Soulmates - Seelenverwandte von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Just Lost to be Found -------------------------------- Hi! Hier bin ich mit einer neuen Story! Yep, wieder Shounen-Ai! ^^ Tja, ich arbeite eigentlich schon länger an diesem Stück und ich wollte es diesmal erst veröffentlichen, wenn ich einen richtigen Plot entwickelt habe! Und das habe ich nun! In diesem ersten Part wird noch nicht viel davon zu spüren sein, aber die Handlungen der Charaktere werden schließlich darauf hinauslaufen! Ihr werdet's sehen! Die Story wird aus der Sicht zwei verschiedener Personen geschrieben. Immer abwechselnd, deshalb dürfte man sich da eigentlich nicht so leicht vertun. Die Personen sind natürlich meine beiden Hauptpersonen. So, das war's von mir! Jetzt aber viel Spaß hiermit! Soulmates - Seelenverwandte Part One: Just Lost to be Found Yano stapfte den Gang entlang, die Augen immer auf die Fersen seines Vordermannes geheftet, der ihn zum Büro des Direktors bringen sollte. Es interessierte ihn nicht, ob man ihm nun zum hundertsten Mal das selbe erzählen würde. Ob man ihm nun zum hundertsten Mal drohen würde, von der Schule verwiesen zu werden, weil er sich mal wieder mit jemandem angelegt hatte, der seine eigenen Kräfte überschätzte. Mit solchen Leuten hatte er nun wirklich kein Mitleid. Sie verdienten es, zusammengeschlagen zu werden, diese Weicheier! Und er würde auch das nächste Mal nicht anders handeln, mochten die Anderen ihm sagen, was sie wollten. "Kitaya.", sprach seine Begleitung ihn unerwartet an und drehte sich langsam um. Yano blieb stehen und hob den Blick von den perfekt polierten Schuhen des Klassensprechers. Es gefiel ihm nicht, wie er seinen Nachnamen ausgesprochen hatte. Spöttisch gedehnt, als wäre er etwas ganz besonders Ekelerregendes und Abnormales. Okay, sein Name mochte ja bekannt sein, aber deshalb war er nicht gleich ekelig, auch, wenn er ihn selbst verabscheute. "Dein Verhalten ist absolut beschämend!", erhob sein Klassenkamerad wieder seine süffisante Stimme. "Du ziehst den Ruf unserer Familien in den Schmutz!" Yano verzog abfällig die Mundwinkel und ließ ein wütendes Grollen hören. "Bist du etwa der Direktor, oder warum glaubst du, kannst du mir eine Standpauke halten?" "Der Sohn des Direktors zu sein, reicht dazu auch schon aus!" Die spitze, fast hakenförmige Nase des Jungen hob sich noch ein Stückchen höher in die Luft als sonst. "Ich habe gewisse Privilegien und ginge es nach mir, wärst du gar nicht erst auf diese Schule gekommen!" "Wenn es nach mir ginge, wäre ich auch nicht hier.", grummelte Yano. "Ich habe mir das alles nicht ausgesucht." "Deine Meinung interessiert ja auch niemanden!" Der Klassensprecher fuhr sich durch die dunklen, nach hinten gekämmten Haare. "Eine Schande, dass ich mir das alles antun muss!" "Tja, Pech für dich, dass unsere Familien verwandt sind..." Yano grinste, doch innerlich flackerte noch immer die Wut, die sich all die Zeit in ihm aufgestaut hatte. Ja, er hasste seinen Familiennamen. Er hasste seine Familie und die ganze reiche Gesellschaft, die etwas aus ihm zu machen versuchte, das er nicht war. Er hasste es, Anzüge zu tragen, er hasste es, anderen Leuten eine Höflichkeit vorzuspielen, die er nicht besaß. Aber am meisten hasste er es, seinen entfernten Onkel als Schuldirektor zu haben. Da dachte er, indem er endlich auf eine dieser dummen Schulen ging, würde er, ausgenommen der Ferien, seiner Familie entkommen. Aber nein, das Schicksal hatte es anders gewollt. Seit vier Jahren durfte er sich das jetzt schon antun und es wurde immer schlimmer, statt besser... "Also..." >Sag bloß nichts Falsches, oder du bist dran...< Mit unermesslicher Befriedigung nahm Yano wahr, dass Tome Katora, Sohn des Direktors mit ,Privilegien', wie er selbst Viertklässler und zudem Klassensprecher, die Wut, die in ihm brodelte, wohl auch einmal endlich bemerkt hatte und jetzt offensichtlich gegen seine Unsicherheit zu kämpfen hatte. "Ich denke, mein Vater wird nicht erfreut sein, dich schon wieder sehen zu müssen..." Der Klassensprecher verlagerte unruhig sein Gewicht von einem Bein aufs andere. "Gehen wir besser..." "Dein Name?" "Hyuniri, Shina.", murmelte der Junge und reichte schüchtern sein Buch an die Bibliothekarin, die es mit finsterer Miene entgegennahm und den Scanner des Computers über den Strichcode an dem Buchrücken zog. Unschlüssig stand Shina schließlich da, den Blick auf das alte Buch geheftet, als suchte er eine Bestätigung, das alles mit ihm in Ordnung war. Die ältere Frau hatte sich schon fast wieder anderen Dingen zugewandt, sah ihn dann jedoch noch einmal über die Theke hinweg an. "Es ist alles klar. Du kannst gehen!" Mit erhobener Augenbraue musterte sie ihn ungeduldig, da noch andere hinter ihm erschienen, ihre Bücher unter den Armen. Shina nickte erleichtert, nahm das Buch und schob sich mit gesenktem Blick zwischen den Mitschülern, die allesamt größer waren als er und ihn somit nicht beachteten und fast umrempelten, vorbei zum Ausgang der Schulbibliothek. Er hatte gerade eine Stunde frei gehabt und die Zeit zum Lesen genutzt. Er las unheimlich gern, verbrachte fast jede freie Minute damit. Lesen war für ihn wie das Abtauchen in fremde Welten, es war, als sei man eine ganz andere Person. Als sei man stark und als würde man einmal im Leben etwas gewinnen können. Es machte ihn glücklich. Man hatte das Gefühl, über Menschen zu lesen, die etwas ganz Besonderes waren. So ganz anders als er... Shina seufzte und klammerte sich an das dicke Buch, das er sich gerade ausgeliehen hatte. Er würde gleich beim Essen im Café weiterlesen... "...noch einmal erlebe, fliegst du endgültig von der Schule! Merk dir das!" Erschrocken stockte sein Schritt, als die Tür zum Büro des Direktors, die er gerade passieren wollte, sich ruckartig öffnete und ein blonder Junge heraus stolperte. Mit einem Knall schloss sich die Tür wieder und der Junge wurde allein auf dem Flur zurückgelassen. Shina wusste nicht, was er tun sollte. Er erkannte sein Gegenüber natürlich sofort. Wer kannte ihn nicht, Yano Kitaya, den Schläger, der sich mit jedem anlegte, der ihm nicht passte?! Es war ja nicht so, dass er der einzige seiner Sorte auf der Schule war - eher im Gegenteil - aber seine Familie war berühmt, der Vater leitete eine riesige Softwarefirma und die Mutter war Schauspielerin und arbeitete an unheimlich teuren Filmprojekten mit. Man kam nicht umhin, seinen Namen zu kennen, auch, wenn er persönlich eigentlich rein gar nichts von den Gerüchten an der Schule wusste. Da der Andere ihn noch nicht entdeckt hatte, beschloss Shina, einfach umzukehren und einen Umweg zur Cafeteria in Kauf zu nehmen. Natürlich blieb auch die Möglichkeit, einfach an ihm vorbeizugehen, nur... das war bestimmt keine allzu gute Idee... Doch statt zu gehen, ob nun in die eine oder andere Richtung, starrte er den Jungen einfach nur an, war nicht in der Lage, sich zu rühren. Er gab es ja zu, er hatte Angst. Er war klein und schwach und hatte sich noch nie gegen einen Schläger wehren können. Und wenn er jetzt nur eine Bewegung machte, würde Kitaya es bemerken, ganz sicher. Noch mochte sein Blick auf den Boden gerichtet sein... Schon öfters hatte er ihn beobachtet. In der Cafeteria, auf dem Hof, im Unterricht. Aus reiner Neugierde, weil er sich fragte, wie man mit einer so wünschenswerten Familie ein solcher Rebell werden konnte. Hätte er eine reiche, heile Familie, wäre er froh darüber... er verstand Kitaya einfach nicht, deshalb sein Interesse. Tja, doch nie hatte es sich ereignet, dass er ihm persönlich gegenübergestanden hatte. Jemanden aus sicherer Entfernung zu sehen, war eben etwas anderes, als ihn in einem einsamen Gang zu treffen. Und er wollte ihm auch eigentlich überhaupt nicht so begegnen... >Ich will hier weg...< Dann war er halt feige... Vorsichtig hob er einen der zittrigen Füße und machte einen zögerlichen Schritt zurück. Kitaya schien so in Gedanken versunken - in finsteren Gedanken, wie er noch entsetzter hinzufügen musste - dass er diese kleine Bewegung nicht wahrzunehmen schien und Shina schöpfte schon wieder neue Hoffnung. Noch ein Schritt, noch einer. Mist, er war ihm immer noch viel zu nah... Seine Finger fühlten sich ganz verschwitzt über dem ledernen Buch an, aber Shina wagte es nicht, sie abzuwischen und somit vielleicht seine Chance, unbehelligt zu entkommen, zu vertun. Also konzentrierte er sich auf seine Füße. Nur noch ein paar kleine Schritte und er konnte durch die Tür in die Jungentoilette schlüpfen. Dort wäre er erst einmal sicher. Er wollte gerade noch einen Schritt tun, als es plötzlich einen lauten Knall gab. Yano Kitaya zuckte zusammen und wirbelte herum, Shina erstarrte. Das schwere Buch war seinen Händen entglitten und war mit all seinem Gewicht auf den harten Boden geprallt. Die ganze Welt schien in jenem Moment wie festgehalten. Keiner der Beiden rührte sich, der eine, da seine schlimmsten Befürchtungen eingetreten waren und der andere, da er aus seinen verstrickten Gedanken gerissen worden war. Mit weit aufgerissenen Augen starrten sie einander an. Shina hatte das Gefühl, sein Herz sei ihm stehengeblieben. Jetzt war alles aus! Warum musste auch immer ihm so etwas passieren?! Zwar sah der Junge vor ihm gar nicht aus wie ein Schläger, aber er hatte schon genug von ihm gehört und wusste, der Eindruck trog. Das hellblonde Haar ließ ihn irgendwie sanft erscheinen und diese erschrockenen braunen Augen schienen einen kleinen Eindruck von der Person hinter der Fassade des unerreichbaren Rebellen zu geben. "Wer bist du?!" Kitayas Augen verengten sich mit einem Male gefährlich, als er sich kurz darauf wieder gefasst hatte und jede Sanftheit entwich seinem Gesicht. Jetzt sah er definitiv aus wie ein Schläger. "Hast du etwa gelauscht?" Das riss Shina aus seinem Schockzustand und er kannte nur noch einen Gedanken: Flucht! Er wirbelte herum und rannte um sein Leben, die Angst im Nacken, Kitaya könnte ihm folgen und ihm weh tun, wie schon so viele vor ihm es getan hatten... Yano war verwirrt. Perplex sah er dem kleinen Jungen mit den strahlenden blauen Augen und dem brünetten Haar hinterher. >Wer war das?< Er hatte den Kleinen zuvor noch nie gesehen, dabei kannte er fast Jeden, wenn auch nicht jede Bekanntschaft von freundschaftlicher Sorte war. Viele kannte er nur vom Sehen her. Viele konnte er nicht leiden, viele konnten ihn nicht leiden. Das Übliche halt. War der Junge neu hier? Er war sich sicher, solch ein Gesicht hätte er nicht so einfach vergessen. Es war fast... na, ja... irgendwie süß... so umrahmt von dem braunen Haar und dann diese funkelnden Augen, voller Furcht, aber zugleich voller Neugierde... Was für ein Quatsch! Wann hatte er das letzte Mal so einen Unsinn gedacht? Aber mal ganz davon abgesehen... wieso war der Junge vor ihm davon gerannt, als sei der Teufel hinter ihm her? Er mochte ja als Schläger verschrien und etwas ruppig zu ihm gewesen sein, aber deshalb verprügelte er keine... Zweitklässler? Drittklässler?... eher Zweitklässler... na, jedenfalls keine Jüngeren ohne Grund! Kopfschüttelnd wandte er sich zum Gehen, doch etwas Dunkles auf dem Boden erregte seine Aufmerksamkeit und er blieb stehen. Ein Buch? Das musste das Buch sein, das der Kleine fallen gelassen hatte und vor Schreck musste er es vergessen haben. Wie konnte jemand nur so ängstlich sein, dass er alles stehen und liegen ließ...? Rasch bückte er sich und hob das dicke Lederbuch auf. Er würde es ihm einfach zurückgeben, falls er ihn noch einmal sah. Und er würde ihn ganz sicher noch einmal sehen, ob nun mehr oder minder zufällig. Yano streckte sich in dem Vierbettzimmer, das er mit zwei befreundeten Klassenkameraden teilte, auf seinem Bett aus. Grummelnd sah er zur Decke, die Gedanken bei dem Krach mit seinem Onkel und Schulleiter. Sie hatten sich ziemlich angeschrien, aber er bereute kein Wort und der Rausschmiss aus dem Büro am Ende war ihm gleichgültig. "Und, was hat Direktor Katora gesagt?", fragte Kleo, ein großer, schlanker Dunkelhaariger, der an einem Schreibtisch über Schulnotizen hockte, so wie eigentlich zu jeder Tageszeit, wenn er nicht gerade aß. Er hatte nicht einmal aufgesehen, um diese Frage zu stellen, doch Yano wusste auch so, dass er seine volle Aufmerksamkeit hatte. Kleo - eigentlich mit vollem Namen Haneke Kleofte - war das ungeschlagene Genie unter ihnen. Er konnte tatsächlich gleichzeitig lernen und ein Gespräch mit seinen Zimmergenossen führen, ohne auch nur ein Wort von dem zu überlesen, was in seinem undurchschaubaren Notizbuch stand. "Der Alte..." Yano lachte kurz bitter. "Na, er hat mir wie immer gesagt, dass ich von der Schule fliege, wenn ich noch einmal in eine Schlägerei gerate. Aber er würde es nie wagen, mich von der Schule zu schmeißen, solange meine Schwester seinem ach so göttlichen Sohn ,versprochen' ist!" "Meinst du, er lässt dir das ewig durchgehen?" Diese Frage kam aus der hinteren Ecke des Raumes. Uriko, ein rothaariger Strubbelkopf, der neben Kleo ein weiterer seiner engsten Freunde war, balancierte gerade einen Ball auf seinem Kopf und machte dabei die verrücktesten Schlenker, wenn der Fußball aus dem Gleichgewicht zu geraten drohte. Na, ja... was letztendlich auch passierte. In seinem Eifer, den Ball zurückzuhalten, sprang Uriko zur Seite und der Ball flog Kleo unglücklicherweise an den Kopf. "Hey, pass doch auf, du Chaot!", beschwerte der Getroffene sich und hielt sich die schmerzende Stelle, die eigentlich nicht so sehr weh tun konnte wie Kleo anscheinend glauben machen wollte. "Weißt du, wie viele Gehirnzellen bei so einem Treffer abgetötet werden?!" "Du bist unmöglich!", lachte Yano und ließ sich durch die lockere Stimmung anstecken, die Uriko und Kleo verbreiteten. Der Rothaarige begann seinen dunkelhaarigen Zimmergenossen nun absichtlich mit dem Ball zu attackieren, jedesmal gellendes Kampfgebrüll ausstoßend, als ginge es um Leben und Tod. "Aufhören, ich will lernen!", keifte der Dunkelhaarige, was den anderen natürlich wenig beeindruckte. "Du hast so viele Gehirnzellen, die brauchst du doch gar nicht alle!", griente er. "Und lernen kannst du auch, während ich dich abschieße! Da!!" "Autsch! Uriko!!" "Also, ich schlage vor, dass wir ins Café gehen!" Yano wusste, darauf würde Uriko sofort anspringen. "Solange noch Mittagspause ist!" "Au, ja!!" Der Ball war sofort vergessen und schon stand der Rothaarige in der Tür, ein breites, unbeschwertes Grinsen auf dem Gesicht. "Na, los! Auf, auf! Essen!!" Yano nickte und beeilte sich selbst, als er seinen Magen knurren hörte. Kleo zu helfen war eben nicht sein einziges Motiv gewesen, obwohl Uriko ja manchmal wirklich schlimm war. Hätte er ihm einfach nur gesagt, er solle den anderen in Ruhe lassen, wäre er bloß selbst Opfer der Attacken geworden. Er kannte den Strubbelkopf einfach schon zu lange und zu gut. Die Cafeteria war nicht sehr voll, nur ein paar der vielen ovalen Tische, die in der ganzen Halle verteilt waren, schienen wirklich besetzt zu sein. Die meisten ihrer Mitschüler waren sicherlich draußen, es war schließlich warm und es gab dort jeden Freitag Eis zu kaufen. Und da heute Freitag war und gleichzeitig Sommer, konnte man generell davon ausgehen, dass das Café ziemlich leer war. Das Trio setzte sich an einen etwas abgelegeneren Tisch und machte es sich bequem. Schon einige Augenblicke später war Uriko verschwunden, man sah ihn nur noch irgendwo beim Essen herumwuseln und sich ein Tablett vollmachen. "Der Vielfraß ist wirklich nicht zu bändigen!", seufzte Kleo theatralisch und öffnete erneut sein Notizbuch, um den Unterrichtsstoff der ersten beiden Stunden noch einmal durchzugehen. "Manchmal ist er echt peinlich!" "Nimm's nicht so schwer!", lachte Yano. "Lass uns lieber auch losgehen, bevor er alles geplündert hat!" "Wollt ihr Eis?", fragte Uriko plötzlich, der wie aus dem Nichts wieder bei ihnen aufgetaucht war, grinsend und seine grünen Augen funkelten begeistert, als er auf sein reichliches Essen herabsah. "Ja? Dann können wir gleich rausgehen und was holen!" "Klingt nicht schlecht, aber ich glaube, ich brauche erst etwas Richtiges!", erwiderte Yano leicht nachdenklich. "Ich glaube, ich nehme... mhh..." Sein Blick war von der Gruppe abgeschweift, als er die sich ihm bietenden Möglichkeiten einer festen Mahlzeit durchging und auf einem Tisch in einer dunklen Ecke hängen geblieben. Weniger auf dem Tisch, sondern eher auf der Person, die an ihm saß. Ganz allein hockte dort der Junge, dem er heute vor dem Büro des Direktors begegnet war. Er schien nur vor sich hinzustarren, das Kinn auf die verschränkten Arme gestützt und sich somit halb auf den Tisch lehnend. "Ich gehe mir eben was zu Essen holen, ich komme gleich wieder..." Yano stand auf, ohne auf eine Antwort zu warten und hastete nach vorne, wo er sich ein Tablett schnappte. Schnell füllte er es mit irgendwelchen Dingen, von denen er wusste, er selbst mochte sie und bewegte sich schließlich vorsichtig auf den Tisch in der dunklen Ecke zu. "Hey, Kleiner!" Er ließ sich neben den Jungen plumpsen und stellte sein Tablett ab, als sei es ganz normal, dass er sich zu ihm setzte. Der Brünette jedoch quietschte entsetzt auf und wich instinktiv zurück, scheinbar allein von der Tatsache zu Tode erschrocken, dass jemand ihn ansprach. Geweitete blaue Augen richteten sich auf ihn und der Junge erstarrte, ähnlich wie eine Katze, die in die Scheinwerfer eines herannahenden Autos sah. "Ich... also..." Etwas verunsichert von dieser einfach unerklärlichen Angst, versuchte Yano seine Gedanken zu sammeln. "Du hast dein Buch auf dem Flur vergessen..." "Mein Buch?" Das schien bei ihm etwas anzusprechen, jedenfalls konnte der Blonde es jetzt in seiner Miene arbeiten sehen. Sein Gesichtsausdruck wechselte von Angst zu Unglauben, zu Erleichterung und schließlich... zu Panik. Absoluter Panik. "Bitte, bitte, gib es mir zurück!", flehte er mit zittriger Stimme und Yano wurde immer unwohler zumute. Er fühlte sich wie ein Ungeheuer, dabei hatte er doch gar nichts getan. "Natürlich bekommst du es zurück!", versicherte er also hastig und wandte den Blick lieber dem Essen zu, um den Jungen nicht noch mehr zu erschrecken. "Ich hab' es aber jetzt leider nicht dabei, ist viel zu schwer und...." Als er wieder aufsah, entdeckte er nur blankes Misstrauen auf dem Gesicht des Brünetten und die blauen Augen waren so weit aufgerissen wie zuvor schon. Der Junge hatte Angst. Was hatte man ihm getan, dass er so panisch war? Oder lag es bloß an ihm und seinem Ruf?" Das konnte er irgendwie nicht so recht glauben. "Ähm... du könntest es dir später abholen...", murmelte er vorsichtig. "Zimmer 24 im C-Trakt." Der Junge antwortete nicht. Nicht einmal sein Gesichtsausdruck veränderte sich irgendwie. Noch immer Misstrauen und Furcht. "Tja, ich denke, ich werde heute Nachmittag da sein, wenn du es also abholen willst, komm einfach vorbei..." Schnell stand Yano auf, schnappte sich das Tablett und durchquerte den Raum zurück zu dem Tisch mit seinen beiden Freunden, die ihn erwartungsvoll musterten. "Was wolltest du von Hyuniri?", fragte Kleo, ohne die Überraschung in seiner Stimme zu verbergen. "Hyuniri?", fragte Yano mit einem Blick zurück zu dem Jungen, der seinen Blick auch über die Entfernung hinweg mit noch immer vorhandenem Misstrauen erwiderte. "Ja, Shina Hyuniri aus unserer Parallelklasse!" Wie zur Verdeutlichung seiner Worte erstach Uriko mit seiner Gabel einen Hackfleischklos, der daraufhin ohne Gnade verschlungen wurde. "Parallelklasse?", keuchte Yano auf und warf noch einen Blick zurück. Der Junge schien sich jetzt etwas beruhigt zu haben, doch noch immer wurde er aus dem Augenwinkel heraus beobachtet. Er spürte die blauen Augen geradezu auf sich haften und ein Schauer lief ihm über den Rücken. "Ja, sag bloß, du kennst ihn nicht?" Kleo stocherte in seinem Bohnensalat, von dem er nicht allzu begeistert schien. "Er hat manchmal mit uns Unterricht und sitzt dann immer alleine ganz hinten. Er soll viel gehänselt werden, weil er so klein ist, habe ich gehört." "Was wolltest du denn nun von ihm?", fragte Uriko mit vollem Mund und schob gleich noch eine Gabel von Kleos Bohnen hinterher. "Hey, das ist mein Essen!" Kleo schnappte sich die Salatschüssel und umklammerte sie beschützend. "Igitt, das kannst du auch behalten!", würgte Uriko, wurde dann jedoch direkt wieder ernst. "Na, jedenfalls... was wolltest du von unserem Trauerklos?" "Ich bin ihm heute auf dem Flur begegnet und da hat er ein Buch verloren.", erklärte Yano simpel und ließ die Panikattacke des Kleineren lieber heraus, um ihn nicht zu blamieren. "Er wird heute Nachmittag vielleicht vorbeikommen und es sich abholen." "Ach, so?" Recht wenig interessiert an weiteren Einzelheiten, wandte Uriko sich rasch wieder dem Essen zu und verfiel in einen überglücklichen Singsang, als er etwas gefunden hatte, das ihm schmeckte. Yano konnte noch immer die misstrauischen tiefblauen Augen in seinem Rücken spüren. Er starrte dem Blonden hinterher, als er sich von seinem Tisch entfernte. Er wirkte verwirrt und verunsichert, aber das glaubte Shina ihm nicht. Äußerlich konnten Menschen immer anders wirken, als sie wirklich waren. Das sollte also der Schläger Kitaya sein?! So ein Lamm? Eher ein Wolf im Schafspelz, darauf mochte Shina wetten. Er hatte mehr als einmal gesehen, wie sein scheinbar so freundlicher Mitschüler sich mit jemanden geprügelt hatte, weil der ihn provoziert hatte. Er hatte sich nicht nur mit ihm ,ge'prügelt, nein, er hatte ihn ,ver'prügelt, regelrecht zusammengeschlagen und die Krankenschwester war auch schon öfter wegen einem seiner Opfer unterwegs gewesen. Er würde sich nicht von ihm vormachen lassen, er sei harmlos! Keinen Moment ließ er den Hinterkopf des Blonden aus den Augen, als dieser sich mit seinen Freunden unterhielt und hin und wieder einen Blick über die Schulter zu ihm herüber warf. Auch die anderen beiden sahen ihn zeitweise an und da wusste er, sie sprachen über ihn. Und das gefiel ihm nicht! Shina seufzte. Hätte er doch wenigstens sein Buch gehabt. Statt dessen saß er jetzt hier herum und hatte nichts zu tun. Die Pause würde noch eine halbe Stunde dauern, dann erst ging es wieder in den Unterricht. Und solange würde er noch warten müssen. Ohne sein Buch war er wohl aufgeschmissen. >Dann hole ich es mir nachher einfach zurück!< Dass seine Finger sich bei dem Gedanken angstvoll in seiner Kleidung verkrampften, bemerkte er nicht. Der C-Trakt war düster, nur ein Fenster zu je beiden Enden des Ganges erhellte ihn ein wenig. Die Intervalle zwischen jedem Schritt, den Shina tat, vergrößerten sich stetig. Er fürchtete eine Falle, fürchtete, dass sie auf ihn warteten, dass sie darauf aus waren, dass er, dumm wie er war, allein zu ihnen aufs Zimmer gelaufen kam, wo er ihnen schutzlos ausgeliefert sein würde. Sie würden verächtlich auf ihn nieder grinsen, wie schon viele zuvor, würden ihn herumschubsen und erpressen. Was auch immer sie vorhaben mochten, in diese Richtung würde es gehen und er hatte weder eine Chance, ihnen zu entkommen, noch konnte er in ihrem Zimmer von irgendwem Hilfe erwarten. Shina war stehen geblieben. Eine Chance hatte er. Er wirbelte auf dem Absatz herum und setzte zu einem Spurt an, der ihn von hier wegführen würde, irgendwohin, nur weit weg von hier. Womit er jedoch nicht gerechnet hatte, war Kitaya, der hinter ihm stand und in den er in seiner Hast hinein rannte. Geistesgegenwärtig hatte der Blonde nach ihm gegriffen und ihm vor dem Fallen bewahrt. Oder hatte er das überhaupt? Hielt er ihn bloß fest, damit er nicht davonlaufen konnte? Shina machte einen Satz zurück und tatsächlich hielt Kitaya ihn an den Schultern fest und verhinderte somit, dass er flüchten konnte. "Lass mich los!!" Verzweifelt wand er sich in dem Griff, doch vergebens. "Bitte, lass mich, lass mich!!" Seine Angst wurde immer größer, jeder Tritt schien daneben zu gehen, jeder Hieb einfach abzuprallen, nichts vermochte ihn zu befreien. "Lass mich gehen!", flehte er mit schriller Stimme, wehrte sich noch mehr und wandte seine ganze Kraft auf, um loszukommen, doch der Griff schien wie aus Stahl, er konnte nichts tun. Kitaya würde ihn... "Hey, hör doch auf damit!" Die Stimme war ruhig und ohne jegliche Wut oder Verachtung, die Shina erwartet hatte. Er erstarrte und blinzelte in das verwunderte Gesicht des Blonden hinauf. "Renn doch nicht gleich immer weg. Ich bringe dich schon nicht um." Ein Lächeln erschien auf den Lippen des Größeren. Shina sagte nichts, er wusste einfach nicht mehr, was er denken sollte. Was hatte Kitaya vor? Was war sein Motiv, ihm gegenüber so freundlich zu sein? "Du guckst immer, als wollte man dir gleich etwas antun!", sprach Kitaya weiter, als keine Erwiderung kam. Die Hände lagen noch immer auf seinen Schultern und er spürte ihre Wärme durch seine Kleidung hindurch. Es war lange her, dass er Körperkontakt mit einem Fremden gehabt hatte. Das letzte Mal, dass er überhaupt bewussten Körperkontakt aufgenommen hatte - Schubser auf dem Flur und die Hiebe der Schläger mal ausgeschlossen - war in den letzten Ferien gewesen, als er sich von seiner Tante verabschiedet hatte. Er empfand diesen Kontakt hier irgendwie nicht als angenehm, er war ungewohnt und fühlte sich seltsam an, unbekannt. Nichts, das er mit seiner Berührungsangst sehr lange ertragen würde... "Ich komme gerade vom Getränkeautomaten." Die Hände auf seinen Schultern verschwanden plötzlich und Shina unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. Kitaya sah für einen Moment erschrocken aus, als habe er etwas unglaublich Falsches getan, doch dieser Eindruck verschwand fast so schnell, wie er gekommen war und Shina beachtete ihn nicht weiter. Der Blonde klopfte auf die Tasche, die an seiner Seite baumelte. "Na, jedenfalls habe ich dich dann hier gesehen. Du kommst sicher, um dein Buch zu holen?" Wieder lächelte sein Gegenüber und Shina zwang sich selbst, sich zu entspannen und zu nicken. Das Misstrauen nagte an ihm und auch nachdem Kitaya ihm ein Zeichen mit der Hand gegeben hatte, ihm zu folgen und vorausgegangen war, schaffte er es nicht, sich von der Stelle zu rühren. Er konnte einfach nicht, etwas in ihm krampfte sich bei jeder Bewegung zusammen, die er in seine Richtung machen wollte. Angst. Er hatte Angst. Was, wenn das doch eine Falle war? Wie oft schenkte Kitaya fremden Menschen schon einmal ein Lächeln? Und ihm hatte er jetzt schon das zweite Mal hintereinander zugelächelt. Da war etwas faul. Er kannte ihn jetzt schon lange genug, immerhin waren sie seit vier Jahren im selben Jahrgang und er hatte ihn öfters beobachtet. Sein Verhalten anderen Leuten gegenüber war eigentlich immer von einer gewissen Härte und kalter Distanziertheit bestimmt, wenn es nicht gerade seine Zimmerkameraden waren. Wieso sollte es bei ihm anders sein? Das roch alles nach einer Falle! Was wollten die bloß wieder von ihm? Es wussten doch inzwischen alle, dass er kein Geld besaß, was würden sie denn nur von ihm verlangen können? Suchten sie jemanden, den sie zusammenschlagen konnten? Einen Prügelknaben, an dem man überschüssige Energie loswerden konnte? Nicht mit ihm, nicht freiwillig zumindest. Langsam ging er rückwärts, wagte es jedoch nicht, Kitaya den Rücken zuzudrehen, der ihn mit verwirrter Miene von seiner Tür aus beobachtete. "Du rennst schon wieder weg?", hörte Shina ihn fragen. "Mensch, so etwas wie dich habe ich noch nicht erlebt!" "Was denn, ist Hyuniri da?", erscholl eine weitere ziemlich helle und heitere Stimme aus dem Raum, in dessen offener Tür Kitaya nun stand. "Soll reinkommen.", kam eine weitere, gedämpftere Stimme. "Dann kann er Uriko mal von mir ablenken, damit ich wenigstens die Hälfte von dem Kram vernünftig lernen kann... Autsch!" Jetzt war es an Shina, verwirrt zu sein. Er legte den Kopf leicht schief, den Gedanken an Flucht jedoch noch immer umsetzend, indem er einen weiteren Schritt rückwärts tat. "Du kannst wirklich herkommen.", murmelte Kitaya seufzend, sein Blick wanderte fast resignierend in das Zimmer, in dem sich jetzt etwas zu ereignen schien. Jedenfalls schrie Kitaya für ihn unerwartet auf und versuchte zurückzuspringen. Und das nächste Geschehen ließ Shina fast das Herz vor Schreck stehen bleiben. Jemand polterte aus der offenen Tür, rannte dabei Kitaya über den Haufen, der es nicht geschafft hatte, auszuweichen und raste mit ungebremster Geschwindigkeit auf ihn zu. "Hey!!" Ein rothaariger Strubbelkopf, der zu seiner Überraschung nur ein kleines Stück größer war als er, riss ihn in eine stürmische Umarmung. "Komm an mein Herz, Hyuniri! Endlich mal jemand in meiner Nähe, der kleiner ist als ich!" Shina fühlte sich wie zur Salzsäule erstarrt. Das war einfach zu viel für ihn. Er war kurz vor einem Ohnmachtsanfall. Was war das heute für ein Tag, dass alle ihn begrabbelten?! Er mochte das nicht! Der hitzige Junge löste sich plötzlich mit einem Ruck von ihm und griff nach seiner Hand. "Du musst unbedingt reinkommen!", begann er vor sich hinzuquasseln, während er seinen geschockten Mitschüler hinter sich herzog. "Yano hat den ganzen Tag nur von dir geredet!" Er ließ ein gespielt verträumtes Seufzten hören. "Ob Hyuniri wohl wirklich kommt? Er muss doch sein Buch abholen!" Bei den Worten verfinsterte sich Kitayas Miene erheblich und genau das war es, was Shina aufschrecken ließ. Zuvor hatte er sich willenlos mitschleifen lassen, war zu erschrocken von den plötzlichen und unerwarteten Ereignissen gewesen. Jetzt stemmte er die Füße in den Boden und begehrte gegen den Griff um sein Handgelenk auf. "Nein!", schrie er auf und war überrascht, als er abrupt losgelassen wurde. Schwankend taumelte er ein Stück nach hinten, schaffte es aber, auf den Füßen zu bleiben. "Was ist los?", fragte der Rothaarige ihn mit verwirrter Miene. "Ist was nicht in Ordnung?" Shina konnte nicht antworten, seine Kehle fühlte sich an, als hätte sie jemand gewaltsam zugeschnürt. Er stand nur da und sah die beiden wohl ungefähr Gleichaltrigen mit einer Mischung aus Angst und Verwunderung an. Seine Beine schienen wie Wackelpudding und er hatte das seltsame Gefühl, gleich umzukippen. Ihm war schwindelig und seine Sicht verschwamm unkontrolliert. "Mensch...", hörte er die Stimme des Rothaarigen mit seltsam unbekümmerter Sorge. "Du siehst gar nicht gut aus!" Shina kniff die brennenden Augen kurz zusammen und wischte sich mit dem Ärmel die kommenden Tränen fort, die das Bild von dem Fremden und Kitaya zu verdecken drohten. Das alles war einfach viel zu viel für ihn. Er wusste, er war ein Schwächling, ein Feigling. Er verkraftete so etwas nicht und die ganze Aufregung zusammen mit seiner Berührungsangst überschwemmten ihn wie eine übermächtige Welle und ließen ihn zitternd und hilflos zurück. "Yano, was hat er?" Ja, er hatte Berührungsängste. Nur gegenüber Personen, denen er voll und ganz vertraute, konnte er damit umgehen und die Umarmungen und Nähe genießen. Leider gab es nur einen solchen Menschen, seine Tante, um genau zu sein. Sie war der einzige Mensch, der in seinem Leben etwas zählte. Ihr gegenüber konnte er locker lassen und einfach nur er selbst sein. Aber nicht gegenüber Fremden. Es fühlte sich einfach falsch an, so jemanden zu berühren und das Verlangen, dem Kontakt zu entkommen, war für ihn jedesmal in jedem einzelnen Muskel spürbar. "Du solltest wirklich reinkommen und dich etwas ausruhen!", schlug der Rothaarige vor, diesmal wieder an ihn gerichtet, nachdem er von Kitaya nur einen bedeutungsschweren Blick als Antwort erhalten hatte. "N-nein..." Shina schüttelte schnell den Kopf, in Gedanken schon wieder auf der Flucht. "Doch, doch!" Der Junge vor ihm stemmte die Hände in die Hüften und bedachte ihn mit einem bekräftigenden Nicken. "Ich bestehe darauf!" "Ich... aber ich... bitte... also..." "Na, komm schon, oder muss ich dich schieben?" Shina hegte keinen Zweifel daran, dass er seine Drohung in die Tat umsetzen würde, leistete er seinen Forderungen nicht augenblicklich folge und der bloße Gedanke daran, dass er ihn dabei unweigerlich anpacken würde, ließ einen kalten Schauer über seinen Rücken rieseln. "Na... na, gut...", murmelte er mit brüchiger und unsicherer Stimme. >Nur, weil ich mein Buch wiederhaben will...< Der Kleine traute sich also tatsächlich? Irgendwie konnte Yano das nicht so recht glauben. Nein, sein Gefühl verriet ihm da ganz eindeutig, dass Hyuniri keinen Schritt in ihre Richtung tun würde, egal, was er nun sagte, oder nicht. Und tatsächlich rührte er sich nicht von der Stelle. Hin und wieder wischte er sich nur die noch immer hervorquellenden Tränen aus dem Gesicht und sein unsteter Blick suchte die Gegend nach einem geeigneten Fluchtweg ab. Yano konnte sich das nicht länger mit ansehen. Er betrat das Zimmer, griff nach dem schweren ledernen Buch und ging damit zurück auf den Flur. Mit bedächtigen Schritten trat er schließlich neben Uriko und hielt Hyuniri den gewünschten Gegenstand hin. "Da, deshalb bist du doch hier, oder?" Die großen blauen Augen fielen auf das Buch und hefteten sich daran fest. Wenigstens kamen so keine Tränen mehr. "Na, los!", forderte Uriko den Kleinen verwirrt auf. "Nimm's schon!" Die Augen lösten sich wieder von dem dunklen Buch und richteten sich misstrauisch auf dessen Träger, dem langsam aber sicher der Arm schwer wurde. "Ja, du kannst es wirklich haben!", versicherte Yano und musste sich anstrengen, das unangenehme Gewicht nicht einfach sinken zu lassen. "Ich hab's dir doch schon gesagt!" "D-danke...!!" Hyuniri schnellte nach vorn und riss das Buch an sich. Sofort war er wieder auf Distanz und sein Misstrauen schien nicht geschmälert. "Wenn du mal Hilfe brauchst, oder ähnliches, komm einfach zu uns!", lachte Uriko ermutigend und wandte sich ab. Yano erkannte die Absicht hinter seinem Verhalten und zog sich ebenfalls zurück. "Bis dann, also...", verabschiedete er sich mit einem kleinen Lächeln und beeilte sich, Uriko ins Zimmer zu folgen. Noch ehe er die Tür erreicht hatte, ging es im Zimmer wieder rund. "Hat man denn vor dir nie Ruhe?", seufzte Kleo genervt, als der Rothaarige ihn wohl wieder auf irgendeine Weise vom Lernen abhielt. "Du bist so gefühllos, Kleo!", jammerte Uriko gequält. "Weißt du, was da draußen überhaupt vor sich gegangen ist?!" Yano drehte sich noch einmal um und sah den Gang hinab zu der Person, die sich bisher nicht von der Stelle gerührt hatte. Lächelnd hob er also eine Hand, winkte zum Abschied und schenkte Hyuniri einen warmen Blick, ehe er sich darauf gefasst machte, einen weiteren Streit zwischen Uriko und Kleo schlichten zu müssen. Die Tür schloss sich hinter ihm. "Uriko, Hyuniri hat sich doch bloß sein Buch abgeholt!", ächzte der Dunkelhaarige gerade und beugte sich weiter über seine Arbeitsmaterialien. "Was soll daran schon so besonders sein?" "Der arme Kleine!" Uriko ließ sich rücklings auf sein Bett plumpsen und seufzte mitleidig, ehe er sich auf die Seite rollte, um seinen Zimmergenossen ansehen zu können. "Er schien Angst vor uns zu haben!" "Er hat vor der ganzen Welt Angst.", erklärte Kleo, als würde er über das Wetter reden. "Ich hörte, seine Eltern seien vor seinen Augen gestorben, als er klein war. So etwas ähnliches." "Was?!", schrie Uriko auf und Yano musste sich bemühen, nicht ebenfalls so zu reagieren wie der rothaarige Chaot. Statt dessen rückte er nur näher an die beiden heran. "Viel mehr weiß ich auch nicht." Kleo kritzelte etwas in sein Notizbuch und unterstrich einen ziemlich langen Satz auf seinem Arbeitsblatt. "Und das berührt dich gar nicht?!" Uriko war aufgesprungen und hatte sich dramatisch vor dem Dunkelhaarigen aufgebaut. "Ich kenne ihn doch gar nicht!" Jetzt sah Kleo auf und blickte in die bleichen Gesichter seiner Freunde. "Was ist denn los mit euch?" "Wir müssen uns um ihn kümmern!", platzte Uriko heraus und griff sich ans Herz. "Bitte?!" Ungläubigkeit zeichnete sich auf Kleos Gesicht ab. "Er hat recht!", meldete sich Yano endlich zu Wort und fühlte warme Bestätigung in seinem Innern. "Ja, du hättest ihn sehen müssen, wie er dort stand!", rief der Rothaarige aus. "So verloren und verlassen und allein und einsam und..." "Er braucht Hilfe!", stellte Yano klar und sah Kleo fest an. "Machst du mit?" Kurz schweifte der Blick des Dunkelhaarigen von einem zum anderen, dann seufzte er ergeben. "Ja, ja! Ist gut!", grummelte er. "Also lerne ich eben nicht für die Schule und meine Noten sind schließlich im Keller, aber wenigstens dem kleinen Trauerklos ist geholfen!" "Super!", jubelte Uriko und knuddelte Kleo kräftig durch, der das mit Leidensmiene über sich ergehen ließ. "Sag mal, Yano...", murmelte der Dunkelhaarige daraufhin und schob den quengelnden Uriko ("Du hast mich gar nicht lieb!") von sich. "Wie kommt es eigentlich, dass du dich so für die Sache begeisterst? Es ist echt schon eine Ewigkeit her, dass ich dich wegen jemanden so besorgt gesehen habe!" Der Rothaarige unterbrach bei den Worten seine Jammerei und ließ von Kleos Arm ab. Sein Blick richtete sich fragend auf Yano. "Also...", stotterte der leise. Er wusste nicht, warum er sich so ertappt fühlte. Das einzige, was er wusste, war, dass sein Gesicht jetzt eine eher rote Farbe angenommen haben musste. Das war es wohl auch, was die Blicke seiner Freunde dazu bewog, von fragend zu ungläubig zu wechseln. Doch noch bevor er antworten konnte, sprang Uriko auf. "Ich weiß genau, was du fühlst!" Er grinste breit und riss den Überrumpelten in eine seiner berühmten Umarmungen. Kleo registrierte das nur mit einer ungehalten erhobenen Augenbraue und wandte sich wieder seinen Aufzeichnungen zu. To be continued So, das war's! Hat's euch gefallen? Ich weiß, das ist nur der erste Part... aber es ging recht schnell los ins Geschehen und deshalb hoffe ich doch mal, er ließ sich gut lesen! Ähm... Yano Kitaya und Shina Hyuniri sind beide 16 und gehen auf eine Jungenschule! Also werden kaum Mädchen hier auftauchen! Allerdings weiß man nie, was im späteren Verlauf der Geschichte noch so dazwischen kommen kann ^^ Macht euch also auf das Unmögliche gefasst! Erwartet das Unerwartete! *grins* Uriko: Meine Güte, als hätte der arme, kleine Hyuniri nicht schon genug Probleme! Tara: *zuckt mit den Schultern* Ich kann's nicht ändern! Uriko: Sadist! Tara: Hey, ich leide mit ihm!! Kleo: Haha, wer's glaubt! Tara: Das ist wahr!! Uriko und Kleo(ironisch): Aber natürlich doch! Na, ja... Das nächste Kapitel ist schon fertig! Ich wollte dieses hier bloß nicht länger machen, weil manche es nicht mögen, wenn die Kapitel sich ewig hinziehen! Wenn ihr das nächste also länger haben wollt, sagt mir Bescheid! Wenn nicht, dann bleibt es erst einmal bei 10-12 Seiten! Gut, mehr habe ich nicht zu sagen! Also... Uriko: Aber ich habe etwas zu sagen!! Ich liebe... Tara(zieht ihm eine Decke über den Kopf und versteckt ihn im Schrank): Also machen wir für heute Schluss!! Ciao Tara Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)