People always leave von Khaleesi26 (Fortsetzung zu 'And now we can't have it') ================================================================================ Kapitel 15: Verschleierte Wahrheit ---------------------------------- Als Tai zu Hause ankam, wusste er nicht, wo ihm der Kopf stand. Es tat ihm weh, einfach zu gehen. Mimi hatte so verzweifelt gewirkt – was er ihr nicht verübeln konnte. Aber er musste ihr Freiraum geben und respektieren, dass sie Zeit brauchte. Er hatte sich aber auch ziemlich dämlich verhalten. Anstatt zu ihr zu gehen und mit ihr in Ruhe zu reden, legte er sich mit Kyle an und ging auch noch auf seine Provokationen ein. Kein Wunder, dass Mimi die Nase von beiden voll hatte. Wenn das so weiter ging, würde er sie nie zurück gewinnen. Endlich war er ihr so nah wie schon lange nicht mehr und doch schien es als würden sie sich immer weiter voneinander entfernen. Er stieg aus dem Fahrstuhl und ging geradewegs zum Sofa, um sich darauf fallen zu lassen. Zunächst ein Mal musste er Mimi in Ruhe lassen, das war ihm klar. Und dann würde er versuchen, alles wieder gerade zu biegen. Auch wenn er noch keine Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte … Gestresst fuhr er sich durch’s Haar. Er fühlte sich müde. In dem Moment kam Izzy aus seinem Zimmer und sah ihn fragend an. „Oh, du bist schon zurück. Wie lief’s?“ Tai stöhnte und rieb sich die schweren Augen. „Sorry, aber ich habe gerade keine Lust darüber zu reden. Kyle war da und … irgendwie hat er es geschafft, mich zu provozieren und … es lief alles aus dem Ruder.“ Izzy zog verdächtig eine Augenbraue in die Höhe. „Aus dem Ruder? Du hast doch nichts Dummes gemacht, oder?“ Zweifelnd hob Tai den Kopf und sah den Rothaarigen an. Für was hielt er ihn, bitte? Ja, okay, in der Vergangenheit hatte er bereits ein Mal die Beherrschung verloren und es war Izzy, der dies zu spüren bekam, aber … auch er lernte aus seinen Fehlern. „Nein, Izzy. Ich habe nichts Dummes gemacht“, antwortete er daher leicht gereizt. Izzy nickte. „Gut, denn noch einen Gefängnisaufenthalt können wir wirklich nicht gebrauchen.“ Er ging in die Küche, um sich eine Cola aus dem Kühlschrank zu holen, während Tai ihn mit seinen Blicken verfolgte. „Fall du es vergessen hast, war es nicht meine Schuld, dass ich dort gelandet bin und ich entschuldige die Unannehmlichkeiten, die ich euch bereitet habe.“ Mit einem Klick öffnete Izzy die Coladose und nahm einen Schluck davon, ehe er Tai entschuldigend ansah. „Darum geht es doch gar nicht. Tut mir leid, das sollte nicht so rüberkommen. Ich will nur nicht, dass du dich erneut in Schwierigkeiten bringst.“ „Was soll das heißen – erneut? Worum geht es dann? Wenn du darauf anspielst, dass ich vor kurzem im Krankenhaus gelandet bin, dann kann ich nur sagen, dass ich darüber hinweg bin. Ich bin nicht so bescheuert und mache zwei Mal den gleichen Fehler.“ „Ja, ich weiß doch. Es ist nur …“ Izzy stoppte und biss sich auf die Unterlippe, als würde er sich selbst daran hindern wollen, weiterzusprechen. Er wich Tai’s Blick aus. Gerade als Tai ihn zur Rede stellen wollte, was zum Teufel los war, hörte er Schritte. Er wandte den Blick in Richtung der Treppe, wo Matt herunterkam. „Was machst du denn hier?“ Matt hatte einen Koffer in der Hand – seinen Koffer – den er, unten angekommen, vor die Treppe stellte. „Hey“, sagte sein bester Freund ein wenig kleinlaut und versteckte die Hände in den Hosentaschen. „Hey“, entgegnete Tai skeptisch und zeigte auf den Koffer. „Was hast du mit meinem Koffer vor?“ „Ich …“, setzte Matt an und wechselte einen bedeutungsschwangeren Blick mit Izzy. „Ich habe für dich gepackt. Wir fliegen zurück nach Tokyo.“ Tai fiel alles aus dem Gesicht. „Was?“ „Ich … wir … also, Izzy und ich denken, es wäre das Beste, wenn du nach Hause fliegst.“ Tai war fassungslos und starrte seinen besten Freund an. Dann sah er zu Izzy, der wie ein kleiner Junge, der eine Dummheit gemacht hatte, an seiner Coladose rumfummelte, als wäre sie super spannend, nur, um ihn nicht ansehen zu müssen. „Was zum Teufel …“, stammelte Tai verwirrt. „Habt ihr sie noch alle? Wieso sollte ich jetzt zurückfliegen?“ „Weil …“ Matt schluckte und kam schnellen Schrittes zu Tai rüber, um sich neben ihm zu setzen und ihn ernst anzusehen. „Weil es so das Beste ist. Du kannst nicht hierbleiben und dich weiter mit Kyle anlegen. Dass du jetzt gerade hier sitzt und nicht mehr in Untersuchungshaft, hast du Izzy zu verdanken und den Umständen, dass der Typ, der dir die Drogen untergejubelt hat, ziemlich geschlampt hat. Daher denken wir …“ Matt sah erneut zu Izzy, als müssten sie sich stillschweigend abstimmen. Ein kaum erkennbares Nicken kam von dem Rothaarigen. „Wir denken, dass das, was passiert ist, lediglich eine Warnung war. Keiner von uns hat Lust rauszufinden, was dir passiert, wenn Kyle ernst macht.“ Tai saß mit offenem Mund da und brauchte ein paar Sekunden, um die Worte zu verdauen, die Matt ihm eben gesagt hatte. Dann schluckte er hart und ballte die Hand zur Faust. „Denkst du, ich werd nicht mit ihm fertig?“ Matt seufzte und fuhr sich gestresst durch seine blonden Haare. „Darum geht es nicht, Tai.“ Dieser zischte und stand auf, um beiden einen wütenden Blick zuzuwerfen. „Schon klar, das hat Izzy eben auch schon gesagt. Was soll das? Was sollen diese ganzen Anspielungen? Redet endlich Klartext!“ Wieder tauschten die beiden Blicke, woraufhin Tai fast der Kragen platzte. „Um was geht es hier?“, drängte er deutlich gereizt und sah beide so eindringlich an, als könnte er ihnen damit alles entlocken. Matt stand auf und ging einen Schritt auf ihn zu. „Um nichts. Es geht um dich, nur um dich und dein Wohlergehen.“ Er streckte die Hände nach ihm aus, um ihn zu beruhigen, doch Tai wich zurück. „Nein, das kauf ich euch nicht ab“, sagte er verbissen. „Erst schickt ihr mich hier her, um Mimi zurückzuerobern und beim ersten Problem, soll ich die Fliege machen? Einfach so? Nur wegen eines kleinen Würmchens, das den Dicken markiert? Das stinkt zum Himmel.“ Matt stöhnte nun deutlich genervt auf und wurde nun ebenfalls lauter. „Wieso kannst du uns nicht einfach vertrauen? Siehst du denn nicht, dass die ganze Situation hier aus dem Ruder läuft? Kyle hat dir Drogen untergeschoben, um dich loszuwerden. Wegen ihm hast du tagelang im Knast gesessen. Und das alles wegen eines Mädchens, das dich schon längst abgeschrieben hat. Warum kapierst du nicht, wie dumm und leichtsinnig es ist, hierzubleiben? Was meinst du, wird er als nächstes unternehmen, um dich loszuwerden?“ „Was denn? Was will er schon machen?“ Spott lag in Tais Blick. „Meinst du, er hetzt mir ein paar Schlägertypen auf den Hals?“, fragte er fast schon amüsiert. Wieso dachten sie, dass von Kyle eine derartige Bedrohung ausging? Klar, der Typ hatte anscheinend ernsthaft einen an der Waffel und seine absurden Besitzansprüche auf Mimi, waren mehr als übertrieben. Aber Tai hatte keine Angst vor ihm. Wie hieß es so schön? Hunde, die bellen, beißen nicht. Matt und Izzy hingegen schienen die Situation jedoch gänzlich anders einzuschätzen, so wie sie sich ansahen. Tai legte den Kopf schief. „Ist nicht wahr! Ihr … ihr denkt allen Ernstes, dieser Typ würde mir was antun?“ So wie Tai dies in den Raum warf, klang es total absurd, was seinen Freund nur noch wütender machte. Matts Blick wurde finster. „Ich habe keine Lust, dich noch mal im Krankenhaus besuchen zu müssen.“ Tai sog scharf die Luft ein, ehe er sich abwand und die Arme vor der Brust verschränkte. „Das ist doch lächerlich“, sagte er zu sich selbst und sah hinaus aus dem Fenster. Dicke Wolken zogen am Himmel auf und vertrieben jeglichen Sonnenschein aus der Stadt. Ein Wetter, was gerade super zu seiner Stimmung passte. „Bitte, sei vernünftig“, ergriff nun endlich auch Izzy das Wort, doch Tai würdigte ihn keines Blickes. „Du hast eben selbst gesagt, dass es vorhin bei Mimi nicht gut lief. Ich hätte es euch beiden gegönnt, dass ihr wieder zusammenkommt, aber … ich denke, ihr habt euch bereits zu sehr voneinander entfernt und solange Kyle da noch mitmischt, wird es vermutlich auch so bleiben. Es wäre wirklich für alle das Beste, wenn du sie einfach gehen lässt und nach Hause zurück fliegst.“ Es hätte sich ein Loch auftun können und Tai wäre just in diesem Moment hineingesprungen. Warum nur? Warum fielen ihm seine Freunde so in den Rücken? Kapierten sie denn nicht, dass Tai nicht gehen konnte? Nicht jetzt! Mimi und er hatten sich vor dieser Drogengeschichte gerade erst wieder angenähert und nur, weil sie ihn im Moment nicht sehen wollte und Kyle keine Anstalten machte, kampflos aufzugeben, sollte er sich wie ein Kaninchen in seinen Bau zurückziehen? „Ihr verlangt ziemlich viel von mir“, sagte er dunkel und stierte weiter aus dem Fenster. „Das wissen wir“, seufzte Matt, ging auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Aber du musst uns vertrauen, bitte Tai.“ Beinahe hätte er aufgelacht. „Vertrauen?“, entgegnete er ruhig. „Ihr vertraut mir doch auch nicht.“ Er spürte förmlich die bohrenden Blicke in seinem Rücken. Warum dachten eigentlich alle, dass sie am besten wüssten, was gut für ihn war? Sicher hatte er sich in den letzten Monaten nicht mit Ruhm bekleckert, aber deshalb konnten sie nicht einfach über sein Schicksal bestimmen, wie es ihnen gerade passte. „Also, was ist jetzt?“, drängte Matt ihn behutsam zu einer Antwort. „Kommst du mit nach Hause?“ Tai musste nicht lange überlegen. Der Gedanke an Mimi, wie verzweifelt sie vorhin gewirkt hatte, das allein reichte, um eine Entscheidung zu fällen. „Nein“, antwortete er entschieden und wandte sich ab, um zu seinem Koffer zu gehen. Er hob ihn hoch und ging geradewegs zum Fahrstuhl. „Ich komme nicht mit und ich werde hier ausziehen“, entschied er kurzentschlossen. Izzy stand da wie vom Donner gerührt, während Matt ungläubig auflachte. „Oh, komm schon, Tai“, meinte er und warf die Arme in die Luft. „Willst du jetzt wirklich so eine Show abziehen? Musst du unbedingt die Drama Queen spielen?“ Tai antwortete nicht und sah seinen Freund auch nicht mehr an. Es enttäuschte ihn zutiefst, dass sie ihm nicht mehr vertrauten. Dass sie nicht daran glaubten, dass er selbst am besten wisse, was zu tun ist. „Wenn ihr glaubt, ihr könnt einfach so über mein Leben bestimmen, wie es euch gerade passt, dann …“ „Gott, das musste ja jetzt kommen …“, stöhnte Matt auf und rieb sich die Schläfen. „Sei nicht albern! Wir bestimmen nicht über dein Leben. Wir versuchen, dich zu beschützen.“ „Ja, schon klar“, gab Tai tonlos zurück und stieg in den Aufzug, als dieser ankam. Er kam sich vor wie ein kleines Kind, was von zu Hause weglief. Aber er hielt es keine Minute länger mit seinen sogenannten Freunden in diesem Apartment aus. „Halt mal, warte“, brach es nun aus Izzy heraus und er eilte zum Fahrstuhl, um die Türen aufzuhalten. Sorgenvoll sah er ihn an. „Wo willst du denn jetzt hin?“ „Geht euch nichts an“, antwortete Tai eine Spur zu hart. Aber sie mussten verstehen, dass er es ernst meinte. „Ich brauche keine Aufpasser mehr. Und jetzt nimm die Hand da weg.“ Izzy zögerte, doch Tais Blick war so drohend, dass Izzy nach kurzem Überlegen die Schultern sacken ließ und die Hand wegnahm. Die Türen schlossen sich. Noch nie im Leben hatte Tai sich so … verraten gefühlt. Er traute seinen Freunden kein Stück mehr über den Weg. Erst setzten sie Himmel und Hölle in Bewegung, um ihn gegen seinen Willen nach New York zu schleppen und jetzt taten sie das genaue Gegenteil. Was auch immer faul an der Sache war … es spielte keine Rolle. Es spielte keine Rolle, was sie über ihn dachten oder von ihm wollten. Nur noch eins spielte eine Rolle und das war Mimi. Und es war an der Zeit, dass auch Matt und Izzy das kapieren. Unten angekommen regnete es bereits in Strömen. „Super, auch das noch.“ Tatsächlich hatte er keine Ahnung, wo er jetzt hingehen sollte. Er hatte so abrupt die Flucht ergriffen, dass er gar keine Zeit gehabt hatte, darüber nachzudenken. Er wollte einfach nur noch weg. Tai zog seine Jacke enger um sich und holte das Handy aus seiner Hosentasche. Gerade fiel ihm nur eine Person ein, die er anrufen konnte … Eilig wählte er die Nummer, die sie ihm vor kurzem zur Sicherheit gegeben hatte. Es klingelte nur zwei Mal, bis sie abhob. „Hallo?“ „Alison? Hier ist Tai. Ich brauche deine Hilfe.“ *** Izzy schlug das Herz bis zum Hals, als plötzlich sein Telefon klingelte. Denn er wusste ganz genau, wer dran war … Die letzte halbe Stunde hatte er mit Matt darüber gestritten, wie sie Tai am besten zur Vernunft bringen konnten. Da Matt’s Plan, einfach auf ihn einzureden, gänzlich fehlgeschlagen war und alles nur noch schlimmer gemacht hatte, plädierte Izzy dafür, ihm die Wahrheit zu sagen. Nachdem, was Tai wiederfahren war, wusste er, wie ernst die Lage inzwischen war. Er konnte nicht hierbleiben. Izzy saß auf dem Sofa und Matt ihm gegenüber, während er sein Gesicht mit beiden Händen bedeckte, um nicht auf sein Handy schauen zu müssen, welches penetrant weiter klingelte. Verdammt. In was für eine Lage hatten sie sich nur manövriert? „Du musst rangehen“, unterbrach Matt seine Gedankengänge. Izzy stöhnte auf. „Ich weiß.“ Gestresst fuhr er sich durch die roten Haare, ehe er nach dem Handy grabschte, was vor ihm auf dem Tisch lag. Er schluckte schwer und überlegte kurz, den Anruf einfach zu ignorieren. Doch das würde die Situation auch nicht besser machen. Kyle’s Name leuchtete ihm dick und fett entgegen. Izzy wurde übel, als er abhob. „Habt ihr die Sache erledigt?“ „Wir …“ Er warf einen Blick zu Matt, der ihn anstarrte und dabei die Hände vor dem Mund gefaltet hatte. „Wir sind dran.“ Kyle lachte höhnisch auf. „Ich muss dich ja wohl nicht daran erinnern, dass euch die Zeit davonrennt. Wir hatten einen Deal. Drei Tage.“ Izzy sprang auf und ging unruhig im Raum auf und ab. „Es ist nicht so leicht, ihn zu überzeugen.“ „Dann legt euch etwas mehr ins Zeug. Von mir aus, betäubt ihn mit Chloroform und setzt ihn bewusstlos in den nächsten Flieger zurück nach Tokyo. Sonst tuen wir das.“ Izzy wusste nicht, ob Kyle einfach nur völlig verrückt war oder das eben ernst gemeint hatte. Und wen er mit ‚wir‘ meinte, wollte er gar nicht erst wissen. „Ich erinnere dich gern noch einmal daran, was passiert, wenn ihr Tai nicht los werdet. Oh, und dein tolles Projekt kannst du dann natürlich auch an den Nagel hängen.“ Izzy blieb stehen und ballte die Hand zur Faust. Sein Blick verfinsterte sich. Als ob ihm dieses Projekt nicht inzwischen scheißegal wäre. „Ihr seid ja so schlau …“, verspottete Kyle ihn und Izzy konnte förmlich spüren, wie breit dieser Mistkerl am anderen Ende der Leitung grinste. „Habt ihr ernsthaft gedacht, ich wüsste nicht, dass das von Anfang an nur ein Theaterspiel war? Ich wusste genau, wer Matt, beziehungsweise Tai, in Wirklichkeit ist. Ich wusste, wer du in Wirklichkeit bist. Ich kenne den wahren Grund, warum Tai in New York ist. Meinst du allen Ernstes, ich würde das nicht gegen ihn verwenden, nachdem ich es rausgefunden habe? Dann bist du noch naiver als ich dachte.“ Izzys Puls raste vor Wut. „Du kannst uns nicht drohen“, entgegnete er zornig. Er war selbst ein wenig überrascht über seinen Mut, der jedoch sofort wieder erlosch, als er Kyle am anderen Ende wütend schnauben hörte. „Also ist es dir egal, was mit deinem Freund passiert? Auch, wenn das bedeutet, dass er wahrscheinlich für Jahre weggesperrt wird?“ In Izzys Hals bildete sich ein dicker Kloß. Am liebsten hätte er das Handy gegen die Wand geschleudert. Er hasste es, dass Kyle so viel Druck auf ihn ausübte. „Ihr habt noch zwei Tage. Kümmert euch um das Problem. Oder ich tue es. Vielleicht verschaffe ich ja eurem Freund auch noch einen weiteren Aufenthalt im Gefängnis … oder im Krankenhaus? Na, wir werden sehen.“ Kyle legte auf und Izzy schlug mit der flachen Hand gegen die Fensterscheibe. „Verdammt!“ Das war es, was Tai für ihn war. Ein Problem – nichts weiter. Ein Problem, das beseitigt werden musste. „Was hat er gesagt?“, wollte Matt wissen. „Dass wir noch zwei Tage Zeit haben, um Tai aus der Stadt zu schaffen. Sonst …“ Er musste nicht weiter sprechen. Das Geräusch von Matts Faust, die auf dem Tisch landete reichte aus, um ihm zu zeigen, dass Matt ihn nur allzu gut verstanden hatte. „Scheiße!“, fluchte er, während Izzy angespannt nachdachte. „Wir hätten ihm alles sagen sollen. Die ganze Wahrheit.“ „Auf keinen Fall“, widersprach Matt sofort. Nachdenklich tigerte er im Raum umher, als Izzy sich zu ihm umdrehte. „Er vertraut uns nicht mehr, Matt“, redete er auf seinen Freund ein. „Er wird niemals mit zurück nach Hause kommen, wenn er uns nicht vertraut. Wir hätten ihn einfach nicht anlügen dürfen.“ „Ach, nein?“, entgegnete Matt zornig und blieb stehen. Aufgebracht sah er ihn an. „Und wie hättest du ihm das erklären wollen? Also, Tai, es ist so … eigentlich wollten wir nur, dass du Tokyo verlässt, weil dort eventuell ein Verfahren wegen Brandstiftung und fahrlässiger Körperverletzung auf dich wartet. Tut uns leid, dass wir dich angeschwindelt haben. So in etwa …?“ Izzy schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht so. Ich hätte … ich hätte einfach …“ Er hatte keine Ahnung. Er wusste selbst nicht, wie er es Tai beigebracht hätte, ohne am Ende genau da zu stehen, wo sie jetzt gerade standen. Tai wäre so oder so ausgerastet. Herr Gott, warum hatte er sich überhaupt erst auf diese ganze Sache eingelassen? Er dachte, er müsse Tai beschützen, genau wie Matt und die anderen. Er dachte, er konnte wieder gut machen, was er ihm und Mimi angetan hatte. Doch mit jemanden wie Kyle hatte er nicht gerechnet und nun begann alles aus dem Ruder zu laufen. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit … Izzy legte den Kopf schief und dachte nach. „Er kann nicht zurück nach Tokyo. Jetzt noch nicht, das ist zu früh. Wenn rauskommt, dass er in diesen Brand verwickelt war, wird er große Schwierigkeiten bekommen. Die Ermittlungen wurden noch nicht fallengelassen. Der Plan war, ihn so lang von zu Hause fernzuhalten, bis Gras über die Sache gewachsen ist.“ „Pläne ändern sich“, warf Matt ein. „Tai kann nicht hierbleiben. Er muss nach Hause, wenn wir nicht wollen, dass Kyle ihm noch mehr zusetzt. So wie es momentan aussieht, haben sie bis jetzt sowieso nichts gegen ihn in der Hand. Der Typ, der mit in die Sache verwickelt war, erinnert sich nicht mal mehr daran. Und Tai zum Glück auch nicht. Niemand weiß bisher, dass er daran beteiligt war. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass es so bleibt. Wenn Kyle allerdings alles ausplaudert und offenlegt, was er über Tai herausgefunden hat … dann ist Mimi Tais kleinstes Problem.“ Izzy nickte und legte Daumen und Zeigefinger an sein Kinn. Matt hatte recht. Tai war in ein paar verhängnisvolle Dinge geraten. Drogen, Alkohol, dann der Brand und der Krankenhausaufenthalt … Das Schlimmste, was passieren konnte war, dass Kyle dies herausfindet und gegen Tai verwenden könnte. Und genau das war passiert – was nicht zuletzt Izzys Schuld war. Er war einfach unvorsichtig gewesen. Hätte er besser aufgepasst, wären sie jetzt nicht in dieser Lage. Irgendwie musste es doch möglich sein, Tai zu helfen … „Mir kommt da eine Idee.“ Matt stutzte und zog eine Augenbraue in die Höhe, als Izzy sich auf das Sofa setzte und seinen Laptop aufklappte. „Ach, wirklich? Und welche?“ „Vielleicht kann ich es so drehen …“, sagte Izzy nachdenklich und öffnete ein Programm, dass er eigenständig entwickelt hatte, welches er aber nie veröffentlichen würde, da er sich rechtlich gesehen damit auf ziemlich dünnem Eis bewegte. „ … dass Tai zum Zeitpunkt des Brandes …“ Izzy schürzte die Lippen, während er weiter tippte und alle Puzzleteile gekonnt zusammenfügte. Matt stand hinter ihm und hatte sich über die Sofalehne nach vorne gebeugt. „ … gar nicht anwesend war. Er war schlichtweg …“ Ein letzter Klick. „ … nicht da.“ Matt riss die Augen auf und begutachtete das Ergebnis. „Das ist …“, setzte er an, doch fand nicht die richtigen Worte dafür. „Illegal?“, entgegnete Izzy. „Ich weiß.“ „Ich wollte eigentlich sagen genial. Ich wusste gar nicht, dass du so was kannst. Das sieht verdammt echt aus.“ Eine Spur Begeisterung schwang in Matts Stimme mit. „Meinst du, das funktioniert?“ Izzy zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich habe es ehrlich gesagt noch nicht getestet.“ Der Anflug eines Grinsens huschte über Matts Lippen. „Hätte mich auch gewundert.“ „Aber wenn es funktioniert“, sagte Izzy. „Dann hätten wir eine Sorge weniger. Tai könnte nach Hause zurückkehren und hätte nichts mehr zu befürchten. Er hätte ein Alibi.“ „Jaah“, meinte Matt und verdrehte die Augen. „Wo wir wieder bei unserem ersten Problem wären. Das alles nützt uns nichts, wenn wir ihn nicht überzeugen können, nach Hause zu fliegen.“ Izzy lehnte sich zurück. „Das können wir auch nicht.“ „Was?“ „Wir werden ihn nicht überzeugen können, zurück nach Tokyo zu gehen.“ „Gibst du etwa auf?“ Matts Stimme klang vorwurfsvoll. „Du hörst mir nicht richtig zu“, antwortete Izzy ruhig und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir werden Tai nicht überzeugen können. Aber jemand anders kann es bestimmt.“ Es dauerte nicht lange, bis bei Matt der Groschen fiel. „Mimi“, hauchte er nachdenklich und Izzy nickte. „Wenn es jemand schaffen kann, dann sie.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)