Kalendertage von sakemaki (Der Tag, an ...) ================================================================================ Kapitel 20: 20 - Der Tag, an dem ich das Hokagebüro verwüstete -------------------------------------------------------------- Die Mittagszeit neigte sich dem Ende entgegen. Die Menschen quollen aus den hochfrequentierten Fresstempeln hinaus, als hätte man bei einem Fluss die Staustufen entfernt. Es wurde voll und lärmend in den Straßen Konohas, aber nichts sollte uns ungleiches Duo stoppen können. Unaufhaltsam kamen wir unserem Ziel näher. Ich mit beschwingtem Fuß, Gai mit rollendem Rad. Hitze brannte in mir. Ob es nun vom Sake oder von Gais Gequatschte über das Feuer der Jugend herrührte, vermochte ich nicht eindeutig zu definieren. Es war mir auch egal, denn ich fühlte mich super und war voll gutgelauntem Tatendrang, den ich mir für heute weder erträumt hatte, noch dessen Ursprung ich mir erklären konnte. So marschierte ich voran ohne auf meine Zwangsbegleitung zu achten, die trotz eines Rollstuhls Marke „Supersportlich“ fast schon nicht mehr folgen konnte. Im Gegensatz zu mir musste Gai Passanten umkurven, während ich mich einfach hindurch drängelte. Er war von meinem Elan mehr als begeistert und freute sich, dass die lodernde Flamme des Frühlings in mir noch nicht erloschen wäre. Ganz unterschiedlich zu seinem Rivalen, der seiner Meinung nur noch auf Sparflamme köcheln würde. Das wäre doch alles genau die richtige Einstellung, so wie ich die Dinge sehen und anpacken würde. Mit vollem Einsatz voran! Und so weiter und so fort. Gai konnte sogar noch unterwegs unglaublich viel Quatschen, dass einem die Ohren glühten. Ich hörte gar nicht richtig hin, was er mir mitteilen wollte, denn ich kannte keinen der Ninjas, die er erwähnte oder die Zusammenhänge der Lebensgeschichten. Einzig und allein bekam ich nur für mich als wichtige Information mit, dass es Gai herrlichst egal wäre, was Kakashi in seiner freien Freizeit treiben würde, solange sie beide weiterhin ihre Rivalität austragen könnten. Und die lag nun Dank mir wohl anscheinend brach. Pfff Kakashi, dass du dich auf so einen Blödsinn überhaupt einlässt. Ich schüttelte innerlich belustigt den Kopf und war mir sicher, dass es garantiert niemals seine Idee gewesen sein konnte, sondern eine einseitige Erfindung Gais gewesen sein musste. Es passte einfach nicht zu Kakashi. Allerdings hatte ich aber auch schon die eine oder andere witzige Seite an ihm entdecken könne, wenn er es denn selber einmal zuließ. Das war selten und somit unendlich kostbar. Was auch immer ihn nach außen hin so unnahbar geformt hatte, wie er war: Im Herzen war er ein rechtes Kind geblieben. Voller blöder Ideen und Freude. Erzählen würde Kakashi über sich selbst freiwillig niemals etwas, beklagte sich Gai weiter bei mir und holte mein Ohr so in seinen Monolog zurück. Damals zu seinen Anbu-Dienstzeiten hätte er sich sogar große Sorge um Kakashi gemacht, man würde ihn verlieren, weil er nur noch depressiv durch die Straßen trottete und Bücher über ehrenvollen Suizid im Dienst las. Diese Information schockierte mich schon etwas. So hätte ich Kakashi niemals eingeschätzt. Aber ich war dermaßen voller guter Rachelaune, dass ich über den tieferen Sinn dieser Worte nicht nachdenken wollte. Meine Begleitung in Grün fuhr unbeirrt fort: Nachdem das Gerücht unter den Ninjas umherging, dass es eine Frau mit Kakashis Chakarspur gab, ward Gais Neugier nämlich geweckt. Also wurde Tenzô, als dieser mal wieder im Dorfe herumgeisterte, auf die gleiche Art und Weise wie ich bearbeitet (nämlich mit Sake), um das Geheimnis zu lüften. Der erzählte zwar gewöhnlicher Weise noch weniger als Kakashi, aber ab der dritten Flasche Sake sprudelte es wohl nur so aus ihm heraus wie eine Ölquelle in der Wüste. Armer Tenzô! Mit solchen Freunden brauchte man wahrlich keine Feinde. Kein Wunder, dass der mir neulich im Supermarkt sofort ausgewichen war und dabei ein Gesicht machte, als hätte er ein schlechtes Gewissen. Ich hatte noch nicht einmal „Hallo!“ grüßen könne, da war der schon ums nächste Regal herum verschwunden, um eine Begegnung mit mir zu unterbinden. Das pure, schlechte Gewissen. Nun war der Zusammenhang klar wie dicke Kloßbrühe. Ich hatte mir fest vorgenommen, wenn Tenzô mal zeitweilig nicht Orochimaru zu observieren hätte und sich sein Weg mit meinem kreuzen würde, dann würde ich ihm sagen, dass ich ihm nichts nachtrug. Gai hatte ganze Arbeit geleistet, seinen Forscherdrang ausleben zu können und schließlich Shikamaru unaufhörlich bei jeder Gelegenheit genervt, ihm zu helfen, obwohl dieser von Beginn an keinen Bock gehabt hatte. Doch der grüne Clown war hartnäckig. Beim Akten sortieren, beim Briefe frankieren, in der Teeküche, in der Mittagspause, fast schon beim Nara daheim. Das grüne Monster war überall, wo Shikamaru es nicht sehen wollte. Ob Gai denn keine anderen Sorgen hätte, hatte er nur gefragt und war dann mit einer Mine von sieben Tagen Regenwetter Gai bis zum Café gefolgt, in welchem sie mich aufgespürt hatten. Unauffällig sollte die Suche nach mir ablaufen, weil der Nara nicht damit in Verbindung gebracht werden wollte. Es war dem nämlich mehr als peinlich, wie Gai in Kakashis Leben herumstocherte und er selbst jetzt plötzlich Teil der Suche geworden war. Und mit Gai konnte man eh nirgends ungesehen auftauchen. Spätestens mit Gais Eintritt in das Café hatten die Peinlichkeiten ihren Höhepunkt erreicht. Mich zu finden war dann doch einfacher gewesen, als gedacht, da ihnen mein Gesicht ja schon von dem Vorladungstermin bekannt gewesen war. Und Shikamaru hatte dann noch maulig ergänzt, dass er es hatte schon vorher erahnt, weil Kakashi sich so plötzlich in seine Arbeit eingemischt hatte. Das wäre ungewöhnlich gewesen, weil Hokage-sama sich zuvor eigentlich immer mehr und mehr aus der Arbeit herausgezogen und die Führungsarbeit Shikamaru überlassen hatte. Schneller als gedacht gelangten wir an das Tor, welches zum Grundstück des Hokageturms führte. Mit dem grünen Clown im Schlepptau passierte ich die Wachposten ohne eine einzige Frage beantworten zu müssen. Bevor ich die Stufen des Treppenhauses erklomm, rief Gai noch einmal meinen Namen. Ich blickte über die Schulter zurück und sah auf einen Gai, der wie ein Brummkreisel grinste und mir beide Daumen nach oben zeigte. Oh Mann Gai, bewirb dich doch mal mit dem Pferdegebisslächeln bei einer Zahnpastafirma, wenn dir die Arbeit hier nicht ausreicht. Aus den Augenwinkeln sah ich noch, wie in einem der offenstehenden Türen sich Shikamaru an den Türpfosten lehnte und Gai entnervt tadelte. „Is' nicht dein Ernst, dass du sie mitgebracht hast... Wie nervig!“, begleiteten mich noch Wortfetzen des Naras Treppe nach oben. Ich musste lachen, war mir immerhin klar, dass Shikamaru weniger meine Person an sich, sondern mehr die Gesamtsituation in Bezug auf Kakashi gemeint hatte. Erleichtert, den grünen Clown jetzt nicht mehr ertragen zu müssen, stürmte ich die Stufen hinauf und war weniger außer Atem als befürchtet. Dreimal, viermal tief durchatmen und weiter ging es. Dritter Stock und dann durch die einzige Tür, die es entlang des oval verlaufenden Ganges gab, hatte Gai mir den Weg beschrieben. Ja, das war einfach zu merken. Schnell stand ich vor der schweren Holztür, die weder etwas hinein, noch etwas hinaus ließ. Ob er allein war? Oder hatte er eine Besprechung? Pah, jetzt gab es keine dienstlichen Besprechungen, sondern nun war Zeit für meine selbstgewählte Privataudienz! Hoppla, jetzt kam ich! Es wäre sicherlich extrem cool, wenn man wie in den einschlägigen Fernsehserien die Tür zu seinem Zimmer mit einem großen Radau öffnen würde. Mit dem Fuß das Holz aus den Angeln treten oder so was in der Art. Super Idee! Da war es doch schon wieder zu bedauern, dass ich kein Ninja war, dem es sicherlich ein Leichtes wäre, solch eine Tür in Trümmerteile zu verwandeln. Ich probierte es trotzdem. Ziemlich unelegant im Strudel des Alkohols hob ich das Bein, holte mit viel zu viel Schwung aus, dass es mich durch die Drehung beinah aus der Bahn geworfen hätte, und verstauchte mir ziemlich schmerzhaft den Knöcheln, als mein Fuß das Türblatt küsste. Wenn die Tür nun auch noch unbeeindruckt geschlossen geblieben wäre, dann wäre die Blamage perfekt geworden. Aber oh welch Wunder! Geplant war, mit einem fiesen Gesichtsausdruck meinerseits aufrecht im Türrahmen stehen zu bleiben. Doch ich war komplett verdattert darüber, dass die Tür tatsächlich aufsprang und die Sicht auf das Hokagebüro freigab. Man brauchte also gar keine kämpferische Technik zum Türen auftreten. Pure Energie und kompakte Gewichtsmasse genügten, um eine Zimmertüre in die Knie zu zwingen. Trotzdem war der Coolness-Effekt irgendwie darnieder, wie ich überraschte über mich selbst ins Innere lugte. Schnell fand ich wieder zu mir und blickte verwirrten Augenpaaren entgegen. Ok, ich war also doch mitten in eine Besprechung geplatzt. Um so besser. Ich wollte ja Kakashi eine herrlich-peinliche Szene bereiten. Höhö! „Wir reden später weiter...“, schickte Hokage-sama mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf seine Bande umgehend hinaus. Dann lehnte er sich in seinen Bürostuhl zurück verschränkte die Arme und zog eine Augenbraue grübelnd in die Höhe. Dabei musterte er mit seiner stoischen Ruhe genaustens meinen Auftritt. Wieso regte der sich eigentlich über mich und meine Aktion nicht auf? Trat dem öfters mal jemand die Tür ein? Dann sollte er sich doch mal Gedanken über seinen Führungsstil machen. Hm, es lag wohl eher daran, dass ich mich eben total selber zum Gespött machte, es aber mit dem Sake in der Birne nicht für voll nahm. Die Shinobis trollten sich wortlos von dannen, doch ihre neugierigen Blicke auf meiner Person blieben haften. Mir war es völlig gleich, was sie von mir dachten. Wenigstens roch man den Sake nicht an mir. Lieber ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende. Entweder werde ich gleich in hohem Bogen rausgeschmissen und alles wäre vorbei. Oder es gab hier endlich mal klare Fronten. Dieses ganze Hin und Her war doch blanker Mist! Also machte ich mich auf den kurzen Weg direkt auf den Schreibtisch zu und versuchte dabei, nicht zu humpeln. Blöder Fuß! Bloß keine Schwäche zeigen! Dann knallte ich meine Sakeflasche auf die Tischplatte und war froh, dass man sich an deren Hals hervorragend festhalten konnte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Leicht vorgebeugt hing ich nun über dem Schreibtisch, nahm keine Rücksicht auf die herunterfallenden Akten und dergleichen und machte den Versuch eines eindringlichen Blickes. Garantiert hätte mein Blick töten können. Kakashi natürlich nicht. Der war davon total unbeeindruckt. Dass man mir bei meiner Haltung ziemlich tief in den Ausschnitt gucken konnte, fiel mir erst viel später auf. Hämisch wählte ich ein hochformelles Ansprachepartikel, das er definitiv hasste. „Warst du das neulich abends in meiner Küche, Hokage-sama?“, schnarrte ich los. „Nenn mich nicht -sama. Das mag ich nicht. Bist du besoffen?“ Es war schwer zu sagen, was er von der Situation hielt. Kakashi konnte dort in seinem Bürostuhl sitzen ohne auch nur eine einzige Regung zu zeigen, doch seine Stimme bauten eine gewisse Strenge auf. Ja, er hasste „-sama“. Und er hatte es in all den Jahren seiner Amtszeit seinem nähern Freundeskreis nicht abgewöhnen können. Dabei hatte vor seinem Amtsantritt jahrzehntelang alle „-san“ benutzt. Selbst Tenzôs „-senpai“ war ihm da echt zu viel. Was sollten die übertriebenen Förmlichkeiten? Daran konnte und wollte er sich nicht gewöhnen, zumal er sich selbst überhaupt nicht so hochangesehen eingruppierte. Warum eigentlich nicht? Diese Frage war er mir noch schuldig geblieben, aber deren Klärung passt irgendwie nicht hierher. Also verschob ich sie und folgte einem anderen Redeschwerpunkt. „Wechsel nicht das Thema!“, wurde ich bockig. Er hatte doch eindeutig auch diese heutige Frage nicht beantwortet. Frechheit! „Was sollte das da neulich? Diese blöde Rumgezicke? Du hast dich nicht so benommen, wie ich dich kannte. Du warst so total fremd. Und dann noch dieser bescheuerte Spruch, du dachtest, ich wäre anders. Anders als wer? Anders als was? Und überhaupt: Natürlich bin ich anders. Bin ja bloß so eine dumme, hässliche Durchschnittszivilistin! Maaannn, ich hatte echt einen beschissenen Tag! Erst den Brief vom Hauptkontor und dann noch sowas.“, polterte ich extremst laut weiter und stellte leidlich fest, dass mir tatsächlich der Sake zu Kopf stieg. War wohl doch zu viel für die Mittagszeit gewesen. Ich unterstrich meine Ansprache, indem ich die Flasche einige Male im Takt meiner Stimme auf der Tischplatte tanzen ließ. Das knallte herrlich. Noch ein paar Takte mehr und sie wäre garantiert in tausende von Scherben zersprungen. Der Restsake schwabbte im Hals gefährlich hoch und verspritzte einige unfeine Flecken auf den Unterlagen, die sich noch obig gehalten hatte. Alle anderen Zettel lagen ja schon wie ein Blätterwald auf dem Fußboden. Kakashi seufzte und schickte sich an, wenigstens die Papiere und Schriftrollen auf dem Schreibtisch alle zusammenzuschieben, um größeres Unheil abzuwenden. Er tat so, als würde ich gar nicht halb auf seinem Schreibtisch lümmeln, sondern irgendwo davor im Raum stehen. Boah, diese stumpfe Ignoranz brachte mein Blut in Wallungen. Mit schwoll wirklich der Kamm an. Und ich hatte noch die Flasche in der Hand... Eine Sekunde später fiel sie zu Boden und zersplitterte, weil mich Kakashi blitzschnell am Handgelenk gepackt und sehr schmerzvoll zugedrückt hatte, als ich in meiner rasenden Wut ihm das Ding über den Schädel ziehen wollte. Aua! Das tat weh! Aber es kam von ihm nichts weiter. Kein Wort, dass ich mich gerade angeschickt hatte, eine riesengroße Dummheit zu begehen. Wir standen uns so nahe gegenüber. Nur noch der Schreibtisch bildete eine Barriere. Dann ließ er unerwartet wieder los und setzte sich wieder in seinen Stuhl. Ziemlich planlos. Der Graben hatte sich wieder aufgetan zwischen uns. Seine deeskalierende Art, nicht auf meinen Blödsinn einzugehen, tat ihr Übriges. Meine Wut verflüchtigte sich wieder. Ruhig, fast schon ein wenig mitleidig, ruhten seine Blicke auf mir, als hätte ich vorhin artig angeklopft und Haltung vor ihm angenommen. Er überging meine Auftritt und nahm mir so den Wind aus den Segeln. Es gefiel mir nicht, dass er so weit weg war. Also auf zu neuen Schandtaten. Planänderung! Ungelenk stützte ich meine beiden Hände auf den Tisch und zog im Zeitlupentempo erst das eine Knie und dann das andere nach, bis ich dort auf der Tischplatte aufhockte. Nein, nicht wie ein elegantes Raubtier, dass sich leise an seine Beute heranpirschte, sondern eher wie ein fetter Stubentiger, der das Klappern der Futterschüssel vernommen hatte. Dabei kippte der heiße Kaffee aus Kakashis Tasse, welche neben dem Laptop parkte. Er taufte die Tastatur mit schwarzer Brühe und verbrannte mir die Haut an meinem Unterschenkel. Aber nach einem verstauchten Fuß machte das nun auch nichts mehr. Mit fünfzig Prozent Verlust muss man im Kampfe halt immer rechnen. Wenigstens hatte mein verhaltensgestörter Auftritt die exakt richtige Wirkung auf Kakashi. Damit hatte er nicht gerechnet und sich peinlich berührt weiter an seine Rückenlehne gepresst. Ha, ich habe genau gesehen, wohin du gerade geglotzt hast, Hatake! Nämlich unter meine Klamotten. Und als ich auch noch verlangend wie eine Krake meinen Arm ausstreckte und meine Finger in den Halsausschnitt seiner Weste verhakte, lief der knallrot an und war doch tatsächlich voller Überforderung ein paar Zentimeter in sich zusammengesackt. Er hatte den rettenden Moment verpasst, sich mit dem Fuß vom Boden abzudrücken und seinen rollenden Bürostuhl einen Meter nach hinten in Richtung Wand zu befördern. Während es ihm merklich abwechselnd heiß und kalt den Rücken runterlief, wuchs auf meinem Gesicht ein diabolisches Grinsen, welches keine Widerworte zulassen würde. Ich hauchte ihm einen langsamen Kuss auf den Stoff, der seine Wange bedeckte. Dabei konnte ich genau sehen, wie sich in weit aufgerissenen Augen große, dunkle Pupillen zur Seite schoben und meine Zärtlichkeit beobachteten. Total aufgeregt schlug ihm sein Herz bis zum Halse, denn ich musste ihn Lust benebelt angeschaut haben, als würde ich ihn auf der Stelle mit Haut und Haar verschlingen. Ja, mir fielen ganz viele Sachen ein, die ich jetzt sofort mit ihm gerne getrieben hätte. Dann hob ich eine Hand, krümmte die Finger zu einer Tatze mit ausgefahrenen Krallen und drohte dunkel: „Wenn du jetzt nicht wieder artig und normal bist, dann kratz' ich dir die Augen aus und verpasse dir noch eine neue Narbe neben der alten!“ „Das glaub' ich dir sofort...“, war die verdatterte Antwort. Ha, ich hatte ihn! Mit einer Freude von tausend Sonnen lehnte ich mich wieder etwas zurück. Wie hatte ich eigentlich so sauer sein können? Zum gefühlten millionsten Male versank ich in seinen Augen und vergaß ganz eingelullt mal wieder alles, was vorher gewesen war. Ich liebe dich, du Idiot! Und ich kann gar nicht lange auf dich sauer sein. Ich hab dich so vermisst in den letzten Tagen, als es mir so dreckig ging in meiner Seele. Und nein, ich will nicht weg aus Konoha. Ich will bei dir bleiben! Von einer Sekunde auf die andere brach alles in mir zusammen. Da hockte ich wie ein begossener Pudel auf seinem Schreibtisch und kaute auf meiner Unterlippe, weil sich meine Augen mit Tränen füllten. Scheiße! Ich wollte doch gar nicht heulen, sondern selbstbewusst eine Szene machen, die Hütte verwüsten und dann wie eine Siegerin wieder das Feld räumen. Nach dem durchgeknallten Auftritt und der anschließenden Stimmungsschwankung musste der mich doch für total geisteskrank halten. So was kann man nun wirklich nicht lieb haben. Los sag, dass du mich lieb hast! Bitte, bitte, bitte! Ich kann mich doch noch nicht einmal erinnern, dass ich etwas falsch gemacht hatte. Hatte ich denn etwas falsch gemacht? Du warst derjenige, der plötzlich so bescheuert war, und nicht ich. Stattdessen kam ein langer, tiefer Seufzer. Dann sah er mich wieder direkt an, und ich fand das fröhliche Blitzen in seinen Augen wieder. Argh, meine ganze theatralische Inszenierung hatte nichts gebracht. Der war nun höchst amüsiert. Und edabei hatte es ihn doch eigentlich tief verletzten sollen. „Machst du wieder Kulleraugen, Nina-chan?“ Ja, ganz große Augen. Nur für dich. Ich mache alles für dich. Naja, fast alles. Wenn es sein muss, lasse ich mich sogar herab, hocke den halben Tag ehrfürchtig unter deinem Schreibtisch und bin dein Standgebläse. Ich weiß, dass du das magst. Aber bitte, bitte hab mich wieder lieb. „Untersteh' dich ...“, lachte er leise auf, als hätte er meine verworrenen Gedanken lesen können. Dabei erhob er sich und schloss mich in seine Arme. Ich spürte sein Kinn in meinen Haaren, wie es sich an mich schmiegte. Die Feuchtigkeit in meinen Augen trockneten durch seine Weste, als ich mein Gesicht in ihr vergrub. Meine Arme umklammerten ihn wie den rettenden Baumstamm in einem reißenden Fluss. Ich lass dich nicht mehr los! Waren das eben seine Lippen, die meine Stirn berührten? Überrumpelt blickte ich zu ihm auf und wurde tatsächlich nochmal geküsst. Erst ganz vorsichtig fragend und dann richtig. Leider war der Kuss nur von kurzer Dauer. Viel zu kurz. „Ist das in Ordnung, wenn ich später bei dir vorbeikomme und …?“, löste er sich wieder von mir. „Wann ist später?“, fiel ich ihm ins Wort. „Wenn ich deinen ganzen Flurschaden in meinem Büro beseitigt habe.“, war die lakonische Antwort. Er schlang einen Arm um meine Taille und stellte mich wieder auf meine Füße und somit auf den Boden der Tatsachen. Ohje, hier sah es echt wüst aus. Blätter lagen überall verstreut. Der Kaffee hatten eine große Lagune gebildet und tropfte als Wasserfall von der Schreibtischkante. Beinah hätte ich ein schlechtes Gewissen bekommen. Aber ich hatte es ja so haben vollen. Trotzdem nuschelte ich heraus: „Schlimm?“ „Ganz furchtbar schlimm, böses Mädchen!“, tadelte er gespielt und sah mich mit seinen blitzenden Augen fröhlich an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)