Uncertain Heart von Khaleesi26 ================================================================================ Kapitel 42: Zukunftspläne ------------------------- „Schlaf gut, kleiner Schatz“, sagte Tai mit gesenkter Stimme und legte Hope in ihr Bettchen. Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und deckte sie zu. Kurz brabbelte sie noch etwas vor sich hin, doch dann schlummerte sie auch schon ein. Tai strich ihr sanft über das Köpfchen und konnte den Blick gar nicht von ihr wenden. Mein Herz weitete sich bei diesem Anblick. Ich lehnte gegen den Türrahmen und beobachtete die beiden, wie perfekt sie zueinander passten. Blut war manchmal eben doch nicht dicker als Wasser. „Das habe ich vermisst“, meinte ich seufzend, als Tai sich aufrichtete. Er wandte sich um und grinste. „Und ich habe dich vermisst“, sagte er, kam auf mich zu und zog mich an sich. Ich legte die Arme um seinen Hals. „Und Hope. Ich habe uns drei vermisst.“ Meine Stirn berührte seine und ich schloss die Augen, um seine Nähe zu genießen. Ich wollte nicht mehr daran denken, was uns fast entzweit hätte – nie wieder. „Tai?“, fragte ich leise. „Bleibst du heute Nacht bei uns?“ Ich spürte, wie sich ein breites Lächeln auf seine Lippen schlich. „Was denkst du denn?“ Mit einem Ruck packte er mich an den Hüften und hob mich hoch. Unsere Lippen trafen aufeinander, während er mit mir aus dem Zimmer ging und mich im Flur gegen die Wand drückte. Die Sehnsucht nacheinander schien uns völlig zu übermannen und ich würde sie diesmal nicht aufhalten. Wir hatten es verdient beieinander zu sein. Wir hatten verdient eins zu sein. Seine Lippen strichen über meinen Hals und saugten sich kurz daran fest, was mir ein genüssliches Stöhnen entlockte und Tai ein Grinsen. „Ich freue mich, dass ich immer noch diese Wirkung auf dich habe.“ Ich schnaubte und presste meine Beine noch etwas enger um ihn. „Das könnte ich dir auch sagen“, meinte ich breit grinsend und spielte damit auf die Regung zwischen seinen Beinen an. Wir küssten uns, während Tais Hand den Weg unter mein Shirt fand und über meine nackte Haut glitt, was mir einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. Ich stöhnte seinen Namen in unseren Kuss hinein. Für Tai das Stichwort unsere Versöhnung im Bett fortzusetzen. Er trug mich ins Schlafzimmer und das Gefühl der kalten Wand in meinem Rücken wich dem des weichen Bettes, als Tai mich sanft auf der Matratze ablegte. Er beugte sich über mich, um mich zu küssen und um seine Hände weiter meinen Körper erforschen zu lassen. Eilig zog ich mir das Shirt über den Kopf und schmiss es zu Boden. Tais Lippen wanderten von meinem Mund, über meinen Hals und weiter nach unten. Strichen sanft über meinen Bauch, während er mit den Fingern den Knopf meiner Hose öffnete. Er zerrte sie mir samt Slip von den Beinen. Kurz musste ich auflachen, weil er so unersättlich war. Im nächsten Moment entwich meiner Kehle ein genussvolles Stöhnen, als Tai mit seiner Zunge über meine empfindliche Mitte strich. Es war beinahe unerträglich, sich bei diesen Berührungen zurückzuhalten. Zum Glück hörte er genau im richtigen Moment auf und fand den Weg zurück zu meinen Lippen. Voller Begierde küsste er mich. Ich spürte, dass er nur mich wollte. Und ich wollte nur ihn. Immer. Ich begann an seiner Hose zu fummeln, während er sich kurz aufrichtete, um sich von seinem Shirt zu befreien. Seine Sachen landeten neben den anderen auf dem Boden. Mit einem Ruck rollte ich ihn auf den Rücken, sodass ich mich auf ihn setzen konnte, ihn endlich in mir spüren konnte. Ein Stöhnen kam über Tais Lippen und er schloss genüsslich die Augen, während seine Finger sich in meine Hüften krallten und mir den Takt vorgaben. Ich beugte mich zu ihm hinab und versiegelte seine Lippen mit einem innigen Kuss. „Ich liebe dich“, hauchte ich ihm entgegen. Seine rechte Hand fuhr an meiner Seite hinauf, bis zu meinem Gesicht. Dann vergrub er die Finger in meinem zerzausten Haar. „Ich liebe dich.“ Wir bewegten uns weiter im selben Rhythmus, während wir dem Höhepunkt immer näherkamen. Es war einfach beängstigend und wunderschön zugleich, wie perfekt wir miteinander harmonierten. Das, was ich mit Tai hatte, was uns verband, hatte ich zuvor noch nie mit jemanden erlebt. Und in diesem Moment konnte ich mir nicht vorstellen, je wieder mit einem anderen Mann zusammen zu sein. Als er meinen Namen wisperte, machte mein Herz einen Satz und öffnete sich ihm endlich voll und ganz. Es war als würde er mir ein Stück seiner Seele anvertrauen und ich gab ihm ein Stück meiner. Ich wusste, er würde mir nie wehtun und ich wusste auch, dass ich niemals von ihm loskommen würde – egal, wie viele Probleme und Hindernisse noch auf uns zukamen. Letztendlich würden wir immer wieder zueinanderfinden, ganz gleich, was das Schicksal noch für uns bereithielt. Wir waren wie zwei Magnete, die sich magisch anzogen. Und es gab keinen Weg dieser Anziehungskraft zu entgehen – das war mir nun bewusst geworden. Als ich den Kopf in den Nacken warf und auch Tai seinen Höhepunkt erreichte, flogen tausend Schmetterlinge durch meinen Körper, lähmten ihn geradezu, bis ich völlig erschöpft und befriedigt auf ihn zusammensackte. Tai schloss mich in seine Arme, während ich an seiner Brust den Schlägen seines Herzens lauschte, was sich nur langsam wieder beruhigte. „Geht’s dir gut?“, fragte er und strich mir mit den Fingern liebevoll über den Rücken. Ich lächelte breit und schloss verträumt die Augen. „Mehr als das.“ Ein tiefes Seufzen kam mir über die Lippen. „Das möchte ich jeden Tag haben. Für den Rest meines Lebens.“ Tai musste laut auflachen. „Das lässt sich sicher einrichten.“ Auch ich musste lachen. Dann streckte Tai sich, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und ich rutschte neben ihn aufs Bett, um meinen Kopf noch ein bisschen weiter an seine Brust zu schmiegen. So wohl hatte ich mich das letzte Mal bei unserem gemeinsamen Wochenende gefühlt. Plötzlich wurde mir klar, dass immer alles gut war, wenn wir zwei zusammen waren. Wenn es nur uns beide gab und wir die Welt ausschließen konnten, dann war alles in Ordnung, egal welche Probleme da draußen auf uns warteten. „Tai?“, fragte ich zaghaft. „Mmh?“ „Was hältst du davon, wenn wir abhauen?“ Plötzlich schien Tai hellwach. „Bitte was?“, hakte er lachend nach. Ich richtete mich etwas auf, um ihm in sein irritiertes Gesicht sehen zu können. „Nein, wirklich. Lass uns von hier verschwinden. Wir könnten umziehen, nur wir drei. Und irgendwo noch mal ganz von vorne anfangen. Irgendwo, wo uns die Vergangenheit nicht mehr einholen kann.“ Tai runzelte die Stirn und warf mir einen merkwürdigen Blick zu. „Hörst du, was du da gerade redest?“ Ich schob beleidigt die Unterlippe nach vorn. „Ich meine es ernst.“ Als Tais Antwort wieder ein ungläubiges Kichern war, schlug ich ihm leicht auf die Brust. „Man Tai, jetzt überleg doch mal. Fändest du den Gedanken denn nicht schön, wenn wir neu anfangen könnten? Wir könnten hier alles zurücklassen – die ganzen Probleme, die Geheimnisse, die Lügen … alles, was in den letzten Wochen passiert ist.“ In Tais Miene veränderte sich etwas. Er spürte, dass es mir ernst war. „Schließt dein ‚alles zurücklassen‘ auch meine Familie mit ein? Den Ort, an dem wir aufgewachsen sind? Und was ist mit deiner Familie? Und unseren Freunden? Hast du mal daran gedacht?“ Ich biss mir auf die Unterlippe. „Nein“, sagte ich geknickt. „Ich weiß nur, dass ich mit dir zusammen sein möchte. Ohne diesen ganzen Mist, der passiert ist. Ich habe einfach das Gefühl, dass uns diese Dinge ewig nachhängen werden. Ich weiß, du sagst, wir müssen die Vergangenheit hinter uns lassen. Aber ich habe die leise Vorahnung, dass wir es noch zu sehr versuchen können, letztendlich werden wir doch immer wieder daran erinnert. Es wird uns nie ganz in Ruhe lassen, solange wir hier sind. Und was meine Familie angeht … meine Eltern haben sich gegen mich und Hope gewandt. Meinst du, es bedeutet mir auch nur noch das Geringste, dass sie drei Häuser weiter wohnen? Nein, im Gegenteil. Es tut einfach nur weh.“ Tai presste die Lippen aufeinander und wandte den Blick von mir ab. Gedankenverloren sah er an die dunkle Decke. Eine halbe Ewigkeit verging, in der er nichts sagte. Ich wusste, diese Idee war gewagt und es war viel verlangt. Aber … ich war davon überzeugt, dass es das einzig Richtige für uns drei war. „Tai, sag mal“, sagte ich schließlich. „Hast du das damals ernst gemeint, dass du Hope adoptieren würdest? Würdest du das wirklich tun?“ Diesmal dauerte es keine einzige Sekunde, bis er antwortete. „Sofort. Hope ist mir sehr ans Herz gewachsen. Ich würde alles für sie tun. Und für dich auch.“ Ich hob meinen Kopf und sah ihm eindringlich in die Augen. „Dann tu es. Geh mit uns fort.“ Tai seufzte. „Ach, Mimi“, sagte er sanftmütig und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, ehe er lächelte. „Ich kann verstehen, dass du gerne weglaufen würdest. Manchmal würde ich das auch gerne. Aber löst es wirklich all unsere Probleme?“ Ich kniff gequält die Augen zusammen. Nein, natürlich nicht. „Wenn wir schon weggehen, dann lass es uns aus anderen Gründen tun. Nicht, um vor etwas davonzulaufen. Wenn wir es tun, dann lass es uns richtig machen.“ Überrascht sah ich ihn an. „Wie meinst du das?“ Tai fuhr sich nervös durchs Haar. „Nun, ich habe dir noch nichts davon erzählt, weil wir in letzter Zeit nicht besonders viel miteinander geredet hatten, aber … ich habe mich nicht nur an der Uni in Tokyo beworben. Sondern auch in Osaka.“ Ich runzelte verwirrt die Stirn. Er hatte was getan? „Was soll das heißen?“ „Das heißt, dass ich niemals ohne dich gegangen wäre“, nahm er mir sofort die Angst, als er meinen Blick sah. „Es war nur eine Notlösung, falls ich in Tokio nicht angenommen werden sollte und ich … ich dachte damals ebenfalls, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, weil … na, du weißt schon. Weil Sora auf dieselbe Uni gehen würde wie ich und na ja …“ So langsam wurde ich unruhig. Was wollte er mir damit sagen? „Tai, komm zum Punkt“, forderte ich ungeduldig. „Na, schön“, seufzte Tai. „Eigentlich hatte ich diese Idee schon längst wieder verworfen und wollte bei einer Zusage gar nicht annehmen, aber … sie haben mich angenommen und mich für morgen eingeladen, den Campus zu besichtigen.“ „Das heißt … du nimmst den Platz an?“ Tai richtete sich auf und stützte sich auf seinen Ellenbogen ab, sodass wir uns besser ansehen konnten. „Das heißt erst mal noch gar nichts. Aber es wäre eine Möglichkeit. Du und Hope könnten mitkommen. Wir könnten uns zusammen eine Wohnung nehmen. Du könntest deinen Abschluss genauso gut dort machen. Es steht noch nichts fest, verstehst du. Und wir müssen das auch jetzt nicht entscheiden. Ich möchte nur, dass wenn wir es tun, es aus den richtigen Gründen tun. Nämlich um zusammen zu sein. Und nicht, um vor unserer Vergangenheit davon zu laufen. Denn das haben wir nicht nötig. Wir könnten genauso gut hier glücklich werden. Ohne, dass wir irgendetwas zurücklassen müssten. Und ich möchte, dass wir das gemeinsam entscheiden.“ Wow, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich wusste nicht, ob ich überrascht oder geschockt sein sollte. Ja, es war eben meine Idee gewesen, gemeinsam von hier wegzugehen. Dass Tai mir bereits einen Schritt voraus war, kam unerwartet. „Weißt du was?“, sagte ich und tat somit das Erste, was mir in den Sinn kam. „Du hast völlig recht.“ Tai grinste ungläubig. „Ehrlich?“ „Ja, du hast recht.“ „Und das aus deinem Mund …“ Ich lachte. „Wir sollten nicht gehen, weil wir hier eine Vergangenheit haben. Wenn wir gehen, dann gemeinsam und weil wir es wollen. Ich möchte, dass du dir die Uni anschaust. Sieh sie dir einfach an und sag mir, was du davon hältst. Ich werde deinem Gefühl vertrauen. Wenn sie dir gefällt, dann komme ich mit dir nach Osaka. Und wenn nicht, dann studierst du eben hier und wir bleiben in Tokyo. Es ist egal. Hauptsache, wir sind zusammen.“ Tais Grinsen wurde breiter und er begann übers ganze Gesicht zu strahlen. „Weißt du, was du eben gesagt hast?“ Verwundert blinzelte ich. „Nein, was denn?“ „Du hast gesagt, du vertraust meinem Gefühl. Das heißt, du vertraust mir.“ Meine Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln, während ich ihm in seine braunen Augen sah. „Es wird Zeit, dass ich über meinen Schatten springe, nicht?“ Tai umfasste mein Gesicht mit beiden Händen und drückte mich zurück in die Kissen, um sich über mich zu beugen. „Ich wusste, wir schaffen es. Wir können alles schaffen, Mimi.“ Er hauchte mir einen innigen Kuss auf die Lippen. Mein Herz weitete sich vor Glück, als mir bewusst wurde, dass wir immer das Richtige tun würden. Ob wir hier waren oder woanders. Wir waren zusammen und solange das so war, war jede Entscheidung richtig. „Bist du sicher, dass du alleine klarkommst?“, fragte Tai zum gefühlt tausendsten Mal, während er mir mit Hope auf dem Arm beim Aufräumen hinterherlief. „Taichi“, lachte ich auf. „Du bist nur einen Tag weg. Was soll innerhalb eines Tages schon groß passieren?“ „Ja, ja, ich weiß. Trotzdem habe ich ein schlechtes Gefühl euch alleine zu lassen. Meine Eltern sind schließlich auch nicht da und Kari ist immer noch mit T.K. irgendwo im nirgendwo.“ „Ich weiß“, sagte ich und ging in die Küche, um den Geschirrspüler auszuräumen. „Aber falls du es vergessen hast: ich bin ein großes Mädchen. Wir zwei kommen klar.“ Ich zwinkerte ihm aufmunternd zu. Irgendwie war es total süß, dass er sich solche Sorgen um uns machte. Aber ich hatte ihn schließlich dazu ermutigt nach Osaka zu fliegen und sich dort die Uni anzusehen. Warum jetzt einen Rückzieher machen? Es war nur ein Tag. „Du bist morgen schon zurück und solange werden Hope und ich uns eine schöne Zeit machen“, lächelte ich, schloss den Geschirrspüler und ging zum Küchentresen, um meine ungeöffnete Post durchzusehen. „Ja, du hast recht. Ich denke, ich werde euch einfach nur furchtbar vermissen“, säuselte Tai und drückte Hope ein Küsschen auf die Stirn. „Oh, verdammt“, platzte es plötzlich aus mir heraus, als ich ein paar Briefe und Rechnungen zur Seite gelegt hatte und einen Brief vom Jugendamt in den Händen hielt. „Was ist?“, hakte Tai nach. Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn. „Der Brief vom Jugendamt liegt bereits seit 4 Tagen hier und durch diesen ganzen Trubel habe ich völlig vergessen, ihn zu öffnen. Er muss irgendwie in der ganzen Post untergegangen sein.“ „Und was steht drin?“ Man hörte sofort Tais Anspannung und mir ging es nicht anders. „Das werden wir gleich erfahren.“ Ich atmete tief durch und öffnete den Brief, um ihn auseinanderzufalten. Das Herz rutschte mir in die Hose. Jedoch völlig unbegründet, wie sich herausstellte. „Puh, es ist nur die Ankündigung eines Kontrollbesuchs. Sie wollen sehen, wie Hope und ich alleine zurechtkommen.“ „Und wann ist der Besuch?“ Ich legte die Stirn in Falten, als ich das Datum sah. „Morgen schon.“ „Verdammt.“ Tai biss sich auf die Unterlippe. „Zeig mal her“, sagte er und riss mir den Brief aus der Hand. „Ich weiß, es wäre besser, wenn du auch hier wärst, aber … du bist in Osaka und …“ „Kein Problem“, unterbrach Tai mich sofort. „Der Termin ist erst morgen Nachmittag. Wenn ich einen Flieger eher nehme, bin ich pünktlich wieder da.“ „Das würdest du tun?“ Tai warf mir einen verständnislosen Blick zu. „Natürlich. Ich habe rausposaunt, ich würde Hope adoptieren wollen und dann treibe ich mich irgendwo in Osaka rum, wenn so ein wichtiger Termin ansteht? Ganz sicher nicht.“ Ich ging auf ihn zu und legte meine Arme um seinen Hals. „Du bist toll, weißt du das?“ „Hach, das sagt man mir so oft“, meinte Tai und verdrehte dramatisch die Augen, woraufhin ich lachen musste. Auch Hope quiekte vergnügt, was mich dem Termin nur noch zuversichtlicher entgegen blicken ließ. Wir würden das schon packen. Schließlich hatten wir uns gerade wieder versöhnt und es lief besser denn je. Einen besseren Zeitpunkt gab es gar nicht. „Ich muss jetzt gehen, sonst verpasse ich noch meinen Flieger“, sagte Tai schließlich. Ich nickte und nahm ihm Hope ab. „Melde dich, wenn irgendetwas ist.“ „Ja, das mache ich.“ Wir gingen gemeinsam in den Flur, wo schon Tais Rucksack bereitstand. „Ich werde wahrscheinlich nicht dazu kommen dich anzurufen.“ „Das verstehe ich“, sagte ich und öffnete die Tür. „Ich wünsche dir viel Spaß.“ Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss zu geben, als mich plötzlich etwas in der Nase kitzelte und ich heftig niesen musste. Sofort spürte ich Tais skeptischen Blick auf mir. „Wirst du krank?“ „Nein“, schniefte ich und straffte die Schultern. „Bist du sicher? Ich kann hier bleiben, wenn es dir nicht gut geht.“ „Taichiii“, sagte ich betont genervt und schubste ihn förmlich aus der Tür. „Wir kommen zurecht. Und jetzt geh endlich, sonst verpasst du wirklich noch deinen Flieger.“ Tai nickte und schultere seinen Rucksack, wenn auch deutlich widerwillig. „Na, gut“, sagte er. „Aber, wenn irgendetwas ist …“ „Rufe ich dich an. Schon klar“, lachte ich. „Und jetzt raus hier.“ Tai grinste und machte einen Schritt auf mich zu. Seine Hand legte er an meiner Wange, während er mir einen Abschiedskuss auf die Lippen hauchte. Oh, man. Jetzt wollte ich plötzlich doch nicht mehr, dass er ging. „Ich liebe dich.“ „Ich liebe dich auch, Tai.“ Auch Hope gab er ein Küsschen zum Abschied. Als er gegangen war, schloss ich die Tür hinter mir und fröstelte plötzlich. War es den ganzen Morgen schon so kalt hier gewesen? „So, und was machen wir jetzt?“, wandte ich mich an meine Tochter, die vergnügt in die Hände klatschte. Und ich wusste genau, was das bedeutete … Ein paar Stunden später saßen wir beide auf dem Fußboden im Wohnzimmer, während tausende von Spielsachen um uns herum verstreut und wir komplett mit bunter Farbe beschmiert waren. Hope und ich hatten einen fantastischen Tag miteinander verbracht und ich genoss jede Minute davon. Auch wenn ich jetzt sicherlich aussah wie ein Clown. Als hätte ich es laut ausgesprochen, patschte Hope noch mal mit ihren kleinen Händen in den Topf mit pinker Farbe und positionierte sie prompt auf meinen Beinen. „Hey“, beschwerte ich mich, während sie lachte. „Na, warte. Das kann ich auch.“ Ich tunkte den Zeigefinger tief in die Farbe und malte ihr einen dicken Punkt auf die Nase. Hope lachte noch mehr, was mein Herz nur noch größer werden ließ. „Sehr hübsch siehst du aus“, lachte ich und griff nach meinem Handy. „Warte, bleib genauso. Tai wird sich kringeln vor Lachen, wenn er dich so sieht.“ Ich knipste ein Foto von der farbenfrohen Hope und schickte es Tai. Grinsend legte ich das Handy wieder weg. „Erledigt. Ich weiß nicht, wie es mit dir aussieht, aber ich habe Hunger.“ Hope jedoch beachtete mich gar nicht, sondern war ganz in ihrer Spielerei vertieft. Ich lächelte zufrieden. Lange schon hatten wir nicht mehr so viele unbeschwerte Stunden. Ich stand auf und ging in die Küche, um einen Blick in den Kühlschrank zu werfen. Doch als ich die Tür öffnete, schlug mir gähnende Leere entgegen. „Ups“, meinte ich schief grinsend. „Es war so viel los, ich habe ganz vergessen, einkaufen zu gehen.“ Ich ging zurück zu Hope und nahm sie auf den Arm. „Weißt du was? Ich glaube, für heute haben wir genug mit Farbe gematscht“, sagte ich zu Hope, die da allerdings anderer Meinung war und mir noch einmal schön mit ihren vor Pink triefenden Händen durchs Haar fuhr. „Schon klar“, meinte ich lachend. „Pink steht mir super. Aber ich schlage vor, wir waschen uns jetzt und gehen einkaufen. Irgendetwas müssen wir ja schließlich essen.“ Nachdem ich Hope und mich gebadet hatte, zog ich mir einen dicken roten Pullover an. Irgendwie kam es mir heute besonders kalt vor. Und während ich Hope ihre Schuhe anzog, musste ich erneut niesen. Doch diesmal wurde der Nieser von einem stechenden Schmerz im Kopf begleitet. „Oh je“, meinte ich und griff mir schniefend an die Stirn. „Hoffentlich hatte Tai nicht recht und ich werde doch krank“, sagte ich zu mir selbst, bevor wir die Wohnung verließen. Doch je mehr Treppen ich nach unten stieg, umso mehr merkte ich, dass mein Kopf immer schwerer zu werden schien. Außerdem hatte ich schon den ganzen Tag Gliederschmerzen, was ich allerdings unserer nächtlichen Turnaktion und dem wenigen Schlaf zuschob. Beim Einkaufen wurde es leider nicht besser. Das grelle Licht des Supermarktes störte mich so enorm, dass ich die Augen zusammenkneifen musste. Ein schwaches Hämmern machte sich bereits in meinem Kopf breit und je mehr ich mich darauf konzentrierte, desto mehr spürte ich das Kratzen, was langsam meine Kehle hochkroch. So ein Mist aber auch. Wahrscheinlich hatte ich mich an diesem merkwürdigen Ort, an dem wir Kari gefunden hatten erkältet. Ich lud dennoch ein paar benötigte Lebensmittel in den Korb, doch eigentlich wollte ich so schnell wie möglich wieder nach Hause, um mich mit Hope ins Bett zu verkrümeln. Mein Handy vibrierte und ich zog es aus meiner Jackentasche. Eine Nachricht von Tai. „Sehr süß, ihr kleinen Schweinchen :) Bin eben gelandet. Ich hoffe, es geht euch gut.“ Ich biss mir auf die Unterlippe und rieb mir mit dem Handrücken über die müden und wahrscheinlich schon geschwollenen Augen. Egal, wie es mir gerade ging. Auf keinen Fall würde ich wollen, dass er sich jetzt Sorgen machte. „Alles bestens :) Wir sehen uns morgen.“ Ich schickte die Nachricht ab und steckte das Handy wieder ein. Tai sollte sich ausnahmsweise mal auf sich konzentrieren. Und ehrlichgesagt hoffte ich, dass es ihm in Osaka so gut gefallen würde, dass er morgen mit guten Nachrichten zurückkam. Diese Erkältung packte ich doch mit links und es war schließlich nur ein Tag. Was sollte da schon groß passieren? Ich ging weiter durch die Gänge, bis ich alles hatte und nur noch ein Äpfel brauchte. Ein paar Vitamine konnten sicher nicht schaden. Ich suchte mir ein paar raus und packte sie mir in eine Tüte. Beim letzten Apfel wurde mir allerdings leicht schwindelig und er fiel mir aus der Hand. Laut stöhnte ich auf. Ich sollte wirklich schleunigst ins Bett. Gerade, als ich mich danach bücken wollte, griff eine andere Hand danach und reichte mir den Apfel. „Oh, ähm … danke“, sagte ich überrascht und nahm den Apfel entgegen. Dabei berührten sich die Finger von mir und dem Fremden, was mich unwillkürlich zusammenzucken ließ. Es war als würde mich ein Blitz durchzucken. Dieses Gefühl, was so unerwartet kam, ließ mich aufsehen. Augenblicklich verfiel ich in eine Art Schockstarre, als ich erneut in genau die Augen blickte, die ich gerade erst vor zwei Tagen gesehen hatte und die mich nun zu verfolgen schienen. Mein Blick verfinsterte sich. „Was machst du denn hier?“ „Hallo, Mimi“, sagte Hayato und grinste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)