Pretty Boy von Serato ================================================================================ Kapitel 6: Teil 6- Susu ----------------------- Pretty Boy Teil 6- Susu Tick Tack Tick Tack Alles was ich höre ist dieses verdammte tick tack der Küchenuhr. Die Zeit läuft einfach weiter. Was würde ich dafür geben sie rückwärts laufen zu lassen, aber ich bin weder Superman noch Einstein. Es ist dunkel. Der Tisch ist noch immer gedeckt. Shiba und Haruno sind gegangen. Miyu schläft. Tick Tack Tick Tack Ich kaue auf meiner Unterlippe. Mittlerweile schmerzt es, doch ich mache weiter. Der Schmerz hilft mir mich zu konzentrieren. Immer wieder gehe ich im Kopf durch was ich fragen werde und ich habe schreckliche Angst vor der Antwort. Nervös wippt mein Bein auf und ab. Tick Tack Tick Tack Der Schlüssel fällt ins Schloss und leise öffnet sich die Tür. Als das Licht angeht, sehe ich meine Mutter mit glänzend roten Apfelbäckchen. Ich weiß meine Mutter ist keine Heilige, auf ihren Buchclubtreffen trinkt sie gerne zwei drei Gläschen zu viel Wein und schleicht sich dann immer beschwipst ins Haus. „Oh! Misaki, du bist ja noch wach.“, stellt sie überrascht fest. Ich sollte Morgen mit ihr reden, wenn sie bei klarem Verstand ist, aber solange kann ich nicht warten. „Wieso redet ihr vor Miyu über sexuelle Orientierungen?“, meine Stimme bricht hörbar ein bei dieser Frage. Ich bin mir unsicher, ob ich das Thema wirklich aufwirbeln soll. Vielleicht wissen sie es ja gar nicht. Vielleicht hat Hina einfach nur einen Schwulen Arbeitskollegen. Soll ja nicht selten vorkommen, dass Maskenbildner vom andern Ufer sind. Aber was sollten dann diese sinnlosen Sprüche meiner Mutter? 'Tu nichts was ich nicht auch tun würde' oder die Ermahnung, dass Shiba und Haruno sich benehmen sollen. „Waaas?“, zieht sie mit heller Piepsstimme in die Länge. „An so etwas kann ich mich gar nicht erinnern. Das muss sie aus der Schule haben.“ „Das war auch mein erster Gedanke, nach dem sie meine Klassenkameraden gefragt hatte ob sie Schwul sind. Sie sagt aber, dass ihr da ab und zu drüber redet.“, ich betone deutlich scharf das 'ab und zu', denn das waren Miyus genaue Worte. „Oh je. Ich werde wohl noch mal mit ihr reden müssen. Ich hatte ihr aber gesagt sie soll sich benehmen.“, schwört sie mit Hand aufs Herz. „Darum geht es mir nicht.“, werde ich lauter. „Warum redet ihr über so etwas?“ Sie seufzt tief und legt den Kopf schief. Ich sehe ihr an, dass sie überlegt. Um nichts falsches zu sagen oder um sich raus zu reden? „Wir sollten morgen darüber reden Schatz. Mit Hina zusammen wenn sie von ihrem Freund zurück ist.“ Um sich raus zu reden also. „Wenn ich jetzt schlafen gehen soll, werde ich die ganze Nacht kein Auge zu tun.“, zische ich. Wieder seufzt sie, diesmal tiefer und lauter. Sie kommt schwankend zu mir und setzt sich an den Tisch. Nervös spielt sie an ihrem Ehering. „Du hast eine ziemlich schwere Zeit hinter dir.“, sagt sie langsam und bedächtig. „Ich habe mir nur einen Rat von Hina geholt. Sie sagt wir sollen dich in ruhe lassen, du wirst es uns schon sagen wenn es soweit ist.“ Sie starrt auf ihre Hände während sie redet. Seit sie sich zu mir gesetzt hat, hat sie mich nicht einmal angesehen, aber ich möchte in ihr Gesicht sehen, nur so kann ich erahnen was in ihr vorgeht. „Aber...“, ihre Stimme beginnt zu zittern. „Du hast nie etwas gesagt. Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll.“ Sie holt tief Luft und hält den Atem an. „Misaki, bist du Schwul?“ Zögerlich hebt sie ihren Kopf und unsere Blicke treffen sich. Sie hat angst. Ihre Gesichtszüge zucken kaum merkbar. Ihre Stirn ist in Falten gelegt und ihre Augen glänzen feucht. Sie ist den Tränen nahe. Wenn ich jetzt nein sage, ist es das was sie hören will und alles wäre gut für sie. Nur ich würde weiter lügen müssen. Bis an mein Lebensende? Nein, ich muss die Wahrheit sagen. Ich möchte mir gar nicht erst ausmalen wie mein Leben wird, wenn ich immer aufpassen müsste mich nicht zu verraten. Die letzten zwei Tage der Scharade waren schon anstrengend genug. Drei Jahre im Vergleich zum Rest meines Lebens ist ein himmelweiter unterschied. „Ja...“, antworte ich leise. Sie schluchzt sofort laut auf. Die Dämme brechen. Tränen laufen ihre Wangen herunter, nun kann sie sie nicht mehr zurück halten. Ich hätte nie damit gerechnet, dass es so schlimm für sie sein könnte. „Ist es meine Schuld?“, schluchzt sie. „Hab ich dich nicht männlich genug aufgezogen, durch die ganzen Mädchensachen? Bist du es, weil dein Vater zu wenig Zeit mit dir verbracht hat und du immer nur bei uns warst? Vielleicht ist es ja nur eine Phase? In deinem Alter ist man schon mal neugierig.“ Es ist schwierig sie zu verstehen, wenn sie redet und gleichzeitig heult wie ein Schlosshund, aber das was sie sagt gefällt mir nicht, milde ausgedrückt. „Du wirst nie Heiraten können, oder Kinder kriegen. Bitte Misaki, versuch doch normal zu sein.“ Jetzt reicht es! Ich hau auf den Tisch und ein lauter Knall hallt durch den Raum. Erschrocken starrt sie mich an. Immer wieder wird sie von schluchzern geschüttelt. „Misaki...“, keucht sie. „Das ist doch keine Krankheit, die man nur auskurieren braucht. So etwas ist in einem drin, da kann keiner was für.“, knirsche ich mit den Zähnen. Ich vermeide es sie anzusehen. Es erschreckt mich, wie sie darüber denkt, dass hätte ich nie erwartet. Sie war doch bis eben so locker und nun geht ihre perfekte heile Welt plötzlich unter, weil sie nicht auf meiner Hochzeit tanzen kann? „Ich kann dich gerade nicht ansehen. Ich habe angst etwa zu sagen was ich bereuen könnte, aber ich hoffe, dass du deine Haltung dazu noch mal überdenkst, sonst haben wir ein Problem miteinander.“ Ich stehe langsam auf. Sie rührt sich nicht. Sie versucht ihr weinen zu unterdrücken und holt unkontrolliert Luft. Immer wieder schüttelt es sie. Sie hat sichtlich mühe sich zu beruhigen. Ich kann das nicht mit ansehen. Es tut weh sie so aufgelöst zu sehen. Ich gehe zum Eingang und schnappe mir meine Schuhe. „Misaki? Wo willst du so spät noch hin?“, fragt sie hektisch. Ich atme tief durch und gehe durch die Tür. „Misaki! Bitte lauf nicht wieder weg.“, ruft sie und ich höre ihre angst, aber ich bin zu sauer. Das Schloss fällt hinter mir zu. Ich muss weg. Einfach nur weg. Egal wohin. So setze ich einen Fuß vor den anderen. Ziellos gehe ich durch die Straßen, die von den Laternen schwach beleuchtet werden. Die kleine perfekte Vorstadt Idylle. In einigen der Häuser brennt noch Licht. Ich sehe Männer im Anzug nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommen. Drinnen werden sie freudig begrüßt von Frau und Kind. So etwas gab es bei uns schon ewig nicht mehr. Mein Vater war schon immer viel Unterwegs um Erdvorkommen vor Ort zu studieren. Es ist seine große Leidenschaft im Dreck zu wühlen. Wahrscheinlich liebt er es mehr als meine Mutter, sonst wäre er doch nicht so viel weg. Und jetzt die Sache mit Kalifornien. Über zwei Jahre ist er schon dort und drei weitere sind noch geplant. Wenn er wieder da ist, wird Miyu in der Pubertät sein. Hina wahrscheinlich ausgezogen. Aber ich? Die magische drei. In drei Jahren kommt mein Vater und ich bin hoffentlich mit der Schule fertig. Wie wird Dad es auffassen, dass ich schwul bin? Wird er so reagieren wie Mum? Wird es noch schlimmer? Jagt er mich aus dem Haus? Die Kraft weicht aus meinen Beinen im Angesicht meiner Hilflosigkeit und ich sinke zu Boden. Mitten auf dem Weg. In der tiefsten Dunkelheit. Am vielleicht zweitschlimmsten Punkt meines Lebens. Habe ich die Kraft das noch mal durch zu stehen? Ich finde mich in hell beleuchteten Straßen wieder. Bunte riesige Werbeanzeigen prangen an den Fassaden der Hochhäuser. Selbst Dienstag Nacht ist hier im Zentrum Tokios die Hölle los. Ich habe kein Geld bei mir. Ich bin kopflos losgestürmt, dass ich nicht mal mein Handy dabei habe. Und zu allem Überfluss stecke ich immer noch in der viel zu großen alten Schuluniform meiner großen Schwester und stinke sicherlich wie ein Iltis nach dem heißen Tag. Wenigstens ist es jetzt abgekühlt. Eine angenehm warme Sommernacht. Zu Fuß hat es lange gedauert, aber endlich bin ich in Shinjuku ni-chóme angekommen. Hier bin ich schon zur meiner Mittelschulzeit immer her gekommen, nach dem ich mir bewusst geworden war, dass ich vom anderen Ufer bin. Denn hier ist die Schwulenszene Tokios. Ich habe viel Zeit damals hier verbracht. Hier werde ich verstanden. Hier hatte ich immer wen der mir zuhörte. Hier kann ich ich selbst sein. „Oh verdammte Scheiße! Misaki, bist du das?“ Als ich mich der Stimme zuwende, blicke ich in ein vertrautes Gesicht. Zugegeben, er hat sich sehr verändert, aber sein freundliches Gesicht erkenne ich sofort wieder. Er hat deutlich mehr Tattoos und Piercings als vorher und auch seine regenbogenfarbenen Haare sind mir neu, aber er ist es. „Susu?“, frage ich deutlich überrascht. Ich habe wirklich nicht gedacht überhaupt noch jemand bekanntes hier zu treffen. Er rennt mich fast um und umarmt mich überschwänglich. „Gott verflucht! Bist du eine Transe geworden, oder zwingt dich dein Sugar Daddy diese niedliche Matrosenuniform zu tragen?“, er lacht sich halb tot bei meinem Anblick. Susu heißt eigentlich Subaru Tsuba und hat mir hier alles gezeigt. Er ist für mich, wie dieser eine verrückte Onkel, der scheinbar in jeder Familie existiert. Den man immer wieder zu Familienpartys einlädt und alle hoffen, dass er nicht kommt. Nur man selbst freut sich wahnsinnig auf ihn, weil die Zeit mit ihm so viel Spaß macht. Er ist fünf Jahre älter als ich und lebt seit zehn Jahren in dieser Szene. „Wir haben uns viel zu erzählen. Lad mich auf eine Nudelsuppe ein.“ „Ich muss dich enttäuschen, ich habe kein Geld bei mir.“ Ich zwinge mir ein lächeln auf und zucke entschuldigend mit den Schultern. Er überlegt nicht lange und grinst mich verschwörerisch an. „Na, dass soll uns nicht aufhalten. Klimper ein bisschen mit den Wimpern und lehn dich nach vorn, hast einen schönen Einblick ins Dekolletee. Das kriegen wir schon hin.“ „Was?“, quieke ich erschrocken und verschränke die Arme vor der Brust. Es hat tatsächlich geklappt. Ich staune über meinen Mut, aber Susu´s Art stiftet einen einfach zu Blödsinn an. Das letzte mal hab ich als Kind was umsonst bekommen, als ich noch niedlich und klein war. Allerdings habe ich seine Handynummer gleich mit dazu bekommen. Susu lacht sich schlapp über meinen verdatterten Gesichtsausdruck. Seine riesigen Tellergleichen Ohrringe wackeln dabei. Sie sind so groß wie das Puppenservice meiner kleinen Schwester. Als wir uns das letzte mal sahen, fing er gerade erst damit an sie zu weiten. Sein übergroßes Tanktop lässt mir einen großzügigen Blick auf all seine neuen Tattoos. Viele Schriftzüge auf einer anderen Sprache. Wahrscheinlich Latein, da hat er ein faible für. Und Tattoos von Kussmündern. Die hatte er damals schon, nur sind es mehr geworden. Er sagt, dass soll seinen Bettgeschichten es leichter machen wo er es gern hat. Ich habe es zwar nicht mit eigenen Augen gesehen, aber die hat er auch dort wo der Stoff der Jeansshorts das bisschen Haut bedeckt auch. Es ist nicht so, dass er sie mir nicht hätte zeigen wollen, er ist der erste der sich die Hosen runter zieht wenn einer ruft “hier“, er ist nicht wählerisch, ich wollte es nur nicht genauer wissen. Mit seiner Freizügigkeit komme ich nicht so recht klar, aber seine offenherzige Art macht jedem den Umgang mit ihm leicht. „Du kommst also frisch aus Kalifornien? Das erklärt deine sexy Karamell gefärbte Haut.“, grinst er anzüglich und zeigt mit seinen Essstäbchen auf mich, die er langsam runter wandern lässt. „Bist du überall so braun?“, fragt er als sie auf meinen Rock zeigen. Die röte schießt mir ins Gesicht. Wieder seine freizügige direkte Art. Ein wenig bewundere ich das ja. Ich hätte auch gerne gelegentlich den Mut, dass zu sagen was ich denke. In Gedanken versunken sehe ich ihm beim essen zu. Als er mit seiner Nudelsuppe fertig ist, schiebe ich ihm meine zu. Meine letzte Mahlzeit ist zwar eine Weile her, da ich das Abendbrot mehr oder weniger habe ausfallen lassen, aber durch den Zoff mit Mum habe ich einfach keinen Appetit. Susu allerdings sieht so aus, als ob er schon länger nichts mehr gegessen hat. Er ist schrecklich dünn geworden. Sein Schlüsselbein und seine Schulterknochen stehen so weit hervor, dass man sie locker mit den fingern ergreifen kann. „Bei dir läuft es wohl gerade nicht so gut?“, frage ich ehrlich besorgt. Er zuckt mit den Schultern. „Es gibt gute und schlechte Tage. So ist das, wenn man auf der Straße lebt. Ich bin ein warnendes Beispiel für alle kleinen Jungs die von zu Hause abhauen.“, zwinkert er mir grinsend zu und streicht sein buntes Haar zurück. Die Seiten seines Schopfes sind rasiert, was einen Irokesenschnitt übrig lässt, der in den schönsten Farben der Regenbogenfahne leuchtet die an jeder Ecke zu sehen ist. „Egal was bei dir zu Hause ablief, ihr packt das. Ich kenne niemanden der so behütet und verhätschelt wurde. Ich meine, Herr Gott, du merkst nicht mal das dich jeder Kerl hier sabbernd angafft.“ Was?! Ich sehe mich um. Einige wenden sofort den Blick ab. Andere halten ihn und Prosten mir zu. Reflexartig mache ich mich klein und schaue verlegen auf meine Hände. Ja okay, ich werde angesehen, aber sabbernd?! „Ach Süßer, du merkst es wirklich erst wenn es dir einer sagt was? Na ja, spätestens dann wenn du auf einen Penis “fällst“. Dein Zukünftiger tut mir leid, er wird es echt schwer haben dich davon zu überzeugen, dass du es Wert bist geliebt zu werden.“, kichert er und nimmt sich meine Nudelsuppe. Mein Zukünftiger. Das hört sich so fern an. So als ob es nie geschehen würde. „Du bist immer noch Jungfrau, oder?“, fragt er betont laut. Ich schrecke zusammen. „Sei doch leise!“, herrsche ich ihn flüsternd an. Er lacht. Lacht aus vollem Herzen. So sehr, dass er fast vom Stuhl fällt. Ein lächeln huscht über meine Lippen. Man kann ihm einfach nicht böse sein. Er ist wie das Leben sein sollte, leicht, locker und einfach hundert Prozent natürlich. „Ach Schatz. Du bist Jung und verdammt noch mal wahnsinnig heiß. Wenn du nicht bald mal in die Gänge kommst leg ich dich übers Knie, aber nicht auf die keusche Art.“ „Dann hätte ich es wenigstens hinter mir.“, murmle ich verlegen, den Blick nicht von meinen Händen weichend. Am Rande meines Blickfeldes sehe ich, wie seine Hand näher kommt. Sie findet ihr Ziel auf meinen und drückt sie sanft. Langsam hebe ich meinen Kopf und unsere Blicke treffen sich. Seine Augen sind leicht zusammen gekniffen und seine Lippen zu einer schmalen Linie gepresst. Er sieht leidend aus. Meine so daher gesagte Bemerkung hat ihn verletzt, oder an etwas erinnert. „Verzeih, war nicht ernst gemeint.“ „Das hoffe ich doch, denn du hast wirklich mehr verdient. Und mit mehr meine ich das volle Programm. Blumen, Pralinen, Schmetterlinge, Feuerwerk, Regenbögen und Einhörner!“, sagt er aus voller Überzeugung und mit einem Feuereifer, der sofort auf einen über geht. Ich kann mir ein lachen einfach nicht verkneifen. Einhörner? Was geht nur in seinem Kopf vor? Völlig unerwartend steht ein junger Mann an unserem Tisch und schiebt mir zwinkernd einen Zettel zu. Er geht so schnell wie er kam und lässt uns beide völlig verdutzt zurück. Susu schnappt sich das Stück Papier, noch bevor ich überhaupt begreife was das war und schaut neugierig nach. „Na aber Hallo! Der liebe Aoi würde dich gerne näher kennen lernen und hat dir prompt seine Nummer da gelassen.“ Er Pfeift beeindruckt und grinst mich Stolz an. „Das ist schon die zweite.“, bemerke ich erschrocken. „Was ist nur los? Als ich vor einem Jahr hier war, ist nie was passiert.“ „Da warst du ja auch ein Häufchen Elend. Hast immer nur auf deine Hände gestarrt und niemanden an dich ran gelassen, obwohl du gelegentlich den Barkeeper voll gesülst hast. Du hast nicht ein einziges mal gelacht. Ich habe dich heute das erste mal lachen sehen und das steht dir deutlich besser, als diese miesepetrige Mine. Du hast dich verändert Misaki. Etwas ist anders an dir. Und egal was es ist, behalte es bei, es tut dir sichtlich gut.“, sein sanftes lächeln und seine Worte wärmen mein Herz. Die wohl Hippste Ramenbar die ich je gesehen habe schließt. Es dämmert bereits. Es ist ruhig auf den Straßen. Das größte Gewusel ist dem einzelnen Pärchen, Errungenschaften und allein gebliebenen gewichen. Die Partymeute ist längst weg. Wir haben so lange geredet, dass ich die Zeit total vergessen habe. „Du solltest jetzt wirklich nach Hause gehen Misaki. Deine Mutter ist sicher krank vor sorge. Du kannst ihr das nicht noch mal antun.“ „Das weiß ich nur zu gut, aber so wie wir auseinander gegangen sind, will ich einfach noch nicht zurück.“, mit zusammen gezogenen Augenbrauen sehe ich ihn an und greife nach einem Ende seines Tanktops. Bei ihm konnte ich meine Sorgen für einen Abend vergessen, dass möchte ich noch nicht los lassen. Er seufzt tief. „Ach Schatz, was soll ich bloß mit dir machen?! Sieh mich doch nicht so mit deinem unwiderstehlichen Hundeblick an.“ Er kaut auf seiner Unterlippe, während er überlegt. „Du bist mein einziger Freund Susu.“, gestehe ich kleinlaut und wieder seufzt er. Diesmal mit einem lächeln im Gesicht, aber aufrichtige Sorge steht in seinen Augen. „Du hast einen grässlichen Geschmack was Freunde angeht. Gut, komm mit zu mir. Es ist aber nicht gerade bequem.“ Und er hat nicht gelogen. Wir sind lange gelaufen und unter einer großen Brücke am Ziel angekommen. Er ist nicht der einzige der hier campiert. Auf beiden Seiten der Stützpfeiler erstreckt sich ein geordnetes Chaos. Jeder der hier vorbei kommt, wird denken es ist eine wilde Müllkippe, aber zwischen drin sieht man vereinzelt Männer sitzen. Er führt mich zu seinem Zelt, dass bald mehr aus Klebeband besteht als aus Stoff. Eine provisorische Abgrenzung zu den anderen Zelten mit Autoreifen, in denen er Flaschen lagert. Wenige Kleidungsstücke auf einer improvisierten Wäscheleine und mitten drin Susu, der optisch überhaupt nicht rein passt. „Du darfst dich geehrt fühlen, du bist der erste den ich mit her bringe.“, sagt er nervös. Ich muss gestehen, dass er wirklich ein abschreckendes Beispiel da stellt, wie er selbst sagte. „Wie kam es dazu das du hier gelandet bist?“, frage ich kleinlaut. Er verzieht das Gesicht zu einer schmerzlichen Grimasse, während er sein Gewicht unruhig von einem Bein zum anderen wechselt. „Na ja, es kann halt nicht jeder so nette Eltern haben wie du. Mein Vater hat mich halb tot geprügelt, als er mich mit seinem Arbeitskollegen erwischte. Und jedes weitere mal wenn ich versucht hatte die wogen zu glätten und nach Hause kam auch. Ich war nicht mehr willkommen und auch nicht mehr zu Hause. Erst war ich bei Freunden untergekommen, aber die hatten mich schnell satt. Ich verlor immer wieder meinen Job und seit etwa sechs Jahren lebe ich hier.“, er zuckt entschuldigend mit den Schultern, als ob es ihm leid täte das seine Geschichte nicht spektakulärer ist wie in einem Hollywoodstreifen der mit einem Knall endet. Mich jedoch haut es fast aus den Latschen. „Dir wird das nicht passieren Misaki. Dir ist ein besseres Leben vorherbestimmt.“, sagt er in einem beruhigenden Ton und nimmt meine Hand in seine. „Regenbögen und Einhörner?“, frage ich schwach lächelnd. „Regenbögen und Einhörner!“, bestätigt er mir grinsend. Ende von Teil 6 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)