Fliegen von phean (Alles für die Freiheit) ================================================================================ Kapitel 12: Marine – auf sie mit Gebrüll ---------------------------------------- „Los, raus aus den Federn!“ „Autsch“, entfuhr es mir, als ich auf den Boden aufschlug. Verschlafen, müde und mit schweren Lidern sah ich mich verwirrt um und suchte nach der Quelle. Die Quelle entpuppte sich als Vize des Irrenhauses. Lachend sah er auf mich herab. Wie immer mit Maske. Wie immer ohne Mimik. Arsch! „Was denn los?“, fragte ich ihn und gähnte. Er kam zu mir rüber und streckte mir eine Hand entgegen. „Der Käpt´n will bald los.“ „Wohin denn?“ „Na zur Marine. Hat er dir das nicht mehr gesagt?“ Marine? Ich ließ mir hochhelfen und überlegte. Ich wusste noch, dass der Rothaarige bei mir im Zimmer stand und mich angemault hatte. Von wegen ‚im Zimmer bleiben‘ und so. Aber bei Marine hatte ich wohl schon abgeschalten und war eingeschlafen. Mühsam raffte ich mich auf, nachdem ich Killer rausgejagt hatte, zog ich mich um und ging an Deck. Mürrisch begrüßte mich der Rotschopf und begutachtete mich von oben bis unten. Ich hatte mir schwarze Shorts angezogen, dazu ein weißes Top und schwarze Stiefeletten. Um meinen rechten Oberschenkel hatte ich mir noch eine Halterung für ein Messer befestigt. Wortlos reichte er mir ein Stück Leder. Es waren Hosenträger. Hatte an allen vier Enden eine Schnalle. Verwirrt musterte ich das Ding. Es sah seltsam aus. „Schnall es dir um.“ „Aber was ist das denn?“, fragte ich meinen Käpt´n. „Für deine Sense“, er nahm mir das Ding aus den Händen und packte mich an an der Gürtelschlaufe. Er zog mich zu sich. Die einen zwei Bänder hängte er mir vorne ein, eine auf der linken und eine auf der rechten Seite. Dann zeigte er mir die andere. „Hier ist eine Halterung für deine Sense, so kannst du sie ohne großen Aufwand auf dem Rücken tragen.“ Er drehte mich herum und hängte die anderen Seiten hinten ein. Das Band führte nun von vorne nach hinten. Dort, wo sie sich hinten kreuzten, war die Halterung. „Soll das heißen, dass ich die Sense holen soll?“, fragte ich wieder. „Hier“, Killer streckte mir seine Hand hin. Finster sah ich ihn an. Riss ihm die Waffe aber aus der Hand. Grübelnd versuchte ich rauszufinden, wie ich das am Besten machen sollte. „Du kannst sie seitlich einhängen“, zwinkerte Wire. Umständlich drehte ich die Sense in meiner rechten Hand nach hinten. Das Messer war oben. Mit einem doch recht großen Kraftaufwand musste ich die Waffe einhängen. Sogleich spürte ich das Gewicht an meinem Rücken – doch es hielt. Skeptisch schielte ich nach hinten, daran müsste ich mich erst noch gewöhnen. Aber jetzt blieb keine Zeit dafür. Kid schleifte uns durch den Wald. Wir liefen schön in einer Reihe. Er hatte irgendetwas vor. Was das Fiese war, alle wussten anscheinend davon – alle außer ich. Das Dorf oder die Stadt, oder was das war, umrundeten wir anscheinend. Aber das Ziel kannte ich immer noch nicht. Erst als wir vor einem großen Tor standen blieb er stehen und trat beiseite. 'Marine' prankte überall. Auf der Mauer, an dem Gebäude hinter der Mauer und an etlichen Flaggen, die überall angebracht waren. Auf dem Grundstück standen bestimmt fünf dutzend Menschen. Soldaten. Und zum Kampf bereit. Erschrocken schluckte ich. Die anderen standen hinter uns, nur Killer positionierte sich auf meiner anderen Seite. Ich kam mir wie ein Welpe unter angriffslustigen Wölfen vor, uns gegenüber die Jänger. „Was s-soll ich hier?“, stotternd sah ich zu meinem Käpt´n. „Du bist unser Ass, Süße“, er legte seine rechte Hand auf meine rechte Schulter. „Aber ...“ „Keine Sorge, du schaffst das schon.“ Ich war mir sicher Killer bei dieser Aussage grinsen zu sehen. Aber wieso sagte er sowas? Hatte er Kid gesagt, was ich immer getrieben hatte? Muss fast so sein, aber wieso war der Vieze so zuversichtlich? „W-was soll ich denn überhaupt machen?“, unsicher sah ich von einem zum anderen. „Da oben, der hat was, was ich will“, Kid zeigte zu einem der Dächer, dort stand eine Person. „Wie soll ich denn da hoch kommen?“ „Mädchen, du kannst fliegen“, lachte Heat. Ach ja, stimmt. „Ihr glaubt wirklich, dass ich das packe?“ „Ja, wir sind doch auch da“, Killer brachte seine Klingen in Position. „Du schaffst das, der Kerl dürfte keine großen Probleme bereiten. Außerdem hast du jetzt auch einiges drauf“, lobte Kid. „Wirklich?“ „Wirklich.“ „Na wenn ihr euch da mal nicht täuscht“, ich schüttelte immer noch überfordert den Kopf. „Ja, flieg los, hol es und dann komm wieder zurück“, gestikulierte Killer. „Ja, klingt totaaal einfach.“ „Dann, können wir ja los“, Kid hob die Hände. Das Tor vor uns knackte und wurde dann aus den Angeln gerissen. Es flog auf uns zu. Erst im letzten Augenblick hielt es an. „Repel“, zischte er und das Gittertor flog in die andere Richtung. Die Soldaten versuchten in Deckung zu gehen, doch zwei wurden mitgerissen und landeten ohnmächtig an der Mauer. „Schnapp ihn dir“, Kid klopfte mir auf den Rücken. Ich fand es eher wie ein Zwang als wie eine Aufmunterung. Aber zurück konnte ich wohl nicht. Ich gehörte in diese Mannschaft und musste das tun, was mein Käpt´n mir sagte. Dann musste ich wohl da durch. „Du schaffst das, denk einfach an das, was ich dir beigebracht habe“, machte mir Killer noch Mut, „wir räumen hier auf, sodass sie dir nichts tun können.“ „Ok ok ok“, gab ich schließlich nach. Ich hoffte einfach mal, dass meine Sense meine Flügel nicht abschneiden würden. „Halte dich erst einmal auf dem Boden,und schau am Besten von innen wie du da hoch kommst. Wir müssten alle rausgelockt haben. Das hier ist ein kleiner Stützpunkt. Du wirst innen den Turm gut hinauf kommen und vermutlich sicherer als von außen. Du packst das“, grinste Kid und ging los. Killer lief hinterher. Die Soldaten brachten sich bereits in Position. Die Schützen machten sich schussbereit. „Na los, Süße“, stieß mich Heat an, „wir machen die fertig“, zwinkerte er, „zeig's ihnen, du kannst das.“ „Ok“, lachte ich. „Danach bekommst nen geilen Nachtisch.“ „Auf geht's“, streckte ich eine Faust in die Höhe. Lachend folgte er mir. Als wir das Grundstück betraten, hatte Kid den Männern schon ihre Gewehre und Pistolen gestohlen. „Los, Süße“, Heat klopfte mir erneut auf den Rücken. Ich atmete tief ein. Das konnte doch nicht wahr sein. Wieso warfen sie mich so ins kalte Wasser? Aber da musste ich jetzt wohl durch. Ich ließ meinen Blick über die Menge gleiten. 3 Männer standen mir im Weg. Das würde schon gut gehen. Die Jungs kommen mit fünf Leuten gleichzeitig klar. Ich griff nach hinten und löste meine Sense, während ich in ihre Richtung ging. Das klappt. Ich hab immerhin die anderen hier. Mit einem Lächeln auf den Lippen wurde mir klar, dass ich sie auf eine schräge Art und Weise als meine Freunde bezeichnen könnte. Der erste Soldat stellte sich mir mitten in den Weg: „Was machst du denn hier, Kleines? Wer hat dir nur so eine scharfe, große Waffe gegeben?“ Was redete der da? Nahm der mich nicht ernst oder was? „Leg doch das Ding weg“, lachte er und senkte seine eigene Waffe um mir meine abzunehmen. Ich fasste meine Sense fester, drehte sie und lief an ihm vorbei. Als ich sie hinter ihm abstellte, fiel er mit einem riesen Schnitt im Oberkörper zur Seite. „Wer ist hier jetzt ein Kleines?“, zischte ich und sah auf ihn herab. Ich richtete mein Kopf auf und mein Blick traf Heat seinen. Er grinste und zwinkerte mir zu. Ich lachte zurück ehe ich mich umdrehte. Es standen mir immer noch zwei im Weg. Ich versuchte gefährlich auszusehen, konnte mir das Grinsen aber immer noch nicht verkneifen. Leider machten sich die zwei Soldaten jetzt kampfbereit. Auch wenn sie mich immer noch nicht ganz für voll zu nehmen schienen. Ich nahm die Sense in beide Hände. Wenn ich schon zu der Mannschaft gehörte, dann ganz! Ich atmete wieder tief ein und aus. Die zwei und dann da hoch. Ich hasste es, das zu machen, aber ich wollte auch zeigen, dass ich das konnte. Ich hatte mich zu diesem Leben entschieden, also dann – auf geht’s! Mädchen du schaffst das, sprach ich mir selber Mut zu. Also dann los. Ich lief weiter und die beiden brachten sich in Position. Jetzt leg ich los. Die kleine Sklavin zeigt was sie drauf hat. Grinsend holte ich aus, als ich sie erreichte und schnitt dem einen die Seite auf und dem anderen durchschnitt ich die Kehle. Schnell stürmte ich zu der Tür, sie war offen und ich ging sofort hinein. Ich holte tief Luft und mir war warm. Mein Herz raste und ich konnte nicht mehr denken. Nur noch daran, dass ich dort hoch musste. Es war, wie die anderen gesagt hatten. Der Turm führte innen gerade nach oben. Das war vielleicht so gesehen unvorteilhaft. Aber zur allgemeinen Feindbekämpfung sicher besser. Konnte mir aber egal sein. Ich musste da hoch, also ab. Die Sense steckte ich in die Halterung, ging in die Hocke und stieß mich ab. Die Flügel wuschen aus mir heraus und ich flog den Turm hinauf. Den ganzen Weg hinauf, war kein Soldat postiert. Umso besser für mich. Oben endete die Treppe in einer Tür. Vor der Tür landete ich. Ich holte meine Sense wieder hervor und atmete tief durch. Dahinter war er. Ich machte die Tür auf. Die Sonne blendete noch immer. Mit zugekniffenen Augen trat ich ins Freie. Mein Herz raste wieder. Hier oben war der Typ den ich holen sollte. Dem mussteich etwas wegnehmen. Doch wo war er? Alles schien ruhig zu sein. Nur der Lärm von Kid und den anderen war zu hören. Plötzlich legte sich ein Arm von hinten um meinen Hals. Vor Schreck ließ ich meine Sense fallen und griff nach dem Arm, der mir die Kehle zudrückte. Ein Bein schob sich zwischen meine und ich wurde nach vorn geschoben. Meine Haare wehten im Wind. Ich konnte einen kurzen Blick auf den Typen werfen. Da war er. Den hatte ich gesucht. Der Wind frischte auf und ich merkte, dass ich an der Kante stand. Panik stieg in mir auf. Mein Kopf war leer und mein Herz raste. Ich sah mich schon am Boden – tot. „Schrei für mich“, hörte ich seine tiefe,rauchige Stimme an meinem Ohr. Sein Atem strich an meinemGesicht vorbei und seine Bartstoppeln kratzten an meiner Wange. Er drückte mir weiter den Hals zu, als ich nicht Schreien wollte. Aber ich konnte auch nicht. Mir fehlte die Luft dazu. Vorsichtig und panisch griff ich schnell an mein Bein.Dort steckte noch das Messer in der Schlaufe. Zitternd versuchte ich es rauszuziehen. Vor meinen Augen tanzten Punkte auf und ab. Meine Hand wurde taub und ich griff daneben. Ich brachte die Schnalle nicht auf. „He Kid“, hörte ich den Kerl wieder. Ich versuchte nach unten zu schielen. Ich erkannte kaum etwas. Die schwarzen Punkte wurden mehr und waren verschwommen. Tränen. „Wieso schickst du so ein junges Ding vor? Ist das ein Geschenk?“, lachte er. Ich hörte ein lautes Knurren. Ich wollte nicht, dass sie kommen und mich holen müssen. Das schaff ich alleine. Ich krallte mich mit einer Hand in seinen Arm. Zog das Messer und drehte es in meiner Hand. Ich konnte nicht zielen. Ich hoffte einfach nur seine Seite zu treffen. Tatsächlich stöhnte er auf, ließ mich fluchend los und stolperte nach hinten. Hustend und keuchend fiel ich auf die Knie. Mit dem Messer in der Hand stützte ich mich ab. Die andere hielt ich mir vor den Mund. Ich fühlte mich als würde ich meine inneren Organe auskotzen. „Su“, hörte ich Heat. Sofort hielt ich inne und vernahm die Schritte. Ich packte das Messer fester und in der Drehbewegung richtete ich mich auf und streckte den Arm nach dem Typen aus. Ich traf seine Brust, ehe er mich erstechen konnte. Schnaufend sah ich auf den Kerl hinab. Sein Blut klebte an mir und vermischte sich mit meinen Tränen. Schniefend fasste ich mich, wischte mir einmal übers Gesicht. Schnell kniete ich mich neben ihn. Er keuchte noch und starrte mich finster an. Kid wollte ein Logbuch haben – hatte er vorhin noch gesagt. Vorsichtig tastete ich ihn ab, bei zu viel Druck quoll Blut heraus. In einer seiner Innentaschen fand ich es. Ich hatte die ersten paar Seiten mit dem Messer zerschnitten. Ein Loch war da. Der Typ wollte meine Hand packen. Ich torkelte nach hinten und richtete mich auf. Mit aufgerissenen Augen starrte ich auf ihn herab. Ich klammerte mich an das Buch. Was hatte ich gemacht? Das war ich gewesen. Der Typ lag wegen mir am Boden. Die drei Männer zuvor hatte ich auch getötet. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Ich hatte drei Menschen getötet und der vierte röchelte nur noch. Mein Puls erhöhte sich wieder. Mir war warm. Ich sah nur noch den halbtoten Mann vor mir. „Su“, schrie wieder jemand meinen Namen. Ich schreckte hoch und sah zu dem Hausrand. Ich musste hier weg. Schnell lief ich zu meiner Sense und schnappte sie mir. Als ich mich aufrichtete drehte sich alles in meinem Kopf. „Su“, erklang es wieder. Ich schüttelte schnell den Kopf und klemmte die Sense in ihre Halterung. Das Messer steckte ich zurück in die Scheide und ich ging zum Rand des Turms. Ich sah hinunter. Heat winkte mir zu. Lächelnd sah ich runter. Hinter mir hörte ich aufgeregte Rufe – die Marine. Aufgeschreckt drehte ich mich um und trat daneben. Mit einem Aufschrei spürte ich keinen Boden mehr unter meinen Füßen. Vor Schreck schloss ich die Augen und faltete meine Hände vor der Brust. Das war das Ende. Ich würde sterben. Die Erkenntnis ließ mich in Trance fallen. Das Ende … „Su, du kleines Dummerchen, du kannst fliegen“, hörte ich Kids Stimme – weit weg. Fliegen? Ich? Ich öffnete meine Augen. Ja, ich konnte doch fliegen. Ich riss die Augen auf und im gleichen Moment wuchsen mir Flügel. Ich sah nach unten, der Boden war nicht mehr weit, drehte mich in der Luft und breitete meine Flügel aus. Ich bremste nur wenige Zentimeter vor dem Aufprall und wich den mir folgenden Schüssen aus. Ich schlängelte mich über den Boden bis ich mich gefassthatte und richtete mich neben meinem Käpt´n auf. Mein Blick wanderte den Turm hinauf, dort standen mehrere Soldaten. Ich schluckte und holte meine Sense – bereit mich zu verteidigen. „Nein, nicht mehr heute“, die Hand von meinem Käpt´n versperrte mir den Weg, „du hast genug gekämpft, wir lassen es für heute sein.“ Damit schob er mich zurück in Richtung Schiff. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)