Zauberding in meinem Schrank von Mondfalter (Monday Muse Oneshort) ================================================================================ Kapitel 1: Oneshort ------------------- Obwohl es mitten in der Nacht war und sie sich in einem finsteren Kellergewölbe befanden, schien die Stille ein unerreichbares Gut zu sein. Vielleicht war es der Instinkt der Mädchen, welcher sie dazu brachte ihre Angst und ihre Aufregen weg zu plappern. Vielleicht waren es die wundersamen Geräte, Bücher und Gegenstände in diesem Raum, die sie leise wispern ließen. Die Lehrmeisterin hatte sich Mühe gegeben den Raum einzurichten, denn er schien durch seine unwirkliche Erscheinung vollkommen zu sein. Im Gegensatz zum Rest der Untergeschosse, war dieser Raum vollgestopft mit Gegenständen. Wie eine Oase in der Wüste, dachte Naeja unwillkürlich. Die Lehrlinge hatten auf den Stühlen Platz genommen, welche in einer undurchschaubaren Ordnung standen. Egal auf welchem Platz sie saßen, war es ihnen möglich alle Apparaturen und Aufbauten zu sehen. Ebenso wie die Lehrmeisterin welche ihnen gegenüber in einem Lehnsessel saß. Sie wirkte klein und zerbrechlich im Vergleich zu dem massiven Stuhl. Das Licht welches überall um sie herum brannte, ließ ihre weiße Haut erstrahlen. Das dunkle Haar fiel in großen Locken über ihre Schultern, hob sich ab von ihrem weißen Gewand. Die Hände hatte sie in ihrem Schoss in einander gefasst. Ihr Blick fiel auf jede der Schülerinnen, die sie gleich wohl mit Nachsicht, Ernst aber auch einer Spur mit Mitgefühl an blickte. Es war das erste Mal, dass Naeja eine Lehrkraft als unpassend für ihr Fach empfand. Es war auch das erste Mal, dass sie sich gewaltig irren würde. Die Meisterin hob die Hand und die Kerzen im Raum erloschen. Ihr warmes Licht wurde ersetzt durch blaue leuchtende Kugeln die in seltsamen gläsernen Kästen an der Wand aufglommen. Ein erschrockenes aber auch anerkennendes Raunen drang durch die Bänke. „Ich freue mich sehr, dass die Schatten euch nicht davon abschrecken konnten den Weg zu finden.“ Die Lehrmeisterin ließ offen ob sie damit den Weg in ihr Klassenzimmer meinte oder ob sie sich auf ihr Fach generell bezog. Die Worte passten jedoch perfekt zu ihrer melodischen Stimme welche von einem denzenten elfischen Akzent durchzogen war. Es war Naeja erst nach einiger Zeit an der Zaubererakademie aufgefallen, aber alle Elfen zeichneten sich dadurch aus, dass sie die Worte langsam und stark betont aussprachen. Fast so als würden sie ein Gedicht aufsagen. „Ihr alle seit beinahe vollwertige Zauberinnen“, begann sie wieder. „Doch eure wahre Lehrzeit wird erst beginnen wenn ihr dieses Schloss verlassen habt. Selbst die Hellseher erblicken nur einen kleinen Teil in eurem Leben, einen Moment in der Lebenszeit. Keiner kann euch sagen, welchen Weg ihr beschreiten werdet, welche Worte sich in euren Geist brennen, ob ihr scheitern oder siegen werdet.“ Die machte eine Pause und Naeja, spürte so etwas wie Furcht in sich. Die dunklen Haare schienen mit der Dunkelheit um sie herum zu verschmelzen und die hellen Augen der Meisterin schienen zu leuchteten. „Doch für den Moment, werden wir mit der Magie beschäftigen.“ Sie erhob sich aus ihrem Stuhl und Schritt sicher zu einer der Glasgefäße und öffnete es. Das Licht darin hüpfte hinaus, zischte einige Male um die Schülerinnen, ehe es in der Mitte des Raum stehen blieb. Wild tanzte es um sich selbst, sprang auf und ab, ließ helle Funken stoben. Die Mädchen betrachteten es aufmerksam und auch etwas Ängstlich. „Ay’laneva“, sprach die Meisterin und ihr Dialekt schien noch stärker hervor zu treten. Naeja überlegte ob sie dieses Wort notieren sollte, auch wenn sie nicht sicher war was es bedeutete. Sie sah auf den Tisch vor sich, konnte ihr Blatt jedoch nicht einmal erkennen. „Die Menschen nennen es auch, das verfluchte Licht. Sie glauben es führt sie in die Irre oder ist ein böser Zauber“, begann die Lehrmeistern zu erzählen und Schritt langsam um das Licht herum. Die Kugel schien dies zu irritieren, denn sie begann nun hektisch hin und her zu springen, also wolle sie vor der Zauberin fliehen. Schließlich blieb diese stehen und sah zu der Schülerin vor ihr hinab. „Du bist eine Heilerin“, schlussfolgerte die Meisterin rasch, wohl an Hand der Lehrlingsrobe. „Warum bist du hierhergekommen?“ In ihrer Stimme lag kein Vorwurf, keine Verwunderung, lediglich Neugier. „Man muss einen Fluch kennen, um ihn zu lösen“, antwortete die Schülerin. Es klang ein wenig wie eine Phrase, die sie auswendig gelernt hatte und nun voller Stolz aufsagte. Die Lehrmeisterin antwortete nicht sondern Schritt weiter. „Die Schatten verraten ihr Geheimnis nur denen, die ihre Worte hören wollen.“ „Also verbinden die Ay’laneva einen mit bösen Geistern?“, fragte die Schülern zu Naejas Rechten. „Nein, die Ay’laneva sind lediglich magische Lichter, geboren aus den Blüten des Vaters des Waldes.“ „Der Vater des Waldes?“, wiederholte die angehende Heilerin nun. Die Lehrmeisterin blieb nun vor ihrem Stuhl stehen und betrachtete die Runde. „Der Vater des Waldes ist ein magischer Baum. Früher stand er in jedem Wald, doch nun ist er so gut wie ausgestorben. Die Zauberer brachen seine Äste um daraus mächtige Zauberstäbe und Artefakte zu machen. Denn in dem Baum stecken Kräfte, nur darauf warten entfesselt zu werden. Ganz zu schweigen von seinen blauen Blättern und dem violetten Stamm. Der Vater des Waldes erstrahlt in unvorstellbarer Schönheit, was leider sein Tod sein wird.“ Sie machte einen Schritt zur Seite und griff nach einem Gegenstand, welcher nun im Dunklen verborgen lag und hob ihn hoch. Als sie in ins Licht hielt war leicht zu erkennen dass es sich dabei um eine Art Sanduhr handelte. Jedoch rieselte im Inneren eine rote Flüssigkeit von dem oberen Gefäß in das untere. Eine Gelbe Schritt der Roten entgegen und flog –der Schwerkraft zum Trotz- von unten nach oben. In der Mitte, wo die beiden auf einander trafen vermischten sie sich nicht sondern sprangen als winzige Tropfen an einander vorbei. „Dieser Gegenstand beispielsweise wird mit dem Harz des Vaters gefüllt. Auch der Vater des Waldes gibt sein Harz nicht willkürlich ab, ebenso wie jeder andere Baum. Um an das Harz zu gelangen muss man den Baum zum Weinen bringen. Mit anderen Worten: eine unschuldige Seele wird aus seinem Reich gerissen.“ Es folgte eine kurze Pause in welcher die Mädchen mit weit aufgerissenen Augen auf die beiden Flüssigkeiten im Inneren schauten. „Das Blut des Opfers und die Tränen des Baumes ermöglichen es eine Seele, für einen kurzen Zeitraum, mit Verzweiflung und Trauer zu füllen und sie so dem Jenseits zu entreißen.“ „Nekromantie ist verboten!“, warf jemand rasch ein. Naeja sah die Anderen an, konnte jedoch nicht sagen wer es gewesen war. Die Lehrmeisterin lächelte und entblößte dabei erstaunlich spitze Eckzähne. „Das stimmt, daher ist der Besitz der Seelenuhr auch nicht gestattet. Innerhalb der Akademie ist sie nicht von belangen, denn auf dieser Insel wurde kein Toter zur Ruhe gebettet. Es ist also nicht möglich jemanden zu wecken.“ „Wieso tut jemand so etwas?“, fragte nun die Heilerin und ihre Stimme war leise vor Entsetzen. „Es gibt nicht viele Seelenuhren und die meisten von ihnen werden streng unter Verschluss gehalten“, erklärte die Lehrmeisterin geduldig. „Tatsächlich wurden sie wohl seltener von Nekromanten gebraucht und hergestellt, als von Menschen deren Verstand vor Trauer und Verzweiflung gelähmt wurde. Es erfüllt den Wunsch, noch einmal mit dem Verstorbenen reden zu können, ihn etwas Fragen zu können und Abschied zu nehmen. Doch der Preis ist hoch.“ Sie stellte die Seelenuhr wieder an ihren Platz zurück und griff nach etwas anderem. Es war eine kleine unscheinbare Kiste, welche sie öffnete. Sie zog etwas daraus hervor und stellte die Kiste zur Seite. Nun schritt sie näher in den Lichtkreis. Langsam hob sie die Hand und nur mit Mühe konnte Naeja erkennen was ihre Lehrmeisterin ihnen zeigte. Es handelte sich um einen kleinen Schädel der an einem geflochtenen Lederband hing. Der Größe und Form nach zu urteilen musste es sich bei seinem Besitzer um eine Ratte oder ein vergleichbares Nagetier handeln. Der Schädel war aufwendig verziert worden mit Runen, welche Naeja nicht kannte. „Auch dieses Objekt steht in der Verbindung mit den Toten. Er hat jedoch einen vollkommen anderen Zweck.“ Das kratzen einer Feder auf Pergament war zu hören. „Mit diesem Objekt wird ein Toter verflucht, für immer regungslos in seinem Körper zu verweilen und seinen Verfall zu erleben. Eine grausame Bürde, welche nur bei sehr schweren Verbrechen angewandt wurde. Jedoch sind solche Mortak-Amulette keine Seltenheit, da ihre Herstellung sehr einfach ist. Der Fluch wird übrigens durch das Zerstören des Amuletts gelöst.“ Behutsam legte sie dann die Kette wieder in ihre Kiste und stellte diese auf dem Tisch ab. Dort blieb sie stehen wie ein Mahnmal für die Lehrlinge. Die Lehrmeisterin hingegen, schritt zu einem der Regale und nahm etwas Großes hervor und stellte es auf den Boden vor ihnen. Der Gegenstand wirkte wie ein kleiner Turm, welcher aus hunderten Zahnrädern verschiedener Formen, Farben und Größen zusammengesetzt worden war. Die Anordnung schien dabei vollkommen willkürlich erfolgt zu sein, man hatte wohl nur darauf geachtet, dass sie gut in einander verankert waren. Im Inneren hing eine Glaskugel an einem Band. Sie war jedoch nicht gut zu erkennen, denn die Zahnräder verbargen hier und da einen Teil von ihr. „Dies ist das Andayma. Ein sehr unscheinbares Gerät, welches aus einem der magischsten Orte stammt, welchen man sich nur vorstellen kann: Aus der mechanischen Stadt.“ „Ich dachte, die mechanische Stadt ist nur ein Märchen!“, rief die angehende Heilerin. „Auch ich habe sie nie gesehen und weiß nicht wie man dort hingelangt.“, gestand die Lehrmeisterin. „Andayma jedenfalls ist vollkommen real. Man kann es antreiben wenn man ihm etwas opfert. Vorzugsweise ein Gedicht.“ „Was macht es?“, entfuhr es Naeja, welche sich augenblicklich dafür schämte ihre Lehrmeisterin unterbrochen zu haben. Diese schien die Unterbrechung jedoch nicht negativ zu werten, denn sie sagte mit einem geheimnisvollen Lächeln: „Keine weiß welchen Zweck Andayma hat oder was durch seine Zahnräder angetrieben wird. Alles was es tut, ist sich zu bewegen.“ Auch dieser Gegenstand wanderte wieder an seinen angestammten Platz zurück. Doch dieses Mal machte sich die Meisterin nicht daran etwas Neues hervor zu holen sondern setzte sich zurück auf ihren Platz. „Die schwarze Magie bedient sich grundsätzlich an negativer Energie“, begann die junge Frau dann wieder mit einer Erklärung. „Sie wird geboren aus Hass, Trauer und Schmerz. Daher wird sie als grundsätzlich böse angesehen, wobei ihre Ziele nicht zwangsläufig verwerflich sein müssen. Ihre Zauber sind die Gefährlichsten, denn man kann sie so gut wie nicht beherrschen.“ Es folgte eine kurze Pause. „Ich nehme an ihr seid alle mit dem Grundgerüst der Magie vertraut, ja? Sehr gut. Um die Magie zu nutzen muss man einen Strom aus Magie ergreifen und die Macht umlenken. Die dunkle Magie mit den verbotenen Artefakten macht genau das: Sie öffnet euch einen Kanal mit einer Energie welche um ein vielfaches Stärker ist als sonst üblich. Doch wird sich nicht von euch kontrollieren lassen und wenn ihr zu gierig seid, reißt er euch mit sich in die Finsternis der anderen Welten.“ Die Stille welche zu Beginn noch unerreichbar schien, hatte ihren Weg in das Zimmer gefunden. Die 5 Mädchen saßen regungslos auf ihren Stühlen und betrachteten die Lehrmeisteirn mit vor Angst geweiteten Augen. „Das Spiel mit der Dunkelheit, ist verlockend und berauschend. Doch es hat noch nie ein gutes Ende genommen.“, schloss sie dann schließlich. Mit Zufriedenheit blickte sie ihre Schülerinnen an und rätselte, wer von ihnen wohl zur nächsten Lektion erscheinen würde und wer seine Augen klugerweise vor den Schatten verschloss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)