The Future Past von soundinsilence ================================================================================ Prolog: -------- “Reno hat angerufen. Er sagte er möchte sich mit dir in Midgar treffen. Der übliche Ort.” Ich konnte die Sorge in Tifas Stimme hören, als sie die Treppe hinunter kam und mich ansprach. Ich stand hinter dem Tresen und trocknete Gläser ab. Tifa wollte die Bar heute etwas früher öffnen und deswegen hatten wir bereits seit Mittag damit zu tun alles vorzubereiten. Ich stellte das gerade abgetrocknete Glas beiseite und stützte mich dann mit beiden Händen auf der Spüle ab. Wieso ruft er nicht auf meinem Handy an? Der übliche Ort? Die Loveless Avenue. Während ich so da stand, dachte ich darüber nach, ob es überhaupt möglich war dorthin zu gelangen. Es müsste möglich sein, sonst hätte Reno einen anderen Ort gewählt. Obwohl man sich bei Reno nie sicher sein konnte. “Hana…” Tifa legte eine Hand auf meine Schulter und holte mich aus meinen Gedanken zurück in die Bar. “Tifa, wenn ich in zwei Stunden nicht zurück bin, dann rufe Reeve an und sag ihm ich habe mich mit Reno in der Loveless Avenue getroffen. Er weiß wo das ist.” Ich legte das Geschirrtuch beiseite und ging nach oben in mein Zimmer. Dort öffnete ich eine abgeschlossene Truhe, die unter dem Fenster stand und holte ein Pistolenholster hervor, welches ich mir dann über die Schulter legte und meine Waffe darin verstaute. Ich schloss die Truhe wieder ab und zog mir dann meine Lederjacke über. Auf dem Weg nach draußen hielt Tifa mich auf. “Sei vorsichtig.” Ich hob meine Hand zum Abschied und verließ das Seventh Heaven. Natürlich werde ich vorsichtig sein. Bei Reno kann man nie vorsichtig genug sein. Nur wenige Querstraßen weiter hatte ich mein Auto geparkt. Mit diesem fuhr ich über den neu gebauten Highway in Richtung des zerstörten Midgar. Während der Fahrt machte ich mir Gedanken darüber wieso Reno mich unbedingt treffen wollte. Sollte nach all den Jahren des Friedens endlich die Abrechnung auf mich warten. Ex-Turks gab es nicht. Vincent war die Ausnahme. Es gab nur Turks im Ruhestand und die wurden stets überwacht. Ich war nervös angespannt. Mein Griff um das Lenkrad wurde für einige Augenblicke fester. So fest, dass die Haut um meine Fingerknöchel weiß hervortrat. Ich atmete einmal tief durch und parkte mein Auto am Ende des Highway. Es würde ein mühsamer Aufstieg werden. Schließlich musste ich in den alten Sektor 8 gelangen um den Treffpunkt aufsuchen zu können. Der übliche Ort war stets der Startpunkt für Patrouillen durch diesen Sektor gewesen. Turk-Gebiet war es damals gewesen. Damals? Das war doch gerade einmal ein paar Jahre her. Allerdings fühlte es sich für mich an wie aus einem anderen Leben. Ich war damals ein anderer Mensch. Ein Turk. Bis ich mich entschieden hatte dieses Leben hinter mir zu lassen. Es war für mich auch heute noch unbegreiflich wie ich es hatte schaffen können, solange am Leben zu bleiben. Ich bin den Turks so oft über den Weg gelaufen. So oft habe ich mit dem Tod gespielt. Sollte dies heute ein Ende haben? Sollte mein Leben heute ein Ende haben? Während ich durch die Trümmer der einst so großen und belebten Stadt ging, schüttelte ich über meine Gedanken den Kopf. Es brachte mir nichts mich jetzt schon fertig zu machen. Wenn Reno geschickt wurde, um mich zu töten, dann würde es nicht mit einem Schuss und einer Kugel erledigt sein. Nein, er würde sich Zeit nehmen. Als ich die Überreste der Loveless Avenue betrat, war ich allein. Nichts deutete darauf hin, dass hier jemand auf mich wartete. Also ging ich einige Schritte und sah mich aufmerksam um. Währenddessen öffnete ich den Reißverschluss meine Jacke und lockerte meine Pistole in ihrem Holster, um sie im Notfall schneller ziehen zu können. Doch dazu kam ich nicht. Hinter mir hörte ich die vertrauten Geräusche einer Pistole, die entsichert wurde, und blieb stehen. Reno benutzt keine Schusswaffen. Langsam drehte ich mich um. Braune, von zu vielen Gefühlen, die zu oft unterdrückt wurden, getrübte Augen blickten mir über den Lauf einer Waffe entgegen. Ein müdes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. “Natürlich. Es hätte nicht anders sein können.” Meine Haltung war entspannt. Es war als wäre jegliche Anspannung, jegliche Nervosität wie weggeblasen. Ich empfand nichts. Tiefe Ruhe legte sich über meine Gedanken. “Natürlich, Hana. So hätte es schon lange sein müssen. Es tut mir Leid.” Nein, tut es dir nicht. Der Schuss war das Letzte, was ich hörte, ehe mein Körper auf dem Asphalt zusammen sackte. Kapitel 1: Midgar ----------------- Zu viele Stimmen und zu viele Blicke drangen auf mich ein, als ich erwachte und in den Himmel über Midgar blickte. Ich lag auf dem warmen Asphalt und die Zivilisten um mich herum beobachteten mich aufmerksam. Als ich mich aufrichtete flammten Schmerzen in meinem Kopf auf, wie ich sie noch nie gespürt hatte. Urgh...Bei Ifriths haarigen Eiern… Vorsichtig massierte ich meine Schläfen mit Zeige- und Mittelfinger meiner Hände und ein leises Lachen entfuhr mir. Diese Gedanken waren definitiv ein Zeichen dafür, dass ich zu viel Zeit mit Reno verbracht habe. Vielleicht lag es auch an Cids Ausdrucksweise. Nein, Renos Einfluss. Definitiv Reno. Nachdem der Schmerz sich etwas abgeschwächt hatte, erhob ich mich gänzlich vom Boden und blickte mich um. Wenn dies das Leben nach dem Tod war, dann fragte ich mich ernsthaft wieso ich nicht in Banora oder Wutai gelandet bin. Jeder Ort wäre besser als Midgar. Die Details erstaunten mich allerdings. Alles wirkte so real. Als wäre ich in der Zeit zurück gereist und würde durch das alte Midgar wandern. Die gleichen Leuchtreklamen. Der ShinRa Turm im Hintergrund. Es war so, wie ich es in Erinnerung hatte, vor den Ereignissen von Meteor. Während ich mich weiterhin umsah, tastete ich über meine Sachen und suchte nach vertrauten Dingen. Vielleicht hatte ich etwas mitnehmen können, aus meinem jenseitigen Leben. Überraschenderweise fand ich das Holster und meine Pistole an ihrem üblichen Platz unter meiner Jacke. Als ich an mir hinab sah, erkannte ich schwarze Springerstiefel, eine schwarze Anzughose und die dazu passende Jacke. Um das Ganze noch abzurunden, holte ich aus der Innentasche der Jacke meine ShinRa ID-Karte. Das hier ist die Hölle. “Yo, Hana! Ich hab’ auf dich gewartet.” Wenn man vom Teufel spricht, kommt er angelatscht. Oder wie sagt man so schön? Vor mir stand Reno in all seiner Herrlichkeit und grinste mich schief an. Ich hingegen starrte ihn überrascht an. “Was?” Sehr intelligente Antwort von mir, ich weiß. Allerdings war mein Gehirn in diesem Moment nicht so ganz in Topform und vollkommen überfordert mit der Situation. Ja, Reno hatte im 7th Heaven angerufen und Tifa gesagt, dass er sich mit mir treffen wolle. Also bin ich zum Treffpunkt gefahren und habe dort nicht Reno, sondern Tseng angetroffen, der mich erschossen hat. Wieso zum Henker war Reno dann hier?! Und wieso sieht er so verdammt jung aus?! “Bosschen hat uns losgeschickt In Sektor 8 unsere Runden zu drehen. Rude ist mit was andrem beschäftigt, deswegen hat er dich mir zugeteilt, yo.” Seine Antwort half mir nicht wirklich weiter. Bosschen? Meint er damit ernsthaft Rufus? Aber das konnte nicht sein. Das alles machte keinen Sinn. Ich bin tot. Mein lebloser Körper sollte auf dem kalten Asphalt liegen. Meine Seele sollte im Lebensstrom auf Angeal treffen. So hatte ich es zumindest erwartet. Deswegen hatte ich mich nicht dagegen gewehrt. Weil ich es wollte? War ich so verzweifelt? Nein, das… “Yo, Hana. Was’n los mit dir?” Ich hatte Reno vollkommen ausgeblendet und nur seine Hand auf meiner Schulter hatte mich wieder zurück in die Gegenwart geholt. Er sah mich an, als wäre es nicht sein erster Versuch gewesen mich anzusprechen. “Welcher Tag ist heute?” Es war mir möglich ihm seine Verwirrung anzusehen. “Mittwoch?!” Ich schüttelte aufgeregt den Kopf und wedelte mit der Hand. “Nein, ich brauche ein Datum. Das Datum von heute.” “10. August 2000. Bist heute morgen wohl mit’m falschen Fuß aufgestanden, was?” 10. August 2000? Das sind nur wenige Tage bevor Genesis beim Training verletzt wird. Mein Blick ging förmlich durch Reno hindurch. Ich war in der Vergangenheit. Ich war wieder ein Turk. “Ja, muss ich wohl”, antwortete ich schon fast automatisch. ______________________________________________________________________________________________ Wir machten unseren Rundgang. Reno plapperte fleißig drauf los, während ich nur die nötigen Bemerkungen machte und so tat als würde ich zu hören. Das war mir während meiner Zeit als Turk in Fleisch und Blut übergegangen. Reno konnte manchmal ohne Punkt und Komma reden und musste dabei kaum Luft holen. Normalerweise hätte mich das Ganze schon zur Weißglut getrieben. Aber das war keine normale Situation. Ich sollte nicht hier sein. Zumindest nicht mit dem Wissen, dass ich über die bevorstehenden Ereignisse hatte. Da der Tag bereits sehr weit vorangeschritten war, als wir unsere Runde ohne Zwischenfälle und ohne auf Avalanche zu treffen beendeten, ging ich direkt zum Aufzug und machte mich dann auf den Weg in mein Büro. Ich musste sicher gehen, dass Reno mir das richtige Datum genannt hatte und ich müsste wissen, ob der Vorfall mit Genesis nicht doch schon passiert war. In dieser alternativen Realität konnte schließlich alles anders sein. Ja, ich hatte in diesen kurzen Stunden angefangen dieses ganze Ereignis als alternative Realität zu bezeichnen. Auf dem Weg in mein Büro hatte ich das Glück niemandem weiter zu begegnen. Zumindest niemandem mit dem ich reden musste. Die einzigen Interaktionen bestanden aus respektvollem Kopfnicken. In meinem Büro loggte ich mich sofort in die ShinRa Datenbank ein und musste feststellen, dass Reno nicht gelogen hatte. Wieso auch? Er hatte ja gar keinen Grund. Für ihn war noch alles beim Alten. Sie waren alle noch Freunde. Familie, sogar. Ich ließ meinen Kopf auf den Tisch sinken und schloss die Augen. Ich bin in der Vergangenheit. Mit dem Wissen, was geschehen wird. Ich stöhnte genervt, als es an meiner Tür klopfte und hob den Kopf als diese geöffnet wurde und Tseng in mein Büro trat. Der junge Tseng. Mit Zopf. Der Unschuldige. So sah er in meinen Augen aus. “Reno sagte du hast dich merkwürdig verhalten.” Mag sein, aber das hat er garantiert nicht dir, sondern Rude erzählt. “Machst du dir Sorgen um mich, Tseng? Ich hatte nur einen miesen Tag. Kopfschmerzen und dergleichen.” Ich sah ihn nur kurz an, ehe ich meinen Blick wieder auf den Bildschirm vor mir richtete. Während ich nach Genesis’ Akte suchte, stellte sich Tseng vor meinen Schreibtisch und blickte mich aus seinen braunen Augen an. “Mach für heute Schluss. Morgen ist ein neuer Tag.” Ich murrte mein Verständnis und las die Akte über Genesis. Es gab noch keinen Eintrag über die Verletzung und es war auch nichts über die Beschädigung des Trainingsraums zu lesen. Das heißt ich hatte noch Zeit. Nur wie lange? “Gute Idee. Ich bin dann weg für heute. Du weißt ja, wo du mich findes”, meinte ich als ich aufstand und an ihm vorbei zur Tür ging. Die Tatsache, dass Tseng mir nicht folgte, blieb von mir unbemerkt. _______________________________________________________________________________________________ Mit meiner ID-Karte öffnete ich die Tür zu meinem Appartement und vernahm sofort einen sehr angenehmen Duft. Es roch nach Essen. Nach sehr gutem Essen. Vorsichtig bahnte ich mir einen Weg durch den Flur und das Wohnzimmer in die offene Küche. Jemand stand in meiner Küche und kochte. Ich war wie erstarrt, als ich erkannte wer dort stand. In der Verwirrung und der Aufregung des Tages hatte ich vollkommen vergessen, dass ich eine Art Beziehung mit jemandem aufgebaut hatte. Und dieser jemand war niemand anderes als First Class SOLDIER Angeal Hewley. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)