Breathtaking von MoonyLupin ================================================================================ Kapitel 4: At last ------------------ Spätestens als er den Kopf an Matthews Schulter lehnte, hätte er wissen müssen, dass er betrunken war. Tat er ja auch – irgendwo in diesem Mischmasch aus gelassener Benommenheit, zufriedener Gleichgültigkeit und angeheiterten Glücksgefühlen. Nicht, dass er auch nur eines davon zugeben oder gar den Gedanken aufkommen lassen würde, dass es wahrscheinlich eine gute Idee war an der Stelle mit dem Trinken aufzuhören. Aber angefangen hatte er eh nur, um das Ganze hier irgendwie halbwegs ungeniert hinter sich zu bringen. Geendet hatte es im Hier und Jetzt und einem lauten, rauen Lachen, das ihn selbst überraschte, obwohl es aus der eigenen Kehle kam. Es war dem Alkoholpegel geschuldet, keine Frage, und trotzdem erinnerte er sich nicht daran, wann es sich das letzte Mal so ungezwungen, so ehrlich angefühlt hatte. Vor allem, wenn man die Umstände bedachte. Blaue Augen senkten sich auf die eigene Hand, blieben an schimmerndem Gold hängen und dem hypnotisierenden Flackern des Kerzenlichts, das sich darin reflektierte. Zusammenhanglose Gesprächsfetzen schwirrten von der anderen Seite des provisorisch zusammengebauten Palettentischs um ihn herum und er musste glucksen, obwohl er kaum mehr einen Sinn hinter den Worten ausmachen konnte. Eine schwere, warme Hand legte sich über die eigene. „Du hast schon ziemlich viel intus, hm?“ „Absolut“, gestand er sich – oder Matthew? – ohne Widerrede ein und spürte wie die genauso warme Schulter unter seiner Wange amüsiert bebte. Der Druck um seine Hand festigte sich kurz und Hadrian dachte gar nicht darüber nach, als er seine Finger zwischen die des Iren schob. „Solange er noch reden kann, ist er noch nüchtern!“ Der Einwand kam entschlossen von seiner gegenüberliegenden Seite – Matthews Oma, wenn ihn nicht alles täuschte. Im Dunkeln war es manchmal schwer noch hinterherzukommen. „Apfel oder Kräuter,“ folgte direkt die nächste Frage, auch wenn es mehr einer Aufforderung glich, wie ihm nicht zum ersten Mal an diesem Abend klar wurde. Sollte ihm recht sein. „Hauptsache hochprozentig,“ war die bereits in Fleisch und Blut übergegangene Antwort und er löste sich unter der röhrenden Begeisterung der irischen Anwesenden von der Schulter des einstigen Löwen. „So muss das sein! Du gefällst mir, Junge!“ Das war von seiner linken gekommen, da wo sich schon vor zwei Stunden die Cousine des Gallaghers heimisch eingerichtet hatte. Direkt neben ihm, eine Hand sein Knie tätschelnd. „Hoch die Tassen!“ Die Schnapsgläser klirrten als sie gegeneinanderstießen. Übers schwache Licht der Kerzen hinweg konnte er die markanten Umrisse eines anfänglich ziemlich Fehl am Platz wirkenden McAlistairs erkennen. Selbst jetzt entgingen ihm die hochgezogene Braue und der unmerkliche Schwung im Mundwinkel nicht, die eindeutig an ihn gerichtet waren. Im nüchternen Zustand hätten bei ihm vielleicht die Alarmglocken eingesetzt – zu viel unausgesprochene Rührseligkeit, zu viele I’m happy for you-Vibes, die da aus Dorians Richtung geflogen kamen. Aber das Reinblut lehnte sich stattdessen mit seinem Muggelbier in der Hand zurück und ließ sich erneut in das Gespräch mit Nathan Lakewood verwickeln. Oder irgendeinem der so aussah wie er, war nicht immer ganz ersichtlich für ihn, vor allem um die Uhrzeit. „Also—“ Matthews Mutter kämpfte sich aus dem Monstrum einer selbstgebauten Sitzbank nach oben und stakste beeindruckend zielsicheren Schrittes auf die schwarzen Musikboxen zu. Irgendwann im Laufe des Abends hatte Matthew versucht ihm zu erklären, dass sein Muggelton eigentlich die Musik machte und die Boxen nur zur Übertragung dienten. Ziemlich umständlich, wie er gefunden hatte, aber Nala schien kein Problem mit der Vorrichtung zu haben. „Wenn wir schon nicht zur Hochzeit eingeladen waren,“ ein missbilligendes Raunen erfüllte die kühle Sommernacht, Matthew warf ein warnendes „Mum!“ in die Runde, das aber ganz eindeutig allen galt, „dann will ich wenigstens den ersten Tanz sehen! Los! Zack, zack!“ „Mum!“, das Jammern in der rauen Stimme wurde kehliger und lediglich vom eigenen vehementen Protest überlagert. „Keine Chance!“ Doch weder das kategorische Kopfschütteln noch das das soll wohl ein Scherz sein-Schnauben seinerseits schienen bei der Muggeldame Gehör zu finden, denn im nächsten Moment setzte der bis dato rockige Beat aus. „Doch, doch, doch, Honey. Du kommst hier nicht weg, bevor ihr euch nicht mindestens einmal blamiert habt.“ Schon wieder Matthews Cousine. Jen… Jennifer. Für dich reicht Jenny, Schatz. Wie war er nochmal zwischen die beiden geraten? Ein zierlicher Arm quetschte sich unter dem eigenen durch und zog ihn – mit überraschend viel Kraft – auf die Beine. „Keine Sorge, ich stell‘s auch nur in die Familiengruppe, nicht ins Internet.“ „Das machen wir dann!“, grölte es von der anderen Seite unter lautem Gelächter und zum Anstoßen gehobenen Flaschen. Er war sich nicht sicher, ob er folgen konnte, aber lange Zeit darüber nachzudenken bekam er sowieso nicht. Energisch schob ihn Jenny mit den Händen an seinem Rücken in Richtung des schmalen, gepflasterten Platzes im Vorgarten der Gallaghers. Nicht mal Matthews Hand, die nach ihm griff – oder war er es, der seine Hand ausstreckte? – konnte ihn vor der wilden Entschlossenheit der Iren bewahren. Lag aber vielleicht auch daran, dass Matthew selbst von Mutter und Patenonkel auf die Beine gezogen wurde. „Oh fuck“, fluchte er – anscheinend lauter als er eigentlich vorgehabt hatte, dem rollenden Gelächter nach zu urteilen. Aber dann stand Matthew auch schon vor ihm – beide an Ort und Stelle geschoben von etlichen irischen Händen und zurück blieben nur sie beide, begleitet vom peinlich berührten Glucksen des Muggelstämmigen. „Ich befürchte, da müssen wir jetzt durch.“ Hah. Er befürchtete es auch. „Ladies and Gentlemen,” dröhnte die Stimme von Nathan Lakewoods Vater. Harry, oder? Hier war echt halb Irland anwesend. „Mr. and Mr. Gallagher!” Merlin sei Dank war er zu betrunken, um zu protestieren. Ein langsamer Rhythmus stahl sich unter den lauten Pfiffen und Jubelrufen hervor. Warme Finger stärkten den Druck um seine Hand, stahlen sich auf gleiche Art und Weise an sein Becken. „Fuck,“ nuschelte er erneut, diesmal deutlich leiser, auch wenn es nicht weniger für sich selbst bestimmt war als beim ersten Mal. Auch wenn es deutlich abgeschwächter war als noch am Morgen als Matthew auf die glorreiche Idee gekommen war ihm zu stecken, dass seine Eltern eine Hochzeitsparty für sie geplant hatten (“Nichts Großes! Nur was für die Family und so… Wir grillen und trinken ein bisschen, das wars! Ich schwöre!“), konnte er doch den leichten Schwall von Panik nicht unterdrücken, der da erneut in ihm aufkeimte. Das hier war… intim. Intim auf eine Art und Weise, die ihn bisher, selbst wenn sie nur unter sich waren, dermaßen verunsicherte, dass automatische Fluchtinstinkte bei ihm Einzug hielten. Es war wirklich nur dem Alkohol geschuldet, dass das seichte, flaue Gefühl im Magen auch genau das blieb und er sich – statt abzublocken – an den Felsen in der Brandung klammerte. An die warme Hand, die ihn näher zu sich heranzog. An Matthew Gallagher, der ihm sowieso hinterhergerannt wäre. At last My love has come along My lonely days are over And life is like a song Blaue Augen funkelten im Kerzenlicht. Strahlten. Leuchteten. Heller als die verzauberte Decke der Großen Halle es je geschafft hatte. Oder vielleicht war es das konstante Lächeln auf den dunklen Lippen, das fast schon als Grinsen zu werten war. Er sah glücklich aus, als ob ihm sämtliche Sterne vor die Füße gefallen waren. Als ob in ganz Irland und Großbritannien gerade die Uhren stillstanden und nur noch dieser eine Moment existierte. Es war leise, stumm um sie herum. Nur das sanfte Wogen der Musik war zu hören, das leise Wispern von Matthews Stimme an seinem Ohr. „Ziemlich peinlich, oder?“, nuschelte sie, aber klang überhaupt nicht danach als wäre sie wirklich geniert. Zu sanft, zu träumerisch, zu glückselig. „Hm. Ziemlich,“ gestand er sich seinerseits ein und doch schien irgendetwas in seinen Worten das Lächeln des Iren wachsen zu lassen, dem Funkeln eine Innigkeit zu schenken, der er selbst nur schwer standhalten konnte. Matthews Blick quillte über. Schäumte voller Zuneigung und Dankbarkeit und Liebe, die sich pochend und schwer in seinem Brustkorb ausbreitete. Unwillkürlich nahm der Druck um die Hand des anderen Mannes, seines Mannes, zu. Und der Ire gluckste auf – tief und warm – als sich die eigene Stirn mit einem unmerklichen Schütteln an dessen Schulter legte. At last The skies above are blue My heart was wrapped up in clover Wrapped up in clover, baby The night I looked at you “Hey.” Als er keine Anstalten machte Matthew gehört zu haben, spürte er wie der Jüngere ihre verzweigten Hände an sein Kinn hob. Stoppel kitzelten über weiche Haut, verlockend genug, dass er schließlich doch einen Blick riskierte. „Ich werd‘ dich jetzt küssen.“ Ob du willst oder nicht, war das was da noch fehlte und während es bei jedem anderen Paar – jedem normalen Paar – sicherlich awkward und ungeschickt gewirkt hätte, zeugte das vielversprechende Grinsen auf den Zügen des einstigen Gryffindor doch von so viel mehr. Es war sicherlich eine Art des Herantastens – nicht umsonst hatte sich der Brite derartigen Zurschaustellungen bis dato erfolgreich entzogen – aber Matthew kannte ihn zu gut; wusste, dass der Alkoholpegel zu seinen Gunsten lag und seine Mauern auf einem wackligen, weichgeklopften Fundament standen. Wenn nicht jetzt, dann gar nicht mehr heute Abend und wenn Hadrian eines wusste, dann dass der Ire bereits den ganzen Tag darauf gehofft hatte. Jetzt witterte er seinen Moment und gab ihm eine faire Warnung und gleichzeitig die Gewissheit, dass es kein Wenn und Aber gab. Vielleicht würde er sich Morgen noch daran erinnern, dass der Treiber ihm zumindest eine Peinlichkeit ersparte und sich im Takt der Musik mit dem Rücken zu den übrigen Gästen drehte, bevor er den Kopf zu ihm neigte. Das Pfeifen und Johlen um sie herum entlockte Matthew dennoch ein Glucksen, das vibrierend und lebendig an die eigenen Lippen stieß. Es blieb nicht nur bei den Lippen. Hey, I found a dream, That I could speak to A dream that I can call my own I found a thrill to press my cheek to A thrill that I Have never known Merlin sei Dank tendierte er nun wirklich nicht dazu rot anzulaufen – er ließ lieber rot anlaufen – aber als sich ihre Lippen lösten und das stoppelbesetzte Kinn stattdessen über seine Wange kratzte, versuchte ein sanftes Tippen an seiner Schulter Hadrian doch wieder daran zu erinnern, dass sie keineswegs alleine waren. „Schwiegermama ist an der Reihe.“ Wären seine Sinne nicht bereits dermaßen benebelt gewesen, hätte er vielleicht versucht einen geschmeidigeren Abhang hinzulegen (ganz abgesehen davon, dass er sich nie, niemals in diese Lage hätte bringen lassen), aber so folgte dem kurzen Moment des Wehmuts ein erleichternder Funke der Erlösung. Er hatte sein Soll erfüllt und jetzt konnte er sich wieder den Shots— oh, oh. Eine grinsende Jenny stand vor ihm und stibitzte Matthews Hand geradewegs aus der eigenen. Und während sein Hirn noch versuchte zu verarbeiteten, dass die irische Cousine gerade den irischen Löwen aufgefordert hatte, dann musste Nala nicht ihren Sohn gemeint haben, sondern— oh. Oh Shit. Dass ihm für eine Sekunde sämtliche Gesichtszüge entglitten, bemerkte hoffentlich nur der Treiber dessen Lachen mit einem kleinen da kann man wohl nichts machen-Schulterzucken zu ihm herübergetragen wurde. Aber dann war Matthew mit dem Rücken zu ihm und noch bevor er selbst die Flucht antreten konnte, legte sich eine fremde, feminine Hand an seinen Oberarm, während die andere seine eigene Hand an Ort und Stelle dirigierte. Nala Gallagher war eine Naturgewalt. Dessen war er sich bereits am ersten Tag ihrer Begegnung bewusst gewesen. Wenn Matthew von irgendwem sein Temperament hatte, dann von ihr. Und trotzdem ging sie ihm lediglich bis zur Nasenspitze, die blauen Augen frech und fordernd unter einem rot-blonden Pony hervorlugend. Sie machte ihn nervös und das trotz Promille im Blut. Vielleicht weil sie ihm – nicht mit Worten, aber mit Gesten – bereits vor einiger Zeit ziemlich deutlich gemacht hatte, dass sie ihm etwas brechen würde, sollte er es wagen ihrem Sohn noch einmal das Herz zu brechen. Oder vielleicht weil sie ihm zur gleichen Zeit auch das komplette Gegenteil vermittelt hatte, so wie jetzt auch. Ein verschmitztes Grinsen begegnete der eigenen Reserviertheit. Wenn sie ihm seine Anspannung ansah (und er wusste, dass sie es tat; seiner Vermutung nach konnte sie sowas riechen) dann ließ sie es sich zumindest nicht anmerken. Stattdessen schien sie das Spiel zu genießen und lehnte ihr Kinn gegen seine Schulter. Hadrian war sich nicht mehr sicher, wer gerade führte – sie oder er. „Du weißt, dass unsere Tür immer offen ist. Egal wann.“ Er kam aus dem Takt. Ein kurzer Augenblick, in dem er einfach den falschen Fuß vor den anderen setzte. Matthews Lachen hallte über die Musik hinweg durch die kühle Nachtluft. Und in diesem Moment wusste er einfach, dass der Löwe auch das von seiner Mutter geerbt haben musste. Er nickte, kurz und knapp, vielleicht abgestumpft in manchen Augen, doch Nala löste nur den Kopf von seiner Schulter und als sie ihm wissend einen Kuss auf die Wange drückte, spürte der Brite ihr Lächeln dahinter. War schon ziemlich warm mit dem ganzen Alkohol hier. You smiled You smiled And then the spell was cast Yes it was... And here we are in heaven For you are mine... For you are mine At Last Nala schnappte sich ihren Sohn als nächstes. Mittlerweile hatten sich noch ein paar andere Pärchen um sie herum gefunden – eine Handvoll vielleicht, ziemlich überschaubar – aber es gab Hadrian die Möglichkeit den Blick einen langen Moment auf den beiden ruhen zu lassen ohne dabei sofort aufzufallen. Selbst im schwummrigen Licht der Kerzen konnte er die feinen Lachfältchen um die hellen Augen ausmachen, erkannte ihren Spiegel auf den Zügen der Muggeldame. Matthew musste ein Stück in die Knie gehen, als er sie an sich drückte und Nalas Arme sich wie eine Teufelsschlinge um seinen Nacken legten. Bildete er es sich nur ein oder glänzten ihre Augen verdächtig? Eine Hand legte sich an seinen Rücken und als sich der ehemalige Adler ein klein wenig zu unkontrolliert umdrehte, kollidierte er fast mit der Gestalt seines besten Freundes. Dorian – immer der smarte Dachs, der er nun mal war – hielt ihn automatisch mit seiner Hand davon ab. „Du bist betrunken,“ stellte er trocken fest, als ob es ihm erst jetzt aufgefallen war. Das belustigte Schnauben war Hadrian wohl vergönnt. Und da war sie wieder – diese eine dunkle Braue, die das Reinblut so gekonnt nach oben lupfte, nur das dieses Mal weniger Skepsis und mehr stummes Amüsement dahintersteckte. Es wäre ihm mehr auf den Sack gegangen, wenn er nüchtern gewesen wäre. „Der Ring darf also dranbleiben?“ „Ich hasse dich.“ „Das halte ich für ein Gerücht.“ Dorian besaß die Dreistigkeit zu lachen – es war leise und kam nicht im Entferntesten an das laute Getöse der Gallagher-Lakewood-Gemeinschaft heran, aber es war bekannt und familiär und automatisch sackten Hadrians Schultern ein wenig nach unten, gemeinsam mit einem großen Teil seiner Anspannung. Die Hand des McAlistairs hob sich hingegen in einer stillen Frage und obwohl der Halbblüter seine Promillegrenze längst überschritten hatte, nichts würde ihn jemals davon abhalten dieser Einladung zu folgen. Er ließ Dorian führen – das war okay. Wahrscheinlich wäre alles andere auch nicht mehr groß als Tanz durchgegangen. Und während der McAlistair ihm über den langsamen Takt der Musik hinweg erzählte, wie unbeholfen Matthew am Morgen noch vor seiner Tür gestanden hatte, um ihn Zähne knirschend darum zu bitten zur Feier zu kommen, ließ Hadrian die Stirn an die Schulter des Hüters sinken, das Lachen ungehindert in die irische Nacht entlassend. Er hoffte wirklich, dass der nächste Morgen niemals kommen würde und das nicht nur wegen dem bevorstehenden Kater. Yes you are You're mine At last You're mine At last Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)