Secrets von Lenya_C_Sharizardon ================================================================================ Kapitel 5: Deep in the forest ----------------------------- Route 2, eine von Bäumen umgebene Route, die aus einem kurvenreichen Weg und dem Vertania Wald bestehen, die parallel zueinander verlaufen. Die Verbindung zwischen Vertania und Marmoria City. Und vielleicht auch der Weg in Richtung einer Arena, die nicht geschlossen hatte. Kaum hatte ich mich auf der Route zurechtgefunden, offenbarte sich mir bloß ein einziger Weg: der Vertania Wald. Das Stück um den Wald herum wurde von Bäumen eingezäunt, an denen ich nicht vorbeikam. Wer weiß, vielleicht würde ich später noch vorbeikommen. Vor dem Eingang zum Vertania Wald sah ich mich ein wenig im Gras um, doch stieß ich zunächst bloß auf Rattfratz und Taubsi, genau wie vor der Stadt, und ab und zu sogar auf ein Raupy oder Hornliu. Allerdings hatte ich keine große Lust, Fukano gegen diese Kleintiere antreten zu lassen. Wir hatten Wichtigeres zu tun, und mussten schleunigst durch den Wald finden. Um die letzten Vorbereitungen zu treffen, saß ich mit Fukano in dem kleinen Durchgangshäuschen und ging noch einmal alles durch. Wir hatten zuvor noch Proviant gekauft, um gut vorbereitet zu sein, sollten wir die Nacht im Wald verbringen müssen. "Hey, wie süß, ein Fukano!" Ich sah zu, wie ein kleines Mädchen plötzlich auf uns zugerannt kam und sich zu meinem Partner auf den Boden hockte. Fukano freute sich wie wild und hechelte. "Oh, wie niedlich!" "Noch, es ist schließlich noch recht klein", sagte ich knapp und stand auf. Ich konnte einfach nicht gut mit Kindern. Außerdem mussten wir ohnehin aufbrechen. "Wenn ich groß bin, möchte ich auch mal Pokémon-Trainer werden!", erzählte das Mädchen freudestrahlend und streichelte Fukano, der es offensichtlich genoss. "Und dann möchte ich auch so ein tolles Pokémon als Freund haben! Hast du schon ein Rattfratz gefangen? Es ist klein, aber sein Biss ist heftig!" "Nein. Und ich hab auch kein Interesse daran." "So, das reicht jetzt", sagte eine Stimme, und eine Frau stand von einer der Bänke auf und legte die Hände auf die Schultern des Kindes. Offenbar war sie ihre Mutter. "Du kannst doch nicht einfach fremde Leute anquatschen! Entschuldige bitte, meine Tochter ist manchmal einfach etwas neugierig." "Schon in Ordnung", entgegnete ich kühl und holte Fukano in seinen Pokéball zurück. Für die Reise durch den Wald war es wohl besser, ihn drinnen zu behalten. Ich wandte meine Schritte in Richtung der zweiten Tür, als die Frau sich wieder aufrichtete. "Du gehst in den Vertania-Wald? Sei auf der Hut, dort verläuft man sich leicht!" "Ich komm schon klar. Vielen Dank." Und ohne einen weiteren Blick auf die beiden verließ ich das kleine Durchgangshäuschen und trat in den Wald. Gleich zu Beginn war ein Schild aufgestellt: Tipps für Trainer: Geschwächte Pokémon sind leichter zu fangen! Sind sie bei Kräften, könnten sie fliehen! Auch das sollte eigentlich logisch sein. Wobei es nicht allzu viele Pokémon gab, die wirklich die Flucht ergriffen. Die meisten zogen den Kampf vor. Würde ich mit Sicherheit auch tun, wenn sich jemand in meinem Territorium befände. Ich wandte den Blick vom Tipps-für-Trainer-Schild ab und sah direkt in die Augen eines Jungen, der hämisch grinsend vor einem Baum mitten auf dem Weg stand. Ich kannte ihn nicht, doch er fixierte mich so unheimlich, als ob er bloß darauf gewartet hätte, mich hier und jetzt an dieser Stelle anzutreffen. Ich hob den Kopf und schenkte ihm einen fragenden Blick. Der Junge grinste nur noch breiter. "Meine Freunde und ich haben doch schon erwartet…" "Ach, ist das so?", sagte ich unbekümmert und schritt auf ihn zu. Er nickte. "Ja, das ist so. Unsere Pokémon wollen kämpfen!!!" "Und was hat das mit mir zu tun?", fragte ich und verschränkte die Arme. Doch der Junge ließ sich nicht einschüchtern. "Du bist hier, und offensichtlich ein Trainer. Also pass auf, denn sobald sie dich sehen, werden sie dich herausfordern. Du hast gar keine Wahl, als zu kämpfen. Kämpfe, oder sie machen dich gleich fertig." "Alles klar, weiß ich bescheid", winkte ich ab und ging einfach an ihm vorbei. Es gab scheinbar überall Leute, die sich wichtig machen wollten. Auf solche Idioten gab ich nichts, schließlich konnte ich nicht jedem dahergelaufenen Jungen und seinen Wünschen nachkommen. Wahrscheinlich wollte der sich einfach nur wichtig machen, oder er war einfach pleite. Aber ich würde bestimmt nicht herhalten, um mir das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen. Also durchkämmte ich Stück für Stück den Wald. Ich kämpfte mich durch dichtes Gestrüpp und fand dabei einen Pokéball. Immerhin, vielleicht könnte ich ihn irgendwann gebrauchen. Aber wahrscheinlich eher nicht. Mir reichte schließlich ein Partner, und das war Fukano. Ich kämpfte mich weiter durchs Gras und dichtes Gestrüpp, stieß dabei auf ein weiteres dieser Schilder ("Bei Vergiftungen hat sich das Gegengift aus dem Pokémon-Supermarkt bewährt", bestimmt so ein dämlicher Werbespruch), und als ich um ein paar Ecken bog, entdeckte ich gleich das nächste: Tipps für Trainer: Wenn du Kämpfe meiden möchtest, bleibe hohem Gras fern! Ich fragte mich, wer um alles in der Welt diese Schilder überall aufgestellt hatte. Bisher hatten sie keinen Inhalt getragen, der für einen Trainer wirklich interessant gewesen wäre. Dass wilde Pokémon im hohen Gras lebten, das wusste doch bereits jedes Kind. Mich beschlich ein jedoch ein unheimliches Gefühl, als ich mich weiter durch den Wald kämpfte. Ich begegnete einem Jungen, der sich darüber beklagte, dass ihm die Pokébälle ausgegangen waren. Noch während ich weiterging, hörte ich seine gequälte Stimme hinter mir, dass er offenbar nicht wusste, was er jetzt tun sollte. Scheinbar war ich bloß von Idioten umgeben. "Hey!" Ich schrak zusammen. Ich wandte den Kopf, um zu sehen, wer mich da plötzlich so angeschrien hatte. Ich seufzte ziemlich angenervt, als schließlich ein Käfersammler mit stechendem Blick auf mich zukam. "Du hast auch Pokémon! Los! Lass uns kämpfen!" Am liebsten hätte ich diesen Knirps zur Strecke gebracht. Doch das war nicht meine Art, nicht bei Kindern. Ich wollte einfach weitergehen, doch in seinen Augen lag etwas, das ich bisher auch nur bei Trainern gesehen hatte: dieser Blick, dem niemand entkam. Ich wusste, ich hatte keine Chance, ihm zu entkommen. Ich musste kämpfen. Ich grinste. "Nun gut. Dann zeig, was du drauf hast!" Ich schickte Fukano in den Kampf, der Käfersammler für Hornliu. "Fukano, setz Biss ein!" "Hornliu, Giftstachel!" Sie griffen beinahe gleichzeitig an. Nur wieder war Fukano nur wenige Sekunden schneller. Er biss zu, und währenddessen geschah beinahe das gleiche, was auch im Kampf gegen Schiggy passiert war: Fukano bot in dem Moment ein leichtes Ziel und Hornlius Giftstachel traf. Fukano jaulte und wich zurück. Er fiel ins Gras und lag für einen Moment einfach nur da. "Fukano!" Ich wusste, dass etwas nicht stimmte. Er stand wieder auf, doch irgendetwas war anders. Beinahe jeder Schritt schien ihm auf einmal Schmerzen zuzufügen. Fukano war vergiftet. Mit wütendem Blick sah ich Hornliu und seinen Trainer an. Nun, ich war wütend auf sie. Aber das waren die Risiken eines Pokémon-Kampfes. Und diesen Risiken musste man sich immer bewusst sein. Also galt es jetzt, zu kämpfen. "Fukano, vorwärts! Setz Biss ein!" Er gehorchte und biss abermals zu. Hornliu ging zu Boden. Ihm folgte ein Raupy, doch mit zwei Bissen konnte Fukano auch dieses erledigen. Wir ernteten unsere Belohnung und zogen weiter, doch ich hatte nichts, um Fukanos Schmerzen zu lindern. Es war die erste Hürde, die ich zu überwinden hatte. Die wir beide zu überwinden hatten. Es gab für uns keinen Weg zurück, wir mussten vorwärts, wir hatten ein Ziel. Und je weiter wir gingen, umso mehr wurde mir bewusst, dass ich auf den Jungen hätte hören sollen. Ich musste mich korrigieren. Er war kein Idiot. Er war ein Mistkerl. "Hey! Ein Pokémon-Trainer stiehlt sich nicht so einfach davon!!!" Und schon waren wir in den nächsten Kampf verwickelt. Zwei Hornliu, ein Kokuna. Und auch die raubten Fukano wieder an Kraft. Wir kämpften uns nun gemeinsam durch den Wald, da ich ihn nun nicht mehr alleine lassen wollte. Ich brauchte ein Gegengift, dringend… Fukano bellte, doch unter seinen Schmerzen klang es eher kläglich. Er tapste durchs Gras und begann an einer Stelle plötzlich zu scharren. "Hast du was gefunden?" Ich ging auf die Knie. Es war Glück im Unglück. Dort lag tatsächlich ein Gegengift. Fukano jaulte auf. "Komm her", sagte ich und nahm Fukano auf meinen Schoß, während ich nach dem Gegengift griff. Wenn ich es jetzt nicht benutzen würde, würde ich es bereuen, auch wenn ich den Einsatz solcher Medizin nicht besonders guthieß. Es ging hier schließlich um meinen Partner. Und für den würde ich alles tun. Also setzte ich das Gegengift ein. Die Vergiftung wurde geheilt. Dankbar legte Fukano mir seine Pfote auf die Schulter. Ich lächelte. "Du glaubst doch wohl nicht wirklich, dass ich dich so einfach hängen lasse, Partner." Wir irrten sehr lange durch den Wald. Dabei waren die dichten Bäume nicht gerade ein Vorteil, es wurde immer schwieriger, das Sonnenlicht zu sehen. Und das machte es nur noch umso schwieriger, den Pfad nicht aus den Augen zu verlieren. Wir fanden einen Trank im Gestrüpp, um Fukano notfalls zu heilen. Denn noch hatten wir nicht alle Trainer besiegt. Und auch den Ausgang hatten wir noch nicht gefunden. Und mein Gefühl sagte mir, dass wir ihn heute auch nicht mehr finden würden. Es mussten Stunden vergangen sein, die mir eher wie Minuten vorkamen, in denen wir auf und ab kletterten, uns durch dichtes Gestrüpp zwängten, hin und wieder auf einen weiteren Käfersammler mit Raupy und Hornliu stießen und Fukano erneut Gefahr lief, vergiftet zu werden. Ich konnte es nicht leugnen. Ich hatte Angst. Genau wie damals, als… Nein, ich durfte keine Angst zeigen. Ich musste den Weg aus diesem Wald hinaus finden. Und nur Fukano konnte mir dabei helfen. Also gingen wir weiter, verirrten uns weiter, und standen irgendwann orientierungslos mitten im Wald. Ich war müde, und auch Fukano war durch die ganze Lauferei ziemlich erschöpft. Es wurde schon dunkel, das Licht wurde immer spärlicher und schon bald konnten wir kaum noch etwas sehen. "Es bringt nichts, Fukano", sagte ich, als wir eine winzige Lichtung erreichten, und warf meinen Rucksack ab. "Komm, wir ruhen uns aus. Wenn wir bei Nacht durch diesen Wald laufen, dann finden wir noch weniger den richtigen Weg. Lass uns hier übernachten, morgen brechen wir wieder auf, dann bist du auch wieder fit." Ich ließ mich ins Gras fallen. Fukano tapste müde um mich herum, legte den Kopf auf meinen Schoß und schloss die Augen. Ich strich ihm über sein weiches Fell, während ich mich umsah. Ein wenig unheimlich war es hier schon. Natürlich, ich hatte schon schlimmere Orte gesehen als den Vertania Wald, schließlich waren die Pokémon hier auch nicht besonders stark und wir waren schließlich nicht eingeschlossen, aber dennoch hatten wir keine Ahnung mehr, wo wir waren. Es war eine furchtbare Nacht. Der Wind pfiff unheilvoll durch die Blätter der Bäume, das Rascheln ließ mich jedes Mal aufschrecken. Ich konnte kaum schlafen. Fukano hatte sich mit geschlossenen Augen zusammengerollt, doch seine Ohren zuckten bei jedem ungewöhnlichen Geräusch. Womöglich schlief auch er nicht wirklich. Doch wir mussten, beide. Je eher wir schliefen, umso eher konnten wir wieder aufbrechen und diesen verdammten Wald verlassen. Und umso eher waren wir außer Gefahr … denn so völlig übermüdet mitten im Wald, waren wir für jeden ein leichtes Ziel… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)