Weil wir dafür leben von Goetterspeise (SasuSaku | NaruHina) ================================================================================ Kapitel 9: Weil die Idee dumm ist --------------------------------- Es ist Mittwoch, die Sonne scheint kräftig von oben auf uns herab und wir haben die Schule für heute hinter uns gebracht. Wegen Naruto befinde ich mich allerdings nicht auf dem Weg nachhause, sondern in die Innenstadt. Shikamaru kam heute in der Zwischenstunde zu uns und hat ihn gefragt, wo wir überhaupt hingehen und für wie viele Leute reserviert sei. Anscheinend zwingt irgendjemand – ich wüsste zu gerne wer – ihn, mitzukommen. In diesem Moment fiel Naruto siedend heiß ein, dass er sich darum gar nicht gekümmert hat und nach Rückfrage an uns, musste er feststellen, dass es sich auch nicht auf magische Weise von selbst erledigt hat. Das Ende vom Lied ist nun, dass Sasuke, Ino und ich ihn begleiten, in der Hoffnung noch ein paar Räume zu organisieren. „Macht euch da mal keine Sorge, echt jetzt. Ich kenn da wen.“ Das sagt er bereits zum vierten Mal und langsam glaube ich, er will sich damit selbst beruhigen. „Auf wie viele sind wir vorhin gekommen? 126? Ich weiß nicht mal, ob es eine Karaokebar gibt, die insgesamt groß genug für diese Menge an Leuten ist.“ „Und sind wir mal realistisch: selbst wenn es eine Karaokebar gibt, die mit allen Räumen groß genug wäre, dürften die meisten bereits reserviert sein“, ergänze ich Inos Überlegung. „Das passiert, wenn man erst redet und dann denkt.“ Sasuke genießt es offensichtlich, seinem besten Freund diesen Fehler vorzuhalten. Nichts von dem, was wir sagen, baut Naruto auf und seine Schultern sacken ein Stück nach unten. Beinahe habe ich Mitleid mit ihm, aber in diese Situation hat er sich selbst gebracht. Außerdem wäre ich nicht sonderlich böse, wenn der Freitag ins Wasser fallen würde – und Ino geht es genauso. Hinata mag zwar beschlossen haben, mitzukommen, aber wir wissen auch heute noch nicht, wie sie das anstellen möchte. Ihren Vater will sie nicht fragen und dank Temaris Info – ihr kleiner Bruder ist in derselben Klasse wie Neji – wissen wir, dass dieser erscheinen wird. Lee hat ihn wohl überredet mitzukommen. Er mag nett sein, aber das ist wirklich ungünstig für uns. „Wir können ja im Notfall bei Naruto den Abend verbringen.“ Es soll ein Witz sein, aber noch während Ino den Vorschlag laut ausspricht, versteift sie sich und mir wird plötzlich schlecht. Es war ein Missverständnis, eine Szene, die ich im betrunkenen Zustand falsch gedeutet habe. Aber diese Nacht im Haus von Narutos Eltern, hätte beinahe unsere Freundschaft zerstört. Es hängt uns noch immer nach. Nicht in unserem alltäglichen Verhalten, aber in manchen Worten und Gedanken. So sehr es sich wie früher anfühlt, ist irgendwo auch heute etwas nicht normal zwischen uns. Ich kann es nicht greifen und es geht auch nicht um Inos Spitzen. Es sind Bedeutungen zwischen den Zeilen, ein kurzes Zögern, bevor man etwas ausspricht. Für niemanden sichtbar, außer für uns, weil wir es spüren, während es passiert. So wie jetzt. „Mama würde mich umbringen.“ Wundert mich nicht. Kushina Uzumaki ist eine wundervolle Frau, aber sie hat keinen sonderlich langen Geduldsfaden. Anders als ihr Mann, der die Ruhe selbst zu sein scheint. „Sie ist noch immer der festen Überzeugung, dass jemand in ihrem Schlafzimmer ... S-sex hatte.“ Er stolpert über das Wort und ich muss lachen. Ino nicht, schließlich hat seine Mutter Recht. „Sakura, das ist nicht lustig. Sie hätte mich beinahe einen Kopf kürzer gemacht, nur weil sie eine leere Kon-kondomverpackung gefunden hat.“ Mein Lachen wird lauter und aus den Augenwinkeln sehe ich, dass Ino tatsächlich rot wird. Endlich etwas, das ich ihr vorhalten kann. Vielen Dank, Naruto! „Ich wäre beinahe gestorben. Echt jetzt!“, ruft Naruto empört. „Selbst schuld“, sagt Sasuke und nun fällt mein Seitenblick auf ihn. Er scheint sich gut zu amüsieren, wenn ich mich nicht täusche. Immerhin grinst er beinahe. Mein Herz macht einen Hüpfer und ich verschlucke mich. Ino beugt sich zu mir und klopft mir freundschaftlich auf den Rücken. Ich möchte ihr danken, aber da flüstert sie mir ins Ohr: „Genau wie du. Die Rache kommt sofort.“ Sie lächelt mich lieblich an und sagt laut und mit Besorgnis in ihrer Stimme: „Alles wieder gut?“ Ich nicke, weil mir keine passende Erwiderung einfällt und atme tief durch. Diese Info war definitiv jedes Verschlucken der Welt wert. „Ich hab jedem gesagt, dass sie die Zimmer mit den großen Xen an der Tür nicht betreten dürfen.“ Naruto beginnt sich vor Sasuke zu rechtfertigen, der nur mit einem Blick dafür sorgt, dass dieses Argument entkräftet wird. „Ich habe eben nicht für jeden Raum einen Schlüssel. Sonst ... sonst hätte ich sie abgesperrt. Echt jetzt!“ Wenn er das schon so überzeugt sagt, will ich ihm das natürlich glauben. Naruto ist seit jeher für seine Weitsicht bekannt und ich bin mir sicher, dass sein erster Gedanke im Vorfeld der Party, das Malheur mit den Schlüsseln war. Und nicht der Glaube an die betrunkene Menschheit, dass sie sich an ein X halten. „Weil du soweit denkst“, erwidert Sasuke und spricht damit meinen Gedanken laut aus. Naruto öffnet seinen Mund, schließt ihn wieder und schaut beleidigt nach vorne. „Warum kümmert sich Shion eigentlich nicht um eine Karaokebar?“, wechselt Ino das Thema. Ich bin mir nicht sicher, ob es daran liegt, weil es ihre Schuld ist oder weil sie eine große Begeisterung für Klatsch und Tratsch hat und ihr dieses Thema deshalb mehr bringt. „Ähm …“, beginnt Naruto etwas überfordert. „Ich hab ihr gesagt, dass sie nichts weiter tun muss. Immerhin kenne ich ja jemanden und so. Sie hat mir vorhin auch nochmal bestätigt, auf Infos von mir zu warten wo und wann genau.“ Nach der Aktion hätte ich auch keine Lust mehr, mich um diesen Abend zu kümmern. Ich würde aber wohl nicht mitgehen. „Und ohne Shikamarus Frage hättest du es vergessen?“, hakt Ino neugierig nach. Naruto knirscht mit den Zähnen und nickt knapp. Es ist schon ein wenig gemein von uns, ihn so damit aufzuziehen, aber es gibt Situationen, die bieten sich so gut an, dass es wie ein Lauffeuer wird. Du kannst es nicht mehr stoppen. Und Narutos verpeilte Art ist immer wieder aufs Neue eine Einladung. „Na ja, ich hatte eben … andere Dinge im Kopf.“ Hilfesuchend richtet sich sein Blick auf mich und ich kann mich seinen großen, blauen Augen nicht entziehen. „Lässt sich auch nicht mehr ändern. Also, wo genau befindet sich diese ominöse Karaokebar und wie gut kennst du den Besitzer wirklich?“ Dankbar beginnt Naruto auf die Fragen zu antworten und mit jedem Wort, das er sagt, beginne ich zu zweifeln, ob ich dieses Gebäude wirklich betreten möchte. Ich bin mir nun auch zu hundert Prozent sicher, dass Sasuke ein Grinsen unterdrücken muss. „Moment!“, fährt Ino irgendwann dazwischen und bleibt stehen. „Versteh mich nicht falsch, ich bin ein großer Fan davon, Regeln großzügig auszulegen und habe kein Problem damit, mal was Verbotenes zu machen. Aber willst du uns gerade umschrieben erklären, dass wir in einen Hostess-Club gehen?" „Ähm ... nennt man das so? W-wusste ich gar nicht.“ Ja, genau. Darum wird er auch feuerrot und weicht Inos musterndem Blick aus. „Ja, nennt man so. Und soweit ich weiß, wird ein Großteil der Gruppe, wohl keine Lust haben zur Stoßzeit“, sie macht eine künstlerische Pause, um den Wortwitz sacken zu lassen – aber niemand lacht – also spricht sie weiter, „zwischen fremden, sexuell erregten Menschen, Lieder zu singen.“ Narutos Miene hellt sich auf. „Also, wenn das euer größtes Problem ist, dann macht euch mal keine Sorgen. Echt jetzt. Der Laden ist am Rande der Stadt und sicher groß genug, um nicht einmal jemand der anderen Gäste zu sehen.“ Ich bin mir nicht sicher, ob er unser 'größtes Problem' richtig verstanden hat. "Für jemanden, der rot anläuft, wenn er das Wort Sex in den Mund nehmen muss, wirkst du ziemlich abgeklärt über die Abläufe eines Hostess-Clubs.“ Ino gefällt die ganze Situation eindeutig zu gut. „Naruto, sag uns bloß nicht, dass das dein heimliches Hobby ist?“, stichele ich – von Ino motiviert – weiter. Ich muss leider gestehen, dass es auch mir mehr Spaß macht als es sollte. „Der Laden gehört seinem Paten.“ Sasukes Stimme klingt monoton wie immer und ich muss automatisch schlucken. Im ersten Moment denke ich, Sasuke ist von unseren dummen Sprüchen genervt, aber als ich einen Blick riskiere, kann man ihm deutlich ansehen, wie sehr es ihn in Wahrheit amüsiert. Ino nimmt diese Information dankend an und sagt: "Ach so ist das. Auch noch Vetternwirtschaft. Also wirklich Naruto. Was wohl deine Eltern dazu sagen werden?“ „Von wegen Vetternwirtschaft. Außerdem haben sie mich doch bereits als Kind da ein- und ausgehen lassen. Und vor allem wolltet ihr alle eine Lösung haben. Ich hab eine gefunden“, beginnt er sich zu rechtfertigen. Ich kann mir meine Antwort nicht verkneifen: „So gehört sich das ja auch. Der, der das Problem erschafft, muss es lösen.“ Schweigen. Ich glaube, wir haben Naruto gerade ein klein wenig gebrochen. Allerdings erinnert er mich im nächsten Moment daran, dass er ein Stehaufmännchen ist und wechselt gut gelaunt das Thema. Die nächsten zehn Minuten unterhalten er und Ino sich – mit ein paar kleinen Anmerkungen von Sasuke – über Fußball und ich habe Zeit, mir Gedanken zu machen, wie zur Hölle wir Hinata in einen Hostess-Club schmuggeln sollen. Einer Lösung für dieses Problem bin ich allerdings auch noch nicht näherkommen, als wir schließlich vor einem zweistöckigen Haus stehen, dessen Fassade mit – aktuell ausgeschalteten – Neonschildern ummantelt wurde. Das Haus steht nicht im Rotlichtviertel der Stadt, aber die Schriftzeichen bestätigen eindeutig, dass es sich hierbei um einen Hostess-Club handelt. „Glaubst du wirklich, das ist eine gute Idee?“, flüstere ich, während ich gebannt auf die Metalltür starre, die uns vom Inneren trennt. „Wieso nicht?“ „Weil einige wahrscheinlich Panik kriegen, dass sie Ärger von der Schule bekommen werden. Schließlich ist das kein Gebäude, in dem sich Schüler aufhalten sollten“, antwortet Ino für mich, scheint aber selbst ganz heiß darauf zu sein, das Haus zu betreten. „Da müsst ihr euch keine Sorgen machen.“ Es ist Sasuke, der das sagt. Verwirrt schauen Ino und ich zu ihm. Er steht mit den Händen in den Hosentaschen da und würdigt uns keines Blickes. In dieser Pose schaut er viel zu gut aus. „Da bin ich jetzt aber gespannt. Kann man die Neonschilder irgendwie abbauen? Gibts einen Hintereingang, den man diesem Haus nicht zuordnen kann? Oder einen geheimen Tunnel?“, fragt Ino spitz. „Hn.“ Wie frustrierend ich diese Antwort finde, kann ich kaum in Worte fassen. Es ist echt anstrengend, um jede Information bei ihm betteln zu müssen. Und bei jedem anderen Menschen würde nun mein Temperament mit mir durchgehen, aber Sasuke gegenüber traue ich es mich nicht, laut zu werden. Was würde er sonst über mich denken? „Uchiha, entweder du erzählst alles oder sagst einfach gar nichts.“ Ino hingegen lässt ihrer Unzufriedenheit freien Lauf. Wie sehr ich sie dafür beneide. Und wie sehr ich mich für mich selbst schäme. „Ganz ruhig. Sasuke hat Recht. Wir brauchen uns keine Sorgen machen, echt jetzt. Aber wir dürfen wirklich nichts sagen.“ Oh, das hört sich spannend an. „Aha. Und wieso?“ Inos Interesse ist geweckt. Und wenn es jemanden gibt, den man nie sagen sollte, dass man ein Geheimnis hat, ist es Ino. Narutos Augenbrauen ziehen sich zusammen und er legt seinen Kopf schief, bevor er sagt: „Würde ich es dir nicht erzählen, wenn ich die Frage beantworte?“ Manchmal ist er wirklich ein Genie. „Nicht zwingend. Du kannst auch nur ...“ „Wir sollten langsam reingehen oder nicht? Es wird schon spät.“ So gerne ich einen verbalen Schlagabtausch zwischen Ino und Naruto auch sehen möchte, will ich hier endlich fertig werden und heimgehen. Denn das hier dürfte eine der dümmsten Ideen sein, die Naruto jemals hatte. „Hn.“ Ich nehme das als Zustimmung. Naruto zuckt mit den Schultern und dreht sich dann zur Tür. Rechts daneben befinden sich drei Klingeln, die er alle drückt. Und dann warten wir. „Sollen wir es nochmal versuchen?“, frage ich, nachdem zwei Minuten lang nichts passiert ist. „Vielleicht ist auch niemand zuhause?“, überlegt Ino laut. „Seid nicht so ungeduldig. Er arbeitet meistens abends. Bis das Geschäft öffnet sind es noch zwei Stunden. Wahrscheinlich ist er noch nicht angezogen.“ Naruto klingt so als müsse man das wissen. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen, dass ich mich noch nie näher mit den Öffnungszeiten eines Hostess-Clubs beschäftigt habe – oder irgendeine Ahnung habe, wie das Nachtleben in dieser Stadt aussieht. Außerdem hätte ich nicht gedacht, dass der Besitzer auch in seinem Etablissement lebt. „Na dann.“ Ino hat es kaum ausgesprochen, als wir auf der anderen Seite der Tür Geräusche vernehmen. Eine kleine Klappe in der Tür wird zur Seite geschoben und ich sehe dunkle, schmale Augen, die uns mustern. „Was willst du hier?“, wird Naruto unhöflich begrüßt. „Hey! Spricht man so mit seinem Patenkind?“ „Wenn besagtes Kind einen Mann zu so einer unpassenden Zeit stört: ja.“ Ich bin mir sehr sicher, dass ich nicht wissen will, bei was wir ihn gestört haben. „Ich hab dir heute Vormittag eine Nachricht geschickt. Wenn du den halben Tag pennst, ist das nicht meine Schuld. Können wir reinkommen oder nicht?“ Von seiner Zuversicht ist nicht mehr viel übriggeblieben. Ich kann nicht anders als Sasuke einen fragenden Blick zuzuwerfen. Ist es normal, dass die beiden sich so benehmen? Sasuke seufzt nur leise. Ino schmunzelt neben mir. Der Mann hinter der Tür richtet seinen Blick schließlich auf uns. Er mustert Ino und mich eindeutig zu lange und ich habe das Bedürfnis ihm meine Tasche über den Schädel zu ziehen. „Denk gar nicht dran, du Perversling“, sagt Naruto mit einem scharfen Unterton. Na toll. Sein Pate und die Lösung unseres Problems ist ein notgeiler, alter Sack. Mein Gefühl, dass das hier eine ganz miese Idee war, wird von Minute zu Minute stärker. Wie soll das am Freitag funktionieren, wenn locker fünfzig Mädchen hier auftauchen, um ausgelassen mit ihren Mitschülern zu singen? Männer, die in solche Etablissements gehen, traue ich nicht zu, ihre Finger bei sich zu lassen. Egal ob gegenüber Angestellten oder Schulmädchen. „Pass auf, was du sagst. Du bist mir immer noch nicht zu groß, Naruto. Außerdem wollte ich nur überprüfen, ob eine von den beiden deine Freundin ist.“ „Naruto hat keine Freundin“, rutscht es Ino raus. Ich weiß nicht, was im Kopf meiner besten Freundin vor sich geht, aber sie schaut aus als wäre sie gerade zwischen Ekel und Faszination gefangen. „Die Befürchtung hatte ich schon“, antwortet er. „Lässt du uns jetzt rein oder nicht?“ Naruto ist furchtbar genervt und ich kann es ihm nicht verdenken. Wäre ich wohl auch. Aber wenn man auf eine so dumme Idee kommt, beim Besitzer eines Hostess-Clubs (Pate oder nicht) anzufragen, hat man es eigentlich auch nicht anders verdient. „Erst wenn du mir sagst, was du willst.“ „Wenn du auf dein Handy schauen würdest, wüsstest du das längst.“ Ich kann die Augenbrauen zwar nicht sehen, aber die Bewegung um seine Augen zeigt, dass er diese hebt. „War schön euch zu sehen.“ Und damit knallt er das kleine Fenster wieder zu. „Hey!“, ruft Naruto und hämmert gegen die Tür. „Mach auf, du alter, perverser Sack!“ „Ich hab dir gesagt, es ist eine dumme Idee.“ Ich kann das nicht vorhandene Grinsen in Sasukes Stimme hören. Naruto dreht sich wütend um. „Halt die Klappe.“ Ino und ich wechseln einen Blick und können nicht anders, als loszulachen. „Das ist nicht witzig!“ „D-doch. So ... so ein klein wenig schon“, antwortet Ino und wir lachen weiter. Ich bekomme langsam sogar Bauchschmerzen und muss mir die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischen. „Habt ihr es langsam?“, fragt Naruto gereizt. Ino räuspert sich und ich versuche mich durch langsame tiefe Atemzüge zu beruhigen. „J-ja.“ Von meinem Ausbruch peinlich berührt schiele ich zu Sasuke. Was er wohl gerade über mich denkt? Macht er sich überhaupt Gedanken darüber? Und kann mein dummes Hirn bitte einmal die Klappe halten? „Und was willst du jetzt machen?“ Ino sieht nicht so aus, aber ich bin mir sicher, dass ihre Frage ernst gemeint ist. Naruto wird dadurch wieder daran erinnert, weshalb wir überhaupt hergekommen sind. Er flucht lautlos und schaut uns der Reihe nach an. „Keine Ahnung. Echt jetzt.“ „Du könntest absagen“, schlage ich vor. „Was? Nein. Es freuen sich doch schon alle drauf. Da kann ich das doch nicht einfach abblasen.“ Naruto sieht niedergeschlagen aus und mein Herz zieht sich zusammen. Oh man, ich würde ihn gerade wirklich gern in den Arm nehmen – dabei ist er doch für den Schlamassel selbst verantwortlich. „Es gibt schlimmeres als es abzusagen“, versucht Ino ihm gut zuzureden. Es würde wohl aufrichtiger klingen, wenn man ihr nicht ansehen würde, dass sie kurz davor ist, erneut zu lachen. Sie kann wirklich ein böser Mensch sein. „Nein, gibt es nicht!“ Ich erschrecke bei diesem plötzlichen Ausbruch und springe beinahe einen Schritt nach hinten. „Aha. Warum denn das?“, möchte Ino wissen. „Weil ... weil halt.“ „Das ist keine sonderlich fundierte Argumentation“, erwidere ich. „Ich ... ich kann es eben nicht absagen. Überlegt doch mal, was die anderen denken werden.“ „Seit wann kümmert es dich, was andere denken?“, fragt Ino belustigt. „Tut ... tut es doch gar nicht. Also, ich meine, doch schon, aber ...“ Hilfesuchend blickt er zu Sasuke, der eine Augenbraue hebt. Ob er damit ausdrücken möchte, dass Naruto sich allein da durchkämpfen muss oder selbst auf die Antwort gespannt ist, weiß ich nicht. „Ihr seid wirklich gemein!“, ruft er und fuchtelt mit dem ausgestreckten Zeigefinger vor uns herum. „Wir haben nur eine Frage gestellt.“ Je länger dieses Gespräch dauert, desto mehr verwirrt es mich. Mir fällt kein vernünftiger Grund ein, warum er wegen eines Vorschlags so aus der Haut fahren sollte. Und das will etwas heißen, wenn ich an meine eigenen irrationalen Handlungen denke. Ich hoffe nur, Sasuke hat mir das Gezicke nicht übelgenommen. „Na danke auch. Ihr seid alle drei furchtbare Freunde.“ Mit diesen Worten dreht er sich weg und entfernt sich von uns. „Was soll denn der Blödsinn jetzt?“, ruft Ino ihm hinterher. „Ich wusste gar nicht, dass du so empfindlich bist.“ Ich bete, dass sie nicht anfängt zu kichern. Zum Glück war Naruto noch nie gut darin, Sachen unkommentiert zu lassen. Er bleibt stehen und wendet sich wieder zu uns. „Ich bin nicht empfindlich. Ihr versteht einfach nicht, dass ... ich mein. Scheiße. Echt jetzt.“ Er fährt sich mit seinen Fingern durch die Haare und sein Blick wandert zum Gebäude hinter uns. „Nach dem ganzen Mist, den ... den Hinata wegen mir durchmachen musste, habe ich mich einfach gefreut, dass sie mitkommt. Ich wollte den Abend nutzen, um mich vernünftig bei ihr zu entschuldigen ... oder so.“ „Oh.“ Inos Erheiterung verschwindet augenblicklich. Dass es plötzlich so ernst wird, hätten wir wohl alle nicht gedacht. Na ja, ich kann natürlich nicht für Sasuke sprechen. Meine Bauchgefühl sagt mir eher, dass er die Beweggründe längst durchschaut hat. Einen Augenblick ist es still zwischen uns, doch dann sagt Ino: „Verstehe.“ Sie schaut mich an und ich nicke entschlossen. Mit großen Schritten bin ich bei der Eisentür und hämmere energisch dagegen. Von uns beiden hatte ich schon immer mehr Kraft in den Armen. „Hey, du perverser Sack“, ruft Ino, die nachweislich ein lauteres Organ hat. „Du machst augenblicklich auf oder wir stecken der Polizei, dass es hier zu sexuellen Gefälligkeiten gegen Geld kommt.“ „Hey, spinnt ihr?“, zischt Naruto schockiert und eilt zu uns. „Und dass du uns dazu gezwungen hast, hier nebenbei zu arbeiten!“ „Keine Sorge, wir bluffen nur“, flüstere ich. Dabei fällt mein Blick leider kurz auf Sasuke und ich kann es erneut nicht vermeiden, mich zu fragen, was er wohl über mich denkt. Ich verstehe sowieso nicht, wieso ich mir so viele Gedanken darüber mache. Immerhin erlebt er meine wenig charmante Seite regelmäßig in Diskussionen mit anderen – und ganz besonders mit Naruto. Zum Glück bleibt mir eine genauere Analyse meines Verhaltens erspart, weil die Tür mit einem Ruck geöffnet wird. Mit weit aufgerissenen Augen starre ich den großen Mann vor mir an. Er hat lange, weiße Haare und trägt einen blauen Anzug, wobei die Krawatte lose um seinen Hals hängt. „Danke.“ Ino lächelt ihn zuckersüß an. „Ich weiß nicht, wer ihr seid, aber ich hoffe, ihr glaubt nicht wirklich, dass ich mir sowas von zwei Oberschülerinnen gefallen lasse.“ „Ich weiß nicht, was Sie meinen. Wir möchten nur, dass Sie Naruto kurz zuhören. Nicht wahr, Sakura?“ „Ja, seien Sie doch bitte so freundlich.“ Ich deute eine Verneigung an, achte aber darauf, nicht den Blickkontakt zu unterbrechen. Es dauert einen Augenblick, doch dann sagt er: „W-wie kann ich so netten, jungen Damen das nur ... abschlagen.“ Er unterbricht etwas panisch den Blickkontakt mit mir und ich muss sagen, es fühlt sich wundervoll an, wieder das alte Ich in mir zu spüren. Dieses angriffslustige Wesen, das durch den eingebildeten Vertrauensbruch von Ino beinahe verschwunden wäre. „Also wie darf ich dir behilflich sein?“ Ich glaube, ich sehe ein paar Schweißperlen auf seiner Stirn. „Ähm ...“, Naruto ist sichtlich überfordert, „wir ... wir brauchen den gesamten ersten Stock und deine Ka-karaokemaschine.“ „Und natürlich alkoholfreie Getränke und etwas zu essen. Und wir fänden es wirklich toll von Ihnen, wenn Sie am Freitag für den normalen Publikumsverkehr geschlossen hätten.“ Inos Lächeln wird immer zuckriger und ich habe das Gefühl, ich bekomme Diabetes, wenn ich sie noch länger anschaue. „Das tut mir leid, aber das kann ich definitiv nicht ...“ „Wie heißen Sie eigentlich?“, unterbricht Ino ihn. „Was? Ähm ... stimmt. Jiraiya. Aber Mädels, wirklich. Ich kann nicht einfach meinen ...“ „Schön Sie kennenzulernen. Wir wussten gar nicht, dass Narutos Pate ein so erfolgreicher Geschäftsmann zu sein scheint.“ Ino in ihrem absoluten Element. „Jetzt wo du es sagst. Der Anzug muss ein Vermögen gekostet haben“, pflichte ich bei. Mehr als das kann ich aber leider nicht. Dieses natürliche Talent, Menschen aus der Bahn zu bringen, besitze ich nicht. „Definitiv. Und als solcher dürfte es Ihnen sicher nicht schwerfallen, den Laden für einen Abend geschlossen zu lassen. So als Beweis wie wichtig Ihnen Ihr Patenkind ist. Nicht wahr, Jiraiya?“ „Ino ...“, versucht Naruto dazwischenzugehen. „Oh, das ist wirklich schön von Ihnen“, übergehe ich seinen Einwand. Mir liegen böse Blicke zwar mehr, aber ich gebe mein Bestes, um möglichst lieblich zu klingen. „Jetzt passt ma-...“ „Ja? Sie möchten uns noch weiter entgegenkommen? Ich mein, wir möchten natürlich unser Essen und die Getränke selbst zahlen. Aber wenn Sie darauf bestehen, das ebenfalls zu übernehmen, wer wären wir da, nein zu sagen?“ Egal ob fünfzehn oder fünfzig, gegen Inos Wortschwall kommt man nicht an und das muss der arme Mann gerade am eigenen Leib erfahren. „Ich habe nicht ...“ „Natürlich nicht. Wir möchten auch möglichst keine Umstände machen. Selbstverständlich kommen wir am Freitag so früh wie möglich und helfen beim Aufbauen.“ „Naruto!“, ruft Jiraiya und schaut ihn fassungslos an. Aber dieser zuckt nur hilflos mit den Schultern. Ich nutze den Moment der Unaufmerksamkeit und schiebe mich so vor die Tür, dass er sie nicht hinter sich schließen kann, sollte er einfach gehen wollen. „Wenn wir gewusst hätten, das Naruto einen so selbstlosen Paten hat, wären wir schon viel früher zu Ihnen gekommen.“ Ino lässt noch immer nicht locker. „Ich weiß wirklich ni-“ „Wissen Sie, wir sind schon so lange mit Naruto befreundet und er hat uns noch nie von Ihnen erzählt. Es wäre doch sicher sehr schade, wenn wir uns für eine lange Zeit nicht mehr sehen würden, oder?“ Diese Anspielung ist definitiv gefährlich. Aber Ino kann gut bluffen und mit dieser Selbstverständlichkeit, die sie an den Tag legt, würde ich an seiner Stelle nichts riskieren wollen. „Wenn ich euch den Club überlasse, geht ihr dann endlich?“ „Also, wenn Sie es so freundlich formulieren: natürlich. Wir sind schon so gut wie weg.“ „Einverstanden.“ Ino kann man einfach nicht lange standhalten. „Das ist wirklich toll. Vielen Dank. Und vergessen Sie nicht: das Geschäft bleibt geschlossen. Und wir bitten Sie höflichst, darauf zu achten, dass uns niemand belästigt, während wir hier sind.“ Meine Worte klingen freundlich, aber mein Blick ist angriffslustig. „Natürlich“, stimmt Jiraiya umgehend zu. Damit wäre die Gefahr für uns Schülerinnen minimiert. Ich kann nicht glauben, wie gut dieser Überfall funktioniert hat. Ich bin sehr zufrieden mit uns. „Dann wäre alles geklärt.“ Begeistert klatscht Ino in die Hände und wir grinsen uns an. „Die beiden sind ja fast so angsteinflößend wie Tsunade“, flüstert Jiraiya Naruto zu. Hat er da gerade den Namen unserer Rektorin genannt? „Dafür aber gefährlicher“, nimmt Ino die Vorlage auf, ohne sich lang über irgendwelche Hintergründe zu wundern. „Schließlich ist sie ein gutes Vorbild“, füge ich hinzu. „Merkt man“, antwortet er mit einem Lachen, was mich stutzig macht. Aber ich kann nicht sagen warum. Wir verabschieden uns von Jiraiya, der noch ein paar Worte mit Naruto wechseln möchte. Leider spricht er zu leise, um den Inhalt ihrer Unterhaltung mithören zu können. Darum wende ich mich in die Richtung, in der Sasuke steht. Er wirkt noch immer sehr belustigt. Als er meinen Blick bemerkt, nickt er kurz und dreht sich dann zum Gehen. Mein Herz macht einen Hüpfer. Wer hätte gedacht, dass eine so dumme Idee zu einem solch guten Gefühl führen würde? „Gut, damit hätten wir die Location geklärt. Freitag kann kommen.“ Ino legt freundschaftlich einen Arm um meine Schultern und drückt mich kurz an sich. Sie ist wohl genauso zufrieden mit sich wie ich. „Und Naruto kann sich dann endlich vernünftig entschuldigen.“ Ino zwinkert ihm bei diesen Worten zu und er wird rot um die Nase. Das holt mich allerdings auf den Boden der Tatsachen zurück. „Ähm ... Hinata hat ihr Kommen zwar bestätigt, aber sie weiß noch gar nicht, ob sie darf.“ Und damit ist die gute Stimmung ruiniert. Oh man, wir brauchen ganz dringend eine Lösung dafür. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)