Yu-Gi-Oh! The Last Asylum von -Aska- ================================================================================ Kapitel 112: Turn 103 - A Minor Interference -------------------------------------------- Turn 103 – A Minor Interference     Zoey schlurfte alleine in einem grauen Sportanzug den dunklen, metallischen Gang entlang. Heute auf dem Plan: Training. Als ob sie sich in den letzten Tagen nicht schon genug zum Affen gemacht hatte! Rennen, springen, klettern – immer und immer wieder, jeden Tag! Danach mussten sie in Duel Monsters-Matches gegeneinander antreten, was für die Verlierer sehr unangenehm war. Viele verloren danach für eine Weile das Bewusstsein. Aber für Zoey war das alles Kinderkram. Sie war fit, clever und eine gute Spielerin. Sie brauchte diesen verdammten Scheiß nicht.   Voraus wartete eine Kreuzung im Gang. Von links schritt niemand Geringeres als Kathea an ihr vorbei geradeaus, schien sie gar nicht zu bemerken und verschwand wieder aus ihrem Blickfeld. Als Zoey die Frau erblickte, welche sie überhaupt erst hierher gebracht hatte, packte sie kurzerhand einen Entschluss. Sie machte am Kreuzgang einen Schwenk nach rechts und rannte ihr nach. „Hey!“, rief sie dabei forsch. Tatsächlich drehte sich die Frau, deren schwarzes Haar von der Mitte langsam in ein Weiß wie Schnee überging, zu ihr um und blieb stehen. Als Kathea Zoey heran eilen sah, zeichnete sich ein freundliches Lächeln auf ihre Lippen. Kaum war das Mädchen bei ihr angelangt, fragte die Finanzchefin: „Kann ich dir helfen?“ Ohne überhaupt an eine Form der Einleitung zu denken, brachte Zoey ihr Bedürfnis auf den Punkt und funkelte ihre 'Mentorin' böse an. „Wann bekomme ich endlich eine Mission zugeteilt?“ Kathea drehte sich von ihr weg und ging weiter. „Wenn du bereit bist.“ „Ich bin verdammt nochmal bereit!“ Die Blonde folgte ihr beharrlich. „Du befindest dich noch im Training. Sobald du es abgeschlossen hast, werten wir-“ „Ich bin besser als fast alle eure Soldaten, oder als was auch immer ihr euch bezeichnen wollt!“ „Euch?“ Kathea lachte dabei. „Vergiss nicht, dass das dich mit einschließt. Aber ja, in gewisser Hinsicht sind wir Soldaten. Und was gehört zu einem guten Soldaten? Disziplin.“ Zoey zischte verächtlich. „Deine Ungeduld ist gut nachvollziehbar“, sinnierte Kathea weiter, „du möchtest Anya so schnell wie möglich retten. Auch wir wollen das. Aber ein falscher Schritt könnte genau das Gegenteil bewirken.“ Natürlich lag es deren Cousine auf der Zunge zu fragen, weshalb genau sich diese Schnepfe denn in die Hose machte, aber das wagte sie sich dann doch nicht. Etwas ging von Kathea aus. Etwas Unnahbares, Unheimliches. Als ob die Luft um sie herum immer ein paar Grad kälter war.   Kathea bemerkte scheinbar, dass Zoey etwas beschäftigte und fragte: „Das ist aber nicht alles, was dir auf dem Herzen liegt, nicht wahr?“ Die Schritte der beiden hallten in dem engen, künstlich beleuchteten Gang entlang. „Jeder ist aus einem Grund hier“, begann das Mädchen zögerlich, „nicht dass es mich besonders interessieren würde.“ „Und doch tut es das.“ Jetzt lachte sie wieder falsch, wie es zu erwarten war. Merkten diese Tussen eigentlich nicht, dass sie absolut durchschaubar waren? Pft! „Sagen wir, ich will die Leute einschätzen, mit denen ich es zu tun habe“, murrte Zoey und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, wie sie Kathea hinterher trottete. „Also, was ist Ihr Grund?“ „Hass.“ „Wie originell …“ Wieder kicherte sie so falsch wie eine 30-Dollar-Banknote. „Ich rede nicht gerne darüber-“ „-und schon gar nicht mit mir, huh?“ Sie lachte, aber diesmal etwas herzhafter. Fortschritt? Oder hat sie bemerkt, wie bescheuert sie beim Versuch klang, Emotionen vorzutäuschen und versuchte sich zu verbessern. Oh, Zoey liebte es, über diese Kuh in ihren Gedanken herzuziehen. Kathea blieb kurz stehen, ließ das Mädchen neben sich herlaufen. „Du sagst immer, was du gerade denkst, nicht wahr? Beinahe beneidenswert. Und fatal. Ok, ich erzähle dir ein wenig von mir.“ „'kay.“ „Wie du dir sicher denken kannst, kann nur etwas sehr Schreckliches eine Emotion wie Hass verursachen.“ Kathea starrte stur geradeaus. „Ich habe schon vieles erlebt, Zoey. Aber mein eigener Sohn-“ Notbremse, schnell! Verstört stotterte Zoey: „O-okay, das reicht mir schon!“ „-wurde durch eine bloße Berührung zu einem 'Etwas'. Ich hatte keine Wahl“, Kathea sah sie scharf von der Seite aus an. „und ich werde nicht eher ruhen, bis der letzte Dämon ewige Ruhe findet.“ Zoey schwieg. Was hauptsächlich daran lag, dass sie nicht einmal ein Wort davon für wahr hielt.   Die beiden erreichten einen weiteren Kreuzgang, in dessen Mitte Kathea stehen blieb. Denn von rechts näherte sich ein anderes Mitglied von CLEAR. Doch anders als normale Agenten, trug dieses Mädchen eine pechschwarze Uniform. „Hallo“, trällerte die Schwarzhaarige gut gelaunt. Und sofort spürte Zoey, dass auch mit der etwas nicht stimmte. Erstmal sah sie aus wie jemand, der zu lange auf der Streckbank gelegen hatte, wenn man die Größe von gut und gerne zwei Metern berücksichtigte. Dazu noch diese mörderisch langen, irgendwie unnatürlich langen Arme und Beine, dünn wie Zweige, die danach bettelten, durchgebrochen zu werden. „Hi“, was alles, was Zoey ihr zugedachte, obwohl sie mit Winken und einem Strahlen im Gesicht der Frau unbekannten Alters begrüßt wurde. Sie konnte nicht sagen, ob jene nun jung oder alt war, aber wohl eher Ersteres. Kathea begrüßte jene mit einem Lächeln. „Kunigunde, wie ich sehe, geht es dir gut.“ „Ja, Fräulein Kathea“, sprach die lange, schlaksige Agentin mit spürbarem Akzent. „Die Tests sind zu Ihrem Gefallen ausgefallen.“ Was war das überhaupt für ein Name? Kunigunde? Und da war es mit einem Mal. Ein diabolisches, breites Grinsen, das aus dem etwas ulkigen Mädchen mit ein paar Sommersprossen im Gesicht eine Dämonin machte. Es jagte selbst Zoey einen eiskalten Schauder über den Rücken. Besonders, als diese Kunigunde verheißungsvoll sprach: „Ich kann sie jetzt nachwachsen lassen.“ „Sicherlich wird uns das einen entscheidenden Vorteil verschaffen.“ Da tat das grinsende Ding etwas, mit Zoey nicht gerechnet hätte. Es kniete vor Kathea nieder, die ihr sanft den Kopf tätschelte, als wäre sie ein Hund. Ein sehr, sehr glücklicher und stolzer Hund, wandelte sich das Mördergesicht doch in Sekundenbruchteilen zu einem besonnenen Lächeln.   Kathea drehte sich Zoey zu. „Hier trennen sich unsere Wege. Wenn du möchtest, kann Kunigunde dich gerne in die Trainingshalle begleiten.“ „Sicher, Fräulein Kathea“, strahlte die und erhob sich, „ich würde gerne einen Übungskampf mit dir austragen.“ Nur für eine Sekunde glaubte Zoey, wieder dieses Grinsen gesehen zu haben, das ihr durch Mark und Bein ging. „N-nicht heute. Will erst mein Deck anpassen.“ „Gut“, trällerte Kunigunde langgezogen, „denn ich hätte dich vielleicht in klitzekleine Stückchen gerissen.“ Da brach der Blonden mit der Beanie endgültig der Schweiß aus. Betreten lachte sie, worin die dürre Riesin mit einstimmte. Jene reichte ihr auch ihre Hand. „Ich bin Kunigunde, aber du kannst mich auch Kuni nennen. Machen alle.“ „Z-zoey“, schlug diese gezwungenermaßen ein. Kathea beobachtete die Szene mit einem zuversichtlichen Lächeln. „Wenn du dir deiner sicher bist, sprich doch Gregory an. Er wird deinen Fortschritt bewerten.“ Froh, sich von ihrer ungewollt gewonnenen 'Freundin' abwenden zu können, meinte sie selbstbewusst: „Geht klar.“   ~-~-~   Die brünette Hexe in Weiß und Grau hielt ihre Hand ausgestreckt, um die rötliche Flammen aufflackerten. „Vergebt mir, aber ich muss euch eure Freundin entreißen.“ Sie zielte auf Zanthe, der eine bewusstlose, angekettete Anya von hinten stützte, das Mädchen selbst und Matt, der an ihrer Seite kniete. Dann entfesselte sie eine gewaltige Feuerbrunst innerhalb des magisch ausgeweiteten, unterirdischen Raums. Schützend stellte sich der durchsichtige, schwarz goldene Kakerlakenritter [Evilswarm Exciton Knight] vor die Drei. Rennt weg! Ich halte sie auf!   Der Immaterielle Thoras, der diese Form angenommen hatte, schloss panisch die Augen. „Das wird nicht nötig sein.“ Und in diesem Moment trat aus dem Immateriellen ein rothaariger Mann in schwarzem Anzug heraus, der einen Gehstock mit sich führte. Jenen erhob er kurz und setzte ihn auf den Boden ab. Die Flammen schlugen zu beiden Seiten an ihm und den drei jungen Menschen vorbei. „Vergeht denn kein Tag, an dem ich euch nicht babysitten muss?“, fragte der Sammler zum Schrecken aller bissig, ohne sich umzudrehen. Kreischend, dass in ihm ein Portal entstanden war, wich Thoras zuück. „Strife Carrington“, nannte die Weiße Hexe ihn beim Namen, ohne davon abzulassen, die Flammen auf ihn zu hetzen. Er lachte kühl. „Da konnte wohl jemand sein Mundwerk nicht halten. Dieser Name ist tabu.“ Schließlich ließ Gardenia doch von ihrem Angriff ab. Der Beton um den rothaarigen Dämon war pechschwarz, dampfte. „Du bist wirklich versessen darauf, mir den Tag zu verderben“, sprach der Sammler und hob den Gehstock gestikulierend, „nicht wahr, Weiße Hexe Gardenia?“ Jene ließ die ausgestreckte Hand sinken. „Ich habe bereits darauf gewartet, dass du erscheinst.“ „Dann müssen wir wohl an deinen Manieren arbeiten“, erwiderte der Sammler mit hinterlistigem Grinsen auf den Lippen, „ich sehe weder einen Roten Teppich noch irgendeine andere Form der Gastfreundlichkeit. Und das, wo die deine doch in den höchsten Tönen gelobt wird.“ Zachariah, der es inzwischen zu seiner bewusstlosen, an dem Stützpfeiler lehnenden Schwester geschafft hatte, konnte sich einen galligen Kommentar nicht verkneifen: „Sag das dem Vampir, den sie zum Spaß vergiftet hat.“   Doch bevor der Sammler darauf überhaupt reagieren konnte, schwang die brünette Hexe bereits ihren Arm aus. „Geht.“ Unmittelbar darauf verformte sich die Realität um Zach und Kali zu einem weißen, transparenten Kubus, der von je drei goldenen Energielinien von jener Seite durchzogen war. Jener verkleinerte sich binnen eines Herzschlags und war mit seinen Insassen verschwunden. Anerkennend Gardenia zunickend, setzte der Sammler seinen Gehstock ab. „Du bringst deine kleinen Gespielen in Sicherheit, hm? Soll ich das mit euch auch so handhaben?“ Er sah über die Schulter zu Matt und Zanthe. Thoras war bereits verschwunden. Keiner der beiden sagte etwas, sondern funkelte, einer düsterer als der andere, hasserfüllt zurück. „Nein? Auch gut. Vielleicht lernt ihr ja dabei etwas“, gab sich der Rotschopf beleidigt und gleichzeitig unterschwellig drohend. Er wandte sich Gardenia zu. „Ich habe nämlich momentan nicht die beste Laune.“ Erhobenen, stolzen Hauptes streckte die Angesprochene ihren Arm unter ihrem grauen Umhang hervor, an dem eine silberne, halbmondförmige Duel Disk befestigt war. „Ich werde nicht länger nur zusehen, wie du deine Intrigen spinnst, Sammler.“ „Oh, du willst diesmal wirklich selbst kämpfen“, die gespielt überraschte Tonlage des Sammlers wechselte zu einer bitterbösen, verachtenden, „anstatt weiterhin deinen Kindergarten auf meine Leute zu hetzen? Mir fehlen die Worte.“ Mit einem zuversichtlichen Lächeln hob der Sammler die rechte Hand mit dem Gehstock darin. „Nun denn, Kinder. Sorgen wir für eine angemessene Kulisse.“ Damit ließ er ihn auf den Beton nieder sausen und löste eine Schockwelle unermesslichen Ausmaßes aus. Während Gardenias Robe und ihre Haare regelrecht flatterten, Licht sich immer weiter ausbreitete und ein schrilles Surren die Ohren von Zanthe und Matt betäubte, wurden sie und der Sammler jedoch nicht erfasst.   Als beide ihre Augen öffneten, erschraken sie. Auf einer runden, gläsernen Plattform wurden sie immer weiter nach oben gefahren. Unter ihnen konnten sie den eingestürzten Bunker erkennen, die Bäume und – der Anblick versetzte Matt einen schmerzhaften Stich – ganz fern die Ruine des Waisenhauses. Mehrere hundert Meter über dem Erdboden stoppte die Plattform schließlich und begann sich stattdessen ausgehend vom Zentrum in alle anderen Richtungen auszuweiten. Was bedeutete, dass die Drei sich vom Sammler und Gardenia fortbewegten, bis sie etwa zehn Meter Abstand zu ihm hatten. „Ein beeindruckender Zauber“, lobte die Weiße Hexe ihren Kontrahenten aufrichtig, „und ein interessanter Ort für unseren Kampf.“ „Ich denke, etwas frische Luft tut uns allen gut. Nicht zu reden davon, dass dort unten doch ziemlich … unangenehme Bakterien hausen.“ Der Rotschopf schüttelte sich demonstrativ. Aber Gardenia verzog keine Miene. Stattdessen erwiderte sie: „So anregend ein Duell in dieser Höhe auch ist, würde ich gerne ein Experiment durchführen.“ Schlagartig verwandelte sich das Glas um sie herum in weißen Marmor, durchzogen von goldenen Linien und breitete sich rasant in alle Richtungen aus. Der Sammler lächelte, als die Auswüchse ihn passierten und schließlich nach oben schossen. „Bedaure, ich bin keine Laborratte.“ Unmittelbar darauf schloss sich um ihn und Gardenia eine dichte Blase, die von den weißen Kacheln befallen wurde. Diese wurden jedoch transparent und verschwanden fast, sodass nur die Goldlinien sich wie ein Käfig um das Kraftfeld legten. Gardenia bewegte den Mund, doch Matt und Zanthe hörten sie nicht mehr. „Was ist los?“, wunderte sich Letzterer. „Ich denke, die Weiße Hexe wollte uns in ihren Weißen Raum ziehen.“ Der Kopftuchträger sah den Dämonenjäger fragend an. „Der, aus dem es kein Entkommen gibt? Hah, außer für die hier.“ Sein Blick wanderte hinab an das zerzauste, blonde Mädchen, dessen Kopf auf seinem Schoß ruhte. Ihre Fußfessel war verschwunden. „Ja. Aber der Sammler hat es abgewehrt. Doch anscheinend dringt jetzt kein Ton mehr durch diese Blase. Sicher kein Zufall.“ Fassungslos flüsterte Matt anschließend: „Ich glaube es nicht. Zwei der fünf mächtigsten Dämonen kämpfen gegeneinander.“ „Und wir können das Ganze live miterleben, von den Tonproblemen mal abgesehen.“ Zanthe strich Anya eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich weiß nicht, ob ich begeistert oder verängstigt sein soll.“ „Definitiv Letzteres“, murrte Matt düster.   „… da das geklärt ist“, sprach der Sammler, ließ seinen Gehstock los, der einfach ins Nichts verschwand und streckte den Arm aus. Sofort materialisierte sich eine schwarze Battle City-Duel Disk daran, „beginnen wir diese kleine Unannehmlichkeit.“ Gardenia schwieg.   [Collector: 4000LP / Gardenia: 4000LP]   Anstatt einander böse Sprüche an den Kopf zu werfen, zogen beide Parteien zunächst fünf Karten. Mit einem Nicken bot der Sammler seiner Widersacherin an, den ersten Zug für sich zu beanspruchen, doch die weigerte sich mit einem stillen Kopfschütteln. „So viel zur Etikette“, scherzte der Rotschopf schließlich, „aber wie du wünscht.“ „Ich brauche keine Almosen“, gab sich die brünette Hexe stur, „und gewiss nicht, wenn sie von dir stammen.“ Der Sammler fragte gespielt überrascht: „Woher die plötzliche Abneigung? Wir haben uns doch immer gut verstanden.“ „Ich habe einen Blick auf das Böse in dir erhaschen können. Denke nicht, dass ich zulassen werde, wie du diese Welt für deine Zwecke missbrauchst.“ „Was auch immer du damit meinst“, erwiderte der Brite schulterzuckend. Schließlich griff er nach einer Karte in seinem Blatt. „Aber genug des Smalltalks. Wir duellieren uns schließlich. Und den Auftakt macht eine Spielfeldzauberkarte mit dem Namen [Curse Of The Shadow Prison].“ Gardenia zeigte sich unbeeindruckt, als um sie herum Schatten über das Glas und entlang der Innenseite des Kraftfeldes krochen und sie zu umkreisen schienen, bis sie wieder abtauchten und verschwunden waren. „Immer wenn ein Shaddoll-Monster durch einen Karteneffekt auf den Friedhof gelegt wird, erhält sie einen Zähler, der deine Monster um 100 Punkte schwächt“, erklärte der Sammler, „als Abschluss setze ich noch ein Monster. Dein Zug, Gardenia.“ In horizontaler Lage materialisierte sich vor ihm ein vergrößerter Kartenrücken.   Schwungvoll zog die in weiß-grauer Robe gekleidete Hexe eine Karte von ihrer Halbmond-Duel Disk. „Ich aktiviere zwei Zauberkarten. Die erste ist ebenfalls ein Spielfeldzauber, [Void Expansion]!“ Schwarze Flammen stiegen überall innerhalb der Blase auf. Der Sammler lächelte geheimnisvoll. „Die zweite Zauberkarte nennt sich [That Grass Looks Greener].“ „Nachbars Gras ist grüner? Ja. Das ist es immer“, erwiderte ihr Gegner melancholisch. „Anders als die meisten Duellanten spiele ich mehr als 40 Karten in meinem Deck. 45 um genau zu sein.“ Gardenia griff nach ebendiesem. „Der Effekt meines Zaubers schickt die Differenz der Anzahl an Karten zwischen unseren Decks auf meinen Friedhof. In deinem sind 35, in meinem noch 39. Also lege ich vier ab.“ Sie nahm sie auf und zeigte sie vor. Es waren [Infernoid Pirmais], [Void Seer], [Infernoid Piaty] sowie eine nicht erkennbare, zweite Zauberkarte. Zwei Monster und zwei Zauber also.   Derweil konnten Matt und Zanthe nur erahnen, was in der Blase vor sich ging. „Ganz egal wie das ausgeht, es wird nicht angenehm“, vermutete Zanthe. Matt, der sich seine ziemlich stark schmerzende Stirn hielt, stöhnte. „Für uns sowieso nicht. Entweder sind wir in der Gewalt desjenigen, dem wir den Rücken gekehrt haben, oder derjenigen, die insbesondere Anya tot sehen will.“ „Optimistisch wie immer“, stichelte der Werwolf und sah auf das bewusstlose Mädchen herab. „Mit ihr in diesem Zustand brauchen wir gar nicht an Flucht denken. Außer du hast zufällig eine deiner Karten mit, mit denen du uns wegteleportieren kannst.“ „Zufällig nicht“, schnarrte Matt grimmig, dem diese Frage langsam lästig wurde. „Und in den nächsten paar Minuten werden uns auch keine Flügel wachsen …“ Unbekümmert zuckte der Werwolf mit den Schultern. „Schade eigentlich.“   „Ich beschwöre [Infernoid Sjette] von meiner Hand, indem ich [Infernoid Pirmais] und [Infernoid Piaty] von meinem Friedhof verbanne!“ Gardenia schwang den Arm aus. „Erscheine!“ Zwei flammende Dekagone tauchten vor ihr auf und legten sich drehend übereinander, um einen Feuerring zu bilden. Aus diesem kam eine violette, drachenartige Maschine geflogen, an deren Körper kleine Lampen verteilt waren. Wütend peitschte sie mit dem Schweif hin und her.   Infernoid Sjette [ATK/2400 DEF/0 (6)]   „Angriff auf sein verdecktes Monster!“, befahl die Weiße Hexe im Anschluss mit ausgestrecktem Zeigefinger. Sofort feuerte ihr Dämon eine rotschwarze Feuerkugel ab. Dabei erklärte sie: „Wenn Sjette einen Angriff ausführt, musst du eine Karte von deinem Extradeck verbannen. Wähle!“ Während der Flammenball in seinem gesetzten Monster einschlug, das sich als düsterer, violetter Igel herausstellte, hängend an gleichfarbigen Fäden, seufzte der Sammler und zog sein Extradeck aus der Duel Disk.   Shaddoll Hedgehog [ATK/800 DEF/200 (3)]   Mindestens sieben Karten hielt er vor sich aufgefächert. Er seufzte erneut. „Verzeih' mir. Ich wähle [El Shaddoll Wendigo].“ Er zeigte das Stufe 6-WIND-Fusionsmonster vor, ehe er es in einen separaten Schlitz seiner schwarzen Battle City-Duel Disk schob. Er blickte zu seiner Widersacherin auf. „Nun, du hast übrigens den Flippeffekt von [Shaddoll Hedgehog] aktiviert. Ich erhalte eine Shaddoll-Zauberkarte oder eine solche Falle von meinem Deck. Ich entscheide mich für [El Shaddoll Fusion].“ Sofort spuckte der Apparat die gewünschte Zauberkarte aus, die er in sein Blatt aufnahm. Die Hexe in Weiß nahm eine Karte aus ihrem Blatt und legte sie in ihre Duel Disk ein. „Ich setze eine Karte. Führe du dieses Duell fort.“ Jene Falle erschien sofort vor ihr.   „Wenn ich so darüber nachdenke“, sprach der rothaarige Brite und betrachtete die Drei außerhalb der Blase, wie sie da hockten wie Hühner auf der Schlachtbank, „ist es doch seltsam. Dass zwei Anyas gleichzeitig existieren. Was sagst du dazu, Gelehrte?“ Er wandte sich wieder seiner Gegnerin zu, die erwiderte: „Was bezweckst du mit solch einer Frage?“ „Ich bin neugierig. Vielleicht irre ich mich ja, was -meine- Vermutung angeht.“ „Ihre Schöpfung basiert auf Kalis Wunsch an den Dschinn, ihrem Schicksal zu entkommen. Dadurch ist die Anya Bauer entstanden, die du dazu zwingst, deine Absichten zu erfüllen.“ Der Sammler lachte hochmütig. „Ich bitte dich. Die Entstehungsgeschichte der beiden ist mir nicht neu. Vergiss nicht, dass Kali zuerst mich aufgesucht hat, nachdem ihr bewusst wurde, dass Anya nicht so schnell verschwinden würde.“ „Aber du hattest bereits deine Marionette.“ „So ist es. Und doch war ich verwundert. Zwei Anyas, zweimal die exakt selbe Person. Es gibt nur eine Seele von Anya Bauer. Und kein Dschinn der Welt hätte die Macht dazu, sie zu duplizieren. So etwas ist unmöglich.“ Die Weiße Hexe nickte. „Dieses Wissen hast du durch deine Experimente erlangt. Dein ehemaliger Diener Orion berichtete mir davon.“ „Die kleine Petze“, gluckste der mächtige Dämon keineswegs verstimmt. „Ja, so ist es. Was mich zu der Frage führt, wieso sie dann trotzdem existiert? Diese zweite Anya.“ „Nur weil die Kopie die Persönlichkeit des Originals besitzt, bedeutet das noch lange nicht, dass in ihnen dieselbe Seele ruht.“ „Wie immer sind deine Schlussfolgerungen präzise. Die Seele der Menschen sind wie Tagebücher, sie halten alle Informationen ihres Lebens fest. Aber sie sind nicht die einzigen ihrer Art. Auch der Körper“, sprach der Sammler und tippte sich gegen die Schläfe, „speichert die Informationen.“ Erst nickte die Weiße Hexe lediglich. Dann aber fasste sie sich an ihr Kinn. „Ein Gefäß mit den Erinnerungen des Körpers, aber ohne Seele, besitzt keinen eigenen Willen. Allenfalls Erinnerungen an das, was es einst gefühlt hat, als die Seele noch im Körper weilte.“ Sie blickte auf. „Doch mit Anya Bauer ist es anders. Sie ist in der Lage zu fühlen und Entscheidungen zu treffen. Was nur bedeuten kann …“ „Ja.“ „… dass in ihr eine Seele lebt. Eine fremde, die sich ihren Erinnerungen unterordnet.“ „Und nun frage ich dich: Wessen Seele könnte das sein?“ Der Ton des Sammlers wurde ruckartig düster. „War es der Dschinn, der sie ihr implementiert hat? Oder hat sie vielleicht schon vor der 'Teilung' in ihr gelebt?“ „Ich fürchte, darauf kenne ich keine Antwort. Aber vielleicht hast du eine Eingebung?“ Er lächelte kühl. „Viel eher eine Hoffnung. Ein Gefühl, das ich bisher noch nicht bestätigen konnte. Wenn dem so ist, werde ich vielleicht eines Tages einen lang verlorenen Freund wiedersehen.“ Nicht weniger distanziert sagte Gardenia: „Ich schätze, unsere Unterhaltung darüber findet jetzt ihr Ende.“ „Ja. Bedauerlich, dass wir uns als Feinde gegenüber stehen. Unsere Dialoge waren in der Vergangenheit stets anregend“, lobte er sie, aber sie zeigte ihm mit ihrer finsteren Grimasse, dass sie das anders sah.   „Also gut“, meinte er schließlich und griff nach seinem Deck. „Setzen wir unser Gefecht fort.“ Damit zog er auf und lächelte geheimnisvoll. „Ich rufe den [Shaddoll Dragon] und rüste ihn umgehend mit dem Zauber [Nephe Shaddoll Fusion] aus!“ Ein dunkler, violetter Drache materialisierte sich vor ihm. Seine braune Mähne flatterte unstet, während er an zahlreichen, ebenfalls violetten Strängen zu hängen schien. Shaddoll Dragon [ATK/1900 DEF/0 (4)]   „[Nephe Shaddoll Fusion] besitzt zwei Eigenheiten. Einerseits lässt sich mich das Attribut des ausgerüsteten Monsters ändern“, erklärte der Sammler, „wodurch [Shaddoll Dragon] nun von einem FINSTERNIS- zu einem LICHT-Monster wird.“ Die Fäden, an denen sein Drache hing, verfärbten sich gelblich. „Und der zweite Effekt?“, hakte Gardenia nach. „Der lässt mich eine Fusionsbeschwörung mit dem ausgerüsteten Monster durchführen! Ich verschmelze [Shaddoll Beast] von meiner Hand und das LICHT-Monster [Shaddoll Dragon]!“ Über ihm öffnete sich ein Vortex, der pechschwarze Schatten in sich aufzog zusammen mit dem Drachen und einem Schattentiger. „Fusion Summon“, verkündete der Sammler und richtete den Arm nach vorne. „[El Shaddoll Construct]!“ Der Strudel weitete sich aus und entließ eine riesige, weibliche Puppe, um deren Hüfte eine Art Rock schwebte, aus glänzend violettem Metall. Von ihrem Rücken schossen unzählige rote Lichtfäden, die wie Flügel anmuteten und sich unruhig bewegten.   El Shaddoll Construct [ATK/2800 DEF/2500 (8)]   Ihr weißes Porzellangesicht war ausdruckslos. Als der Sammler jedoch das Wort ergriff, blitzten ihre Augen kurzzeitig auf. „Nun greifen mehrere Effekte! Fangen wir zunächst mit denen der fusionierten Monster an. Beide Effekte aktivieren sich, da die Monster durch Karteneffekte auf den Friedhof geschickt wurden. [Shaddoll Dragon] zerstört eine deiner Zauber- und Fallenkarten, werte Gardenia …“ Welche keine Miene verzog, als aus dem Nichts die geisterhafte Silhouette des Drachen auf ihre gesetzte Karte zuschoss und sie in den Abgrund zog. „... und [Shaddoll Beast] lässt mich eine Karte ziehen.“ Was der Sammler zufrieden lächelnd auch tat. „Der nächste Effekt rührt von [El Shaddoll Construct] her und schickt ein Shaddoll-Monster von meinem Deck auf den Friedhof. Ich habe mich bereits für [Shaddoll Falco] entschieden.“ Dessen Karte schob er in den Friedhofsschlitz. Doch kurz darauf tauchte ein kleiner, dunkler Vogel – ebenfalls an violetten Fäden hängend – vor ihm auch und wirbelte sich herum, wurde zu einem horizontal liegenden Kartenrücken. „[Shaddoll Falco] wird im verdeckten Verteidigungsmodus spezialbeschworen, wenn er durch einen Karteneffekt auf den Friedhof gelegt wird. Das funktioniert wie bei allen Effekten dieser Monsterart aber nur einmal pro Zug“, führte der Sammler dazu aus.   Shaddoll Falco [ATK/600 DEF/1400 (2)]   „Kommen wir nun zum letzten Teil dieser verhängnisvollen Verkettung von Umständen“, schmunzelte er und streckte den Arm aus. Plötzlich traten überall um Gardenia herum Schatten aus dem Boden, die sich sogar ihres Monsters bemächtigen und es dampfen ließen. „Insgesamt sind drei Shaddoll-Monster durch Karteneffekte auf den Friedhof geschickt worden, weshalb dein Monster für jedes nun 100 Punkte verliert. Aber …“   Curse Of The Shadow Prison [Zählmarken: 3] Infernoid Sjette [ATK/2400 → 2100 DEF/0 (6)]   „... eigentlich habe ich andere Pläne mit [Infernoid Sjette]“, verriet er ihr und zeigte eine Zauberkarte vor. „Ich fusioniere ihn und [Shaddoll Falco] nun dank der Schnellzauberkarte [El Shaddoll Fusion].“ „Du benutzt mein Monster?“, fragte Gardenia überrascht. „Ganz recht. Indem ich drei Zähler von meinem Spielfeldzauber entferne, kann ich eines deiner Monster als Teil der Fusion verwenden. Hier ein Beispiel, wie [Shaddoll Falco] mit dem FEUER-Monster [Infernoid Sjette] verschmilzt!“   Curse Of The Shadow Prison [Zählmarken: 3 → 0]   Wieder öffnete sich über ihm ein pechschwarzer Wirbel, der erst den kleinen Vogel, welcher aus seiner gesetzten Karte aufstieg, dann Gardenias Drachendämon in sich hineinzog. „Fusion Summon! Erscheine, [El Shaddoll Grysta]!“ Aus dem Vortex kam ein Ritter in rötlicher Rüstung geflogen, von dessen Rücken flammende Schwingen brannten, die sich bei genauerem Hinsehen jedoch als endlos viele, rote Stränge entpuppten, die entflammt waren. An Armen und Beinen wucherten kristalline Auswüchse. Blondes Pferdehaar flatterte wild von seinem Helm.   El Shaddoll Grysta [ATK/2450 DEF/1950 (7)]   „Da wieder ein Shaddoll-Monster durch einen Effekt auf den Friedhof gelegt wurde“, erklärte der Sammler abschließend, während sich der Ritter vor ihm positionierte, „erhält mein Spielfeldzauber einen weiteren Zähler.“   Curse Of The Shadow Prison [Zählmarken: 0 → 1]   Er verschränkte lächelnd die Arme. Gardenia jedoch blieb unbeeindruckt, obwohl er die riesige Puppe hinter sich sowie den Flammenritter vor sich kontrollierte.   „Ich weiß zwar nicht, was genau er da macht“, murmelte Zanthe derweil mit gebanntem Blick auf die riesige Blase, „aber ist dir aufgefallen, dass sein neues Monster aussieht wie [Gem-Knight Crystal] von Anya?“ Matt nickte. „Ja. Und das gefällt mir gar nicht. Es ist, als wolle er ausdrücken, dass Anya seine Marionette sei.“ Fast als hätte er sie gehört, drehte der Sammler sich in diesem Moment zu ihnen um und winkte mit einem freundlichen, falschen Lächeln. Zanthe ächzte: „Großartig …“ „Sieht schlecht für die Weiße Hexe aus“, überlegte Matt derweil weiter, „aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie so einfach verlieren wird.“ Tatsächlich war auch ihm der selbstbewusste Blick der brünetten Dame mittleren Alters nicht entgangen. Da sie Anya töten wollte, musste er zwangsweise gegen sie sein. Aber der Sammler als Verbündeter? Das war kein bisschen besser …   ~-~-~   Ein stimmungsvoller Singsang drang aus dem Badezimmer der Familie Thorne. Einer von der Sorte, den eigentlich niemand hören durfte. Aber nachdem Velvet bereits von ihrem Vater, ihrer Mutter und ihrem Bruder Axel dabei erwischt wurde, hatte sie es sich abgewöhnt, ihre Vorliebe für schlechte Disney-Musik noch länger geheim zu halten. „Wann bin ich dran? Ich will an Land“, trällerte sie nur mit zwei Handtüchern am Leib, die die Haare und ihren Oberkörper bedeckten und tänzelte von der Dusche in der Ecke zum Waschbecken in der Mitte des länglichen Badezimmers. „Fängt dann mein Leben erst richtig an?“ Sie zwinkerte sich selbst im beschlagenen Spiegel zu. Dann drehte sie sich mit ausgestreckten Armen über die Fließen. „Wüsst' ich nur wie, wär' ich wie sie“, sang sie ohne auch nur einen schiefen Ton dabei von sich zu lassen. Sie fasste sich mit beiden Händen auf die Brust. „In ihrer Welt …“   Vor ihren geschlossenen Augen tanzte sie wie eine Prinzessin in einem riesigen Ballsaal. Alle sahen sie an. Doch wer war der Prinz? Der charmante Patrice? Der humorvolle Fabio? Oder etwa der intelligente Isaac? Alle drei reichten ihr die Hand in ihren schönen Anzügen. Der Traum fand je ein schnelles Ende, als Velvet über die nassen, weißen Fließen rutschte und unsanft auf ihrem Hintern aufkam. „Au!“ Mit Tränen in den Augen schnaufte sie. So viel dazu … Naja zumindest hatte sie sich nachher mit ihren Freunden verabredet. Aber wenn sie ehrlich war, keiner von den Dreien war wirklich -ihr- Traumprinz. Freunde durfte man nicht anhimmeln, damit machte man sich am Ende nur die Freundschaft kaputt, hatte Tatjana ihr eingetrichtert. Sie mochte ja jeden von ihnen, aber am Ende eben doch nicht -so- wie den Mann, der vermutlich erst geboren werden musste und dann, bei ihrer ersten Begegnung, wahrscheinlich von einem 40-Tonner überfahren wurde. Velvet seufzte, musste dann ob ihrem ungewohnten, schwarzen Humor glucksen. Was hatte sie bloß wieder für Gedanken?   Stöhnend erhob sich das Mädchen und hielt sich das schmerzende Steißbein. Direkt vor ihr befand sich ein runder, ausgebeulter Flechtkorb, in dem die Familie ihre dreckige Wäsche entsorgte. Und sie hätte schwören können, dass der Deckel sich gerade bewegt hatte. Aber ohne Brille sah sie sowieso nicht sehr viel, vermutlich nur Einbildung. So tapste Velvet zurück zum Waschbecken und nahm von der Ablage ihre Brille, die sie sich aufsetzte. Mit einem Wischen ihrer Hand war der beschlagene Spiegel wieder sauber. Obwohl, eigentlich meinte ihre Mum immer, dass sie das nicht tun solle … „Ups“, machte Velvet und schluckte. Sie suchte rechts und links nach einem Handtuch, mit dem sie ihn nochmal abwischen konnte, da sah sie es im Spiegel. Der Deckel des Wäschekorbs war leicht nach oben geklappt. Sie wirbelte herum und sah ihn wieder zufallen.   Leicht erbost stampfte sie zu ihm und atmete tief durch. Es gab nur zwei Bewohner in diesem Haushalt, die da hineinpassten. Sammy. Und Axel, wenn er sich zusammenkauerte wie eine Schlangenfrau. Und beide hatten in der Vergangenheit bewiesen, dass sie Velvet gerne beim Duschen beobachteten. Sammy war mit einem blauen Auge davon gekommen, schließlich war er ein Hund. Aber Axel würde nicht lebendig da rauskommen, schwor sich Velvet und riss den Deckel fort. „Hm?“, wunderte sie sich, als sie dort nur Klamotten sah. Ganz oben lagen ihr weißes T-Shirt und die schwarzen Leggins. Sie griff danach und schob sie beiseite. Was sie dann entdeckte, ließ sie panisch aufschreien und derart hastig zurückweichen, dass sie gleich wieder ausrutschte und erneut auf ihrem Po knallte. „Velvet-chan!“, kreischte das Etwas im Korb und sprang heraus an dessen Rand. „Hast du dir weh getan?“ Allenfalls so groß wie ein Fußball, von violetter Färbung, aber nichts weiter als ein großer Kopf in der Form einer Zwiebel. Nein, Velvet bildete sich das nicht ein, das Ding war wirklich hier. Seine großen, ovalen Augen besaßen keine Pupillen und machten neben der Trötenschnute einen Großteil des Gesichts aus. Dagegen waren Arme und Beine nahezu winzig. Was war das!? „W-wa-wa-wa?“, stammelte Velvet panisch und krabbelte rückwärts fort. Nicht zuletzt weil es ihren Schlüpfer über den Kopf gezogen hatte. „Oh!“, jammerte die düstere Kreatur. „Ich bin es doch bloß. Dein Beschützer! Orion-kun!“ „O-wer? Bitte!?“, quietschte sie schrill. Der Kleine fuchtelte wild mit den Stummelärmchen. „Ich bin ein Schattengeist! Orion, aber du kannst mich Orion-kun nennen! Ich wurde gesandt, um auf dich aufzupassen, damit diese Leute dir nicht weh tun.“ Velvet zog instinktiv ihr Badetuch etwas weiter nach oben, entgingen ihr seine äußerst intensiven Blicke auf -jene- Region nicht. „Schattengeist? I-ich verstehe nicht.“ „Ohhh! Eigentlich sollte das geheim bleiben! Nachdem Reika-chan verschwunden ist und Kali-sempai, die eigentlich auf dich aufpassen sollte, lieber ihren eigenen Interessen nachgeht, muss ich ganz alleine auf dich aufpassen. Aber bisher ist es das jede Sekunde wert …“ Täuschte sie sich oder tropfte ein bisschen Speichel aus seiner Riesentröte von Mundwerk!? Entsprechend trockener wurde ihre Reaktion darauf. „Ich verstehe immer noch nicht …“ „Lady Gardenia hat mich ausgesandt, weil Kali-sempai sich dazu verpflichtet hat, dich zu beschützen. Aber diese freche Tsun ohne Dere kümmert sich kein bisschen um dich, abseits von der Sache mit diesem Vampir Zyxx!“ Der Kleine stampfte wütend auf. „Sie ist total-“ „W-warte!“ Velvet erhob sich langsam, hielt immer noch ihr Handtuch fest. „Zyxx? Heißt das, dass diese Kali-sempai damals eingeschritten ist, als er mich …?“ Der Schattengeist namens Orion nickte heftig. So sehr, dass ihm der Schlüpfer vom Kopf rutschte und auf den Boden segelte. „Noin, mein Andenken!“ Er wollte noch danach greifen, aber zum einen waren seine Arme zu kurz, zum anderen war Velvet wie ein geölter Blitz nach vorne geeilt und schnappte ihm das gute Stück vor der Nase weg. „Kann ich den bitte wiederhaben?“, fragte er vorsichtig. Aber der düstere, um nicht zu sagen pechschwarze, diabolische Gesichtsausdruck von Velvet war Antwort genug. Ehe er sich versah, wurde auch er gepackt und bis auf ihre Gesichtshöhe hochgezogen. Das Mädchen funkelte ihn an. „Ich ziehe mich schnell um und dann wirst du mir erstmal erklären, was es mit all dem auf sich hat.“ Sie drehte seinen Kopf, also praktisch den ganzen Körper, zusammen mit ihrem eigenen Haupt nach rechts, wo auf der anderen Seite des Raums die Waschmaschine stand. „Solange bleibst du -da- drin.“ Dann drehte sie sich und ihn wieder zueinander. „Und damit du auch ja keine blöden Tricks wagst, ist solange der Schleudergang eingeschaltet.“ „Wie!?“, quiekte er heiser. „Wegen der Unterhose!?“ „Das wäre ein Grund! Aber viel wichtiger: Du hast mich beim Singen belauscht!“ Genau wie ihm standen auch ihr dabei kleine Tränchen in den Augen. „D-das kann ich dir nicht vergeben!“   ~-~-~   Ein gewisser Geruch von Schweiß hing in der riesigen, unterirdischen Sporthalle. Zoey gab noch einmal alles, obwohl es nicht nötig war. Die anderen Mädchen lagen weit hinter ihr. So schaffte sie es schließlich als Erste, an der Rothaarigen vorbei zu rennen, die die Zeit anhielt. „Wow!“, rief diese, nachdem die Blonde einige Meter entfernt zum Stehen kam. „Das ist ein neuer Rekord, unter 3 Minuten!“ „Uh-huh“, gab sich das Mädchen mit der Beanie im grauen Trainingsanzug unbeeindruckt, als sie sich umdrehte. Nach und nach trudelten die anderen Weiber ein. „Im Weglaufen habe ich Erfahrung.“   Mindestens so groß wie ein Footballfeld musste dieser Ort sein, der für Zoey in den letzten Tagen unfreiwillig so etwas wie ein zweites Zuhause geworden war. Während die eine Hälfte voll von Duellanten war, die sich auf kleinen Feldern gegeneinander behaupteten, wurde die andere für den sportlichen Teil der Ausbildung genutzt. Allein ein großer Abschnitt dessen war für diese bekloppte Rennerei reserviert. Die Damen waren diesmal dran, während die Herren sich in der Mitte des Feldes von ihren Strapazen kurzzeitig ausruhen konnten. Einige von ihnen betrachten Zoey interessiert, aber keiner sprach sie an. „Du bist sogar schneller als die Jungs“, staunte derweil der Rotschopf, dessen Name Zoey gar nicht kannte und auch nie kennenlernen würde. „Yeah, ist ja auch nicht besonders schwer.“ Das Mädchen stierte an ihr vorbei in die Mitte der Halle, wo ein einzelner Mann stand. Gregory Haigh, seines Zeichens ein riesiger, breiter Glatzkopf mit leicht angegrautem Bart, der in einem dunkelblauen Sportanzug das Geschehen auf beiden Seiten verfolgte. Doch er interessierte sich gar nicht für Zoey, so schien es. Welche daraufhin wütend schnaufte. „Nach einer Pause geht es mit dem Hindernislauf weiter“, verkündete der nur an die Damen gewandt.   Kurze Zeit später nahm das Mädchen Anlauf. Dann rannte sie los. Die erste Hürde, eine aufgestellte Holzwand, nahm sie nahezu mühelos. Sie sprang einfach und krallte sich an ihrem Ende fest, zog sich hoch und landete wirbelnd kurz darauf hin der Hocke. Aus jener sprintete sie sofort weiter auf die nächste zu erklimmende Barriere zu – ein Maschendrahtzaun. Elegant wie eine Katze kletterte sie jene empor. Aus den Augenwinkeln sah sie Gregory, der das Geschehen auf etwas Abstand diesmal mitverfolgte. Ja, sieh nur zu, sieh nur, wie gut ich bin, warf sie ihm in Gedanken an den Kopf. Mit einem Satz landete sie auf der anderen Seite und sah sich nun zwei Angreifern mit Helmen entgegen, die mit erhobenem Baseballschlägern auf sie zu stürmten. Der erste holte nach ihr aus, doch Zoey duckte sich geschickt unter ihm hinweg und verpasste ihm mit dem Ellbogen einen Schlag in den Nacken. Auch dem zweiten wich sie durch eine Rolle zur Seite aus, griff sich dabei die Waffe des ersten Angreifers und schleuderte sie dem zweiten gegen das Knie. Der schrie erschrocken auf und fiel vorne über. „Blöde Kuh!“, fluchte der Mann und riss sich den Helm vom Kopf. Es war der blonde Jack, der sie breit angrinste. „Zu deinem Glück hab ich Knieschoner an. Ugh …“ Zoey stampfte zu ihm und half ihm auf. „Selber schuld. Hab ich den Rekord?“ Der Buch führende Rotschopf nickte. „J-ja, so schnell war noch keiner durch!“ „Gut“, murrte das Mädchen und starrte an dem Mädchen vorbei. Ihr Augenmerk lag allein auf Gregory, der sie dabei genau beobachtete.   Auch beim Stangenklettern in der hinteren Ecke der Halle war sie die erste, die oben ankam und schließlich wieder hinunterrutschte. „Rekord!“, trällerte die übliche Schnalle. „Nicht schlecht“, lobte sie Jack, inzwischen auch in einem dieser grauen Anzüge steckend, und reichte ihr ein Handtuch. Sie schnappte es sich im Weggehen und wischte sich die Stirn ab. „Danke.“ Der schmalzige Typ drehte sich um, folgte ihr. „Heute bist du ja besonders ambitioniert. Woran liegt's?“ „Wirste gleich sehen.“ Sie steuerte direkt auf Gregory zu, der die Gruppe beaufsichtigte. Irgendwo weiter hinten schrie jemand, vermutlich weil er sein Duell verlor. „Hey“, sprach sie ihn schroff an und breitete die Arme aus, „kann ich jetzt gehen?“ „Warum?“, fragte der Bärtige mit tiefer Stimme. „Das Training dauert noch eine halbe Stunde.“ „Ich habe heute jeden eurer beschissenen Rekorde gebrochen“, protestierte Zoey uneinsichtig und schmiss das Handtuch beiseite. „Diesen Mist brauche ich nicht, ich bin bereit, okay!?“ „Sei vorsichtig mit dem, was du sagst“, riet ihr Jack derweil und eilte an ihr vorbei, um das Handtuch aufzuheben. Aber die Blonde dachte nicht im Traum daran, ihren Frust hinunterzuschlucken. „Ich will endlich raus hier und auf Mission gehen, wie richtige CLEAR-Agenten!“ „Und was dann?“, wurde sie von ihrem Ausbilder gefragt. „Dann werde ich meine Cousine von Levrier befreien!“ „Du erhältst einen Auftrag, sobald wir dich brauchen. Nicht früher, nicht später.“ Er verschränkte die Arme. „In diesem Augenblick verlangen wir von dir Disziplin.“ Da war es wieder! Dieses dämliche Wort! „Das bedeutet“, fuhr er fort und richtete seinen Zeigefinger an ihr vorbei zur anderen Seite der Halle, „dass du noch eine halbe Stunde trainierst. Du hast dich heute noch nicht duelliert, also such dir einen Partner und fang an.“ Wütend schnaufte sie und funkelte ihn dabei an. „Kch!“ „Wir können ja-“, schlug Jack vor und bekam direkt ihre flache Hand ins Gesicht gedrückt, als er sich ihr näherte. Denn Zoey hatte einen genialen Einfall. „Ein Partner, huh? Fein! Dann wähle ich dich!“ Sie zeigte auf Gregory, der keine Miene verzog. „Und wenn ich gewinne, empfiehlst du mich und lässt mich gehen, klar?“ „Bist du verrückt!?“ Ihr Kamerad riss sich von dem Mädchen los. Inzwischen waren ein paar neugierige Kadetten dazugestoßen. Er wandte sich mit Schweiß auf der Stirn an den glatzköpfigen Ausbilder. „Mr. Haigh, bitte entschuldigen Sie-“ „Ich akzeptiere“, war alles, was der Mann zur Überraschung aller dazu zu sagen hatte. Selbst Zoey machte große Augen. Das war ja einfach.   Kurz darauf standen die beiden sich gegenüber und hoben ihre Arme hoch. An beiden war ein silberner Armreif mit rotem Kern befestigt. Jener war es auch, der schließlich eine gebogene Sichel erzeugte, die zu einer reinen, roten Energie-Duel Disk wurde. „Heh“, lachte Zoey auf, „du hast dich noch gar nicht dazu geäußert, was du willst, wenn ich verliere.“ Gregory nickte. „Deinen Tod.“ „W-was!?“ Auch die anderen Kadetten erschraken zutiefst. Was der Mann jedoch gesagt hatte, war keinesfalls ein Scherz. „Nur die Starken überleben. Also solltest du deinen Worten besser Taten folgen lassen, andernfalls hat das schwerwiegende Konsequenzen für dich, Mädchen.“ Für einen kurzen Augenblick aus dem Konzept gebracht, fing sich Zoey schließlich wieder. „'kay, du bist wohl'n ganz Harter, was? Fein, ich akzeptiere deine Bedingung!“ Erstauntes Gemurmel brach um sie herum aus. Idioten, sagte sich Zoey innerlich. Als ob der Typ das ernst meinte. Der musste doch ganz genau wissen, wie blöd es wäre sie vor den Augen der anderen abzumurksen. Zumal sie direkt von dieser Kathea ausgesucht worden war. Aber sie würde trotzdem alles geben, allein um zu beweisen, dass sie nicht schwach war! „Duell!“, riefen beide schließlich im Chor.   [Zoey: 4000LP / Gregory: 4000LP]   „Ich habs satt zu warten“, stellte Zoey nochmals klar und verkündete: „Ich beginne das Duell!“ Und kaum hatte sie ihr Startblatt gezogen, spielte sie einen Zauber aus. „[Future Fusion]! Im nächsten Zug werden Fusionsmaterialien von meinem Deck auf den Friedhof geschickt. Und im übernächsten wird das entsprechende Monster dazu beschworen!“ Kaum hatte sich der permanente Zauber vor ihr aufgestellt, knallte sie schon ein Monster auf ihre Duel Disk. „Ich rufe [Worm Xex]! Der schickt einen anderen Worm von meinem Deck auf den Friedhof! [Worm Yagan]! Und der kann sich verdeckt von dort wiederbeleben, wenn ich Xex kontrolliere!“ Vor ihr tauchte ein kreuzförmiges, grünes Ungetüm auf, in dessen Körpermitte ein mit Zähnen bespickter Schlund befand. Neben ihm zeigte sich kurz ein gelbes, Y-förmiges Gebilde, an dessen Armen sich Augen öffneten. Es verwandelte sich jedoch kurz darauf in eine horizontal liegende Karte.   Worm Xex [ATK/1800 DEF/1000 (4)] Worm Yagan [ATK/1000 DEF/1800 (4)]   „Ich bin mit meinem Zug durch!“, erklärte sie schließlich. Immer mehr Kadetten sammelten sich um die beiden. Viele flüsterten ehrfürchtig und starrten dabei den hünenhaften Glatzkopf an. Kam wohl nicht besonders oft vor, dass man den in Aktion erlebte, dachte sich Zoey. Und sie würde den Gaffern bald zeigen, warum das auch so war …   „Draw!“ Gregory zog langsam und bedächtig und sah seine Karte an. „Ich aktiviere zwei Zauberkarten. [Dinomist Charge], die mir ein Dinomist-Monster auf mein Blatt schickt sowie der Feldzauber [Dinomic Powerload].“ Erst stellte sich auch vor ihm ein dauerhafter Zauber auf, der gelb zu leuchten begann. Zusätzlich erhoben sich drei Spannungsgeneratoren um ihn herum aus dem Boden und gaben blaue Elektrizität ab. „Ich rufe das Monster, das ich mir aus meinem Deck ausgesucht habe, als Spezialbeschwörung. Denn du besitzt das stärkste Monster auf dem Feld: [Dinomist Brachion].“ War es ein schwer bewaffneter, violetter Panzer oder ein mechanischer Brachiosaurus, der da vor ihm erschien? Die Antwort? Beides! Die langhalsige, mechanische Kreatur war nur so bespickt von Laserkanonen und Raketenwerfern. Sogar Zoey entlockte das ein anerkennendes Pfeifen. „Da ich ein Dinomist-Monster besitze, kann ich zudem [Dinomist Ceratops] spezialbeschwören. Und zuletzt als Normalbeschwörung noch [Dinomist Plesios]“, sprach Greg mit seiner tiefen Stimme gelassen. Neben seinem Panzer-Brachion tauchte erst ein grüner, ebenfalls gut ausgestatteter Mecha-Ceratops aus, der eine ausfahrbare Säge an seiner linken Halsseite montiert hatte. Im Anschluss erschien neben diesem ein blauer Plesiosaurier, dessen Schwimmflossen flexible Tragflächen waren. „Mein Spielfeldzauber verstärkt diese Kreaturen um 300 Punkte. Außerdem schwächt [Dinomist Plesios] deine Kreaturen um 100 Punkte für jede Dinomist-Karte auf meinem Feld“, erklärte Gregory weiter. Zoey zischte angespannt: „Großartig …“   Dinomist Brachion [ATK/2000 → 2300 DEF/800 → 1100 (5)] Dinomist Ceratops [ATK/2100 → 2400 DEF/400 → 700 (5)] Dinomist Plesios [ATK/1700 → 2000 DEF/1400 → 1700 (4)] Worm Xex [ATK/1800 → 1400 DEF/1000 → 600 (4)]   „Ich befehle [Dinomist Plesios] den Angriff auf [Worm Xex]!“ Passend dazu schwang Gregory den Zeigefinger aus und deutete auf die groteske Gestalt vor Zoey. Der schwebende Plesiosaurier klappte aus seinem Rücken nach rechts eine Zielvorrichtung aus, die sich als Torpedowerfer entpuppte. Und ein solcher wurde prompt abgefeuert und ließ nichts außer einer Rauchwolke von [Worm Xex] übrig.   [Zoey: 4000LP → 3400LP / Gregory: 4000LP]   „Pah!“ „Als nächstes greift [Dinomist Brachion] das verdeckte Monster [Worm Yagan] an“, brummte der Hüne weiter. Und der Panzerbrachiosaurus feuerte aus allen Rohren. Es knallte und zischte nur so um Zoey, deren gelber Wurm nur kurz aus seiner Karte auftauchte, ehe er zerfetzt wurde. Das Mädchen lachte jedoch auf. „Fataler Fehler, Freundchen! Wird [Worm Yagan] aufgeflippt, gibt er eine deiner Karten auf die Hand zurück! Ich wähle [Dinomist Ceratops]!“ Doch als nichts geschah, gab Zoey einen überraschten Laut von sich. „Zwecklos. Die Feldzauberkarte [Dinomic Powerload] verhindert bis zum Ende des stattfindenden Kampfes, dass du Karten oder Effekte aktivierst.“ „Du willst mich verarschen!“ Mit weit aufgerissenen Augen sah Zoey die letzten Partikel ihrer Karte schwinden. Dann knurrte sie: „[Worm Yagan] wird verbannt, wenn er das Spielfeld nach Nutzen seines Beschwörungseffekts verlässt.“ „Direkter Angriff auf ihre Lebenspunkte, [Dinomist Ceratops]!“ Jener raste in hohem Tempo auf die Blonde mit der Beanie zu und fuhr seine Kreissäge aus. Durch das Heben ihrer Energie-Duel Disk konnte Zoey die Attacke gerade so abwehren. Rote Funken sprühten dabei nur so. „Kch!“   [Zoey: 3400LP → 1000LP / Gregory: 4000LP]   „Meine letzten beiden Karten spiele ich verdeckt aus“, erklärte Gregory abschließend und ließ beide zu seinen Füßen erscheinen. „Dein Zug, Mädchen.“ Jenes keuchte nur, als sich der riesige Mechadinosaurier endlich verzog. Und sie hörte das Getuschel der zuschauenden Kadetten. Keiner beschäftigte sich mehr mit dem eigentlichen Training. Ein Mädchen sagte: „Sie kann einem leid tun.“ „Ja! Das Schlimmste steht ihr noch bevor“, ein anderes. „Sie ist schlecht“, kam es von einem Jungen. „Ein totales Großmaul.“ „In einem Zug auf 1000 Lebenspunkte runter.“   Da wurde es Zoey zu viel. Schreiend riss sie eine Karte von ihrem Deck: „Euch werde ich es zeigen!“ Kaum war das getan, begann ihre offen stehende Zauberkarte aufzuleuchten. Sie streckte den Arm aus und erklärte: „Jetzt schicke ich die Fusionsmaterialien von [Worm Zero] auf den Friedhof! Und soll ich euch was sagen!? Es gibt kein Limit! Es müssen nur Worm-Monster mit verschiedenen Namen sein! Also schicke ich 20 auf den Friedhof!“ Sie holte ihr Deck aus der Halterung, zog eine Karte nach der anderen daraus hervor, fächerte sie vor Gregs Augen grinsend aus, um sie dann in den Friedhofsschlitz zu schieben. Die Gaffer staunten. „Gleich 20!?“ „Wieso so viele!?“ „Dann hat sie ja kaum noch Monster im Deck!“ Ja, wundert euch ruhig, dachte die Blonde grimmig. Nächste Runde würden hier alle eine böse Überraschung erleben. Und das schloss den Glatzkopf ein, der immerhin als Einziger auf irgendwelche Kommentare verzichtete. Sie nahm ihre gezogene Karte hervor. „Ich aktiviere [Mystical Space Typhoon], womit ich eine Backrow-Karte auf dem Feld vernichten kann.“ Und Zoey wusste bereits genau, welche von Gregorys Karten am gefährlichsten war! „[Dinomic Powerload]! Damit verlieren deine Blechbüchsen ihre Werteboosts!“ Viel wichtiger war aber, dass sie nicht mehr ungehindert angreifen konnten. Mit Genuss sah sie zu, wie ein blitzender Wirbelsturm über das Feld fegte und die Transformatoren nacheinander umriss.   Dinomist Brachion [ATK/2300 → 2000 DEF/1100 → 800 (5)] Dinomist Ceratops [ATK/2400 → 2100 DEF/700 → 400 (5)] Dinomist Plesios [ATK/2000 → 1700 DEF/1700 → 1400 (4)]   „Ich setze ein Monster“, bellte das Mädchen im Anschluss und ließ jenes als horizontal liegender Kartenrücken vor sich erscheinen, „bist dran!“ Selbstverständlich musste auch das mit viel Zweifel und Lästereien seitens der Kadetten kommentiert werden. Zoey hörte diesmal gar nicht mehr hin.   Wortlos zog ihr Ausbilder seine Karte und streckte dann den Arm mit ihr nach unten gerichtet aus, sagte: „Ich befehle [Dinomist Ceratops] den Angriff auf das verdeckte Monster.“ Wieder rauschte der Dino auf Zoey zu und ließ seine Kreissäge ausfahren. Aus Zoeys Karte trat ein prismatischer Glaskasten aus, in den eine blaue Substanz mit zahlreichen Augen eingeschlossen war. „Dumm gelaufen! Das ist [Worm Solid] und der bekommt 100 Verteidigungspunkte für jeden seiner Rasse auf dem Friedhof dazu! Das sind 21!“ „Aber er verliert 100 Punkte für jedes Dinomist-Monster auf meinem Feld, solange [Dinomist Plesios] im Spiel ist“, erwiderte Greg auf Zoeys Ausruf hin ruhig. Worm Solid [ATK/1000 → 600 DEF/1600 → 3700 → 3300 (4)]   Die anderen Kadetten staunten ob der hohen Verteidigung von Zoeys Monster. Entsprechend prallte die Säge des Mechadinos an dem Gefäß ab. Funken flogen so weit, dass sie Gregory streiften.   [Zoey: 1000LP / Gregory: 4000LP → 2800LP]   Während sich [Dinomist Ceratops] zurückzog, rief Zoey aus: „Aber das war nur der Anfang! Wenn [Worm Solid] Kampfschaden beim Verteidigen zufügt, zerstöre ich eine deiner Backrow-Karten!“ Sie zeigte mit dem Finger auf die von ihr aus links liegende. „Die da!“ „Dann aktiviere ich sie“, konterte der bärtige Kahlkopf unbeeindruckt. „Ihr Name ist [Dinomist Rush] und sie ruft ein Dinomist-Monster von meinem Deck aufs Spielfeld. Erscheine, [Dinomist Spinos]!“ Zwar öffnete sich im Gefäß von [Worm Solid] kurz ein Loch, aus dem ein sich öffnendes Maul Säure auf die normale Falle spucken konnte, doch die war bereits hochgefahren und leuchtete. Vor Gregory materialisierte sich ein riesiger, roter Spinosaurus. Seine rote Lackierung glänzte im Licht seines aus hellblauen Lichtröhren bestehenden Knochenkamms.   Dinomist Spinos [ATK/2500 DEF/1800 (5)] Worm Solid [ATK/600 → 500 DEF/3300 → 3200 (4)]   „Pah! Selbst dieses Teil kommt an [Worm Solid] nicht vorbei!“ „In der Tat.“ Gregory sah seine Handkarte an und zeigte sie dann vor. „Die Schwachen werden vernichtet. Zauberkarte, [Dark Hole]! Sie zerstört alle Monster auf dem Spielfeld.“ Zoey weitete die Augen, als sich inmitten des Spielfelds ein Schwarzes Loch öffnete und die Mechadinos sowie ihren Worm in sich hineinzog. Einzig der Spinosarus widerstand dem und wurde Zeuge, wie drei rote Blitze aus dem Sog entkamen, ehe dieser sich schloss. „Damit aktiviert sich der zweite Effekt von [Dinomist Charge]“, erklärte Gregory und streckte die Hand zu dem offenen Zauber aus, „ich erhalte ein zerstörtes Dinomist-Monster zurück auf die Hand. Entschieden habe ich mich für [Dinomist Plesios].“ Jenen zeigte er vor. „Durch den Effekt von [Dinomist Rush] berühren [Dinomist Spinos] andere Karteneffekte nicht. Aber er wird während dem Ende des Zuges zerstört. Also jetzt.“ „Huh!?“, machte Zoey völlig perplex, als der riesige Dino explodierte und einen roten Lichtblitz von sich gab. Damit kontrollieren beide kein einziges Monster mehr. Das Mädchen fing vorsichtig an zu lachen. „O-oh Junge, was ist denn mit dir los!? Killst all deine Blechbüchsen, nur weil mein [Worm Solid] zu hohe Verteidigungspunkte hat?“ „Die Schwachen werden vernichtet“, war seine Antwort darauf. Und Zoey konnte sich ihrerseits einen Kommentar dazu nicht verkneifen. „Darauf kannste Gift nehmen, Opa!“   „Draw!“, rief sie entschlossen aus und zog mit Schwung eine neue Karte. Selbst einige der Kadetten waren irritiert von Gregorys Zug und sahen sich untereinander ratlos an, wohingegen andere fest davon überzeugt waren, dass er einen Plan damit verfolgte. So auch Zoey, die sich auf die verdeckt liegende Karte ihres Gegners fixiert hatte. Als ob sie so dumm war, auf ein billiges Ablenkungsmanöver reinzufallen! „'kay, es ist Zeit, dass die Fusion stattfindet!“, rief sie schließlich aus und streckte den Arm weit in die Höhe. Über ihr öffnete sich ein weiß-blauer Strudel und stieß eine weiße, schleimige Masse aus, aus der dünne Stränge in den Linoleumboden schossen. Vier dieser Stützen hielten einen riesigen Kokon über Zoey, der fast wie ein Mond wirkte.   Worm Zero [ATK/? → 10000 DEF/0 (10)]   „[Worm Zero] erhält für jede Spezies, die für seine Fusion verwendet wurde, 500 Angriffspunkte. Bei zwanzig macht das 10000 Angriffspunkte“, erklärte Zoey fast nebensächlich. „Und er hat auch noch diverse Effekte im Angebot. Einer lässt mich eine Karte ziehen. Und ein weiterer einen Worm vom Friedhof verdeckt reanimieren!“ Erst riss sie eine Karte vom Deck, dann schwang sie den Arm aus. „Komm zurück, [Worm Victory]!“ Kurz zeigte sich eine sechsarmige, fast humanoide Gestalt roter Farbe. Ihre Haut war mit Schuppen bedeckt, das Maul ein Schlund, bespickt von zahllosen, spitzen Zähnen. Doch sie verschwand schnell unter dem vergrößerten Rücken einer Karte.   Worm Victory [ATK/0 DEF/2500 (7)]   „Zwei Karten verdeckt!“, schnarrte sie und ließ jene vor sich erscheinen. Sehr gut. Selbst wenn er ihrem [Worm Zero] etwas entgegen zu setzen hatte, war sie vorbereitet. Er würde eine böse Überraschung erleben, sobald er erst [Worm Victory] kennenlernte! Energisch streckte die Blonde ihre Hand aus. „Los, [Worm Zero], zeig' ihm, wer die überlegene Spezies ist! Zero Dissolver!“ Der Kokon über Zoey öffnete sich und präsentierte zahllose, regelrecht zufällig verteilte Zähne und einen schier endlosen Schlund, aus dem grüne, flimmernde Säure schoss. Gregory schien wenig beeindruckt, sah er nahenden Flüssigkeit regungslos entgegen. Zoeys Herz machte bereits einen vorsichtigen Hüpfer, als er im letzten Moment ausrief: „Ich wirke dem mit einer Falle entgegen.“ Jene sprang vor ihm auf. Schlagartig bildete sich vor ihm eine hellblaue, flüssige Barriere. „Mist“, fluchte sie leise. „[Drowning Mirror Force]“, nannte der Glatzkopf sie, als die Säure auf den gebogenen Schutzschirm prallte. „Bei einem direkten Angriff werden alle Monster in Angriffsposition, die der angreifende Spieler kontrolliert, zurück ins Deck geschickt.“ Nebel entstand, als die Säure von [Worm Zero] erfolglos versuchte, die Barriere zu durchbrechen. Immer stärkere Wellen bildeten sich dabei auf jener, bis sie den Angriff schlagartig zurückschleuderte. Zoey sah überrascht zu ihrem Kokon hinauf, der von seinem eigenen Angriff getroffen wurde und sich aufzulösen begann. Dann richtete sie sich an Gregory. „'kay, jetzt kapiere ich es. Du hast all deine Dinos gekillt, um diese Falle aktivieren zu können. Sonst wärst du drauf gegangen. Gar nicht so dumm.“ Für einen Moment glaubte sie, einen Mundwinkel von ihm zucken zu sehen. Konnte aber auch genauso gut Einbildung gewesen sein. Was auch immer. „Du bist dran“, sagte sie schließlich.   Gregory betrachtete seine leuchtende Duel Disk und zog dann. Ein Funkeln in seinen Augen ließ Zoey nichts Gutes ahnen. Aber sie war vorbereitet! Plötzlich zeigte er seine beiden Handkarten vor. „Ich aktiviere [Dinomist Pteran] mit dem Pendelbereich 3 und [Dinomist Plesios] mit dem Pendelbereich 6! Pendulum Scales set!“ „W-warte mal, Pendel!?“, stotterte Zoey völlig überrumpelt. Neben dem Mann schossen zwei hellblaue Lichtsäulen aus dem Boden. In der linken befand sich ein orangefarbener Flugsaurier mit Düsenantrieben unter den Flügeln, die andere ließ den blauen Plesiosaurus empor steigen.   Gregorys Pendelbereich <6>   „Ich beschwöre aus meinem Extradeck: [Dinomist Brachion], [Dinomist Ceratops] und [Dinomist Spinos]!“, wurde Gregory schlagartig lauter. „Pendulum Summon!“ Zwischen seinen beiden Mechadinos in der Luft öffnete sich das von zahlreichen Lichtellipsen umgebene Pendelportal. Drei rote Lichtstrahlen schossen daraus herab und schlugen vor ihm ein, wurden zu dem Panzerbrachio, dem Ceratops sowie dem roten Spinosaurus.   Dinomist Brachion [ATK/2000 DEF/800 (5) PSC: <6/6>] Dinomist Ceratops [ATK/2100 DEF/400 (5) PSC: /3>] Dinomist Spinos [ATK/2500 DEF/1800 (5) PSC: /3>]   Zoey klatschte sich die Hand gegen die Stirn. „Scheiße! Die sind alle Pendelmonster!? Warum habe ich nicht darauf geachtet!? Kch!“ Er spielte also ein ziemlich neues Deck. Zoey meinte sich zu erinnern, dass das Set dazu erst vor wenigen Tagen veröffentlicht worden war. Aber damit kam sie klar! Seine Monster hatten ja nicht einmal genug Angriffskraft, um [Worm Victory] zu überwinden! „[Dinomist Spinos] aktiviert seinen Effekt. Die Schwachen fallen den Starken zum Opfer“, sagte der Mann und streckte die Hand nach dem Brachiosaurus aus. „Indem [Dinomist Brachion] geopfert wird, erhält [Dinomist Spinos] wahlweise die Fähigkeit, in diesem Zug zweimal anzugreifen oder aber nur einmal, dafür jedoch direkt.“ Erschrockene Ausrufe kamen aus den Reihen der CLEAR-Kadetten. Auch Zoey weitete die Augen, als Gregory verkündete: „Natürlich Letzteres.“ Sofort löste sich der violette Dinopanzer in elektrischen Funken auf, die Spinos mit seinem Röhrenkamm absorbierte. Ein letzter roter Lichtstrahl ging von Brachion aus, doch er verschwand nicht etwa in einem Pendelportal, sondern zischte auf Gregorys Duel Disk zu. „Der Effekt von [Dinomist Charge] gibt einmal pro Zug ein Dinomist-Monster auf meine Hand zurück, wenn es eigentlich ins Extradeck gelegt werden sollte.“ „Also das ist vorhin wirklich passiert.“ Zoey biss sich auf die Unterlippe. Wieso war ihr das nicht aufgefallen!? Aber ihre Unsicherheit verwandelte sich prompt in Hochmut. „Glaub nicht, dass du schon gewonnen hast.“ „Wir werden sehen“, erwiderte ihr Gegner und schwang den Arm aus. „Wie angekündigt greift dich [Dinomist Spinos] direkt an. Zeige deinen Überlebenswillen, Mädchen!“ Der riesige Mechadino stampfte auf sie zu, doch Zoey streckte die Hand zu ihren verdeckten Karten aus. „Vergiss es, Freundchen! Ich aktiviere [Enemy Controller] und wechsle deine Blechbüchse in den Verteidigungsmodus!“ Der Schnellzauber sprang vor ihr auf und brachte einen Spielkonsolen-Controller hervor, der automatische seine Seiten- und Kopftasten betätigte. „Vergebens“, donnerte Greg da und nicht wenige Zuschauer schnappten nach Luft, „der Effekt jedes Dinomist-Monsters mit dem Pendelbereich 6 ermöglicht es, dass es sich in der Pendelzone selbst zerstört, um das Anzielen eines Effekts zu verhindern. Die Schwachen dienen den Starken!“ Da explodierte [Dinomist Plesios] schon zusammen mit Zoeys Controller. Vor ihr ankommen, machte Spinos eine Drehung und holte mit seinem Schweif aus. „Dann friss das!“, schrie das Mädchen und aktivierte durch das Antippen an ihrer Duel Disk die zweite verdeckte Karte. „Falle, [Widespread Ruin]!“ Jene klappte vor ihr auf. Unter den Füßen des Dinos materialisierte sich eine kreisrunde, piepende Mine. „Damit wird bei einem Angriff dein stärkstes Monster zerstört.“ „Ebenfalls zwecklos! Der Effekt jedes Dinomist-Monsters mit dem Pendelbereich 3 lässt es sich in der Pendelzone selbst zerstören, um die Zerstörung der Vorderfront zu verhindern!“ „Was!?“, keuchte Zoey fassungslos, als auch der Pteranodon in der verbliebenen Lichtsäule explodierte und ihre Mine sich einfach auflöste. Dann sah sie ihn schon von links auf sich zu schnellen, den langen Schweif von [Dinomist Spinos]. Würde er sie verletzen? Die spielten hier mit harten Bandagen! Wenn er sie traf, würde sie sich alle Knochen brechen. Zoey schloss die Augen und hob noch die Arme über Kreuz zum Schutz. Dann kam der Treffer.   [Zoey: 1000LP → 0LP / Gregory: 2800LP]   Nichts. Der Angriff ging durch sie hindurch wie Butter, sie spürte keinerlei Schmerzen. Als sie die Augen öffnete, überkam sie jedoch ein heftiger Schwindel. So stark, dass sie sich die Hand vor den Mund halten musste. Sie sackte auf die Knie. Keiner wagte es, etwas zu sagen. Und sie spürte den eisigen Blick ihres Ausbilders auf ihr ruhen. Der Schweiß brach ihr aus. Wie lächerlich … Aber Zoey Bauer war keine, die sich von einer Niederlage entmutigen ließ. Entsprechend richtete sie sich schnell wieder auf, auch wenn sich dabei alles drehte. „Da hab ich den Mund wohl zu voll genommen, was? Haha …“ „Du bist noch nicht soweit“, kam eine frostige Antwort. „Sorry, aber das ist Bullshit. Ich kann mich wehren, ich kann rennen, ich bin nicht dumm“, widersprach Zoey selbstsicher, „und ich kann mich duellieren. Los, wie wär's mit 'ner zweiten Runde? Nochmal passieren mir diese dummen Fehler nicht!“ Gregory sah sie nachforschend an. Dann schloss er die Augen. „In der Realität gibt es keine zweite Chance. Wenn du versagst, bringst du nicht nur dich zu Fall, sondern möglicherweise CLEAR als Ganzes. Das sollten ihr euch -alle- merken!“ Einige der Anwärter schreckten zurück. „Also ich stehe noch“, zischte Zoey provokativ, „und das wird auch so bleiben! Wenn dir das nicht passt, stell dich mir ruhig in den Weg, Opa! Und lass dich überraschen, was dann passiert …“ „Vorlaute Göre“, schalt er sie unbeeindruckt. Dann trat er auf sie zu. Zoey wich nicht zurück, sondern straffte sich. Sie machte sich bereit, ihn notfalls sogar zu schlagen, ballte die Fäuste, wollte ihm am liebsten anbieten, dass er zuerst zulangen durfte. Aber etwas ganz anderes geschah. Er fasste in die Tasche an seiner Uniform und zog daraus eine ID-Karte hervor. „Aber du bist eine Kämpferin. Mit Potential, dem nur dein Deck im Weg steht. Hier. Damit kannst du den Aufzug benutzen. Fahre hoch in die letzte Etage und sprich mit Kathea, sie wird dir helfen.“ Völlig überrumpelt nahm Zoey die Keycard entgegen. „Und was steht -ihr- so dumm 'rum!?“, brüllte Gregory da schon die anderen Kadetten an. „Macht weiter mit eurem Training!“   Damit zog er ohne weitere Worte von dannen. Die Traube löste sich wie eine Schar aufgescheuchter Hühner auf und verteilte sich wieder an die diversen Sportgeräte und über die Duellfelder. Nur eine Kadettin war verblieben und schlich sich von hinten an die abwesende Zoey herab. Welche leise erschrak, als ihr die Hand auf die Schulter geklatscht wurde. Kunigundes Gesicht schob sich über ihre Schulter in das Blickfeld des Mädchens. „Gut gemacht. Du hast Kapitän Haigh beeindruckt!“ „D-du“, stellte die Blonde erschrocken fest. „Er hat was übrig für Dickschädel. Oder kleine Mädchen. Wer weiß“, schnurrte ihre ungewollt gewonnene Freundin und legte ihren Kopf auf Zoeys anderer Schulter ab, „jedenfalls bist du jetzt einige Schritte weiter als zuvor. Glückwunsch.“ „D-danke. Vielleicht komme ich dann endlich aus diesem Laden raus!“ „Möglich. Aber sicher nicht sofort. Ich bin schon mit dem Training durch und mich haben sie auch noch nicht eingesetzt“, trällerte das riesige, schwarzhaarige Mädchen und ließ letztlich von Zoey ab. Sie umrundete sie tänzelnd und salutierte vor ihr. Warum auch immer. „Abmarsch, Mädchen! Die Chefin wartet auf dich.“ „Ja …“ „Oh, übrigens“, meinte Kunigunde abschließend und beugte sich so dicht an Zoeys Gesicht heran, dass sich ihre Nasen fast berührten. Dabei hauchte sie bitterböse: „ich habe deine Rekorde gebrochen, als du dich mit dem Kapitän duelliert hast. Aber ich verrate es keinem, weil wir Freundinnen sind.“ Verschreckt wich die Blonde zurück. Ihr Gegenüber grinste so glücklich, dass es beinahe beängstigend war. Um nicht bei der anzuecken, nickte Zoey. „Danke …“ „Gern geschehen! Und jetzt husch“, machte die Schwarzhaarige mit einer verscheuchenden Handbewegung. Was sich Zoey nicht zweimal sagen ließ. Sie eilte zum Ausgang mit der Erkenntnis, dass hier anscheinend wirklich -alle- irgendwie einen an der Klatsche hatten.     Turn 104 – Advocate Beim Treffen mit Kathea erlebt Zoey so einige Überraschungen. Gleichzeitig erreicht das Duell zwischen dem Sammler und der Weißen Hexe Gardenia seinen Höhepunkt. Letztere schafft es durch die Beschwörung eines unheimlich mächtigen Monsters den Sammler derart unter Druck zu setzen, dass … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)