Dreadlocks & schräge Töne von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 01 - Groupies & Met -------------------------------------- Hallöchen! Ich bin auch mal wieder im FF-Lande ;-) Hier mal was ganz anderes für euch. Einige werden sich sicher noch an die kleine Halloweengeschichte erinnern: Süßes oder Saueres?!* Hier kommt nun, nachdem ich sie euch vor Ewigkeiten versprochen habe, die Geschichte über Adrian, Fionn und dessen Band. Da sie schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, sind die Kapitel nicht allzu lang. Aber ich glaube, das tut der Story keinen Abbruch. ^^ Leider noch notwendig zu erwähnen: Alle Rechte meiner Texte liegen allein bei mir. Meine Texte, mein Eigentum. Unerlaubte Veröffentlichungen, auch nur auszugsweise, auf anderen Plattformen oder Onlineshops sind verboten, und das mache ich Text-Dieben auch rechtlich begreiflich, falls es sein muss. Also? Klauen is nicht. Und wie ich kürzlich erfahren habe, haben meine lieben Leser ihre Augen überall und berichten mir jeden dreisten Text-Diebstahl. Auch ich werde in Zukunft besser aufpassen und genauer hinsehen, was einem auf digitalem Wege angeboten wird. In diesem Sinne wünsche ich euch trotzdem viel Spaß beim Lesen. Eure Fara Und trinkt nicht zu viel Met, sonst tanzen noch die Buchstaben vor euren Augen herum ;-P Eure Fara Dreadlocks und schräge Töne Kapitel 01 - Groupies & Met "Ist nicht ganz deine Musik, was?" Ich schüttle den Kopf. "Nein. Aber es gefällt mir trotzdem hier." Ja wirklich! Es ist richtig ruhig und angenehm, im Vergleich zu den Veranstaltungen, die ich sonst immer besuche. Hier herrscht überall eine besondere Atmosphäre, finde ich. Keine randalierenden Idioten, Besoffene, oder Leute, die einen anpöbeln. Alle sind so nett zueinander. Auch auf dem Zeltplatz. "Siehste? War doch gut, dass du dir über's Wochenende freigenommen hast und mitgekommen bist", meint mein Kumpel Mat und grinst siegreich. "Ja, du hattest recht", gebe ich zu. Etwas Lob hat er heute verdient. Vor allem, da ich in letzter Zeit wirklich viel gearbeitet habe und eine Auszeit ganz gut gebrauchen kann. Ich schreibe für eine große Musikzeitschrift. Ins Besondere Konzertberichte, gelegentlich Interviews mit den Musikern und natürlich freier Eintritt zu den angesagtesten Konzerten und Festivals. Doch dieses Wochenende bin ich mal privat unterwegs. Zusammen mit meinen beiden besten Freunden. Eigentlich ist es ein Wunder, dass wir drei miteinander befreundet sind, denn wir könnten unterschiedlicher nicht sein. Egal, wohin wir gehen, wir fallen auf. Eben weil wir total unterschiedlich sind und man vielleicht nicht gerade vermuten würde, dass wir drei irgendeine Gemeinsamkeit miteinander haben. Peer zum Beispiel. Er fällt einfach überall auf, und das, obwohl er eher ein ruhiger und nachdenklicher Geselle ist. Das er auffällt liegt an seinem Äußeren. Unser lieber, stiller Peer ist ein Goth. Und das durch und durch. Immer stark geschminkt, trägt Piercings und ist natürlich immer vollkommen in schwarz gehüllt. Ganz Schwiegermutters Liebling, sozusagen. Der Andere ist mein ältester und bester Freund Matisse, oder wie wir ihn immer nennen, Mat. Eigentlich ist er ein totaler Durchschnittstyp, würde er nicht ständig mit Leinenhemden und Lederhosen durch die Weltgeschichte laufen. Außerdem hat er sich seit ein paar Jahren einen Bart stehen lassen sowie inzwischen schulterlanges, blondes Haupthaar. Meist sieht er dadurch leicht schmuddelig und wild aus, aber das sage ich ihm natürlich nicht. Mat steht auf diesen Look, was auch kein Wunder ist, denn er fährt seit langer Zeit schon voll auf die Mittelalterszene ab. Und deshalb sind wir hier. Auf einem Spectaculum. Das ganze Wochenende Ritterturniere, Dudelsäcke und dem dazugehörigen Trallala. Tja, und zu guter Letzt, wäre da natürlich noch meine Wenigkeit. Während Peer sich stundenlang Blutengel und Konsorten reinzieht, Mat sich in quietschenden Dudelsacktönen aalt, fahre ich ganz auf der Rock und Industrial Schiene. Dadurch sehe ich nicht mal halb so spektakulär aus, wie meine beiden best buddys. Ich renne den lieben langen Tag in Jeans und diversen Band-Shirt durch die Gegend. Und mit meinen kurzen, ständig wuscheligen, haselnussbraunen Haaren und den grünen Augen sehe ich nicht halb so 'gefährlich' aus wie Peer, aber auch nicht so zerrupft wie Mat. Gott! Verratet ihm bloß nicht, dass ich ihn zerrupft und schmuddelig genannt habe. Er mag zwar ein sehr friedvoller Geselle sein, aber er kann auch austeilen, sage ich euch. Besonders seine berühmt berüchtigten Brenneseln sind gemeingefährlich. Als Junge musste ich immer darunter leiden. Meine Arme sahen wie ein abstraktes Gemälde aus, sage ich euch! Ihr seht also, alles in allem sind wir ein recht unterschiedlicher Haufen, den jedoch schon seit Jahren eine feste Freundschaft verbindet. "Leute ich hab Hunger", verkündet Peer und schielt zu einem der vielen Essensständen. "Wie wäre es mit ein bisschen Sau am Spieß?" "Und was esse ich?", frage ich, denn ich bin seit meiner Kindheit ein strikter Fleischverweigerer. "Schau mal. Da drüben blüht ein Löwenzahnbüschel. Wie wäre es damit?" Peer lacht und kassiert einen Tritt von mir. Wieso machen sich alle über Vegetarier lustig? Wir tun doch niemanden was. Im wahrsten Sinne. Außerdem schmeckt Löwenzahn richtig gut und ist vielseitig einsetzbar. Doch das binde ich ihm jetzt nicht auf die Nase. "Da hinten gibt es gefüllte Teigtaschen." Ich zeige auf den Stand. "Die sahen ganz lecker aus. Geht ihr die Sau schlachten und ich hole mir da was." Allgemeine Zustimmung. Ich habe nichts dagegen, dass sie in meiner Gegenwart Schnitzel oder anderes Getier futtern. Nur hasse ich es, wenn sie mich damit aufziehen. Okay, meist ist das Peer. Mat hält sich da raus. Jedem das seine, ist seine Devise. Ich ergattere mir eine mit Paprika, Knoblauch und Käse gefüllte Teigtasche und laufe langsam wieder zu meinen Freunden, die immer noch vor dem großen Grill anstehen. Tja. Noch ein Nachteil, wenn man Fleisch isst. Nirgends sind die Schlangen so lang, wie vor Bratwurstbuden oder dergleichen. Da fahre ich mit meinem Grünzeug schon besser. Ich überlege kurz, was für ein Spaß es doch wäre, mich jetzt neben Peer und Mat zu stellen, und genüsslich in meine Teigtasche zu beißen, doch 'Mit da rumstehen will ich aber auch nicht.' Deshalb bleibe ich stehen und schaue mich um. In der Zwischenzeit könnte ich ein bisschen allein auf Tour gehen. Gedacht, getan. Ich biege in einen kleinen Seitenweg ab. Weitere Büdchen reihen sich links und rechts neben mir auf. Musik ertönt und wird immer lauter, je näher ich dem Ende des Weges komme. Dort muss irgendwo eine Bühne sein. Überhaupt steht hier an jeder Ecke jemand der Musik macht oder irgendeine Show abzieht. Ich finde es aber eher lustig als spannend. Was sich manche Leute einfallen lassen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Halb interessiert begutachte ich das Angebot der Stände hier. Viel Schmuck, Kleidung, Lederwaren, Teemischungen und, was auch sonst?, Alkohol. Einen Met für nachher könnte ich uns ja noch besorgen ... Plötzlich rempelt mich jemand von hinten an. "Oh! … Sorry! Tut mir leid!", japst mir dieser jemand entgegen, streicht mir merkwürdig warm über den Rücken und rennt an mir vorbei. 'Na der hat es ja eilig!' Und ich krepiere fast an meiner verschluckten Teigtasche. Hustend schaue ich diesem Idioten mit bösen Blicken nach. Kräftiger Rücken auf dem sich dunkle, lange Dreadlocks legen, die von einem Lederband zusammen gehalten werden. Bis zu seinem Hintern gehen sie! Wow! Das muss gedauert haben, bis die so lang waren. Trotzdem kein Grund mich fast an einem Erstickungstod krepieren zu lassen. In seiner linken Hand hält der Kerl eine Laute. Oder sowas ähnliches. Da kenne ich mich nicht so aus. Diese ganzen mittelalterlichen Instrumente verwirren einen doch nur. Da bleibe ich lieber bei meiner E-Gitarre. Hm. Hab schon lange nicht mehr gespielt, fällt mir da ein. Länger kann ich dem Lauten-Kerl nicht hinterherschauen, da er in der Menge verschwindet. Komischer Typ, passt aber zu den ganzen anderen hier. Überhaupt … Ich komme mir mit meiner Jeans echt falsch gekleidet vor. Fast jeder hier trägt irgendein Mittelalterliches Kostüm und sogar Peer passt da mit seinem Kleidungsstiel eigentlich ganz gut dazu. Zu meinem Erstaunen gibt es nicht viele Besucher hier, die sich nicht in irgendein mittelalterliches Gewandt geschmissen haben. Vielleicht sollte ich mir zur Tarnung ein Paar dieser Schnabelschuhe kaufen? 'Eher renne ich nackt hier herum!' Gemächlich laufe ich den Seitenweg weiter, lächle mal hier und mal da einen schnuckeligen Kerl an, die es hier überraschender Weise, ziemlich viele gibt. Die meisten reagieren aber eher verwirrt als erfreut auf meine Flirtversuche. Nun gut. Mann kann auf einem Spectaculum anscheinend nicht alles haben. Am Ende des Weges schiele ich nach rechts. Dort geht es wieder zu den Essensständen rüber, von wo aus ich meinen Erkundungsgang gestartet habe. Ich wage einen Blick zu dem Stand, an dem Peer und Mat sich was zum Beißen holen wollte. Sie warten immer noch. Grinsend winke ich ihnen zu und drehe wieder um. Dann mal schauen, was auf der anderen Seite des Weges so los ist. Wieder lauter kleine Hütten und Stände. Gemächlich wandere ich an ihnen vorbei, schaue mal hier, mal da, aber nichts fesselt mich wirklich. Dann jedoch, kann ich weiter hinten, am Ende des Weges, eine kleine Bühne erkennen. Eine beachtliche Menschentraube wiegt sich davor im Takt der Musik und ich wage mich neugierig näher heran. Das eben gespielte Lied geht zu Ende, brandender Applaus. Wer hätte gedacht, dass die vielleicht fünfzig Leute da vorn vor der Bühne so einen Lärm veranstalten können? Etwas seitlich zur Bühne bleibe ich stehen und versuche den Bandnamen zu erkennen. Irgendein Symbol, welches ich jedoch nicht kenne. Kein Name. Auch die Musiker kommen mir nicht bekannt vor. Einige berühmtere Bands der Szene kenne sogar ich, von Mat her, doch ich glaube nicht, dass die auf so einer kleinen Bühne auftreten würden. Für die bekannteren Bands gibt es die zwei großen Bühnen hinten auf dem Feld, weshalb wir auch hier sind. Mat ist schon ganz aufgeregt. Saltatio Mortis spielt heute Abend. Mat liebt diese Band. Insgesamt vier Musiker stehen oben auf der kleinen Bühne, um das Publikum vor ihnen einzuheizen. Das vorige gespielte Lied war keins, das ich kannte. Dennoch trete ich näher und stelle mich in die hinterste Reihe der Zuschauer. Der Sänger stellt sich vorn an sein Mikro und beginnt als nächstes ein eher ruhiges Lied. Die Menge bleibt ganz still. Ich mag solche Momente. Wenn die Zuhörer ganz der Musik folgen und man das Gefühl hat, eins mit der Band und deren Musik zu sein. Diesmal entzieht sich mir dieses Gefühl leider, da ich, wie gesagt, weder das Lied noch die Band kenne. Trotzdem kann ich es ihnen nachfühlen. Der Sänger singt tief und ruhig und nur seine Akustikgitarre ertönt. Er ist nicht schlecht und seine Stimme gefällt mir. Ich fange an das Lied zu mögen, treibe in den ruhigen Tönen dahin, als das Lied auf einmal mächtig zulegt. Drums erklingen, eine tiefe Flöte und ein Dudelsack. Dachte ich zumindest. Ich sehe jedenfalls keinen. Bis mein Blick auf ein merkwürdiges Instrument fällt, dass vielleicht Ursache der Dudelsack ähnlichen Töne sein könnte. Tasten und eine Kurbel, die der Spieler gleichmäßig dreht. Er hat schöne Finger ... Mein Blick wandert höher. Eng anliegendes Shirt, das einen breiten Brustkorb umspannt. Lange, dunkelbraune Dreadlocks ... Dreadlocks? Den kenne ich doch! Ja! Das ist der Typ, der mich vorhin angerempelt hat! Ganz sicher! Das Lederband, das die Dreads zusammenhält, erkenne ich sogar von hier aus. Irritiert bemerke ich, wie ich seine warme Hand wieder auf meinem Rücken spüren kann. Verwirrt drehe ich mich um. "Adrian! Hier versteckst du dich!" Mat! Wer sonst? "Ja ... Sag mal: Kennst du die?" Ich zeige mit meinem Kinn Richtung Bühne. "Hmm ... Kann sein. Aber ich weiß nicht wie sie heißen." "Schade …" Mat sieht mich überrascht an. "Sag bloß, dir gefällt die Musik auf einmal!" "Ist nicht schlecht", gebe ich zu, was bei Mat riesige Begeisterungsstürme auslöst. "Dann nichts wie da hin!" Er lacht und zieht mich mit nach vorn. Wir kämpfen uns tatsächlich bis ganz nach vorn durch und bleiben direkt vor der nicht allzu hohen Bühne stehen. Komisch mal vor einer Bühne zu stehen, die weder Security noch eine Absperrung hat. Ich könnte einfach hochspringen. "Was ist das eigentlich für ein Instrument?", frage ich Mat und zeige auf das komische Ding mit Kurbel. "Eine Drehleier." "Aha." Noch nie gehört. Ich frage nicht weiter nach, sondern beobachte interessiert das Geschehen auf der Bühne. Na ja, eigentlich beobachte ich bloß den netten Drehleierspieler. Ich mustere ihn sogar ziemlich genau. Während er spielt hat er meist die Augen geschlossen, doch wenn er sie offen hat, kann ich ganz genau die hellen, braunen Augen erkennen, die wild leuchten. Er ist voll in seinem Element. Das Gesicht ist schmal und markant. Ein Dreitagebart ziert den unteren Teil seines Gesichtes, plus einem kleinem Ziegenbart. Absolut nicht mein Typ! Aber zugegeben, er hat was. Und das Spiel seiner langen Finger, die über die Tasten dieses merkwürdigen Musikinstrumentes gleiten, zieht mich immer wieder in seinen Bann. Geschickte, feingliedrige Finger. Was er damit noch alles anstellen könnte … *** Ich weiß nicht, wie lange wir schon vor der Bühne stehen, und ich weiß auch nicht, wie viele Lieder die Band schon gespielt hat. Ich weiß nur, dass ich, so sehr ich mich auch angestrengt habe, mich nicht von diesem Kerl mit Dreadlocks lösen konnte. Er spielte und spielte und ich glotzte und glotzte. Hoffentlich hat er mein Gestarre nicht bemerkt! Er hat zwar einige Male in meine Richtung geschaut, aber ob er meine Blicke mitbekommen hat, kann ich nicht sagen. Wahrscheinlich ist er sowieso viel zu beschäftigt gewesen um etwas davon mitzubekommen. Bei all den Instrumenten, die er da oben gespielt hat, ist das sogar mehr als nur Wahrscheinlich. Neben diesem Drehleier Teil spielte er nämlich noch Harfe und diese Art Laute, welche er vorhin in der Hand hatte, als er mich anrempelte. Und ... Haltet mich für bekloppt, aber ... Wie er da saß, diese Laute zwischen seinen Beinen ... Ich habe noch nie etwas Heißeres gesehen! Ich atme tief ein und schaue Mat an. Peer ist auch bei uns. Keine Ahnung, wann er zu uns gefunden hat. Ich habe nicht auf meine Umwelt geachtet. Meine Augen und Ohren hatten anderes zu tun. "Gut, oder?", fragt Mat mich. Ich nicke nur und starre weiter. Echt jetzt! Ich hab sie doch nicht mehr alle! *** "Das war's leider schon von uns! Aber keine Bange. Ihr könnt unsere Musik gleich in Form dieser kleinen, runden Plastikscheiben erstehen und uns zuhause rauf und runter hören! Und wenn ihr lieb seid, gibt es auch ein paar Autogramme von uns!" Alle Jubeln. Auch ich. Na ja. Ich klatsche zumindest und sauge noch mehr von dem Dreadlock-Typen in mich ein. Schade, dass er schon gleich nicht mehr vor mir stehen wird. "Wir sind Sargas! Und an der Laute, der Harfe und der Drehleier war für euch Fionn ..." Weiter höre ich nicht zu. Fionn heißt er. Fionn ... "Gehen wir? Ich will noch schnell was zu trinken holen, bevor es richtig los geht!", ruft mir Mat zu und deutet mit dem Daumen hinter sich. "Gleich!" Ich muss mir unbedingt eine CD holen. "Geht ihr doch schon mal vor! Ich komme nach!" Mat nickt merklich verwirrt, sagt aber nichts weiter und schnappt sich Peer. Vor dem Merch-Stand drängeln sich die Leute. 'Immer dasselbe', denke ich und grinse. "Suchst du was Bestimmtes?" Erschrocken drehe ich mich um. Fionn! Er lächelt. "Du bist der, den ich vorhin angerempelt habe, oder?" "Ja ...", krächze ich. Er hat mich erkannt? Dann hat er das sicher auch von der Bühne aus getan. Mist! "Sorry nochmal, aber ich hatte es echt eilig." "Schon gut. Hab's bemerkt", antworte ich und zeige auf die Bühne neben uns. Fionn ist größer als ich. Bestimmt einen halben Kopf. Seine Haut glänzt feucht, noch vom anstrengenden Auftritt eben. Ich schlucke nervös. "Du verzeihst mir also? Da bin ich aber froh." Ich nicke nur. "Willst du uns unterstützen und dir eine CD ergattern?", fragt er und grinst schelmisch. Wieso grinst er so? Und wieso habe ich das Gefühl, seine Blicke würden direkt in meinen Kopf schauen? "Das hatte ich vor", gebe ich zu und schaue schnell wo anders hin. "Okay", meint Fionn, dann sehe ich aus den Augenwinkeln, wie er hinter den kleinen Stand geht. Ich kann nicht anders, und schaue ihm nach. Sogar in diesen weiten, schwarzen Hosen hat er einen knackigen Hintern. Okay, er bückt sich ja auch gerade direkt vor mir ... "Hier. Macht genau siebzehn Euro", sagt er und reicht mir eine CD. "Und das gibt es als kleine Wiedergutmachung oben drauf." Ein Shirt mit Bandlogo wird mir in die Hand gedrückt. "Danke ..." "Ich habe zu Danken. Vielleicht sieht man sich ja nochmal. Viel Spaß dir noch", wünscht er mir und kümmert sich um den nächsten Kunden. *** "Sag bloß, du hast dir eine CD gekauft!" Peer grapscht nach besagter CD. "Oha! Und ein Bandshirt", lacht er. "Und?", murmle ich verlegen und hocke mich zu ihnen auf die Wiese. "Wie du weißt trage ich ab und an Bandshirts." Mat wartet auf seine besagte Lieblingsband, die gleich auf einer der großen Bühnen spielen wird. "Sie waren doch ganz gut", erwidert er und nimmt Peer die CD nun ab. "Wie man es nimmt." Peer stöpselt sich seine Kopfhörer ins Ohr. Ich frage mich, wie Mat ihn dazu überreden konnte, mit hier her zukommen. Bestimmt mit der Aussicht auf knapp bekleidete Mädchen und viel Met. Die gibt es hier zuhauf. Besonders, weil es so warm heute ist. Lächelnd schüttelt Mat seinen Kopf. "Wenigstens du bist für Neues offen." "Wie man es nimmt", lache ich und angle mir die CD zurück. Meins! Ich fische das Booklet heraus und blättere es durch. Dafür, dass es so eine kleine Band ist, ist das Artwork ganz passabel. Jeder der Bandmitglieder ist auf einer der Seiten, zusammen mit einem Songtext. Wieder bleibe ich bei Fionn hängen. Er sitzt auf einem dicken Baumstamm, schaut direkt in die Kamera und hält diese Drehleier vor seinem Bauch. Er hat aber auch Augen! Als könnte man darin ertrinken ... "Der hat es dir angetan, was?" Ertappt klappe ich das Booklet zu. "Was?!" Mats Grinsen wird breiter. "Ich hatte schon Angst, du stürmst die Bühne, so wie du ihn die ganze Zeit über angeschmachtet hast." "Was?! Das ... Red nicht so einen Quatsch!" Mein Gesicht wird heiß und ich fühle mich mehr als nur ertappt. "Mach doch nicht so ein Drama draus. Sonst bist du doch auch kein Kind von Traurigkeit." Ja. Normal bin ich in dieser Beziehung ganz offen und auch wenn Mat nicht auf Kerle steht, erzähle ich ihm fast immer, mit wem ich gerade was habe oder wer mir momentan den Kopf verdreht. Aber irgendwie ist mir die Sache mit dem Drehleierspieler peinlich. Ich komme mir vor wie ein Groupie. Und aus dem Alter bin ich definitiv raus! Mit 27 sollte man nicht mehr kreischend vor einer Bühne stehen und ein feuchtes Höschen bekommen! Wenigstens ist mir Letzteres erspart geblieben. "Es wundert mich nur." "Wie meinst du das?", frage ich ihn. "Sei doch mal ehrlich! Du stehst sonst eher auf kleine, süße Kerlchen. Und das ist der Kerl sicher nicht." "Kann sein. Ist aber auch egal. Wahrscheinlich packen sie jetzt schon und machen sich auf den Weg zum nächsten Auftritt." "Ja. Vielleicht ..." Ich weiche Mats Blick aus. Wieso stört es mich so, dass er mich durchschaut hat? "Da! Gleich fängt es an! Peer! Stöpsel raus und vor die Bühne!" Mat stürmt nach vorn. Wer ist jetzt das Groupie? *** "Das Konzert war der Hammer!", ruft Mat und ich stimme zu. Es war wirklich gut. Die Band hat eine mortz Stimmung gemacht und Mat ging ab wie ein Zäpfchen. Das war lustig mit anzusehen. So erlebt man ihn selten. Mittlerweile ist es schon dunkel geworden und die vielen Fackeln, zusammen mit den Gerüchen und der leisen, leicht orientalischen Musik, machen eine richtig schöne Stimmung. "Wollen wir uns noch wo hinsetzen und einen heben? Peer sieht so vertrocknet aus.", feixe ich. "Ohja! Viel Met und Bier!" Was habe ich gesagt? Peer unser Schluckspecht. "Was haltet ihr von dem Stand da drüben. Die haben ein warmes Feuerchen zum drumherum setzten." Mat hat recht. Sieht gemütlich aus. Also nichts wie hin. Mat und Peer sichern uns die Plätze ums Feuer und ich stelle mich für das Met an. Als ich zu ihnen zurückkomme, traue ich meinen Augen nicht. Da sitzt er! Fionn sitzt zusammen mit einem seiner Bandkollegen neben Mat und alle unterhalten sich angeregt miteinander. So ein Mist! Das Gelände ist so riesig und es gibt Unmengen von Ständen! Warum muss er ausgerechnet hier auftauchen? Was mache ich denn jetzt? 'Augen zu und durch.' Ich atme durch und reiche den meinen beiden Freunden ihren Becher. "Hier! Setz dich!", weist mich Mat an. Dieser Schuft! Er verfrachtet mich genau neben Fionn. "Danke", knurre ich ihn an und sende ihn meinen besten Todesblick zu. Er grinst nur und setzt sich den Metbecher an den Mund, während sich mir die Nackenhärchen aufstellen, die anscheinend total angetan sind von Fionns Nähe. "So sieht man sich wieder", spricht mich Fionn an. "Ja. Zufälle gibt's." Ich lächle schief und verfluche meine Nervosität. Was ist bloß mit mir los? "Ihr wart also auch beim Saltatio Mortis Auftritt?" Fionn scheint in bester Plauderlaune. "Ja." Was man von mir leider nicht sagen kann. "Die waren echt gut." "Ja." "Hast du die heute das erste Mal gesehen?" "Ja." Innerlich gebe ich mir einen Arschtritt. Anscheinend ist mein Sprachzentrum ausgefallen. Fionn findet das wohl auch, denn er lacht und zupft sich ein Stück von seinem Crêpes ab, den er schon die ganze Zeit in der Hand hält. "Kannst du auch was Anderes außer Ja sagen?" Da haben wir es! Ich tue beleidigt und sage: "Ja." Jetzt muss auch ich grinsen. "Ich dachte echt, du sagst jetzt nein." Fionn blickt mich geradewegs an. Ich schaue fluchtartig weg, direkt ins flackernde Feuer. "Tut mir leid. Das liegt bestimmt am Met." Gute Ausrede! "Wie viel hattest du den schon?", fragt er mich und knabbert weiter an seinem Crêpes. "Das ist mein Erster." Fionn schubst mich seitlich mit seiner Schulter an, beugt sich dann zu mir uns blickt mir tief in die Augen. Das wärmende Feuer vor uns ist nichts im Vergleich zu der Hitze, die mir gerade von Fionns Nähe entgegenschlägt. "Was … Was tust du da?", frage ich nervös, kann mich diesmal jedoch seinem Blick nicht entziehen. "Sehen, ob du mich anlügst." "Und das kannst du so sehen?" Er runzelt die Stirn, überlegt kurz. "Nein. Aber riechen. Hauch mich mal an." Ich brauche einen Moment, um mich zu sammeln. Im Feuerschein sehen seine Augen aus wie flüssiger Honig. 'Wie passend …', denke ich, nehme geistesgegenwärtig einen Schluck von meinem Met und hauche ihn an. "Siehst du? Ich bin total besoffen", flüstere ich. "Du schummelst." "Gar nicht wahr …" "Wohl wahr …" Plötzlich sind seine Lippen so nah. Ich müsste mich nur einige Millimeter weiter nach vorn beugen, dann könnte ich … "Scheiße Mann! Fuck!!!" Ruckartig fahre ich zurück und schaue mich etwas desorientiert um. "Mensch! Mein Met!" Peer bückt sich und hebt seinen Becher auf. "Du Dussel!", lacht Mat und klopft auf Peers Schulter. "Hol dir einen Neuen." "Muss ich ja wohl!", zischt er, steht auf und läuft zum Getränkestand. Und ich? Mir wird gerade, nach dem Schrecken, erst bewusst, was ich da fast gemacht hätte. Eigentlich nichts Schlimmes, aber mein Herz rast immer noch bedrohlich schnell, nach diesem Fast-Kuss. "Prost." Mat schlägt mit seinen Becher gegen meinen. "Alles klar?" "Ja. … Prost." Ich zwinge mir ein Lächeln auf die Lippen, bevor ich einen großen Schluck des Honigweins nehme. 'Auf meine Unfähigkeit!' Ich hab's vermasselt. Ich traue mich gar nicht rüber zuschauen. Sicher ist ihm das auch unangenehm. Deshalb starre ich in das Feuer vor mir und kralle mich an meinem Becher fest. Musste Peer auch gerade jetzt Becher-Weitwurf üben? Nur einige Sekunden später und … Ach, Mist! Heute ist nicht mein Tag. Immer noch meckernd kommt Peer zurück und setzt sich wieder zu uns. "Diesmal pass aber besser auf dein Gesöff auf", lacht Mat. "Was meinst du denn? Das ich nochmal so dämlich bin?" Alle lachen. Auch Fionn. Nun wage ich doch einen kurzen Blick in seine Richtung. "Du hast eindeutig noch nicht zu viel Met getrunken", meint dieser plötzlich. Als habe er nur darauf gewartet, dass ich ihm wieder meine Aufmerksamkeit schenke. "Wie kommst du jetzt darauf?", frage ich leise. "Sonst wäre dir das nicht so peinlich", lacht er und nimmt mir das Met ab, trinkt einen Schluck und gibt ihn mir wieder. "Außerdem ist der gar nicht so stark." Er zwinkert mir zu und steht dann auf. "Wir machen uns weiter. Man sieht sich." Mat und Peer machen brav winke winke und ich glotze Fionn und seinem Bandkollegen doof, mit unzähligen Fragezeichen über dem Kopf, hinterher. Hat er gerade aus meinem Becher getrunken? Ohne zu fragen? ****** *Link zu Süßes oder Saures?! https://ssl.animexx.de/fanfiction/autor/723837/ordner/-1/order_1_1/340240/ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)