Uncertain Heart von Khaleesi26 ================================================================================ Kapitel 31: Flashback II – Tai ------------------------------ „From the outside looking in, it’s hard to understand. From the inside looking out, it’s hard to explain.“ „Es freut mich, dass du endlich bereit bist, mit mir zu reden.“ „Hmm“, machte ich und sah weiter geradeaus. Tai tat das genauso. Mit einem sicheren Abstand zueinander saßen wir da, vermieden es uns in die Augen zu sehen und sahen dabei vermutlich aus wie zwei Teenager, die nicht wussten, wie sie sich verhalten sollten. Und im Grunde waren wir das ja auch. War ich wirklich schon bereit, mit Tai darüber zu sprechen, was geschehen war? Nein, überhaupt nicht. Aber Hope hatte mir gezeigt, dass es dringend nötig war. Sie vermisste ihn mehr als ich gedacht hatte. Eine sehr schmerzende Erkenntnis. „Du bist ein fester Bestandteil in Hopes Leben geworden“, brachte ich schließlich kaum hörbar über die Lippen. „Es war nicht richtig, sie von dir fernzuhalten. Sie ist es nicht gewöhnt, dass du nicht bei ihr bist.“ „Und ich bin es nicht gewöhnt, dass ihr nicht bei mir seid“, antwortete er und ich konnte hören, wie verzweifelt auch er war. Vermutlich ging es ihm nicht besser als mir. „Das waren die schlimmsten drei Tage meines Lebens. Euch nicht mehr um mich haben zu können war absolute Folter. Ich wollte euch in Ruhe lassen, dir Zeit geben, damit klarzukommen. Doch als Kari vorhin anrief und meinte, dass es Hope schlecht geht, konnte ich einfach nicht anders.“ Unwillkürlich musste ich lächeln. Das war typisch Tai. Egal, was passiert war – wenn ihn jemand brauchte, den er liebte, war er da, ganz egal, ob derjenige es wollte oder nicht. Aber so war er schon immer – absolut selbstlos, liebevoll und ehrlich. Deswegen passte das alles hier auch gar nicht zu ihm. Ich verstand einfach nicht, warum er das getan hatte. „Warum ist das mit Sora passiert?“, platzte es plötzlich aus mir heraus. Alles in mir schrie nach einer Antwort, nach einer Erklärung, nach irgendetwas, dass mir half, dass alles zu verarbeiten. Tai schwieg, als würde er überlegen, was er antworten sollte. „Leider gibt es keine Rechtfertigung für das, was ich getan habe“, sagte er reumütig. „Aber es gibt einen Grund. Und dieser Grund warst du, Mimi.“ Überrascht sah ich ihn an. „Ich? Was hab ich damit zu tun?“ „Na ja“, sagte er und ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, während er weiterhin gen Boden starrte. „Auch, wenn du mir das jetzt wahrscheinlich nicht glauben wirst, aber… ich hab dich schon immer gemocht. Sehr sogar.“ Betreten sah auch ich zu Boden. Ich wusste nicht, ob es das war, was ich jetzt hören wollte, aber ich wollte ihm zumindest die Gelegenheit geben, sich zu erklären. „Letztes Jahr im Frühling habe ich mich in dich verliebt. Zumindest weiß ich jetzt, dass es so war“, begann er zu erzählen. „Es war an Hanami. Du hast so unglaublich schön ausgesehen in deinem Kimono. Und dann hast du dich so vollgefressen, weil du meintest, alles probieren zu müssen und dir wurde total übel.“ Bedächtig zog ich eine Augenbraue in die Höhe, doch ein bisschen Schmunzeln musste ich auch, als ich daran zurückdachte. Ich konnte mich noch gut an diesen Tag erinnern. „Klingt nicht so, als hätte ich mich besonders liebenswert benommen“, entgegnete ich leicht zweifelnd. Tai schüttelte den Kopf und kurz streifte mich sein Blick. „Trotzdem. Für mich war dieser Tag etwas ganz Besonderes. Du warst etwas ganz Besonderes. Ich habe mich noch nie so wohl in deiner Gegenwart gefühlt, wie damals. Und von da an war es um mich geschehen.“ Ich sah wie auch er zufrieden lächelte, als er daran zurückdachte. Und, dass er es aufrichtig meinte, konnte ich an seinem Blick erkennen, der plötzlich so viel Wärme ausstrahlte und doch im nächsten Moment erkaltete. „Und dann bist du weggezogen. Einfach so. Ohne dich zu verabschieden.“ Unangenehme Stille legte sich zwischen uns. Der schöne Tag an Hanami, den wir gemeinsam verbracht hatten, wich dem Tag, an dem wir uns zuletzt sahen. Es war der letzte Schultag vor den Sommerferien und ich wusste, dass ich insgeheim Abschied nehmen musste. Nur wussten meine Freunde das damals noch nicht. „Ich weiß ja, dass du nicht bleiben konntest, weil du schwanger warst und die Sache mit Hayato… nur, damals wusste ich das noch nicht. Ich war wirklich wütend darüber, Mimi.“ Er wandte den Kopf und sah mir entschlossen in die Augen, was mir sofort ein schlechtes Gewissen bescherte. Auch mir war es damals nicht leicht gefallen meine Freunde anzulügen und Monate lang zu verlassen. Aber ich hatte keine Ahnung, dass es Tai so sehr verletzt hatte. „Ich habe absolut nicht verstanden, warum du dich nicht verabschiedet hast. Warum du einfach so weggezogen bist und nichts gesagt hast“, sagte er bitter und presste angestrengt die Zähne aufeinander. „Irgendwie dachte ich, wir wären dir alle egal und das tat verdammt weh. Vor allem, weil ich mich gerade so sehr zu dir hingezogen gefühlt habe. Aber das wollte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht richtig wahrhaben und als du plötzlich weg warst, erst recht nicht. Ich habe versucht meine Gefühle zu verdrängen, weil es zu sehr weh tat, dass du nicht mehr da warst. Und dann… dann ist das mit Sora passiert…“ Rückblick „Was ist nur mit dir los, Alter? Deine Launen sind ja abartig“, nörgelte Yamato, als ich fluchtartig das Kino verlassen hatte. Mimi war gerade seit zwei Wochen weg und ich hatte wirklich andere Sorgen als mir so einen albernen Film im Kino anzusehen. Eigentlich hatte ich auf den ganzen Abend keine Lust gehabt. Doch das scherte sie ja einen Dreck. Sie war jetzt irgendwo da draußen, in einem anderen Land und dachte nicht eine Sekunde lang an mich. „Ich habe einfach keine Lust auf so eine bescheuerte Liebesschnulze. War echt ne dämliche Idee von euch, da reinzugehen. Da hätte ich wirklich Besseres mit meiner Zeit anfangen können“, meckerte ich zurück. „Aber ihr könnt ruhig wieder rein gehen. Ich gehe nach Hause“, sagte ich zu meinen zwei besten Freunden, die sich fragende Blicke zuwarfen, ehe ich sie einfach stehen ließ. „Jetzt warte doch mal, Tai. Hau doch nicht gleich ab“, rief Sora mir hinterher, als ich bereits um die nächste Ecke gebogen war. Genervt stöhnte ich auf. „Was ist?“ Konnten mich denn nicht alle einfach mal in Ruhe lassen? Stutzig blieb sie vor mir stehen. „Was ist eigentlich mit dir los?“, fragte sie sorgenvoll. „Du bist seit ein paar Tagen wie ausgewechselt. Du bist launisch, abweisend und gemein. Und… wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du Liebeskummer hast.“ Ich verdrehte die Augen und sah gen Himmel. War das denn so offensichtlich? „Ich habe keine Ahnung, was du meinst“, log ich, versteckte die Hände in den Hosentaschen und vermied es weiterhin, sie anzusehen. „Ist es wegen Mimi?“ Überraschung legte sich auf mein Gesicht. Woher sollte sie das wissen? Ich hatte es niemanden erzählt. Ich wollte es ja noch nicht einmal selbst wahrhaben. Jemanden zu lieben, der tausende Kilometer weit weg war und sich einen Dreck um mich scherte war absolut nicht gesund. Ich sollte das schleunigst ablegen und sie vergessen. Ich antwortete nichts und das war für Sora Antwort genug. „Lass uns reden, Tai.“ Kurze Zeit später saßen wir zusammen in einer Bar, auch wenn ich das eigentlich gar nicht wollte. Was brachte es schon über seine Gefühle zu reden, wenn sie doch niemals erwidert werden würden? „Wo ist eigentlich Yamato abgeblieben?“, fragte ich gelangweilt, während ich an meinem kühlen Bier nippte und Sora ihren Cocktail umrührte. „Wahrscheinlich ist er auch nach Hause gegangen, als er gemerkt hat, dass wir nicht wiederkommen. Oder aber er sitzt immer noch in diesem Kino und sieht sich diese grauenhafte Liebesschnulze an.“ Ich schmunzelte. „Der war doch echt schrecklich, oder?“ Sora kicherte. „Kann man so sagen. Keine Ahnung, wer sich so was ausdenkt, aber in der Realität sieht es doch meistens ganz anders aus. Diese Filme sind eben absolute Fiktion. Im wahren Leben hat Liebe doch meistens keine Chance, weil sie nur einseitig ist oder man aus irgendwelchen anderen Gründen nicht zusammen sein kann.“ Dann sah sie mich unsicher an. „Warum bist du so traurig, dass Mimi weggezogen ist?“ Ich biss mir auf die Lippe. „Das kannst du dir doch eh schon denken. Aber es ist egal. Es spielt keine Rolle mehr. Hat es nie. Und wird es auch nie.“ Eine bittere Erkenntnis. „Spielt es nicht immer eine Rolle, wenn man verliebt ist?“, entgegnete Sora nachdenklich. „Nein, tut es nicht“, sagte ich verbittert. „Sie hat sich ja nicht mal verabschiedet.“ Ich war so sauer darüber, dass sie einfach gegangen war. Sie war ohne ein Wort der Erklärung abgehauen, einfach verschwunden, als hätte es sie nie gegeben und als würden wir ihr alle nichts bedeuten. Am besten wäre wirklich, wenn sie dablieb, wo sie jetzt war. Sora seufzte. „Oh, man. Denkst du, es wäre besser, sie einfach zu vergessen?“ Ich fuhr mit dem Finger über den Rand meines Bierglases und presste die Lippen aufeinander. Ich hatte keine Ahnung. „Bist du denn nicht auch sauer auf sie? Du bist ihre beste Freundin und bei dir hat sie sich doch auch nicht verabschiedet?“, fragte ich Sora. „Sie wird ihre Gründe haben“, zuckte sie lediglich mit den Schultern, als wäre es nicht weiter von Belangen. Ich wünschte, ich könnte diese Einstellung teilen. „Da hilft nur eins“, verkündete Sora auf einmal ganz euphorisch. „Tequila!“ Tequila? Ehe ich mich versah, hatte sie für jeden von uns drei Runden bestellt und wir kippten uns das brennende Zeug einfach hinter. Und plötzlich war ich so betrunken, dass der Schmerz fast schon wie betäubt war. Mir war alles recht, um auf andere Gedanken zu kommen. „Noch eine Runde?“ „Noch eine Runde!“, jubelte ich und hielt dem Bar Ceaper mein Glas hin, damit er direkt nachfüllen konnte. „Danke, Sora“, sagte ich eine Stunde später, während auch ihr Blick immer schleierhafter wurde. Sie grinste jedoch und wank kichernd ab. „Ach, kein Ding, Tai. Ich bin gerne für dich da.“ Traurig senkte sie den Blick. „Außerdem weiß ich sehr gut, wie es sich anfühlt, wenn man unglücklich verliebt ist.“ Plötzlich blendete ich alles andere aus, weil ich wusste, dass es egal war und weil ich wusste, dass es ihr wohl genauso ging wie mir. Ich beugte mich zu ihr und küsste sie. Es hatte uns völlig unvorbereitet getroffen, und für den Moment hatte es sich sogar gut angefühlt. Doch danach kam die Ernüchterung. Der Alkohol wich der Vernunft und mir wurde klar, was wir getan hatten. „Es tut mir so leid, Sora“, sagte ich immer wieder, während sie wie wild ihre Sachen vom Boden meines Zimmers aufsammelte. „Hör verdammt noch mal auf das immer wieder zu sagen“, schimpfte sie und Tränen glitzerten in ihren Augen. „Du kapierst wohl überhaupt nichts.“ Richtig, ich stand total auf den Schlauch. Was zum Teufel ging hier ab? Ja, wir hatten miteinander geschlafen und es war nicht geplant gewesen. Aber ich dachte, sie wüsste, dass das eine einmalige Sache und ein großer Fehler war, der niemals hätte passieren dürfen. „Du bist meine beste Freundin, Sora. Nicht mehr…“ Abrupt blieb sie stehen und funkelte mich böse an. „Du bringst es ziemlich genau auf den Punkt, Tai. Aber was ist, wenn ich mehr für dich empfinde?“ „Mehr? Wie meinst du das: du empfindest mehr?“ „Ich habe mich in dich verliebt, du Vollidiot!“, schrie sie mich nun an, was mich augenblicklich erstarren ließ. Völlig Perplex von dieser Offenbarung starrte ich sie mit offenem Mund an. Das durfte einfach nicht wahr sein! Das war der absolute Alptraum – und ich habe ihn wahrwerden lassen. „Was… Aber… Seit wann?“, stammelte ich, während sie sich weiter ihre Sachen anzog. „Jedenfalls länger als du in Mimi verliebt bist. Na ja, angeblich verliebt bist.“ Sie zog sich ihre Schuhe an und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, während ich mich vor ihr aufbaute, sie mich jedoch keines Blickes mehr würdigte. „Angeblich? Was soll das heißen?“, fragte ich nun ungehalten. Aus ihrem Mund klang es, als wäre das ein Witz. Sie stellte sich aufrecht hin und sah mich mit festem Blick an. „Ach, komm schon, Tai. Mach dir doch nichts vor. Du liebst sie doch nicht wirklich. Das kann überhaupt nicht sein. Ihr seid euch niemals nähergekommen, du und sie. Ihr habt absolut nichts gemeinsam. Ich bin der Mensch, der immer für dich da war, jederzeit“, sagte sie und zeigte auf sich selbst. „Und dann schläfst du mit mir und behauptest immer noch steif und fest, du wärst in sie verliebt und ich wäre nur deine beste Freundin, mehr nicht? Du belügst dich doch nur selbst.“ Fassungslos sah ich sie an. Wie konnte sie nur so die Tatsachen verdrehen? „Sora, ich glaube, du bringst da gehörig was durcheinander.“ „Tzz“, machte sie nur beleidigt. Ich war so ziemlich geschockt von diesem Verhalten. So kannte ich sie nicht. Ich hatte ja mit vielem gerechnet, aber damit, dass Sora in mich verliebt war… War ich denn so blind gewesen? „Es ist auch egal“, sagte sie schließlich und wischte sich eine letzte Träne aus dem Gesicht. „Wenn du nicht so empfindest wie ich, muss ich damit leben. Aber kannst du auch damit leben, unsere Freundschaft so beendet zu haben?“ „Und mit diesen Worten hatte sie mich allein gelassen. Mit meinem schlechten Gewissen und der Tatsache, dass ich offensichtlich meine beste Freundin verloren hatte. Wir hatten dann länger keinen Kontakt zueinander. Doch dann kam sie ganz unerwartet mit Yamato zusammen und die beiden schienen so glücklich, dass sich alles wieder von alleine eingerenkt hatte. Sora und ich konnten wieder normal miteinander umgehen, und darüber war ich sehr froh. Dass sie die Sache nie abgehakt hatte, erfuhr ich erst viel später“, beendete Tai seine Erzählung. Ich konnte es einfach nicht fassen. Es war für mich absolut nicht begreifbar, dass meine beste Freundin so etwas getan und dann auch noch Tais Liebe zu mir derart in Frage gestellt hatte. Auch, wenn wir damals noch nicht zusammen waren. Sie muss mehr als nur eifersüchtig gewesen sein. Geschockt saß ich da und versuchte die vielen Gedanken in meinem Kopf zu ordnen. „Jetzt sag doch was, Mimi“, forderte Tai mich auf und wollte nach meiner Hand greifen, doch ich entzog sie ihm. „Ich muss dich noch was fragen“, sagte ich entschlossen. „Und ich werde dich das nur ein einziges Mal fragen: hast du danach noch mal mit Sora geschlafen?“ Entsetzt sah er mich an. „Was? Nein!“ „Und an dem Abend nach eurer Prüfung? Als ihr allein unterwegs wart? Lief da was?“ Tai musste nicht lang überlegen. „Um Gottes Willen, Mimi – nein!“, sprudelte es aus ihm heraus und er rutschte näher an mich ran. „Das hätte ich dir niemals angetan, glaub mir. Es gab zwar an dem Abend einen kurzen Moment, aber… Aber ich habe ihr unmissverständlich klargemacht, dass da nie wieder etwas zwischen uns laufen wird und ich…“ „Wie, es gab einen Moment?“, fiel ich ihm ins Wort. „Was soll das heißen? Lief da nun etwas oder nicht?“ Ich konnte mich noch gut an die Nacht erinnern, als Tai nach Hause kam und mir versicherte, dass da absolut nichts war zwischen Sora und ihm. Im Grunde hatte er mich für dumm verkauft. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, dass das nicht die ganze Wahrheit war und ja – vielleicht war an DIESEM Abend nichts zwischen ihnen gelaufen und auch an keinem anderen, während wir zusammen waren. Doch er hatte mich trotzdem angelogen. Und dieses Misstrauen stand einfach immer noch zwischen uns. „Nein, es lief nichts“, seufzte Tai. „Sie hat versucht, mir näher zu kommen. Aber sie war total betrunken. Und dann habe ich ihr klargemacht, dass ich dich liebe und sie das nie wieder tun soll. Und dass sie es sagen kann, wenn ihr meine Nähe zu viel wird.“ Ich dachte nach. Dann fiel es mir ein. „Suhsi. Euer Codewort.“ Also hatte ich doch recht. „Ja, sozusagen“, sagte er beschämt. „Wir hatten an dem Abend Sushi gegessen und… ach, keine Ahnung. Es war nur so eine Idee. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass sie sich danach gefangen hatte. Vor allem als sie dann von Hope erfahren hat. Versteh doch Mimi, ich habe keinen Grund gesehen, dich unnötig zu verletzen und auch noch eure Freundschaft zu gefährden.“ Schmerzhaft biss ich mir auf die Lippe. War das sein Ernst? „Und was ist mit Matt?“, drängte ich ihn in die Enge. „Hast du nie daran gedacht, dass du es ihm hättest sagen müssen?“ Betrübt ließ er den Kopf hängen. „Doch. Ich wollte es ihm oft sagen. Doch er war so unglaublich verliebt in Sora. Ich wollte einfach niemanden unglücklich machen.“ Ich sprang vom Sofa auf. Ich konnte mir das einfach nicht mehr anhören. „Das ist wieder so typisch, Tai. Nie willst jemanden verletzen und immer sollen alle glücklich und zufrieden sein. Das funktioniert aber nicht, indem du sie anlügst, kapier das doch endlich mal! Wir leben nun mal nicht in dieser rosa Traumwelt, die du gern um uns alle erschaffen würdest“, schrie ich ihn an. Verstand er denn wirklich gar nichts? Dachte er denn immer noch, alle mit einer Lüge beschützen zu können? „Das mit Sora war bevor wir zusammengekommen sind, Mimi. Es spielte überhaupt keine Rolle. Es hatte nichts zu bedeuten!“ „Deswegen tut es nicht weniger weh, Tai. Sora ist meine beste Freundin. Zumindest war sie es. Und du… du warst… einfach alles für mich, Tai.“ „Meinst du, ich weiß nicht, dass das falsch war?“, entgegnete er bitter. „Es war ein fataler Fehler mit Sora zu schlafen und es war noch schlimmer, es vor dir und Matt geheim zu halten, aber mal ehrlich: du bist auch nicht ganz unschuldig daran.“ Völlig verständnislos fixierte ich ihn mit meinen Blicken. „Bitte, was?“ Nun sprang auch Tai auf und trat mir entgegen. „Wärst du nicht einfach so ohne ein Wort abgehauen, hätte ich mich an dem Abend doch nie auf Sora eingelassen.“ Ich zuckte zurück. Was er mir hier entgegen schleuderte war absolut unfair. „Das ist nicht fair, Tai. Ich wusste doch überhaupt nichts von deinen Gefühlen für mich.“ „Nein, schon klar. Und du hättest auch nie etwas davon gewusst, wenn ich mich nicht die ganze Zeit um dich und Hope gekümmert hätte. Nur deswegen hast du dich doch in mich verliebt. Wärst du damals nicht schwanger gewesen, wäre doch alles so weiter gegangen wie bisher. Du hättest dich nie für mich interessiert. Nicht auf diese Weise.“ Mir klappte der Mund auf und ich war völlig sprachlos. Warf er mir etwa gerade vor, dass ich mich nur in ihn verliebt hatte, weil er gerade ganz gelegen für mich kam? Diese Behauptung schmerzte so sehr – fast noch mehr als die Tatsache, dass er mit Sora geschlafen hatte. „Yamato hat sich wohl doch geirrt“, stellte ich ernüchternd fest, als ich endlich meine Sprache wiederfand. „Was meinst du damit?“, hakte Tai sauer nach. „Was hat er denn zu dir gesagt, als er letzte Nacht bei dir war?“ Was? Woher wusste Tai, dass Yamato bei mir war? „Oder seid ihr nicht viel zum Reden gekommen?“ Also, das war doch… „Du bist ja wohl der Letzte, der mir irgendetwas vorzuwerfen hat!“, platzte es aus mir heraus. „Außerdem war es nur ein Kuss, nichts weiter.“ Tais Augen weiteten sich. „Was?“ Er kam einen Schritt auf mich zu und sah bedrohlich von oben auf mich hinab. „Ihr habt euch geküsst?“ Ich stemmte beide Hände an die Hüfte und reckte mich ihm entgegen. Na und, dann wusste er es eben. Ich war gerade so verdammt sauer auf ihn, dass es mir einfach völlig egal war, was er von mir dachte. „Oh, sag bloß, das stört dich jetzt, nachdem du mit Sora in der Kiste warst“, provozierte ich ihn weiter, ehe sich eine fiese Zornesfalte auf seiner Stirn bildete. „Ich sagte dir bereits, dass es rein gar nichts zu bedeuten hatte.“ „Na, und?“, entgegnete ich provokant. „Mir hat es auch nichts bedeutet. Dann sind wir doch jetzt wohl quitt.“ Tai presste die Zähne aufeinander und ballte beide Hände zu Fäusten, bevor er sich abwand und zur Tür ging. „Schön!“ „Schön!“, rief ich ihm hinterher und ließ mich beleidigt aufs Sofa plumpsen. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, als er noch „Wenn etwas mit Hope ist, ruf mich an“ sagte, ich diesen letzten Kommentar jedoch nur mit einer abwertenden Handbewegung nach hinten quittierte und die Tür schließlich ins Schloss fiel. Augenblicklich sackte ich in mir zusammen. Was war da nur wieder in uns gefahren? Ich wollte doch für Hope erwachsen und verantwortungsbewusst sein. Und jetzt war alles nur noch verfahrener als zuvor. Wie Tai mir die Wahrheit erzählte tat weh, aber noch schlimmer war für mich, dass er mir vorwarf, ihn nur zu lieben, weil er sich um mich gekümmert hatte. Hatte er etwa recht? Waren meine Gefühle so berechenbar? Ich schloss die Augen und ging in mich. Während mein Herz vor Aufregung noch ganz wild gegen meine Brust schlug, formte sich in meinem Kopf ein Bild und ich versuchte mir den Abend vom letzten Hanami Fest ins Gedächtnis zu rufen. Der Abend, an dem Tai sich in mich verliebt hatte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)