Gebieter des Feuers und der Unsterblichkeit von PaiSakuraKurai ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Bist du dir sicher, Darius?“, wollte die Frau überrascht vor ihm gegenüber wissen, die Darius als seine Seelengefährtin bezeichnete. Saphira war eine wunderschöne Frau, mit ihren funkelnden azurblauen Augen, woher sie ihren Namen bekanntlich bekam. Ihr Haar glänzte Golden und sie hatte die Anmut einer Göttin, dem kein Mann widerstehen konnte. Eigentlich sollte er sich glücklich schätzen, solch eine Gefährtin zu bekommen. Aber anderseits konnte er sich nicht dagegen wehren, er empfand nichts für diese wunderschöne Frau. Auch wenn sie guten Herzens war und sich um alle kümmerte, die Leid in sich trugen. Normalerweise würde es bedeuten, sie beide wären nicht füreinander bestimmt, aber er wusste es tief in sich drinnen, Saphira war seine Gefährtin fürs Leben. Auch sie spürte es. Selbst ihre Drachen fühlten es auf eine gewisse Art und Weise, das Schicksal hatte sie ausgewählt. Doch es wäre verkehrt, wenn sie nicht einander lieben würden und dann einen Seelenbund eingingen. Das würde selbst für die Drachin in Saphira nicht infrage kommen. Anscheinend waren sie beide eines der seltenen Wesen in der Mythenwelt, die damit bestraft wurden, ewig aneinander gebunden zu sein, ohne jegliche Liebe. Aber sie konnten nie wirklich frei davon sein. Er würde nicht einmal auf den Gedanken kommen, ihr etwas anzutun, weil er sie als die Seine schätzte und auch mochte. Als eine gute Freundin in seinem Volk. Mehr würde es nie sein und reichen. Mit einem Seufzen wandte Darius sich an Saphira, die von ihrem Sessel aufgesprungen war. Sie war von der östlichen Stadt Nascar hier zum Königsschloss gekommen, um ihn zu besuchen und als fungierendes Ratsmitglied. Was er ja auch einmal gewesen war, bevor Lucien, sein Neffe, ihn als Stratege und Ratgeber mit Rat und Tat zur Seite stand. Nur hatte sich einiges verändert. Vieles um genau zu sein. „Ja, ich bin mir sicher, Saphira. Ich will und habe beschlossen, mich als Ratsmitglied zurückzuziehen und um als vollwertiges Mitglied dieses Hofes zu fungieren. Ich kann nicht gleichzeitig hier und in Nascar sein. Das weißt du“, fing Darius an. „Es mochte am Anfang noch gehen, aber es treten immer mehr Probleme auf, die meine volle Konzentration und Anwesenheit brauchen. Da bleibt mir keine Zeit, mich noch um die Angelegenheiten in Nascar zu kümmern. Auch wenn dies mal mein Zuhause gewesen war. Und wir wissen beide, alleine wirst du es nicht schaffen.“ Entsetzt schaute sie ihn mit ihren meerblauen Augen an. „Wie stellst du dir das vor? Vor allem mit wem?“ „Ich habe mir schon längere Zeit darüber Gedanken gemacht und du bist auch die Erste, mit der ich darüber spreche. Du weißt, ich würde keine Entscheidung treffen, ohne mit dir darüber gesprochen zu haben. Zumal mir auch keine andere Wahl bleibt. Du musst verstehen, wie wichtig das alles jetzt ist. Gerade jetzt“, betonte er das letzte Wort, weil es ein Nachdruck verleihen sollte. „Ja, ich verstehe schon die ganze Lage, in der wir Drachen jetzt stecken. Es wird jetzt nicht einfach sein. Aber ich verstehe nicht, warum du gleich über einen Rücktritt deines Amtes nachdenkst. Geht das nicht etwas zu weit?“, wurde Saphira sachlich und ernst. Darius schüttelte nur mit seinem Kopf. „Nein, es wird nie wieder so kommen, wie es einmal gewesen war und du weißt es genauso gut wie ich. Mache dir nichts vor, Saphira. Egal wie alles jetzt kommen oder gar passieren wird, ich kann nicht wieder nach Nascar zurückkehren. Dafür ist jetzt zu vieles passiert, seit diesem Vorfall vor acht Monaten.“ Acht Monate waren seither vergangen, als Emmanline verschwunden war und einen Verrat an den König und Seelengefährten begangen hatte, womit niemand gerechnet hätte. Geschweige, das sie dazu imstande war. Nie hatte die Elfe, indem ein solch seltenes Wesen steckte, nur die Vermutung gemacht, zu solch einer grausamen Tat fähig zu sein. Doch wenn er es nicht selbst mit eigenen Augen gesehen hätte, würde er es niemals glauben. Nicht wenn er diese Kälte und Gnadenlosigkeit in ihrem Gesicht gesehen hätte. Geschweige ihre Worte, die schwach an seinem Ohr gedrungen waren, hätte er es niemals für möglich gehalten. Genau vor acht Monaten hatte diese Frau, die eigentlich so lieb und sanft war, seinen Neffen einen Dolch ins Herz gestoßen. Ohne Erbarmen. Doch … warum sträubte sich alles in ihm, daran war etwas falsch? Ein tiefes Knurren riss ihn aus seinen Gedanken. „Schon klar, niemand hätte damit gerechnet, sie könnte Lucien derart so was antun, weil sie eigentlich Seelengefährten waren. Dabei sahen sie glücklich und unzertrennlich aus. Aber es ist nicht zu ändern, dass dies nun einmal passiert ist. Wir müssen mit dieser Situation umgehen“, konnte er leichte Missbilligung aus ihrer Stimme wahrnehmen. „Egal wie wütend oder erzürnt du über diese Lage bist und selbst andere. Aber ich glaube, etwas stimmt nicht. Darum muss ich hier bleiben und herausfinden, was es ist. Mein Drachen täuscht mich nie, wenn ich ihm folge“, knurrte er jetzt bedrohlich und er wollte auch keine Widerworte über seine Entscheidung hören, weil er seine Meinung nicht ändern würde. Entsetzt schnappte Saphira nach Luft. „Du glaubst doch wohl nicht, diese Elfe wäre unschuldig, obwohl sie Verrat an unserem König begangen hatte?“ „Was ich glaube, denke oder sehe, lasse mal meine Sorge sein. Ich werde dich schon noch früh genug darüber informieren, wie es aussieht. Wenn ich etwas zu bedenken und zu erzählen habe, dann teile ich meine Meinung schon“, funkelten seine Augen etwas ermahnend und stand von seinem Stuhl auf, wo er die ganze Zeit gesessen hatte. Seit Darius auf diesem Schloss lebte, hatte er neben seinen privaten Räumlichkeiten auch ein Arbeitszimmer bekommen, indem er sich ausbreiten konnte. Vor ihm lagen Unmengen an Landkarten und strategische Pläne, die er oft ausgearbeitet hatte. Oft saß er unzählige Stunden hier und arbeitete an seinen wohlüberlegten Werken. Es war nicht immer leicht, aber Darius wusste, er war gut in dem was er tat. Niemand würde ihm das streitig machen. „Tue was du für richtig hältst, Darius“, war sie es jetzt, die etwas bedrohlich wirkte. „Aber lasse es mich ja wissen, bevor du jemand neues für deine Nachfolge ausgesucht hast. Egal was du vorhast, es ist falsch. Wenn du denkst, etwas Gutes steckt in dieser Frau, die einst hier gelebt hatte, dann hoffe ich für dich, du begehst keinen großen Fehler“, stand Saphira einfach auf und verließ sein Arbeitszimmer. Es machte ihm nicht sonderlich etwas aus, wenn sie wütend auf ihn war. Sie beide hatten schon oft verschiedene Differenzen gehabt und waren unterschiedlicher Meinung. Aber es hinderte sie nicht daran, immer wieder auf gewisse Art und Weise zusammen zu kommen. Kaum das Darius sich seufzend gesetzt hatte, klopfte es an seiner Tür. Er wusste, Saphira war es mit Sicherheit nicht. Darum bat er den unerwarteten Besuch herein. Überrascht schaute er auf, als plötzlich sein Neffe Raiden und seine Nichte Lya in seinem Arbeitszimmer traten. „Wir müssen dringend miteinander reden“, war es Raiden, der darauf bestand. „Es geht um Lucien“, sprach Lya weiter, die etwas bedrückt und traurig aussah. Mit einem Nicken bedeutete er die zwei sich zu setzen. „Was hat er jetzt wieder angerichtet?“, wollte er wissen. Ob jemand es glauben mochte oder nicht, aber Lucien war seit dem Vorfall, den Emmanline begangen hatte, noch immer am Leben. Niemand hätte damit gerechnet, dass er es überleben würde, obwohl der seltsame Dolch durch sein Herz ging. Eigentlich hätte sein Neffe tot sein müssen. Auch sein Herz hatte schon aufgehört zu schlagen. Aber aus einem unerfindlichen Grund lebte Lucien noch, was nicht nur ihm ein Rätsel aufgab. Nur wenige wussten von Emmanlines Erscheinen und ihrem wahren Wesen als Einhorn. Doch jeder wusste, welche Tat sie begangen hatte. Jeder reagierte anders darauf, was seltsam erschien. Der eine wütend und erzürnt. Andere wiederum entsetzt und enttäuscht. Wenige aber auch zweifelnd. Woran lag es dann? Etwas stimmte an der ganzen Sache nicht, wenn eigentlich sein Neffe hätte tot sein sollen. Dabei war sein Herz wirklich durchbohrt worden, nicht wie viele behaupteten, diese Frau mit dem schneeweißem Haar hätte es nur knapp verfehlt. „Seit Lucien erwacht ist“, fing Lya an zu sprechen, woran man in ihren seltenen wunderschönen azurblauen Augen, mit grünen Sprenkeln, erkennen konnte, welcher Kummer in ihnen lagen. „Er verändert sich, Onkel. Er ist nicht mehr derselbe wie vorher.“ Ihm war selbst aufgefallen, wie sehr sich sein Neffe verändert hatte, seit der Dolch aus seiner Brust war. Viele gehen von der veränderten Gefühlsregung aus, weil er von seiner Seelengefährtin so schändlich verraten wurde. Das wäre ein guter Grund, so erzürnt und wütend zu sein. Niemand wollte das je erleben oder durchmachen müssen. „Ja, ich weiß, Lya“, fuhr Darius sich mit seinen Fingern durch sein dunkles fast schwarzes Haar. „Seit Emmanline vor einigen Monaten ihm das angetan hatte, verändert er sich immer mehr. Er wird gefühlloser und kaltherziger, als je zuvor. Er tut Dinge, die nicht zu ihm passen“, sprach seine Nichte weiter. „Was vermutlich nicht das Einzige ist“, meinte Raiden. „Irgendwie habe ich auch das Gefühl, irgendwas an der Sache stinkt hier. Auch wenn Lucien und sie keinen Seelenbund eingegangen waren, zweifle ich an der ganzen Sache, dass er absolut nichts unternimmt. Er weigert sich regelrecht dagegen, dieser Elfe hinterher zu jagen.“ Genau dies war bisher immer sein Gedanke gewesen. Wahre Seelengefährten konnten nicht ohne dem anderen auskommen. Und wenn sie den erst einmal gefunden hatten, würden sie ewig hinter ihnen herjagen. Bis sie ihn oder sie hatten. So war es stets gewesen. Selbst bei Lucien. Was war also verkehrt? „Mir ist auch schon aufgefallen, wie abweisend er über das Thema spricht oder reagiert“, lehnte Darius sich in seinem Stuhl zurück. „Er will auch absolut nicht über Emmanline reden. Einerseits konnte man am Anfang auch davon ausgehen, er wäre wütend über diesen Verrat von ihr. Aber etwas in mir sagt genau das Gleiche, hier stimmt etwas nicht. Schon oft habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was Lucien in diesen Zustand gebracht hat. Mir ist bisher immer nur eines eingefallen.“ „Und das wäre?“, wollte Lya unbedingt erfahren. „Der Dolch, der sein Herz durchbohrte.“ Überraschte und entsetzte Blicke wurden ihm zugeworfen. „Du glaubst, dieser Dolch wäre die Ursache dafür?“ „Vielleicht hat er Recht“, begann Raiden. „Sie ist zum Teil auch eine Elfe. Woher sollen wir nicht wissen, ob sie mit dem Dolch nicht irgendwas angestellt hat, bevor sie ihn benutzte. Zumal habe ich selbst gesehen, als ihr ihn zum Schloss zurückgebracht habt, wo und wie gut platziert er in seiner Brust gesteckt hatte. Normalerweise hätte Lucien tot sein müssen“, wandte Raiden sich an seine Schwester. „Etwas musste mit ihm passiert sein, was ihn plötzlich ins Leben zurückgerufen hatte.“ „Wenn Emmanline wirklich so bedacht gehandelt hatte, dann verstehe ich nicht, warum sie mit diesem Verräter mitgegangen war. Wir hätten sie doch beschützt“, klang Lyas Stimme so zweifelhaft. „Genau das ist das Problem. Etwas muss passiert sein. Zwischen Culebra und ihr, wovon keiner was weiß. Was sie auch veranlasst hatte, zu solch einer Tat fähig zu sein, sie hatte es nicht grundlos getan“, zuckte Raiden mit seinen Schultern. „Ihr habt sie selbst oft genug gesehen, sie tat nie irgendwas, ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben. Jetzt wo wir wissen, in ihr steckt ein so seltenes Wesen, glaube ich noch weniger daran. Sie hatte stets versucht, es vor allem zu verbergen und keiner durfte je davon Wind bekommen. Vor allem Culebra nicht“, verfinsterte sich sein Gesicht immer bei diesem Namen. Lya seufzte frustrierend auf. „Meint ihr, sie hat einen magischen Zauber gewirkt, um somit sein Leben zu schützen? Immerhin sind Elfen auch dazu imstande Magie anzuwenden.“ „Entweder so was in der Art. Oder wer weiß was. Doch egal wie sehr wir versuchen würden mit Lucien darüber zu sprechen, er würde uns nicht zuhören“, kam die wahre Erkenntnis immer mehr zum Vorschein, wenn Darius es laut aussprach. „Ja, wir wissen was passiert. Sonst würde uns nur das Gleiche, wie mit Cyrill passieren, als er einfach verbannt wurde. Und ganz außer Acht können wir hier das Ganze nicht lassen“, wandte sich Raiden ein, was selbst an seine Grenzen ging. „Mir tut es jetzt noch leid, wie er einfach verschwinden musste. Cyrill ist ein guter Krieger. Er war der Einzige, der sich wirklich gegen Lucien gestellt hatte“, sprach eindeutlich die Mütterliche aus seiner Nichte. „Als Emmanlines Leibwächter war er teilweise verantwortlich gewesen und ich will nicht wissen, was jetzt in ihm vorgeht.“ „Was auch immer es war, was Cyrill angetrieben hatte, selbst so zu handeln, verschafft uns vielleicht einen Vorteil“, meinte Darius. „Bevor er gegangen war, habe ich ihn damit beauftragt, er soll überall nach ihr suchen, wo er kann. Wir müssen den Grund herausfinden, warum Emmanline es getan hatte und was jetzt los ist. Wir können nicht weiter planlos herumirren. Zumal müssen wir uns auch noch Gedanken machen, das wir noch die Fae im Nacken haben. Keine Ahnung was sie vorhaben, aber laut guter Quellen, planen sie etwas. Und wir werden das Ziel sein.“ „Wenn das nicht auch unsere einzige Sorge ist, wenn wir noch den Fluch drauf rechnen, der auf unserem Volk lastet. Kein guter Zeitpunkt mit dem ganzen Scheiß“, knurrte Raiden bedrohlich auf, weil es verdammt düstere Zeiten waren. Egal was jetzt kommen mag, aber sie mussten sich etwas einfallen lassen. Alle wussten, wie unberechenbar Lucien jetzt werden konnte. An guten Tagen war er noch human, aber an seinen schlechten, wurde er nur aufbrausend und wütend. Jeder hatte gewusst, sollte eines Tages Emmanline verschwinden, würde der König sich verändern. Aber niemand rechnet damit, der Herrscher würde gefühlskalt werden. „Mir müssen noch ein wenig abwarten. Auch was Alastar jetzt anbringt“, teilte Darius seine Gedanken mit ihnen, weil er wusste, er konnte ihnen vertrauen. „Was hat Alastar damit zu tun?“, horchte Lya auf. „Alastar ist genauso auf der Suche nach Emmanline und Culebra“, beantwortete Raiden ihre Frage. „Als geborener Jäger hat er vielleicht bessere Möglichkeiten sie zu finden.“ Verstehen flackerte in Lyas wunderschönen Augen auf. „Habt ihr diese Vorkehrungen schon von Anfang an getroffen?“, wollte sie wissen. „Das hatte er selbst beschlossen.“ „Doch nicht etwa, um seine Drohung wahr zu machen, weil er sie angeblich töten will, sollte sie je etwas falsches tun?“ „Nein“, schüttelte Darius mit seinem Kopf. „Er kam selbst zum Schloss. Ich weiß nicht was ihn dazu bewegte, aber er macht es aus freien Stücken. Langsam habe ich das Gefühl, jeder macht was er will, ohne darüber nachzudenken oder mal eine kleine Absprache zu halten.“ Dabei hatten sich zuvor Alastar und Emmanline überhaupt nicht verstanden. Selbst danach nicht sonderlich, als er von ihrem Geheimnis wusste. Wobei, Alastar war immer abweisend. Jedem gegenüber. Doch Darius verspürte etwas, zwischen Alastar und Emmanline gab es einen Teil, wovon niemand etwas weiß. Solange es etwas Gutes war, sollte es ihm genauso recht sein. Sie konnten jede Unterstützung außerhalb dieser Mauern gebrauchen. Auch wenn er ein erbarmungsloser Jäger war, was ihn von Geburt an in die Wiege gelegt wurde. Jetzt konnten sie nur hoffen und darauf vertrauen. Eine Ewigkeit, so fühlte es sich für Jade an, seit sie das letzte Mal wieder Zuhause gewesen war. Zumal sie ansonsten Jahre brauchte, um wieder in Schloss zurückzukehren. Oft mied sie es auch, aber hin und wieder kam sie gerne zurück. Auch wenn ihre ganzen Geschwister manchmal unerträglich waren. „Mache hier mal nicht schlapp, Fenni. Dauernd muss ich auf dich warten“, wartete Jade auf einem kleinen Hügel auf ihn. Ihr kleiner Zwerg, den sie sich vor einer langen Zeit anlachte weil sie Erbarmen für ihn gezeigt hatte. Es kam nicht oft vor, dass sie andere Wesen vor ihrem Unglück rettete. Doch derweil verfolgte der Zwerg sie auf Schritt und Tritt. Tat sogar alles, was sie ihm befahl. Wie jetzt, als er ihre ganzen Sachen schleppen musste. Sie wusste, sie war manchmal hart zu ihm und nicht gerade gerecht, aber so war sie nun einmal. Sie konnte nichts gegen ihren aufgeschlossenen und übermütigen Charakter tun. Seufzend wartete sie auf Fenni, wobei sie hin und wieder ihre Geduld verlor. „Wurde auch Zeit. Du wirst ja wohl, seit wir die Hauptstadt Tarentea verlassen hatten, nicht aufgeben“, tadelte sie ihn. „So viel Gepäck ist das auch wieder nicht.“ Schon etwas genervt und ohne jegliche Geduld, wandte Jade sich einfach um und raffte ihr rotes langes Spitzenkleid am Saum. „Gut, ich kann einfach nicht länger warten und muss zum Schloss. Du wirst schon hinterher kommen“, sprach sie und ging voraus. Sie konnte es einfach nicht mehr abwarten. Sie war gespannt, was sie erwartete. Im Schloss führte ihr Weg sie als erstes in die Halle, wo sich einige seiner Geschwister versammelten hatten. Sowie sein Onkel auch. Anscheinend hatten sie gerade gegessen. Nur Lucien fand sie hier nicht. Und irgendwie verspürte sie eine merkwürdige Stimmung. „Na, wenn das nicht unsere verschollene Schwester ist“, knurrte Ysera und blickte zu ihr auf. „Wurde auch mal Zeit, das du dich hier blicken lässt. Du bist ja auch so nicht zu erreichen oder zu finden.“ Dieser Vorwurf von ihr, ließ ihre Stirn runzeln und sie schaute in die Gesichter der Anderen, die ziemlich bedrückt waren. „Was zieht ihr denn alle für Mienen? Solltet ihr nicht alle freudiger Erwartungen sein?“, ließ Jade sich auf eines der freien Stühle am Esstisch fallen. „Und wo steckt überhaupt Lucien? Ich würde gerne mit ihm reden.“ „Er wird vermutlich, wie jeden Tag, in seinem Arbeitszimmer sitzen“, beantwortete Taran ihre Frage, der in einem Buch vertieft zu sein schien. „Du wirst kein großes Glück haben, weil er zur Zeit kaum ansprechbar ist“, meinte Lodan, der ebenfalls seine Nase in ein Buch steckte. Was war denn hier los? Fraglich hob sie eine Augenbraue. „Ok, dann wird Emmanline wohl irgendwo in seiner Nähe sein.“ Allein diese Grabstimmung, war mehr als merkwürdig und es reichte ihr jetzt vollkommen. Irgendwas verheimlichten sie ihr. „Was soll das Ganze? Was ist hier los und wieso ist unserer verehrter Bruder nicht ansprechbar?“, welche Fragen ihr Onkel Darius beantwortete, was bisher vorgefallen war und ihr blieb doch etwas die Luft weg. War das alles passiert? „Warum hat mir niemand vorher Bescheid gegeben?“ „Natürlich, weil wir ja immer alle wissen wo du steckst. Du treibst dich doch in allen Ecken der Welt herum und treibst sonst was“, machten sie ihr einen Vorwurf. Sicher war sie oft nicht auffindbar, aber es hatte alles einen Sinn und Zweck. Doch es gab auch sichere Wege, wie sie sie erreichen konnten. Selbst wenn ihre ganzen Geschwister nichts von ihren Job als Spionin wussten, wusste es ihr Onkel allemal. Dafür schenkte sie ihm einen finsteren Blick, worauf er mit seinem Kopf schüttelte. „Was ist jetzt mit Emmanline? Vor allem, wo steckt sie jetzt?“, kam Jade ein weiterer Gedanke, als sie bleich wurde. Was sie nie wurde. „Wir wissen es nicht.“ „Heilige Scheiße, das darf doch wohl nicht wahr sein“, fluchte Jade lauthals, was die Wände der Halle gut wiedergab. „Jade, ich dürfte dich doch wohl sehr bitten“, betrat ihre etwas ältere Schwester Lya den Saal mit ihrer kleinen Tochter Shay, die ihr die Ohren zugehalten hatte. „Keine Kraftausdrücke.“ Jade hatte nie das Vornehme und Anständige an Lya verstanden, aber gut, wenn Kinder in der Nähe waren, zügelte sie sich. Doch sie konnte es nicht unterdrücken, wie fassungslos sie darüber war. „Wenn Emmanline wirklich bei diesem Wahnsinnigen ist und dann noch in dieser Lage ...“, unterbrach sie sich selbst, weil sie einfach diesen Gedanken nicht ausführen wollte. Doch im gleichen Augenblick kochte Wut in ihr hoch. „In welcher Lage?“, horchte Darius auf. „Jade, was weißt du?“ „Oh, ich werde ihn so was von in den Ar...“ „Jade“, ermahnte ihre brave Schwester sie. „Was hatte ich dir gerade mit deiner Wortwahl gesagt?“ „Gut, dann trete ich meinen Bruder jetzt in den Hintern“, knurrte Jade und wandte sich von allen ab, um davon zu stürmen. Sie steuerte direkt auf Luciens Arbeitszimmer zu und ihr war es egal, wer sie alles verfolgte. Oder aufzuhalten versuchte. Wenn Lucien glaubte, er komme damit durch, hatte er sich bei ihr schief gewickelt. Mit einem Ruck, riss sie die Tür auf und erkannte, wie Raiden und Lucien über etwas diskutierten. Nach ihren Mienen zu urteilen, gab es wieder eine Meinungsverschiedenheit, was bei ihnen öfters vorkam. Nichts ungewöhnliches. „Jade, du bist wieder zurück?“, meinte Lucien zu ihr und etwas stimmte hier wirklich nicht. Er wirkte verändert und auch etwas abweisend. Sie kniff leicht die Augen zusammen, als sie in der Mitte des Zimmers stand und ihre Hände in die Hüfte stemmte. Jeder konnte sehen wie wütend und aufgebracht sie war. Auch ihre Drachin war erzürnt. Es kam auch nicht all zu oft vor, dass sie ihren vollen Zorn freien Lauf ließ. „Was soll das, Lucien? Eben gerade habe ich erfahren, Emmanline ist nicht an deiner Seite und du holst sie nicht zurück?“, flackerte ein böses Feuer in ihren Augen auf. Auch Lucien schien über dieses Thema nicht begeistert zu sein und seine Miene verfinsterte sich. „Ich werde darüber nicht sprechen. Für mich ist die Sache erledigt, Jade, und es wird so bleiben.“ „Ach ja, indem du deine Seelengefährtin in Stich lässt?“, schnaubte sie abfällig. „Die beste Lösung aller Zeiten, deinen Problemen aus dem Weg zu gehen.“ „Was soll das werden?“, knurrte Lucien sie finster an. „Willst du, wie jeder andere hier auch, mir ins Gewissen reden, dass ich anscheinend was verkehrtes tue?“, machte er eine weite Armbewegung, damit er alles umfassende meinte. „Nur weil ich aus reinem Verstand weiß, was mir angetan wurde? Ich weiß was ich gesehen und gefühlt habe. Sie will anscheinend nicht, das man ihr hilft und ich werde es akzeptieren. Wenn sie glaubt, ich werde ihren Verrat an mir einfach so hinnehmen, dann habt ihr euch alle geirrt“, präsentierte Lucien ein Teil seiner Macht, dass selbst sie schlucken und zurückweichen musste. „Du kannst sie aber nicht einfach so gehen lassen“, beharrte Jade weiter und wurde auch schon von Raiden an den Schulter gefasst, während er sie zurückdrängte. „Lass es gut sein“, meinte ihr ältester Bruder. „Nein, kann ich nicht“, schaute sie weiter fest auf Lucien. „Ich werde nicht ohne den Gedanken gehen, dass ich dir nicht ins Gesicht gesagt habe, wie sich unsere Eltern im Grabe umdrehen müssen und wie schändlich du dich hier verhältst.“ Ihr war es vollkommen egal, was es ihr einbringen würde. Oder wie zornig Lucien ihr gegenüber war. Hauptsache war, jemand sagte ihm wie falsch es war. Vor allem seiner Seelengefährtin gegenüber. „Du treibst es entscheidend zu weit, Schwester“, knurrte Lucien sie wutentbrannt an. „Ich wohl kaum, wenn man dir das direkt ins Gesicht sagen muss.“ „Jade“, packte weiter Hände sie an, um sie zurückzuziehen, aber sie war noch lange nicht fertig. „Oder dir sagen muss, wie du deine eigene Gefährtin in Stich lässt, die für dein Leben bestimmt ist. Oder soll ich sagen, dass du deine schwangere Seelengefährtin einfach abweist und ihr nicht zur Seite stehst?“ Entsetzte Laute waren zu hören und plötzlich war es in dem Raum toten Still geworden. Selbst die Hände ließen von ihr ab, bei der Offenbarung. Selbst als sie in Luciens Gesicht schaute, stand Schock und Verwirrung geschrieben. Ja, er sollte schockiert sein, über das was sie erzählte. „Ob du es nun glaubst oder nicht, Bruder, aber Emmanline ist schwanger. Bei meinem letzten Besuch und bevor ich abreiste, war sie es gewesen. Seit dem müssten an die acht Monate vergangen sein und bald soweit sein“, zuckte sie mit ihren Schultern. „Das ist nicht wahr?“, verdunkelte sich Luciens Augen. „Das ist ein Trick.“ „Was für ein Trick?“, schnaubte Jade missbilligend darauf. „Ich habe es selbst an ihr gerochen, als ich sie zuletzt gesehen hatte. Ob du es nun glaubst oder nicht, sie trägt dein Kind in ihrem Leib. Verstoße sie nur weiterhin, wenn du dadurch so selbstzufrieden und glücklicher bist. Vater und Mutter hätten es sicher nicht gut geheißen, wenn du dich hier so feige verkriechst.“ „Du gehst jetzt wirklich zu weit“, war es Raiden, der ihr diese Worte sagte. „Warum? Anscheinend weiß niemand davon, weil es keinen schert“, machte sich Jade von seinen Hände los und wandte sich ab. „Und eines will ich dir noch sagen, Bruder“, blickte sie ihn noch einmal über ihre Schultern an. „Ich zweifle nicht daran, was in deiner Gefährtin vorgeht. Ich habe sie gesehen, wie aufgebracht und aufgelöst sie gewesen war, als sie feststellen musste, sie erwartet ein Kind von dir. Sie hatte sich sogar verdammte Sorgen gemacht, du könntest negativ darauf reagieren. Ich hatte gewusst, du hättest dich über alles von ihr gefreut, aber wenn ich jetzt die Umstände betrachte, sehe ich dafür schwarz und das Emmanline ihrer Sorgen berechtigt gewesen war. Scheiß auf diesen Dolch in deiner Brust. Wir Drachen halten eine Menge aus. Warum stehst du dann noch hier und lebst?“, warf sie die Frage einfach in den Raum und verschwand einfach aus diesem Zimmer. Sie konnte es nicht mehr ertragen, noch länger zu bleiben. Ansonsten würde sie etwas ganz dummes tun, wobei es keinen Weg zurück gab. Wie versteinert stand Lucien da und starrte auf die Stelle, wo Jade bis eben noch gestanden hatte. Es konnte nicht wahr sein. Emmanline konnte nicht schwanger sein. Oder etwa doch? Als er vor acht Monaten zurückdachte, als er noch wusste, wie aufgebracht Emmanline gewesen war, musste er schlucken. Wollte sie ihm da sagen, sie erwartete ein Kind von ihm? Das konnte unmöglich sein. Nur verbundene Paare konnten von dem jeweiligen Gefährten schwanger werden. Und sie waren keinesfalls miteinander verbunden gewesen. Sie waren kein Seelenbund eingegangen. Er hätte es gewusst und gespürt. Trotzdem soll sie von ihm schwanger sein? Zumal, wenn Emmanline vorher die Wahrheit gesprochen hätte, dürfte unter seinesgleichen keine Geburten mehr geben. Immerhin war ihre Rate von Kindern enorm zurückgegangen. Gegen den Nullpunkt sogar. Das konnte nur ein Trick sein. Nichts anderes. Egal was sie ihm sagen würden, aber er konnte dem kein Glauben schenken. Er hatte all die Zeit nichts gespürt. Gefasst ballte Lucien neben seinem Körper seine Hände zu Fäuste, weil innerliche Wut über den Verrat in ihm hochkochte. Vielleicht war er früher anders gewesen, aber er konnte auf eine Gewisse Art und Weise nicht darüber hinwegsehen. Emmanline hatte ihm einen Dolch ins Herz gerammt. Und nicht nur irgendeiner. Es war der Kristalldolch gewesen, den er ihr geschenkt hatte. Den er damals selbst hergestellt hatte. Extra für seine Seelengefährtin. Damals hatte er noch zu ihr gesagt, sie solle ihn verwenden, wenn sie in Gefahr war. Gerade weil sie sich nicht verteidigen konnte. Und er hätte niemals vermutet, sie würde ihn gegen ihn selbst einsetzen. Er war vollkommen schockiert und verwirrt darüber gewesen. Sogar zutiefst verletzt und verraten. Er hatte ihr vertraut und gegen jeden verteidigt, der ihr schaden wollte. Jetzt fragte er sich, ob es der Dank dafür war, wie er sie behandelt hatte? Er konnte es einfach nicht akzeptieren. „Lucien, wenn Jade wirklich die Wahrheit spricht und Emmanline ist...“ „Schluss“, brüllte Lucien laut. „Ich will davon nichts mehr hören. Versucht ihr mir noch immer einzureden, ich soll sie zurückholen? Das wird nicht passieren“, funkelte er jeden einzelnen finster an. „Und ich glaube nicht daran, was Jade sagt“ war für ihn die Sache einfach beendet. Danach wandte Lucien sich ab und wollte gehen, als eine Bedienstete hektisch angelaufen kam. Verwundert schaute er auf sie herab. Sie hob nicht den Blick und er wusste auch den Grund. Es ärgerte ihn, dass selbst seine eigenen Angestellten nicht einmal mehr den Blick hoben, um ihn anzuschauen. War er wirklich so furchteinflößend geworden? „Was gibt es, Selina?“, wollte er von ihr wissen. „Tut mir leid, wenn ich störe, mein König“, sprach sie mit gesenkten Kopf unsicher und nestelte an ihrer Kleidung herum. „Lady Malatya schickt mich zu Ihnen.“ Leicht runzelte er mit seiner Stirn. „Warum kommt meine Schwester nicht selbst zu mir?“ „Das ist so“, setzte Selina an. „Als wir unterwegs zur Küche waren und an Eurem Zimmer vorbei kamen, hörten wir erst seltsame Geräusche. Bis wir so eine Art Babygeschrei wahrnahmen.“ Verwundert schaute er auf und war ungewöhnlich ruhig geworden. Babygeschrei?, ging es durch seinen Kopf und es konnte nicht das sein, was er vermutete. Doch, er verspürte den Drang nachzusehen und lief los. Natürlich wurde er von all den anderen verfolgt. Verfluchte Neugier. Lucien Herz schlug ihm bis zum Hals, weil es nicht sein konnte. Es konnte nicht möglich sein, wie Jade es behauptete. Trotzdem war das beklemmende Gefühl da, was tief in seiner Brust steckte und er nicht ignorieren konnte. Er musste sehen, wen und was er in seinen Räumlichkeiten vorfand. Mit seinen eigenen Augen. Sollte es wirklich stimmen, dann wüsste er nicht mehr, was richtig oder falsch war. Angekommen, war er bei diesem kurzen Weg schon beinahe außer Atem und es hätte ihn nicht anstrengen dürfen. Seine Luft fehlte ihm, als er wirklich das Kindergeschrei hörte. Nicht nur von einem, sondern von gleich zwei. Die Tür zu seinen Zimmer war offen und er sah seine kleine Schwester Malatya, wie sie über dem Bett gebeugt dastand und auf zwei winzige Babys herabschaute, um sie zu beruhigen. Sie hörten aber keinesfalls auf zu schreien. „Lucien, da bist du ja endlich. Ich wollte nicht einfach so in dein Zimmer gehen, aber als ich das Weinen der Babys hörte, konnte ich nicht anders“, entschuldigte sich seine kleine Schwester und er konnte an ihrem Ausdruck erkennen, es war ihr ernst. Jetzt schon, in den jungen Jahren seiner kleinen Schwester, kam die Mütterliche in ihr zum Vorschein. „Schon in Ordnung“, kam er zum Bett, wo die zwei Kleinkinder lagen. „Woher kommen die?“ „Ich weiß es nicht. Sie waren einfach da und ich habe niemanden gesehen“, zuckte sie mit ihren Schultern. Fraglich schaute er auf die Babys herab und es war unverkennbar, woher sie kamen. Zwillinge. Ein kleines Mädchen und ein kleiner Junge lagen in zwei weiße Tücher eingewickelt auf dem Bett. Das Mädchen hatte weißes Haar, welches Emmanline so ähnlich war. Und der Junge eher dem seinen, was dunkel kastanienbraun wirkte. Schreiend krampften sich ihre kleinen Körper zusammen und ihre winzigen Hände waren zu Fäusten geballt. Als würden sie nach ihrer Mutter, oder … eben den Vater rufen. Hart schluckte Lucien seinen dicken Kloß im Hals runter und wandte sich von ihnen ab. Es konnte unmöglich seine eigenen Kinder sein. Vor allem, warum waren sie hier? Wieso? Erleichtert seufzte Emmanline auf, als ihre zwei Kinder, kurz nach der Geburt, einfach verschwanden. Sie war zwar kraftlos, aber überglücklich. Auch wenn es ihr schier das Herz brach, sie nicht mehr in ihren Armen halten zu können. Dennoch musste es sein, weil ihr die Wichtigkeit und Sicherheit ihrer Babys mehr als alles andere den Vorrang hatten. Vor allem am Herzen. Auch wenn es nicht fair war und ihre Kinder einfach fortschicken musste, wusste sie, es war das Richtige gewesen. Lucien würde es verstehen und selbst das Richtige tun. Auch wenn sie ihm gegenüber bösartig und unfair erschienen war. Sie verübelte ihm auch keinesfalls, dass er sie in der ganzen Zeit nicht holen gekommen war, weil sie es mehr als verdient hatte, so bestraft zu werden. Ihre Worte, die sie zu ihm hatte sagen müssen, hatten wie Säure in ihrer Kehle gebrannt. Es war schwer genug gewesen, sie selbst auszusprechen. Doch sie hatte es tun müssen. Vor allem, als sie etwas hatte tun müssen, wovon sie nie in der Lage gewesen wäre. Und auch nie wieder drüber hinweg kommen würde. Den Kristalldolch, welchen er ihr mit voller Stolz und Liebe geschenkt hatte, musste sie gegen denjenigen einsetzen, wofür sie alles hätte gegeben. Lucien war ein Punkt in ihrem Leben, den sie hatte beschützen müssen. Sogar wollen. Um jeden Preis. Auch wenn er sie dafür hassen würde. Dafür hatte sie gesorgt. Emmanline wusste auch, selbst für ihre zweite Verfehlung, er würde ihr nie verzeihen. Selbst unter Seelengefährten wusste sie, gab es gewisse Grenzen, was es auszuhalten galt. Darum hegte sie auch keinerlei Hoffnung, sie würde ihn je wieder sehen. Es machte sie trotzdem glücklich, wenn sie wusste, all die sie liebte und lieben gelernt hatte, waren in Sicherheit. Sie waren dort, wo sie hingehörten. Schon immer hatte sie geahnt, sie würde niemals ein Teil davon sein und es machte ihr auch nichts mehr aus. Selbst als es einmal anders gewesen war. Früher hatte sie sich vielleicht gewünscht, irgendwo gab es einen Ort, wo sie bleiben könnte. Glück zu finden, dort wo sie immer bleiben könnte. Heute erkannte sie, diesen einen Ort gefunden zu haben. An der Seite von diesem Mann und Drachen, der ihr all das ermöglichte. Lucien war ihr persönliches Glück gewesen und es würde bis zu ihrem letzten Atemzug stets so bleiben. Mit ihm hatte sie eine schöne Zeit gehabt, der ihr so vieles gezeigt und gegeben hatte. Auch wenn er es niemals aus ihrem eigenen Mund hören würde. Selbst über ihre tiefsten Gefühle, die tief in ihrem Herzen schlummerten. So war es besser, sprach sie zu sich selbst und eine einzelne Träne rollte ihre Wange hinab. Sie würde nichts bereuen und denken, es wäre falsch an all dem, was sie tun musste. Es musste so kommen, denn sonst würde sie sich all das nie verzeihen können. Selbst das nicht, als sie ihrem Gefährten einen Dolch ins Herz stoßen musste. Ihr Herz blutete jetzt noch von der Erinnerung, wie es sich angefühlt hatte. Auch als Lucien sie anklagend und verzweifelt angeschaute, welchen tiefen Verrat sie an ihm begangen hatte. Es war die größte Schande gewesen, als sie später das Blut von ihm an ihren Händen hatte kleben sehen müssen. Das Blut mochte fort sein, aber sie sah es heute noch, wie es an ihr haftete. Und in ihrer Erinnerung verfolgte sie noch immer dieser enttäuschte und verletzte Blick, sollte sie ihre Augen schließen. Jedes Mal brach es ihr erneut das Herz und der Schmerz in ihrer Brust, war mächtiger denn je. Dies soll ihre Bestrafung sein und ewig erhalten bleiben. Emmanline verlange nie etwas in ihrem Dasein, und Lucien würde ihr je verzeihen. Hauptsache er würde für die sorgen, die sein eigen Fleisch und Blut waren. Mehr wünschte sie sich nicht. Mit einem Lächeln rollte Emmanline sich auf dem steinigen und kalten Boden zusammen. Mit dem Gedanken, ihren kleinen Babys würde es gut gehen und eine ganz andere Zukunft vor sich haben, als ihre es gewesen war. Ihre Kinder hatten eine bessere Zukunft verdient, welches sie ihnen niemals geben könnte. Voller Kummer und Verlust hatte Emmanline eine schwere Entscheidung getroffen. Die Zeit war dafür gekommen, seit sie in diesem Besitz von dem blutroten Rubin der Drachen war. Da sie ihn stets verborgen bei sich trug. Schon öfters hatte sie über dieses Unterfangen nachgedacht und darauf gewartet, dass der heutige Tag kommen würde. Niemals würde es einfach sein, aber sie musste Versprechungen nachgehen, welches sie gegeben hatte. Sie würde alles erdenkliche tun, wenn es eine Möglichkeit gab, wie sie Luciens Volk helfen konnte. Was nicht das Einzige war. Ein neues Abkommen. Der rote Stein aus Blut hatte ihre Bitte erhört und nun war sie dran. Sie musste ihren Anteil einlösen. Ihr Versprechen. Langsam und mit ihrer letzten Kraft, hatte Emmanline sich aufgesetzt und lehnte sich an eine kalte Mauer. Schon lange hatte sie vergessen, wo sie sich befand und es erschien ihr auch nicht mehr wichtig. Zu lange kam es ihr vor, dass sie nur an diesem einen Ort war. Seufzend betrachtete sie den roten Rubin in ihrer Hand, die die Größe ihrer Handfläche hatte. Schon viele Geheimnisse hatte sie über diesen Stein der Drachen herausgefunden. All das Schreckliche und doch vielleicht die Hoffnung, die Drachen könnten wieder ein befreites Leben führen. Auch wenn sie all das nicht ermöglichen konnte, so wusste sie, etwas anderes schaffte sie schon. Emmanline konzentrierte sich nur auf den Stein selbst und auf nichts anderes mehr. Ihr war es vollkommen egal, sollte ihr irgendwas passieren. Sie vermutete, was sie erwartete und vorauf sie sich einließ. Auch wenn sie umgeben von dem schrecklichsten Drachen aller Zeiten war. Nach all dem würde er ihr nie wieder was antun können. Es war ein weiteres Versprechen, welches sie es befürwortete. Ihre Konzentration auf den blutroten Rubin, drückte sie ihn gegen ihr Brust. Direkt über ihrem Herzen. Selbst ihre Augen schlossen sich bei dem Gedanken daran, was sie gleich tun würde. Automatisch kamen ihr die Worte über die Lippen, eine Art Zauberspruch. Keuchend, wie heiß der Rubin der Drachen wurde, wunderte es sich schon gar nicht mehr. Wie ein brennendes Feuer. Kaum darauf verschwand dieser besondere und wohlbehütete Stein in ihrer Brust, als würde sie ihn einverleiben. Sie verschmolz regelrecht mit ihm, ohne auch nur die Nebenwirkungen zu kennen. Oder was es für sie bedeutete. Schließlich erwartete niemand etwas von ihr. Gar wartet jemand auf sie. Schließlich hatte sie vorher für alles gesorgt, was ihr lieb und teuer erschienen war. Trotzdem überraschte es sie, ihr Innerstes erwärmte sich auf wohlige Weise, wie sie es bei Lucien empfunden hatte. Sie fühlte sich geborgen und beschützt. Dies war für sie selten und doch vertraute sie darauf. Auch als Emmanline ihre Augen weiterhin geschlossen hielt und nie wieder öffnen würde. Sie verfiel in einem tiefen Schlaf, aber sie spürte, sie hatte zu etwas wichtigem die Verbindung verloren. Jetzt gab es kein zurück mehr, als ein warmer und wohliger Schleier sie in eine Welt zerrte, die sie zuvor nicht kannte. Culebra riss sich aus seinem bequemen Sessel hoch, als ein derartiger Ruck durch seinen Körper ging. Wut wallte in ihm auf, denn irgendwas stimmte hier nicht. Ihm beschlich auch das Gefühl woher es kam. Es musste was mit dieser Elfe zu tun haben, die ein tiefes Geheimnis in sich barg, welches er noch immer zu lüften versuchte. Und weil sie sich anders benahm. Seit sie wieder in seinen Fängen war, sprach sie kaum ein Wort. Er hatte absolut nichts aus ihr herausbekommen und es ärgerte ihn maßlos. Schon früher genoss er ihre Angst und wie sie sich vor ihm fürchtete. Doch sie hatte jegliche Furcht vor ihm verloren, was ihn noch zorniger machte, als je zuvor. Er hatte alles erdenkliche getan, um es zu ändern. Ihr Schmerzen zugefügt, die kaum jemand aushalten könnte. Normalerweise würde jeder, der Gefühle besaß, darum betteln, er möge aufhören. Trotzdem ignorierte sie seine Foltern und Qualen. Egal was er zu versuchen gedachte. Er bekam auch keine Informationen aus hier heraus, was ihn zur Weißglut brachte. Wie konnte man nur so verdammt stur sein. Und so dumm. Das einzige positive war, sie konnte nicht sterben, egal was er anstellte. Vielleicht war es genau das, wovor sie einfach keine Angst mehr verspürte. Oder es hatte was mit dem verfluchten Drachenkönig zu tun. Nur viel später hatte Culebra herausgefunden, dieser Mistkerl war noch immer am Leben. Obwohl er es sichtlich genossen hatte, wie sein Leben aus seinem Körper schwand, als die Elfe ihm einen Dolch ins Herz gerammt hatte. Es war eine Genugtuung, die er dabei verspürte. Anscheinend musste diese kleine Elfe irgendeinen Zauber bewirkt haben, was ihn trügerisch täuschte. Natürlich hatte er sie dafür bestraft und leiden lassen, weil sie ihn hereingelegt hatte. Er ließ nie jemand unbestraft, wer ihn hinterging. Sollte es selbst eine wehrlose Frau sein. Jetzt stürmte Culebra durch die Gänge seines neuen Unterschlupfs, den er sich gesucht hatte. Es war eine weitere Höhle, die tief in den Bergen von Vesuf lag. Es befand sich im nördlich Reich der Drachen. Die nördliche Grenze und Stadt Tarascon war zwar nicht weit entfernt, aber es juckte ihn kaum. Er wusste sich zu verbergen. Niemand würde hier nach ihm suchen. Wutentbrannt stürmte Culebra in den Höhlenraum, in dem er seine Gefangenen hielt und in den, wo er die Elfenfrau eingesperrt hatte. Sie konnte nicht fliehen, auch wenn die Eingänge offen waren. Zumal schien sie es auch nicht zu versuchen. Kaum hatte er den Raum betreten, blieb er wie erstarrt stehen. Sie lag in einer Ecke und die Elfe sah so aus, als würde sie schlafen. Friedlich. Dabei schlief sie nie, so wie er es in Erinnerungen hatte. Oder er versetzte sie in einem tiefen Schlaf. Doch jetzt schien sie anderer Meinung zu sein. Zornig ging Culebra auf sie zu und wollte sie packen, aber etwas hielt ihn davon ab. Seltsamerweise konnte er nicht nach ihr greifen, egal was er tat. Sie schien für ihn unerreichbar zu sein. Stirnrunzelnd starrte er auf diese Frau herab und seine Wut stieg weiterhin an. Er wollte ihr wehtun und sie leiden lassen. Bedeutungslos was sie jetzt getan hatte. Darum brüllte er sie voller Zorn an, aber sie wachte, trotz seines Gebrülls, nicht auf, was jeden anderen aufgeweckt hätte und vor Angst erzittern lassen würde. Das merkwürdigste jedoch war, er konnte ihr kein einziges Leid zufügen. Es ärgerte ihn ohne Maß und er könnte ein ganzes Dorf zerstören. Ihn interessierte es keinesfalls, wenn er das ganze Dorf mit all dessen Bewohnern auslöschte. Er wollte lediglich nur etwas zerstören und seinen ganzen Zorn freien Lauf lassen. Er wollte Blut fließen sehen. Culebra fuhr seine scharfen Krallen aus und wollte es erneut versuchen, dieser miesen kleinen verräterischen Schlampe wehzutun, aber er vollbrachte nichts weiter, als die Wand hinter ihr zu zerstören. Tiefe Furchen zeichneten sich im festen Gestein und er keuchte schwer. „Warum kann ich ihr nichts anhaben? Was hat sie getan?“, fluchte er zornig und seine Augen glühten voller Abscheu. „Warum nicht?“ Da kam ihm ein Gedanke, an wen er sich wenden konnte und machte eine scharfe Kehrtwendung und stürmte davon. Er musste dessen auf den Grund gehen. Lucien hatte sich aus seinen Räumlichkeiten begeben, weil er es nicht mehr ertragen hatte, das Geschrei der kleinen Babys zu hören. Er konnte es einfach nicht. Wenn es wirklich stimmte, diese Kleinkinder waren von ihm und Emmanline, wusste er gar nicht mehr, wie er handeln sollte. Sie hatte ihn verraten und war mit diesem Bastard fortgegangen. Sie hätte sich damals nur einmal umdrehen müssen und er wäre ihr vermutlich überallhin gefolgt. Vielleicht sogar, wenn sein Herz jetzt nicht so leer und verletzt gewesen wäre. Dennoch konnte er diese Kleinen nicht einfach aussetzen und Emmanline musste sich was dabei gedacht haben. Je weiter er darüber nachdachte, umso weniger kam er darauf. Etwas schien seine Gedanken zu blockieren, um es richtig zu verstehen. Was war mit ihm los? Im Gang hatte er mehrmals gegen die Wand geschlagen, die zu bröckeln begann, aber er verspürte nicht diesen besagten Schmerz. Er wollte es spüren. „Lucien, hör auf damit“, hörte er hinter sich Lyas sanfte Stimme. „Lass mich in Ruhe!“, knurrte er bedrohlich, aber drehte sich nicht zu ihr um. Alleine wollte er gelassen werden, nichts weiter. Sie knurrte zurück, und das tat sie selten. „Nein, das werde ich nicht. Nicht bevor wir die Angelegenheit in deinem Zimmer geklärt haben. Es ist unverkennbar, dass es deine Kinder und die von Emmanline sind. Etwas muss passiert sein, warum sie ohne ein Seelenbund schwanger geworden war. Das weißt du. Du musst dich dem stellen, oder wir lösen es auf eigene Weise“, schien sie ihm zu drohen. Mit wütenden Augen wandte er sich zu seiner Schwester um. „Drohe mir nicht. Und was willst du mir damit sagen? Das sie vor mir etwas zu befürchten haben? Oder das ich eine Gefahr für sie wäre?“ „Genau das meine ich, Lucien“, reckte sie trotzig ihr Kinn nach oben. „Du bist schon seit längerer Zeit nicht mehr du selbst. Seit Emmanline verschwunden ist und jeder kann es hier bezeugen. Darum weiß ich nicht, ob die Zwei sicher in deiner Nähe wären.“ „Wage es ja nicht, Lya“, fauchte er sie zwischen zusammengebissenen Zähnen an. „Auch wenn ich so erscheine, würde ich niemals wehrlose Junge angreifen. Es ist ein heiliges Gesetz, woran ich mich halte. Es würde gegen meine Ehre und Stolz gehen.“ „Nicht wenn du so aufgebracht bist.“ Lucien konnte es nicht fassen, das seine sanftmütige Schwester solche Zweifel an ihm hegte. Selbst all die Anderen. Wie konnten sie es wagen? Er spürte ja selbst die unglaubliche Wut in sich, aber er würde niemals den Kindern etwas antun. Geschweige irgendwem anderes, die unschuldig waren. Es würde alles gegen ihn gehen. Lieber würde er sich selbst verletzen, als das zuzulassen. Als Lucien weiter dagegen protestieren wollte, ging ein eigenartiger Ruck durch seinen Körper, als würde etwas erbeben. Entsetzt schaute er seine Schwester an, die es anscheinend auch gespürt haben musste. „Was war das gewesen?“, sprach sie atemlos, als sie sich an der Wand festhielt und kaum Luft bekam. Er konnte es nicht sagen. Sobald dieses plötzliche Gefühl verschwunden war, machte sich etwas anderes in Lucien breit. Ein unsagbarer Schmerz und Verlust übermannte ihn urplötzlich. Es war so unerträglich, das er aufstöhnen musste. So unerträglich, das er beinahe schrie. Lucien wankte leicht und musste sich nun selbst an der Mauer abstützen. „Nein“, keuchte Lucien schwer. „Das kann nicht sein. Was habe ich getan?“, kam Panik aus seiner tiefen Stimme. Schon einmal hatte Lucien ein ähnliches Gefühl, wie dieses empfunden. Nur das es diesmal um weiten schlimmer war, als jemals zuvor. Damals hatte Emmanline tot in seinen Armen gelegen. Tage lang und er wäre beinahe nicht über den Schmerz des Verlustes seiner Seelengefährtin drüber hinweg gekommen. Diesmal war es um weiten schlimmer. Die Frau die er liebte und mehr als alles andere schätzte, sogar respektierte, würde für ihn immer verloren bleiben. Lucien hatte das Gefühl, als hätte er Emmanline aus dieser Welt verloren. Für immer. Er bekam kaum noch Luft und das entsetzen, sowie sein Seelenschmerz, waren ihm anzusehen. Es spiegelte sich in seinem Gesicht wieder und sein Herz brach in zwei Stücke. Auch sein Drache brüllte voller Pein. Ihm wurde unbewusst seine Seelengefährtin, sein zweites Herzstück beraubt. „Emmanline“, atmete er schwer, denn langsam dämmerte es ihm, was hier passiert war. Was Emmanline getan hatte. „Wie konnte sie nur so was tun?“, klang großes Entsetzen aus seiner Stimme. Doch was am meisten auf ihm lastete, war, dass er machtlos dagegen gewesen war. Er hatte nichts dagegen machen können, obwohl er wusste, etwas war falsch gewesen. Ein unbekannter Zwang hatte ihn dazu gedrängt, all das zu tun, was er nie hatte sein wollen. Was er hätte niemals getan. Der Nebel hatte sich vor seinen Augen gelichtet und Lucien sah alles wieder klar und deutlich. All das, was er angerichtet hatte und was er nicht getan hätte. Sein Herz fühlte sich so schwer wie Blei an, weil er ganz genau wusste, wie Recht Jade damit hatte. Ihre Worte fielen wie schwere Steine auf ihn und ihm wurde übel dabei. Mit schnellen Schritten ging Lucien zu seinen Gemächern zurück und ignorierte Lyas Anwesenheit und Versuche, ihn anzusprechen. Seine Gedanken waren jetzt vollkommen woanders. Selbst als er die Tür erreichte und noch immer die schreienden Babys hörte. Seine Kinder. Klar und deutlich lag es vor ihm und er spürte es tief in sich drinnen, die Zwillinge gehörten zu ihm. Sein Drache brüllte voller Stolz und auch dessen Verlust er nicht entkommen konnte. Er hatte seine Seelengefährtin in Stich gelassen. All die Monate. Sein ein und alles, die Frau die er so sehr liebte. „RAUS! ALLE!“, befahl Lucien atemlos, während er zum Bett zu seinen beiden Neugeborenen ging. Lucien starrte sie beide im ersten Augenblick nur an und als er merkte, keiner rührte sich. Alle blickten ihn nur an. „Ich sagte, ihr sollt gehen und mich alleine lassen.“ Anscheinend mussten sie von irgendwas überzeugt sein, bevor sie gingen. Erst als er alleine mit den Kleinen war, wandte er sich ihnen wieder zu. Noch immer weinten sie, wie es Neugeborene taten. Die Babys lagen in weißen Stoff eingehüllt und Lucien konnte immer noch die Anzeichen der kürzlichen Geburt an ihnen erkennen. Er ließ sich vor dem Bett auf seine Knie sinken, weil er seinen Blick nicht von ihnen abwenden konnte. „Ich bin hier“, sprach Lucien sanft auf seine Kinder ein, was er noch nicht recht glauben konnte, er wäre Vater. „Ihr seid in Sicherheit“, lächelte er und legte seine beiden Hände jeweils auf ihre kleinen Körper. Unter seinen großen und groben Händen versanken ihre winzigen Körper, aber sie hörten sofort auf zu weinen, während sie ihre winzigen Augen öffneten. Als seine Tochter ihn erblickte, lachte sie ihn augenblicklich an. Es brauchte keine Millisekunde und er verliebte sich in dieses bezaubernde Mädchen, die ihn so anstrahlte. Dabei strahlten ihre silbernen Augen, welche sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Sowie ihr weißes Haar, das sie schon auf ihrem Haupt trug. Sie sah Emmanline so ähnlich. Sein Sohn sah ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Ihn nur in einer jüngeren Version. Es war erstaunlich, wie sehr ein Kind der leiblichen Eltern so gleichermaßen gleichen konnte. Sein Haar war genauso dunkel und kastanienbraun. Und seine Augen erst, sie leuchteten in einem goldenen Ton, wie die seine, wenn sein Drache sich zeigte. Sie waren wie flüssiges Gold. Der Anblick der Kleinen rührte ihn zutiefst und vor Kummer senkte er seinen Kopf auf sie. „Was habe ich nur getan?“, sprach er voller Wehmut, Emmanline für so ein kostbares Geschenk nicht danken zu können. Oder sogar in die Arme zu reißen. Doch jetzt hatte er sie verloren und er konnte sie nicht mehr spüren. Als wäre sie aus seinem Leben und Herzen gerissen. Kleine Hände ergriffen sein Haar und zogen daran. Seine Zwillinge wollten Aufmerksamkeit und er sollte sie als ihr Vater schenken. Das hatte Emmanline doch bezweckt, damit er für die Kleinen am Leben blieb. Sie opferte sich für die Seinen. Niemals hätte Lucien an seiner Seelengefährtin gezweifelt, wenn sie diesen Kristalldolch, den er ihr als Geschenkt gemacht hatte, nicht in sein Herz gestoßen hätte. Er hatte es genau gespürt, wie etwas eigenartiges und mächtiges sein Herz überschattete. Wie ein dunkler Schatten. Am Anfang hatte er sich noch dagegen gewehrt, aber war doch machtlos gewesen. Er kam sich schwach und unfähig vor, dass er nicht hatte für seine Liebe kämpfen können. „Ihr braucht einen Namen“, kam seine Stimme erstickt hervor und er fühlte den dicken Kloß in seinem Hals. Selbst gegen die Trauer und Tränen musste er ankämpfte. Er konnte sich nicht gehen lassen. Nicht vor seinen eigenen Kindern, die jetzt seine Hilfe brauchten. Er musste stark sein. Kaum das Lucien wieder in ihre Augen schaute, traf es ihn wie ein Blitz. Es schockierte ihn, was er in ihnen sah. „Heilige Götter, ihr besitzt schon längst einen Namen“, klang er heiser und entsetzt. Sowie es aussah, musste Emmanline ihnen nach der Geburt, bevor sie die beiden weggeben hatte, einen Namen gegeben haben. Und was er jetzt sah und wusste, bestätigte nur, seine Gefährtin seiner Seele hatte ihn in all der Zeit nie verlassen. Sie war stets an seiner Seite gewesen. Es rührte ihn zu tiefst und er konnte seinen unterdrückten Tränen keinen Halt mehr bieten, die nun seinen Wangen hinabliefen. „Raziz und Adriana, ja so heißt ihr“, sprudelte die Worte einfach aus ihm heraus. Emmanline hatte seinen Sohn nach seinem Vater und ehemaligen König benannt, den er einst so liebte und wertschätzte. Und seine Tochter trug den Namen von Emmanlines Mutter, die sie so sehr geliebt hatte und nie vergessen konnte. Was konnte es noch für einen besseren Beweis geben, wie sehr seine Frau, welche er für sich auserkoren hatte, ihn liebte? All die Zeit hätte er es eher sehen sollen und sie noch besser beschützen müssen. Er hätte sie nie aus den Augen lassen sollen. „Keine Sorge“, schlang er seine Hände und Arme unter ihre kleinen Leiber, damit er sie hochheben konnte. „Ich werde euch beschützen und ich verspreche bei dem heiligen Gesetz, ich werde eure Mutter rächen. Solange, bis ich das Übel vernichtet habe. Niemand wird euch schaden, solange ich lebe“, nahm er seinen Sohn und seine Tochter, die er an sich drückte. An seine warme Brust. „Kaum zu glauben, Jade hatte wirklich Recht behalten“, hauchte Lya atemlos, als alle im großen Saal saßen. „Emmanline war wirklich schwanger gewesen und das sogar mit Zwillingen. Wie konnte das nur geschehen?“ „Fraglich ist nur, wie kommen diese beiden Kinder unbemerkt in Luciens Zimmer?“, warf Raiden ein. „Oder die Frage, wie ließ Culebra es überhaupt zu?“, wandte sich Darius ein. „Solch eine Schwangerschaft bleibt nicht unübersehbar und es wäre für diesen Verräter ein gefundenes Fressen.“ „Vielleicht hatte sie es verborgen gehalten.“ „Verborgen?“, meinte Ysera skeptisch. „Wie soll so was verborgen bleiben? Erstens riecht ein jeder Drache, wenn jemand ein Kind erwartet. Ihr Duft verändert sich. Zumal macht die Äußerlichkeit alles deutlich. So einen Bauch kann man nicht verstecken.“ „Möglich kann auch sein, sie könnte einen Zauber angewendet haben, damit niemand es bemerkt.“ „Besitzt sie so große Macht, dass sie derartige Zauber anwenden kann?“ „Kann gut möglich sein. Woher sollen wir wissen, was in ihr steckt, wenn sie ein so seltenes Wesen ist? Wir wissen kaum etwas von ihrer Art. Eine Kombination zwischen beiden Arten kann etwas interessantes hervorbringen. Mischwesen waren schon immer einzigartig“, deutete Darius sie alle darauf hin. Es erstaunte Darius, wie viele Dinge hier auf einmal geschahen. Damit hätte er wahrhaftig nicht gerechnet, aber so stand es nun einmal. Sein Neffe und König war Vater von Zwillingen, die urplötzlich aufgetaucht waren. Wer hatte sie gebracht? Vor allem, von woher kamen sie? Lange diskutierten sie alle darüber, aber es würde keine ehrbare Lösung geben. Die einzige Person, die ihnen vermutlich Antworten liefern könnte, war Emmanline selbst. Plötzlich hatte es an der großen Tür zum Saal geklopft und einer seiner Nichten bat dessen Person herein. Es war eine Bedienstete. „Tut mir leid für die Störung“, verbeugte sie sich. „Was gibt es Alina?“, fragte Lya sanft und lächelte dabei. „Unser König hatte mich beauftragt, ich solle euch alle zu ihm bitten. Er erwartet euch in seinem Arbeitszimmer, um mit euch allen zu reden“, sprach sie und blieb weiterhin nach vorne gebeugt. „Danke, du hast deine Aufgabe erfüllt und kannst wieder gehen“, meinte Raiden etwas zu ernst, worauf das arme Mädchen sofort verschwand. Wer würde bei solch einen strengen Ton nicht gleich die Flucht ergreifen? „Was unser Bruder wohl möchte?“, gab Ysera von sich. „Das werden wir jetzt herausfinden“, stand Darius auf und blickte alle an, damit sie ihm folgen. Es dauerte auch keine fünf Minuten und alle standen versammelt in Luciens Arbeitszimmer. Sein Neffe saß in seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch, aber Darius konnte nur die Rückenlehne sehen, als würde er die Aussicht von draußen genießen. Wie zu oft. „Ich weiß, ich war die letzten Monate nicht gerade vernünftig und gerecht zu euch allen gewesen“, sprach Lucien in die Stille, die entstanden war. Jeder dachte vermutlich das Gleiche, dass was er sagte ziemlich übertrieben war, aber keiner antwortete darauf. „Deswegen entschuldige ich mich. Auch wenn ich es vielleicht nicht verdient habe“, redete er weiter. „Ich werde es ...“ „Nun hör aber auf. Bei dem ganzen Gelaber bekomme ich bald Ohrenschmerzen“, kam Jade gerade ins Zimmer, die bisher noch nicht anwesend gewesen war. „Ja, du hast Scheiße gebaut, aber nicht mehr abänderbar. Dann ändere es eben. Du weißt selbst, wir Drachen sind nicht sonderlich nachtragend. Nur wenn wir weiterhin so genervt werden.“ „Also du nimmst wahrhaftig kein Blatt vor dem Mund“, schüttelte Lodan seinen Kopf. Jade zuckte mit ihren Schultern. „Na und, ist eben mein Job.“ „Einfach unfassbar“, seufzte Ysera auf und schüttelte mit ihren Kopf. Lucien fing leicht an zu lachen, weil er es wirklich amüsant fand und bemerkte, wie sehr er diese Konversationen zwischen seinen Geschwistern vermisst hatte. Dies war der lebendige Teil und wie wichtig für ihn. „Was gibt es da zu lachen, Bruder? Ich meine das vollkommen ernst“, beschwerte sich Jade und er wusste, sie meinte es kein bisschen ernsthaft. „Ja natürlich. Darum geht es“, drehte er sich endlich zu allen um, die er sehen wollte. Auch wenn Charia, Alastar und Cyrill nicht dabei waren, so waren es die meisten. „Ich freue mich auch euch zu sehen. Euch alle“, gestand er und ließ ein Blick frei, den er zu Anfang nicht gewagt hatte zu erträumen. In seinen Armen hielt er seine beiden schlafenden Kinder. Sie waren in eine warme Decke eingehüllt und schienen zufrieden zu sein. Seine Tochter gluckste selbst im Schlaf hin und wieder, was er für ein Baby zu hinreißend fand. Sie würde ihn mehr zu einem herzerweichenden Drachen mutieren lassen, wie es keiner vermochte. Er war seinem kleinen Mädchen vollkommen verfallen. Was seinem Sohn anging, er verzog keine Miene. Aber er nahm hin und wieder seine winzige Faust in den Mund, wozu er imstande war, ihn genauso zu lieben, wie seine kleine Schwester. „Oh, wie bezaubernd“, jauchzte seine kleine verrückte Schwester leise. „Da sind sie ja.“ „Darf ich euch vorstellen, das ist mein Sohn Raziz und meine Tochter Adriana“, stellte er sie ihnen allen vor. Entsetztes und drückendes Schweigen entstand. „Du hast deinen Sohn nach unserem Vater benannt?“, war es Raiden, der diese Frage stellte. „Nein, ich war es nicht gewesen, sondern Emmanline“, korrigierte Lucien ihn. „Die beiden hatten schon den Namen in sich getragen, bevor sie hierher kamen. Ich hatte es nicht einmal gewusst und doch macht es mich stolz. Adriana war der Name von Emmanlines Mutter. Beide Namen sollen ein Teil von uns sein, sowie es die Zwillinge sind“, blickte er traurig auf seine schlafenden Kinder. „Es ist ein weiterer Beweis, wie wichtig das Ganze ist. Ich weiß was geschehen ist und was Emmanline getan hat. Sowie, was sie opferte.“ „Wie meinst du das?“ Auf seinem Gesicht erschien ein gezwungenes Lächeln. „Seit dem Tag, als meine Gefährtin mir diesen Dolch ins Herz gestoßen hatte, entfernte sie sich zwar von mir, aber um mich zu beschützen. Nicht weil ich für sie am Leben bleiben sollte, sondern für die Kinder. Emmanline hatte damals schon gewusst, welches Schicksal für sie in diesen einen Augenblick bereit stand, als Culebra hier auftauchte und sie hatte es immer gewusst, er würde sie holen kommen. Ich hatte damals nur geglaubt, ich würde sie vor ihm und allen beschützen können. Aber ich konnte sie nicht davor bewahren, für das was sie hatte tun müssen.“ Es war nicht leicht darüber zu sprechen, aber Lucien musste es tun. Für sie und seine Kinder. „Emmanline wollte nicht das gleiche Schicksal für ihre Kinder, was sie hatte durchmachen müssen. Darum musste ich all die Zeit hier bleiben und darauf warten. Ich hatte nicht einmal gewusst oder je davon geahnt, dass sie schwanger war“, musste er die traurige Erkenntnis selbst machen, weil er damals blind gewesen war vor Glück. „Ich hatte mich verändert und bin grausamer geworden. Dunkler und herzloser. Man hätte es mir darauf zuschieben können, weil ich von meiner Seelengefährtin verraten wurde. Aber das tut es nicht. Nichts von all dem fühlt sich wie ein Verrat an, seit sich dieser Nebel vor meinen Augen und Herzen gelichtet hatte.“ „Worauf ...“, setzte sein Onkel an. „Worauf willst du hinaus, Lucien?“ „Darauf, das Emmanline uns alle bewusst hinters Licht geführt hatte, nur um Culebra etwas vorzutäuschen, damit ich Zeit bekomme. Sie hatte meinen Tod nur vorgetäuscht“, war es grausam und schmerzhaft, weil er es nie hatte so kommen lassen wollen. „Ja, ich hätte durch so eine Verletzung sterben müssen, weil dieser Dolch besonders war, aber Emmanline hatte den Kristalldolch vorher mit zwei Zaubersprüchen belegt.“ „Zwei Zaubersprüche?“, sagte Darius. „Ich hatte so was als Vermutung, aber wie vollbringt man so etwas? Sie wusste doch sonst nichts von ihrer Magie, oder wie man sie anwendet.“ „Nein, das stimmt“, antwortete Lucien bewusst. „Doch wenn es darum geht, das zu beschützen, was ihr lieb und teuer ist, dann schaltet sich bewusst ihr Instinkt ein und kann Dinge tun, wozu sie sonst nicht fähig ist. Das hatte sie mir einmal erzählt und den Rest auch, bevor sie fortging.“ „Warte mal“, unterbrach Raiden ihn brüsk. „Darius und ich haben mitbekommen, welche letzten Worte sie zu dir gesagt hatte, bevor sie verschwand und es waren keinesfalls die Worte, was du bisher erzählt hast.“ „Stimmt, das hatte sie nicht, aber per unserer mentalen Verbindung schon. Parallel zu dem, was sie meinte.“ „Dann meinst du also, es sollte als eine Art Ablenkung gewesen sein? Oder so aussehen, als würde sie dich verraten?“, reagierte Lya schockiert darauf und hielt sich eine Hand vor dem Mund, während sich ihre Augen weiteten. „Ja, um mich zu beschützen, damit ich nicht in Gefahr gerate. All das war bewusst. Mein Tod sollte die benötigte Zeit geben und Culebra denken lassen, ich wäre keine Bedrohung mehr für ihn. Was vermutlich jetzt hinfällig ist und er schon längst darüber Bescheid weiß, das ich noch am Leben bin. Das sollte der erste Zauber sein“, kam nun der schwierige Teil. „Der zweite Zauber beinhaltete, das es mich davon abhalten sollte, Emmanline nach zu laufen. Ich hätte sie nie ihrem Schicksal überlassen und das ihr das Gleiche widerfährt, wie beim ersten Mal. Sie ist meine Seelengefährtin. Jeder verda …“, unterbrach er sich selbst, weil er keine unnötigen Kraftausdrücke gegenüber seinen Kindern verwenden wollte. Auch wenn seine Eltern das nie gekümmert hatte. „Emmanline war ein Teil von mir und mein Drache hätte es niemals zugelassen, sie gehen zu lassen. Ich wäre ihr definitiv gefolgt.“ „Emmanline hatte das gewusst, du würdest das tun und sie wollte das verhindern“, meinte Ysera. „Wollte sie und auch geschafft, indem sie mich mit diesen Zauber belegte, der mein Herz und Verstand mit einem dunkeln Schatten überdeckte. Ich war nicht mehr der, der ich eigentlich war. Für den Zweck, weil ich hierbleiben sollte. Wo ich sicher sein sollte, sobald meine Kinder hier erscheinen. Für die zwei sollte ich eher sorgen, als um meine eigene Gefährtin, die in Gefahr ist. Emmanline dachte nur um die Sorge von uns und nahm das Leid eher auf sich alleine. Sie opferte sich für all das.“ Lucien hatte die ganze Zeit auf seine Kinder geschaut und ihnen dabei zugeschaut, wie sie schliefen, als er sprach. Erst als er aufschaute, bemerkte er die verschiedenen Gesichtsausdrücke seiner Familie. Es gab wenig was sie schockieren könnte, aber dennoch herrschte drückendes Schweigen. Alle verarbeiteten sie das, was er eben gesagt hatte. Kaum vorstellbar. Selbst noch für ihn. „Dann wird es Zeit, dass wir Emmanline finden. Oder etwa nicht?“, wandte Lya sich an ihn. Er seufzte und schloss einen Moment lang die Augen. „Ich weiß nicht, ob das jetzt so einfach ist. Oder ob es dafür nicht zu spät ist.“ „Wie bitte? Was soll das denn jetzt heißen, ob es dafür nicht zu spät ist?“ „Weil ich Emmanline nicht mehr spüren kann. Es fühlt sich genauso an wie damals, als Emmanline tot in meinen Armen gelegen hatte. Nur noch hundert Mal schlimmer. Es ist so, als wäre sie verschwunden“, schüttelte er seinen Kopf vor Sorge und Kummer. „Kann es aber nicht sein, ihr passiert das Gleiche wie beim letzten Mal und sie wird wieder lebendig. Schließlich kann sie ja nicht sterben“, meldete sich einer der Zwillinge, Taran. „Nein, diesmal ist es irgendwie anders. Habt ihr nicht alle den Ruck bemerkt, der durch unsere Körper ging?“, blickte Lucien jeden einzelnen an. „Irgendwas hat Emmanline angestellt, was uns etwas besser und lebendiger fühlen lässt. Es wird jeden einzelnen Drachen so ergangen sein, der irgendwo existiert. Ich weiß, sie ist daran Schuld und nichts wird sie zu mir zurückbringen. Egal was sie getan hat“, senkte er wieder seinen Kopf und gerade in diesem Augenblick regte sich Adriana in seinen Armen, die seiner Seelengefährtin am ähnlichsten sah. Noch mehr schmiegte seine Tochter sich an ihn. Es sollte ihm wehtun, weil sie ihr so ähnlich war, aber so war es dennoch nicht. Er genoss es eher. „Auch mein Drache sagt mir, ich habe sie an irgendetwas verloren. Ich werde aber herausfinden, an was, und werde auch nicht eher ruhen, bis ich den Verräter gefunden habe, der mir die Mutter meiner Kinder entrissen hatte. Ich will ihn. Sowohl auch vernichtet sehen, damit er keinem mehr ein Leid zufügen kann. Das verspreche ich beim heiligen Gesetz“, schaute Lucien jetzt wieder auf und seine Augen glühten wie heißes Gold. Alle blickten ihn entsetzt an und ihm war es egal, denn er würde nicht eher Ruhen, bis der vernichtet war, der seiner Familie bedrohte und schadete . Geschweige ihm wegnimmt. Dies verzeiht er nie. „Ist das wirklich dein ernst?“, wirkte seine Schwester Lya verwirrt. „Wir wissen überhaupt nicht, wo dieser Verräter sich aufhält und versteckt.“ „Und wenn du schon sagst, du spürst Emmanline nicht mehr, kann man nicht wissen, was ihr widerfahren ist. Wir wissen gar nichts.“ „Das wird sich ändern“, beschloss Lucien. „Cyrill ist fort, weil ich bei ihm Dinge gesagt habe, die ich bereue. Er ist ein guter Drache und ich habe ihn verstoßen.“ „Wenn du sagst, auf dir hatte ein Zauber gelegen, dann wird er dir sicherlich verzeihen. Was auch immer zwischen euch vorgefallen war, er wird es verstehen“, meinte Lya. Ein kleines Lächeln entstand auf Luciens Gesicht. „Das wird er vermutlich tun, sowie ich Cyrill kenne. Doch,...“, entstand eine kurze Pause. „... er wird nicht zurückkommen.“ „Wie meinst du das, Lucien?“, fragte Cyrill, der verwirrt in seinem Arbeitszimmer stand und ihn auch so anschaute. „Du hast schon richtig verstanden, alter Freund“, klang Luciens Stimme total ernst, während er sich vom Fenster abwandte und ihn anschaute. „Da du Emmanlines Leibwächter bist, liegt es in deiner Aufgabe. Egal was geschehen mag, selbst mit mir, wirst du sie immer beschützen. In jeder Lage. Dies ist meine höchste Priorität. Emmanline darf nichts geschehen und du wirst ihr überallhin folgen, was auch immer du für Befehle erhalten wirst. Hast du mich verstanden, Cyrill?“ Sein Freund stand wie eine Salzsäule erstarrt da und er schien versuchen, all das zu begreifen. Das konnte er auch tun, wenn er dem folgte, was sein König ihm befahl. „Du meinst, ich sollte selbst deine Befehle missachten, sollte je etwas passieren?“, stellte Cyrill diese Frage. Lucien nickte darauf. „Selbst meinen. Ich weiß, ich stelle dich vor einer großen Bürde und verlange viel von dir, mein Freund“, kam er um seinen Schreibtisch herum. „Doch für mich ist es ein großes Anliegen, wenn es um den Schutz meiner Seelengefährtin geht. Sie soll sich sicher fühlen und ich traue dem Ganzen nicht. Dinge können sich verändern und ich will da kein Risiko eingehen. Ich vertraue dir auch mehr in der Hinsicht, als jeden anderen. Ich würde sonst nicht fragen, wenn ich dem nicht überzeugt bin, du bist der Richtige dafür.“ „Bei den heiligen Göttern, Lucien“, klang er atemlos. „Ich schätze Emmanline sehr und habe ihr auch meine Treue geschworen, weil sie zu dir gehört. Ich würde sie auch mit meinem Leben beschützen. Das steht außer Frage“, hielt sein Freund kurz inne. „Du verlangst von mir, ich soll dich unterordnen, obwohl ich dir einen heiligen Schwur geleistet habe. Zwei Mal sogar. Das könnte mich selbst ihn ungeahnte Schwierigkeiten bringen.“ Fraglich hob Lucien eine Augenbraue. „Meinst du damit deine Familie?“ „Was?“, schaute Cyrill ihn mit einem verzogen Gesichtsausdruck an. „Das ist mir vollkommen egal und das weißt du. Meine Familie ist mir schon längst entglitten und ich will nicht auf das aus, was meine sogenannte Mutter von mir erhofft. Ich kann meinen eigenen Weg gehen“, verneinte er es mit einem Kopfschütteln. „Es geht mir um den Schwur, den ich vor dir und den heiligen Göttern geleistet habe.“ Lucien stellte sich vor Cyrill und legte seine rechte Hand auf dessen linke Schulter von seinem Freund, damit er sie drücken konnte. „Ich kann es verstehen und ich weiß auch, welche Worte du mir gegenüber geleistet hast. Sowohl zu den Göttern. Du hast auch deiner Königin diesen Eid geschworen, um sie zu beschützen. Wie der deinen, sollten sie in Gefahr sein. Ich bitte dich lediglich nur darum, dass du sie in allem beschützt. Egal was kommen mag. Mehr will ich nicht.“ Lange Zeit schaute Cyrill ihm tief in die Augen und seufzte dann, als er die Augen schloss. „Du musst dir keine Sorgen machen, ich werde ihr jederzeit folgen, sollte etwas geschehen.“ „Das war schon vorausgeplant gewesen?“, fragte Darius überrascht, als er Lucien von seiner Erzählung unterbrochen wurde. „Oder hast du schon so was geahnt, das dies passieren würde?“ „Nein, keineswegs habe ich das gewusst. Ich rechne doch nicht damit, meine eigene Gefährtin stößt mir einen Dolch mitten ins Herz. Es war lediglich eine reine Vormaßnahme gewesen“, meinte er. „Mmh“, machte Jade ein überdachtes Geräusch. „Dann solltest du es Cyrill auch vermitteln, das du wieder bei klaren Verstand bist.“ „Jade“, ermahnte Lya sie. „Musst du immer so dermaßen direkt sein.“ „Ja, was denn? Es ist doch so.“ „Jade hat Recht, es war so geschehen und ich stehe auch dazu, ich war nicht bei klaren Verstand. Ich habe schon einmal versucht mit Cyrill in Kontakt zu treten, aber ich komme nicht zu ihm durch. Doch ich werde es weiterhin versuchen“, bestätigte Lucien das. „Dann verstehe ich, warum Cyrill am Ende so entschlossen war, Emmanline suchen zu gehen“, grübelte und redete sein Onkel gleichzeitig. „Du hattest ihn zuvor schon damit beauftragt, beim Äußersten, er soll sie verfolgen.“ Lucien dachte über die Worte von Darius nach. „Vielleicht, aber ich glaube, sowie ich das letzte Gespräch von mir und ihm in Erinnerung habe, steckt mehr dahinter. Cyrill wäre Emmanline suchen gegangen, auch wenn ich diesen Befehl nicht gegeben hätte. Ich weiß, er hegt eine gewisse Sympathie ihr gegenüber. Nicht nur seinem Pflichtgefühl, sie als Leibwächter beschützen zu wollen.“ „Du meinst, Cyrill hegt gewisse Gefühle für deine Gefährtin? Und das lässt du zu?“ „Nein“; schüttelte Lucien mit seinem Kopf. „Wäre es so, hätte ich es niemals zugelassen, er hielte sich solange bei ihr auf. Das würde mein Instinkt nicht zulassen. Cyrill schätzt sie mehr als einen Freund und nicht eine Frau, die er liebt. Er respektiert Emmanline und sieht sie als seine Königin an, die eines Tages an meiner Seite steht. So ähnlich hatte er es auch gedeutet, bevor er verschwand“, erzählte er weiter und dachte an den Streit zurück. „Du kannst sie nicht einfach in Stich lassen, Lucien“, wurde Cyrills Stimme etwas lauter. „In Stich lassen? Sie hat mir einen verdammten Dolch in mein Herz gerammt. Was glaubst du, wie ich mich da fühle und denken soll?“, knurrte Lucien zurück und ihm passte es nicht, wie sich sein Freund gerade verhielt. „Emmanline hat nur so getan und uns die ganze Zeit nur getäuscht.“ „Vielleicht hatte sie auch einen Grund gehabt, das sie so handeln musste“, beharrte sein alter Freund weiter darauf. „Sie ist deine vorherbestimmte Seelengefährtin. Du kannst sie nicht einfach so gehen lassen.“ Luciens Blick verfinsterte sich drohend. „Sie hatte mir klar und deutlich zu verstehen gegeben, wie sehr sie uns alle verabscheut. Und wenn sie es so will, soll sie halt gehen. Nach diesem Verrat von ihr, verzichte ich auf meine Seelengefährtin. So eine wie sie kann ich nicht gebrauchen“, klang seine Stimme tödlich und ernst. Entsetzt schaute Cyrill ihn an, wobei seine Augen sich etwas geweitet hatten. „Das ist nicht dein ernst? Was ist nur los mit dir?“, wirkte der Mann vor ihm fassungslos. „So warst du früher nicht gewesen. Du hättest sie niemals gehen gelassen. Egal was passieren würde.“ „Wie du es so schön sagst, früher wäre es so gewesen, aber einige Umstände ändern sich. Und wenn du es nicht akzeptierst oder wahrhaben willst, kannst du auch gerne gehen. Anscheinend ist dir das wichtiger, was mit ihr ist, als wie mit deinem König. Schließlich bin ich der Hintergangene“, meinte Lucien. „Und was ist mit ihrem Geheimnis, was sie uns allen anvertraut hatte? Du hast ihr geschworen, sie für immer zu beschützen und davor zu bewahren, niemand würde davon etwas erfahren? Oder gar ihr das gleiche Schicksal, wie zuvor, ersparen zu wollen?“ „Ist damit hinfällig geworden, als sie mich verlassen hat und etwas scharfes in meiner Brust steckte“, war dies seine Meinung und endgültige Entscheidung. Sein Freund, der sonst stets treu an seiner Seite stand, bemerkte es anhand seines Gesichtsausdruckes und schüttelte nur mit seinem Kopf, weil er anscheinend ziemlich enttäuscht wirkte. „Niemals hätte ich geahnt, dass es einmal soweit kommen würde, Lucien“, klang Cyrill wirklich enttäuscht. „Du begehst einen großen Fehler und ich will nicht dabei sein, sollte es eines Tages soweit sein, wenn du aufwachst und feststellen musst, du hast alles verloren, was dir je einmal wichtig gewesen war. Vor allem, wie blind du dich jetzt gibst. Ich will nicht dabei zuschauen, wie mein mein bester Freund dumm genug sein kann, alles aufzugeben, was die Götter ihm geschenkt haben“, reckte Cyrill seinen Kinn nach oben. Ihm war es anscheinend egal, welche Konsequenzen es für ihn hatte. Wut schäumte in Lucien auf, seine Hände ballten sich zu harte Fäusten und seine Augen glühten vor Zorn. „Verschwinde, Cyrill. Wenn du von all dem so wenig hältst und diese Frau weiterhin verteidigst, hast du hier nichts mehr verloren“, zischte Lucien zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Wenn du nicht ein alter Freund gewesen wärst, hätte ich dich schon längst bestraft. Doch jetzt will ich dich einfach aus meinem Blickfeld und Schloss haben. Trete mir nie wieder unter die Augen“, zeigte Lucien mit dem Finger zur Tür und sein ganzer Körper bebte vor Aggression. Cyrills Körper hingegen war starr geworden, aber er konnte aus seinem Blick nichts deuten, was für eine Gefühlsregung in ihm vorging. Er stand einfach nur da und starrte ihn an. „Gut, wenn du das unbedingt willst, verschwinde ich“, wandte Cyrill sich einfach von ihm ab und ging zur Tür hinaus. Ohne noch ein Wort zu ihm gesagt zu haben. Seit diesem Tag hatte Lucien nichts mehr von Cyrill gehört oder gesehen. Seitdem er aus seiner Tür verschwunden war. Im nach hinein taten ihm seine Worte leid und sein Freund hatte Recht behalten, er hatte einen großen Fehler begangen. Mehrere sogar. Und er wusste nicht, ob er sie je wieder gut machen könnte. Cyrill war einer seiner besten Freunde, aber er wusste nicht, ob er ihn dadurch verloren. Nur weil er ihn wachrufen wollte, was er bei klaren Verstand ohnehin getan hätte. Warum hast du das nur getan, Emmanline? Warum hast du mir nicht vertraut? Ich wäre dir überallhin gefolgt. Bei seinem Gedanken schaute Lucien auf seine Kinder hinab, als er feststellte, ihre kleinen winzigen Äuglein waren offen und beobachteten ihn aufmerksam. Lucien bekam stets das Gefühl, die beiden waren jetzt schon neugieriger und offener, was er es nicht unter Babys kannte. Sie wirkten klüger, was die Welt für ihnen bereit hielt. Und sie sahen mehr, als das sie zu sehen bekamen. Dabei waren Raziz und Adriana nur kleine Wesen, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten. Adriana fing quietschend an zu lachen und ihre Arme streckten sich in die Höhe, um ihn zu berühren. Es war atemberaubend ihr dabei zu zuschauen und er hätte niemals für möglich gehalten, wie wundervoll so ein Gefühl zu haben, Vater zu sein. „Oh du meine Güte, wie goldig sie sind“, klang Jade hellauf begeistert und klatschte in ihre Hände. „Ich muss sie einmal halten“, kam seine Schwester um den Schreibtisch herum und streckte die Arme nach seiner Tochter aus, bis Jade sie aus seinen Armen genommen hatte. „Sie sind wirklich bezaubernd, Lucien“, meldete sich Lya und nahm Raziz auf dem Arm. Manche Drachen konnten nicht anders, wenn sie Kleinkinder sahen und mussten mit ihnen körperlichen Kontakt aufbauen. Für viele war es ein gewisser Zwang. Ihn wunderte es auch nicht, denn Drachen gehörten zu den einzelnen Völkern, die körperliche Privilegien brauchten. Ohne diese würden sie nicht leben können. Sie brauchten Zuneigung und Nähe. „Wie süß und hübsch du bist“, lachte Jade und Adriana spielte lachend mit den feuerroten Haaren seiner Schwester. „Du wirst einmal eine richtige Schönheit werden und ich werde dir so vieles beibringen.“ „Du wirst ihr gar nichts beibringen, Jade. Das kann nur schädlich für die Kleine werden“, mischte sich Ysera ein. „Was? Warum das denn? Ich werde eine tolle Tante sein.“ „Sowie du es bei meiner Tochter versucht hast, Schwester?“, meinte Lya belustigend. „Ich glaube, dies ist keine gute Idee. Du hast Shay einmal mit zu den Sylphen genommen. Sie mögen harmlos sein, aber die Naturgeister wollten meine Tochter fast nicht mehr rausrücken. Ian wäre damals beinahe ausgerastet, weil niemand seinen kleinen Liebling behalten durfte, außer er selbst“, lachte Lya leicht, bei der Erinnerung. Jeder kannte diese Geschichte mit den Sylphen und Shay. Sylphen waren ein spirituelles Volk, welche auf die Luft zugreifen konnten. Sie bestanden nur aus Frauen. Eine schöner als die Andere. „Dein Gefährte ist ja auch wahnsinnig vernarrt in seine Tochter. Jetzt darf ich sie kaum noch sehen“, beschwerte sich Jade. Raiden schnaubte. „Warum wohl? Jeder vernünftige Vater, der seine Kinder liebt, würde sie vor dir in Sicherheit bringen.“ „Das war jetzt sehr herzlos von dir, Bruder“, jammerte Jade leicht, als würde es sie treffen. „Lass es sein, Jade. Als wenn es dich treffen würde.“ „Natürlich trifft mich das zutiefst, wenn ihr so gemein zu mir seid. Habe ich nicht Recht, meine Kleine“, stupste seine Schwester Adrianas kleine Nase, was sie zum glucksen brachte. „Ein wahrer lachender Sonnenschein.“ Lucien beobachtete das ganze Geschehen um sich herum und wie all seine Geschwister miteinander stritten. Alles wirkte real und es gehörte genau an dem Platz, wo es sein sollte. Vollkommen normal. Er hatte es auf unbewusste Art und Weise vermisst. Auch wenn er zuvor nicht wusste, was ihm so sehr gefehlt hatte. Aber alles war ein Teil von ihm und dies gehörte zu seinem Leben. Selbst seine Gefährtin, die er aber für immer verloren hatte. Das Einzige was ihm von Emmanline geblieben war, waren seine Zwillingskinder. „Lasst Jade in Ruhe“, stand Lucien von seinem Stuhl auf und er musste sich seinen angespannten Nacken massieren. „Sie erledigt ihre Aufgaben genauso gut und gewissenhaft, wie ihr alle.“ „Welche Aufgaben?“, fragte Ysera abfällig. „Meinst du die, indem sie sich amüsiert und herumtreibt?“ „Lass es sein, Bruder“, wedelte Jade mit ihrer freien Hand, während sie immer noch ihre Tochter hielt. „Außerdem ist das verdammt anstrengend, mich zu amüsieren und herumzutreiben. Das wirst du niemals verstehen, liebe Schwester.“ „Nein, weil ...“ „Schluss jetzt“, unterbracht Lucien sie streng. „Sie werden dich auch nie verstehen, Jade, wenn du ihnen nie erzählst, was du wirklich tust. Ich glaube, es ist auch an der Zeit, dass du es wenigstens deiner Familie erklärst. Sie hätten es vielleicht verdient. Auch wenn du stets dein Geheimnis für dich behältst und dir anderer Meinungen egal sind. Aber es wäre schon praktisch, wenn deine eigene Familie nicht so schlecht über dich denkt, wie du es eigentlich verdienst.“ Jades Augen verdunkelten sich in ein dunkleres Grün und funkelte ihn finster an. „Warum fängst du jetzt damit an? Ja, es soll, wie du es so schön erwähnst, ein Geheimnis bleiben. Mich juckt es absolut nicht, wie andere über mich denken oder reden. Sollen sie doch ihr Maul über mich zerreißen, wenn sie für ihre Langeweile ein Gesprächsthema brauchen.“ „Mir ist es aber nicht egal“, funkelte er jetzt seine Schwester düster an. „Vergiss nicht, wohin du gehörst und das du ein Mitglied des Königshauses bist. Ich verstehe deine Methoden und was du treibst, aber du bist immer noch die Schwester des Drachenkönigs. Ich stelle deine Handlungen nicht infrage und akzeptiere, du riskierst vieles. Normalerweise müsste ich es verbieten, aber ich weiß auch, dies ist deine Bestimmung, der du folgst. Dafür bist du geboren.“ Leicht knurrte seine kleine Schwester mit ihrem rötlichen Haar. Lucien konnte verstehen, sie war jetzt wütend auf ihn. Aber es musste ein Ende haben, wie alle auf Jade herunterblickten, als wäre sie etwas schlechtes. „Kann mir mal jemand sagen, worum es hier eigentlich geht?“, verlangte Raiden zu wissen. „Was treibst du, Jade?“ „Eure Schwester …“, drang Darius Stimme durch den Raum, während er sich in eines der bequemen Sessel fallen ließ. „Sie ist eine ausgezeichnete Spionin unseres Volkes. Schon seit sehr langer Zeit, wenn man es so betrachtet“, lächelte er bewusst verschmitzt. „Onkel“, ermahnte Jade ihn und nach ihrem Blick zu urteilen, wäre sie ihm am liebsten ins Gesicht gesprungen. „Was? Jade soll eine Spionin sein?“, blinzelte Raiden verwirrt und ungläubig, während er sie anschaute. „Unmöglich“, erwiderte Ysera fassungslos. Selbst Lodan und Taran ließen ihre Bücher sinken, worin sie ständig ihre Nase steckten. „Oh Schwester, ist das wahr?“, fragte Lya nach. „Herr Gott nochmal“, fluchte sie und drückte Adriana in Luciens Arme, damit sie ihre Hände in die Luft werfen konnte. „Könnt ihr damit aufhören, als wäre es so was von unrealistisch.“ „Um ehrlich zu sein“, meldete sich Lodan. „Es wirkt bei dir sehr unrealistisch.“ „Wobei, ich könnte es mir schon vorstellen, von all ihrer Art her, sie als eine Spionin zu betrachten“, sprach Taran. „Stets ist sie lange Zeit verschwunden und niemand weiß wo sie sich herumtreibt. Ihre Unbekümmertheit kann vermutlich viele täuschen. Selbst ihr Aussehen könnte sie in der Tat weiterbringen.“ „Soll ich das jetzt als ein Kompliment betrachten?“, wollte Jade missmutig wissen. Lucien seufzte genervt auf, als er kurz seine Augen schloss und dann seine kleine Tochter betrachtete, die jetzt endlich wieder in seinen Armen lag. Anscheinend genoss auch sie es in seinen Armen zu liegen. Er schenkte ihr ein herzliches Lächeln, aber wandte sich dann wieder an seine Familie. „Fakt ist, egal wie Jade es anstellt, bringt sie stets die Informationen für uns. Unsere Schwester behält die Sache mit den Fae im Auge und all das stammt von ihr. Alles was wir von ihnen wissen und sie vorhaben, kommt von ihr. Jade macht ihre Sache gut und ich denke, keiner sollte sie respektlos behandeln.“ „ Jade, ich hatte ja keine Ahnung“ sprach Lya, die noch immer seinen Sohn in den Armen hielt. Sie hingegen knurrte. „So sollte es ja auch sein und bleiben. Ich mache aus meiner Sache keine Wichtigkeit und es ist auch nicht meine Art, es an die große Glocke zu hängen“, zuckte Jade mit ihren Schultern. „Ok, wenn andere denken, ich wäre eine Schlampe, die sich nur herumtreibt und amüsiert, ist es eben so. Sollen sie doch reden, denn das lenkt sie vom wesentlichen ab. Ich mache das alles nicht umsonst, nur um mich hinterher zu verkriechen und zu heulen, wie ein kleines Mädchen, weil sie mich auf schändliche Weise gedemütigt oder beleidigt haben. Ich gebe nichts auf das Geschwätz und deren hohen Meinungen. Mir macht meine Sache Spaß und ich liebe das, was ich tue. Vor allem komme ich überallhin und kann alles ansehen. Wenn ich daran denke, die ganze Zeit hier auf dem Schloss zu sein, würde mir sterbenslangweilig werden und ich würde nur darauf warten, bis mich einer von meinem Elend erlöst. Hin und wieder komme ich gerne zurück, nur um euch alle zu sehen, oder wenn ich eine Dringlichkeit habe. Ansonsten bleibe ich doch lieber fern.“ „Das sieht dir wahrhaftig ähnlich, Schwester“, verschränkte Raiden seine Arme vor der Brust und sein Blick wirkte grimmig. „Jetzt wenn ich dich so betrachte und darüber nachdenke, kann ich es mir ebenfalls gut vorstellen. Du wirkst zwar unbekümmert und völlig gedankenverloren, aber anders.“ Jade ließ ein unwissendes Grinsen zeigen, welche ihre reinweißen scharfen Zähne zeigten. „Ist das etwa ein weiteres Kompliment an mich? Ich fühle mich wahrhaftig geehrt, Bruder.“ Die Furchen zwischen Raidens Augen vertieften sich. „Lass den Unsinn und die Spielchen.“ „Was für Unsinn und Spielchen?“ Diese Diskussion zwischen seinen Geschwistern ging fortlaufend und Lucien bekam das Gefühl, irgendwann würde das aus dem Ruder laufen. Auch wenn er eigentlich dazwischen gehen müsste und all das schlichten, bevor es noch wirklich ausarten würde. Trotzdem genoss er diese Konversation zwischen ihnen. Er hatte es wahrhaftig vermisst. Aber Lucien Herz schmerzte und er wünschte sich, seine Seelengefährtin wieder bei sich zu haben. An seiner Seite. Er vermisste sie. Überwiegend Emmanlines Stimme, weil Lucien ihren Klang liebte. Er vermisste auch ihren scharfen Verstand und die Ideen, die in ihr vorgingen. Ihm fehlte ihre Nähe und Liebenswürdigkeit, wovon sie kaum etwas gewusst hatte. Es war komplett ihre Art und Anwesenheit. Wie sollte er seinen Verlust und Schmerz beschreiben? Außer, das sein Herz blutete und in tausende von Stücke gerissen wurde. Genau so konnte man es beschreiben. Genau so … Nebenbei steckte in ihm eine unendliche Wut. Auf denjenigen, der ihm seine Seelengefährtin weggenommen hatte. Und er würde diesen Verräter dafür büßen lassen. Im Unterbewusstsein und zwischen seinen gemischten Gedanken, vernahm er ein leises Wimmern. Lucien horchte auf und blickte in die winzigen Augen seiner Tochter, die ihm aufmerksam und traurig anschauten. Anscheinend hatte Adriana sein verwirrtes Gefühlschaos gespürt. Sie hatte ein starkes Empfinden und ihm war aufgefallen, auch wenn er seine Kinder erst seit dem Abend zuvor hatte, seine Tochter reagierte auf Gefühle. Adriana war ein freudiges Kind, aber es könnte auch schnell umschwenken. Er war so gespannt, wie sich seine Kinder entwickeln würden und hatte das Glück sie aufwachsen zu sehen. Wenn Emmanline das beabsichtigt hatte, dann würde er dieses Versprechen eingehen. Selbst wenn es seine Seele und Herz kosten würde, aber er würde sie als glückliche Kinder in die Welt entlassen. So wie Emmanline es für sich selbst gewünscht und dennoch nie bekommen hatte. Das schwor er sich hoch und heilig, … um ihr danach zu folgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)