And now we can't have it von Khaleesi26 ================================================================================ Kapitel 4: Den Moment genießen ------------------------------ Pünktlich um 20 Uhr klingelte es an Mimi’s Haustür. „Na, bist du fertig?“, grinste Tai sie an. „Ich weiß nicht. Bin ich das?“, fragte die Brünette und blickte an sich hinab. „Da ich nicht weiß, was wir machen, wusste ich auch nicht was ich anziehen sollte.“ Sie hatte sich ganz legere für eine schwarze Jeans und ein weißes Shirt entschieden. Tai legte den Kopf schief und musterte sie. „Na ja, du solltest auf jeden Fall noch eine Jacke mitnehmen. Und keine High Heels!“, riet er ihr. „Keine High Heels? Das verspricht ja abenteuerlich zu werden.“, lachte Mimi auf. Sie schnappte sich ihre Jacke und gemeinsam machten sie sich auf den Weg. „Also, was machen wir?“, fragte Mimi neugierig. Die Sonne ging gerade unter und tauchte die Straßen in ein warmes, rotes Licht. „Wolltest du dich nicht überraschen lassen?“, grinste der Student. „Hoffentlich war das nicht die schlechteste Idee des Tages.“, neckte sie. „Vertrau mir!“ Mimi hatte keine Ahnung, wo Tai mit ihr hin wollte. Die Straßen und Wege, die sie einschlugen kannte sie nicht. Die Sonne war schließlich untergegangen und plötzlich blieb ihr Freund stehen. Waren sie schon da? Aber hier war doch weit und breit nichts. Außer... „So, da wären wir.“, verkündete Tai stolz und wartete auf Mimi’s Reaktion, die offenbar die Sprache verloren hatte. „Tai...“, begann Mimi unsicher. „Ich muss dich das fragen: du willst mich doch nicht um die Ecke bringen und meine Leiche dann irgendwo hier verstecken oder?“, fragte sie schließlich und sah sich ängstlich um. Tai lachte, denn sie standen vor einem noch nicht fertiggestellten Hochhaus, dessen Bauarbeiten gerade pausierten. Es war sehr dunkel auf dem Gelände und keine Menschenseele war da. Zum Fürchten, wie Mimi fand. „Du wolltest eine Überraschung.“ „Ich hatte schon bessere... Halt, warte! Willst du etwa da rein?“ Doch noch ehe sie irgendeinen Versuch unternehmen konnte, das Ganze abzuwenden, zog Tai sich bereits am Zaun hoch und schwang sich elegant auf die andere Seite. „Tai... Was soll dieser Blödsinn?“, fragte Mimi und sah sich um, ob sie jemand beobachtet hatte. „Komm rüber!“, forderte Tai seine Freundin auf. „Was? Oh nein! Es kriegen mich keine zehn Pferde da rein.“ „Willst du etwa abhauen und mich hier mutterseelenallein lassen?“, neckte er sie. „Du kommst schon klar.“, widersprach Mimi und verschränkte die Arme vor der Brust. „Komm schon, Mimi. Sei kein Angsthase.“ Mimi seufzte und machte sich schließlich doch daran, sich am Zaun hochzuziehen, was ihr nicht ganz so leicht fiel, wie dem Sportler. Wieso ließ sie sich nur zu diesem Quatsch überreden? „Ich kann nicht glauben, dass ich das hier mache.“, flüsterte sie, als könnte sie jemand hören. Ihr war nicht wohl bei der ganzen Sache. Was, wenn sie jemand erwischte, wie sie, ihrer Meinung nach, völlig sinnlos in ein leeres Gebäude eindrangen? Mimi sprang vom Zaun und Tai half ihr dabei, das Gleichgewicht zu halten, als sie aufkam. „Und jetzt?“, fragte sie genervt. „Komm mit!“, forderte Tai sie auf und ging in Richtung Eingang. Mimi zögerte. „Lass uns lieber abhauen, Tai. Bevor uns noch jemand erwischt.“ „Uns wird keiner erwischen, hier ist doch niemand. Und entweder du kommst jetzt mit oder ich gehe allein. Und du willst doch sicher nicht allein hier rum stehen. Es ist schon dunkel.“, grinste er und wusste genau, dass er ihr damit Angst machen konnte. „Was hab ich mir da nur eingebrockt?“, stöhnte Mimi und folgte ihm schließlich doch. Sie schlichen sich in das Gebäude und nahmen einige Stufen nach oben. „Tai was soll das? Wenn das irgendein idiotischer Streich ist, den nur Jungs verstehen, dann können wir gleich wieder gehen.“ Mimi konnte sich einfach nicht erklären, was diese Aktion hier sollte. „Warte noch, wir sind gleich da.“, lies er sich nicht beirren und führte sie Treppe für Treppe immer höher. Oben angekommen standen sie schließlich vor einer Eisentür. „Wunderbar Tai, können wir jetzt bitte wieder gehen? Mir ist es hier echt unheimlich und ich habe wirklich keine Lust...“ Doch noch bevor Mimi ihren Satz beenden konnte, öffnete Tai die Tür und trat mit ihr hinaus. Mimi blieb beinahe die Spucke weg. Sie befanden sich ganz oben auf dem Hochhaus und vor ihnen erstreckte sich die Stadt in ihrer gesamten Schönheit. Es war bereits dunkel geworden und überall funkelten Lichter. Es sah einfach traumhaft aus! „Na, willst du immer noch weg?“, fragte Tai die Schülerin neckisch und grinste breit. Mimi ging ein paar Schritte nach vorn und sah sich verblüfft um. Wann hatte sie das letzte Mal so etwas Schönes gesehen? „Du bist verrückt, Taichi Yagami.“, lächelte sie überrascht und fasziniert zugleich. „Danke! Genau das wollte ich hören.“, sagte Tai zufrieden und stellte sich neben sie. Die beiden hatten es sich am Rande des Hochhauses gemütlich gemacht. Sie ließen die Füße baumeln und genossen den Anblick und die Stille. Unter ihnen tobte das Leben, doch davon bekam man über den Dächern der Stadt nichts mit. Die beiden Freunde saßen einfach nur da und es bedarf keiner Worte. Plötzlich durchzuckte Tai ein Gedankenblitz. Warum war er hier? Beinahe hatte er vergessen, warum er mit Mimi hier hoch gegangen war. Doch er wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, das hätte wahrscheinlich eh nichts gebracht. Also beschloss er, es erst ein mal mit Small Talk zu probieren. Er sah zu der Brünetten und war überrascht, wie glücklich und zufrieden sie in diesem Moment aussah. Ganz anders, als am Nachmittag, kurz nachdem sie auf Izzy getroffen war. Aber sie sah nicht nur glücklich aus, sondern auch hübsch, musste sich der Student eingestehen. Wie sie von den Lichtern der Stadt sanft angestrahlt wurde und ihr Haar leicht im Wind wehte... Es fiel ihm schwer, seinen Blick wieder von ihr abzuwenden, doch er zwang sich dazu, bevor ihm dieser Augenblick noch einen Streich spielte. „Also, wie läuft es so in der Schule? Bereitest du dich gerade auf deine Prüfungen vor?“, fragte er sie, einfach um einen ersten Schritt zu tun. Mimi sah ihn überrascht an. Offenbar hatte er sie gerade aus einem tiefen Gedanken gerissen. „Ähm... Ja, es läuft alles bestens, aber es ist auch sehr anstrengend.“ „Kann ich gut nachvollziehen. Und hast du dich schon für eine Uni entschieden?“ Mimi überlegte. „Ja, ein paar kommen schon in Frage. Vielleicht bewerbe ich mich auch für ein Stipendium in den USA.“ Tai runzelte die Stirn. Er hatte keinen blassen Schimmer davon gehabt, dass Mimi mit dem Gedanken spielte, Japan zu verlassen. Sie war jetzt schon so lange wieder hier und irgendwie wäre er nie auf die Idee gekommen, sie könnte zurück in die USA ziehen. Tai versuchte sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. „Nun ja, das wäre sicher eine einmalige Gelegenheit für dich! Möchtest du denn zurück?“, fragte er sie ganz offen. „Ich weiß es im Moment noch nicht...“, antwortete sie und lächelte ihn dann aufmunternd an. „Ach, was soll’s. Jetzt muss ich mich erst mal auf meine Prüfungen konzentrieren und wer weiß, was danach ist.“ Ja, wer wusste das schon? Tai war, wie schon so oft, verblüfft über ihre lockere Art, die Dinge zu nehmen. Diese Eigenschaft hatte ihn schon immer fasziniert. Anderen Menschen fiel es meist sehr schwer, nicht ständig über irgendetwas nachzugrübeln. Oder sich Sorgen über die Zukunft zu machen. Nicht jedoch Mimi. Sie lebte im hier und jetzt. „Sagst du mir jetzt endlich, warum wir ausgerechnet hier her gegangen sind?“, fragte sie ihn. Tai musste eine Weile überlegen, wie er antworten sollte. „Ich dachte, das ist ein guter Ort, um sich ein bisschen zu entspannen... Um sich zu unterhalten...“ „...über?“, hakte die Brünette nach. „Du willst doch nicht etwa den ganzen Abend über die Schule reden?“ Tai sah sie an und überlegte, ob jetzt der richtige Augenblick gekommen war, um mit dem Thema ‚Izzy’ um die Ecke zu kommen. Er hatte sich schon alles zurecht gelegt. Er wollte ihr sagen, wie sehr Izzy die Situation belastete und wie leid es ihm tat und er wollte ihr ans Herz legen, unbedingt noch mal mit ihm zu reden, weil Izzy ein guter Kerl war und es verdient hatte. Er wusste nicht was ihn leitete und warum er das tat, aber... In diesem Moment entschied er sich dagegen. „Weißt du was? Du hast recht! Lass uns noch woanders hingehen und ein bisschen Spaß haben.“ Er stand auf, lächelte sie an und hielt ihr eine Hand hin. „Was hast du denn vor?“, fragte die Brünette, ergriff seine Hand und ließ sich von ihm hochziehen. „Was sich eben so ergibt, lass uns spontan sein! Vielleicht lade ich dich ja ganz spontan auf einen Cappuccino ein.“, witzelte er. Mimi kicherte. „Ok, dann lass uns mal ganz spontan einen Cappuccino trinken gehen. Aber mit Zimt! Ich liebe Zimt!“ Tai wollte Mimi’s Unbeschwertheit für diesen Abend noch ein bisschen länger erhalten. Hätte er jetzt mit Izzy angefangen, wäre dies vorbei gewesen. Das wollte er nicht. Und es würde sich sicher noch eine andere Gelegenheit ergeben. Die beiden verließen das Dach und schlenderten noch eine ganze Weile durch die Stadt. Sie sprachen über so viele Dinge, so wie sie es schon ewig oder gar noch nie wirklich getan hatten. Keiner von ihnen erwähnte Izzy und das war ok für Tai. Manchmal musste man eben den Moment genießen wie er war, ohne ihn mit ernsten oder schmerzenden Dingen zu belasten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)