Camembert und Kekse von Bloonaa ================================================================================ Kapitel 13: Darum ----------------- Plagg war besorgt und das kam wirklich nicht häufig vor. Im Gegenteil, es gab nicht viel, was ihn wirklich und wahrhaftig interessierte. Abgesehen von Käse und wie man sich welchen beschaffte. Aber es beunruhigte ihn schon ein wenig, dass Adrien splitterfasernackt in seinem Zimmer stand und sich nicht rührte. Das Handtuch, welches er sich nach dem Duschen umgebunden hatte, lag achtlos auf dem Boden, daneben die CD, die er überwältigt fallen gelassen hatte. Die Signatur auf der CD und die Schrift auf der Karte stammten, mit ziemlich überzeugender Wahrscheinlichkeit, vom selben Autor. „Ma-Ma-Marinette …“, stotterte Adrien plötzlich ein paar Oktaven höher als sonst und mit deutlich herauszuhörendem Unglauben. Er sackte auf die Knie, den Blick immer noch starr geradeaus. Es schien, als hätte alles um sich herum vergessen. „Eindeutig“, erwiderte der Kwami, der erstaunlich schnell seine Stimme wiedergefunden hatte und nur ein wenig überrumpelt von der eigenen Entdeckung war.  „Sie hat das Gedicht geschrieben. Scheint so, als steht sie auf dich.“ „Ab-abe-aber …“ In Adriens Kopf herrschte eine seltsame Mischung aus Orkan und Wackelpudding. Eine Flut von Erinnerungen durchströmte ihn, aneinandergereihte Bilder schienen ihn einzukreisen und liefen dann wie ein Film vor seinem inneren Auge ab. Dort vermischten sie sich und gingen ineinander über. Die stotternde Marinette, die ihn verlegen anstarrte, Marinette, wie sie in seiner Nähe errötete, Marinette, wie sie sich beim Tanz eng an ihn schmiegte… alles ergab mit einem Schlag Sinn. Sie war verknallt in ihn und verhielt sich eben wie ein verliebtes Mädchen. Warum hatte er das so lange nicht gesehen? War er denn wirklich so blind gewesen? Plagg hatte die Stirn in Falten gelegt. „Das erklärt natürlich auch, warum sie ihr Zimmer mit Fotos von dir tapeziert hat“, erläuterte der kleine Kater plötzlich wieder mit nüchternem Tonfall. Die schlechte Laune hatte er über seinen Fund vollkommen vergessen. Die neue Erkenntnis kam auch für ihn etwas überraschend. „Hä?“ Er hatte es wieder geschafft. Der Kwami hatte einen Satz in den Raum geworfen, der Adrien mit der Wucht einer Abrissbirne traf. Ebenso fühlte sich sein Kopf auch gerade an. Als wäre ein Schwerlasttransport über ihn gerollt. „Na, als wir in ihrem Zimmer waren. Als diese kleine Göre, wie hieß sie nochmal? Puppeteer oder so, dich mit einer Puppe kontrolliert hat. Wir haben doch versucht sie vor ihr aus Marinettes Zimmer zu holen. Weißt du das nicht mehr?“ Plagg sagte das etwas genervt, in einer Art und Weise, als müsste das doch jeder wissen. An was konnte sich dieser verdammte Mistkerl alles erinnern? Das war ja nicht zu fassen. Das faulste, nervigste und verfressenste Wesen des Planeten, das regelmäßig mit dem Einfühlungsvermögen eines Vorschlaghammers zu Werke ging, hatte ein Gedächtnis jenseits von Gut und Böse. „Ich hab nicht drauf geachtet…“, stotterte Adrien. „Aber warte mal…“ Er zermarterte sich das Hirn und runzelte die Stirn. Ihm war nun doch etwas eingefallen. „Nein, da sind keine Fotos. Ich war doch in ihrem Zimmer, als wir für das Turnier trainiert haben.“ Adrien erinnerte sich nun deutlich. Er hatte sich in ihrem Zimmer gründlich umgeblickt. „Bist du so doof oder tust du nur so?“, sagte Plagg abschätzig, als wäre es das offensichtlichste auf der ganzen Welt. Langsam taute er wieder etwas auf und fiel zurück in seine alten Gewohnheiten. „Also ob sie die hängen lassen würde, wenn sie weiß, dass du kommst. Aber als Cat Noir bist du einfach hereingeplatzt.“ Die Logik war niederschmetternd. Er blickte sich verwirrt und nachdenklich um. Schließlich blieb er an der Karte hängen. „Aber mein Gedicht? Ich hatte es doch weggeworfen.“ „Adrien!“, sagte Plagg sofort, bevor der Junge weiter ausholen konnte, in einem nervigen Singsang und tippte ihm gegen die Stirn. „In einen Mülleimer… in der Schule!“ „Oh …“ „Ja genau - oh.“ „Ich bin so ein Idiot!“, rief er händeringend und mit einer deutlichen Spur Verzweiflung in der Stimme. „Aber ein Liebenswerter“, stimmte Plagg breit grinsend zu und setzte sich auf seine Schulter. „Eins noch Plagg“, sagte Adrien, die Neckerei des kleinen Katers dabei völlig ignorierend. „Ich hab es für Ladybug geschrieben. Warum antwortet Marinette dann darauf?“ Das war für ihn ein Rätsel. Sie konnte sich doch gar nicht angesprochen fühlen. Komplett übermannt von seinen Gefühlen für Marinette, die er nicht so recht deuten konnte, hatte er auf jede Antwort seines Freundes augenblicklich drei neue Fragen im Kopf. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Konnte das wirklich wahr sein oder träumte er immer noch? Vielleicht auch schon wieder. Er hielt seinen Kopf mit beiden Händen, bevor er zu zerspringen drohte. Plagg dachte tatsächlich eine Sekunde lang nach, bevor er zu Adriens Hemd schwebte, das zerknüllt auf dem Boden lag. Aus der Brusttasche war ein Zettel herausgerutscht. Er warf ihn Adrien hin und grinste noch breiter. „Darum!“ Adrien sah etwas verwundert auf das Papier und faltete es mit zitternden Händen auf. Die Notiz von Ladybug? Was sollte er jetzt damit? Er las sie noch einmal und er wurde erst blass, dann deutete er ein Kopfschütteln an, verdrehte aber unmittelbar danach die weit aufgerissenen Augen und fiel nach hinten um.   *** „Gerade noch rechtzeitig“, schnaufte Marinette leicht außer Atem. Sie war gesprintet, um noch pünktlich Zuhause zu sein. Ihre Mutter tarnte ihr Warten meistens dadurch, dass sie vorgab, im Wohnzimmer eingeschlafen zu sein. Marinette öffnete langsam die Tür und betrat vorsichtig die Wohnung. Aber es war egal wie leise sie war, denn just in diesem Moment räkelte sich ihre Mutter auf dem Sofa, angestrahlt vom Schein des Fernsehers. „So spät schon?“, murmelte sie dann meistens scheinheilig, so wie auch dieses Mal. „Ja. Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken“, erwiderte das Mädchen dann, auch wenn sie genau wusste, dass ihre Mutter nicht wirklich geschlafen hatte, sondern sich vergewisserte, dass ihre Tochter pünktlich zur verabredeten Zeit nach Hause kam. Sie wünschte ihrer Mutter rasch eine gute Nacht und huschte schnell die schmale Treppe hinauf. In ihrem Zimmer angelangt flog Tikki aus ihrer Tasche und streckte sich ausgiebig. Sie hatte nach dem Kampf einen Keks verspeist, den Marinette unauffällig in die Tasche geschmuggelt hatte, war frisch und ausgeruht. Etwas was man von ihrer Freundin nicht sagen konnte. Marinette atmete schwer und ließ den Kopf etwas sinken. „Das war knapp gewesen“, sagte sie leise. „Und ungewöhnlich“, ergänzte Tikki nachdenklich. „Oh-ja!“, antwortete Marinette übertrieben betont. Sie bedauerte es sehr, dass sie nicht länger hatte bleiben können, gerade wo sie allein mit Adrien gesprochen hatte, ohne sich groß zu blamieren. Von der Nachgrübelei mal abgesehen, war es doch unerwartet für sie gewesen. Aber seine Frage hatte sie völlig verunsichert. Alya hatte ihr außerdem noch verwunderte Blicke zugeworfen, weil sie sich diese Chance entgehen ließ. Darüber würde sie ihre Freundin sicher noch einmal ausfragen. Sie seufzte, denn sie konnte es sich als Ladybug nicht leisten, Hausarrest zu bekommen, weil sie die Ausgangszeiten ignorierte. Es war so schon schwer Privat- und Heldenleben unter einen Hut zu bringen. Wobei es in dem Fall ihre Rettung gewesen war, denn somit hatte sie mit dem Vorwand Adriens Frage halbwegs elegant ausweichen können. Sie legte sich erschöpft auf das Sofa in ihrem Zimmer und schaute an die Decke. Es gab einen Gedanken in ihrem Kopf, den sie sorgfältig zurückgedrängt hatte, der aber mit resoluter Beharrlichkeit versuchte, sich ihre Aufmerksamkeit zurückzuholen. Sie ließ es zu, dass er wieder vortrat und ihre Stimmung sank noch ein Stück tiefer, sofern das überhaupt noch möglich war. -Ging es Cat Noir gut?- Es war nicht zu fassen, dass sie das so nah an sich heranließ. Was war nur los mit ihr? Sonst gab es so ziemlich nichts in ihrem Leben, was sie über Adrien gestellt hätte, aber heute Abend hatte der Gedanke an den Kater dominiert und das war noch nie vorgekommen.   *** Nachdem Plagg sich ein paar Minuten vor Lachen über diesen Anblick auf dem Boden gewälzt hatte, beschloss er schließlich, doch etwas zu unternehmen. Diesmal bedurfte es härterer Bandagen um Adrien wieder zu Bewusstsein zu bekommen. Anstoßen und kneifen hatte schon mal nicht funktioniert. Plagg flog zu der Wasserflasche auf dem Tisch. Zum Glück war sie nur etwa ein Drittel gefüllt, sonst hätte er sie unmöglich transportieren können. Er drehte den Verschluss ab. Mit einem fiesen Grinsen und nicht ganz unerheblicher Genugtuung goss er den Inhalt schwungvoll über Adriens nackten Oberkörper und sein Gesicht. Prustend und spuckend kam dieser zu sich. „Guten Morgen der Herr, gut geschlafen?“, sagte der Kwami sarkastisch und mit bester Laune, erfreut darüber, dass sein Plan aufgegangen war. „Witzbold.“ Adrien richtete den Oberkörper auf, griff nach dem Handtuch neben sich und wischte damit Gesicht und Haar trocken. „Ich hatte einen seltsamen Traum", sagte er etwas verwirrt mit einem ungläubigen Tonfall in der Stimme, während er sich Hals und Schultern mit dem Handtuch abtupfte. „Wenn ich dir sage, dass es kein Traum war, wirst du dann nochmal ohnmächtig? Dann hol bitte noch etwas Wasser. Ich hab keins mehr.“ Pragmatisch und nervtötend wie immer fiel Plaggs Antwort aus und er deutete auf die leere Flasche auf dem Boden. Adrien stockte in der Bewegung und riss die Augen auf. „Verdammt nochmal, Marinette ist wirklich Ladybug …!“ Vergleichbar mit der Unerbittlichkeit eines Schlagbohrers drang die Erkenntnis unausweichlich in sein Hirn, wurde dort unter Hochleistung verarbeitet und brannte sich glühend heiß ein. Unmöglich es zu vergessen, geschweige denn zu verdrängen. Es ergab erschreckend viel Sinn und war die Antwort auf so ziemlich alle Fragen. Nie hatte er die beiden zur selben Zeit am selben Ort gesehen, sie verschwand mindestens genauso oft wie er, die Ähnlichkeiten: Haare, Augen, Figur, die Stimme, der Duft … als hätte jede Zelle ihres Körpers ihm entgegengerufen, wer sie in Wirklichkeit war. Jetzt war er sich sicher und konnte es auch nicht mehr abstreiten, er war ein Idiot. Ein blinder, ignoranter Vollidiot. „Ich hab dir ja gesagt, es sind die, von denen man es am wenigsten erwartet.“ Der Kwami genoss das Gefühl, recht zu haben in vollen Zügen, und es Adrien unter die Nase zu reiben, war einfach göttlich. So richtig ernsthaft hatte er Marinette nie in Betracht gezogen, aber ausgeschlossen auch nicht. „Aber Plagg, weißt du was das heißt?“, fragte Adrien auf einmal sehr aufgeregt. „Marinette liebt mich! Sie hat mir das Gedicht geschrieben und alles und ich habe sie immer nur als Mitschülerin, als Freundin gesehen und in dieser Hinsicht ignoriert, weil ich Ladybug liebe…“, rief er inbrünstig „…aber es ist ein und dieselbe Person. Und das heißt Ladybug … liebt mich auch“, endete er immer leiser werdend. Seine Augen leuchteten bei dieser Erkenntnis. „Halleluja!“, rief Plagg überschwänglich mit zur Decke erhobenen Pfoten. Dann ließ er sie abrupt wieder sinken und ergänzte deutlich weniger enthusiastisch „Und jetzt?“ „Naja, ich kenne nun unser Dilemma, aber sie nicht. Mit Sicherheit lässt sie Cat Noir jedes Mal eiskalt abblitzen, weil sie mich als Adrien liebt. Zumindest könnte ich mir das so vorstellen. Schließlich war es bei mir mit ihr ja nicht wirklich anders. Das heißt, ich muss es ihr sagen!“ Das war die logische Schlussfolgerung, wenn er wollte, dass es für sie beide noch ein Happy End gab. Ohje, es ihr sagen… das war viel einfacher gesagt als getan. In Gestalt von Cat Noir konnte er ganz anders sein. Wo Adrien höflich und zuvorkommen, ruhig und sensibel rüber kam, war Cat Noir ein flirtender Draufgänger. Ihn hatte es umgehauen, als er eben die Wahrheit herausgefunden hatte, aber Marinette? Was würde sie tun? Er konnte doch nicht einfach als Adrien zu ihr gehen und sagen -Hallo, ich bin Cat Noir.- Oder sollte er es ihr zeigen? Seine Knie waren immer noch weich wie Gummi und er schaffte es noch nicht, aufzustehen. Genauso wenig würde er es schaffen, mit ihr zu reden. Morgen sah er sie in der Schule, doch da würde er erst Recht nicht mit ihr sprechen können. Aber er musste, und zwar am besten sofort. Leider war es weit nach Mitternacht und er durfte nicht mehr raus. Fieberhaft begann er zu überlegen. „Du kannst nicht, aber Cat Noir kann“, sagte Plagg, als ob er seine Gedanken gelesen hätte, abenteuerlustig neben seinem Ohr und grinste breit. Nun lächelte Adrien. Als Cat Noir war er mutig und verwegen. Davon abgesehen fiel Marinette es ohnehin leichter, mit seinem Helden-Ich zu reden. An der Seine angekommen war er überrascht, wie gut Marinette ihre Sache machte. Sie gab sich die größte Mühe, den Evillustrator bei Laune zu halten, und sich nicht anmerken zu lassen, dass sie wusste, dass der Held hinter ihnen auf dem Schiff auf der Lauer lag. Soviel Talent hätte er ihr gar nicht zugetraut. Sie setzte sich seitlich auf die Bank und ließ eine Hand nach hinten baumeln, mit der sie ihm bedeutete noch zu warten, aber sich bereit zu halten. Mit der anderen Griff sie nach dem Stift und bot dem Evillustrator an etwas für ihn zu malen. Schlaues Mädchen. Aber leider bemerkte dieser, was sie vorhatte, und forderte den Stift zurück. Da sprang sie auf. „Cat Noir!“ Er hatte auf das Zeichen gewartet und mit dem ausgefahrenen Kampfstab hinderte er den Schurken daran, von der Bank aufzustehen. Dieser wurde wütend und bedachte Marinette mit ein paar miesen Beleidigungen. Dann kickte er den Stab mit dem Fuß nach oben. Das Ende streifte dabei Marinettes Hand und sie ließ erschrocken den Stift fallen. Der Evillustrator fing ihn auf und sprang auf eine Laterne, wo er eilig zu zeichnen begann. Cat Noir versuchte, ihm zu folgen, doch aus dem nichts erschien ein würfelförmiger Glaskasten, der nach unten geöffnet war, über ihm und mitten im Sprung fing der Würfel ihn auf und zog ihn mit sich nach unten. Er fiel wie ein Stein zu Boden und begrub auch Marinette unter sich. Beide waren nun unter dem Glas gefangen. Der Evillustrator zeichnete, oder vielmehr löschte, ein Loch in das Boot und verschwand. Der Kater versuchte, mit seinem Stab den Kasten aufzuhebeln, doch vergeblich. „Stell den Stab hin und lass ihn ausfahren“, sagte Marinette ruhig und bedachte ihn mit einem selbstbewussten, fast schon überlegenen Blick von der Seite. „Tolle Idee“, rief er begeistert, tat was sie vorgeschlagen hatte und setzte den Stab auf den Boden auf. Den freien Arm legte er um ihre Taille, um sie zu tragen. Doch sie entwand sich ihm und legte ihm selbst die Arme um den Hals. Das funktionierte allerdings nicht lange, denn als sie in der Luft waren, kippten sie zur Seite und der Glaskasten fiel von ihnen herunter. Der Stab schlug auf ein Brückengeländer auf und Cat Noir ließ ihn los. Mit beiden Armen fing er Marinette auf und setzte sie wohlbehalten auf den Boden ab. „So, ich muss jetzt los, als Superheld hat man viel zu tun. Ich muss jungen Mädchen helfen, Möchtegern-Künstler aufhalten und noch viel mehr. Du kannst mir später danken“, sagte der Kater frech und verschwand seinen Stab schwingend in der Dunkelheit.     Verdammt, je länger er wusste, dass sie es war, umso mehr fielen ihm die Parallelen auf. Sie hatte einen genauso kühlen Kopf bewahrt, wie Ladybug es immer tat. Sie war an diesem Tag ganz anders gewesen als in der Schule. Wurde sie durch ihre Gefühle zu ihm einfach nur gehemmt? „Wollen wir nicht los?“, meinte Plagg mit ungewöhnlichem Tatendrang. Er schaute seinen Partner keck an und wackelte mit den Augenbrauen. „Wenn du noch länger wartest, überleg ich es mir vielleicht noch anders.“ Diese Aussage zog sofort und Adrien richtete sich selbstbewusst auf. „Also Gut, Plagg verwan …“ „Warte!“, brüllte der kleine Kwami energisch und prustete dann laut los. „Willst du dir nicht erst etwas anziehen?“ Adriens Gesicht und Ohren färbten sich dunkelrot und er erwiderte kleinlaut, während er beschämt an sich herunter blickte: „Vielleicht.“ „Ich mein ja nur. Stell dir vor mir geht der Saft aus und du verwandelst dich vor ihr zurück.“ Er lachte aus vollem Halse und stellte sich die Situation bildlich vor. Beinahe an seinem Anfall erstickend, plumpste Plagg nach unten und rollte sich dort hin und her. Schließlich blieb er liegen und hämmerte mit den kleinen Fäusten auf den Boden, während er nicht aufhören konnte zu lachen. Adrien, der sich gerade dasselbe vorstellte, nahm sich wortlos frische Klamotten aus dem Schrank und zog sich an. Das würde er mit Sicherheit nicht riskieren. „Dann brauch ich aber noch einen kleinen Snack. Das war ein langer Tag heute. Und um sicherzugehen, dass ich durchhalte, solltest du nicht geizig sein.“ Plagg beruhigte sich wieder und sah ihn erwartungsvoll an. Er war ja so durchschaubar. Adrien bemühte sich, durch die Entnahme eines weiteren Käses aus dem Schrank nicht noch mehr Krempel herausfallen zu lassen. Er musste dringend aufräumen, aber er konnte nicht verhindern, dass sich eine Sache trotzdem löste und ihm vor die Füße fiel. Erstaunt riss er die Augen auf. Es war ein rosa Band, auf das verschiedene Perlen geknüpft waren. Er erkannte es. Das war der Glücksbringer, den Marinette ihm für das Spieleturnier gegeben hatte. Eine verrückte Welt. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Ladybug konnte mit ihrem magischen Glücksbinger bisher jede Situation meistern, aber bei Marinette war es offensichtlich das genaue Gegenteil. Er nahm noch einen weiteren Käse heraus, nur um sicherzugehen und wartete mit dem Armband in der Hand darauf, das Plagg fertig wurde. Eine gewisse Ungeduld und Nervosität hatte in gepackt. Gleich würde er ihr wieder gegenüber stehen. Gerade als Plagg die letzte Käseecke schwungvoll in sein Maul katapultierte, rief Adrien auch schon: „Verwandel mich!“ Der kleine Kwami wurde in den silbernen Ring an seiner Hand gesaugt. Dabei waren seine letzten Worte ein freches: „Hau rein!“  Sofort färbte sich das Schmuckstück schwarz, ebenso wie der Kampfanzug, der sich eng an seinen Körper schmiegte und die Maske, die über seinen Augen erschien. Die Katzenohren und der Gürtel, der den Schwanz darstellte, komplettierten sein Outfit. Normalerweise spürte er mit der Verwandlung wie sein Selbstbewusstsein wuchs. Nicht weil Plagg dafür sorgte, aber weil er als Cat Noir ungezwungener war. Nicht der perfekte Sohn, nicht das Model, wohlerzogen und höflich, sondern wild, frei, frech und direkt. Aber heute war alles anders. Er stand zwar aufrecht, mit durchgedrücktem Rücken, aber innerlich fühlte er sich nach wie vor wie Adrien, außerstande mit der Frau zu sprechen, für die er so viel empfand. Gerade kam er sich saublöd vor. Die Idee, ihr verwandelt entgegenzutreten, die er eben noch für genial befunden hatte, kam ihm auf einmal lächerlich vor. Was sollte er ihr denn sagen, wenn er jetzt zu ihr ging? Sie würde sich doch wundern, wenn er einfach bei ihr im Zimmer stehen würde. Erst jetzt bemerkte er, dass er in der Hand noch immer das Armband hielt. Er blickte es liebevoll an. Das hatte Marinette gemacht, es war ihr Glücksbringer bei dem Computerspiel gewesen. Heute würde es hoffentlich ihm in der Liebe helfen. War das kitschig? Ja, definitiv. Trotzdem strich er zärtlich mit der Hand darüber und steckte es dann in die Tasche seiner Jacke, ein zartes Lächeln auf den Lippen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)