Castle on the hill von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel eins ----------------------- "Schlaf gut." Sie nimmt dem schwarzen Pferd das Halfter ab und streicht noch einmal über die üppige Mähne. Damit ist auch das letzte Pferd in die Nachtruhe entlassen, welches sich nun zufrieden schnaubend dem Heu zuwendet. Draußen, vor dem Stall, schaut sie auf die Wanduhr am Hauseingang gegenüber. Es ist kurz nach acht Uhr abends. Die Sommerluft ist noch angenehm warm, man kann in ihr die typischen Gerüche eines Bauernhofes wahrnehmen: das warme Fell der Pferde und Hunde, das Kornfutter für das Federvieh, das staubende Stroh, und nicht zuletzt Kuhfladen. Heute riecht es zusätzlich noch köstlich nach einem Grillabend. Als sie den Hof überblickt, schleicht sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Seit knapp zwei Monaten ist sie jetzt Mitglied des Teams, und diese Sommerferien wollen sie zur Vorbereitung auf die anstehenden Turniere nutzen. Sie, als Minimalistin, hat sich sehr gefreut, als Mr. Dickenson verkündet hat, dass sie zum Trainieren nach England fliegen werden, um für fünf Wochen auf einem Bauernhof zu wohnen. Zwar hätte sie nichts dagegen gehabt, so luxuriös einquartiert zu werden, wie Max und Tyson es immer beschreiben, wenn sie von der Zeit vor der ersten Weltmeisterschaft erzählen. Aber am Ende fühlt sie sich auf dem Land, zwischen Kühen und Schafen, immer noch am wohlsten. So sind sie in Suffolk, an der englischen Ostküste, auf der Farm der Familie Miller gelandet. Neben dem Training gehen sie hier auch ihren freundlichen Gastgebern zur Hand: sie helfen auf dem Feld bei der Heuernte, schleppen Wassereimer über die riesigen Weiden zu den Tränken und helfen bei der Instandhaltung von Traktoren und Maschinen. Oder kümmern sich um die Tiere, wie sie eben. Nicht weit weg vom Hof, hinter den Weiden, erhebt sich ein kleiner Hügel, auf welchem sie die Silhouette eines größeren Gebäudes erkennen kann. Jeden Abend sieht sie die Sonne genau hinter diesem Gebäude untergehen, und es sieht wunderschön aus. Leider hat sie bis jetzt keine Zeit gefunden, sich das Gebäude näher anzuschauen. Heute aber hat die gesamte Belegschaft früher Feierabend, denn es ist Samstag. Die Jungs sitzen wahrscheinlich noch mit der Gastfamilie und den anderen Helfern am Lagerfeuer. Dort hat es vorhin ein gemeinsames Abendessen gegeben. Das Lachen und die Gespräche der Runde dringen gedämpft zu ihr durch. Motiviert läuft sie ins Haus und zieht sich etwas wärmer an. Für alle Fälle stopft sie noch Black Dranzer mitsamt Starter unter das weite Sweatshirt. Das sieht zwar merkwürdig aus, aber extra für das Blade eine Tasche mitzunehmen ist unnötig. Als Teammitglied muss sie sich angewöhnen, ihr Blade außer Haus immer dabeizuhaben, hat Tyson ihr eingetrichtert. Dann wandert sie los zum Hügel. Erst als sie direkt davor steht, fällt der Groschen. Bei dem Gebäude handelt es sich um eine europäische Burg, wie sie sie bislang nur in Filmen gesehen hat. Beeindruckt mustert sie die massiven Steinmauern und die hohen, viereckigen Türme. Mit den japanischen Bauten, die zu dieser Zeit dieselbe Funktion erfüllt haben, hat das nicht viel zu tun. Man kann sogar auf der Mauer langgehen. Sie erkennt die entsprechende Sicherheitsumzäunung. Aber da rauf kommt man wahrscheinlich nur vom Innenhof aus. Friedlich ragt das mittelalterliche Überbleibsel vor ihr empor, dahinter der klare Himmel. Es wird immer dunkler. Sie umrundet die Burg, um den Eingang zu finden. Da sie nichts sieht, was nach einem offiziellen Pfad aussieht, begnügt sie sich mit dem unebenen Gras. „Salima!“ Erschreckt zuckt sie zusammen und wirbelt herum. Kai steht einige Meter hinter ihr und schaut sie besorgt an. „Willst du mich durch einen Herzinfarkt umbringen oder so?“, mault sie aufgebracht. Der Russe muss ja nicht wissen, dass eigentlich schon seine bloße Anwesenheit ausreicht, um ihr Herz unkontrolliert schneller schlagen zu lassen. Zum Glück für ihn hat er sich etwas Warmes übergeworfen, sonst hätte er sich jetzt einen Vortrag von ihr anhören können, über Sommernächte und Erkältung. Viele unterschätzen, wie schnell es im Sommer abends kalt werden kann, findet sie. Sogar durch seinen Pullover kann man sehr gut sehen, was für einen wunderbaren, durchtrainierten Körper er hat. Mädels verrenken ihre Köpfe, wenn er an ihnen vorbeigeht, um ihm nachzusehen. Sie selber wird nicht nur von seinem Aussehen, sondern auch von seinem interessanten Charakter angezogen. Es reizt sie herauszufinden, wie weit der wortkarge Russe sich ihr öffnen kann. “Also, was wolltest du denn jetzt?“, hakt sie etwas ruhiger nach. „Als du den Hof verlassen hast, ohne etwas zu sagen, war ich ehrlich gesagt ein bisschen besorgt. Tut mir leid, wenn du nur alleine sein wolltest.“ Der Blaugrauhaarige grinst verlegen. Ein extrem seltener, aber niedlicher Anblick. Sie deutet auf das Gemäuer neben ihr. „Nein, bei mir ist Alles in Ordnung. Nur diese Burg will ich mir schon seit einigen Tagen anschauen. Kommst du mit, ins Innere?“ Zu ihrer Freude nickt er. Während sie nebeneinander herlaufen, herrscht ein eigenartiges Schweigen. Sie kann nicht sagen, ob es angenehm oder unangenehm ist. Stattdessen versucht sie sich zu entspannen. Jetzt ein Gespräch zu erzwingen ist unnötig. Kai wird es wohl recht sein, nichts sagen zu müssen. Dann stehen sie vor einem großen, hölzernen Eingangstor. Der Weg, auf dem sie stehen, wird an den Seiten von hohen Hecken gesäumt. „Schade, das war wohl nichts…“ Auf einer Tafel neben dem Tor steht, dass die Öffnungszeiten schon vorbei sind. „Hmm“, macht Kai neben ihr. Plötzlich blitzen seine rubinroten Augen sie herausfordernd an. „Hast du Black Dranzer dabei?“ „Ja?“ „Lust auf einen spontanen Kampf?“ …wie bitte? Warum kommt der Typ denn ausgerechnet jetzt auf so eine Idee? Verwirrt, aber entschlossen zupft sie ihr Blade unter ihrem Oberteil hervor. Kais Worte von dem Tag, an dem er ihr den schwarzen Kreisel übergeben hat, kommen ihr in den Sinn. „Es ist ein schwarzer Phönix und kann sehr gefährlich werden. Seine Power kommt direkt vom Blader selbst. Schwache Blader erzielen mit ihm nur schwache Ergebnisse, aber mit einem starken Blader ist er eine tödliche Waffe. Dir kann ich ihn ja wohl bedenkenlos geben, weil du noch nicht stark genug bist, um größeren Schaden anzurichten. Noch!“ „Aber immer doch!“, beantwortet sie seine Frage. Ein Kampf auf asphaltiertem Weg, ohne Tableau also. Kapitel 2: Kapitel zwei ----------------------- Schneller als er lässt das Mädchen ihr Blade im Starter einrasten und ist bereit. Innerlich lächelt er ebenfalls. Ihre Einstellung, sich vor einer Herausforde-rung nicht zu drücken, gefällt ihm. Sehr sogar. Er will es nicht zugeben und am allerwenigsten sich selber gegenüber. Aber er mag sie sehr, ihre herzliche und überlegte Art. Auch ihren Ehr-geiz und die Disziplin, die sie in den richtigen Momenten an den Tag legt. Und dass der süße Rotschopf auch verdammt hübsch ist, macht es ihm auch nicht unbedingt leichter, sie aus dem Kopf zu bekommen. Die schwarzen Leggins bringen ihre schlanken Beine gut zur Geltung. Es war keine schlechte Idee von Ray, Salima ins Team zu holen. Sie hatten das Mädchen bei den letzten Japanmeisterschaften kennengelernt. Dort ist der Rotschopf weit gekommen und erst im Halbfinale, an dem Chinesen, gescheitert. „Gib ihr ein vernünftigen Blade mit Bitbeast und sie ist gut genug für unser Team“, waren Rays Worte nach dem damaligen Kampf. Jetzt ist sie tatsächlich eine Bladebreakerin und hütet den schwarzen Phönix. Zwar muss sie noch einiges lernen, aber das nötige Talent ist definitiv vorhanden. Er holt Dranzer aus seiner Hosentasche und lässt ihn im Starter einrasten. „Lass mich runter-zählen.“ Er nickt. „Also. Drei, zwei, eins, let it rip!“ Beide Blades kommen mit einem Wahnsinnsspin auf dem Boden auf. Dranzer sehr geschmeidig, sodass es den Spin behält, aber das schwarze Blade kommt viel zu horizontal auf und schlingert schnell. Er beobachtet, dass sich die Augen der Rothaarigen erschrocken weiten, als sie es erkennt. "Los, Black Dranzer!", beschwört das Mädchen ihr Bitbeast herauf. Sie werden von einem roten Licht geblendet. Der Schrei eines Raubvogels durchbricht die Stille, und das Licht formt sich langsam zu dem wilden Phönix mit schwarzem Gefieder. "Man ruft das Bitbeast nie, bevor das Blade nicht stabil und unter Kontrolle ist, Salima!" "Ich weiß, ich weiß, mein Fehler...", seufzt sie und schaut zu Black Dranzer empor. "Schon gut." Das muss eine Kurzschlussreaktion ihrerseits gewesen sein; solche Dummheiten hat er sie vorher noch nie machen sehen. Plötzlich strahlt auch aus seinem Blade gleißendes Licht. Kurz durchzuckt ein atemberaubender Energieschub seinen Körper, als hätte er plötzlich die Kraft von zwei Lebewesen in sich. Im nächsten Augenblick schießt sein elegantes Phönixfräulein gen Himmel, bis es sich seinem schwarzen Ebenbild gegenübersieht. Überrascht tritt er einen Schritt zurück. Warum entsteigt Dranzer seinem Blade, ohne dass er sie gerufen hat? Es sieht für ihn fast so aus, als hätte seine gefiederte Partnerin Black Dranzer etwas zu sagen. Vielleicht ist sie sauer auf Black Dranzer, weil er damals die Gedanken ihres Hüters manipuliert hat. Tatsächlich schickt sie ohne Aufforderung einen Feuersturm auf den schwarzen Greifvogel und schreit. Er kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Tja, man riskiert es lieber nicht, die Wut eines temperamentvollen Phönixweibchens auf sich zu ziehen. Obwohl er selber in dieser Angelegenheit natürlich auch nicht ohne schuld gewesen ist. Ein kurzer Blick zu Salima zeigt ihm, dass sie völlig gefesselt von dem Spektakel am Himmel ist. Dranzer attackiert den männlichen Phönix weiter und lässt ihm keine Zeit zum Verschnaufen. Eindeutig wütend, umkreist sie ihn. Er verhält sich merkwürdig passiv. Was zum...? Irgendwie erinnert ihn diese Szene an einen Beziehungsstreit, wo Frau, in Rage, mit Gegenständen nach dem Mann wirft, der nicht weiß, was er diesmal falsch gemacht hat. "Was ist da los? So etwas habe ich noch nie gesehen“, staunt das rothaarige Mädchen. Ihre Blicke treffen sich kurz. Jetzt nähert sich der männliche Phönix Dranzer langsam frontal, und sie zögert mit weiteren Attacken. „Mach weiter!“, ruft er seinem Bitbeast zu, doch sie reagiert nicht. „Was soll das?!?“ „Schau dir einfach an, was da passiert“, sagt Salima, ohne ihre Augen vom Himmel abzuwenden. Dranzer scheint nun irgendwie beschwichtigt. Beide Phönixe sehen nicht so aus, als hätten sie die Absicht, heute noch wirklich gegeneinander zu kämpfen. Sie umkreisen sich gegenseitig langsam und sehen dabei entspannt aus. „Also wenn du mich fragst, haben die sich gerade gestritten und wieder versöhnt. Oder so“, kommentiert Salima ratlos. „Hmm.“ Die Flügelspitzen ihrer Bitbeasts berühren sich immer wieder leicht, wie zufällig. Da die Blades mittlerweile zwischen ihnen auf dem Boden liegen, stellt sich neben sie. „Ooh!“, ruft Salima verzückt. Er folgt ihrem Blick und schaut wieder nach oben. Dranzer und Black Dranzer sind sich ganz nah. Gerade sind sie im Schwirrflug und bleiben so in der Luft stehen. Offensichtlich fühlen sie sich sehr wohl miteinander „Kai, ich glaube die sind verliebt! Wie süß!“, murmelt das Mädchen verlegen. Ihre Blicke treffen sich, diesmal hält es länger als vorhin. Ihr wunderbares Lächeln erreicht auch ihre großen, ausdrucksvollen Augen. In ihnen spiegelt sich das Glück des Moments. In stillem Einverständnis legt Kai seine Hand um Salimas Taille und zieht sie näher zu sich ran. Die Rothaarige lehnt zufrieden seufzend ihren Kopf an seine Schulter. Endlich! Schon lange hat er sich einen Moment wie diesen gewünscht. Er gibt ihr einen Kuss auf das rote Haar. Hinter dem Bild, das die verliebten Bitbeasts bieten, geht die Sonne hinter der Burg unter und hinterlässt am Himmel verschiedene Nuancen von Orange, Rosa und Lila. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)