Wie man es noch sagen kann von Yosephia ([Romance OS-Sammlung/ Prompt-Liste]) ================================================================================ 7. “I dreamt about you last night.” (Luvia) ------------------------------------------- „Juvia hat letzte Nacht von dir geträumt.“ Überrascht blickte Lucy von ihren Unterlagen auf, die sie über den halben Arbeitstisch ausgebreitet hatte. Ihre persönlichen Notizen, mehrere Stapel mit Kopien und noch mehr thematisch sortierte Stapel mit Büchern, die zu Lucys Leidwesen zum Präsenzbestand der Universitätsbibliothek gehörten, verteilten sich konzentrisch um sie und ihr Netbook herum. Ein vertrautes Bild, seit Lucy mit ihrer Masterarbeit begonnen hatte. Selbst in den schier unendlichen Weiten der Bibliothek war sie schon bekannt wie ein bunter Hund deswegen. Neben ihr saß Juvia, eine dicke Balladensammlung im Schoß, aus der ein geflochtenes Band als Lesezeichen und ein Notizzettel herausragten, auf dem heute jedoch erstaunlich wenige Stichworte zu erkennen waren. Dabei war Juvia normalerweise sehr eifrig dabei, die boscanischen Balladen gründlich durchzugehen, um sich endlich für eine davon entscheiden zu können. Dabei hatte sie noch zwei Semester Zeit für ihre Masterarbeit, aber sie hatte mal gesagt, Lucys Arbeitseifer würde sie anspornen – ein Gedanke, der Lucy immer noch ein ums andere Mal verlegen machte. Juvia hatte schon immer dieses Talent gehabt. Ein kurzer Satz von ihr reichte oft schon aus, um Lucy die Röte in die Wangen zu treiben und ihr Herz rasen zu lassen. So wie heute. Mit warmem Gesicht legte Lucy ihren Bleistift und das Lexikon beiseite und sah sich vorsorglich um, ob sich jemand in ihre ruhige Arbeitsecke am Ende der Literaturwissenschaftsabteilung verirrt hatte, ehe sie erneut Juvia musterte. Ihre langen, blauen Haare fluteten heute ungebändigt über ihre schmalen Schultern und über ihren delikaten Rücken. Im Licht der hereinfallenden Mittagssonne schimmerten sie beinahe überirdisch und luden geradezu dazu ein, mit den Fingern vorsichtig hindurch zu fahren. Juvias zierliche Finger hatten sich über der Balladensammlung miteinander verschränkt. Ihre Zeigefinger stupsten immer wieder nervös gegeneinander. Der Blick der großen, blauen Augen war auf das Buch gesenkt. Auf den blassen Wangen lag ein satter Rotschimmer und die Unterlippe glänzte verführerisch rosig, weil Juvia so viel darauf herum gekaut hatte. „Von mir?“, durchbrach Lucy die Stille und wünschte sich, sie würde dabei nicht so verräterisch heiser klingen. Und vor allem weniger einfältig. Himmel, wo war bloß ihre Coolness geblieben? In ihren anderen Beziehungen hatte sie schon ganz andere Sachen gehört und gesagt, ohne dass es ihr auch nur ansatzweise so viel Herzklopfen beschert hatte! Lag es daran, dass sie das erste Mal mit einer Frau zusammen war? Oder daran, dass das mit ihr und Juvia noch so frisch war? Oder vielleicht auch nur daran, dass Juvia wahrscheinlich der beharrlichste Mensch war, den Lucy kannte? Immerhin kannten sie einander schon seit fast vier Jahren, aber Lucy hatte Juvias offene Zuneigungsbekundungen immer auf Abstand gehalten, weil Juvia in ihrem Tutorium gesessen hatte. Nach dem Ende des ersten gemeinsamen Semesters hatte Lucy gedacht, Juvia würde sich in den folgenden Semestern andere Tutorien suchen, auch wenn sie insgeheim und ohne falsche Bescheidenheit gewusst hatte, dass die anderen Tutoren schlicht und einfach Flachpfeifen waren, die den jüngeren Studenten keine wirkliche Hilfe waren. Aber Juvia war wieder zu ihr gekommen in dem Wissen, dass Lucy sich auf nichts Tiefes einlassen würde, um nicht den Vorwurf der Bevorzugung aufkommen zu lassen. Drei Semester lang bis zu Lucys Bachelorsemester, in dem Lucy sich kein Tutorium mehr aufgebürdet hatte. Selbst dann noch war es an Lucys Bedenken gescheitert. Ihr Auslandsjahr in Alvarez war schon fest geplant gewesen, die Genehmigungen, das Visum, die Unterkunft, die Anreise… Lucy hatte sich nicht in eine Fernbeziehung stürzen wollen, die über den halben Globus reichte, und schon wieder hatte Juvia darauf beharrt, nicht aufzugeben. Sie hatte den Kontakt immer aufrecht erhalten. Selbst mit elf Stunden Zeitverschiebung und ihrer eigenen Bachelorarbeit im Nacken. Als Lucy endlich wieder in Fiore angekommen war, war Juvia bereits für ihr eigenes Auslandssemester in Bosco gewesen, aber sie hatte Lucy ein Päckchen hinterlassen, in dem sich für jeden einzelnen Tag dieses Semesters eine Karte mit einigen persönlichen Worten befunden hatte. Das Lesen dieser Karten war in dieser Zeit Lucys Tageshöhepunkt gewesen. Die jeweilige Karte des Tages hatte Lucy überallhin mitgenommen, einfach um etwas von Juvia bei sich zu haben. Bei Juvias Heimkehr vor zwei Monaten war es Lucy gewesen, die den ersten Schritt gemacht hatte, und sie war jeden Tag dankbar darum. Nach all dem Warten und Zweifeln und Sehnen war es eine Wohltat, Juvia ungezwungen nahe sein zu können. Selbst als Lucy sich mit Feuereifer in ihre Masterarbeit gestürzt hatte, hatte Juvia sie mit demselben Feuereifer unterstützt und tat es noch immer. Manchmal hatte Lucy das Gefühl, dass Juvia viel mehr war, als sie eigentlich verdient hätte. So wie heute… „J-ja“, stammelte Juvia und stupste ihre Finger noch schneller aneinander, sodass sie manchmal aneinander vorbei gingen, und schielte zaghaft zu Lucy hoch. „Von deiner Begrüßung für Juvia, als sie aus Bosco zurück gekommen ist.“ Lucy spürte, wie die Hitze auf ihre Ohren übergriff. Sie hatte sich damals so sehr gefreut, Juvia endlich wieder zu sehen, dass sie Juvia mitten im Flughafengedränge und vor den Augen von Juvias Freunden und Familie geküsst hatte. Gajeel grinste immer noch jedes Mal fies, wenn Lucy ihm über den Weg lief. Warum dieser Grobian Juvias bester Freund war, würde Lucy wohl nie verstehen! Unfähig, ein vernünftiges Wort zustande zu bringen, senkte Lucy den Blick auf ihre Unterlagen, ohne sie wirklich zu sehen. Aus irgendeinem Grund war sie auf einmal sehr nervös. Sie hatte das Gefühl, etwas sagen oder tun zu müssen, aber gleichzeitig war sie sicher, dass es keine Worte in überhaupt irgendeiner Sprache gab, die ihre Gefühle vernünftig übermitteln könnten. Zierliche Finger schoben sich vorsichtig zwischen Lucys und verschränkten sich mit ihnen. Zum wiederholten Mal raubte es Lucy den Atem, wie perfekt ihre und Juvias Finger zusammen passten. Ihre Hände waren wie Puzzleteile, wie füreinander geschaffen. Ein Gedanke, der Lucy gleich noch mehr Herzklopfen bescherte. „Das war der glücklichste Tag in Juvias Leben“, flüsterte Juvia heiser und drückte Lucys Hand. Lucy hatte das wirklich nicht verdient. Dreieinhalb Jahre lang hatte sie diesen herzensguten Menschen auf Distanz gehalten, obwohl sie von Anfang an um Juvias Gefühle gewusst hatte – in der Hinsicht gehörte Juvia zu den ehrlichsten Menschen, denen Lucy jemals begegnet war –, und Juvia hatte dennoch nie aufgegeben und Lucy mit offenen Armen empfangen, als sie endlich bereit gewesen war. Als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, so lange zu warten, bis Lucy endlich ihre Hemmungen über Bord werfen konnte. Juvia war einfach zu gut für diese Welt und für Lucy. Und dennoch wurde sie nie müde, mit Worten und Taten zu zeigen, dass sie niemand anderen als Lucy wollte… Übervorsichtig sah Lucy sich noch einmal um, aber es war niemand in der Nähe. Die meisten Studenten genossen wohl lieber den schönen Frühlingsnachmittag draußen, statt in der muffigen Bibliothek herum zu sitzen – nur Juvia natürlich nicht, sie leistete Lucy schon seit Wochen jeden Tag hier Gesellschaft. Als sie absolut sicher sein konnte, dass niemand stören konnte, richtete Lucy sich etwas auf und beugte sich zu Juvia hinüber. Ihre Finger übten zärtlichen Druck auf Juvias aus, der sofort seine Erwiderung fand, und als ihre Lippen Juvias trafen, schloss Lucy mit einem seligen Seufzen die Augen. Egal ob sie Juvia verdient hatte oder nicht. Letztendlich war sie schlicht und herzergreifend glücklich, der eine besondere Mensch für Juvia zu sein… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)