Kingdom Hearts - War of Light and Darkness von abgemeldet (Secret Section) ================================================================================ Kapitel 32: Sich selbst verzeihen? ---------------------------------- Das Läuten der Schulglocke ließ Ami hochschrecken. Verwirrt rieb sie sich die Augen und sah sich um. Um sie herum waren viele Regale mit Büchern und eines davon lag direkt vor ihr. Auf den geöffneten Seiten waren Zeichnungen eines menschlichen Körpers zu sehen. Der Text daneben beschrieb genau die einzelnen Muskelpartien des Körpers und welche Funktionen sie normalerweise ausübten. Natürlich, sie hatte ja eigentlich die Anatomie des Körpers lernen wollen. Allerdings hatte sie sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren können. Ihre Gedanken verweilten die ganze Zeit woanders... Frustriert hatte sie den Kopf auf ihr Notizbuch gelegt und dem Gesang der Vögel gelauscht welcher durch das offene Fenster zu hören war. Dabei musste sie wohl eingenickt sein. Ein Blick in die Runde sagte ihr, dass sie inzwischen ganz alleine sein musste. Natürlich warum auch nicht? Am letzten Freitag vor den Ferien würde kein Schüler länger als nötig in der Schule bleiben und schon gar nicht in der Schulbibliothek. Niemand außer ihr. Oranges Licht schien durch die Fenster herein. Das Abendrot setzte ein. Es war an der Zeit nach Hause zu gehen. Ami erhob sich von ihrem Stuhl und packte ihre Tasche zusammen. Bevor sie den Raum verließ, stellte sie das Buch noch in das Regal zurück. Dann trat sie aus dem Raum und schloß hinter sich die Tür. „Mizuno?“ Ami drehte sich um. Der Direktor stand hinter ihr und sah sie überrascht an. In einer Hand hielt er seine Aktentasche. Offensichtlich war er ebenso im Begriff die Schule zu verlassen. „Ist es nicht ein bisschen spät um noch zu arbeiten?“, fragte er freundlich und trat näher. „Es sind Ferien. Auch du solltest mal eine Pause einlegen und das Leben genießen. Das ist genauso wichtig wie das Lernen.“, sagte er. Ami nickte ihm höflich zu. „Ja ich weiß. Ich bin auch gerade im Begriff nach Hause zu gehen.“ „Dann gestatte mir, dich ein kleines Stück zu begleiten.“ Gemeinsam stiegen sie eine Treppe hinab, dann fragte der Direktor plötzlich: „Wie geht es denn Terra Kagurasaka? Seit dem er sich bei mir vorgestellt hatte, habe ich nichts mehr von ihm gehört. Außer das er sich sehr gut im Unterricht macht. Hat er es schon geschafft ein paar Freunde in seiner Klasse zu gewinnen?“ Ami nickte. Das Thema war ihr unangenehm. Trotzdem sagte sie höflich: „Ja Direktor. Das hat er.“ Erfreut nickte der alte Mann. „Und du hilfst ihm doch wo du kannst damit er sich bei uns zurecht findet und wohl fühlt oder?“ Bildete sich es sich nur ein oder fühlte es sich so an als hätte sie einen Kloß im Hals? „Ja Direktor.“ „Das ist gut. Wie ich gehört habe, soll er sogar ein sehr guter Schwertkämpfer sein. Eine ehrenvolle Kampfkunst. Sie hat für uns eine hohe Bedeutung in der Geschichte. Da er es geschafft hat Yumata Shingo zu besiegen muss er einen außergewöhnlichen Stil haben.“ Der Kloß in Amis Hals löste sich etwas und sie schaffte es sogar zu lächeln, bei dem Gedanken daran was der Direktor wohl sagen würde, wüsste er wie außergewöhnlich Terras Kampfstil tatsächlich war. Wie kraftvoll und doch elegant seine Bewegungen sein konnten und gleichzeitig gefährlich. „Ja. Den hat er.“, sagte sie. „Soso.“ Der Direktor betrachtete Ami aus den Augenwinkeln genauer. Ihr Blick schien verträumt in die Ferne gerichtet zu sein und ihr Lächeln... Ohne Zweifel hier lag etwas in der Luft und der alte Mann konnte sich denken was das war. „Das ist wirklich interessant. Ich spiele mit dem Gedanken Terra darum zu bitten den nächsten Wettkampf der Schulen zu bestreiten. Gute Schwertkämpfer sind selten geworden. Dabei sind diese Kämpfe immer ein sehr beliebtes Ereignis, jedenfalls solange niemand dabei verletzt wird, versteht sich.“ Suchend tastete der Mann in seiner Brusttasche herum und zog schließlich einen Schlüssel heraus. „So nun aber ab mit dir nach Hause Ami. Und viel Spaß während der Ferien. Wir sehen uns in zwei Wochen wieder.“, sagte er, nachdem er das Schultor abgeschlossen hatte. Zufrieden summend ging er die Straßen entlang und verschwand hinter einer Ecke. Ami sah ihm noch einen Moment nach, dann wandte sie sich in die andere Richtung. Planlos wanderte sie durch die Straßen der Stadt. Sie verspürte nicht die geringste Lust jetzt schon nach Hause zu gehen. Zwar hatte sie sich bereit erklärt, heute für das Abendessen zu sorgen, doch da ihre Mutter erst spät Abends heimkehrte, hatte sie noch genügend Zeit. Normalerweise würde sie diese mit lernen verbringen, doch dafür fehlte ihr eindeutig die Motivation, was nun wirklich nicht oft passierte. Allerdings stimmte mit ihr momentan sowieso einiges nicht. Egal was sie auch tat oder was sie sich vornahm zu tun, sie tat es nur halbherzig und ohne die nötige Konzentration. Das war eigentlich nicht ihre Art. Genauso fiel es ihr schwer Freude zu empfinden. Zurzeit übermannten sie fast nur negative Empfindungen wie Trauer, Angst, Schmerz...die positiven hingegen...schienen sie zu meiden. Noch vor einer Woche war das anders gewesen. Beispielsweise das Abendrot. Sonst hatten sie die gelblich-orangen Farben des Himmels, welche der Stadt einen mystischen Schein verliehen, immer wieder aufs neue fasziniert und begeistert. Ami hatte in den unendlichen Himmel mit seinen kräftigen Farben gesehen und fühlte sich dabei einfach nur glücklich und frei. Ein warmes Gefühl breitete sich dann immer in ihrem Herzen aus. Doch heute Abend fühlte sie nichts...keine Freude...kein warmes Gefühl...einfach Nichts. Als gäbe es in ihrem Inneren eine große Leere. So als ob etwas fehlte. Vielleicht die Fähigkeit zum glücklich sein? Was war in den letzten Tagen passiert, dass sich alles so verändert hatte? In Gedanken schallte Ami sich selbst eine Närrin. Die Antwort lag förmlich auf der Hand. Schon seltsam. Tatsache war, dass sie Terra noch nicht lange kannte und nicht so gut wie sie es gerne täte. Dennoch hatte er es geschafft ihr Leben in so kurzer Zeit zu verändern und teilweise völlig aus der Bahn zu werfen. Ja, sie hatte noch immer Angst vor dem Dämon in ihm und trotzdem...vermisste sie ihn wahnsinnig. Sein Gesicht, seine blauen Augen, seine sanfte, beruhigende Stimme...die Wärme die sie fühlte wenn er sie umarmte...Plötzlich verschwanden diese Bilder und Ami sah erneut sein verletztes Gesicht vor sich...sah den Schmerz in seinen Augen, als sie sich von ihm abwandte...Ihr war als würde sie sogar den Schmerz seiner Seele spüren...doch ihr war klar, dass ihre Vorstellungen des Schmerzes Nichts waren im Vergleich zu dem, was er tatsächlich gespürt hatte...Es musste eine innere Qual gewesen sein...nein nicht einmal das war genug... „Ich habe einen großen Fehler gemacht. Verzeih mir!“, dachte Ami. Und ein kleiner Teil ihres Herzens wünschte sich, Terra könnte es irgendwie hören. Sie musste das endlich beenden. Aber wie tut man so etwas? Wie kann man jemanden um Verzeihung bitten, nachdem man ihm so sehr weh getan hat? Kein Buch der Welt konnte ihr diese Antwort geben, daher war sie ziemlich ratlos. Einfach zu ihm zu gehen und ihn um Verzeihung zu bitten, erschien ihr zu wenig für ihre Tat. Vielleicht musste sie erst noch dafür sühnen? Aber sühnte sie nicht schon genug? Tag für Tag quälten sie immer die selben Fragen, immer die selben Erinnerungen, immer der selbe Schmerz. Ami drehte sich im Kreis und das wusste sie auch. Allerdings konnte sie nichts dagegen tun. Ihre Gedanken waren genauso wirr wie ihr Herz. Keine große Hilfe. Seufzend blieb sie stehen und sah sich um. Nicht weit von hier war ein Supermarkt. Sie würde dorthin gehen und die Zutaten fürs Abendessen einkaufen. Eventuell kam sie so auf andere Gedanken. Doch daraus sollte nichts werden. Kaum war sie in die richtige Straße eingebogen, blieb sie wie angewurzelt stehen. Der Supermarkt. Es war der Markt, in dem sie mit Terra einkaufen gewesen war. Zögernd stand Ami da und starrte das Gebäude an. Sollte sie zu einem anderen Markt gehen? Das würde zu lange dauern. Der nächste Markt war über eine Stunde mit dem Bus entfernt. Ami holte tief Luft und betrat den Markt. Alles wirkte so wie immer. Die Menschen kamen und gingen, die Kassen piepsten vor sich hin und die Kassiererinnen versuchten mit dem Ansturm fertig zu werden. Natürlich was sollte denn auch anders sein als sonst? Das waren nur ihre Nerven. Ami nahm sich einen Korb und betrat die Regalreihen. Schnell merkte sie, dass es ein Fehler war. Ihre Fantasie hatte offenbar beschlossen ihrem Verstand endgültig den Rest zu geben. Überall sah sie sich selbst mit Terra durch die Reihen laufen. Ihre Hände fingen an zu zittern und der Kloß im Hals war wieder da. Ihr Gehirn schien noch die kleinsten Details aus seinen Tiefen heraus zu kramen. Deutlich konnte sie ihr geisterhaftes Selbst sehen, wie es sich nach verschiedenen Gewürzen streckte und diese in dem Einkaufskorb steckte. Terra machte eine Bemerkungen und lachte auf. Ihr ´Selbst´ tat es ihm nach. Unnachgiebig quollen Ami die Tränen aus den Augen. Ami hob die Hand und fing sie auf. Vertieft betrachtete sie sie, als würde sie zum ersten Mal welche sehen. „Wie merkwürdig.“, dachte sie. „Dabei dachte ich, ich hätte bereits alle Tränen geweint.“ Hastig hob sie den Ärmel und wischte sich ihr Gesicht. „Entschuldige bitte Kindchen. Ich müsste da einmal ran.“ Erschrocken wandte Ami sich um. Eine gebeugte, alte Frau stand hinter ihr und lächelte sie herzig an. Ami hatte nicht einmal gehört, dass die Frau hinter sie getreten war. „Wie bitte?“, fragte Ami verwirrt. „Die Mandeln. Ich würde gerne an die Mandeln herankommen, doch du stehst seit einer geschlagenen Minute davor Kindchen.“ „Oh!“, machte Ami und sprang schnell zur Seite. „Entschuldigen Sie bitte. Ich wollte nicht im Weg stehen.“ Hastig wandte Ami sich um und starrte wieder zu den Gewürzen. Sie selbst und Terra waren verschwunden. „Schon in Ordnung Kleines.“ Die Alte nahm eine Packung gebrannte Mandeln aus dem Regal und steckte sie in den Korb. Stirn runzelnd bemerkte sie die übrig gebliebenen Tränenspuren auf Amis Gesicht. „Was ist? Ist dir nicht gut Kleines?“ , fragte sie besorgt. Rasch wischte Ami noch einmal über ihr Gesicht, bis sie sich sicher war, dass die Frau nun nichts mehr sehen konnte. „Es ist nichts...nur eine Erinnerung....an jemanden.“ „Hmmm eine verschiedene Person vielleicht?“, fragte die Frau einfühlsam. Doch Ami schüttelte den Kopf. „Nicht verschieden. Er ist...wir haben uns gestritten...und jetzt ist er weg und ich... ich glaube es ist meine Schuld. Nein ich weiß es sogar.“, sagte Ami. Gleichzeit fragte sie sich, warum sie das der fremden Frau überhaupt sagte. Aber irgendwas war ihr an dieser Frau vertraut. „Ich verstehe. Das ist bestimmt sehr schwierig. Aber es gibt eine Lösung Kindchen. Es gibt immer eine. Wenn du weißt, dass es deine Schuld war, musst du ihn um Verzeihung bitten.“ „Ich weiß, aber ich weiß nicht wie.“, gestand Ami. „Das Wichtigste ist, dass du dir erst einmal selbst verzeihen musst. Wenn du dir nicht selbst verzeihen kannst, wie soll er es dann können?“ Ami starrte die alte Frau an. „Das kann ich nicht...ich habe etwas getan, was ich nicht wieder gut machen kann.“ Die alte Frau tätschelte Amis Schulter und sagte: „In diesem Falle solltest du vielleicht einfach mit ihm Reden. Sicherlich muss man sich selbst verzeihen, aber in manchen Situationen...braucht man dabei auch die Hilfe des anderen. Manchmal ist es nämlich genau anders herum. Manchmal kann man sich nur selbst verzeihen, wenn einem bereits verziehen wurde. Ich weiß es hört sich wirr an Kindchen. Aber glaube mir, deswegen ist es nicht weniger wahr.“ Die Alte nickte ihr aufmunternd zu und ging davon. Über die Schulter rief sie ihr noch zu: „Auf jedenfall solltest du bald mit ihm Reden. Je länger du wartest, desto schmerzhafter wird es für euch beide sein. Einen schönen Abend noch Kindchen.“ Dann verschwand sie hinter einem Regal. Ami stand perplex da und sah ihr nach. In ihrem Gehirn arbeitete es. „Sie hat Recht.“, dachte sie. „Es noch weiter hinauszuzögern wäre ein Fehler. Das würde nur noch mehr Leid schüren. Ich kann mir noch nicht selbst vergeben, aber vielleicht...vielleicht versteht er mich wenn ich es ihm erkläre...das würde mir eine große Last von den Schultern nehmen. Und ihm hoffentlich seinen Schmerz. Vielleicht...würde dann alles wieder gut werden.“ Ruckartig löste sie sich aus ihrer Starre und hetzte zu dem Regal wo die Alte verschwunden war. Ami wollte sich bei ihr bedanken, doch als sie um die Ecke bog, war der Gang dahinter leer. Hecktisch sah Ami auch noch in den nächsten beiden Gängen nach, doch die Alte blieb verschwunden. Vermutlich war sie bereits gegangen. Ami bedankte sich in Gedanken bei ihr und wandte sich entschlossen wieder den Regalen zu. Sie würde den Einkauf erledigen und sich dann zu Hause überlegen, was sie Terra sagen wollte. Eventuell sollte sie sich ein paar Notizen machen? Das konnte zumindest nicht schaden. Morgen früh dann würde sie zu ihm gehen. Die Türen des Supermarktes öffneten sich und die alte Frau trat heraus. Aufmerksam sah sie sich um und verschwand dann in einer nahen Seitengasse. Seufzend richtete sich sich zu voller Größe auf und streckte ihren Rücken. „Man soll gar nicht glauben wie anstrengend es ist, so gebeugt zu laufen.“, sagte sie. Aus dem Schatten traten Bunny und ChibiUsa. „Hat es funktioniert?“, fragte ChibiUsa. Die Alte nickte. „Das hoffe ich doch. In den nächsten Tagen werden wir es wohl erfahren.“ „Sehr gut. Manchmal braucht unsere Ami einen kleinen Schubs um sich in ihren Gefühlen sicher zu sein, obwohl sie eine der liebsten Personen ist die ich kenne.“, sagte Bunny und hielt der Frau ihre Handfläche hin. „Ach so stimmt.“ Ächzend kramte die Frau in ihrer Tasche und holte einen pinken Kugelschreiber, verziert mit einem roten Edelstein hervor. „Hier.“, sagte sie und reichte den Stift Bunny. Kaum hatte der Stift den Besitzer gewechselt, verwandelte die alte Frau sich vor Bunnys und ChibiUsas Augen zurück in Makoto. „Der Verwandlungsstift ist wirklich praktisch. Ich verstehe nicht warum du als einzige einen von Luna bekommen hast.“ „Tja, vielleicht wusste Luna ja, dass ich ihn niemals missbrauchen würde.“, lachte Bunny übertrieben auf. ChibiUsa und Makoto sahen sich an. Sie hielten es beide besser zu schweigen. Bunny und diesen Stift niemals missbrauchen? Aber klar doch. Nachdenklich sah Makoto zurück zu dem Supermarkt. „Der Rest liegt bei dir Ami.“ Hosted by Animexx e.V. 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