Vom exzentrischen Schneider von Shiotose ================================================================================ Prolog: -------- Einst da geschah diese Geschichte, auf diesem schnöden Flecke Erde, den ihr alle Heimat nennt. Once upon a time and many moons ago... Aus den fernen Landen da kam ein träumender Junge her, mit Mut im Herz und großen Zielen, ließ er die Kindheit hinter sich. Erlernte in dieser harten, von wilder Schönheit verzauberten Welt das Handwerk des Schneidermeisters. Obwohl ihm kein großer Ruhm zu ehren wurde, und man ihn mit wenig Münzen und mangelnder Kost abspeiste, das Feuer, es brannte in ihm lichterloh. Vom Tagewerk müd geworden zog es den Lehrling in den nahen Wald, den Körper aufs feuchte Gras gebettet und die Seele vom Blätterrauschen verwöhnt, erschien ihm eine zarte Gestalt. Nah dem See da hockte sie. Zupfte Kraut um Kraut, Pilz und Beere. Ein kunterbuntes Sammelsurium hatte sie zusammen getragen. Ihre Figur mag zart sein und wenig reizvoll, doch inspirierte ihre Ausstrahlung ungemein. Ein neues Ziel schwebte ihm vor Augen! Er wollte Kleider nähen, die diesem Engel schmeicheln mögen. Vorbei war die Zeit von zerlöcherten Socken, den Arbeitskleidern flicken. Großes sollte aus seinen Händen entstehen! Nah der Ritterburg, da stand sein Dorf. Mit eiligen Schritten stürmte er in sein Häuschen, in die dunkle Nähkammer. Weißes Leinen, nicht Samt oder Satin wie die edlen Könige, doch für sie das reinste was er besaß. Schnitt um schnitt, Stich um Stich. Da kam etwas zusammen. Ein Kleid mit zarter Spitze, in der Sonne weiß gebleicht. 5 Monde hatte ihn das gekostet, doch er fand die Arbeit lohnenswert. Zurück zum Ufer an dem sein Schaffensdrang ihren Anfang fand! Jedoch... Er sah umher, weder hier noch drüben oder am Waldesrand. Der Engel war fort. Es vergingen die Tage... Doch kam sie nicht zurück. Im Dorf fragte er nach ihr, doch wusste Niemand von ihr. Von einer Frau mit Silberhaar und grünen Augen. Kapitel 1: Vom exzentrischen Schneider -------------------------------------- Nahe einer Burg im tiefen Mittelalter, da lebte einst ein Schneider. Seine flinken Finger waren weit bekannt, nur trug keiner was diese schufen. Exorbitante Stücke bot er den Leuten an, doch nichts was sie brauchten zur Arbeit. Kleider in feiner Spitze bot er Bäuerinnen an, auf dass diese ihre Männer süß bezirzten. Deren Männern wieder rum feine Hemden und Westen, wie der Adel würde es pflegen sie zu tragen. Alle wiesen sie es ab. Doch standen Reparaturen an ihrer Kleidung an, wurde er gern besucht. Kaputte Ärmel machte er flott, gerissene Hosen fügte er zusammen. Selbst ans Schuhwerk konnte man ihn lassen. Nur halt nicht an ungenähte Stoffe... So verdiente er sich sein täglich Eintopf, denn für Brot war's Weizen zu teuer gewesen, in diesem heißen Sommer. Und obwohl sie ihn schätzten für sein Können, so saß er oftmals im Wald und haderte mit seiner Existenz. Wofür war er am Leben, wenn er nicht das tun darf was er so liebte? Nicht Beachtung fand für das was er leisten konnte. Die Wertschätzung und auch die Geldmünzen waren ihm nicht Nahrung fürs Herz. Er wollte soviel mehr. Kunden die seine Sachen trugen, die durch sein Herz entstanden war, durch die Hand erst auf Papier, dann als Stoff die Form annahm. Aber nie würde dies geschehen... Für den Adel reichte sein Name nicht. Seine Verzweiflung kämpfte sich ins freie, lang war der Seufzer der nun folgte. Er kehrte zurück in sein Heim, und tat was er jeden Tage tat... Stich um Stich, da war der Arm auch wieder dran. Fest gezurrt und umzäumt mit Faden, machten das Werk zum höchsten Gut für die bäuerliche Welt. Um zu vermeiden, dass der Schneider seiner törichten Fantasie sich wieder widmet, bezahlten sie ihn nicht mehr mit guten Münzen, die er leichtgläubig in Stoffe investierte. Für angenähte Knöpfe gab es 3 Eier, je geflickter Socke 2 Tomaten. Erst verwirrt, doch ohne murren ging er darauf ein. Erst spät bemerkte er das Dilemma, die Stoffe für seine eigenen Werke gingen ihm aus. In seinem Beutel war wenig Geld geblieben. All die Ideen die aus ihm flossen, würden nie die Endform erreichen... Zwar verstand er was ihm die Leute sagen wollten und auch sah er ihre Freude, wenn ihre Kleider fertig und zurück zu ihnen kamen. Aber was war mit seinen Wünschen? Während er einen süßen Plunder aß, verflog ihm auf einen Schlag der Geschmack von seiner Zunge. Starr sah er auf seine Hände. All die Kleidung die er mit Herzblut nähte, hatte für niemanden einen Wert. Wofür lebte er? Verzweiflung stopfte ihm den Magen zu, vor Kummer aß und trank er nicht. Kein Mensch durfte mehr zu ihm herein. Mit der Erkenntnis, kam ihm der Lebensmut abhanden. Das ging nun schon seit Wochen so, keinem machte er die Türe auf. Langsam wussten die Dörfler nicht mehr weiter... Da kam eines Tages ein hübsches Mädchen aus dem Wald. Beladen mit einem Wagen duftender Kräuter und Blumen. Die Fee aus dem Walde, so nannte man sie. Ihre grünen Augen mit dem Silberhaar zeugten von nichtmenschlichen Blute. Doch ihr Volk war gern gesehen. Da sie auch sehr weiße war fragte man sie um Rat. Wie dem Schneider in seinem Kummer helfen? Ein Mittel gab es dafür nicht, jedoch wollte sie nach dem Schneider sehen, Türen hielten sie nicht fern. Erst klopfte sie höflich an, dann erst schlüpfte sie durchs Mauerwerk in die Dunkelheit hinein. Keine Kerze erhellte den Raum, sowie auch Hoffnung im Schneider selbst nicht mehr brannte. Er lag entkräftet in seinem Bett, mit Tränenspuren auf den schmalen Wangen. Mit Schrecken sah das stumpfe braun in ihre Lebendigkeit, bis Unglaube ihn erfasste und sie als Geist abtat. So sprach er freimütig zu ihr. “Ich besitze ein Talent was niemanden erreichen kann... Sieh dir die Kleider dort an! Soviel Liebe habe ich in sie investiert, doch keiner möchte sie... Ich bin dem so Leid nicht erhört zu werden, doch sind die Leute so freundlich zu mir. Das ich sie nicht mal dafür hassen kann...“ Ihre Finger ans Kinn gelegt sprach sie ruhig zu ihm. “Vielleicht musst du woanders hin, dir ein neues Heim aufbauen. Doch kann dir keiner sagen ob es funktionieren wird. Ob du Arbeit wie hier finden wirst, ein Ort an dem dein Bett stehen wird. Menschen die dich lieben. Wenn dein Wunsch so große Ausmaße hat, musst du auch einsetzen was du hast.“ Das versetzte den Schneider in tiefes schweigen. War er dafür bereit? Ein Fest am Sommerabend trommelte das Dorf samt Burg auf die weiten Wiesen. Ein buntes Gemisch an Menschen waren zu Gast, unter ihnen der Schneider. Nicht gekleidet wie sonst in schillernder Tracht, er hatte die Garderobe seinem Gemüt angepasst. Grau, schwarz... Noch immer blieb Lebensfreude fern und ihr lachen drang an seine Ohren, jedoch nicht ans Herz. Und so kehrte der Schneider wieder um, erkannt hat seine hagere Gestalt e keiner. Wieder daheim lauschte er von weitem dem Fest, bereute nicht gegangen zu sein. So lieb die Leute waren, sein hungerndes Herz will mehr. Und am Tag als dieses den Beschluss gefasst aufzubrechen, begegnete ihm die Kräutermagd erneut. Auch sie war lang genug hier gewesen und hatte alle Waren verkauft. Beruhigt das sie kein Hirngespenst gewesen war, warf er keck sein Gepäck auf ihren alten Karren. Bevor sie schimpfen konnte nahm er ihr den Wagen ab. “Ich begleite dich ein Stück. Bis ich mein Zuhause finde. Lass mich die Welt noch einmal sehen, nur dieses Mal mit deinen Augen.“ Und sie begannen den neuen Abschnitt seines Lebens zusammen. Doch ob er je sein Glück hat finden können, dass weiß der Autor selbst nicht zu sagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)