Nur mit dir, für dich von Saph_ira ================================================================================ Kapitel 21: Ereignisse ---------------------- Sophie hatte in der Tat von ihrem Vorhaben abgelassen. Zwar mit Bedauern, aber besser als gar nicht. Rosalie besuchte mit Oscar und André noch ein paar weitere Bälle, um auf Nummer sicher zu gehen - bis die Sache ganz aus der Wellt geschafft war.   Kaum das eine sich legte, passierten schon die nächsten Ereignisse - allerdings am Hofe, die aber in gewissen Weise auch mit Rosalie zu tun hatten: Ihre Schwester, Jeanne de Valois wurde verhaftet und verurteilt. Sie war in einer Halskettenaffäre verstrickt und hatte im Untergrund ein Komplott gegen die Königin gesponnen. Dafür bekam sie einen V – Förmiges Eisen auf die Schulter gebrannt und wurde zu einer lebenslangen Zwangsarbeit verurteilt. Jedoch brach sie schon nach einiger Zeit aus dem Gefängnis aus und begann in ihrem Unterschlupf Memoiren über die angeblichen Affären der Königin zu verfassen.   Rosalie war dadurch bestürzter denn je. Und als wäre das nicht schon schwer genug, verließ sie aus heiterem Himmel Oscar. Angeblich musste sie zu ihrer leiblichen Mutter. In Wirklichkeit wollte sie aber nur ihre Schutzpatronin vor Intrigen schützen. Oscar hatte das verstanden, als sie den hinterlassenen Brief von Rosalie gelesen hatte - dort stand der wirkliche Versteck von Jeanne niedergeschrieben. Das traf Oscar sehr hart, aber böse auf Rosalie war sie deswegen nicht. Sie verzieh ihr alles und befasste sich mit ihrer Schwester.   Zu der Verhaftung von Jeanne de Valois und ihren Mann kam es aber nicht. Jeanne und ihr Gemahl sprengten sich in ihrem Versteck in die Luft. Somit war dieses Kapitel abgeschlossen. Aber nicht für das Volk. Vereinzelte Übergriffe auf Adelshäuser begannen stattzufinden und in diesem ganzen Trubel kehrte Hans Axel von Fersen aus Amerika zurück - nach sieben Jahren. Er fand sich bei Oscar ein. Diese hieß ihn herzlich willkommen und lud ihn ein, bis zum Morgen ihr Gast zu sein. Es gab ja so vieles zu erzählen! Auch André bekräftigte ihre Bitte und der Graf blieb. Von Fersen war von so viel Herzlichkeit zu tiefst gerührt.   Sophie und ihr Enkel deckten den Tisch in dem Großen Speisesaal, wo meistens die Familie de Jarjayes ihre Mahlzeiten einnahmen, wenn ganze Familie zusammen war oder wenn große Feste gefeiert wurden. Heute war ausnahmsweise nur Oscar zuhause.   In einer anderen Hinsicht, war das für Oscar selbst sogar auch von Vorteil. So konnte sie etwas mehr Zeit als sonst mit André verbringen und sich seiner Liebe hingeben. Aber nicht mehr heute. Der unverhoffte Besuch des Grafen hatte ihr Vorhaben vereitelt.   Bei einem gemütlichen Abendessen erzählte von Fersen über seine Erlebnisse in Amerika. Oscar, André und Sophie hörten ihm mit Interesse zu. Die beiden Letzteren beteiligten sich zwar nicht beim Abendessen, wie das ihrem Rang zustand, aber sie waren auch gute Zuhörer.   Später saßen Oscar und von Fersen in gepolsterten Sesseln am Kamin, streckten entspannt ihre Glieder aus und ließen die Wärme des prasselnden Feuers auf sich wirken. Sie waren alleine unter sich. Sophie hatte sich zu dieser späten Stunde verabschiedet und André wurde gebeten, noch etwas Wein zu der guten Unterhaltung zu bringen.   „Und dann verabschiedest du dich auch“, empfahl Sophie ihrem Enkel auf dem Weg in die Küche.   „Wieso?“, wunderte sich ein ahnungsloser André. Er hatte nicht die Absicht, seine Oscar mit von Fersen alleine zu lassen. Zumal er heute nach Mitternacht mit ihr verabredet war.   „Es wird Zeit, dass Lady Oscar sich auch wie eine Frau benimmt“, erklärte ihm seine Großmutter betonend: „Der Graf ist ein edler Mann und versteht sich mit ihr sehr gut. Zusätzlich ist er ihres Alters, ihres Ranges und ist genauso ledig wie sie.“   „Aber Großmutter!“ André schluckte seine widersprüchliche Bemerkung noch rechtzeitig herunter. Er konnte ihr doch nicht verraten, dass der einzige Mann in Oscars Leben er war! Dennoch fraß sich in ihm eine Tatsache fest, die ihm eigentlich seit klein auf bewusst war, aber die ihn nicht sonderlich rührte, solange er sich Oscars Liebe sicher war: Der großer Standesunterschied zwischen ihm und ihr! Unbedacht hatte ihm seine Großmutter genau das vor den Augen geführt und dass sie beabsichtigte, von Fersen mit Oscar zu verkuppeln! André wurde es flau im Magen. Das würde niemals gut gehen! „Großmutter...“, brachte er von sich, bemüht spöttisch zu wirken: „Ihr denkt doch nicht im ernst, dass Oscar sich mit einem Mann abgeben wird?! Ihr müsst sie doch kennen! Sie würde sich niemals wie eine Frau benehmen wollen!“   „Das bedeutet aber nicht, dass sie keine weibliche Gefühle in sich trägt!“, widersprach ihm Sophie kategorisch. Sie erreichten die Treppe und liefen bis zu der Küche nach unten, wo Sophie ihm noch naseweis hinzufügte: „Ich habe genau gesehen, wie gut Lady Oscar sich mit Graf von Fersen versteht!“   „Oscar versteht sich mit vielen Menschen gut“, wand André mit versuchter Gelassenheit ein.   „Was verstehst du schon von Frauen!“, ließ ihn Sophie nicht ausreden. Sie blieben bei der Küche stehen. Die alte Dame drehte sich behände um und musterte ihren Enkel durch ihre runde Brille, als wäre er noch ein ungehobelter Flegel. „Du bist und bleibst ein einfältiger Nichtsnutz. Geh und bringe lieber Lady Oscar und Graf von Fersen den gewünschten Wein! Ich habe nicht die Lust, mit dir zu diskutieren! Also gute Nacht!“   „Gute Nacht, Großmutter“, sagte nur darauf André und ging in die Küche, um eine Flasche Wein und drei Gläser zu holen.       - - -       „...jetzt aber genug von mir, Oscar. Erzählt lieber, wie es Euch in den sieben Jahren ergangen ist?“   „Wie soll es mir schon ergangen sein? Bei mir ist alles in Ordnung geblieben.“   „Und Euer Freund?“   „Wie Ihr es gesehen habt, geht es ihm auch gut.“   „Ich meinte eigentlich Eure Beziehung zu ihm und umgekehrt, Oscar.“   „Genauso wie früher“, sagte Oscar knapp.   Von Fersen wunderte das nicht. Oscar war schon immer knapp beim Wort. Aber er verstand daraus, dass die heimliche Liebe zwischen ihr und ihrem treuen Freund weiterhin unverändert bestand. Das gab ihm einen Anstoß, hinzuzufügen: „Ich freue mich für euch beide. Ihr passt sehr gut zueinander und ergänzt euch wie ein Ganzes.“   „Danke, Graf. Wir geben uns Mühe, nicht aufzufallen.“   „Das scheint Euch gut zu gelingen.“   „Allerdings“, gab Oscar schmunzelnd zu und in dem Moment betrat André den Kaminraum. Er stellte das Tablett auf dem Tischlein ab, das zwischen den beiden Sesseln stand und goss den Wein in drei Gläser ein. Das alles tat er wortlos. Etwas beschäftigte ihn, das merkte Oscar sofort und wechselte prompt das Thema: „Sagt, Graf, wollt Ihr der Königin demnächst nicht einen Besuch abstatten? Das habt Ihr nämlich noch nicht gesagt. Sie wird sich sehr freuen.“   „Und ich weiß nicht, ob ich ihr in die Augen sehen kann. Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, wie gefährlich die Liebe zwischen uns ist“, meinte der Graf bedrückt und nahm einen der gefüllten Gläser an sich. „Danke, André.“   André nickte ihm zu, nahm nach Oscar sein Glas und stellte sich an den Kamin. „Nicht gefährlicher als bei uns“, dachte er bei sich und schielte flüchtig zu Oscar. Diese sah schon den Grafen an und das schmerzte ihm irgendwie. Seine Großmutter wollte die zwei verkuppeln. Das würde ihr nicht gelingen, das wusste er, aber sich darüber zu freuen konnte er nicht. Warum nur musste er und Oscar unterschiedlichen Standes sein?! Dann würde seine Großmutter ihn mit ihr verkuppeln wollen! Nach der Sache mit Rosalie hatte sie ihn bisher in Ruhe gelassen. Aber wie lange würde es dauern, bis sie ihm ein anderes Mädchen seines Standes an die Nase band? Würden er und Oscar sie auch da umstimmen können, ohne dabei ihre Liebe auffliegen zu lassen und ohne das großmütterliches Herz zu verletzen? Darauf fand André keine Antwort und es beschäftigte ihn noch mehr.   Und er beschäftigte insgeheim Oscar. Sie fand keine plausible Erklärung dafür, was ihn bedrücken könnte. Sie unterhielte sich mit von Fersen und dachte dabei an ihren Geliebten.   Auch den nächsten Morgen kreisten Gedanken nur um ihn, während er mit dem Grafen um die Wette ausritt und sich mit ihm im Fechten übte. Bei dem gemütlichen Teegeplänkel danach, kam sie auch keinen Schritt weiter. André stand am Fenster und schielte zwischendurch zu ihr. Plötzlich donnerten zwei Schüsse von draußen und die Fensterscheiben hinter ihm zersprangen. Glassplitter flogen umher und auch André kippte vor Schreck nach vorn. Oscar eilte kreidebleich zu ihm. „André! Ist dir etwas passiert?“ Sie half ihm beim Aufsitzen.   Ihr Geliebter schien unverletzt zu sein. „Nein, es ist alles in Ordnung“, bestätigte er ihr mit klarer Stimme und schüttelte vereinzelte Glassplitter von seinem Hemd ab.   Graf von Fersen sprang ans Fenster und beäugte die Umgebung von draußen. „Wer war das?! Wer könnte es gewesen sein?!“   „Bestimmt irgendwelche Bürger aus Paris“, vermutete André trocken.   Von Fersen sah ihn fragend an. „Bürger aus Paris? Aber wieso?“   „Es hat sich in den sieben Jahren vieles verändert“, meinte darauf André.   „Was genau hat sich verändert?“ verlangte von Fersen zu wissen und bekam eine erschreckende Antwort: Seit der Halskettenaffäre, nahm die Anzahl der Aufständischen gegen den Adel und das Königshaus zu. Es gab neue Bewegungen unter dem Volk, wo die Bürger in kleinen Grüppchen darüber diskutierten. Von Fersen hatte unerkannt mit André und Oscar eine von ihnen am gleichen Abend beobachten können und das erfüllte ihn mit Entsetzen. Nie hätte er gedacht, dass es zu so etwas kommen könnte!   Am nächsten Tag suchte er die Königin auf und bat sie, nach Versailles zurückzukehren, um wenigstens den Adel auf ihre Seite zu gewinnen. Zusätzlich stellte er sich in ihre Dienste ein und schwor dafür seinem Vaterland Schweden ab. Marie Antoinette hörte auf ihn und kehrte mitsamt ihren Kindern an den Hof von Versailles zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)