Harry Potter und die verlorene Zeit von Hermine_Weasley (Buch 8) ================================================================================ Kapitel 6 Teil 1: Siebzehn Kerzen --------------------------------- "Und wenn ich nicht will?" Harry bockte wie ein kleines Kind. Ginny lag neben ihm, den Kopf auf eine Hand abgestützt und ihr Haar über das Kissen fließend. Sie sah ihn tadelnd und auch verletzt an. "Es ist mein Geburtstag, Harry! Du glaubst doch nicht, dass irgendjemand da dann ein großes Ding daraus machen wird, das ich einen Freund mitbringe!" "Doch ganz genau das glaube ich!" Harry lachte humorlos. "Es machen immer alle ein großes Ding draus wenn ich irgendwo hin komme. Du glaubst doch nicht, dass das jetzt anders wird! Jetzt wo ich Voldemort besiegt habe und sie noch einen Grund mehr zum gaffen haben. Ich mein ja nicht mal deine Familie", warf er ein, als sie zum protestieren den Mund öffnete. "Aber es kommen ja auch andere." Ginny hatte den Morgen damit verbracht ihm von ihren Plänen und Vorbereitungen für den anstehenden Geburtstag zu erzählen. Sie beide hatten keine ernsten Themen anschneiden wollen und so war es sicherer gewesen sich darüber zu amüsieren, dass Ginnys Volljährigkeit anscheinend mit der Party des Jahres gefeiert werden sollte. Die Gästeliste umfasste nicht weniger als 100 Leute, die meisten davon waren Ginny selbst vollkommen unbekannt. "'Je mehr desto besser' , sagt Mum. Und jetzt macht es auch keinen Unterschied mehr wie viele noch kommen." Sie zuckte mit den Schultern. "Sie stellen wieder das große Zelt auf, von Bill und Fleurs Hochzeit. Ins Haus passt ja kaum die Familie wenn alle da sind." Harry rollte sich übers Bett und schwang seine Beine auf den Boden. Ginny hatte alles Recht wütend auf ihn zu sein, aber dennoch drehte sich ihm der Magen um bei dem Gedanken daran so vielen Menschen zu begegnen. Drei Monate lang war seine einzige Gesellschaft ein bockiger Hauself und eine eigensinnige Eule gewesen, jetzt Ginny an sich ran zu lassen, kostete ihn bereits sehr viel Überwindung. Ginny kam hinter ihm her gekrochen und schlung die Arme um seinen Hals. "Du musst kommen Harry!" Ihr Ton ließ keine Diskussion mehr zu. Sie drückte ihm einen Kuss in den Nacken und sprang dann aufgeregt vom Bett. "Das ist dann dein Geschenk für mich!" Ginny streckte ihm lachend die Zunge raus, während sie in der Zimmerecke nach ihren Schuhen suchte. Harry beschloss das Thema erst einmal ruhen zu lassen. Der Geburtstag war erst in einer Woche, vielleicht würde er sich bis dahin mit dem Gedanken anfreunden können. "Was tust du da eigentlich?", fragte er Ginny die begonnen hatte herum zu hüpfen, Dinge zu suchen und in ihren Umhangtaschen zu verstauen. "Wonach siehts denn aus, Harry? Ich packe mein Zeug zusammen. Ich muss dringend zurück zum Fuchsbau." Harry sprang entsetzt auf. "Nein! Du kannst doch nicht einfach verschwinden. Ich... Ich brauch dich hier!" Ginny schloss kurz die Augen und grinste leicht. Dann fuhr sie fort in ihrem Aufbruch. "Ginny bitte geh nicht!", Harrys Stimme klang plötzlich peinlich verzweifelt. Sie sah ihn mitleidig an. "Ich bin schon fast eine Woche hier!" "Du bist seit fünf Tagen bei mir und davon hast du drei verschlafen und einen Tag lang nicht gewusst wer ich bin!", protestierte Harry. Ginny grinste ihn an. "Das mag schon sein, aber ich muss trotzdem nach Hause. Ich hab schließlich keinem gesagt wo ich überhaupt hin gehe. Hab nur einen Zettel hinterlassen, dass ich zu dir will. Was glaubst du, was sie sich denken?", sie grinste jetzt breit. "Was werden sie sich wohl ausmalen was wir die letzten Tage getrieben haben?" Harry musste gegen seinen Willen grinsen. "Ich nehme ja mal nicht an, dass du daran gedacht hast, eine Eule zum Fuchsbau zu schicken und zu erklären das ich krank bin, oder?" Schuldbewusst senkte er den Kopf. So viel zu der Zeit die ihm noch blieb. Er trat einen Schritt auf Ginny zu und umfasste ihre Hüfte. "Ich werde dich echt vermissen", flüsterte er in ihr Ohr. "Das ist unfair!", seufzte Ginny während sie sich seiner Berührung hingab. Dann stieß sie ihn sanft von sich weg. "Wir sehen uns ja spätestens am Dienstag! Du kommst und dann sehen wir uns wieder!", sagte sie nachdrücklich und setzte Harry damit buchstäblich den Zauberstab auf die Brust. Er verstand, dass wenn er sie wiedersehen wollte, er in den Fuchsbau kommen musste. Sie würde es ihm nicht noch einfacher machen sie zurück zu gewinnen. "Ja, in Ordnung", sagte er kleinlaut, bückte sich und zog ihren linken Schuh unter dem Bett hervor. "Aber ich kann nicht versprechen, dass ich auch Spaß haben werde!" Ginny kicherte als er ihr den Schuh auf den Fuß streifte. Eine halbe Stunde später standen sie zusammen an der Eingangstür. Ginny hatte ihre wenigen Habseligkeiten zusammen gesammelt und schulterte den Besen. Harry zog seinen Zauberstab aus der Tasche seiner Jeans und klopfte ihn Ginny auf den Kopf. Der Desillusionierungszauber würde sie am helllichten Tag vor den Augen der Muggel bewahren, zumindest wenn sie halbwegs vorsichtig flog. Harry nahm die undeutlichen Bewegungen der Luft war die Ginny darstellte und erschrak leicht als zwei Hände ihn herunter zogen und ein unsichtbarer Mund ihn küsste. "Ich sehe dich nächste Woche!", insistierte Ginny noch einmal, bevor sie hinaus ging und die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Das klickende Geräusch hallte durch das dunkle Haus. Harry saß auf der staubigen Couch auf dem Dachboden. Mit einem Fuß malte er Kreise auf den Boden, die sich im Dreck abzeichneten. Nachdem Ginny fort war, schien ihm das Haus so leer und düster, er fühlte sich eingesperrt und gefangen. Es erinnerte ihn an Sirius. An die Zeit in der sein Pate das Haus nicht hatte verlassen dürfen um sein Leben zu schützen. Es war Dumbledores Anweisung gewesen Sirius zu verstecken. Harry hingegen hatte sich selbst weggesperrt und sich vor seinen Freunden versteckt. Harry blickte zu Boden. Ohne es gemerkt zu haben, hatte er ein Dreieck um den Kreis gemalt. Mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen beugte er sich herunter und zog einen Strich hindurch. Er blickte gedankenverloren auf das staubige Zeichen. Wenn er Ginny wieder sehen wollte musste er endlich sein Versteck verlassen. Er müsste auch erst mal in die Winkelgasse gehen, ihr ein Geschenk besorgen. Wieder lief ihm ein Schauer über den Rücken, bei dem Gedanken an die vielen gaffenden Augen die ihm folgen würden. Aber er konnte weder seinen Tarnumhang nutzen, noch Kreacher schicken etwas zu besorgen. Zumal er noch gar nicht wusste, was er ihr schenken könnte. Vielleicht konnte er sich verkleiden. Er dachte an den großkrempigen Hut den er vor ein paar Wochen im Garderobenschrank unten gefunden hatte. Wenn er sich diesen tief genug ins Gesicht ziehen könnte, würde er sicherlich das meiste seines Gesichts verdecken. Seine Haare waren in dem Jahr auf der Flucht lang geworden und hingen ihm strähnig ins Gesicht. Das würde im Zweifel das übrige tun und ihn tarnen, oder? Ein Rascheln ließ ihn aufschrecken. Er sprang auf die Füße und trat in den Staub vor ihm. Das Rascheln wurde lauter und mit einem knackenden Geräusch strömte plötzlich orangerotes Sonnenlicht in den düsteren Raum. Ein Spalt zwischen zwei Dachschindeln hatte sich aufgetan und während Harry gegen das Licht der untergehenden Sonne blinzelte, erkannte er einen Fuß der sich hinein schob, gefolgt von einem Schnabel. Rubos Kopf drückte sich durch die Öffnung und dann sein großer Körper. Mit einem 'Plopp' war der Vogel drin und der Spalt wieder geschlossen. Harry lachte laut auf und der große Uhu zuckte überrascht zusammen. Einige seiner Federn standen wirr ab und an seinem Hinterkopf hing ein großes Blatt. Rubo steckte den Kopf ins Gefieder und begann sich zu richten, während Harry weiterlachte. "Das Geheimnis ist dann wohl gelöst!", sagte Harry. Er sah hoch in den Dachstuhl. Von der Öffnung war nichts mehr zu erkennen und die dunklen Dachbalken hingen zu hoch um die Schindeln abzusuchen. "Kein Wunder das Kreacher deinen versteckten Eingang nicht finden konnte." Harry grinste breit und zupfte Dreck aus Rubos Federn. "Wobei ich es mir ja eigentlich hätte denken können, dass du hier oben rein kommst." Er streichelte über das Gefieder seines großen, braunen Freunds. Diese Eule die ihn so sehr an Hagrid erinnert hatte und die ihn seine besten Freunde vermissen ließ. "Was denkst du, Rubo? Soll ich endlich mal raus hier?" Harry flüsterte mehr zu sich selbst, aber der Uhu reagierte sofort aufgeregt flatternd. Er blickte hoch zu seinem Eingang, dann wieder Harry an. "Ich würde natürlich die Tür nehmen!" Er lachte wieder und spürte wie sich seine Wangenmuskeln schmerzhaft verkrampften. Er hatte an diesem einen Tag mehr gelacht als im ganzen letzten Jahr. Kreacher war, wie zu erwarten, alles andere als begeistert davon gewesen, dass Harry ausgehen wollte. Nach seinem stürmischen Gefühlsausbruch ein paar Tage zuvor, hatten sich die Wogen allerdings deutlich geglättet. Allem Anschein nach hatte Harry ihm wirklich die schlimmsten Befürchtungen nehmen können und so glaube der Hauself nun Harry als dieser ihm versprach wieder zu kommen. Kreacher hatte einen langen schwarzen Umhang für Harrys Ausflug vorbereitet, so wie auch den Hut an den Harry gedacht hatte. Als Harry so eingehüllt vor dem großen Spiegel in seinem Zimmer stand, fühlte er sich ziemlich verkleidet, aber dadurch auch sicher. Er wusste nicht, an wen er sich erinnerte, jedenfalls nicht an Harry Potter und das war die Hauptsache. Er schob sich eine Strähne des ungepflegten, strähnigen Haars ins Gesicht und blickte finster in das Gesicht des Spiegelbilds. Jetzt erkannte er es. Er erinnerte ihn an eine jüngere Ausgabe seines Zaubertränke Lehrers, an den Severus Snape den er in den Erinnerungen im Denkarium gesehen hatte. Hastig zog er den Hut vom Kopf und zerstrubbelte sich das Haar. Wenn er zurück war, würde er Kreacher bitten ihm wieder eine Frisur zu verpassen. Ein wenig wunderte sich Harry. Früher hatten seine Haare nie wachsen, aber auch nicht gekämt oder geschnitten werden wollen. Seitdem er nach Hogwarts gegangen war, hatte Tante Petunia ihn schließlich auch nur in den Sommerferien zum Friseur schleifen können. Nun vielleicht waren seine Haare ohne die Drohungen seiner Tante weniger stur geworden, dachte Harry und ging die Treppe hinunter. "Ich sollte in ein oder zwei Stunden zurück sein, Kreacher.", sagte Harry zu seinem Hauself. "Mach dir keine Sorgen." Damit trat er aus der Tür und atmete tief durch. 'Mach dir keine Sorgen!, wiederholte er noch einmal für sich selbst und apparierte dann fort. Harry hielt sich an der feucht kalten Mauer des schäbigen Gebäudes fest, in dessen Seitengasse er sich appariert hatte. Das Gefühl des Verschwindens und des zusammengepresst werdens hatte ihm noch nie gefallen und nach einigen Monaten Pause wurde es auch nicht besser. Keuchend stand er in der Gasse unweit der Gringotts-Zaubererbank. Mit Mühe beruhigte er sich wieder und fing an zu überlegen wohin er gehen sollte. Früher einmal hatte er sich gut in der Winkelgasse ausgekannt, aber das war vor seinem dritten Schuljahr gewesen und vor der Rückkehr Voldemorts. Danach waren so viele Läden geschlossen worden und viele der Ladenbesitzer verschwunden oder schlimmeres. Harry würde wohl nichts anderes übrig bleiben als möglichst unauffällig herum zu schauen und auf einen geeigneten Laden und einen Gedankenblitz zu hoffen. Er zog sich die Krempe des Huts weiter ins Gesicht, richtete seinen Umhang und trat um die Ecke in die Einkaufsstraße hinaus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)