Kalendertage von sakemaki (Der Tag, an ...) ================================================================================ Kapitel 1: 1 - Der Tag, an dem ich mit dem Hokagen stritt --------------------------------------------------------- Nie schien die Sonne fröhlicher von einem strahlend blauen Himmel herab. Es hätte wohl ein herrlicher Sommertag werden können, wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre. Wenn ich nicht wieder einmal mit meiner vorlauten Kodderschnauze und meiner aufbrausenden Art so sehr angeeckt wäre und in aller Öffentlichkeit eine Szene veranstaltet hätte. Dabei hatte ich meinen Sohn nur von der Schule abgeholt, weil wir noch über den Wochenmarkt bummeln wollten. Aber natürlich kam es immer anders, als man dachte. Vielleicht kennt ihr diese Tage, an denen man am liebsten im Bett geblieben wäre. So einen Tag, den man abends nur noch abhaken wollte, weil sowieso in wenigen Stunden ein neuer Tag beginnen würde. Wer könnte schon sagen, was einem dann alles widerfahren würde. Aber dieser eine Tag war so einzigartig, so skurril, dass er mir für immer im Gedächtnis bleiben würde, krempelte er mein zukünftiges Leben doch maßgeblich um. Wenn ich an ihn zurückdenke, dann kann ich sogar drüber lachen und bin froh, wie alles geschah. Doch damals hatte mich eben dieser besagte Tage vollkommen aus der Bahn geworfen und mich zutiefst erschüttert. Aber für euch wäre es sicher einfacher, wenn ich von ganz vorn beginnen würde. Und vielleicht auch erst mal ein paar wenige Worte zu mir. Ich heiße Sherenina, und wie ihr an meinem fremdländlich klingenden Namen schon erkennen könnt, komme ich gebürtig nicht aus dem Feuerreich. Im Gegensatz zu meinem Sohn, der hier geboren wurde, stamme nämlich gar nicht aus Konohagakure, sondern aus einer Stadt aus dem Erdreich. Um es genauer zu sagen, eine Kleinstadt mitten im Hochgebirge direkt an der Stoffstraße. Die Straße wurde damals wie heute als Haupthandelsroute über die steilen Bergpässe bereist. Es war ein Segen, dass der Vierte Ninjakrieg dem Handel nichts angehabt hatte, und somit hatte sich mein Heimatort zu einem blühenden Marktplatz entwickelt, auf dem hauptsächlich Stoffe und Garne aller Art vertrieben wurde. Handel geht immer. Und so komme ich ins Spiel, denn ich arbeite in einem Stoffekontor. Es war sicherlich nie mein Traumberuf gewesen. Doch berufliche Alternativen gab es wenige, und mittlerweile habe ich mich nicht nur damit arrangiert, sondern den Job auch lieben gelernt. Es gibt so herrliche, außergewöhnliche Stoffe. Einer schöner als der andere. Und bei manchen steckt so viel Liebe zum Detail in den Fäden, dass man die Stickerei oder Weberei schon selbst als eigenständige Kunst bezeichnen könnte. Ihr seht, ich schweife komplett von meiner eigentlich Erzählung ab. So sehr erfreut es mich. Kurzum: Als das ortsansässige Stoffekontor expandieren und weitere Kontore in anderen Ländern eröffnen wollte, hatte ich aus verschiedenen Gründen nicht gezögert, mich freiwillig zu melden, um das neue Kontor in Konohagakure aufzubauen und zu leiten. Bis dahin wusste ich nicht einmal, wo Konohagakure lag und ob es überhaupt weit weg von zuhause sein würde. Ohja, das war es dann allerdings. Meine Augen wurden immer größer, als ich auf der Landkarte mit den Fingern die Entfernung zwischen meiner Heimat und Konoha, wie sie hier alle ihr Dorf nannten, schätzend abgriff. Mir war so rein gar nichts bekannt, außer dass es ein Ninjadorf wäre, und meine ersten Tage in Konoha waren ein wahrer Kulturschock. Fremde Menschen, fremde Sprache, fremdes Essen, fremde Sitten und Gebräuche. Und das Klima erst. Im Gebirge war es rauher und kälter. Hier war es immer warm, wenn man von den wenigen Schneewochen im Jahr absah. Aber ich lebte mich sehr schnell ein. Für meinen Sohn war das alles kein Problem. Er kam ja, wie bereits erzählt, hier zur Welt, denn als das Kontor eröffnete, war ich hochschwanger. Ich hatte ihn Yuuki genannt, weil in der Nacht der Entbindung der erste Schnee fiel. Und Yuuki war ein sehr geläufiger Name in Konoha im Gegensatz zu meinem Vornamen. Ich kam zu einer Zeit in das Dorf, als der Krieg schon ein gutes Jahr vorüber war. Ich staunte sehr, wie gut sich der Ort von den Kriegsstrapazen erholt hatte. Der Handel florierte. Schon im Folgejahr setzte ein Bau-Boom ein, der das Stadtbild komplett verändern sollte. Man konnte nur sprachlos zuschauen. Ich selbst ertappte mich oft bei morgendlichen Beobachtungen aus dem Schlafzimmerfenster heraus und dachte: „Hey, das Hochhaus war doch gestern noch gar nicht da? Das muss neu sein!“ Das Stoffekontor lag wie viele andere Kontore auf dem Hochplateau oberhalb der sogenannten Hokageköpfe, von welchem mir die einheimische Bevölkerung berichtete, dass hier erst nach dem Hokagewechsel gebaut wurde. Somit war unser Straßenzug der erste hier oben überhaupt. Mittlerweile waren wir in den letzten Jahren aber von den Hochhäusern des Wirtschaftsviertels gänzlich eingekreist, wenn nicht sogar fast verschluckt worden. Dennoch mochte ich unser kleines Kontorviertel. Die Häuser hier hatten ihren ganz eigenen Baustil. Aus einer massiven Steinbauweise heraus waren sie nicht höher als fünf Stockwerke hochgeschossen und hatten allesamt urige Balkone und großflächige Dachterrassen. Ich rede oft von „meinem“ Haus. Dabei gehörte es mir gar nicht selbst, sondern der Kontorgesellschaft. Im Erdgeschoss war das Handelsbüro, die nächsten drei Stockwerke darüber erstreckte sich das Stofflager, und ganz oben im fünften Stockwerk lag meine Wohnung. Sehr zum Leidwesen meines Sohnes, der in seinem kindlichen Blickwinkel nicht die schöne Aussicht wahrnahm, sondern tagtäglich über die vielen zu erklimmenden Treppenstufen maulte. Auch an jenem Tage, von dem ich eigentlich erzählen wollte, war er maulig. An sich war er ein guter Schüler, allerdings hatte er während einer Prüfung seinem Klassenkameraden beim Abschreiben helfen wollen und war aufgeflogen. Dem entsprechend war die Klassenarbeit einkassiert und entwertet worden, seine Laune im Eimer und konnte auch nicht so schnell wieder angehoben werden. Ziemlich lustlos folgte er mir über den Markt und hoffte, dass ich flink meine Einkäufe beisammen hätte. Als es an einem Gemüsestand länger dauerte, als es die Geduldsspanne eines Achtjährigen vertragen konnte, hatte mein Kind leider nichts anderes zu tun, ein von mir auferlegtes Verbot zu brechen. Er hatte sich etwas aus dem Menschengewühl zurückgezogen und vertrieb sich ganz gedankenlos die Zeit damit, zwischen den Händen eine Energiekugel zu formen. Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich von diesem ganzen Ninja-Kram nicht dein leisesten Hauch einer Ahnung habe. Ich selbst besitze kein Chakra. Nicht einmal das kleinste Fünkchen. Mein Sohn hingegen hatte jedoch das Chakra von seinem Vater vererbt bekommen, welchen er vielleicht niemals kennen lernen würde. Mir wurde einmal gesagt, mein Sohn besäße sogar eine sehr außergewöhnliche Fähigkeit, doch das wollte ich alles nicht hören. Ob es nun an dem Verlust seines Vaters lag, oder dass ich selbst niemals zur Ninjagesellschaft gehören würde, kann ich selbst gar nicht so recht beurteilen. Es hatte aber bei mir bewirkt, diese ganze Ninjabande einfach zu hassen. Die Art, wie sie sich vor uns Normalsterblichen abhoben. So übergeordnet und arrogant. Nein, die Bande war mir zu Wider und es musste die Ironie des Schicksals gewesen sein, dass es mich ausgerechnet in ein Nest voller Ninjas verschlagen hatte. Daher hatte ich Yuuki verboten, weiterhin mit seinen Fähigkeiten unbedarft vor sich her zu experimentieren und ihn auch nur auf eine gewöhnliche Schule geschickt. Keinesfalls sollte er in die Fußstapfen seines Vaters treten müssen. Es graute mir bei dem Gedanken, dass bereits Kinder als Kämpfer durch die Weltgeschichte geschickt wurden. Ich hatte dafür einfach kein Verständnis. Während ich meine Porreestangen bezahlte, suchte ich aus meinen Augenwinkeln heraus die nähere Umgebung ab. Wo zum Henker schlich Yuuki wieder herum? Warum konnten Kinder nie bei ihren Eltern bleiben? Da kam schon das erste Grummeln in mir auf, und als ich dann auch noch das gleißend orangefarbige Licht zwischen seinen Fingern sah, hätte ich am liebsten über den halben Platz geschrien und ihm eine Rüge erteilt. Doch so etwas erregt bloß die Aufmerksamkeit und das wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Doch sämtliche Götter, so fern es denn überhaupt welche gab, meinten es an diesem Tage nicht gut mit mir. Yuuki konnte kein einziges Jutsu beherrschen. Er spielte bloß damit herum und gab vor seinen Freunden an. Bevorzugt dann, wenn ich nicht dabei war. Und so gaben sich Ursache und Wirkung die Klinge in die Hand. In der Menschenmenge wurde mein Sohn angerempelt und die orangene Kugel zischte wie ein Kugelblitz ab in unbekannte Gefilde. Es ging so schnell, dass mein ungeübtes Auge der Leuchtspur nicht folgen konnte. Und noch bevor ich wenigstens das Ziel des Energieballs erfassen konnte, lag ich schon mit einem Kunai am Hals am Boden. Es schnitt mir kalt in meine Haut und ließ mich erstarren. Ein eiserner Griff an meinen Handgelenken verbog meine Arme auf meinem Rücken. Dazwischen parkte ein Fuß auf meinen Schulterblättern. Ich versuchte, meinen Kopf zu drehen, um die Sachlage zu erfassen. Doch der schwarze Umhang meines Fängers versperrte mir die Sicht. Stattdessen erhaschte ich das verhüllt Gesicht meines Widersachers. Eine weiße ANBU-Maske? Was zum Teufel war denn bloß los? Ich verstand gar nichts mehr. Aber ich merkte, dass es still geworden war auf dem Markt. Alle, die sich gerade noch geschäftig umtrieben, waren nun zu Salzsäulen erstarrt. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Irgendwo kreischte Yuuki und fing dann vor Angst bitterlich zu weinen an. Wieder drehte ich meinen Kopf. Wo war mein Kind? „Yuuki?!“, schrie ich aus vollen Lungen. „Yuuki!?“ Ich wandte meinen Kopf und spürte den stechenden Schmerz von ausgerissenen Haarsträhnen, weil der ANBU meinen Kopf auf den Pflastersteinen fixieren wollte und ich dagegen rebellierte. Doch das war mir egal. Ich war krank vor Sorge um mein Kind. Plötzlich ging ein Raunen durch die Menge und eine leichte Bewegung setzte in der Masse ein. Der Griff um meine Handgelenke wurde gelockert, das Kunai verschwand. Man raffte mich hoch und ließ mich frei. Ohne mich um die weitere Szenerie zu kümmern, stürzte ich auf einen total geschockten Yuuki zu, den ich heilfroh in die Arme schloss. Wir kauerten beide am Boden und hatte für den Moment die Umwelt völlig ausgeschaltet. „ Ein Attentat ?“, raunte es irgendwo in der Menge, und erst jetzt schwante mir Übels, wohin Yuukis Kugelblitz wohl geflogen sein könnte. Die Kugel hätte überall einschlagen können. Sie hätte jeden treffen können. Tat sie aber nicht. Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort. Zitternd blickte ich auf. Und das, was ich sah, schockierte mich. Der Energieball hatte ein komplettes Haus zum Einsturz gebracht. Noch nie war mir durch den Kopf gegangen, welche Schlagkraft die Chakra-Anwendungen meines Sohnes haben könnten. Das wurde mir nun in seiner ganzen Brutalität bewusst. Doch noch schlimmer war die Tatsache, wen der Ball nur um Haaresbreite verfehlt hatte. Das Zielobjekt stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite, umringt von einer Handvoll ANBUs, die trotz ihrer gespielten Ruhe total griffig wirkten. Die Stimmung müsste nur um einen Grad kippen und schon wären die allesamt kampfbereit. Nein, nein, nein! Das durfte doch alles nicht wahr sein. Das war der blanke Alptraum. Aus der Nummer würden wir nie wieder heil herauskommen. Yuukis Geschoss hatte aus Versehen den Hokagen angegriffen. Da war er wieder: Mein Groll auf Ninjas. Verdammte Axt, wieso lief der Idiot von Hokage hier draußen überhaupt herum? Konnte der nicht einfach in seinem Turm sitzen, wie es sich für einen anständigen Hokagen gehörte? Vermutlich würden nun alle glauben, es wäre die pure Absicht gewesen. Denn mit diesen Blicken, die wohl alle zeitgleich dasselbe dachten, wurden wir von der Masse angestarrt wie das achte Weltwunder. Und da wir noch nicht einmal von hier stammten, lag der Verdacht sogar nahe, wir hätten tatsächlich einen Putschversuch unternommen. Schweißperlen liefen meine Stirn hinunter. Kälte- und Hitzeschauer spielten Fangen auf meinem Rücken. Panik stieg in jeder einzelnen Faser meines Körpers auf, was ich damit kompensierte, Yuuki fast in meiner Umarmung zu erdrücken. Man würde uns töten. Sicherlich würde man das. Wer den Hokagen angreift, hatte sicherlich die Todesstrafe verdient. Und das garantiert ohne einen ordentlichen Gerichtsprozess, sondern mitten an Ort und Stelle. Es artete von einer schützenden Umarmung zu einer verkeilten Umklammerung um mein Kind aus, wie der Hokage nun auch noch auf uns zu kommen musste. Konnte der nicht einfach da drüben bleiben, wo er war? Einerseits schürte ich sämtlich Ängste in mir, was nun wohl als nächstes geschehen würde. Andererseits kam ich nicht umher zu sagen, welche Faszination diese Szene ausstrahlte. Der Hokage kam nicht einfach so daher, sondern schritt lautlos voran. In einer Seelenruhe als wäre nie ein Chakraball direkt neben seinem Kopf vorbeigesaust. So souverän und erhaben. Obgleich er recht großgewachsen schien, sah man ja eigentlich gar nichts von ihm. Er verschwand gänzlich unter einem roten viereckigen Hut und einem langem weißen Mantel. Ein Seidenmantel. Crepe de Chine um genau zu sein. Mein Kennerblick ordnete sofort in meinem Kopf Material und Preisliste zusammen. Ein halbes Vermögen wert. Nobel geht die Welt zu Grunde. Ich war fast schon ein wenig neidisch auf den Stoff, würde der sich doch in meiner Kontorauslage zum Verkauf super hermachen und mich von allen Umsatzsorgen bis zum Jahresabschluss befreien. Der Schlaufschal um seinen Hals war aus selbigem Stoff gewebt und nicht minder wertvoll. Und erst die Stickerei aus roten Seidenfäden. Eine geschickte Näherin musste Monate daran gesessen haben. Selbst sein Gesicht verbarg der Hokage vom Kinn bis zur Nasenspitze. Allerdings war das Lycra-Stoff, wie es alle Shinobi-Bekleidungen aufwiesen. Was sollte man von so einem Menschen halten, der anscheinend den Komplex hatte, sich vor der ganzen Welt zu verstecken? Oder gab es einen ganz anderen Grund? So einer war hier der Anführer? Nicht zu fassen. Ich hatte noch nie einen Gedanken verschwendet, wer hier in diesem Dorf das Sagen über die Ninjabande hatte. Als Kauffrau interessierten mich nur die wirtschaftlichen Seiten Konohas. Umso überraschter war ich, dem militärischen Oberhaupt durch diese Verstrickung eines unglücklichen Umstandes zu begegnen. So langsam kehrte meine Selbstsicherheit zurück und verdrängte meine Angststarre. Er hatte uns nach wenigen Schritten erreicht, ging recht nahe vor uns in die Hocke und musterte uns beide neugierig. Man hätte die Hand ausstrecken können, um ihn zu berühren. Also sah er uns nicht als Gefahr an, sondern traute uns. Ninjas sind nämlich ein recht misstrauisches Volk. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, noch nicht einmal ein Wimpernschlag lang, trafen sich unsere Augen direkt. Große, dunkle Augen, die frech hervorblitzen. Ein paar graue Haarsträhnen, die unter dem Hut strubbelig hervorlugten, gab er noch von sich preis. Mehr nicht. Obgleich der Moment nur so kurz war, so hatte ich das Gefühl, ich hätte ewig in diese Augen geschaut und war in ihnen hoffnungsvoll versunken und ertrunken. Die Zeit stand nahezu still zwischen uns und lief erst weiter, als er seine Stimme an uns richtete. Es war so eine beruhigende Stimme, die einen sofort einlullte, dass mir die Knie weich wurden. „Verzeihen Sie bitte die Unannehmlichkeiten. Meine Truppe ist manchmal etwas übermotiviert“, sprach er zu mir und wandte dann sein Gesicht Yuuki zu: „Und du hast dir einen denkbar ungünstigen Platz zum Üben ausgesucht. Das solltest du vielleicht lieber auf dem Trainingsplatz der Akademie machen.“ Es lag etwas fröhliches in seiner Stimme, was Yuuki das Zittern nahm. Stumm nickte er fleißig als Zeichen, dass er genau aufgepasst hatte. Zeitgleich erhob sich unser ungleiches Trio und dann tat ich etwas, für was ich mich selbst nicht nur innerlich ohrfeigte, sondern komplett verprügelte. Ich gab die unpassendste Antwort überhaupt. „Die Entschuldigung liegt ganz auf unserer Seite, Hokage-sama. Mit Verlaub, bitte verzeihen Sie jedoch, dass dieses Kind niemals eine Ninja-Akademie besuchen wird. Ich unterstütze keine Politik, die Kinder zu Soldaten ausbildet und dann in den Tod schickt, zumal wir noch nicht einmal von hier stammen“, kam es mir in festen Worten über die Lippen. Sherenina, bist du des Wahnes? Wie kannst du ihm nur so etwas an den Kopf knallen? Eben gerade noch bist du dem Tode von der Schippe gesprungen, weil der Hokage kein Aufsehen aus dem Zwischenfall machte und nun sowas? Jetzt gab es bestimmt richtig Ärger. Immerhin hatte ich mit dieser Aussage nicht nur seine gesamte Militärpolitik in Frage, sondern ihn auch vor seinem ganzen Dorfe bloß gestellt. Die Masse, welche uns immer noch stumm beobachtete, raunte wieder auf. Diesmal lauter als zuvor. Skeptische, entsetzte, aber auch verständliche Töne wurden murmelnd diskutiert. Starr blickte ich Hokage-sama an und stellte fest, dass wir gleichgroß waren. Ich muss dazu sagen, dass Menschen aus dem Erdreich generell größer gewachsen sind, als Menschen aus dem Feuerreich. In meiner Heimat war ich normal groß. Hier fiel ich auf, wie ein Leuchtturm auf hoher See. Ich rechnete mit dem schlimmsten, wie sich sein Augen kurz verfinsterten. „Dann wünsche ich Ihnen noch einen guten Aufenthalt in Konohagakure“, kam es knapp zurück. Der eisige Frostton war nicht zu überhören. Er machte auf dem Absatz kehrt, ließ mich einfach so stehen und zog mit seinem Gefolge von dannen. Man musste ihm Wohl oder Übel zugestehen, eine mehr als professionelle Reaktion abgeliefert zu haben. Gebannt schaute ich dem Pulk hinterher, dann setzte der Überlebenstrieb ein. Hier wollte ich nicht bleiben und Angriffsfläche von wütenden Bürgern werden. Mir war trotz meines Desinteresses an der Lokalpolitik bei Leibe nicht entgangen, dass der Hokage in seinem Dorf echt beliebt und geschätzt war. Wenn der Hokage schon gnädig gewesen war und mich nicht in der Luft zerriss, sein Volk würde es wohl im Affekt tun. Ich schnappte mein Kind bei der Hand und zog es schnell fort von diesem Ort voller Missetaten. Tausende Gedanken schossen mir durch den Kopf. Oh weh, wenn es ganz schlimm kam, dann hatte ich nun den Hokagen samt Einwohner zum Feind. Ausgerechnet den Hokagen! Von seiner Laune hing das Bestehen des Stoffekontors ab. Wenn er nun hinterhältig und nachtragend wäre, dann würde nur ein einziger Unterschriftenstempel genügen und mein Büro wäre geschlossen. Welch Schande! Dann könnte ich weder hier bleiben, noch bei meinem Arbeitgeber in der Heimat auf Füßen angekrochen kommen. Nirgends würden wir unterkommen. Was würde aus meinem Kind werden? Wären wir beide bereit, nochmal irgendwo in der Welt einen Neuanfang zu wagen? Ich malte mir solange Horrorszenarien in meinem Kopf aus, bis mir hemmungslos die Tränen über die Wangen liefen. So verheult traf ich vor unserer Haustür ein, schloss auf und war überrascht, noch eine Angestellte anzutreffen. Es war bereits früher Abend und normalerweise ging die Belegschaft recht zügig nach Feierabend nach Hause. Doch die alte Akka saß da noch und sortierte Stoffrollen aus gefärbten Leinen. Ja, richtig! Heute hatten wir eine neue Lieferung erwartet und diese war sehr spät eingetroffen. Akka gehörte eigentlich gar nicht zur Stammbelegschaft, sondern war eine treue Kundin, die so sehr in Stoffe vernarrt war und ein so großes Fachwissen besaß, dass es eine Freude war, wenn sie gelegentlich aushalf. Yuuki hatte sich sofort nach oben in die Wohnung verzogen, nachdem ich ihm erlaubt hatte, sich pädagogisch wertvoll vor den Fernseher zu setzen. So war ich allein mit der alten Akka, die nicht nur die gute Seele, sondern durch ihre freundliche Art über die Jahre sogar ein Mutterersatz für alle Mitarbeiter geworden war. „Herrje, was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“, begrüßte sie mich schon, als ich noch nicht einmal richtig die Türe hatte ins Schloss fallen. Wie ein kleines Kind, welches vom Spielen heimkam und eine Tracht Prügel für groben Unfug erwartete, trollte ich mich zu dem großen Auslagentisch, stibitzte einen Keks aus der Keksdose und knabberte nervös daran herum. Es krümelte auf die neuen Stoffe. Dafür erntete ich einen bösen, aber zugleich auch verwunderten Blick, hatte ich doch selbst immer vor der Belegschaft gepredigt, mehr als pfleglich mit der Ware umzugehen. Bloß keine Fett- oder Schokoladenfinger auf die teure Ware! „Ach, es war ganz furchtbar!“, begann ich verzweifelt und leierte die ganze Geschichte herunter, die mir auf dem Markt widerfahren war. Aufmerksam hörte Akka mir genauso eindringlich zu, wie sie jedem ein Ohr spendete, der einmal sein Herz ausschütten wollte. Ihre Augen funkelten vergnügt und um ihren Mund herum spielte ein strahlendes Grinsen, welches von Satz zu Satz wuchs. Als ich meinen Bericht mit all seiner Dramatik beendete, brach sie in schallendes Gelächter aus. Mir stand ein riesiges Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. „Du bist mit Kakashi aneinander geraten? Wie kann man sich denn bitte mit Kakashi streiten?“ Kakashi? Meine Augen mussten groß wie Kuchenteller sein und einen großen Ausblick auf den Teil meines Gehirns präsentieren, der sich „ahnungslos“ nannte. Ich hatte ja mehrmals erwähnt, dass mir die Ninja-Bande am Allerwertesten vorbeiging und daher kannte ich auch die Namen nicht. Allerdings hatte sich der Name „Kakashi“ schon irgendwann mal in meinen Gehörgang verirrt. Dann folgte eine lange Belehrung, dass ich mir da mal so rein gar keine Sorgen machen müsste. Zwar war die alte Akka nicht mit allen Bewohner des Dorfes bekannt, aber immerhin steuerte sie schon mit ihrem Alter auf die achtzig zu. Und da hatte sie schon so einiges erlebt im Dorf. Also musste sie es ja wissen. Ihr Worte hätten mich trösten und meine dunklen Sorgenwolken auflösen sollen. Trotzdem lief in meinem Kopf immer noch die Stapelverarbeitung der letzten Stunden ab. „Kakashi“, grübelte ich so vor mich her, als ich die Treppenstufen bedächtig nach oben schritt und eine Kekskrümelspur hinterließ. In Stressphasen schaufelte ich stets Unmengen an Süßkram in mich hinein. Je mehr Kohlenhydrate, desto besser. Ich mochte es gar nicht leiden, dass die Zukunft des Kontors und auch die meinige nun abhängig vom Gutdünken einer einzelnen Person war. Es beunruhigte mich zu sehr und würde mir nun wohl die nächsten schlaflosen Nächte und unruhigen Tage bescheren. Da musste doch noch irgend etwas nachkommen. Eine Vorladung vermutlich. Es blieb nur zu hoffen, dass dieser Kakashi wirklich so war, wie Akka behauptet und er die ganze Sache längst vergessen hatte. Wie dem auch sei: Kakashi hatte mir gründlich den Tag verdorben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)