Wie man es noch sagen kann von Yosephia ([Romance OS-Sammlung/ Prompt-Liste]) ================================================================================ 82. “I was in the neighbourhood.” (Cobrana) ------------------------------------------- Mit einem Seufzen lud Kinana den letzten Müllsack im richtigen Container im Hinterhof ab und schloss dessen Deckel wieder, damit kein Ungeziefer hinein gelangen konnte, ehe sie ins Innere des Sabertooth zurückkehrte. Die Stühle waren alle umgedreht und auf die Tische gestellt worden, alle Tischplatten waren poliert, die Bar blitzblank, der Boden gefegt und gewischt, beinahe alle Lichter gelöscht. Es leuchteten nur noch die Lampe über der Bar und die Lampe am Eingang des rustikalen Restaurants. An der Bar stand Pantherlily und faltete gerade den Kassenzettel zusammen, mit dem er die Abrechnung gemacht hatte, während Kinana aufgeräumt hatte. So ganz taufrisch sah der ehemalige Polizist auch nicht mehr aus. Kein Wunder, sie waren zwei Stunden über der eigentlichen Schließzeit. Eine Stunde vor Schluss war eine Junggesellenparty herein geschneit. Die jungen Männer waren schon reichlich angeheitert gewesen und Pantherlily war vorsichtshalber lieber da geblieben, obwohl Kinana normalerweise problemlos in der Lage war, selbst den Laden zu schließen. Der Dunkelhäutige hatte die Bande immer wachsam im Auge behalten, aber die hatten sich zum Glück damit begnügt, in der dafür vorgesehenen Ecke Dart zu spielen und zu trinken. Wenn Kinana ihnen Getränke gebracht hatte, hatten sie zwar immer flotte Sprüche parat gehabt, aber sie hatten ihre Finger bei sich behalten. Insgesamt war es kein besonders auffälliger Abend gewesen, noch nicht einmal ein wirklich anstrengender, da die Männer mit der Zeit immer träger geworden waren und ihre Bierflaschen immer langsamer geleert hatten. Pantherlily und Kinana hatten sogar schon um die Gruppe herum mit dem Aufräumen angefangen, ohne wirklich unterbrochen zu werden. Vor einer Viertelstunde hatte Pantherlily die Gäste schließlich aus dem Restaurant heraus komplimentiert. Der zukünftige Bräutigam hatte sich auf dem Weg zur Tür bei Pantherlily eingehakt und ihm vorgesäuselt, was für eine wunderschöne Frau er in einer Woche heiraten würde. Bei der Miene ihres Chefs hatte Kinana sich ein leises Kichern nicht verkneifen können. „Endlich Feierabend“, seufzte Pantherlily und steckte den Kassenzettel ins Abrechnungsbuch, um es gemeinsam mit der ausgezählten Kasse hochzuheben. „Ich werde zu alt für solche albernen Truppen…“ Schon wieder musste Kinana kichern. „Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass du vor deiner Hochzeit mit Shagotte eine Junggesellenparty gefeiert hast.“ „Habe ich auch nicht“, gab der Dunkelhäutige mit einem Schulterzucken zu. „Ich hatte Metallicana ja im Verdacht, dass er’s organisieren würde, aber der hatte dann… andere Probleme… Wir haben hier mit unseren Freunden unseren Polterabend gefeiert. Das war viel gemütlicher und hat auch nicht so viel gekostet.“ Irgendwie passte das in Kinanas Vorstellung zu ihrem Chef und dessen Frau. Shagotte mochte mit ihrer eleganten Art auf viele zunächst kühl wirken, aber Kinana hatte sie bereits oft genug im Kreise ihrer Freunde und Familie gesehen, um zu wissen, wie wichtig ihr das Beisammensein mit eben jener war. Insbesondere mit ihrer Tochter ging sie sehr vertraut um und es bestand auch kein Zweifel, dass sie die hingebungsvollen Gefühle ihres Mannes erwiderte. Kinana musste jedes Mal lächeln, wenn sie ihren Chef und dessen Frau im Umgang miteinander beobachten konnte. Die Andeutung wegen Metallicanas Problemen genügte Kinana auch. Was genau passiert war, wusste sie nicht – und das ging sie auch nichts an, weshalb sie nie nachgefragt hatte – aber ihr war natürlich nicht entgangen, dass der Bosco seit vielen Jahren keine Frau mehr an seiner Seite hatte. „Ich bringe nur noch die Kasse in den Tresor, dann bringe ich dich nach Hause“, erklärte Pantherlily. „Aber das ist doch ein Umweg für dich“, protestierte Kinana empört. „Shagotte hat doch sicher Essen für dich gemacht.“ „Das Essen muss ich so oder so aufwärmen und es ist viel zu spät, um dich noch alleine durch die Innenstadt laufen zu lassen“, erwiderte der ehemalige Polizist rigoros. Für einen Moment erwog Kinana, noch einmal Protest zu erheben, aber dann zuckte sie ergeben mit den Schultern. Sie kannte Pantherlily bereits, seit er ihr im Alter von siebzehn Jahren geholfen hatte, von der Straße zu kommen. Er hatte ihr nach ihrem nachgeholten Schulabschluss einen Job angeboten. Im Grunde war er so etwas wie ein Vater für sie. Daher wusste sie ganz genau, dass er nicht nachgeben würde. „Ist nicht nötig.“ Überrascht drehte Kinana sich zur Tür um, in der niemand geringerer als Erik stand. Er hatte die Hände in den Taschen seiner Baggy Jeans vergraben und die breiten, muskulösen Schultern beinahe bis zu den Ohren hochgezogen. Kinana hatte Erik schon oft im Umgang mit seinen Kameraden und den Rekruten unter seinen Fittichen gesehen, da gab er sich immer so schroff und selbstbewusst, aber in Pantherlilys Gegenwart wirkte er irgendwie immer, als würde er sich in der Defensive befinden, aber gleichzeitig versuchen, trotzig zu bleiben. Dabei sollte man meinen, dass er das mit dreißig Jahren nicht mehr nötig hätte, egal wie sehr Pantherlily ihm damals den Kopf gewaschen hatte, ehe er ihn und seine ständig Unruhe stiftende Bande zu einem Freund bei der Armee geschickt hatte. „Erik, ich wusste gar nicht, dass du in der Stadt bist“, grüßte Pantherlily und bedachte Kinana mit einem amüsierten Blick. Die versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie verlegen sie war. Eben weil ihr Chef sie immer wieder damit aufzog, behielt sie es meistens für sich, wenn Erik nach Magnolia kam. Es kam so selten vor, meist nur zwei- oder dreimal im Jahr, weil Erik und seine Kameraden im Grunde ohne Unterlass von einer Kaserne zur nächsten zogen, um Rekruten zu drillen. Deshalb war jedes Treffen etwas Besonderes für Kinana. Auch wenn die Telefonate mit Erik auch schön waren, so schweigsam er dabei auch manchmal war. Er war einfach kein Mann vieler Worte, aber er war ein überraschend guter Zuhörer geworden. „Kinana hat mir eine SMS geschrieben, dass es hier länger dauert“, erwiderte Erik, ohne wirklich auf die Worte des Polizisten einzugehen, und zog die Schultern sogar noch ein wenig höher. „Und da ich in der Gegend war…“ „Sicher.“ Pantherlily nickte mit ruhiger Miene, aber genau das war Hinweis genug. „Wahrscheinlich eine spätabendliche Shoppingtour, oder?“ „Ganz genau“, grummelte Erik und drehte sich im Türrahmen um. „Kommst du, Kinana?“ Verlegen blickte sie sich noch mal um, um sicher zu gehen, dass wirklich nichts mehr zu erledigen war. Pantherlily schnaubte leise. „Schönen Restabend noch, Kinana. Nimm dir beim nächsten Mal frei, wenn dein Freund in der Stadt ist.“ Von der Tür erklang ein gereiztes Knurren und Kinanas Wangen wurden warm, während sie sich beeilte, ihre Jacke und ihre Tasche unter der Kasse hervor zu holen und ihrem Freund zu folgen. Sie kannte Erik schon, seit Pantherlily sich seiner angenommen hatte, und irgendwie waren sie immer in Kontakt geblieben, aber gerade weil sie nicht genau festlegen konnte, wann aus ihr und Erik mehr als nur Bekannte geworden war, machte sie das Thema immer noch verlegen. Zumindest wusste sie aber mit völliger Sicherheit, dass sie und Erik mehr waren. Sie hatten es nie in Worte gefasst, hatten einfach nur eine neue Routine für die Zeit entwickelt, wenn er in Magnolia war, aber Kinana kannte Erik gut genug, um den Sinn hinter seinen ruppigen Gesten zu verstehen. Anders konnte er seine Gefühle nicht zum Ausdruck bringen. Er hatte es nie gelernt oder hatte zu viele Hemmungen. Aber es reichte, um Kinana glücklich zu machen. Und sei es auch nur, indem er sie unter einem fadenscheinigen Vorwand von der Arbeit abholte, damit sie nicht alleine im Dunkeln nach Hause gehen musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)