird dir besser gefallen“, flüsterte sie begierig und wandte ihm ihren grazilen Rücken zu. Sie raffte ihre Haare etwas nach oben, damit Taichi problemlos den Reißverschluss nach unten ziehen konnte. Mit ihrem Arm hielt sie das Kleid vorne fest, damit es nicht sofort zu Boden fiel. Doch er konnte sich nicht mehr länger zurückhalten, trat näher an sie heran und begann ihr Schulterblatt mit zärtlichen Küssen zu benetzen. Mit den Fingern wanderte er zu ihrem Arm, der kampfhaft versuchte, dass teure Kleid am Fallen zu hindern. „Entspann‘ dich einfach. Heute wird uns keiner stören“, murmelte er mit verhangener Stimme und küsste ihren Hals, während sie genüsslich den Kopf gegen ihn presste. Es war bereits mehr als einmal vorgekommen, dass ihre Tochter mittendrin reinplatzte, weil sie nicht in ihrem Bettchen schlafen wollte und verzweifelt nach ihren Eltern schrie. Taichi wollte diesen Abend also genießen. Die Zweisamkeit in vollen Zügen auskosten und Mimi die Aufmerksamkeit schenken, die sie auch verdient hatte. Plötzlich spürte er, wie sie sich ruckartig herumdrehte und stürmisch ihre Lippen auf seine presste. Ihr Kleid rutschte ein ganzes Stück nach unten und entblößte den himmelblauen trägerfreien Spitzen-BH, der ihre Brust hervorragend zu Geltung brachte. Taichi seufzte leise, als er ihre Zunge an seinen rauen Lippen vernahm und sie regelrecht um Einlass bettelte. Er grinste leicht, als er den Mund etwas öffnete, Mimi harsch in seine Mundhöhle glitt und begierig die Arme um seinen Hals schlang, während er die Gelegenheit nutzte, sie aus dem Kleid komplett zu befreien. Achtlos blieb es auf dem Boden liegen, als Taichi langsam rückwärts torkelte und etwas unsanft gegen das Bettende stieß. Er ließ sich sachte darauf nieder und zog Mimi einfach rittlings auf seinen Schoss, ohne ihre heißen Küsse zwischendurch zu beenden. Mimi presste ihren erhitzten Unterleib gegen seinen, während Taichi die blaue Spitzenwäsche aus dem Augenwinkel heraus betrachtete. Oh man, er sollte Sora wirklich einen separaten Dankesbrief zukommen lassen, denn das was er sah, raubte ihm förmlich den Atem. Mimi ließ etwas von ihm ab und widmete sich seinem Hals, während er sich vorsichtig nach hinten lehnte und genießerisch die Augen schloss. Er spürte Mimis zarten Finger sein Hemd entlangwandern und bemerkte, wie sie sachte die Knöpfe öffnete. Begierig zog sie es ihm aus und berührte seine muskulöse Brust mit ihren heißen Lippen. Sie brachte ihn dazu sich aufs Bett zu legen, während sie seine Haut mit Küssen bedeckte und zügig nach unten glitt. Ihre Haare kitzelten dabei etwas, doch das störte ihn nicht weiter. Etwas umständlich blieb Mimi auf seinem Schoss sitzen und öffnete den Gürtel seiner schwarzen Hose, während er von der Erregung förmlich gepackt wurde. Diese Frau liebte es ihn zu quälen. Das verriet ihm das durchtriebene Grinsen auf ihren Lippen, als sie mit der Hand in seiner Hose verschwand und ihn mit sanften, aber flüssigen Bewegungen verwöhnte. Zeitgleich stieg sie von seinem Schoss hinunter und wanderte mit ihren Küssen wieder zu seinem Hals, als sie sich an einem empfindlichen Punkt festsaugte und ihn damit in den Wahnsinn trieb. „Gott, Mimi…“, stöhnte er auf, als ihre Bewegungen immer schneller wurden und er schon drohte zu früh zu kommen. Doch sie verlangsamte augenblicklich ihre Bewegungen und zog die Hand quälend langsam aus seiner Hose. „Du bist ein wahrhaftiges Biest“, kommentierte er, als sie ihm einen vielsagenden Augenaufschlag schenkte und es sich nicht neben ließ, kleine verspielte Kreise auf seinem Unterbrauch zu ziehen. Sie kicherte leise, als er sich einfach entschied den Spieß umzudrehen. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, packte er ihr Handgelenk und beugte sich über sie, sodass sie sich nur schwerfällig bewegen konnte. „Jetzt spielen wir nach meinen Spielregeln“, flüsterte er ihr zu und attackierte ihren Mund und hauchte ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund. Ohne groß darüber nachzudenken, fand seine raue Hand den Weg zu ihrem Slip, fuhr darunter und heizte ihre Lust somit an. Er fuhr mit präzisen und kraftvollen Bewegungen über ihre heiße Mitte, während sie lustvoll seinen Namen in sein Ohr säuselte. Er liebte es, wenn sie das tat. Wenn sie sich an ihn klammerte und nach mehr verlangte. Er drang daraufhin mit zwei Fingern in sie ein, während er seine Streicheleinheiten weiterhin fortsetzte und sie intensivierte. Doch sie wollte mehr als das. Nach einem kurzen eindringlichen Kuss brachte sie ihn dazu, sich aus ihr zurückzuziehen und sich von ihr die Hose und Unterhose entfernen zu lassen. „Na, jetzt hast du es aber selbst ganz schön eilig“, stellte er amüsiert fest, als sie sich selbstständig den BH auszog und ihn zu Boden gleiten ließ. „Du bist ja auch viel zu langsam“, kommentierte sie nur und blickte ihn herausfordernd an. „Prinzessin…“, begann er leise und widmete sich voll und ganz ihrem Slip, der sie von der kompletten Nacktheit trennte. „Gute Dinge brauchen eben ihre Zeit.“ Zeitgleich entfernte er ihr den Slip und presste begierig die Lippen wieder auf ihre. Beide hatten sich leicht aufgesetzt, als Mimi erneut auf seinen Schoss stieg und Taichi mit glühenden Blick fixierte. „Ich liebe dich“, säuselte sie gegen seine Lippen, als sie sich miteinander verbanden und Taichi von den puren Glücksgefühlen übermannt wurde. Er lächelte zufrieden und strich ihr zärtlich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht, bevor er ihr einen innigen Kuss auf die Nasenspitze gab. „Ich liebe dich, auch. Mehr als alles auf dieser Welt“, raunte er und spürte wie sie sich behutsam auf ihm bewegte, ohne den Blick von ihm zu wenden. Er mochte es, wenn sie sich langsam, aber intensiv liebten, weshalb er sie noch dichter an sich drückte und bedacht über ihre erregten Brustwarzen fuhr. Er wusste, dass sie seit der Schwangerschaft an dieser Stelle besonders empfindlich war und seine Berührungen auch oftmals als unangenehm empfand. Aber diesmal schienen sie sie noch mehr anzuheizen und in ihrer eigenen Leidenschaft zu versinken. Mit der anderen Hand fuhr er über ihren makellosen Rücken und spürte, wie sich langsam ihre feinen Härchen aufstellten und sie kurz vor der Ekstase stand. Sie hob einen kurzen Moment später seinen Kopf an und schenkte ihm einem emotionsgeladenen Kuss, den sie allerdings nicht lange halten konnte. Sie stöhnte genüsslich auf und wurde immer enger, sodass Taichi sich auch nicht mehr zurückhalten konnte. Er stieß nochmal tief in sie, als er seinem einen Körper erlag und sie mit seiner Wärme füllte. Erschöpft und nach atemringend presste Mimi ihr Gesicht gegen seine harte Brust, als er sich langsam mit ihr aufs Bett fallen ließ und immer noch eine deutliche Verbindung zu ihr spürte. Eine Verbindung, die er nie wieder missen wollte. Kapitel 4: Verkupplungsversuche ------------------------------- „Ich glaube, ich werde niemals den Richtigen finden“, jammerte Mimi Tachikawa selbstmitleidig und beugte sich über ihren dampfenden Cappuccino, den sie sich bestellt hatte. Gegenüber von ihr, saß ihre beste Freundin, die ihr aufmerksam zuhörte und sich voll und ganz ihren Männerproblemen widmete. So langsam war es echt frustrierend. Sie war vierzwanzig, lebte allein in einer kleinen Wohnung und sehnte sich nach dem großen Glück, dass sie einfach nicht finden wollte. Ihre letzte längere Beziehung war bereits über ein Jahr her und sämtliche Dates, die sie in der letzten Zeit hatte, verliefen sich sprichwörtlich im Sande, da keiner dieses besondere Kribbeln in ihrer Magengegend auslösen konnte. „Irgendwas mache ich doch ganz sicher falsch“, murrte sie und fasste sich durch ihre langen braunen Haare. „Der letzte Kerl mit dem ich aus war, war definitiv ein Fußfetischist!“ Verdutzt blickte Sora sie an und runzelte die Stirn. „Wie kommst du denn darauf? Hat er deine Füße zu lange angesehen?“ „Nein…“, antwortete Mimi sprachlos und rutschte näher an ihre Freundin heran, da sie nicht wollte, dass die anderen Cafébesucher ihr Gespräch zwangsläufig mitbekamen. „Er meinte, er steht darauf, wie ich meine Füße so grazil in den Fokus setze.“ Verwirrt betrachtete Sora Mimis Füße, die heute durch offene Sandalen und einem feurigroten Nagellack in Szene gesetzt wurden. „Vielleicht meinte er es ja auch nett und fand deinen Nagellack schön“, versuchte sich Sora zusammenzureimen, doch Mimi schüttelte vehement den Kopf. „Nein, schön wär’s. Ich hatte noch nicht mal offene Schuhe an! Und dann kam die Aussage, dass er ja gerne meine Füße mal in Natura sehen würde“, fasste Mimi verzweifelt zusammen. „Und was hast du gemacht?“ „Ich habe vorgegeben auf die Toilette zu gehen, habe dann aber bezahlt und bin abgehauen. Ich zeig diesem Kerl doch nicht in aller Öffentlichkeit meine Füße! Der hat sie doch nicht mehr alle!“, plusterte sie sich auf und griff nach ihrem Cappuccino. „Irgendwie treffe ich in letzter Zeit nur solche Leute. Was mache ich nur falsch?“ Ein wehleidiger Blick fixierte ihre rothaarige Freundin, den sie mit einem Schulterzucken erwiderte. „Ich…keine Ahnung. Vielleicht solltest du deine Ansprüche runterschrauben“, erwiderte sie unbedacht und schürte augenblicklich Mimis Wut. „Ich habe doch keine hohen Ansprüche!“, verteidigte sie sich sofort. „Ich möchte halt einen Kerl, der gebildet ist. Gut aussieht und sportlich ist. Witzig sollte er natürlich auch sein und vor allem sollte er nur Augen für mich haben!“, zählte sie auf und überlegte kurz, ob sie an alle Merkmale gedacht hatte. Sora kicherte nur. „Natürlich, du bist überhaupt nicht anspruchsvoll. Bestimmt hast du eine Checkliste in deiner Handtasche versteckt, um die Merkmale auch abhaken zu können.“ „Was? Nein! Und es ist doch okay, dass ich so eine ungefähre Vorstellung von meinem Traumtyp habe. Ich will halt langsam jemanden treffen, mit dem ich mir was Längerfristiges vorstellen kann.“ „Dir ist aber schon klar, dass das eine Wunschvorstellung ist?“, hakte Sora skeptisch nach. „Du wirst vielleicht jemanden kennen lernen, auf den nicht jedes Merkmal passt, obwohl du gerade wirklich Taichi beschreiben hast.“ Ein Grinsen legte sich auf die Lippen der Rothaarigen, als Mimi völlig perplex dreinblickte. Taichi? Nie im Leben! Er war einer der wenigen Männer, mit denen sich Mimi absolut nichts vorstellen konnte. Er war dickköpfig, ziemlich ungehobelt und geriet ständig mit ihr aneinander, da sie einfach nicht dieselben Ansichten teilten. Jedes Mal gerieten sie in Streit über Banalitäten und redeten dann den halben Abend nicht mehr miteinander, weil sich alles hochgeschaukelt hatte. Sora wusste das und Mimi konnte nicht verstehen, warum ihr bei ihrer Beschreibung ausgerechnet der Casanova Taichi in den Sinn kam. Ständig flirtete er mit irgendwelchen Mädels, die er kurz zuvor kennen gelernt hatte, nur um mit ihnen die Nacht verbringen zu können. Er war ein Macho. Ein Herzensbrecher. Und ganz sicher nicht Mimis Typ. „Tai steht ganz sicher nicht auf meiner Liste! Er ist ein Idiot, der sich gerne durch fremde Betten wälzt“, fasste sie empört zusammen. Sora legte den Kopf schief und nahm ihre Tasse in die Hand, um daran zu nippen. „Also gibst du zu, dass du eine Liste hast?“, fragte sie bevor sie sich einen Schluck genehmigte. „Ich habe keine Liste“, knurrte Mimi erbost und drückte sich gegen die Stuhllehne. Was dachte ihre beste Freundin nur von ihr? Dass sie so verzweifelt war? Sie konnte doch gar nicht wissen, wie sie sich fühlte, da sie schon seit Ewigkeiten mit Yamato zusammen war und vor Jahren ihr letztes „richtiges“ Date hatte. Und dann wollte sie ihr ernsthaft Taichi aufschwätzen? Nur weil sie vielleicht beide Single waren und sich im Sog der Einsamkeit befanden? Na ganz toll. Lieber gab sie dem Fußfetischisten eine weitere Chance, als sich auf ein Date mit Taichi Yagami einzulassen. _ Gedankenverloren schritt er durch die Wohnung seines besten Freundes, die er mit seiner Freundin bewohnte. Neidvoll betrachtete er die Pärchenbilder, die die Wand zierten und ihm schmerzvoll aufzeigten, was ihm im Leben fehlte. Taichi seufzte leise, als er sich von der Wand abwandte und mit seinem kühlen Bier ins Wohnzimmer schritt und sich neben Yamato auf der Couch niederließ. „Was seufzest du denn so rum? Sind dir die heißen Mädels ausgegangen?“, scherzte Yamato, unwissend einen wunden Punkt zu treffen. Denn Taichi hatte schon lange die Lust an diesen zwanglosen Bekanntschaften verloren, da er sich nach mehr sehnte. Er wollte eine Beziehung. Sesshaft werden, statt ständig nur auf dem Sprung zu sein. Er wollte ein Mädchen, bei der er sich fallen lassen konnte und in deren Nähe er sich wohlfühlte. Auch wenn er nicht unbedingt ein Romantiker war, wünschte er sich manchmal genau diese kitschigen Momente, die man in den langatmigen Liebesfilmen sah. Wie man sich stundenlang in die Augen sehen konnte und wusste, dass man seinen Seelenverwandten gefunden hatte. Dass man Zuhause war und einfach bedingungslos geliebt wurde, ohne etwas beweisen zu müssen. „Ach, ich bin’s einfach leid! Ich habe keine Lust mehr, mich aus Schlafzimmern zu schleichen“, nörgelte er und rutschte die Couch hinab. „Naja, es ist ja nicht so, dass du die Frauen nicht ein zweites Mal treffen könntest“, warf Yamato bedenkend ein und nippte genüsslich an seinem Bier. „Aber die Mädels, die ich in den Bars aufgabele, möchte ich kein zweites Mal treffen! Wir hatten zwar mal eine Nacht lang Spaß zusammen, aber…“ Taichi hielt inne. Es war nicht so, dass er die Mädchen, zu denen er mit nach Hause ging, nicht nett fand. Nein, sonst würde er wohl kaum mit ihnen schlafen. Aber ihm fehlte das gewisse Etwas. Das Abenteuerliche und Interessante, dass er bei keiner Eroberung entdecken konnte. „Vielleicht solltest du wirklich mal aufhören immer gleich mit ihnen ins Bett zu steigen. Ich glaube, so langsam hast du dir echt genug die Hörner abgestoßen und solltest dich mal festlegen“, meinte Yamato energisch und versuchte ihm eine Beziehung schmackhaft zu machen. Wie immer schwärmte er natürlich von seiner Sora, die für ihn die Welt bedeutete. Immer wenn er über sie sprach, sah Taichi dieses Funkeln in seinen blauen Augen, was ihm zeigte, dass er sie auch nach all den Jahren noch aufrichtig liebte. Taichi hingegen fiel kein einziges Mädchen ein, über das er so euphorisch sprechen konnte, wie sein bester Freund, der aus dem Schwärmen gar nicht mehr rauskam. Genervt hörte Taichi ihm zu und bemerkte erst gar nicht, dass er ihm eine Frage gestellt hatte. „Hallo? Erde an Taichi?“, kopfschüttelnd wedelte er mit der Hand vor seinem Gesicht herum, was Tai aufschrecken ließ. „Was denn?“, hakte er mürrisch nach und knibbelte an dem Etikett seines Biers, dass sich langsam löste. „Naja, ich habe dich gefragt, wie deine Traumfrau sein sollte, aber du bist wohl mit deinen Gedanken ganz woanders“, stichelte er grinsend, während Taichi zu überlegen begann. Wie sollte seine Traumfrau sein? Irgendwie hatte er sich nie wirklich darüber Gedanken gemacht. Er schob den Gedanken einer Beziehung immer zur Seite, da er lieber seinen Spaß haben wollte und bei den Mädels auch ziemlich gut ankam, was er tatsächlich auf seine sportliche Figur zurückführte. „Naja, hübsch sollte sie schon sein, aber sie sollte auch etwas im Köpfchen haben. Und es wäre toll, wenn sie gut kochen könnte, um mich mit diversen Gerichten zu verwöhnen. Aber ich möchte auch keine Frau, die mir nur nach dem Mund quasselt. Sie soll auch ihre eigene Meinung haben und zu dieser stehen“, beschrieb er ausführlich und nickte bei seinen Überlegungen. Grübelnd berührte sich Yamato mit einer Hand am Kinn und fuhr nachdenklich mit dem Daumen und dem Zeigefinger darüber. „Klingt ja ziemlich nach Mimi“, stellte er nüchtern fest und brachte Taichi dazu, dass sein Gesicht vollkommen entglitt und er sich leicht aufsetzte. „Mimi? Unsere Nervensäge? Ganz sicher nicht. Mit ihr halte ich es keine fünf Minuten aus“, rechtfertigte er sich und stellte sein Bier auf dem Couchtisch ab. „Ach wirklich? Vielleicht ist sie ja genau diejenige, die du brauchst und außerdem hat sie selbst immer nur Pech in der Liebe.“ „Na an was das nur liegt“, murmelte Taichi entrüstet und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mit ihrem Prinzessinnengehabe verschreckt sie eben die Männerwelt. Ich glaube niemand will bei ihr der Hofsklave sein.“ „Der Hofsklave? Übertreibst du nicht ein bisschen? Und ich kann mich auch noch ziemlich gut daran erinnern, dass du in der Oberschule ’ne Zeitlang ziemlich in sie verschossen warst“, rief Yamato ihm in Erinnerung, was den Brünetten erröten ließ. Erbost presste er die Lippen aufeinander und konnte nicht fassen, dass sein Freund diese alten Kamellen auspackte. Er war siebzehn gewesen und hatte zur damaligen Zeit noch nicht sonderlich viel Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht gesammelt gehabt. „Ich war siebzehn und du kannst ja nicht behaupten, dass sie im Bikini nicht ansehnlich aussieht“, erwiderte er nur abwinkend. „Und über diese Geschmacksverirrung bin ich schon lange drüber hinweg.“ „Wow, ich bin echt sprachlos. Aber gut steh‘ dir ruhig weiterhin im Weg. Ich liebe dich trotzdem, auch wenn du mit dreißig wohl noch auf dieser Couch sitzen wirst, um mir auf den Sack zu gehen“, antwortete Yamato lächelnd und kassierte von Taichi einen eindeutigen Blick, den er jedoch nicht lange aufrechterhalten konnte. Was wenn sein bester Freund Recht hatte? Was wenn er sich bei all dem selbst im Weg stand und Angst hatte, sich seinem Glück einfach hinzugeben? Aber Mimi als seine Freundin? Nein, das konnte er sich wirklich nicht vorstellen. _ „Und wie war dein Tag mit Mimi?“, fragte er seine Freundin, die gerade vor ihrem Schminktisch saß und ihr Make-up entfernte. Mit einem Wattepatt fuhr sie sich über ihre müde Augenpartie und wollte nichts sehnlicher als endlich ins Bett fallen, da der Tag sie doch ganz schön geschlaucht hatte. Mimi und ihre Männerprobleme. So langsam konnte sie es echt nicht mehr hören. „Wie immer. Sie versprüht den gleichen Zynismus gegenüber Beziehungen wie letzte Woche“, klärte sie ihn auf und sah in ihrem Tischspiegel wie Yamato auf sie zukam und behutsam die Arme um sie schmiegte. Liebevoll küsste er ihre Wange und seufzte leise, während er immer noch die innige Umarmung aufrechterhielt. „Taichi ist auch nicht besser. Er meckert die ganze Zeit, aber wenn man ihm einen Vorschlag unterbreitet, blockt er ständig ab“, murrte er eingeschnappt und spürte wie Sora sanft über seinen Unterarm strich. „Heute hat er mir sogar die perfekte Frau beschrieben. Du wirst nicht glauben, auf wen seine Beschreibung passt.“ Ein geheimnisvolles Lächeln zierte sein Gesicht, als er sachte von Sora abließ und zur Kommode ging, um einen neuen Schlafanzug hervorzukramen. Verwirrt blickte Sora ihrem Freund nach und runzelte die Stirn. „Megan Fox?“, hakte sie nach, da sie Taichis Frauengeschmack schlecht einschätzen konnte, weil er sich anscheinend am liebsten gar nicht festlegen wollte. „Nee, es ist schon jemanden, den wir sehr gut kennen und auch ständig über ihre Beziehungsprobleme jammert“, sagte Yamato grinsend, da sein Tipp mehr als nur eindeutig war. Sora klappte sofort der Mund auf, auch wenn sich kein Wort über ihre Lippen bewegte. Yamato nickte nur bestätigend und tauschte sein Shirt gegen sein Schlafanzugoberteil. „Ich hatte heute Nachmittag genauso dämlich geguckt, als mir die Parallelen aufgefallen sind, aber gut, ich denke die beiden würden sich auf Dauer sowieso zerfleischen“, antwortete er sorglos und pellte sich aus der engen Jeans, die er achtlos auf den Hocker neben der Kommode beförderte. Sora beobachtete wie ich Matt fertig anzog und gerade Anstalten machte ins Bad Zähne putzen zu gehen, als sie ihn nachdenklich aufhielt. Denn auch ihr kam plötzlich ein Gedanke, den sie heute während des Kaffeetrinkens noch nicht mal ernst genommen hatte. „Weißt du, Mimi hat heute auch ihren Traumtyp beschreiben. Und du wirst es nicht glauben, aber die Beschreibung passt in vielen Punkten auf Taichi“, erwiderte sie verwundert und warf den Wattepatt in den kleinen Tischmülleimer, den sie auf ihrem Schminktisch platziert hatte. „Wirklich? Das ist ja komisch. Die beiden hassen sich doch die meiste Zeit des Tages“, stellte Yamato unbeeindruckt fest, konnte sich aber durchaus vorstellen, dass beide einen ähnlichen Geschmack hegten. Auch wenn die Zwei es niemals zugeben und es bis über den Tod hinaus leugnen würden, waren deutliche Verbindungen vorhanden, die Yamato mehr als einmal aufgefallen waren. Beide waren stur, behaarten gerne auf ihrer Meinung und liebten es sich gegenseitig auf die Palme zu bringen. „Aber vielleicht ist es genau das, was sie brauchen um glücklich zu sein“, erwiderte Sora spitzfindig. Yamato blieb mitten im Raum stehen und verstand nicht so wirklich auf was seine Freundin hinauswollte. Sora drehte sich ihm zu und grinste verschmitzt. „Na vielleicht müssen wir sie einfach auf ihr Glück stoßen, weil sie es sonst nicht erkennen. Dafür sind sie einfach zu blind“, erklärte sie und hielt auf einmal die Luft an und warf ihre Arme in die Lüfte. „Das ist es! Wir organisieren ein Blind Date!“ „Ein Blind Date?“, wiederholte Yamato skeptisch. „Darauf lassen die sich doch niemals ein!“ „Ach, so ein Quatsch. Wir müssen ihnen nur ein bisschen gut zureden und puff…schon sind sie frisch verliebt“, sagte Sora euphorisch und strahlte über das ganze Gesicht, während Yamato seiner Skepsis nachhing. „Also ich glaube ja nicht, dass das so schnell geht…“ „Vertrau mir einfach. Love is in the air“, meinte Sora großspurig, bevor sie sich fröhlich summend wieder ihrem Gesicht widmete. _ Nervös stand sie mitten in dem kleinen Café und zupfte ihr dunkelblaues Top zurecht. Sie konnte immer noch nicht fassen, auf was sie sich da eingelassen hatte. Ein Blind Date? Wieso konnte Sora nur so überzeugend sein? Sowas war doch absolut gar nicht ihr Ding. Und auch wenn Sora ihr versicherte, dass es sich um einen tollen Typen handelte, war Mimi einfach nur skeptisch eingestellt. Was wenn Sora ihren Geschmack überhaupt nicht traf? Oder noch schlimmer, was wenn der Typ sie unattraktiv, oder langweilig fand und sie am Ende abservierte? Panik kroch ihren Rücken hinauf, als sie sich bedacht umschaute und nach einem möglichen Fluchtweg suchte. Im Moment war noch kein Typ zu sehen, der als Erkennungszeichen eine rote Rose bei sich trug, vielleicht schaffte sie es ja noch unbemerkt zu verschwinden. Wieso hatte sie sich überhaupt auf sowas eingelassen? War sie wirklich so verzweifelt? Okay gut, vielleicht war sie es schon etwas leid geworden, da sie in letzter Zeit so viele Idioten traf. Vielleicht hatte Sora auch recht und sie sollte wirklich ihre Ansprüche runterschrauben, um endlich glücklich zu werden. Sie seufzte herzlich, als sie sich zeitgleich verzweifelt durch die Haare fuhr. Was sollte sie machen? Dableiben und abwarten? Oder panisch aus dem Lokal stürmen, um der nächsten Enttäuschung vorzubeugen? Bestimmt hatte sich Sora sehr viele Gedanken gemacht, als sie den jungen Mann für sie ausgewählt hatte. Sollte sie also wirklich Soras Bemühungen mit Füßen treten? Nein, das konnte sie beim besten Willen nicht, weshalb sie sich an der Bar niederließ und wartete. Sie bestellte sich ein Wasser und starrte immer wieder zur Uhr, die die Wand zierte. Natürlich war sie mal wieder viel zu früh dran und musste auf ihren möglichen „Traumprinzen“ selbstverständlich warten, was in ihr eine Achterbahnfahrt der Gefühle auslöste. Auch wenn sie sich vorgenommen hatte zu bleiben, sprang ihre Stimmung sekündlich um. Als ihr potentielles Date dann auch fünf Minuten nach der verabredeten Zeit nicht aufgetaucht war, wurde Mimi allmählich ungeduldig. Sie knapperte an ihrer Unterlippe herum und wippte unruhig mit ihrem linken Bein, da sie schon die Befürchtung hatte versetzt zu werden. Und niemand versetzte eine Mimi Tachikawa! Sie leerte ihr Glas und platzierte das Geld sichtbar auf der Theke, als sie sich dazu entschloss, die Toiletten zu besuchen. Würde er danach immer noch nicht hier stehen, würde sie das Café auf der Stelle verlassen und Sora vollheulen, welchen unzuverlässigen Chaoten sie da nur an Land gezogen hatte. Doch das Schicksal hatte andere Pläne. Gerade als sie aufgestanden war und sich in Richtung der Toiletten drehte, wurde die Tür aufgerissen und ein abgehetzter junger Mann mit roter Rose trat in das Café ein. Er schnaufte und fuhr sich beherzt über seine verschwitzte Stirn, während Mimi förmlich die Spucke wegblieb. Das konnte doch nicht wahr sein! Was tat er nur hier und warum in drei Teufelsnamen hatte er eine rote Rose in der Hand? Welches perfide Spiel wurde hier nur gespielt?! Ungläubig beobachtete sie ihn, sah wie er allmählich zu Atem kam und sich neugierig umschaute. Mimi überlegte erst ob sie ihm den Rücken zudrehen sollte, damit er sie nicht erkannte, doch innerhalb einer Sekunde war alles zu spät gewesen. Taichis Gesicht entgleiste, als er Mimi im blauen Top vor sich sah und die pure Fassungslosigkeit spiegelte sich in seinen geweiteten Augen wieder. „Was machst du denn hier?“, fragte er empört und trat näher an sie heran. „Das Gleiche könnte ich dich fragen!“, entgegnete sie schrill, fing sich aber schnell wieder, da sie feststellte, dass beide wohl die Ahnungslosen in dieser Sache waren. „Oh mein Gott! Lass mich raten, dass Blind Date war Yamatos Idee gewesen, oder?“ Taichi nickte nur unbeholfen und klammerte seine Finger um das bunte Papier, in das die Rose gewickelt war. „Oh man, die beiden haben uns reingelegt!“, stellte Mimi erbost fest. „Verkuppeln die jetzt neuerdings ihre Single-Freunde?“ „Anscheinend schon…aber die beiden sind auch ganz schön durchtrieben. Ich hätte es eigentlich wissen müssen“, grummelte Taichi und blickte niedergeschlagen zu der Rose, die er immer noch in Händen hielt. „Dabei habe ich mich so abgehetzt, weil ich dieses dusselige Ding extra noch kurz vor dem Date kaufen wollte.“ „Wir sollten uns wirklich überlegen, wie wir es den beiden heimzahlen! Uns so ins Messer laufen zu lassen…ich fass‘ es nicht!“, regte sich Mimi auf und verschränkte die Arme wütend vor der Brust. „Wartest du denn schon lange auf mich?“, fragte Taichi behutsam und fing Mimis irritierten Blick sofort auf, da sie immer noch nicht fassen konnte, dass sie tatsächlich auf Taichi gewartet hatte. „Ach das ist schon in Ordnung. Ich wollte sowieso gleich gehen“, informierte sie ihn etwas steif, da sich sein Gesicht augenblicklich veränderte. Der hoffnungsvolle Schimmer in seinen Augen verblasste plötzlich und wurde von purer Enttäuschung ersetzt, die Mimi prompt ein schlechtes Gewissen machte. Wahrscheinlich hatte er sich das Ganze auch anders vorgestellt gehabt. „Wie wäre es, wenn wir noch ein Stückchen Kuchen essen? Die Schokotorte ist hier echt lecker“, meinte Mimi versöhnlich und erhellte sofort sein Gesicht. „Ach, du willst jetzt mit mir Kuchen essen?“, hakte er grinsend nach und konnte nicht verbergen, dass ihm dieser Gedanke mehr als gefiel. Mimi wurde prompt verlegen und drehte ihren Kopf zur Seite. „Bild‘ dir ja nicht ein, dass das ein Date ist! Aber ich glaube, wir könnten unsere Rachegelüste ruhig mit einem Stückchen Torte befriedigen“, erwiderte sie kess und steuerte direkt einen Tisch an, der gerade frei geworden war. „Schon klar, Prinzessin“, bestärkte er sie grinsend und folgte ihr an den Tisch. _ Nie im Leben hatte er erwartet gehabt, dass sich dieser Nachmittag so entwickeln würde. Statt sich den Kopf abzureißen und sich feurige Beleidigungen an den Kopf zu werfen, hatte Taichi das Gefühl, dass er sich das erste Mal seit langem richtig fallen lassen konnte. Natürlich war er zuerst sehr geschockt gewesen, dass ausgerechnet Mimi sein Blind Date war, aber je länger er Zeit mit ihr verbrachte desto mehr schien er die Entscheidung seiner besten Freunde nachvollziehen zu können. Nach einem Stückchen Kuchen und einer heißen, dampfenden Tasse Kaffee, waren sie gemeinsam in den Park gegangen und unterhielten sich locker über Gott und die Welt. „Und die Rose darf ich wirklich behalten“, fragte sie kichernd und hielt sie sachte an ihrem Stiel fest, um sich nicht daran zu stechen. „Klar, was soll ich denn damit?“, stellte er die Gegenfrage und blickte in ihr strahlendes Gesicht, dass sein Herz auf einmal zum schneller schlagen brachte. Er wandte hastig den Blick von ihr und konnte diese plötzliche Reaktion seines Körpers gar nicht nachvollziehen, als Mimi auf einmal an seinem Arm zog und in die Ferne deutete. „Guck mal, da hinten gibt es eine Vogelnestschaukel“, sagte sie begeistert und zeigte auf den Spielplatz, der sich direkt vor ihnen erstreckte. „Jetzt sag nicht, dass du mit mir schaukeln gehen willst“, erwiderte Taichi belustigt und fing einen eindeutigen Blick von Mimi auf. „Was denn? Ist doch sicher witzig und außerdem haben wir ja hier kein Date“, betonte sie extra, was bei Taichi ein mulmiges Gefühl in der Magengegend hinterließ. Sie waren schon über eine Stunde zusammen und verbrachten eine schöne Zeit miteinander…und dann sagte sie sowas? Wäre es etwa so schlimm, wenn das hier tatsächlich ein Date wäre? „Okay, ich bin zuerst da“, rief Mimi und lief lachend auf die Vogelnestschaukel zu, die seicht vom Wind bewegt wurde. Völlig perplex starrte er ihr einen kurzen Moment nach, als er ebenfalls loslief, sie aber erst bei der Schaukel einholen konnte. Geschwind setzte sich Mimi auf die robuste Sitzfläche und ließ sich nach hinten fallen, sodass Tai aufpassen musste nicht direkt von der Schaukel getroffen zu werden. Er hielt sie mit den Händen auf, stütze sich auf und setzte sich ebenfalls, während Mimi den kompletten Innenraum einnahm und ihm ein überlegenes Grinsen schenkte. „Such‘ dir eine andere Wohlfühloase. Hier ist besetzt“, grinste sie und breitete sowohl die Arme und Beine aus, sodass sie einem Seestern gar nicht so unähnlich sah. „Du könntest auch etwas Platz machen, dann könnten wir uns beide reinlegen“, murrte Taichi empört und blieb einfach stur sitzen, da er sich ganz sicher nicht von einer Mimi Tachikawa vertreiben lassen würde. „Könnte ich, aber ich finde diese Position gerade unglaublich bequem“, murmelte sie entspannt und blinzelte gegen die Sonne. „Ich kann mich auch einfach auf dich legen. Mit Körperkontakt habe ich wirklich kein Problem“, erwiderte er neckend. „Sind das etwa die Anmachsprüche des berühmten Taichi Yagami? Damit bekommst du die Mädels rum? Ernsthaft?“ Mimi zog fragend eine Augenbraue in die Höhe, während Taichi immer noch am Rand saß und sie genauestens beobachtete. Seit wann war sie eigentlich so hübsch und warum war ihm das vorher nie wirklich aufgefallen? Lag es etwa an der Sonne, oder warum fühlte er sich von ihr so angezogen? Ihre kirschroten Lippen formten sich wieder zu einem sanften Lächeln, und ließen seine Hände ganz schwitzig werden, während er immer noch versuchte, sein Gewicht am Rand der Vogelnestschaukel auszubalancieren. Sie machte ihn nervös, doch das wollte er nicht vor ihr zugeben. „Hat es dir etwa jetzt die Sprache verschlagen? Bin ich ja gar nicht von dir gewöhnt“, murmelte sie und biss sich auffällig in die Unterlippe, was er schon ganz schön sexy fand. Sie spielte also mit ihm. Eine typische Eigenschaft, die eine Mimi Tachikawa ausmachte. Doch darauf würde er sich nicht einlassen. Es wurde Zeit die Spielregeln umzudrehen. Mit einem abgeklärten Blick kam er ihr plötzlich näher und beugte sich über sie, sodass er ihr direkt in die Augen schauen konnte. „Flirtest du etwa mit mir? Ich dachte, das wäre kein Date…“, raunte er ihr zu und stützte sich mit seinen Armen neben ihrem Kopf ab, was eine unmittelbare Nähe zwischen ihnen zuließ. „Naja…irgendwas müssen sich unsere Freunde ja was dabei gedacht haben. Wir sind eben beide allein und das kotzt mich einfach nur noch an“, antwortete sie ehrlich. „Ich würde mich wahnsinnig gerne wieder verlieben, aber Sora hat wohl recht. Ich bin zu anspruchsvoll.“ Sie seufzte resigniert und blickte Taichi traurig an, als sie etwas zur Seite rutschte und ihm Platz machte damit er sich ebenfalls hinlegen konnte. Aus ihrer Stimme triefte die pure Frustration, die Taichi an sein eigenes unglückliches Liebesleben erinnerte. „Ja…mir geht’s ähnlich. Ich habe keine Lust mehr, ständig rastlos zu sein. Ich möchte endlich jemanden finden, bei dem ich mich Zuhause fühle“, flüsterte er mit verhangener Stimme und richtete seinen nachdenklichen Blick zum hellblauen Himmel, der von weißen Wolken bedeckt war, die die seltsamsten Formen zeigten. Seltsam. Genau, das war das Stichwort. Was taten sie hier eigentlich? Vor einer Minute glaube er noch, dass sie miteinander geflirtet hatten und dann war alles wie eine Seifenblase zerplatzt und hinterließ zwei verbitterte Seelen, die sich nichts sehnlicher wünschten, als der wahren Liebe zu Begegnen. „Taichi…“, ertönte ihre leise Stimme. „Wollen wir…wollen wir vielleicht noch was essen gehen?“ Verblüfft über ihre Frage, drehte er den Kopf zu ihr und blickte in ihr errötetes Gesicht. Sein verwunderter Blick erweichte sich langsam und das seichte Pochen seines Herzes flüsterte ihm bereits die passende Antwort zu. „Sehr gerne“, erwiderte er matt, setzte sich auf und stieg von der Vogelnestschaukel, bevor er auch Mimi hinunterhalf. Ein betretenes Schweigen stellte sich auf dem Weg zur Pizzeria ein, was sich jedoch allmählich löste, als sie einen Tisch gefunden hatten. Gemeinsam verbrachten sie einen unvergesslichen Abend, der sich aus tiefsinnigen, aber auch witzigen Gesprächen zusammensetzte, sodass beide gar nicht bemerkten, dass sie bereits den halben Tag miteinander verbracht hatten. Erst als die Sonne bereits untergangen war und Taichi Mimi nach Hause bringen wollte, realisierte er, dass er möglicherweise seine Traumfrau die ganze Zeit in seiner Nähe gehabt hatte. Sein Herz wurde immer schwerer je näher sie sich Mimis Wohnung näherten, da er sich genau genommen gar nicht von ihr verabschieden wollte. Er wollte, dass dieser Tag nicht endete. Er wollte, mehr Zeit mit ihr verbringen. Er wollte Dinge, die er so noch nie empfunden hatte. Wie sollte er sich jetzt von ihr verabschieden? Sollte er sie umarmen? Sie fest an sich drücken? Sie küssen? Oh Gott, in seinem Kopf herrschte das reinste Chaos… „So, hier sind wir also“, meinte Mimi unsicher und kramte bereits nach ihrem Schlüssel, den sie in ihrer riesigen Tasche versteckt hielt. „War wirklich schön mit dir heute. Hätte ich gar nicht erwartet…“ „So liebenswert wie immer“, er grinste, als Mimi ihm sachte gegen den Arm schlug, aber ihre Hand weiterhin auf seinem Oberarm ruhen ließ. Sanft bohrten sich ihre Nägel in seinen Arm, während Taichi unweigerlich ihre Nähe suchte und mit den Fingerspitzen ihre Taille entlangwanderte. „W-Willst du…möchtest du vielleicht noch mit nach oben kommen?“ Er schluckte. „Ich dachte, das wäre kein Date“, murmelte er ihr entgegen, um kam ihrem Gesicht gefährlich nahe. Mimi blickte zu ihm rauf und das helle Licht der Straßenlaterne ummantelte ihr rötlich schimmerndes Gesicht. „Vielleicht habe ich mich ja getäuscht…“ Anspannung durchzog seinen Körper, als er die Lippen fest aufeinanderpresste und sich langsam von ihr löste. Irritiert blickte sie ihn an, während sich ein verletzter Gesichtsausdruck ihre fröhliche Miene verdrängte. „Mimi, ich möchte wirklich nicht, dass du das in den falschen Hals bekommst, aber ich glaube es wäre nicht so gut, wenn ich mitkomme“, antwortete er bestimmt und trieb ihr die Fassungslosigkeit ins Gesicht. „Was? Aber warum? Ich meine, wir hatten doch eine schöne Zeit und…“ „Geh morgen wieder mit mir aus“, unterbrach er sie sanft und zog sie an ihrem Arm wieder näher zu sich heran, sodass sie in seine Arme stolperte. „Ich denke, Sora und Matt haben sich wirklich etwas dabei gedacht und mir ist heute Abend klargeworden, dass ich gerne mehr Zeit mit dir verbringen möchte. Aber ich will es richtig angehen. Das hier soll etwas Besonders werden.“ Sprachlos starrte sie ihn an und schwieg für einen kurzen Moment, bevor sie in der Lage war ihm zu antworten. „Etwas Besonders? Habe ich dir etwa schon so den Kopf verdreht?“, hakte sie verführerisch nach und presste sich dicht gegen ihn. Ein rötlicher Schimmer legte sich über Taichis Wangen, als er sich räusperte und den Kopf zur Seite wandte. „Bild‘ dir darauf ja nichts ein! Schließlich bist du diejenige, die mich nach dem ersten Date in die Wohnung lassen wollte“, unterstellte er ihr verlegen. „Ja und? Ich hätte dir einen schönen Kaffee gemacht! Aber du hast wohl nur ziemlich versaute Hintergedanken!“ „Ich? Wohl eher du!“ „Als ob ich Sex beim ersten Date in Erwägung ziehen würde“, protestierte sie vehement. „Stimmt, dafür müsste man locker sein und du bist eben ein Kontrollfreak wie es im Buche steht“, konterte er amüsiert. „Aber ein Abschiedskuss wäre wirklich nicht schlecht.“ Mimi kicherte und spielte an seinem Hemdkragen. „Wer sagt, denn das du jetzt noch einen bekommst? Verdien‘ ihn dir“, sagte sie provokant und ließ ihn los. „Was? Das ist doch nicht dein ernst?!“, antwortete er sprachlos, während sie bereits ihren Schlüssel in der Hand hielt und entschuldigend mit den Schultern zuckte. „Gute Nacht, Taichi“, verabschiedete sie sich von ihm zwinkernd und machte den Absatz kehrt, während er sprachlos den Kopf schüttelte. Diese Frau war einfach unglaublich. Gerade als er sich ebenfalls in Bewegung setzten wollte, spürte er wie jemand sanft seine Schulter berührte. Er hatte sich noch nicht mal umgedreht, als er plötzlich Mimis Duft vernahm und ihre Lippen verlangend auf seinen spürte. Er nahm sie leicht nach oben und fühlte wie sie sich an ihn presste und ihre zarten Finger in seiner wilden Mähne vergrub. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich von ihm gelöst hatte, da ihr unschuldiger Kuss immer sinnlicher wurde und Verlangen nach mehr säte. Doch Mimi ließ langsam von ihm ab und lächelte schüchtern, als er ihr sanft einige Haarsträhnen aus dem Gesicht strich. Sie biss sich auf die Unterlippe und blickte ihn zufrieden an. „Dann sehen wir uns morgen?“ „Ja…“, murmelte Taichi mit verhangener Stimme und merkte, wie sie sich langsam von ihm löste. „Okay, ich freue mich schon drauf“, erwiderte sie ehrlich und machte sich auf den Weg zu ihrer Wohnungstür. Taichi blickte ihr noch eine Zeitlang hinter und auch sie drehte sich ihm nochmal zu, bevor sie in ihrer Wohnung verschwand. Geistesabwesend berührte er seine geschwollenen Lippen, als sich ein glückliches Lächeln sein Gesicht zierte. Auch wenn er anfangs von dem Blind Date gar nicht begeistert war, spürte er das es sein Leben urplötzlich auf den Kopf gestellt hatte und ihm einen neuen Weg aufzeigte, den er ohne Sora und Matt niemals erkannt hätte. Er war endlich bereit, die Liebe in sein Leben zu lassen. Und dafür war er seinen Freunden unendlich dankbar. Kapitel 5: Das giftgrüne Monster der Eifersucht ----------------------------------------------- „Und du hast auch wirklich alles eingepackt?“, hakte seine Freundin umsichtig nach und betrachtete seine kleine Reisetasche argwöhnisch. „Sicher, dass du nichts vergessen hast?“ „Mach dir da mal keinen Kopf, Sora! Er wird sicher nicht vierundzwanzig Stunden am Stück auf mich angewiesen sein und notgedrungen habe ich unseren Wohnungsschlüssel immer noch dabei“, antwortete Yamato amüsiert und stieg die Treppen des Mehrfamilienhauses hoch, indem sein bester Freund mit seiner Freundin lebte. „Du weißt aber schon wie anstrengend Taichi sein kann, gerade unter diesen Umständen“, erinnerte Sora ihn und zog provokant eine Augenbraue in die Höhe. Yamato lachte nur auf und schüttelte den Kopf. „Das weiß ich, aber ich denke, ich werde damit schon klarkommen. Ihr habt euch das Mädelswochenende verdient und außerdem habt ihr schon alles bezahlt, wäre doch schade, wenn ihr nicht hinfahren würdet.“ Er schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, um ihr zu signalisieren, dass es in Ordnung war. Dass sie sich mal keine Gedanken, um andere machen musste und sich eine kleine Auszeit gönnen durfte. „Niemand konnte ahnen, dass sich Taichi beim Fußball spielen den Knöchel bricht, aber ich bin ja hier und werde mich gut um ihn kümmern. Sag‘ das am besten auch Mimi. So ein Wellnesswochenende bringt nur Entspannung, wenn sie nicht alle zehn Minuten zuhause anruft“, witzelte er und blieb vor der Wohnungstür seiner besten Freunde stehen. Auch Soras Gesichtsausdruck entspannte sich langsam, als sie die Klingel betätigte und darauf wartete, dass ihnen jemand öffnete. Doch in den nächsten Minuten geschah nichts, sondern es war nur ein lautes Poltern von drinnen zu hören, was beide sehr verwunderte. „Versuch‘ es einfach nochmal“, schlug Yamato vor und ließ seine Tasche sinken, die allmählich ganz schön schwer wurde. Lautlos stellte er sie auf dem Boden ab, als seine Freundin erneut die Klingel betätigte und auf eine Reaktion wartete. „Komisch, sie müssten doch drinnen sein. Ich habe Mimi vorhin eine SMS geschrieben, dass wir losfahren“, murmelte Sora und prüfte vorsichtshalber ihr Handy, dass ihre Aussage jedoch bestätigte. „Soll ich sie mal anklingeln?“, fragte sie unsicher, was Yamato nur mit einem Schulterzucken quittierte. Normalerweise müssen sie doch die Klingel gehört haben… Auch er versuchte nochmals sein Glück, als sie auf einmal laute Stimmen von drinnen vernahmen, die einen hitzigen Streit ankündigten. Unsicher starrte sich das Pärchen an, unwissend, was sie nun tun sollte. „Vielleicht sollte ich doch…“ Sora schaffte es noch nicht mal ihren Satz zu Ende zu sprechen, als die Tür aufgerissen wurde und eine erboste Mimi ihren überdimensionalen Koffer nach draußen rollte. „Hey, du kannst mich doch jetzt nicht einfach so stehen lassen“, ertönte die Stimme seines besten Freundes bebend. Mit schwerfälligen Schritten, die er auf Krücken zurücklegen musste, kämpfte er sich in Türnähe. „Oh doch, das kann ich!“, erwiderte Mimi bissig und drückte sich unsanft an Yamato und Sora vorbei, die selbstverständlich nur Bahnhof verstanden. „Jetzt sei doch nicht so eine verdammte Zicke, Mimi. Es war doch nur eine SMS gewesen!“, verteidigte er sich und versuchte einen festen Stand auf seinen Krücken zu erhalten. „Wohl eher eine SMS zu viel“, knurrte sie verletzt und richtete den Blick hilfesuchend zu Sora, die völlig perplex zwischen Mimi, ihrem überdimensionalen Koffer und einem lädierten Taichi hin und hersah. „Hast du eine Ahnung, was hier los ist?“, flüsterte Yamato ihr zu, der sich in dieser Zwischenposition alles andere als wohl fühlte. Ein schweigsamer, aber intensiver Blickwechsel zwischen Mimi und Taichi folgte, bevor sich Mimi in Bewegung setzte und versuchte ihren Koffer die Treppen hinunter zu tragen. Taichis Augen funkelten erbost, als auch er sich auf den Flur begab und sich vor der Treppe aufbaute. „Ist das jetzt dein Ernst? Du lässt das einfach so im Raum stehen? Du bist ja so erwachsen!“ Hastig hob Mimi den Kopf hoch und verzog die Augen zu Schlitzen. „Du hast überhaupt kein Recht so mit mir zu reden! Verbring doch lieber noch ein bisschen Zeit mit deinem Handy und lass dir von den zuckersüßen SMS den Kopf vernebeln!“, antwortete sie schrill und schaffte es den Koffer zwei Stufen weiter nach unten zu schleppen, bevor sie herzhaft schnaufte. „Lass uns jetzt einfach fahren, Sora. Ich will einfach nur hier weg“, ergänzte sie nüchtern, als Sora sich ein wenig verdattert von Yamato verabschiedete und Mimi mit dem Koffer half. „Wie kann man nur so engstirnig sein? Aber gut! Viel Spaß und ich hoffe, du bist wieder normal, wenn du zurückkommst“, brüllte Taichi seiner Freundin nach und konnte sich sein wutverzehrtes Gesicht nicht länger verkneifen. Yamato nahm seine Tasche wieder auf und schenkte seinem besten Freund einen eindeutigen Blick, den er grimmig erwiderte. „Sag‘ einfach nichts“, brummte er wütend und humpelte mit seinen Krücken zurück in die Wohnung, während Yamato nur mit dem Kopf schütteln konnte. Das Wochenende hatte gerade einmal angefangen und schon stand die erste Katastrophe bevor. Daher stellte er sich besser auf das Schlimmste ein, denn Taichis Launen waren mit Vorsicht zu genießen. _ Angespannt sah Sora zu ihrer besten Freundin, die sich gerade eine Gesichtsmaske gönnte. Seit sie im Wellnesshotel angekommen waren, war Mimis Laune am Tiefpunkt angelangt, auch wenn sie durch die kleine Beautybehandlung etwas Entspannung zu finden schien. Sora seufzte leise und drückte den Hinterkopf in die Liege, während sie fieberhaft überlegte, was zwischen den beiden Streithähnen bloß vorgefallen sein könnte. Es war nichts Ungewöhnliches, dass sich Tai und Mimi des Öfteren in den Haaren hatten, aber so kurz vor der Abreise? Und was meinte Mimi nur mit der SMS? Hatte Taichi etwa was verbrochen, von dem Sora nichts wusste? Ob sie es wagen und Mimi einfach darauf ansprechen sollte? Im Moment sah es nicht so aus, als würde sie unmittelbar vor der nächsten Explosion stehen. „Mimi…“, begann sie leise und hörte bereits, wie sich ein genervtes Stöhnen von ihren Lippen löste. „Ich will wirklich nicht darüber sprechen, Sora“, kommentierte sie nur, ohne sich groß zu bewegen. „Aber woher wusstest du…“ „Deine Blicke bohren sich förmlich auf meine Haut und ich kenne deine Tonlage, wenn du etwas ‚Wichtiges‘ ansprechen möchtest“, grummelte sie und zog sich die Gurkenscheiben von den Augen. „Aber ich möchte das Wochenende noch nicht mal an ihn denken!“ Erstaunt über ihre harten Worte, klappte Sora etwas der Mund auf, als sich wilde Phantasien in ihrem Kopf ausbreiteten. Was hatte Taichi nur getan, dass ihre beste Freundin so hochgradig sauer war? „So schlimm? Sicher, dass du nicht darüber reden willst? Es wird dann sicher leichter“, meinte Sora optimistisch und erntete von der forschen Brünetten einen eindeutigen Blick. „Was soll leichter werden? Ich glaube nicht, dass du mir dabei helfen kannst, außer wenn du sein Handy ausversehen zerschmettern würdest“, erwiderte sie jammernd und verzog qualvoll das Gesicht, sodass Soras Skepsis erneut geschürt wurde. „Was hast du denn mit seinem Handy? Vorhin hast du auch von ‘ner ominösen SMS gesprochen.“ „Ich glaube, er ist im Begriff mich zu betrügen“, murmelte Mimi zähneknirschend und verschränkte schützend ihre Arme vor der Brust. Soras Gesichtszüge entglitten prompt. Was hatte sie da gerade nur von sich gegeben? Hatte sie sie richtig verstanden? Betrügen? Taichi? „Was? Taichi würde dich niemals betrügen! Er liebt dich abgöttisch!“, führte Sora ihrer Freundin vor Augen, da ihr eigentlich bewusst sein sollte, dass Taichi nur Augen für sie hatte. Immer wenn Sora mit ihm allein unterwegs war, gab es nur ein Thema für ihn. All seine Gedanken kreisten nur um Mimi. Obwohl die beiden schon seit Ewigkeiten eine Beziehung führten, schafften sie es ihre Liebe immer noch frisch zu halten und die feurige Leidenschaft weiter anzuheizen, die bei Matt und ihr bereits etwas verflogen war. Manchmal war sie sogar ein bisschen neidisch auf ihre Freunde, die immer noch so verliebt wie am ersten Tag waren, während sich bei ihr der Alltag einstellte. Dennoch wollte sie sich nicht beschweren, weil ihre Beziehung mit Matt sehr harmonisch war, auch wenn sie sich manchmal ein bisschen Feuer zurückwünschte. Aber Sora wollte jetzt für ihre Freundin da sein, in der Hoffnung, dass sie ihr verraten würde, wo diese seltsamen Gedankengänge nur herkamen. Niemand kam ohne Grund auf solche Gedanken. Aber sie traute es Taichi absolut nicht zu, seine Freundin so zu hintergehen. Und Sora kannte Mimis überdrehte Art, die Dinge oftmals viel extremer zu sehen, als sie eigentlich waren. Vielleicht reagierte sie ja auch über, auch wenn ihr Gesicht eine andere Botschaft sprach. „Diese bescheuerte Katsumi heftet sich neuerdings voll an seine Fersen. Seitdem er den Knöchel gebrochen hat, schreibt sie ihm eine SMS nach der anderen und fragt ständig wie es ihm geht. Und er fällt da voll drauf rein“, erklärte sie erbost, während ihr Auge vor Wut zuckte. „Die soll einfach ihre Griffel von ihm lassen, aber er fühlt sich natürlich total geschmeichelt und verteidigt sie sogar ständig, sodass ich am liebsten Feuer speien möchte.“ „Katsumi? Seine Co-Trainerin?“ Mimi nickte nur und kämpfte gegen den Drang an, bei ihrem Namen nicht die Augen zu verdrehen. „Ich habe von Anfang an gewusst, dass sie ein Auge auf ihn geworfen hat! Aber er denkt, ich würde mir das einbilden und schreibt deswegen unbeirrt mit ihr weiter. Nur um mich zu provozieren!“ Sie gestikulierte wild umher, bevor sie sich ruckartig auf die Liege zurückwarf und völlig verzweifelt den Blick zur gegenüberliegenden Wand richtete. „Ach Mimi, Taichi würde niemals auf die Idee kommen dich zu betrügen und außerdem trägt er zurzeit einen Gips! Bestimmt erkundigt sie sich nur so oft, um weiterplanen zu können. Er wird beim Fußball sicherlich eine ziemlich lange Zeit ausfallen“, versuchte Sora Mimi zu beruhigen, doch sie rümpfte nur die Nase. „Sie hat ihm geschrieben, dass sie sich bald wieder treffen sollten und ihr die Gespräche mit ihm fehlen würden“, gab sie monoton wieder. „Was? Warte, sie treffen sich privat?“, fragte Sora entsetzt nach. „Ja! Und als ich ihn darauf angesprochen habe, hat er es natürlich runtergespielt und gemeint, es wäre nur ein treffen unter Freunden! Aber guck‘ sie dir doch mal an! Freundschaft hat die ganz sicher nicht im Sinn.“ Sora presste die Lippen aufeinander und dachte über Mimis Worte nach. Sie kannte Katsumi nur vom Sehen und hatte noch nicht viele Worte mit ihr gewechselt gehabt. Aber das sie sich privat mit Taichi traf, ließ sie doch stutzig werden. Vielleicht sollte sie eine SMS an Matt schreiben, der dem Ganzen mal etwas bei Taichi auf den Zahn fühlen sollte. Er würde sicherlich etwas herausbekommen. _ „Also Mimis Essen schmeckt viel besser“, grummelte er frustriert und blickte in das entgeisterte Gesicht seines besten Freundes, der gerade über eine Stunde in der Küche gestanden hatte. „Tut mir leid, dass ich nicht deine Freundin bin“, giftete Yamato etwas beleidigt und aß den gebratenen Reis, während Taichi lustlos darin herumstocherte. Er seufzte leise und betrachtete seinen vollen Teller, was Yamato misstrauisch werden ließ. Normalerweise hatte sein bester Freund immer einen guten und gesunden Appetit, selbst wenn er schlechte Laune hatte. Doch der Streit mit Mimi schien ihm sehr an seinen Nerven zu zerren, auch wenn Yamato nicht ganz verstand, warum es ihn so runterzog. Sora hatte ihm vorhin auch noch eine beunruhigende SMS geschrieben, die er jedoch nicht ganz nachvollziehen konnte. Irgendwas mit Katsumi, heimlichen Treffen und einer äußerst verärgerten Mimi, die sich selbst im Hotel nicht beruhigen ließ. „Hey, was ist denn los mit dir? Du bist völlig neben der Spur“, stellte Yamato besorgt fest und ließ seine Essstäbchen auf den Teller sinken. Von Taichis Lippen löste sich nur ein genervtes Brummen, dass dem Blondschopf signalisierte, dass er nur ungern darüber reden wollte. Doch er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Er würde erst vom Tisch aufstehen, wenn er den Mund aufmachte. So hatte er sich das Männerwochenende ganz sicher nicht vorgestellt! Er saß neben einem Trauerkloß, der ohne seine Freundin förmlich darin vegetierte, weil ihm sein Essen nicht schmeckte. Doch Yamato war es bewusst, dass es nicht daran lag. Taichi bedrückte etwas. „Du weißt schon, dass ich dir so lange auf den Sack gehe, bis du mir die Wahrheit sagst“, informierte Yamato ihn eindringlich, um ihn zum Reden zu bewegen. Taichi richtete den Kopf zur Seite und stützte sein Kinn locker auf seiner Handfläche ab, während er immer noch mit seinem Essen spielte, was Yamato allmählich wahnsinnig werden ließ. „Man, Taichi! Jetzt rede doch mal mit mir und hör auf mit dem Essen durch die Gegend zu werfen!“ „Mach‘ ich doch gar nicht“, konterte er sofort, als ihm auffiel, dass er tatsächlich etwas Reis auf dem Tisch verteilt hatte. Yamato blickte mahnend zu ihm, während er förmlich auf seinem Stuhl versank und eine leise Entschuldigung vor sich hinmurmelte und wie ein kleiner Schuljunge wirkte. Matts strenger Blick schwand ziemlich schnell dahin, da er einem traurigen Freund einfach nicht lange böse sein konnte. Er hatte sich den Knöchel gebrochen und zurzeit auf viel Hilfe angewiesen, was natürlich auch eine Beziehung belasten konnte. Und gerade Mimi konnte man schnell auf die Palme bringen, besonders, wenn man so wehleidig wie Taichi war. „Hey“, begann er mit einer sanfteren Stimmlage. „Du weißt doch, dass du mit mir reden kannst. Dich belastet der Streit doch! Das sehe ich dir an.“ Er deutete auf den vollen Teller und konnte nicht verbergen, dass ihn Tais Appetitlosigkeit besorgte. Er hingegen wich seinen Blicken aus und konzentrierte sich auf einen unbestimmten Punkt im Raum, als er leise seufzte und zu reden begann. „Sie hat mich gestern Abend abgewiesen“, löste sich schwerfällig von seinen Lippen, als sich auch ein leichter Rotschimmer auf seine Wangen legte. „Abgewiesen? Meinst du etwa?“, hakte Yamato verblüfft nach. „Wow, dann muss sie wirklich sauer sein. Ihr zwei könnte ja keine zwei Sekunden die Finger bei euch lassen!“ „Was soll das denn heißen?“, fragte Taichi grimmig und verzog das Gesicht. „Dass ich euch schon öfters in eindeutigen Positionen erwischt habe, als mir eigentlich lieb ist. Die Bilder werde ich nie wieder aus dem Kopf bekommen!“ „Hallo?! Wir sind doch keine Sex-hungrigen Wölfe!“, erwiderte er empört und verschränkte die Hände vor der Brust. „Dafür fallt ihr aber ziemlich oft übereinander her! Ihr könnt eben nicht ohne einander und da willst du dich doch nicht von so einem kleinen Streit unterkriegen lassen, oder?“, entgegnete Yamato nachdenklich, während Taichi plötzlich ganz still wurde. „Sie vertraut mir nicht“, murmelte er niedergeschlagen und senkte den Kopf. „Es geht schon seit mehreren Wochen so…immer wieder bekommen wir uns wegen ihrer Eifersucht in die Haare, obwohl es einfach nur unbegründet ist.“ „Sie ist eifersüchtig? Auf wen denn?“, hakte er nach, obwohl er es sich bereits denken konnte. „Sie denkt, dass Katsumi Interesse an mir hat und wir hatten uns öfters nach dem Training getroffen, um einen trinken zu gehen. Aber mehr war da nicht. Mimi interpretiert immer so viel da rein und macht sich selbst verrückt damit, bis es dann eskaliert ist“, murmelte er betroffen. „Naja, sie verbringt schon ziemlich viel Zeit mit dir. Schließlich ist sie ja auch deine Co-Trainerin.“ „Fängst du jetzt auch damit an? Wir sind nur miteinander befreundet und besteht von beiden Seiten absolut kein Interesse!“, verdeutlichte Taichi und gestikulierte ausdrucksstark mit den Händen. Yamato lehnte sich nach hinten und verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust. „Ich versuche mich doch nur in sie hineinzuversetzen. Erinnerst du dich noch an die Zeit, wo ich fast jeden Abend mit der Band unterwegs war? Sora war wegen den ganzen Mädchen auch ziemlich eifersüchtig gewesen und ich glaube, Mimi verteidigt einfach nur ihr Revier.“ „Aber bei Sora war es wirklich berechtigt gewesen! Die Mädels standen ja bei dir Schlange! Aber Katsumi…ich mag sie echt gern und ihr geht es zurzeit nicht so gut. Sie hat etwas Stress mit ihrer Familie und ihr hilft es, wenn wir darüber sprechen“, warf Taichi bedenkenlos ein. Stress mit der Familie? Fiel sein bester Freund ernsthaft auf so eine billige Masche rein? Ihm hatten die Mädchen auch schon viele Dinge erzählt gehabt, nur um auf sich und ihre angeblichen Probleme aufmerksam zu machen. Vielleicht war Mimis Verdacht wirklich nicht ganz unbegründet und Katsumi war eher mit Vorsicht zu genießen, doch Yamato wollte erst die ganze Geschichte von Taichi hören, bevor er urteilte. _ Niedergeschlagen betrachtete sie ihre beste Freundin, die lustlos auf ihrem Bett lag und an die Decke starrte. Es war tatsächlich bereits der letzte Abend ihrer kleinen Reise angebrochen und Sora nervte es allmählich, dass Mimis miese Laune ihr Mädelswochenende immer noch trübte. Sie konnte ja verstehen, dass sie niedergeschlagen war, aber sie hatte sich so auf ein paar ungestörte Stunden mit ihrer besten Freundin gefreut gehabt. Doch sie hatte zu nichts Lust, war gerade erst aus dem Bad gekommen und hatte sich in ihren Bademandeln gekuschelt, während Sora am liebsten noch etwas unternehmen wollte. Doch egal was sie auch versuchte, der Streit mit Taichi ging Mimi einfach nicht aus dem Kopf und dämpfte die ausgelassene Stimmung, die sie sich für dieses Wochenende erhofft hatte. „Mimi, wollen wir nicht noch etwas unternehmen? Im Hotel gibt es doch eine Bar, lass uns doch etwas trinken gehen“, schlug sie optimistisch vor, in der Hoffnung Mimi würde sich doch noch dafür entscheiden, den Abend entspannt ausgehen zu lassen. Doch sie hob nur den Kopf kurz an, als sie ihn kurz danach wieder auf die Matratze gleiten ließ und völlig regungslos in ihrem Bett lag. „Tut mir leid. Ich habe uns das Mädelswochenende ganz schön verdorben, oder?“ Überrascht über Mimis Aussage setzte sich Sora ebenfalls auf und legte den Kopf schräg. „Nein, das hast du nicht. Ich versteh‘ dich ja, aber es bringt nichts gute Miene zum bösen Spiel zu machen und immer alles runterzuschlucken. Du musst mit Tai reden und ihm klipp und klar sagen, dass er sowas nicht machen kann und dich damit sehr verletzt. Ich glaube, ihm ist das noch nicht mal richtig bewusst, weißt du?“ „Ich glaube es auch“, murmelte sie niedergeschlagen und rollte sich zur Seite. „Er ist eben ein netter Kerl und ich denke, ich bin nicht die einzige, die das erkannt hat. Es gibt so viele nette Mädchen da draußen und ich habe echt Angst, dass ich ihm irgendwann nicht mehr genug bin. Ich bin seine erste ernste Beziehung und ich habe so große Angst, dass er irgendwann erkennt, dass er etwas verpasst hat und es nachholen will“, eröffnete sie all ihre Bedenken und eine Sorgenfalte bildete sich auf ihrer Stirn, die sie angestrengt zusammengekniffen hatte. Sora rutschte zu der Seite ihres Bettes, damit sie aufstehen und sich neben Mimi setzen konnte. Argwöhnisch betrachtete sie ihre beste Freundin, auf deren Ängste sie plötzlich einen ganz anderen Blickwinkel hatte. „Ach Mimi, ich denke, du redest dir da etwas ein, weil du dich von Katsumi bedroht fühlst und sie sehr viel Zeit mit Taichi verbracht hat. Wenn ich ehrlich bin, macht sie auf mich nicht den Eindruck, als hätte sie Interesse an ihm, aber das ist natürlich nur meine Meinung und ich kann mich da auch nicht einmischen, weil das eure Beziehung ist“, rief sie ihrer besten Freundin in Erinnerung, die schuldbewusst den Kopf gesenkt hatte. „Ich weiß…i-ich will ja auch mit ihm reden, aber manchmal bringt mich seine Naivität zur Weißglut. Er sieht immer das Gute und nicht das raffgierige und gerissene des weiblichen Geschlechts“, meinte sie und nickte bestätigend. „So ist er eben. Aber ich werde jetzt ganz sicher nicht unseren letztens Abend auf dem Zimmer verbringen! Also zieht dir jetzt etwas Schickes an und dann gehen wir einen Cocktail trinken, bevor du morgen Taichi in Ruhe die Hölle heiß machen kannst.“ Mimi schmunzelte leicht, als sie die Motivation zum Aufstehen fand und ein hübsches Kleid aus ihrem Koffer kramte. _ Ein unbehagliches Gefühl stieg in ihm auf, als er sah, wie sein bester Freund seine Sachen zusammenpackte und in seiner Tasche verstaute. In wenigen Minuten würde seine Freundin zurückkehren, was in Taichi eine unbehagliche Unruhe auslöste. Er hoffte, dass sie sich wieder beruhigt hatte, auch wenn er seinen eifersüchtigen Dickkopf durchaus besser kannte. Er wusste, dass er mit ihr reden musste. Ihr die Sicherheit geben musste, die sie brauchte, um ihm zu vertrauen. Niedergeschlagen betrachtete er auf seinen gebrochenen Knöchel, der in den letzten Wochen enorm seinen Alltag geprägt hatte. Er ärgerte sich, dass ausgerechnet ihm sowas passieren musste und er seine Launen nicht immer unter Kontrolle hatte. Manchmal hatte er das Gefühl, dass sein unleidliches Selbst diese ganzen Streitereien nur noch mehr nährte und sie voneinander entfernte, statt sie zusammenzubringen. Dabei wollte er doch einfach nur Frieden und vor allem Liebe, die ihm seine Freundin einfach untersagt hatte. „Und ihr zwei werdet auch klarkommen? Nicht, dass ihr euch gleich die Schädel einreißt“, erwiderte er leicht amüsiert und wollte wohl als Vermittler fungieren. „Danke, aber ich glaube, wir sind alt genug, um uns wie Erwachsene zu unterhalten“, antwortete er nur und war Yamato sehr dankbar für das Wochenende. Er hatte sich um ihn gekümmert, ihm zugehört und einen Ratschlag nach dem anderen geben, die Taichi beherzigen wollte. Er wollte offen mit ihr reden, ihr die Sorgen nehmen und ihr zeigen, dass sie die Einzige in seinem Leben war. „Naja, notgedrungen reißt ihr euch eben die Klamotten vom Leib und regelt es wie die Tiere. Animalische Triebe und so“, grinste er verwegen und zog gleichzeitig den Reißverschluss zu seiner Tasche zu. „Sehr witzig, aber ich versuche erstmal die herkömmliche Variante“, sagte er lachend und wollte sie am liebsten wieder in seinen Armen wissen, auch wenn ihn ihre zickige Art manchmal ganz schön auf die Palme brachte. Nichtsdestotrotz mussten sie es regeln. Er vermisste die Herzlichkeit, die durch strafende Blicke und kühle Zurückweisung ersetzt wurde. „Ach, das wird sicher schon. Heute Abend ist sicher alles wieder gut“, meinte er und schulterte seine Tasche, als er einen kurzen Blick auf sein Handy wagte. „Oh, Sora hat mir geschrieben. Sie sind nochmal kurz beim Supermarkt und in zehn Minuten da.“ Taichi nickte nur verhalten und saß unruhig auf seinem Stuhl, während Yamato sich bereits seine Jacke überzog und seine Tasche in den Flur stellte. Es dauerte noch nicht mal zehn Minuten, als Taichi den Schlüssel im Schloss hörte. „Okay, dann wünsche ich dir mal viel Glück“, flüsterte Yamato ihm zu und gab ihm einen leichten Klaps auf den Oberschenkel bevor er sich zum Flur begab, um Mimi zu begrüßen. Neugierig saß Taichi auf seinem Stuhl und beäugte den Flur kritisch, da er leider nicht, um die Ecke sehen konnte und lediglich die Stimme seiner Freundin vernahm, die sich scheinbar im Begriff war sich von seinem besten Freund zu verabschieden. Er hörte nur wie die Tür erneut ins Schloss fiel und sich die Rollen ihres Koffers langsam auf ihn zubewegten. Er schluckte leicht, als sie plötzlich mitten im Wohnbereich stand und ihn verhalten ansah, bevor sie abrupt den Blick von ihm wandte. „Hey…“, löste sich von ihren Lippen und Taichi sah, wie sie ihre Hände verkrampft um die Kofferhaltung hielt. „Hey, wie war dein Mädelswochenende?“, stieg er sofort als Frage ein, um eine Konversation anzustreben, aber Mimi verzog nur das Gesicht und hatte ihre Augen auf den Boden geheftet, ohne ihm eine wirkliche Antwort zu geben, was Taichi erneut wütend werden ließ. „Machen wir jetzt da weiter, wo wir aufgehört haben“, fragte er, klang aber verhältnismäßig ruhig, auch wenn er sich sehr zusammenreißen musste. Wieso war seine Freundin nur so ein Sturkopf? Konnten sie sich nicht einfach wieder versöhnen, ohne sich vorher anzuschweigen, oder anzuzicken? Frauen…manchmal verstand er sie wirklich nicht. „Hör‘ mal, es tut mir leid, dass…“ „Nein, mir tut es leid“, unterbrach sie ihn direkt, hob ihren Kopf an und ließ ihren Koffer achtlos im Raum stehen, während sie sich langsam auf ihn zu bewegte. Nervös spielte sie an ihren Fingern und blieb direkt vor ihm stehen, während sie ihn eindringlich ansah. „Ich weiß, dass ich ziemlich schnell eifersüchtig werde, aber du hast so viel Zeit mit ihr verbracht, dich sogar nach dem Training mit ihr getroffen, dass ich einfach dachte, dass sie mir dich wegnehmen will. I-Ich vertraue dir, aber ich weiß auch wie Frauen sein können, wenn sie unbedingt etwas haben möchten. Sie fahren ihre Krallen aus und spielen unfair. Und ich will dich nicht verlieren“, sie beendete ihren Monolog und blickte ihn weinerlich an, sodass er kaum an sich halten konnte und sie einfach vorsichtig auf seinen Schoss zog. Mimi biss sich auf die Unterlippe und betrachtete seinen gebrochenen Knöchel wehmütig, während er sanft über ihren Rücken strich. „Du brauchst dir wirklich keine Gedanken wegen Katsumi zu machen“, flüsterte er ihr zu und zog sie weiter zu sich hoch, damit sie einander in die Augen schauen konnten. Er strich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht, als er plötzlich seine Stirn gegen ihre presste. „Ich wollte ihr nur ein bisschen helfen, weil sie im Moment eine schwere Zeit durchmacht. Sie hat ihren Eltern erst vor kurzem gebeichtet, dass sie mit ihrer Freundin zusammenziehen will und die haben das nicht sonderlich gut aufgenommen“, erklärte er ausführlicher, als Mimi sich etwas von ihm löste und verdutzt dreinblickte. „Mit einer Freundin? Was soll daran denn so schlimm sein?“, hakte sie nach, als sich auf Taichis Gesicht ein Lächeln abzeichnete. „Nein, mit ihrer Freundin! Freundin im Sinne von ‚eine Beziehung miteinander führen‘“, erwiderte er amüsiert. „Was? Du verarschst mich doch jetzt? Ich habe mir also völlig umsonst solche Gedanken gemacht?“, empört blies sie die Wangen auf und starrte ihn fassungslos an, während er zaghaft die Arme um ihren zierlichen Körper schlang und ihr einen sinnlichen Kuss auf den Hals hauchte. „Du hast mich ja nie ausreden lassen und Katsumi ist gerade erst im Begriff sich öffentlich zu outen, weshalb du es auch vorerst für dich behalten solltest“, erklärte er behutsam. „Und außerdem war deine kleine Eifersuchtstirade schon ein wenig süß gewesen.“ Mimi runzelte die Stirn und wandte sich aus seinem Griff, um die Arme vor der Brust zu verschränken. „Ach wirklich? Ich glaube, ich werde mir demnächst auch einen schwulen Freund suchen, mit dem ich meine sämtliche Freizeit verbringen werde, aber dieses winzige Detail werde ich dir dann ebenfalls verschweigen“, grummelte sie erbost und drehte den Kopf in die andere Richtung. Taichi seufzte nur. Er hatte schon länger überlegt gehabt, ihr einfach die Wahrheit über Katsumi und seine Freundschaft zu ihr zu erzählen, aber er wollte ihr nicht einfach in den Rücken fallen, weshalb er es zuvor mit ihr abklären wollte. Natürlich hatte sie nichts dagegen gehabt, doch Mimi hatte sämtliche SMS einfach völlig falsch aufgefasst, weshalb die Situation so eskaliert war. Und jetzt spielte sie noch immer die Eiskönigin, die von ihrem hohen Ross einfach nicht runtersteigen wollte. „Komm‘ schon, lass es mich wieder gut machen. Mir fällt da sicher was ein“, antwortete er, als sich ein verwegenes Lächeln auf seine Lippen schlich und sie fixierte. Sie wandte den Kopf über die Schulter und zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ach wirklich? Ich glaube du solltest deinem armen Krüppelfuß noch etwas Ruhe gönnen“, raunte sie keck und stand von seinem Schoss wieder auf. Ein wenig baff blieb Taichi sitzen und konnte nicht fassen, dass sie ihm wieder eine Abfuhr erteilte. Was war mit dieser Frau nur los? Wie lange wollte sie ihn denn noch weiterquälen? Ein überlegenes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie sich zu ihm runter beugte und er einen kurzen Blick in ihren Ausschnitt erhaschen konnte. „Du kannst mich natürlich aber auch gerne vom Gegenteil überzeugen. Ich wäre für eine lange Massage, denn dank dir konnte ich mich kein bisschen erholen“, erklärte sie ihm anklagend, was ihm ein Lächeln ins Gesicht trieb. Sofort erfasste er ihren Arm und zog sie wieder auf seinen Schoss, während er beherzt die Arme um sie schlang und sein Kinn auf ihre Schulter bettete. „Ich denke, das wird kein Problem sein, für mein Mädchen tue ich doch alles“, erwiderte er keck und küsste sehnsuchtsvoll ihren Hals, sodass sie leicht kichern musste. Glücklich wandte sie sich ihm zu und presste die Lippen aufeinander. „Dann wäre ich aber auch noch für ein entspannendes Bad zu zweit“, murmelte sie ihm entgegen und fuhr mit ihren schmalen Fingern zärtlich über seine Brust. „Na, hoffentlich komme ich dann wieder aus der Wanne raus“, scherzte Taichi, obwohl er sich durchaus schwierig vorstellte, mit seinem gebrochenen Fuß zu baden. Doch das war ihm egal. Er konnte ihr einfach keinen Wunsch abschlagen. „Das wird schon klappen, notgedrungen bestellte ich dir einen Lifter“, sie grinste leicht, als sie zärtlich über seine Wange strich. „Allerdings glaube ich, dass es auch Zeit wird, meinem Freund etwas Liebe zurückzugeben. Auch wenn er es nicht unbedingt verdient“, antwortete sie neckend und hauchte ihm einen innigen Kuss auf die Lippen. „Was? Hey hör mal…!“ „Beruhig‘ dich! Ich lass uns das Wasser ein“, flüsterte sie ihm verführerisch zu und erhob sich von seinem Schoss, während sie ihm einen verliebten Blick über die Schultern wandte, der sein Herz prompt erweichte. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er wieder mal erkannte, wie sehr er dieser Frau doch verfallen war. Auch wenn sie ihn manchmal in den Wahnsinn trieb und ihre Eifersüchteleien ihm oftmals seine Nerven raubten…er liebte sie und wollte sie in seinem Leben nicht mehr missen. Egal, was auch noch passierte. Sie war die Eine und er war sich sicher, dass sie auch alle weiteren Widrigkeiten überstehen würden. Kapitel 6: Vater und Tochter ---------------------------- „Sie bringt ihren Freund mit?!“, hakte er ungläubig nach und runzelte angespannt die Stirn. „Sie ist noch viel zu jung für einen festen Freund!“ Er versperrte seiner Frau den Weg, sodass sie empört die Hände in die Hüfte stemmte und ihn böse anstarrte. „Taichi, sie ist sechszehn! Ich war genauso alt, als das mit uns angefangen hatte“, erwiderte sie augenverdrehend und kämpfte sich zu ihrem Herd, auf dem bereits das Essen vor sich hin dampfte. „Du warst siebzehn!“, korrigierte er sie kleinlich, wandte sich ihr zu und konnte nicht fassen mit welcher Lockerheit seine Frau an diese Sache heranging. Seine Tochter hatte einen Freund! Ein mulmiges Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus. Er kannte die jungen Kerle von heute…die hatten ganz sicher nichts Gutes im Sinn. Und er konnte einfach nicht zulassen, dass sein kleines Mädchen verletzt wurde. Er hatte sie aufwachsen gesehen. War bei jedem Lebensabschnitt dabei gewesen. Sah wie sie laufen und sprechen lernte. Wie sie mit einer überdimensionalen Schultüte eingeschult wurde und wie sie ein fester Bestandteil der Schulvolleyballmannschaft wurde. Er war zu fast jedem Spiel erschienen und feuerte sie leidenschaftlich an, was sie anfangs besonders toll fand. Mittlerweile fand seine Tochter nur zwei Wörter für seine leidenschaftliche Euphorie: Voll peinlich. „Du bist wirklich schlimm. Sie bringt Tadashi heute extra zum Familienessen mit, um ihn uns vorzustellen. Das würde sie nicht machen, wenn es nichts Ernstes wäre!“, führte sie ihm vor Augen und schmeckte ihre berühmte Gemüse-Hackfleisch-Soße, die sie für ihre Lasagne immer verwendete, ab. Sie pustete vorsichtig auf ihren gut geschöpften Löffel, während Taichi hinter ihr einen halben Tobsuchtsanfall zelebrierte. „Aber sie ist trotzdem noch viel zu jung! Seit wann interessiert sie sich überhaupt für Jungs?“ „Keine Ahnung? Seit sie Tadashi kennen gelernt hat? Er spielt übrigens im Fußballverein. Da hättet ihr sogar ein Thema über das ihr euch unterhalten könnt“, antwortete Mimi belustig und stellte fest, dass noch eine Prise Salz fehlte, um ihre hochgelobte Soße zu perfektionieren. „Er ist Fußballer? Die sind doch die Schlimmsten!“, murrte Taichi genervt und schoss sich wortwörtlich ein Eigentor. „Du warst auch Fußballer, mein Lieber“, sagte Mimi entrüstet. „Und glaub mir, selbst einen Fußballidioten kann man zähmen, wenn man die richtigen Mittel kennt.“ Verführerisch näherte sich Mimi ihm und schlang die Arme um seinen Hals, während Taichi sehr angespannt auf sie wirkte. Sie hauchte ihm einen bittersüßen, aber kurzen Kuss auf die Lippen, bevor er sie in eine herzliche Umarmung zog und unsicher ansah. „Ich will halt nicht, dass sie verletzt wird…ich weiß, wie wir Jungs sind und dass wir viel falsch machen. Am liebsten würde ich ihr sowas ersparen…sie ist doch mein kleines Mädchen“, murmelte er mit verhangener Stimme und drückte seine Stirn gegen Mimis. Zärtlich fuhr sie über seine Wange und nahm ihm somit einen Teil der aufgestauten Anspannung, die sein Körper vereinnahmte. „Ich weiß, dass das Loslassen sehr schwer fallen kann, aber irgendwann müssen wir sie ziehen und ihre eigene Erfahrungen sammeln lassen. Hätten wir das nicht getan, wären wir sicherlich kein Paar geworden, oder?“ Grummelnd verzog Taichi das Gesicht und nickte widerwillig. „Du hast ja recht, aber ich werde ihm ganz sicher auf den Zahn fühlen!“ Seufzend löste sich Mimi von ihm und verdrehte die Augen. „Tu was du nicht lassen kannst, aber denk daran, dass wir heute volle Hütte haben. Das letzte was ich will, ist das du unsere Tochter vor allen blamierst.“ „Oh Gott, wer hat sich denn alles angekündigt?“, hakte Taichi entsetzt nach. Mimi stand wieder am Herd und rührte ein letztes Mal die Soße um, bevor sie die Platte ausschaltete. Sie wandte sich ihrem Mann wieder zu und schwang den Kochlöffel sachte in ihrer Hand. „Also Matt und Sora kommen mit den Kindern. Isamu übernachtet heute bei Ryo, also musst du gleich mal gucken, ob er schon seine Sachen gepackt hat“, erwiderte sie aufzählend. „Dann kommt deine Schwester, allerdings nur mit Takeru. Ichiro erkundet mit seiner Großmutter immer noch Paris und wird wohl erst beim nächsten Familienessen wieder dabei sein. Und natürlich die üblichen Verdächtigen, die sich sonst immer bei uns sonntags durchschnorren.“ „Wow, das sind wirklich viele“, stellte Taichi ungläubig fest. Er konnte immer noch fassen, wie seine Frau all das organisiert bekam. Sie hatte wohl einen Terminkalender im Kopf. Wie sollte sie auch all das nur wissen können? Irgendwie musste es da doch einen Trick geben… Insgeheim bewunderte er sie heimlich dafür, dass sie alles immer im Griff hatte, die Termine der Kinder organisierte, den Haushalt schmiss und nebenher immer noch arbeitete. Er wäre bereits nach einem Tag maßlos überfordert gewesen, auch wenn sie natürlich alles miteinander absprachen und Termine gemeinsam regelten. Dennoch Mimi hatte ganz klar die Hosen an, auch wenn er dies nie vor seinen Freunden zugeben würde. „Achso, Etsuko und Daigo werden es wohl auch nicht schaffen. Die Zwillinge sind krank und die Autofahrt vom Land hier her wäre für die beiden Mäuse einfach zu lang. Und Yasuo fällt wohl auch aus.“ „Warum? Kommt etwa endlich das Baby?“, fragte Taichi verblüfft, weil seine Freundin und er sich bereits zwei Tage über dem Entbindungstermin befanden. „Naja, sie sind immer noch in der Klinik und wenn es noch länger dauert, müssen sie Alison wohl einleiten. Aber sie warten noch ein bisschen. Vielleicht kommt sie ja noch heute“, meinte Mimi euphorisch, da sie sich für Yasuo sehr freute. Er war in all den Jahren immer ein toller Ersatzonkel für ihre Kinder gewesen, aber da er beruflich oft unterwegs war, schaffte er es nicht eine eigene Familie zu gründen. Alison hatte er in den USA kennen gelernt, da sie seine Regieassistentin bei einem seiner berühmten Dokumentarfilme war. Es hatte sofort gefunkt und nun erwarteten die beiden ihr erstes gemeinsames Kind. Eine kleine Tochter. Taichi freute sich sehr für ihn, auch wenn seine Tochter ihm immer mehr entglitt. Er hatte das Gefühl, dass er immer mehr aus ihrem Leben gedrängt wurde, weshalb er die winzigen Momente mit ihr unbedingt festhalten wollte. _ Hektisch durchforstete sie ihren Kleiderschrank und hielt sich sämtliche Oberteile an, die ihr einfach nicht gefielen. Wieso hatte sie in solchen wichtigen Momenten auch nie etwas zum Anziehen parat? Sie wollte Tadashi doch gefallen und mit ihrem Outfit am besten noch von ihrer ziemlich schrägen Familie ablenken. Warum hatte sie ihn auch ausgerechnet zum Familienessen eingeladen? Und warum in drei Teufelsnamen wollte er unbedingt ihre Familie kennen lernen? Zum Sterben war es doch noch viel zu früh… „Man Ari, ich habe nichts zum Anziehen“, murrte sie verbittert und drehte sich ihrer Schwester zu, die auf ihrem Bett lag und eine Modezeitschrift durchblätterte. „Was redest du denn da? Dein Schrank ist doch gut gefüllt“, erwiderte sie unbeeindruckt, als sie einen kurzen Blick zu Noriko wagte. „Aber es passt nichts! Ich möchte das Tadashi umfällt, wenn er mich sieht“, antwortete Noriko mit glänzenden Augen und hielt sich eine türkisfarbene Bluse an, die ihr jedoch bei genauerer Betrachtung doch nicht mehr gefiel. „Du willst das er umfällt? Damit Papa ihn nicht mehr ausquetschen kann?“, fragte sie belustigt und schlug die Modezeitschrift zu. Arisu hatte viel mehr Ahnung was Mode und Trends anbetraf, weil sie sich in ihrer Freizeit am liebsten mit solchen Themen beschäftigte. Sie kam eben ganz nach ihrer Mutter, die auf ein gepflegtes Äußeres bestimmt genauso viel Wert legte. Noriko war darin ganz anders. Sie liebte Sport, hatte auch keine Hemmungen mal mit einem unordentlichen Dutt und ungeschminkt aus dem Haus zu gehen, während ihre Schwester die Wohnung noch nicht mal in Jogginghose verließ. Sie waren eben grundverschieden, aber trotzdem waren sie Schwestern, die zusammenhielten. Und jetzt brauchte Noriko ihre Hilfe dringender denn je. Sie wollte ihrem Freund gefallen. Ihn ein wenig überraschen und ihm zeigen, dass sie nicht nur lässige Sportklamotten im Schrank hatte. Ihre Mutter hatte ihr oft irgendwelche Klamotten aufgeschwatzt, die sie meist nicht anzog, weil sie sich darin einfach nicht wohlfühlte. Schon als Kind wurde sie in pinke Kleidchen gesteckt, die sie sogar extra mit Matsch besudelt hatte, um sie gegen eine bequeme Latzhose tauschen zu können. „Du solltest unbedingt etwas anziehen, indem du dich auch wohlfühlst“, warf Arisu bedenkend ein und stand auf, um ihren Kleiderschrank zu inspizieren. Früher fand es Noriko furchtbar sich das Zimmer mit ihrer jüngeren Schwester zu teilen, weil sie meist ihr Spielzeug versteckt hatte und ihre Süßigkeiten aufaß, aber mittlerweile war sie froh, jemanden an ihrer Seite zu wissen, der sie blind verstand. Es war ein unsichtbares Band, dass zwischen den beiden herrschte und dass sie keinesfalls mehr missen wollte. „Mhm, also Kleider fallen definitiv weg. Die ziehst du noch nicht mal in deiner Freizeit an“, erwiderte sie nachdenklich und zog einige Oberteile hervor. „Also die hier finde ich schön, aber ich weiß noch nicht welche Farbe am besten zu dir passt. Am besten fragen wir da mal unseren Künstler.“ Sie grinste verschmitzt und hielt ihr jeweils einen beerenfarbenen und himmelblauen Feinstrickpullover an, als sie ihren kleinen Bruder ins Zimmer rief. Man hörte ihn leise grummeln, als er langsam aus seinem eigenen Zimmer in das der Mädchen getrottet kam. Sein Gesicht zierten mehrere Farbklekse und auch seine Hände waren bunt eingefärbt. Wahrscheinlich zeichnete er wieder eines seiner einzigartigen Bilder, die ihre Mutter ganz stolz ins Wohnzimmer hängte und behauptete, dass sie ein berühmter Künstler erschaffen hätte. „Was ist denn los?“, fragte er ungeduldig und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir brauchen mal deinen fachmännischen Rat“, eröffnete Arisu, während sich Noriko regelrecht auf dem Präsentierteller fühlte. Warum zog sie auch noch ihren kleinen Bruder mit rein? Von Mode hatte er ja mal überhaupt keine Ahnung. „Also, welche Farbe steht Noriko besser? Die, oder die?“, fragte ihre Schwester gespannt und hielt ihr abwechselnd die beiden Pullover vor die Nase. Isamu runzelte nur mit der Stirn und blickte argwöhnisch zu seinen beiden Schwestern. Wahrscheinlich dachte er schon, dass sie den Verstand verloren hätten, doch dann ging er bedacht auf die zwei zu und fuhr sich mit seinen farbdurchtränkten Fingern nachdenklich über sein Kinn. Er hinterließ seine farbigen Spuren, als er den Kopf leicht schräg hielt und plötzlich auf den beerenfarbenen Pullover deutete. „Den hier. Noriko ist viel zu blass und der Beerenton lässt sie viel herzlicher wirken“, antwortete er unbedacht, als Noriko prompt der Mund aufklappte. „Herzlicher? Ich bin doch herzlich genug! Pass auf, dass ich deine Zahnbürste nicht zum Schruppen der Toilette benutze“, geiferte sie empört und schnappte sich den ausgesuchten Pulli. „Ja, wirklich sehr herzlich“, erwiderte er grinsend. „Bist du bei Tadashi genauso?“ Empört blies Noriko die Wangen auf und setzte gerade an, etwas zu sagen, als Arisu ihr zuvorkam. „Okay, Friede und Liebe“, warf sie sofort ein, bevor Nori doch noch kontern konnte. „Wir brauchen heute wirklich kein Geschwisterdrama!“ „Ich übernachtete heute sowieso bei Ryo und wir bleiben die ganze Nacht auf“, schwärmte Isamu träumerisch und befand sich wohl schon in seiner Traumwelt, die aus viel Zucker und wenig Schlaf bestand. „Erstmal müssen wir das Essen überstehen. Und ich habe wirklich schon eine super Idee, mit welcher Jeans du den Pulli kombinieren kannst. Und dann mache ich dir am besten noch die Haare! Oh Gott, wenn ich mit dir fertig bin, wirst du fantastisch aussehen“, schwärmte Arisu und stellte sich bereits ihr fertiges Ergebnis vor. Noriko wurde es auf einmal ganz mulmig zu Mute. „Also, an deiner Stelle würde ich schnellstens wegrennen“, flüsterte Isamu ihr zu, während sich ihre Schwester bereits Gedanken um ihr Make-Up machte. Wahrscheinlich sah sie sie als eine Art Versuchskaninchen, an dem sie neue Mode- und Schminktrends ausprobieren konnte. Und sie konnte sich nicht vorstellen, dass Arisu und sie den gleichen Geschmack haben würden. _ Nervös stand Noriko mitten im Raum und beobachtete das wilde Gewusel, dass fast jeden Sonntag bei ihnen herrschte. Die Wohnung war bereits gut gefüllt und ihr Vater hatte bereits den Ess-und Wohnzimmertisch ausgezogen, damit alle genügend Platz fanden. Noriko durfte heute zusammen mit ihrem Freund am Esstisch Platz nehmen, während ihre Geschwister und die anderen Kinder sich im Wohnzimmer aufhielten. Sie wurde bei diesem Gedanken schon ganz nervös. Noch nervöser machte sie es allerdings, dass ihr Vater gerade mit Tadashi sprach und nebenbei sein kühles Bier genoss. Sie konnte nicht verstehen, über was die beiden sich unterhielten, auch wenn sie einen angestrengten Blick auf ihre Lippen gerichtet hatte. Mit zitternden Fingern zupfte sie an ihrem Pullover und atmete unruhig, als sich plötzlich ein Arm um sie legte. „Mäuschen, mach‘ dir nicht so viele Gedanken. Dein Vater benimmt sich schon“, ertönte die beruhigende Stimme ihrer Mutter. „Ach wirklich? Er war davon doch gar nicht begeistert gewesen“, murmelte sie und schenkte ihrer Mutter einen fragwürdigen Blick. Doch sie lächelte nur verschmitzt und drückte sie näher an sich heran. „Das wird schon. Ich habe ein Auge auf ihn“, zwinkerte sie verschwörerisch und ließ sie abrupt los. „Aber jetzt essen wir erstmal! Ich hoffe, Tadashi hat dir schon ein Kompliment gemacht. Du siehst heute wirklich sehr hübsch aus.“ Noriko verdrehte die Augen. Sie sah heute sehr hübsch aus? Und sonst nicht? Irgendwie fühlte sie sich leicht beleidigt, auch wenn es ihre Mutter sicherlich nur gut meinte. Und obwohl sie versucht hatte, sie zu beruhigen, hatte Noriko immer noch ein ungutes Gefühl bei dieser Sache hatte. Sie wusste nicht woher es kam, aber als sich immer mehr Leute um den Tisch versammelten und sich langsam auf den Stühlen niederließen, machte sich eine innere Unruhe in ihr breit. Warum konnte Tadashi nicht nur ihre Eltern und Geschwister kennen lernen? Warum musste ihre Mutter ihn gleich zum Familienessen einladen? Er war bestimmt noch nicht bereit dafür, die chaotische Bande zu ertragen. So lange waren sie auch noch gar nicht zusammen, dass Noriko ihm all das zumuten wollte. Sie seufzte leise als Tadashi gemeinsam mit ihrem Vater zum Tisch schritt und unauffällig nach ihrer Hand griff und sie festdrückte. Sie fing seinen unsicheren Blick auf und betrachtete ihren Vater aus dem Augenwinkel heraus, der sich bereits auf seinen Stammplatz gesetzt hatte. „Ich bin ein bisschen nervös“, flüsterte Tadashi Noriko in einem unbeobachteten Augenblick zu. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie versuchte ihm einen beruhigenden Blick zuzuwerfen, auch wenn sie ebenfalls vor Nervosität tausend Tode starb. „Das wird schon“, meinte sie zuversichtlich und setzte sich neben ihren Vater, während ihr Freund den Platz neben Masaru ergatterte. Noriko fiel sofort auf, dass er sein Handy auf dem Tisch platziert hatte, als ihr direkt einfiel, dass sich Yasuo im Krankenhaus befand und mit Alison auf die Ankunft ihrer gemeinsamen Tochter warteten. „Und hast du schon etwas Neues von Baby Hirata gehört?“, fragte Mimi neugierig, da ihr ebenfalls das Handy auf dem Tisch aufgefallen war. Masaru tätschelte sich aufgeregt den Hinterkopf und warf einen kurzen Blick zu seinem Freund Katsuo, der gerne das Reden für ihn übernahm, wenn er zu nervös dafür war. „Also bisher ist noch alles unverändert, aber wir warten schon sehnsüchtig auf die Ankunft der kleinen Prinzessin. Masaru kann sich kaum halten und kauft ständig irgendwelchen Kram ein, den sein Bruder ja gebrauchen könnte“, erzählte Katsuo belustigt. „Hey, was redest du denn da?“, erwiderte Masaru empört und zog die Augenbrauen zusammen. „Schatz, unsere Vorratskammer gleicht einem Spielzeugparadies. Das darf man echt wirklich keinem zeigen, aber rein theoretisch hätten wir jetzt Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke für die nächsten zehn Jahre.“ Katsuo gestikulierte ausdrucksstark während Masaru nur mit dem Kopf schütteln konnte. Die kleine Runde lachte herzlich, während sich Masaru und Katsuo in einem kleinen Wortgefecht verloren, was Noriko automatisch die Anspannung nahm. Sehr gut! Wenn sie weiterhin über das Baby reden würden, könnten sie wohl kaum Tadashi weiter ausfragen! Doch Noriko freute sich natürlich zu früh. Sie hatte bekanntlich die Rechnung, ohne den Wirt gemacht, als sich ihr Vater plötzlich räusperte und das frischverliebte Paar anstarrte. „Wir haben ja heute ein neues Gesicht an unserem Tisch. Möchtest du ihn und nicht mal vorstellen, Nori?“ Geschockt weiteten sich ihre Augen, als sie unsicher zu ihrem Freund blickte, der die Lippen aufeinandergepresst hatte. „Ähm, ja…das ist Tadashi…m-mein Freund!“, antwortete sie stotternd, während sämtliche Blicke auf sie gerichtet waren. Gott, es war so unangenehm. Am liebsten hätte Noriko doch eher am Kindertisch Platz genommen. Hier fühlte sie sich ganz und gar nicht wohl. „Ach erzählt doch mal ein bisschen“, erwiderte Taichi sorglos und nippte an seinem Bier. „Wie lange läuft das denn schon? Sollte ich mir bereits Gedanken machen?“ „Taichi…“, zischte Mimi mahnend, als Noriko immer weiter ihren Stuhl hinunterrutschte. Ihr Essen hatte sie noch gar nicht angerührt, obwohl ihr Magen vor Hunger bereits grummelte. „Was denn? Ich interessiere mich doch nur für das Leben unserer Tochter“, verteidigte er sich sofort, als Noriko den genervten Blick ihrer Tante auffing. „Manchmal bist du einfach viel zu neugierig, Taichi. Kein Wunder, dass Takeru und ich dir damals als Letzter von unserer Beziehung erzählt hatten“, mischte sie sich ein und klang sogar ein wenig erzürnt. „Wie als Letzter? Ihr wusstet alle schon davon?“, hakte er empört nach und richtete den Blick zu Yamato, der sich versuchte hinter Sora zu verstecken. „Ich glaube, wir müssen jetzt hier keine alten Kamellen aufwärmen“, meinte Sora bestimmend. „Oh doch! Ich bin fassungslos! Ihr ward damals doch noch halbe Kinder“, stellte Taichi empört fest. „Und weiter? Jetzt sind wir alle gewachsen und spiel hier nicht die Moralapostel. Du hast wirklich auch schon genug Mist gebaut“, knurrte Kari zornig. „Oh, darüber könnte ich echt tolle Geschichten erzählen“, steuerte Masaru bei, während Chiaki automatisch das Gesicht verzog. Scheinbar kannte er diese Geschichten schon zu genüge und Noriko war sich nicht sicher, ob sie diese alten Karamellen überhaupt hören wollte. Während ihr Freund die Runde belustigt verfolgte, wollte Noriko am liebsten auf ihr Zimmer verschwinden. Es war ein gewaltiger Fehler gewesen, Tadashi ihrer Familie vorstellen zu wollen. Bestimmt fühlte er sich jetzt schon heillos überfordert. Wieso hatten ihre Eltern auch keine normalen Freunde? Doch mit dem nächsten Knaller hatte auch sie nicht gerechnet. „Also ich finde ja, wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen. Oder wer wäre beinahe wegen nächtlichen Ruhestörungen aus dem Wohnheim geflogen, weil er seine animalischen Triebe nicht im Zaum halten konnte, mhm?“ Masarus Stimme war ruhig, aber ein unterschwelliger Hauch Sarkasmus schwang automatisch mit und ließ den Raum verstummen. Noriko fühlte wie ihre Wangen warm wurden und sie vor Scham am liebsten im Erdboden versinken wollte, als sie die entsetzen Gesichter ihrer Eltern sah. Ihre Mutter war rot angelaufen und ihren Stuhl ein ganzes Stück hinunter gerutscht, während ihr Vater mit aufgeklapptem Mund seine Bierflasche in Händen hielt. Ihr Freund hielt sich bedeckt und blickte in die kleine Runde, in der sich das blanke Entsetzen wiederspiegelte. Doch Masaru, wäre nicht er, wenn er nicht noch einen draufsetzen würde. Noriko kannte ihren Onkel nur zu gut und wusste, dass er ihre Eltern gerne in Verlegenheit brachte, auch wenn der Augenblick wirklich unpassend gewählt war. Tadashi sollte doch nichts Schlechtes über sie denken… „Oder erinnert ihr euch noch, als wir auf dieses Musikfestival gefahren sind? Yamato und ich haben die beiden Turteltäubchen überall gesucht, bis wir an unserem Wangen vorbeigekommen sind, der verdächtig gewackelt hat. Anscheinend wurde darin ein wirklich heißer Liebestanz zelebriert, der sogar unverhofft neun Monate später Früchte…“ „Aua“, schrie Tadashi plötzlich auf, rutschte mit dem Stuhl zurück und tätschelte sich sein Schienbein, während Mimi entsetzt dreinblickte. „Tut mir leid, ich wollte eigentlich Masaru treffen“, gab sie peinlich berührt zu und hielt sich die Hand vor den Mund, während Noriko das Gefühl hatte, sich in einer verdrehten Welt zu befinden. Ging es denn noch schlimmer? Und was hatte Onkel Masaru da gerade nur erzählt? Die beiden hatten auf einem Festgelände… „Ich wurde während eines Festivals gezeugt?! Ihr habt mir immer was Anderes erzählt! Von wegen geplant und so“, brüllte Noriko verletzt und konnte nicht fassen, wie sich dieser Mittag entwickelte. Manchmal wünschte sie sich wirklich eine andere Familie. „Schätzchen, so stimmt das doch gar nicht. Wir…“, setzte Taichi an, als er von Noriko unterbrochen wurde „Was stimmt denn dann? Dass ich ein unglücklicher Unfall war, den man hier einfach vor allen blamieren kann?“ „Mäuschen, das wollten…“ Doch weiter kam Mimi nicht, als Noriko einfach aufsprang, ihren Stuhl unsanft an den Tisch schob und durch Wohnzimmer schritt. Mit einem lauten Knall hatte sie die Zimmertür zugeschlagen und ließ Tadashi am Tisch alleine zurück. Etwas unbeholfen kratzte er sich am Hinterkopf und setzte sich etwas nach vorne. „Also die Lasagne ist wirklich lecker, Frau Yagami“, versuchte er die Situation zu retten, obwohl sie bereits hoffnungslos verloren war. _ Niedergeschlagen betrachtete Taichi die kleine Runde vom Sofa aus. Während Arisu es geschafft, zu Noriko durchzudringen und in ihr gemeinsames Zimmer zu gelangen, war die Laune der anderen am Tiefpunkt angelangt. Sora und Yamato waren bereits mit den Kindern und Isamu nach Hause gefahren, um etwas Ruhe reinzubringen. Auch Chiaki und Momoko hatten sich mit ihrem gemeinsamen Sohn auf den Heimweg begeben, während Mimi immer noch damit beschäftigt war Masaru in der Küche die Leviten zu lesen. Tadashi saß immer noch gemeinsam mit Takeru und Katsuo am Tisch, doch Taichi entging nicht, dass er einen besorgten Blick zu Norikos Zimmertür warf. Taichi seufzte leise, als sich seine Schwester direkt neben ihm niederließ. „Wow, das war wirklich sehr peinlich für Nori“, erwiderte sie matt. „Ich bin wirklich froh, dass unser Sohn im Moment mit Takerus Mutter in Paris ist. Du bist sein Vorbild und heute hast du dich wirklich unmöglich verhalten.“ „Unmöglich? Ich? Hast du nicht gehört, was Masaru alles erzählt hat?“, fragte er ungläubig und hatte ernsthaft den Verdacht, dass seine Schwester den Ohrenarzt aufsuchen musste. „Du weißt genau, wie ich das meine. Allein schon wie du den armen Jungen angesehen hast. Er ist völlig verängstigt! Willst du ihn vergraulen? Nur zu deiner Info, deine Tochter hat diesen Jungen unglaublich gern! Leg diesen dämlichen Beschützerinstinkt ab! Den hast du schon bei mir nicht gebraucht und wirst es bei ihr auch nicht brauchen“, redete sie ihm ins Gewissen. Taichi verdrehte nur die Augen. Seine Schwester hatte leicht reden. Sie hatte den Jungen doch auch gerade erst kennen gelernt, wie konnte sie sich da so sicher sein? Oder übertrieb er es tatsächlich mit seiner Fürsorge? Er erinnerte sich noch gut daran, wie er damals auf die Beziehung von Takeru und seiner Schwester reagiert hatte. Es dauerte Monate bis er sich daran gewöhnt hatte, wenn nicht sogar Jahre. Doch der Blondschopf tat ihr sichtlich gut. Er kümmerte sich aufopferungsvoll um seine kleine Familie und beschützte sie, so wie er es Taichi schon damals als kleiner Junge versprochen hatte. „Sei einfach für sie da. Du bist ihr Vater und wirst immer einen wichtigen Platz in ihrem Leben haben und daher ist es wichtig, dass du auch den Menschen an ihrer Seite akzeptieren lernst, der sie glücklich macht“, führte sie fort. „Lern‘ den Jungen kennen. Mach dir ein Bild von ihm und steh deiner Tochter bei. Rede mir ihr.“ Nachdenklich runzelte Taichi die Stirn und konnte kaum fassen, wie sehr die Worte seiner Schwester ihn rührten. Ja, er würde immer einen wichtigen Platz in ihrem Leben haben, aber er hatte Angst, dass sie ihn irgendwann nicht mehr brauchen würde. Seine Kinder bedeuteten ihm alles in seinem Leben und er wollte keinen wichtigen Moment von ihnen verpassen, auch wenn der pure Egoismus ihn dazu verleitet hatte, unfair zu spielen. Er wollte Noriko beschützen. Tadashi mit Fragen bombardieren, um herauszufinden, ob er es ernst meinte. Doch das war nicht seine Aufgabe. Sie müsste ihre Erfahrungen alleine sammeln, so wie er es einst getan hatte. „Danke Kari, ich glaube ich sollte mich bei dem Jungen entschuldigen. Er macht wirklich einen netten Eindruck“, gab er kleinlaut zu, auch wenn es sich kaum traute, es laut auszusprechen. Auf Karis Gesicht zauberte sich ein Lächeln, doch bevor sie etwas sagen konnte, hörten beide einen quietschenden Schrei aus der Küche kommen. „Oh mein Gott, sie ist da!“, brüllte Masaru durch die Wohnung und hielt sein Handy in die Lüfte. Mimi hielt sich bereits die Ohren zu, da Masarus schriller Freudenschrei durch Mark und Bein drang. „Katsuo, wir müssen unbedingt los! Meine Nichte ist da“, wiederholte er immer noch ungläubig und tänzelte freudig durch das Zimmer, auch wenn Taichi es nur schwerfällig als Tanz identifizieren konnte. Keine fünf Minuten später waren auch sie aufgebrochen und auch seine Schwester und Takeru wollten sich schon auf den Nachhauseweg machen, als Kari ihm einen eindeutigen Blick schenkte. Ein wenig wiederwillig ging er auf Tadashi zu, als Mimi die beiden zur Haustür begleitete und sie noch verabschieden wollte. Was sollte er nur zu dem Jungen sagen? Er saß immer noch völlig eingeschüchtert auf dem Stuhl und traute sich nicht zu rühren. „Na, möchtest du nicht mal nach deiner Freundin sehen?“, fragte Taichi unbeholfen und ließ sich auf dem Stuhl neben ihm nieder. Tadashi presste die Lippen aufeinander und blickte unschlüssig zu ihrer Zimmertür. „Meinen Sie denn, dass sie mich reinlässt? Nori kann sehr stur sein…“ Er sackte etwas den Stuhl hinab und wandte sich erwartungsvoll an ihn, als Taichi ihm ein amüsiertes Lächeln schenkte. Behutsam legte er eine Hand auf seiner Schulter ab und sah ihn versöhnlich an. „Das hat sie von ihrer Mutter, aber ich kann dir verraten, dass wenn du am Ball bleibst und dich bemühst, sie dich nicht abwimmeln wird.“ „Sprechen Sie da etwa aus Erfahrung?“, hakte er zurückhaltend nach. „Naja bei ihrer Mutter und mir war das ähnlich gewesen. Ein ständiges hin und her. Sie war stur und dickköpfig, da musste ich mich schon anstrengen, um sie zu erobern“, erwiderte er grinsend. „Naja, scheint ja geklappt zu haben, wie man so hört…“, lachte er amüsiert, während sich Tais Blick verfinsterte, bevor er ebenfalls mit einstieg. Wenigstens hatte der Junge Humor. „Du solltest zu ihr gehen. Na los“, forderte er ihn nachdrücklich auf. Bestärkt stand Tadashi auf und ging schnurstracks zu Norikos Zimmer, indem er sogar wenige Minuten später verschwand. Erleichtert atmete Taichi aus und lehnte sich sachte nach hinten, als plötzlich die Stimme seiner Frau ertönte. „Stur und dickköpfig? Das ist doch jetzt nicht dein Ernst?“, fragte sie entsetzt und stemmte erbost die Hände in die Hüfte. „Ähm…“, begann er sprachlos. „Okay, heute Abend hast du definitiv Anfass-Verbot, mein Lieber! Stur und dickköpfig? Ich fass es nicht“, murrte Mimi wütend und stapfte in ihre Küche, um die Unordnung zu beseitigen. „Mimi…Schatz…warte…so meinte ich das nicht“, rief Taichi ihr hinter und sprang sofort auf, um zu Kreuze zu kriechen. Diese Frau. Auch noch nach so viel Jahren, machte sie ihn einfach nur wahnsinnig… _ Behutsam klopfte er an ihre Zimmertür und wartete auf eine Antwort von ihr, bevor er eintrat. Er hatte extra gewartet, bis Arisu sich bettfertig machen wollte, um mit Noriko unter vier Augen sprechen zu können. Im Nachhinein tat ihm sein schäbiges Verhalten gegenüber Tadashi sehr leid, auch wenn er es tatsächlich geschafft hatte Noriko wieder zu beruhigen, was eine Kunst für sich darstellte. In diesem Punkt kam sie wirklich nach ihrer Mutter, die Taichi wohl heute keines Blickes mehr würdigte. Selbst tausendfaches Entschuldigen half in diesem Fall nichts, um diese Frau besänftigen zu können. Doch bevor er sich weiter mit Mimi beschäftigte, wollte er die Sache mit Noriko klären und Rückgrat beweisen, indem er sich bei ihr entschuldigte. „Na, wie geht’s meiner Großen? Kann ich eintreten, oder besteht die Gefahr, dass du mich mit deinem Kissen abwirfst?“, fragte er vorsichtig nach und hielt sich weiterhin in Türnähe auf. Noriko saß auf ihrem Bett und hatte ihre langen braunen Haare zu einem locker geflochtenen Zopf zusammengebunden. Sie hatte bereits ihren Schlafanzug an und blätterte nebenbei in einem Buch, während sie ihrem Vater einen undefinierbaren Augenaufschlag schenkte. Wahrscheinlich war sie noch sauer auf ihn. Und auch wenn er Gefahr lief, dass nächstbeste Kissen ins Gesicht geschleudert zu bekommen, näherte er sich ihrem Bett. Finster betrachtete sie jeden seiner Schritte, sagte aber nichts, als er sich auf ihrer Matratze niederließ. „Hör zu…“, begann er leise und suchte Blickkontakt. „Ich habe mich wirklich nicht richtig verhalten. Es tut mir sehr leid, dass das Mittagessen so chaotisch abgelaufen ist und dass ich Onkel Masaru nicht daran gehindert habe, solche dummen Sprüche vor Tadashi zu sagen.“ Noriko legte die Stirn in Falten und biss sich auf ihre Unterlippe, als sie zeitgleich die Arme vor der Brust verschränkte. „Und? Stimmt es denn, was er gesagt hat? Ich bin ein Festivalbaby?!“ Taichi murrte leise vor sich hin und wollte Masaru am liebsten den Hals dafür umdrehen, Noriko so einen Floh ins Ohr gesetzt zu haben. Sie sollte davon nichts erfahren, nicht das sie ihre Eltern noch für notgeile Hippies hielt. Doch als er ihren dringlichen Blick auffing, wusste Taichi, dass er zu ihr mit dem Herzen sprechen musste. „Nori, das ist doch völlig egal, unter welchen Umständen du gezeugt wurdest. Deine Mutter und ich waren sehr glücklich gewesen, als wir erfahren haben, dass du unterwegs warst. Du warst unser kleines Wunder, dass uns jeden Tag ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat und deswegen fällt es mir auch so schwer dich loszulassen. Du bist schon so selbstständig, wirst irgendwann auf eigenen Beinen stehen, von zuhause ausziehen und deine eigene Familie gründen. Vielleicht sogar mit Tadashi, vielleicht auch mit jemand anderem. Aber du wirst, egal wie alt du auch bist, mein kleines Mädchen bleiben, dass auf meinen Schultern gesessen und die Kirschblüten im Frühling bewundert hat.“ Gerührt beendete er seinen Monolog und sah in die braunen Augen seiner Tochter, die seinen so ähnlich waren. Es dauerte keine Sekunde, als sich Noriko auf ihre Knie schaffte, sich näher an ihn heranrobbte und die Arme innig um ihn schlang. „Danke Papa“, murmelte sie ihm entgegen und drückte ihn so fest an sich, dass Taichi mit seinen eigenen Emotionen fast schon überfordert war. Es war lange her, dass ihm seine Tochter eine so innige Umarmung schenkte und er genoss jede einzelne Sekunde davon. Langsam lösten sie sich voneinander, als Taichi fürsorglich über ihren Haaransatz strich. „Du bist mir also nicht mehr böse?“ Noriko schüttelte sofort mit dem Kopf und grinste leicht vor sich hin, bevor sie die Lippen kräuselte. „Ich glaube, Tadashi fand es sehr witzig. Seine Eltern sind kaum zuhause und er kennt so ein verrücktes Familienleben gar nicht, weshalb er auch beschlossen hat, öfter vorbeizukommen“, erzählte sie ihm euphorisch. „Wirklich? Hat Masaru ihn nicht abgeschreckt? Na, das muss wirklich was heißen“, sagte er lachend und freute ich insgeheim, dass er mit Nori alles klären konnte. Auch wenn es nicht leicht für ihn war, loszulassen, musste er es tun, um seine Tochter nicht zu verlieren. Gelassen erhob er sich von ihrem Bett und starrte zufrieden auf sie hinab. „Okay, macht aber jetzt nicht mehr solang, ja?“ „Papa, wir haben Ferien, schon vergessen?“, erwiderte Noriko kichernd und zog eine Augenbraue in die Höhe, als im selben Moment ihr Handy vibrierte. Sie beugte sich zu ihrem Nachttisch und grinste verliebt vor sich hin, als sie eine neue Nachricht entdeckte. „Okay, ich glaube, ich lasse dich mal mit deinem Handy alleine“, antwortete er verschmitzt und wünschte ihr eine gute Nacht, bevor er aus ihrem Zimmer trat. Auf dem Weg in sein Schlafzimmer begegnete er noch Arisu, die ihm einen Gute-Nacht-Kuss auf die Wange hauchte und ebenfalls in ihrem Zimmer verschwand. Gelöst betrat er endlich seine nächtliche Ruhestätte, als ihm auffiel, dass seine Frau auf ihrem gemeinsamen Bett saß und leise vor sich hin schluchzte. „Mimi? Ist alles in Ordnung?“, fragte er beunruhigt, schritt zielstrebig auf sie zu und beugte sich vor ihr auf die Knie. Er saß wie sich eine einzelne Träne löste und langsam ihre Wange hinunter wanderte. Völlig gerührt blickte sie ihm in die Augen und streichelte zärtlich über sein Gesicht, obwohl sie vor wenigen Stunden irgendwas von „Anfass-Verbot“ geredet hatte. „Was hast du denn?“, hakte er besorgt nach, da er nicht verstehen konnte, warum sie weinte. Doch ein mildes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, während sie ihre Stirn liebevoll gegen seine drückte. „Du bist wirklich ein toller Vater…“, meinte sie mit gedämpfter Stimme, als sich Taichi verwundert etwas von ihr löste. „Du hast wieder an der Tür gelauscht, oder?“ „Vielleicht…“, antwortete sie fast flüsternd und zupfte verspielt an seinem obersten Hemdknopf. „Ich bin eben meiner Mutter ähnlicher, als ich manchmal möchte.“ „Ach, ich denke das ist normal. Unsere Kinder sind ja auch wie wir, oder?“ „Das schon, obwohl Noriko eindeutig nach dir kommt“, stellte sie fest und schlang die Arme um seinen Hals. „Aber Arisu und Isamu kommen definitiv nach dir. Erinnerst du dich noch, als ich unserem Sohn das erste Mal einen Fußball hingelegt hatte? Er hat ihn mit Wasserfarbe verziert!“, entgegnete er entrüstet, da sein Sohn wohl niemals in seine Fußstapfen treten würde. Aber das war okay. Er war froh, dass alle seine Kinder einen eignen Kopf hatten. „Das stimmt wohl, aber er wird sicher Mal ein berühmter Künstler. Ari wird vielleicht Designerin und Nori hat bestimmt vor, die Welt zu verändern“, meinte sie lächelnd, als sie über die Zukunftspläne ihrer Kinder nachdachte. „Ja, das könnte wirklich passen“, erwiderte Taichi bestätigend und strich ihr zärtlich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich glaube wir sollten ins Bett gehen“, schlug Mimi versöhnlich vor und scheinbar schien der kleine Disput von heute Mittag völlig in den Hintergrund gerückt zu sein. Taichi nickte nur, als er sich von ihr losmachte und gerade im Begriff war seinen Schlafanzug aus der Kommode zu kramen, als Mimi ihn aufhielt. „Was machst du denn da?“, fragte sie verführerisch und setzte sich in Pose. Verdutzt blickte Taichi sie an und schien nicht zu verstehen, auf was sie hinauswollte. „Naja, ich wollte meinen Schlafanzug anziehen…“ „Ach wolltest du das? Ich glaube, ich habe was anders mit ‚ins Bett gehen‘ gemeint“, sie grinste verwegen und signalisierte ihm, dass er die Tür schließen sollte. „Ach so ist das also…na wenn das so ist…“, raunte er verführerisch, als er die Tür hinter sich schloss und danach direkt auf ihr Bett zusteuerte. Mimi biss sich auf die Unterlippe und ließ sich etwas zurückfallen, als sich Taichi neben ihr niederließ. Voller Liebe blickte er ihr in die Augen, als er sehnsüchtig seine Lippen auf ihre legte und sich dem Rausch der Leidenschaft endgültig hingab. Kapitel 7: Im Einklang des Wassers ---------------------------------- Juli 1997 Es war der Moment, der mein Leben für immer verändern sollte. Ich stand am Rand des Beckens und beobachtete die anderen Kinder, die noch ausgelassen im Wasser tobten, während ich bereits meine Schwimmärmchen abgegeben hatte. Ich war die Einzige, die sich noch nicht traute, ohne zu schwimmen, weshalb ich niedergeschlagen am Beckenrand stand und von Neid zerfressen die Anderen beobachtete. Ich wollte es auch endlich können! Das Wasser unter meinen Armen spüren und mich einfach von ihm treiben lassen – ohne irgendwelche Hilfsmaterialien. Aber ich hatte Angst. Angst unterzugehen und nicht mehr auftauchen zu können. Dennoch stand ich hier, in mir der Drang meine Ängstlichkeit endgültig zu überwinden. Ich drehte mich zu meinen Eltern, die in einem kleinen Café saßen und den Schwimmunterricht beobachten. Ich biss mir auf die Unterlippe, als ich wieder den Blick zum Becken wandte. „Was machst du denn da, Mimi?“, ertönte plötzlich die Stimme von meinem Freund Taichi, der ebenfalls den Schwimmkurs besuchte und zu denjenigen gehörte, die als Erstes die Schwimmärmchen abgelegt hatten. Er hatte ein Talent, was den Sport anbetraf und war nicht so ein hoffnungsloser Fall, wie ich, der ständig nur belächelte wurde und über die die anderen Kinder bereits tratschten. Mir war es selbst sehr unangenehm, dass ich es einfach nicht lernte konnte. Ich wollte doch schwimmen! Mehr als alles andere auf dieser Welt. Doch die Formel zum Erfolg wurde von meiner Angst getrübt, die mir immer noch im Rücken stand und mich daran hinderte hineinzuspringen. „Mimi? Hey! Was ist denn los?“, fragte Taichi besorgt und legte seine Arme am Beckenrand ab, während er mit seinen Beinen immer noch im Wasser strampelte. Wie automatisch wurde er nach oben getrieben, so als wäre es ein Kinderspiel. Er musste gar nicht viel machen, sondern bewegte sich einfach nur. So schwer konnte es also gar nicht sein! „Ich werde jetzt auch rein kommen“, informierte ich ihn. Verdutzt blickte er mich an und wollte mich gerade noch zurückhalten, als ich meinen ganzen Mut zusammennahm und sprang. Es dauerte keine Sekunde, bis ich in das Wasser eintauchte und versuchte wieder hochzukommen. Doch die Wassermassen drückten mich nach unten, weshalb ich meine Augen leicht öffnete, um mich zu orientieren. Ich hörte dumpfe Schreie um mich herum, die im Wasser jedoch kaum hörbar waren. Ich versuchte mich wieder an die Wasseroberfläche zu kämpfen, da ich spürte wie mir allmählich die Luft ausging. Anscheinend hatte ich nicht genug Luft geholt, da ich mich sehr plötzlich für meinen Sprung ins Ungewisse entschieden hatte. Mittlerweile bereute ich meine Entscheidung zu tiefst. Denn egal was ich auch versuchte, ich kam einfach nicht alleine hoch. Ich brüllte unter Wasser, doch niemand konnte mich hören. Meine Augen begannen von dem Chlor zu brennen, als ich sie schloss und schon mit dem Schlimmsten rechnete. Dabei wollte ich doch nur schwimmen lernen! Und jetzt war das wohl das Letzte, was ich jemals machen würde. Ich fühlte wie meine Kräfte schwanden und meine Bewegungen allmählich immer weniger wurden. Kraftlos stellte ich sie ein und hatte schon aufgegeben, als mich plötzlich jemand am Arm packte und an die Oberfläche zog. Ich rang nach Luft, als sich seine Arme schützend um meinen Körper legten und mich sicher zum Beckenrand zurückbrachten. Erst jetzt fiel mir auf, dass sich ziemlich weit gesprungen sein musste, denn als wir beide am Rand ankamen, drückte er sich atemlos an mich und blickte erbost in meine Augen. „Sag mal spinnst du? Was machst du nur für Sachen?“, fragte er vorwurfsvoll, während ich mich am Rand festkrallte und augenblicklich in Tränen ausbrach. Ein leiser Schrei löste sich von meinen Lippen, als ich abrupt auch schon hochgezogen wurde. „Oh mein Gott, Mimi! Was machst du nur für Sachen?!“, hakte mein Vater völlig entsetzt nach und wickelte mich in ein Handtuch, während unkontrolliert die Tränen über mein Gesicht liefen. Meine Mutter kam ebenfalls angerannt und war völlig hysterisch, als sie bei uns ankam. Taichi schaffte es gerade so, sich hoch zu raffen, während mein Vater mich in seinen Armen hielt und versuchte zu trösten. Doch ich stand immer noch unter Schock, was die Ankunft meiner Mutter nicht verbesserte. „Mimi?! Was machst du nur?“, schluchzte sie weinerlich und schlang die Arme um mich, sodass ich kaum noch Luft bekam und leicht husten musste. Sie ließ von mir ab, während mein Vater mich immer noch stützte. „Um Himmels Willen, was machst du nur für Dinger“, wimmerte sie, richtete ihren Blick dankend zu Taichi und zog ihn in eine überschwängliche Umarmung. „Danke, dass du ihr geholfen hast. Du bist ein richtiger kleiner Held“, sagte sie zu ihm, als sie sich von ihm gelöst hatte. Verlegen tätschelte sich Taichi den Hinterkopf und blickte mich unweigerlich an. „Du solltest wirklich besser auf dich aufpassen, Mimi! Sowas lasse ich dir nicht noch mal durchgehen“, erwiderte er mit festem Blick, doch seine Miene erhellte sich augenblicklich wieder, als er behutsam die Arme um mich schlang und mich festdrückte. Schwach erwiderte ich seine liebevolle Geste und spürte eine unendliche Dankbarkeit, die sich in meinem Herzen ausbreitete. Noch wusste ich nicht, dass dieses Gefühl mich begleiten und sich mit Jahren in Liebe verwandeln würde. Gegenwart Angespannt stand ich neben meinem besten Freund, der sich ehrfürchtig das Unigelände betrachtete. Es war unsere erste Uni-Party, die sich jedoch als Poolparty herausstellte, indem sich sämtliche Studenten tummelten. Ich presste meine Lippen aufeinander, sodass sie einen schmalen Strich ergaben, als ich meine Finger in mein zartes Sommerkleid krallte und etwas zusammenknautschte. Irgendwie fühlte ich mich unpassend angezogen und auch viel zu nüchtern, was ich anhand der ausgelassenen Studenten erkennen konnte. Viele alberten bereits herum, oder hingen an den süßen Lippen einer neugewonnenen Bekanntschaft. Für mich war all das Neuland. Ich studierte noch nicht so lange und es war meine erste große Party, die das Sommersemester einläuten sollte. „Au weia, wie sollen wir uns da nur zurechtfinden? Die meisten sind ja schon völlig betrunken“, stellte Koushiro verängstigt fest und wich keinen Zentimeter von meiner Seite, was mir auch sehr lieb war. Ich hatte bisher noch niemand gefunden, den ich kannte und fühlte mich auf dem riesigen Gelände fast schon ein wenig verloren. Dennoch wollte ich meinen Spaß haben. „Ich bin mal gespannt, ob wir den Rest überhaupt finden werden. Taichi und die anderen wollten ja auch kommen“, erinnerte Koushiro mich und unbewusst zuckte ich bei seinem Namen zusammen. Er wollte auch kommen? Davon wusste ich gar nichts…wieso hatte Koushiro denn nichts gesagt gehabt? Ich wandte mich ihm zu, als diese Frage bereits auf meiner Zunge brannte, aber sich nicht von meinen Lippen löste. Ich kam mir dämlich vor, ihn nach meinem Ex-Freund zu fragen, besonders, weil sie im gleichen Wohnheim lebten und viel Zeit miteinander verbrachten. Eigentlich hätte ich mir denken können, dass Taichi auch kommen würde, doch ich verdrängte diesen Gedanken. Genauso wie meine Gefühle, die mich immer wieder einholten. Ich bereute es, die Beziehung zu ihm beendet zu haben, denn es wurde mir schmerzvoll bewusst, dass ich ihn immer noch liebte. Daran hatte selbst mein Abschlussjahr in den USA nichts geändert, dass ich voller Ungeduld hinter mich gebracht hatte. Mit sechszehn lebte ich mit meinen Eltern ein Jahr in Japan, da mein Vater ein größeres Projekt leiten sollte. Dieses Jahr veränderte einiges in meinem Leben und lehrte mich zu lieben. Ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich die damaligen Momente mit ihm genoss. Ich liebte es Zeit mit ihm zu verbringen, in seiner Nähe zu sein, seine starken Arme hinter meinem Rücken zu spüren und seine Lippen auf meinen zu wissen. Doch dieser Traum, den ich über ein halbes Jahr lebte, endete abrupt, als meine Eltern und ich zurück in die USA zogen. Wir wussten von Anfang an, dass unsere Beziehung etwas Besonderes war und wir zu sehr unter der Distanz leiden würden. Daher hatten wir uns relativ zeitnah gegen eine Fernbeziehung entschieden und genossen die wenigen Momente, die wir bis zu unserer Trennung gemeinsam erleben durften, wenn es überhaupt möglich war, sie zu genießen. Für mich blieb der bittere Beigeschmack bestehen, da ich die Beziehung nicht aufgeben wollte, aber mich machtlos fühlte, sie weiterhin aufrecht zu erhalten. Dabei war ich länger in ihn verliebt gewesen, als ich zugeben wollte. Ich betrachtete aus der Entfernung das schimmernde Wasser des Pools, dass mich an den Moment zurückerinnerte, als mir meine Gefühle für ihn das erste Mal bewusstwurden. August 2002 „Man Mimi, du kannst dich noch nicht den lieben langen Nachmittag nur sonnen“, beschwerte sich Sora lauthals und ließ sich auf der Decke nieder. Ich rückte meine Sonnenbrille zurecht und legte die Zeitschrift, in der ich geblättert hatte beiseite. „Ich wollte ja noch nicht mal mitkommen. Du hast mich regelrecht dazu genötigt“, konterte ich sofort, da ich mich in Schwimmbädern einfach nicht wohl fühlte. Zwar hatte ich mir meinen schönsten Bikini angezogen, um natürlich ein wenig den Jungs den Kopf zu verdrehen, doch ins Wasser traute ich mich einfach nicht. Wir waren mit der gesamten Clique da und die meisten waren auch schon bereits ins Wasser verschwunden, während ich gemeinsam mit Taichi auf die Taschen aufpasste. Er war nach nur wenigen Minuten einnickt und schnarchte seelenruhig vor sich hin, während der große Ginkgobaum uns Schatten spendete, auch wenn ich die Hitze des August jedes Mal fast unerträglich fand. „Ach komm‘, geh‘ doch ein bisschen ins Wasser. Ich passe schon mit Taichi auf unsere Sachen auf“, erwiderte Sora locker und trocknete ihre sonnengebräunte Haut mit ihrem großen Badetuch ab. „Nein, schon gut. Ich möchte mich noch ein bisschen Sonnen“, antwortete ich nur und lächelte milde. Sora zog skeptisch eine Augenbraue in die Höhe, erwiderte aber daraufhin nichts weiter. Sie sah wie sie nur mit den Schultern zuckte und sich zu ihrer Tasche umwandte. „Okay, wenn das so ist werde ich mir mal ein Eis holen.“ Sie stand auf und blickte auf mich hinab. „Möchtest du auch etwas? Bestimmt wäre eine kleine Erfrischung nicht schlecht, wenn du schon nicht ins Wasser gehst.“ „Ach was! Ich komme schon klar“, sagte ich unwirsch und schüttelte nur mit dem Kopf. „Okay, dann bis gleich“, verabschiedete sich Sora knapp und suchte den Eisstand auf, während ich ihr seufzend nachblickte. Irgendwie hatte sich schon das Bedürfnis mir eine kleine Abkühlung zu verschaffen, aber die Angst vor dem Wasser war nach wie vor größer. Seit diesem Vorfall hatte ich Schwimmbäder gemieden, weil die Wucht des Wassers mich erfasst und einfach weggespült hatte. Schwimmen hatte ich deswegen nie gelernt, weil ich mich immer gut davor drücken konnte. Immer wenn wir die Sommerferien am Strand verbracht hatten, legte ich mich in die Sonne und kühlte lediglich meine Beine ein wenig ab. Ich ging nie weiter rein als nötig, da ich Angst vor dem Ungewissen hatte. „Sicher, dass du nicht mal eine kleine Abkühlung willst?“, fragte mich plötzlich eine bekannte Stimme. Ich drehte mich zu ihm und erkannte, dass er seine Augen immer noch geschlossen und seine Arme hinter dem Kopf verschränkt hatte. Dieser Schlawiner schlief gar nicht. Er hatte mich belauscht! „Taichi…du weißt doch wohl am besten, warum ich das Wasser wie die Katzen meide“, antwortete ich verständnislos. Er war der Einzige, der von dem Vorfall wusste, da er unmittelbar dabei gewesen war und deswegen meine Angst ansatzweise verstehen konnte. „Aber so wirst du deine Angst niemals los werden“, murmelte er und öffnete die Augen. Er streifte mich mit einem intensiven Blick, sodass es mir prompt die Gänsehaut auf die Arme jagte. Wieso sah er mich nur so seltsam an? Und warum pochte mein Herz dadurch viel schneller? Langsam setzte er sich auf und reckte sich herzlich, bevor er erneut das Wort ergriff. „Wir sollten zusammengehen. Wir verziehen uns einfach in eine Ecke und ich bringe es dir dann bei, ja?“ Es mir beibringen? War er wahnsinnig geworden? Jeder, der mir das Schwimmen beibringen wollte, war bisher kläglich an meiner Sturheit gescheitert. Selbst mein Vater hatte es aufgegeben. „Was? Wir zwei? Schwimmen? Oh Gott…willst du das ich mir vor Angst in die Hosen mache?“ Taichi runzelte die Stirn und blickte mich eindringlich an. „Wieso in die Hosen machen? Ich bin doch da! Und solange ich da bin, wirst du nicht untergehen. Ich glaube, das habe ich dir schon mal bewiesen“, führte er mir vor Augen und spielte auf den Vorfall von damals an, der mich nachhaltig geschädigt hatte. Eine unsichere Miene zierte meine Lippen, auch wenn ich bemerkte, dass er es ernst meinte. Er wollte mir helfen. Mir meine Ängste nehmen, die sich in meinem Kopf festgesetzt hatten. Ich wandte kurz den Blick über die Schulter und erkannte, dass Sora bereits auf uns zugesteuert kam, als ich mir ein Herz nahm und seinem standhaften Blick endlich nachgab. „Okay, aber du bleibst die ganze Zeit an meiner Seite, ja?“, rang ich ihm als Versprechen ab, als sich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen abzeichnete. „Natürlich“, antwortete er matt, stand auf und streckt mir seine Hand entgegen, die ich zaghaft ergriff. Nachdem wir uns kurz abgeduscht hatten, standen wir auch bereits am Becken, dessen Tiefe ich nicht abschätzen konnte. Taichi stieg bereits ins Wasser, während ich stocksteif am Rand stand und nicht wusste, was ich machen sollte. Das kleine Mädchen in mir schrie und forderte mich auf, auf der Stelle zurück zur Liegewiese zu gehen, während mein Verstand sich dagegen wehrte und hoffnungsvoll in Taichis Augen blickte, die mich ermutigend ansahen. Ich schluckte daher meine Zweifel hinunter und ging mit zitternden Knie auf die Leiter zu und stieg sie behutsam hinunter, während Taichi tatsächlich Wort hielt und mich nicht aus den Augen ließ. Als ich im Wasser war, hielt ich mich krampfhaft an der Leiter fest, da ich mich nicht traute loszulassen. Erst als ich Taichis Arme in meinem Rücken spürte, stellte sich das Sicherheitsgefühl bei mir ein, sodass ich mich von ihm an den Rand führen ließ. „So, der erste Schritt ist geschafft“, sagte er erleichtert und grinste. „Und was ist der nächste Schritt?“, fragte ich unsicher und klammerte mich am Rand fest. „Naja, jetzt werden wir ein bisschen schwimmen!“ Sein Ton wirkte völlig sorglos, während sich der Schock in meinem Körper ausbreitete. Schwimmen? Dachte er wirklich, dass es so einfach ging? „Na, ich bin mir nicht so sicher, dass das so einfach geht“, antwortete ich wahrheitsgemäß, während er sich von mir ein Stückchen entfernte. „Ach komm schon, Prinzessin! Ich weiß, dass du die Bewegungen noch kannst! Du konntest sie immer und jetzt musst du es nur nochmal versuchen. Manchmal ist eben die Angst größer, als das eigentliche Hindernis“, untermauerte er felsenfest und breitete seine Arme aus. „Na los! Versuch es! Ich bin ganz in deiner Nähe!“ Angespannt atmete ich schwerfällig auf und legte mich eher widerwillig auf den Bauch und brachte mich in Position. Warum konnte er mich nur immer wieder dazu bringen, Dinge zu tun, die ich niemals in Erwägung gezogen hätte? Lag es an diesem verdammt charmanten Grinsen, dass seine Lippen zierte und mein Herz zum höherschlagen brachte? Gott, auf was ließ ich mich hier nur ein? Ich war sicher verrückt geworden, doch seine liebevollen Worte motivieren mich dazu den ersten Schritt zu wagen. Ich drückte mich etwas vom Rand ab und schwamm ein kleines Stück auf ihn zu, während ich ungläubig meine Bewegungen wahrnahm. Ich bewegte mich! Und ich ging nicht unter! Mein Herz machte einen erleichterten Hüpfer, als ich mich auch schon in seinen Armen wiederfand. „Wow, das war schon sehr gut!“, lobte er mich und meine Wangen wurden augenblicklich ganz warm. „Danke…“, murmelte ich ihm entgehen, als er einen zweiten Versuch startete. Beim zweiten Mal war meine Angst nur halb so groß und ich kam viel einfacher von der Stelle. Ich freute mich jedes Mal, wenn ich in seinen Armen unbeschadet ankam und ich von Mal zu Mal besser, aber auch sicherer wurde. Wir verbrachten den halben Nachmittag im Wasser, während er mir das Schwimmen beibrachte. Während sich unsere Freunde bereits alle aus dem Wasser begeben hatten und sich für den Nachhauseweg fertigmachten, schwamm ich meine letzte Runde. Taichi befand sich auf der anderen Seite des Beckens, während ich bereits die Hälfte des Weges geschafft hatte. Von meiner eigenen Euphorie getrieben, schwamm ich das letzte Stück in Höchstgeschwindigkeit zu ihm und kam völlig außer Puste bei ihm an. Ich drückte mich in seine Arme und klammerte mich an seinem Hals fest, da ich absolut nicht mehr konnte. Nach Atem ringend löste ich mich etwas von ihm und sah in seine warmen braunen Augen. „Oh mein Gott, ich habe es geschafft“, erwiderte ich stolz. „Ja hast du!“, beglückwünschte er mich strahlend, als sich plötzlich ein Schalter in mir umlegte. Ich musterte ihn mit großen Augen und konnte meine Dankbarkeit kaum in Worte fassen, als ich plötzlich einfach die Lippen auf seine presste. Er riss die Augen perplex auf, während ich meine abrupte Impulshandlung selbst nicht verstehen konnte. Es fühlte sich einfach richtig an und stellte all das dar, was in diesem Moment empfand. Pure Glückseligkeit. Ich hatte eigentlich erwartet gehabt, dass er den Kuss mit mir schnell beenden würde, doch auch er ließ sich zu mehr hinreißen und vertiefte den Kuss, indem er seine Arme um mich schlang und mich dicht an sich drückte. Es war jener Moment, der mir vor Augen führte, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Gegenwart Es dauerte drei weitere Jahre bis wir endlich ein Paar wurden. Nach meinem Umzug nach Japan, verbrachten wir eine unvergessliche Zeit miteinander, die sich mittlerweile im Schatten der Vergangenheit wiederspielte. Ich war immer noch nicht bereit sie loszulassen, auch wenn unsere Trennung einvernehmlich war und das Beste für uns beide darstellte. Niedergeschlagen saß ich neben meinem besten Freund, der uns zwei Bier geholt hatte. Ich hatte ihn bereits kurz gesehen, doch seit ich wieder zurückgekommen war, ging ich ihm aus dem Weg. Ich hatte zu große Angst vor unserem Wiedersehen, da ich nicht wusste, was sich im letzten Jahr verändert hatte. Traf er vielleicht jemanden? War sein Herz wieder vergeben? Hatte ich noch einen Platz darin, oder gehörte ich der Vergangenheit an? Ein Gedanke, der mir jedes Mal das Herz zerbrach. Doch ich konnte nicht unbeschwert auf ihn zugehen, mit ihm reden und einfach so weitermachen, wie bisher. Ich liebte ihn noch immer und wünschte mir insgeheim eine zweite Chance, die unser vergangenes Glück wiederbeleben sollte. Ich blickte durch die Menge und suchte verbissen nach ihm, konnte ihn aber nirgends entdecken. Es frustrierte mich, nicht zu wissen, wo ich dran war. Ob meine Hoffnungen überhaupt eine reelle Chance haben konnten. Was wenn er schon längst über mich hinweg war? Wie sollte ich nur damit umgehen? „Mimi, alles in Ordnung bei dir?“, fragte Koushiro behutsam und mustere mich eindringlich. Ich schreckte kurz ertappt zusammen und drehte meine Bierflasche in der Hand, bevor ich einen kräftigen Schluck davon trank. „Ja, was soll denn sein?“, stellte ich ihm die Gegenfrage, als ich die Flasche abgesetzt hatte. Ich versuchte möglichst gleichgültig zu klingen, doch Koushiro hatte mich schon längst durchschaut. Auch wenn er seine Freizeit gerne hinter dem Laptop verbrachte und oftmals bei zwischenmenschlichen Interaktionen den Überblick verlor, konnte ich ihm nichts vormachen. Mein Gesicht sprach wahrhaftig Bände. „Du suchst nach ihm, oder?“ „Ist das etwa so offensichtlich?“, hakte ich seufzend nach und fuhr mir durch meine langen Haare. „Naja, ich kenne dich mittlerweile gut genug, um deinen sehnsuchtsvollen Blick zu erkennen“, erwiderte er grinsend, während ich meine Stirn krauszog. „Meinen sehnsuchtsvollen Blick? Hast du einen Jane Austin Roman gelesen?“ Koushiro lachte herzlich und lehnte sich auf der Bank, auf der wir Platz genommen hatten, zurück. „Nein, aber den Blick habe ich schon so oft bei dir gesehen. Immer wenn du Taichi angeschaut hast“, stellte er fast schon flüsternd fest. Verlegen richtete ich meinen Blick zu Boden und konnte nicht fassen, wie durchschaubar ich doch geworden war. Ich antwortete ihm nicht gleich, da ich zu sehr in meiner eigenen Verzweiflung badete und genau genommen nicht wirklich über Taichi sprechen wollte. Jedenfalls nicht im Moment. „Ich glaube, ihm geht es genauso wie dir. Er redet immer noch so oft von dir und er hat dich auch im letzten Jahr sehr vermisst“, erzählte er ihr, was mich verwunderte. Natürlich hatte ich mit meinen Freunden Kontakt gehabt, aber über die Trennung redete ich mit kaum jemandem. Ich wollte sie nicht wahrhaben. Einfach verdrängen. So wie wir es die letzten gemeinsamen Monate getan hatten. Wir hatten es einfach beiseitegeschoben, weshalb mir der Abschied letztlich doch so schwerfiel. „Rede doch einfach mal mit ihm. Ich glaube, ihr hättet euch viel zu sagen“, startete Koushiro einen erneuten Versuch, während ich meiner Vergangenheit hinterher hing und mich an jenen Tag erinnerte, an dem ich ihm die schmerzliche Wahrheit gebeichtet hatte. September 2006 Nachdenklich betrachtete ich den See, der sich vor uns erstreckte. Heute auf den Tag genau, waren wir bereits drei Monate ein Paar. Nach dem ganzen hin und her, den ewigen Neckereien und kleinen Streitigkeiten, hatten wir tatsächlich zusammengefunden. Uns ineinander verliebt, ohne es gleich bemerkt zu haben. Ein wenig wehmütig kuschelte ich mich an ihn und versuchte meine störenden Gedanken zu verdrängen, die diesen Augenblick zerstören könnten. Doch es gelang mir einfach nicht. Die Stimme meines Vaters hallte noch immer meinem Hinterkopf und eröffnete mir ausgerechnet das, was ich nicht hören wollte. Nicht jetzt. Nicht nachdem alles so perfekt war. „Mimi? Ist alles okay? Du guckst so angestrengt“, fiel ihm besorgt auf. Ich sah zu ihm hoch, blickte in seine warmen Augen, die lediglich von einer kleinen Laterne am Steg erhellt wurden. Sein Blick war intensiv und brannte förmlich auf meiner Haut, sodass ich ihm nicht lange Stand halten konnte. Ich drückte mich gegen seine Brust und krallte meine Nägel in sein Hemd, als mir plötzlich die Tränen kamen. Ich wollte gar nicht weinen, doch in diesem Moment war es das einzige, zu dem ich noch fähig war. Ich schniefte leise, als er auf einmal die Arme um mich schlang und sofort verstand, dass mich etwas bedrückte. „Hey…was ist denn los?“, fragte er behutsam und streichelte mir zärtlich über den Rücken. Doch ich konnte mich nicht beruhigen, vergrub mein Gesicht noch tiefer in seinem Shirt und weinte hemmungslos. Eigentlich wäre dies ein freudiger Tag gewesen, doch nun brach alles wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Ich schluchzte herzzerreißend, als ich mich zum Sprechen durchdringen konnte. Ich setzte mich auf, wusch über meine nassen Augen und sah ihn unter Tränen an. „Mein Vater hat mir heute gesagt, dass wir nach dem Schuljahr wieder nach Amerika ziehen werden. Es stand alles von Anfang an fest und ich…“, meine Stimme brach ab und verschwand im Nebel meiner Tränen. Ich wollte meine Heimat nicht verlassen. Meine Freunde. Meine große Liebe. Ich ballte meine Hände zu Fäusten zusammen und drückte sie in meinen Schoss. Taichi hatte nichts gesagt und ich traute mich nicht ihn anzusehen. Bestimmt war er geschockt. Auch ich hatte nicht damit gerechnet, nur ein Jahr in Japan verbringen zu dürfen. Insgeheim hatte ich erhofft, dass sich meine Eltern endgültig dazu entschieden hier zu bleiben, doch dem war nicht so. Ich stand vor einer Weggabelung, die unsere frische Beziehung auf die Probe stellte, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass eine Fernbeziehung für uns eine Option werden würde. Amerika und Japan. Eine unmögliche Entfernung, die unsere Beziehung nicht überstehen würde. Jedenfalls glaube ich das. Plötzlich spürte ich seine Hand auf meiner, die fürsorglich über meinen Handrücken strich. Ich sah ihn an und bemerkte sofort, wie sich unsere intensiven Blicke trafen, auch wenn ich nicht verstand, was er mir damit sagen wollte. Doch er rutschte noch näher an mich heran und gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Stirn, der mich umgehend beruhigte. Ungläubig betrachtete ich seine liebevolle Geste, während ich das Wasser seicht im Hintergrund plätschern hörte. Ich wusste gar nicht, was ich zu ihm sagen sollte, als er behutsam über meine Wange strich und selbst das Wort ergriff. „Und weiter?“, fragte er fast schon sorglos, während ich nur die Stirn runzeln konnte. Meine er das etwa ernst? Hatte er gehört, was ich ihm gerade erzählt hatte? Machte es ihm denn gar nichts aus? „Taichi…du weißt schon…“ „Was es bedeutet? Ja, das weiß ich. Aber wir haben erst September und ich will die Zeit mit dir einfach genießen“, antwortete er unbekümmert, während ich seine lockere Einstellung überhaupt nicht verstehen konnte. War ihm bewusst, dass es unsere Trennung bedeutete? Ich presste meine Lippen aufeinander, als mir dieses scheußliche Wort die Gedanken vernebelte. Trennung. Daran wollte ich eigentlich gar nicht denken. „Mimi, hör mir zu…“, begann er leise und drückte seine Stirn gegen meine. „Ich weiß nicht, was in ein paar Monaten sein wird, aber lass uns einfach zusammen sein. D-Du hast mir mein Herz gestohlen…schon damals, als wir uns das erste Mal im Schwimmbad geküsst hatten.“ Überrascht blickte ich ihn an und konnte gar nicht fassen, was er mir geradegestanden hatte. „D-Du hast schon so lange Gefühle für mich?! Und hast nie etwas gesagt?“, fragte ich empört, während er leicht grinsen musste. „Naja, es hat sich nie eine Gelegenheit ergeben, aber ich wollte, dass du es weißt“, murmelte er mit verhangener Stimme und suchte umgehend meine Lippen. Ich war immer noch völlig perplex, als er mich plötzlich in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelte, der meine Gedanken völlig durcheinanderbrachte. Ich ließ mich langsam auf dem Steg nieder, während er seinen innigen Kuss nicht unterbrach. Ich fand mich im Sog der Leidenschaft wieder und fühlte eine deutliche Verbindung, die ich bisher bei noch niemandem in dieser Form gespürt hatte. Mein Herz pochte unkontrolliert gegen meinen Brustkorb, als er plötzlich von mir abließ und sich neben mich legte. Es dauerte einen Moment bis ich diesen leidenschaftlichen Kuss innerlich verarbeitet hatte, aber danach konnte ich kaum an mich halten und suchte unweigerlich seine Nähe. Ich fand mich in seinen Armen wieder, während wir uns liebevoll anschauten. „Wir sollten uns darüber noch keine Gedanken machen…“, löste sich von seinen Lippen. Ich biss mir auf die Unterlippe und bettete mein Kinn auf seiner Brust, während meine Finger zärtlich darüberfuhren. „Du hast recht, wir haben ja schließlich noch Zeit“, erwiderte ich leise, auch wenn ich nur den Gedanken einer baldigen Trennung verdrängt hatte. Tief in Inneren wusste ich bereits, wie meine Entscheidung lautete, auch wenn es uns beiden sicherlich das Herz brach. Gegenwart Ich hatte diese Entscheidung immer bereut. Ich wusste, dass Taichi sich insgeheim etwas Anderes erhofft hatte. Oft versuchte er mich zu einer Fernbeziehung zu überreden, sagte, dass er mich nicht loslassen wollte, doch ich fühlte mich für sowas einfach nicht bereit. Wir waren beide noch so jung, dass eine Fernbeziehung einfach so unrealistisch für mich klang, dass ich mich dazu entschied, mich von ihm zu trennen. Und jetzt saß ich ein Jahr später tatsächlich hier und sehnte mich nach seiner Nähe. Ich hatte versucht ihn im Auge zu behalten, doch die Uni-Party füllte sich, sodass ich selbst Koushiro verloren hatte. Niedergeschlagen setzte ich mich an den Pool und kühlte meine Füße, die von meinen hohen Schuhen bereits etwas geschwollen waren. Ich blickte mich um, ohne die Menschen um mich herum wahrzunehmen. Gedankenverloren sah ich auf meine Füße, die sich im kühlen Nass befanden und sich federleicht anfühlten. Doch mein Herz war so schwer wie Beton. Ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie verloren ich mich fühlte. Ein leises Seufzen löste sich von meinen Lippen, als ich plötzlich bemerkte, wie jemand sanft meine Schulter streifte und sich neben mir niederließ. „Ganz schön voll hier, oder?“, ertönte seine tiefe Stimme in meinen Ohren, sodass ich bereits ohne Hinzusehen eine Gänsehaut entwickelte. Er war hier, hatte sich einfach neben mich gesetzt und brachte mich völlig aus dem Konzept. Schüchtern strich ich einige Strähnen aus meinen Gesicht und lächelte milde. „Hätte nicht gedacht, dass hier so viel los ist“, antwortete ich steif und blickte unweigerlich in seine wunderschönen braunen Augen, die mich sofort heimisch empfingen. Er grinste nur und nippte an seinem Bier. „Tja, und trotz der ganzen Menschenmassen habe ich dich hier gefunden. Wasser scheint dich wirklich magisch anzuziehen“, sagte er locker und zog beiläufig seine Schuhe aus, nachdem er sein Bier zwischen uns abgestellt hatte. Auch er tauchte mit den Füßen ins erfrischende Wasser ein und lehnte sich entspannt nach hinten, während ich in seiner Nähe förmlich explodierte. Meine Wangen waren ganz heiß und mir fiel es unsagbar schwer ein Gespräch mit ihm zu führen, da mir die Vergangenheit und unsere einvernehmliche Trennung immer noch in meinem Nacken saßen. Doch er schien förmlich auf mich gewartet zu haben, was mir sein unergründlicher Blick verriet. Er saß mich so an, wie damals, als wir uns zu unserem ersten Date verabredet hatten. Erwartungsvoll, aber voller Liebe. Ich schluckte, als mir schlagartig bewusst wurde, dass meine Angst uns grundlos voneinander entzweit hatte. Wir hatten es noch nicht mal versucht. Ich hatte uns abgeschrieben, weil ich nicht verletzt werden wollte. „Ich habe dich vermisst…“, murmelte er und beobachtete meine Reaktion genau. Ich klammerte mich am Rand des Pools fest, als die Anspannung meinen Körper übermannte. „I-Ich dich auch“, brachte ich unsicher hervor, unwissend, was es für unsere Beziehung bedeuten würde. Doch vielleicht war es eine zweite Chance, die uns einen gemeinsamen Weg ermöglichen würde. Zaghaft wanderte er mit den Fingern zu meiner Hand und streichelte sie zärtlich, als ich erkannte, dass unsere Zukunft noch lange nicht in Stein gemeißelt war. Denn ich bemerkte, dass unsere Herzen immer noch im Einklang miteinander schlugen. Es lang an uns und was wir daraus machten. Und allein deswegen war alles möglich. Kapitel 8: Der alten Zeiten wegen --------------------------------- Er stand alleine im Hinterhof und zog genüsslich an seiner Zigarette, während er seinen Gedanken nachhing. Er konnte gar nicht in Worte fassen, wie er sich zurzeit fühlte. Allein. Orientierungslos. Von Trauer erfüllt. Auch er kämpfte hart mit der Tatsache, dass er seinen Partner verloren hatte. Keiner wusste, wie es weitergehen würde. Ob sie sie jemals wiedersahen, oder ob es schlicht und ergreifend vorbei war. Die Zeit der Abendteuer, die sie alle miteinander verbunden hatte, aber in zwischen auch entzweite. Er fühlte sich im Zwiespalt gefangen, unwissend, welche Richtung er für seinen nächsten Schritt wählen sollte. „Hey, Yamato“, ertönte plötzlich die Stimme seines Drummers Shinji, der den Kopf zum Hinterhof rausgestreckt hatte. Schwerfällig drehte er sich ihm zu, die glühende Zigarette immer noch zwischen seinen Fingern. „Wir wollen noch zusammen was essen gehen, kommst du mit?“ Shinji richtete einen erfahrungsvollen Blick zu ihm, dem er jedoch sofort auswich. „Nee, ich glaube, heute werde ich mal zu Hause essen“, gab er knapp von sich, da er die Einsamkeit vorzog. Schon als kleiner Junge war er eher der einsame Wolf gewesen, der sich alleine durchschlug und nur ungern seine Gefühle vor anderen zeigte. Und genau deswegen, zog Yamato es vor den Abend alleine zu verbringen. Er wollte nicht, dass seine Bandkollegen merkten, dass ihn etwas bedrückte. „Okay schade, aber vielleicht beim nächsten Mal“, erwiderte Shinji hoffnungsvoll. „Ja, bestimmt“, antwortete Yamato matt, als Shinji sich auch schon bei ihm verabschiedete und ihn im Hinterhof alleine zurückließ. Frustriert biss er sich auf die Unterlippe und spürte wie sich ein dumpfer Schmerz in seiner Brust ausbreitete. Hatte er wirklich alles versucht gehabt? Hätte er es verhindern können? Er war doch extra bei seinem Bruder aufgetaucht, weil er gespürt hatte, dass etwas nicht in Ordnung war. Aber dennoch hatte er ihm die Wahrheit verschwiegen. Takeru. Sein Herz zog sich schmerzvoll zusammen. Er wusste, dass es ihm schlecht ging, da es für ihn nicht das erste Mal war, seinen Partner Patamon zu verlieren. Schon als sie damals das erste Mal in der Digi-Welt waren und Takeru Angemons Tod mitansehen musste, hatte er die Stärke seines kleinen Bruders stets bewundert. Er hatte sein Digi-Ei gehegt und gepflegt, bis es geschlüpft war und jetzt befanden sie sich alle im Ungewissen. Ein Reboot. Was bedeutete das überhaupt? Es war ein Wort das Yamato einfach nicht verstehen konnte. Vielleicht es auch nicht verstehen wollte. Zwar hatte ihnen Koushiro alles Erdenkliche darüber erklärt gehabt, aber Yamato hörte irgendwann nicht mehr zu. Sie alle hatten ihre Digimonpartner verloren und keiner konnte ihnen sagen, ob sie sie jemals wiedersehen würden. Sie hatten sich zwar drauf geeinigt gehabt, in die Digi-Welt aufzubrechen, doch wie sollten sie nur dorthin gelangen? Die Tore waren mittlerweile schwer zu öffnen, weshalb sich Yamato in seiner eignen Hoffnungslosigkeit wiederfand, unfähig, etwas dagegen zu tun. Egal, was er auch versuchte. Er war gefangen, in der Dunkelheit, die in seinem Herz wohnte. _ Hektisch lief sie durch die dunkeln Straßen Tokios, während ihre Gedanken förmlich rasten. Sie war bemüht alles unter einen Hut zu bekommen, ihren Freunden beizustehen und das letzte Fünkchen Mut zu schüren, damit sie nicht aufgaben. Doch bei all dem vergaß Sora sich selbst. Ihre eigene Trauer, ihre unbändige Wut und stille Verzweiflung, die in ihrem Inneren heranwuchs. Sie wollte für alle stark sein, wusste aber, dass sie sich einer Illusion hingab und mit ihren Dämonen kämpfte, die sie immer mehr einnahmen. Sie hatte alles versucht. Wollte Zusammenhalt schaffen, wohlwissend, dass sie sich alle verändert hatten. Ihre Freundschaft war erwachsen geworden, einige waren selbstständiger als andere. Manche wussten bereits, was sie von ihrem Leben erwarteten, während der ein oder andere im Trüben fischte. Und nie im Leben hätte sie erwartet gehabt, dass es Taichi betreffen würde. Sie kam gerade von ihm und Kari, weshalb ihre Frustrationsgrenze ins Unermessliche angestiegen war. Obwohl er derjenige war, der unbedingt zurück in die Digi-Welt wollte, war er auch der erste, den die Zweifel einholten. Denn keiner konnte wissen, was sie nach dem Reboot erwarten würde. Früher wäre Taichi einfach darauf losgestürmt, hätte sich wagemutig ins Abendteuer gestürzt und die ein, oder andere Dummheit begangen. Aber auch er war mit den Jahren an seinen Fehlern gewachsen und ging nicht mehr völlig planlos an die Dinge heran, sondern dachte erstmal nach, bevor er handelte. Und auch, wenn Sora seine Entwicklung insgeheim bewunderte, fand sie es schade, was aus ihrer Freundschaft geworden war. Es war nicht so, dass sie sich nicht mehr nahestanden, aber dennoch fühlte sie die deutliche Distanz, die Taichi Yamato und ihr gegenüber zeigte. Dabei waren sie immer das unzertrennliche Trio gewesen, das sämtliche Probleme meisterte und deren Freundschaft immer an oberster Stelle stand. Jedoch kam etwas zwischen sie, womit Sora am allerwenigstens gerechnet hatte. Die Liebe. Unbändiges Werkzeug des sehnsuchtsvollen Herzens, dass allerdings nicht immer in Glückseligkeit mündete. Auch bei ihr öffnete sich das Tor der Hölle, dass sämtliche Glückgefühle einfach nur verschlang und ein jähes Liebesaus mit sich zog. Nie im Leben hätte sie erwartet gehabt, dass sie sich ausgerechnet in Yamato verlieben würde, der oftmals einem einzigen Eisklotz glich und seine wahren Gefühle nur sehr selten an die Tagesoberfläche ließ. Doch Sora hatte eine tiefere Verbindung zu ihm, erkannte seine liebevolle und fürsorgliche Seite, die er meist nur Takeru zuwandte. Aber es gab auch eine kurze Zeit, in der Sora auch in den Genuss seiner Zuneigungen kam. Sie waren damals noch sehr jung. Vierzehn Jahre um genau zu sein, aber dennoch fühlte sich in diesem Moment alles richtig an. Nachdem Sora ihm zu Weihnachten einen selbstgebackenen Kuchen geschenkt hatte, gingen sie drei Monate lang miteinander aus, bevor sich Yamato überfordert von ihr zurückzog und tatsächlich kurz nach dem White Day mit ihr Schluss machte. Er hatte gesagt, dass er sich für etwas Festes noch nicht bereit fühle und sie nicht weiter verletzen wollte, indem er sie beide unglücklich machte. Sora hatte lange daran zu knabbern gehabt und zog unfreiwillig auch ihren besten Freund in die ganze Sache hinein, der zwischen den Stühlen stand und mit der Situation bis heute nicht richtig klarkam. Oftmals war es ihm unangenehm mit ihnen beiden etwas zu unternehmen, weil er bemerkt hatte, dass Sora immer noch Gefühle für Yamato hegte und Taichi einfach keine Lust mehr hatte, wieder mitreingezogen zu werden. Zwar hatte sich Sora mit ihren Gefühlen arrangiert und eine freundschaftliche Basis mit Yamato gefunden, auf der sie miteinander interagieren konnten, aber dennoch litt sie still und heimlich. Sie konnte daher Taichi verstehen, der ihr oftmals in den Ohren lag und ihr immer wieder den gleichen Ratschlag unterbreitete. Dass sie mit Yamato offen reden sollte, um diesem ganzen Hick-Hack zu entfliehen. Denn Taichi bewegte sich bereits auf dem schmalen Pfad der Distanz, weshalb Sora schon Angst hatte, ihn ebenfalls zu verlieren, wenn sie dieses Spiel weiterspielen würde. Wie sollte es nur weitergehen, wenn sie wieder in der Digi-Welt waren? Würde sie Yamato aus dem Weg gehen, um an ihren Gefühlen nicht zu ersticken? Sie blieb unweigerlich stehen und blickte auf den gegenüberliegenden Häuserblock, als ein Entschluss in ihr heranreifte. Sie musste es klären! Am besten sofort. Ohne Umschweife, setzte sie sich daher in Bewegung, überquerte die Straße und steuerte schnurstracks auf seine Wohnung zu, in der Hoffnung, dass sie ihr neu gewonnener Mut nicht wieder verließ. Aber sie musste es tun. Das war sie sich selbst schuldig. _ „Und wie geht es dir im Moment?“, fragte er behutsam nach und hielt den Telefonhöher zwischen seinem Ohr und seiner linken Schulter fest. Mit der anderen Hand briet er den Reis an, den er gleich mit etwas Soja-Soße ablöschen wollte, bevor er das knackige Gemüse hinzugab. „Mhm, irgendwie fühlt sich alles sehr seltsam an. Aber vorhin hat mich auch schon Sora angerufen und Kari hat auch mal vorbeigeschaut“, berichtete Takeru knapp. Yamato schmunzelte leicht. „Sora hat bestimmt bei jedem angerufen und gefragt, wie es ihm geht.“ „Ja, sie ist eben eine richtige Mutti. Um alle immer stets besorgt. Hat sie sich bei dir auch schon gemeldet?“ Yamato stellte abrupt seine Bewegungen ein und musste frustriert feststellen, dass sie sich noch gar nicht beim ihm gemeldet hatte. Eigentlich war es gar nicht ihre Art und normalerweise sollte es ihn auch gar nicht so sehr stören, da sie ja schließlich nicht für alle gleicher Maßen da sein konnte. Und Takeru hatte es sehr getroffen, Patamon ein zweites Mal zu verabschieden, weshalb er auch verstehen konnte, warum sie sich bei seinem Bruder gemeldet hatte. Auch wenn ein Hauch Neid in ihm hochstieg und ihn völlig vergessen ließ, dass er Takeru immer noch am Telefon hatte. „Yamato? Alles klar bei dir?“ „Mhm? Ja, ähm…was hast du gefragt?“, erwiderte er ein wenig verdattert, als er den Holzlöffel beiseitelegte und den Reis mit Soja-Soße ablöschte. „Na, ob Sora sich auch bei dir gemeldet hat?“, fragte er fast schon ein wenig belustig. „Aber nach dieser Reaktion tendiere ich eher zu ‚nein‘.“ „Ist doch nicht schlimm! Sie kann doch nicht an jeden denken“, murrte er verhalten und gab das Gemüse hinzu. „Aber du hättest es sicher nicht schlimm gefunden, wenn sie an dich gedacht hätte“, zog Takeru ihn auf und erwischte unbewusst einen wunden Punkt, den er immer wieder verdrängt hatte. „Ach so ein Quatsch, was du dir wieder zusammen reimst“, redete er sich prompt heraus. „Ich unterstreiche nur die offensichtlichen Tatsachen! Und ich kann ja nichts dafür, dass du sie in deinem jugendlichen Leichtsinn einfach gehen gelassen hast“, konterte Takeru sofort, als Yamato prompt das Gesicht entglitt. Jugendlicher Leichtsinn? Sprach er etwa gerade mit seiner Mutter? „Okay Mama, es wird wirklich Zeit, dass ich mich jetzt um mein Essen kümmere“, knurrte er erbost, auch wenn er insgeheim wusste, dass sein kleiner Bruder Recht hatte. Er hatte sie damals gehen gelassen, weil er sich mit einer Beziehung überfordert gefühlt hatte. Damals sah er es als einzige logische Konsequenz, die Beziehung zu beenden, obwohl er sich heutzutage am liebsten selbst dafür geohrfeigt hätte. Wie konnte er sie nur gehen lassen? Das fragte er sich die ganze Zeit, auch wenn er es gut verbergen konnte. Er war ein Meister der Täuschung, versteckte seine Gefühle unter einem Panzer der Einsamkeit, indem er sich immer mehr verlor. „Gut, dann lasse ich dich mal mit deinem Essen alleine. Grüß Papa später noch von mir“, sagte Takeru zum Abschied und legte danach auf. Yamato legte den Hörer auf die Theke und rührte missmutig in seinem Essen, während er immer noch seinen Gedanken nachhing. Er hatte es nicht anders verdient. Er hatte sie von sich gestoßen und musste nun mit den Konsequenzen leben, auch wenn sie so taten, als wäre alles in Ordnung. Taichi hatte ihm niemals verziehen, Sora dermaßen verletzt zu haben, weshalb er sich wohl auch von ihm distanziert hatte. Er stand zwischen den Stühlen und auch wenn er nicht wählen wollte, spürte Yamato, dass er mehr hinter Sora stand, als hinter ihm. Aber sollte er es ihm verdenken? Er hatte Mist gebaut und musste damit zurechtkommen. _ Nervös hatte sie die Lippen aufeinandergepresst, als sie direkt vor seiner Tür stand und bereits den Klingelknopf betätigt hatte. Je öfter sie sich jedoch in Erinnerung rief, warum sie vor seiner Tür stand, desto mutloser wurde sie. Als er ihr nicht öffnete, betrachtete Sora es als Fügung des Schicksals, dass ihr sagen wollte, dass sie hier einen gewaltigen Fehler begehen würde. Sollte sie wirklich ein solches Fass aufmachen, so kurz bevor sie sich in ein neues Abenteuer begeben würden? Vielleicht war es daher besser, dass er nicht da war und sie somit nicht in ihr Unglück rennen konnte. Dennoch stieg ein Hauch Frustration in ihr auf, als sie sich von seiner Tür abwandte und gerade im Begriff war die Treppe hinunter zu gehen, als sie das Schloss hörte. „Sora?“, ertönte seine markante Stimme, die ihr durch Mark und Bein drang. Hektisch fuhr sie sich durch ihre rötlich schimmernden Haare und drehte sich abrupt wieder herum. „Hi, ich wollte mal bei dir vorbeikommen und nach dir sehen. Ich dachte schon du wärst nicht zuhause“, sagte sie matt, während sich ihre Knie wie Wackelpudding anfühlten und drohten bei jedem Schritt einzubrechen. Grinsend lehnte sich Yamato gegen die Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich war gerade am Kochen. Scheinst ja einen Rundumschlag zu machen. Takeru hat mir am Telefon auch schon erzählt, dass du ihn angerufen hast.“ „Ja, ich wollte nur mal nachhaken, wie es ihm geht. Ist sicher sehr schlimm für ihn“, meinte Sora behutsam, als Yamato sie hineinbat. „Ich glaube, es ist für uns alle gleich schlimm…“, löste sich von seinen Lippen, während Sora seinen Flur betrat und nach seinem Vater Ausschau hielt, der normalerweise um diese Uhrzeit meist schon zu Hause war. „Ist dein Vater noch nicht zuhause?“, schlug sie ein anderes Thema ein und zog sich ihre dünne Jacke aus, während Yamato hinter ihr die Tür schloss. „Nein, er macht heute wieder Überstunden und bleibt wohl auch über Nacht im Fernsehsender…“, er nahm ihr die Jacke aus der Hand, als sich ihre Fingerkuppen kurz berührten. Sora zog etwas harsch die Hand weg, während Yamato unbeirrt ihre Jacke aufhängte und sie prompt zum Essen einlud. Lächelnd zog sie sich ihre Schuhe aus, als Yamato schon an ihr vorbeiging und in der Küche verschwand. Sora folgte ihm kurz danach, als ihr bereits der Duft von gebratenem Reis in die Nase stieg. „Wow, das riecht wirklich unglaublich gut“, lobte sie ihn und stützte sich an der Küchentheke ab, während Yamato zwei Schälchen hervorholte. „Danke, zum Glück habe ich ein bisschen mehr gekocht“, scherzte er und befüllte die Schälchen, bevor er sich ihr zuwandte und eines der beiden sanft in ihre Hände übergab. Er reichte ihr noch ein Paar Essstäbchen, als sie zu zweit am Esstisch Platz nahmen und sich eine seltsame Atmosphäre über beide legte. Keiner traute sich, nur ein Wort zu sagen, auch wenn Sora sich so viel vorgekommen hatte. Jeder Gesprächsanfang verlief stockend, auch wenn Sora banale Themen, wie die Schule aufgriff. „Und hast du dich schon nach einer Uni umgesehen?“, hakte sie interessiert nach, auch wenn sie ihn auf ein ganz anderes Thema lenken wollte, doch jetzt, wo sie hier saß, traute sie sich nicht mehr. „Mhm, ich glaube ich bin im Moment noch ziemlich planlos, auch wenn ich mir mal die Tokai Universität anschauen möchte. Mama hat da studiert, aber irgendwie wüsste ich gar nicht welches Fach ich studieren soll. Ich glaube nicht, dass mir irgendetwas besonders liegt“, warf er bedenkend ein und setzte ein sanftes Lächeln auf, dass jedoch traurig wirkte. Für Sora Grund genug zu intervenieren. „Hey, was redest du denn da? Du kannst viele Sachen richtig gut! Unter anderem Musik machen. Du könntest doch an die Musikhochschule gehen“, schlug Sora fast schon ein wenig euphorisch vor. Doch Yamato winkte sofort lachend ab. „Ich glaube, davon wären meine Eltern nicht so begeistert. Sie akzeptieren die Musik als Hobby, aber nicht als Beruf. Aber hey, vielleicht werde ich ja ein singender Koch“, witzelte er gekonnt und trieb Sora sofort ein Grinsen ins Gesicht. „Ganz bestimmt und ich komme dich dann immer in deinem Restaurant besuchen und spiele Vorkosterin“, stieg sie fröhlich mit ein. „Dann werden wir ja in Zukunft ziemlich viel Zeit miteinander verbringen“, sagte er unbedacht und die ausgelassene Stimmung der beiden fand ein jähes Ende. Sora blieb fast die Spucke weg, als sie verhalten den Kopf senkte und leicht rot anlief. Auch Yamato stierte peinlich berührt zu Boden, als ihr bewusst wurde, dass er das Thema angestimmt hatte, weshalb sie überhaupt hergekommen war. „Sorry, war ein bisschen unpassend“, ruderte er sofort zurück und flüchtete aus der Situation, indem er das Geschirr abräumte. Sora blieb verhalten auf ihrem Platz sitzen und verschränkte ihre Finger ineinander, die unaufhörlich zitterten, da ihr die Anspannung zu viel wurde. Vielleicht sollte sie doch besser gehen, bevor Dinge gesagt wurden, die sie nicht mehr rückgängig machen konnten. _ Sein Herz pochte kräftig gegen seine Brust, als er das Geschirr abzuspülen begann. Zu was hatte er sich hier nur hinreißen lassen? Wieso zerstörte er die ausgelassene Stimmung zwischen den beiden, indem er diese unbedachten Worte über seine Lippen ließ? Wieso konnte er ihr nicht einfach sagen, dass er immer noch an ihr hing und Gefühle für sie hatte? Warum machte er es so kompliziert? Er war so wütend auf sich selbst, sodass er noch nicht mal bemerkte, wie Sora aufstand und langsam auf die Theke zugesteuert kam. „Ich werde dann mal nach Hause gehen…Danke für das tolle Essen“, erwiderte sie steif und wollte schneller die Flucht ergreifen, als es Yamato lieb war. Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden lief er ihr hinterher und ließ das Geschirr achtlos in der Spüle zurück. „Sora, warte bitte“, rief er ihr hinterher und holte sie im Flur auch schon wieder ein, nachdem sie ihre Schritte verlangsamt hatte. Sie drehte sich nicht herum, doch Yamato erkannte, dass sich ihr kompletter Körper angespannt hatte. „I-Ich bin es aber leid zu warten…“, murmelte sie mit gedämpfter Stimme. „Was? Wovon redest du denn?“, hakte Yamato sofort nach und wollte schon ihre Hand ergreifen, als sie sich seiner entzog und ruckartig über ihr Gesicht zu fahren schien. „Ich bin es einfach leid...das mit uns hätte so schön sein können, aber du hast alles weggeworfen“, erwiderte sie mit klagender Stimme. Er blieb stocksteif mitten im Flur stehen und bewegte sich nicht. Er hielt viel mehr die Luft an, da er nicht erwartet hatte, dass sie ausgerechnet dieses Thema ansprach. Nicht nach all den Jahren, in denen sie sich auf eine Freundschaft geeinigt hatten. Eine Freundschaft, die niemals funktionieren würde, weil sie sich liebten. „Es tut mir leid…“ Seufzend fasste sich Sora durch die Haare und blickte über ihre Schulter. „Meinst du nicht, dass du ein bisschen spät dran bist, um dich zu entschuldigen?“, fragte sie leise und Yamato konnte hören, dass sie die Tränen zurückhielt. Wie gerne hätte er sie in diesem Augenblick einfach umarmt gehabt, doch er war wie festgefroren, befand sich im Schatten der Vergangenheit, der ihn prompt eingeholt und umgerissen hatte. „Sora…ich…“ Weiter kam er nicht, als Sora sich zu ihm herumdrehte und mit gläsernen Augen fixierte. „Ich wünschte, dass das hier funktionieren würde…aber je mehr Zeit ich mit dir verbringe, desto mehr wird mir bewusst, dass ich das nicht kann. Du hast mir damals mein Herz gebrochen, als du mir gesagt hast, dass du dich für diese Beziehung nicht bereit fühlst. Wie soll ich es auf unbestimmte Zeit mit dir zusammen in der Digi-Welt nur aushalten? Weißt du, wie es sich anfühlt, jeden verdammten Tag seine Gefühle zu verbergen, weil man etwas nicht gefährden will, das schon längst nicht mehr vorhanden ist?“, sie atmete unruhig, als ihr die ersten Tränen über die Wangen jagten. „Ich will das nicht mehr und es tut mir leid, dass ich dir das so kurz vor unserer Abreise alles an den Kopf knalle, aber i-ich…“ Ihre Stimme verschwand im Nebel ihrer Tränen, während Yamato nur sehr langsam realisierte, was sie alles zu ihm gesagt hatte. Sie hatte immer noch Gefühle für ihn. So wie er immer noch welche für sie hegte. Er befeuchtete seine trockenen Lippen mit der Zunge, während sich ein dicker Kloß in seinem Hals festsetzte und ihm das Sprechen erschwerte. Er wollte gerade etwas erwidern, als Sora den Kopf schüttelte und sich über ihre nasse Augenpartie wischte. „Ach, vergiss einfach was ich gesagt habe. Ich werde jetzt einfach nach Hause gehen, okay?“ Wie erstarrt blickte er sie an. Wie ein Häufchen Elend stand sie vor ihm und war gerade im Begriff sich nach ihren Schuhen zu bücken, als alle Alarmsignale in ihm gleichzeitig anschlugen. Wenn er sie jetzt gegen lassen würde, würde er sie für immer verlieren. Und genau das musste er verhindern. Ohne irgendwelche Worte zu verlieren, schritt er zügig auf sie zu und starrte sie mit einem eindringlichen Blick an, sodass sie ihn nur voller Ehrfurcht erwidern konnte. „Yamato…?“ „Bitte sag‘ jetzt einfach nichts“, flüsterte er ihr zu, als sie langsam rückwärts stolperte und mit dem Rücken an die Tür gepresst wurde. Yamato stand direkt vor ihr und machte ein Entkommen unmöglich, als er seine Hände über ihren zierlichen Körper wandern ließ und bestimmend die Lippen auf ihre presste. _ Sie hatte keine Ahnung, wie sie es in sein Zimmer geschafft hatten. Aber es war ihr auch egal. Ihre tiefgreifende Sehnsucht vernebelte ihr immer mehr den Verstand und ließ keinen klaren Gedanken mehr zu, weshalb sie voll und ganz auf ihre Gefühle vertraute. Nichts fühlte sich in diesem Moment so richtig an, wie seine zärtlichen Berührungen, die sie auf ihrer Haut spürte. Ihre Klamotten hatten sie nach und nach auf dem Weg zum Bett verloren, während ihre innigen Küsse sie noch mehr anheizten weiterzugehen. Er benetzte ihr Dekolleté mit begierigen Küssen, legte behutsam seine Hand auf ihren Brustkorb und verwöhnte sie mit zärtlichen Streicheleinheiten. Sie konnte gar nicht in Worte fassen, wie seltsam sich all das hier anfühlte. Sie versuchte sich voll und ganz auf ihn zu konzentrieren, was nicht schwer war, da er sie schon längst in seinen Bann gezogen hatte. Es trennte sie lediglich die Unterwäsche voneinander, weshalb die Angst langsam Soras Rücken empor kroch. Es war das erste Mal, dass sie eine so intime Situation mit einem Jungen erlebte. Sie war noch unerfahren, da ihr Herz immer wieder zu ihm zurückgesteuert war, weil sie ihn einfach nicht loslassen konnte. Sie spürte, wie er mit den Lippen wieder nach ihrem Mund suchte und seine Wanderschaft über ihren zierlichen Körper fortsetzte. Er wanderte immer weiter nach unten, streichelte ihre Innenschenkel und gelangte letztlich zu ihrem Slip. Gerade als er im Begriff war, in beiseite zu schieben, verkrampfte sich in Sora alles und sie hielt abrupt sein Handgelenk fest. Um Himmels Willen…was zur Hölle waren sie gerade im Begriff zu tun? Und warum hatte sie ihn nicht schon früher aufgehalten? Hatten seine süßen Küsse ihr etwa so den Verstand vernebelt? Fast schon ein wenig panisch drückte Sora Yamato von sich runter und zog ihre Beine schützend zu ihrem Körper ran, während ihre Augen ungläubig geweitet waren. „Hab‘ ich was falsch gemacht?“, fragte Yamato unsicher und setzte ihr direkt gegenüber, auch wenn er den nötigen Abstand einhielt. „N-Nein, aber, was tun wir hier? Übereinander herfallen, wie wilde Tiere?“ „Also so würde ich das jetzt nicht…“ „Ach nein? Wie würdest du es denn sonst nennen?“, unterbrach sie ihn schroff und fühlte sich plötzlich in ihrer Haut gar nicht mehr wohl. Sie hatte es überstützt. Wurde von der Sehnsucht getrieben und hatte sich von der Versuchung verleiten lassen. Doch dann blickte sie in Yamatos blaue Augen, die lediglich von seiner kleinen Zimmerleuchte erhellt wurden. Sein Blick war weich und voller Liebe, weshalb ihre Anspannung etwas nachließ und Yamato den Moment nutzte, um näher an sie heran zu rutschten. Behutsam strich er über ihre Wange und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze, bevor er sie durchdringend ansah. „Liebe machen“, sagte er nur und blickte sie schiefgrinsend an. „Was?“, fragte Sora irritiert und konnte nicht verstehen, auf was er hinaus wollte. „Du hast doch gefragt, wie ich es nennen würde und das ist meine Antwort“, erwiderte er eindrucksvoll, weshalb Sora prompt der Mund aufklappte. Liebe machen… Eine unkontrollierte Welle der Gefühle steuerte auf sie zu, als sie ein Impuls dazu veranlasste, direkt ihre Lippen wieder mit seinen zu verschließen und ihn von einer Sekunde auf die andere in einen sinnlichen Kuss zu verwickeln. Überrascht erwiderte er ihn und beide fanden sich im Sog ihrer Empfindungen wieder. Sie entledigten sich ihren letzten Kleidungsstücken, als sie sich einem kurzen, aber intensiven Vorspiel hingaben. Zuerst spürte Sora seine warme Zunge an ihren Brüsten, die ihre Brustwarzen neckend umkreiste. Spielerisch biss er sanft hinein und entlockte ihr einen leisen Seufzer, als er sich begierig daran festsaugte. Mit der anderen Hand wanderte er weiter nach unten und widmete sich ihrer empfindlichsten Stelle mit kreisenden Bewegungen. Seine eigene Erregung wuchs stetig an, während Sora sich sehr zurückhalten musste, nicht jeden Augenblick den Verstand zu verlieren. Kurz bevor sie ihren Höhepunkt erreichte, hielt Yamato in seinen Bewegungen inne und beugte sich über sie hinweg, um aus seinem Nachtisch ein Kondom hervorzukramen. Geschickt öffnete er die Verpackung und streifte es sich über, während Sora seine Männlichkeit mit Ehrfurcht betrachtete. Yamato war ihr ängstlicher Blick allerdings nicht entgangen, weshalb er sich über sie beugte und ihr zuerst einen sanften Kuss auf die Lippen hauchte, bevor er sich positionierte. „Ich hab‘ ein bisschen Angst“, gab sie lächelnd zu, als Yamato ihre Hände ergriff und ihre Finger mit seinen verschränkte. „Das brauchst du nicht, ich bin vorsichtig“, versicherte er ihr, als er behutsam in sie eindrang und sich langsam vortastete. Sora verzog ein wenig das Gesicht, als sich ein stechender Schmerz in ihrem Unterleib ausbreitete und Yamato dazu veranlasste inne zu halten. Sie presste die Lippen fest aufeinander, als der Schmerz langsam abklang und sie ihm durch ein Nicken versicherte, weiter vordringen zu können. Im selben Moment spürte sie ein erleichterndes Gefühl, dass sie sanft ausatmen ließ. Erleichterung machte sich in ihr breit, als Yamato sich sanft in ihr zu bewegen begann und das Gefühl von Verbundenheit und Liebe in ihr geschürt wurde. Wieder und wieder küsste er sie hingebungsvoll, als beide einen gemeinsamen Rhythmus fanden, der ihnen zusagte. Seine Bewegungen wurden immer flüssiger, während seine Atmung kürzer und flacher wurde. Sora zog ihn plötzlich noch dichter an sich heran, als sich ein wohliges Gefühl in ihr ausbreitete und ihr Herz mit purer Wärme füllte. Kraftlos sank er auf die Matratze, stützte sich aber noch etwas ab, um nicht direkt auf Sora zu landen. Sie rückte ein Stück, sodass er hinter ihr etwas Platz fand. Yamato atmete schwer und hatte sich zuerst auf den Rücken gelegt, als er sich dann doch zu Sora drehte und erneut Körperkontakt mit ihr suchte. „Das war schön“, flüsterte er ihr liebevoll in Ohr und bettete sein Kinn auf ihrer Schulter, sodass sie seine warmen Körper hinter ihrem Rücken fühlte. Seine Arme schlangen sich um ihren Bauch, als sie zärtlich die Hände auf seinen muskulösen Armen platzierte. „Das fand ich auch“, bestätigte sie lächelnd und konnte nicht verbergen, dass diese Nacht sie sehr glücklich gemacht hatte. Es war ein leidenschaftlicher Moment, der möglichweise alles ändern könnte. Nun lag es an ihnen, ihre Zukunft zu gestalten. Doch Sora wusste bereits, dass sie ihn nicht mehr gehen lassen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)