Gebieter des Feuers und der Unsterblichkeit von PaiSakuraKurai ================================================================================ Kapitel 4: ----------- „Du wirst nicht fangen mich“, lachte Adriana erfreut und spielerisch auf, als sie durch die Gänge des Schlosses stürmte. „Das sehen wir“, stürmte Raziz hinter ihr her und rannte in eine der Bediensteten rein, die gerade den Flur fegte und nun zu Boden stürzte. Doch bevor Raziz irgendwas machen konnte, wurde er am Kragen gepackt und hochgehoben. Kaum das er sich versah, blickte er in die Augen seines Onkels Raiden, der ihn grimmig anschaute. „Was habe ich euch gesagt, wenn ihr durch die Flure rennt?“, knurrte Raiden mahnend. „Aufpassen“, kicherte Adriana lachend und hing kopfüber über die breite Schultern ihres Onkels. „Genau, ihr sollt aufpassen“, schimpfte er weiter. „Seid brav und haltet euch daran. Oder muss ich erst euren Onkel Alastar holen müssen?“ Adriana quiekte herzhaft auf. „Nein, Onkel Alastar hat tun. Ganz beschäftigt“, verhaspelte sie sich immer beim Sprechen, was viele zum Schmunzeln brachte. Selbst für Raiden war es nicht immer leicht ernst zu bleiben, wenn seine kleinste Nichte derart redete und herzlich dabei lächelte. Das erweichte selbst ihn, als alten hartgesottenen Drachen. „Gut, dann seid lieb.“ „Sind wir“, antwortete Raziz, der ernster für sein jungenhaftes Alter aussah. Die Zwillinge waren gerade einmal vier Jahre alt und sie entwickelten sich rasend schnell. Sie lernten schnell das Sprechen und waren durchaus klüger Dinge besser zu verstehen, wen n man es ihnen erklärte. Ein Drachenkind war nicht in ihrer Entwicklungszeit so weit, wie diese Beiden. Dadurch das sie alle nicht viel von Emmanlines Herkunft und ihrem Wesen wussten, gingen sie davon aus, die zwei wären normal. Vielleicht war der Wachstum von Emmanlines Volk anders und ging schneller von statten. Alles war ein größeres Geheimnis und Mysterium. Und genau das musste es auch bleiben. Niemand durfte von ihrer Herkunft wissen und was sie in Wirklichkeit waren. Bisher hatte sich noch keiner der beiden Zwillinge verwandelt und keiner konnte von daher genau bestimmen, was genau in ihnen steckte. Seena hatte durchaus Recht, in ihnen steckte eine unbekannte Kraft und doch konnten sie es nicht richtig bestimmen. Das Einzige positive war, sie hatten ihre Kräfte noch nicht missbraucht oder aus versehen eingesetzt. Jeder gab deshalb auch ihr bestes um genau das zu vermeiden. Sie sollten lernen bewusst mit ihrer Stärke umzugehen und das es nicht richtig war, irgendjemanden zu verletzen. Fast erschien es ihnen, als würden die zwei Kleinen auf etwas warten, die jetzt wild in seinen Armen zappelten. „Runter, Onkel Rai“, bat Adriana und sie schaffte es nicht seinen ganzen Namen auszusprechen. Er hatte sich daran gewöhnt und gestattete es ihr zu ihn so zu nennen. Raiden setzte die Zwillinge vor sich ab und ging vor ihnen in die Hocke. „Merkt euch gut, ihr dürft niemanden ausversehen verletzen oder wehtun. Nur wenn ihr irgendwann einmal in Gefahr seid. Also entschuldigt euch jetzt bei Melina“, befahl er den Kleinen. Etwas bedrückt drehten sie sich zu der Drachin um, die gestürzt und wieder aufgestanden war. „Es tut uns leid“, entschuldigte sich Raziz bei ihr. „Auch mir. Nicht wieder vorkommt“, lächelte Adriana entschuldigend. Verwirrt und nicht wissend was Melina tun sollte, blickte sie zu Raiden auf. Sie gehörte zu den zurückhaltenden Drachen und doch gab es Situationen, indem ein Drache etwas durchgreifen musste, damit die Kinder verstanden, was richtig und falsch war. „Danke. Auch ich passe das nächste Mal besser auf“, antwortete Melina etwas zurückhaltend. Plötzlich machte Raziz einen Schritt auf Melina zu und berührte sie am Bein. „Du hast dir wehgetan. Momma hätte das nicht gefallen“, klang sein Neffe wirklich schuldbewusst und da sah er zum ersten Mal etwas, womit Raiden nicht gerechnet hätte. Raziz setzte seine verborgene Kraft ein und seine Hand fing an zu leuchten. Öfters hatte er dieses Licht bei Emmanline beobachten können und wusste, dass es nichts schlechtes war. Jedes Mal wenn sie leuchtete, hatte sie geheilt und genau das tat Raziz jetzt auch. Die Sturzverletzung von Melina war in Sekunden geheilt und er war sichtlich überrascht. Anscheinend hatte Raziz Emmanlines Fähigkeit geerbt. Auch wenn er vom Aussehen mehr nach Lucien kam. „Du meine Güte“, stotterte Melina leicht erschrocken. „Wieder heil“, warf Adriana lachend ihre Arme in die Luft und stürmte davon. „Du mich fangen, Bruder“, schrie sie gackernd. „Das ist unfair“, stürmte auch Raziz an ihm vorbei. Kopfschüttelnd blickte Raiden hinter ihnen her, die um eine Ecke verschwanden. Das Einzige was er noch vernahm, war das kindliche und freudige Lachen. „Es tut mir leid, Melina“, entschuldigte sich Raiden noch einmal bei ihr. „Schon in Ordnung, wirklich. Sie sind sehr aufgeweckt und ich hätte wirklich mehr aufpassen sollen. Doch ich war sehr über die Heilung überrascht“, schluckte sie etwas. Kurz schaute er die Drachin an. „Ja, darüber bin ich auch sehr überrascht. Sie wollten dir nicht wehtun.“ „Ja, ich weiß. Es sind liebe Kinder und so freudiger Energie“, senkte sie den Kopf. Das waren sie in der Tat und auch oft zu stürmisch. Einerseits taten die Beiden ihm auch leid, wenn er daran dachte, in welchem Zustand sich ihre Mutter befand. So jung wuchsen sie mit diesem Bild auf, dass ihre Mutter zwar da war, aber nie so sein würde, wie andere Mütter. Jedes andere Kind wäre traurig gewesen und doch lachten sie jeden Tag. Es war schon fast unglaubwürdig und doch waren die Zwillinge noch zu jung, um irgendwas zu verstehen. Auch wenn sie vieles verstanden. Wer wusste schon was genau passieren würde. Mehr als abwarten und hoffen konnten sie nicht. Vielleicht würde doch noch ein Wunder geschehen. Seufzend begab sich Raiden in seinen alltäglichen Fluss und ging in sein Arbeitszimmer. „Nein, ich keine Lust mehr hab“, zog Adriana leicht ihr Gesicht zu einer Schnute. „Du gewinnen immer. Du zu schnell.“ „Dann lass uns zu Poppa gehen“, ging Raziz zu seiner Schwester und nahm ihre Hand in seine. „Er wird bestimmt bei Momma sein“, lächelte er sie leicht an. Sofort hellte sich das Gesicht von Adriana auf. „Ja, das wir tun.“ Raziz verstand noch nicht viele Dinge, aber er wusste, er wollte seine Schwester nicht traurig sehen. Tief aus ihm entsprang stets ein Gefühl, dass ihn daran hinderte. Adriana fühlte genauso und sie beide passten immer aufeinander auf. Darum waren sie ununterbrochen zusammen und wollten kein einziges Mal getrennt voneinander sein. Sie waren unzertrennlich. „Dann komm, Adriana“, zog Raziz leicht an ihrer Hand und sie folgte ihm ohne zu zögern. Müde und erschöpft blickte Lucien aus dem Fenster. So unglaublich viel Zeit war bisher vergangen und es hatte sich nichts getan. Keine neuen Ergebnisse, worauf er jeden Tag hoffte. Ununterbrochen wartete er. Seufzend wandte Lucien sich um und schaute auf das Bett, worin Emmanline schlief. Das schon mehr als vier Jahre und es nagte von Tag zu Tag mehr an ihm. Es zerrte an seinen Kräften und an seinem Herzen. Kein einziges Mal, seit sie zurück gekehrt waren, war seine Gefährtin erwacht. Sie bewegte sich in einem Zustand, der unerklärlich war. Nicht einmal seine Großtanten konnten helfen und hatten schon vieles versucht, aber alles war bisher erfolglos gewesen. Diese vier Jahre kam ihn wie vier Jahrhunderte vor, obwohl es nur ein kleiner Wimpernschlag für ihn als Drachen vorkommen müsste. Doch er wollte nicht aufgeben. Nicht solange ihr Herz noch in der Brust schlug, denn er wollte alles versuchen, was er nur konnte. Auch wenn es bedeuten würde, Lucien musste eine Ewigkeit darauf warten. Sicher war es eine Folter für ihn, seine geliebte Gefährtin so zu sehen. Das Tag für Tag, aber er wollte nicht aufgeben. Nicht einmal daran denken. Selbst Adriana und Raziz sollten ihre Mutter einmal kennenlernen und mit ihr sprechen. Mit ihr spielen und die Dinge tun, die sie sich so sehnlichst wünschten. All das wünschte er sich von ganzen Herzen. Möge es alles kosten, dann würde er diesen Preis eben bezahlen. Mit schweren Schritten ging Lucien zu Emmanline zurück und setzte sich auf ihr gemeinsames Bett. Wie er es immer tat, strich er zart mit seiner Hand über ihr schneeweißes Haar, dass wieder vollkommen rein war. Als er damals von der Schlacht zurückgekehrt war, hatte Lucien sie als erstes gewaschen und von all dem Schmutz, Blut und Dreck befreit. So mochte er sie am liebsten und wenn er ihren Duft in einem frisch und reinen Zustand einatmen konnte. Dies war seine wahre Gefährtin und was sie auch verdiente. Erst viel später hatte Lucien Emmanline in ihr bequemes Bett gelegt, damit sie es gemütlich hatte. Jeden Tag hatte er mit ihr gesprochen, auf der Hoffnung, sie würde auf seine Stimme reagieren. Doch auch das war bisher vergebens. Auf nichts und niemanden reagierte sie, egal um welche Anwendungen Lucien sich bemühte. „Ach Liebste, wenn ich doch nur wüsste, wie ich dich zurückholen könnte, ich würde alles dafür tun“, flüsterte er rau und nahm liebevoll die Hand von Emmanline in seine und küsste ihre Handinnenfläche. Wie immer liebkoste Lucien Emmanline mit schönen Worten und Berührungen. Selbst wenn sie ihn nicht hören konnte, wollte er wenigstens die Hoffnung hegen, sie möge seine zärtlichen Streicheleinheiten spüren. Irgendwas musste sie einfach fühlen, denn er wollte nicht von negativen Gedanken geplagt sein. Lucien wollte nicht hören, alles wäre vergebens. Leise klopfte es an der Tür und Lucien bat die Person herein. Cyrill betrat das Zimmer und es tat wirklich gut, seinen besten Freund wieder unter sich zu haben. Kaum, dass sie von der Schlacht zurückgekehrt waren, hatte er sich aufrichtig bei ihm entschuldigt. Wie Cyrill eben war, hatte er ihm alles verziehen. Doch Lucien sollte nicht noch einmal auf den Gedanken kommen, solch eine Aktion zu starten. Selbst er wusste, es war falsch gewesen und doch freute Lucien sich, wie sehr er es wertschätzte, alle um sich zu haben. Das hatte Lucien noch nie in diesem Ausmaß festgestellt und wie sehr er es doch brauchte. Schon eigenartig, wie schnell und in welche Richtung sich sein Leben verändert hatte. Eigentlich, seit Lucien Emmanline begegnet war. „Ist alles in Ordnung, Cyrill?“, wollte Lucien von seinem Freund wissen, als er ihn dann anschaute, weil er ihm immer einen Bericht erstattete. „Ja, soweit schon. Ich wollte dir nur mitteilen, es gibt keine Veränderungen, bevor ich gehe. Bis auf, ein seltsamer Brief ist eingetroffen“, antworte Cyrill und hielt den leicht gelblichen Brief nach oben. Mit einem Ruck stand Lucien vom Bett auf und ging auf ihn zu. „Wann ist er eingetroffen?“, wollte er schlagartig wissen. „Ich kann es nicht genau sagen, aber dieser Brief lag auf einmal auf deinem Schreibtisch, als ich dir ein paar Papiere, die ich abgearbeitet hatte, hinlegen wollte. Zuvor lag da noch keiner und ich dachte mir schon, irgendwas ist anders. Deswegen bringe ich ihn dir.“ „Das war sehr gut, danke“, entnahm Lucien ihm den Brief. Im ersten Moment wusste er nicht, ob er ihn ohne Emmanlines Einverständnis öffnen sollte, oder solange aufbewahren. Aber wenn er daran dachte, in welchem Zustand sie sich jetzt befand, riss Lucien doch die obere Lasche des Umschlags auf und überflog die Zeilen in Sekunden. Luciens Augen weiteten sich schlagartig. „Sie wollen kommen“, brachte er als Einziges heraus. „Wer will kommen?“, fragte Cyrill skeptisch nach. „Dies ist ein Brief von Emmanlines Vater und er würde sie gerne richtig kennenlernen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass der König der Elfen sich wirklich aus seiner Deckung traut, aber er will sie sehen“, kam Fassungslosigkeit aus ihm heraus, weil er beim besten Willen nicht damit gerechnet hätte. „Ist das nicht etwas Gutes?“, meinte Cyrill nach einem kleinen Zögern. Ein paar Schritte lief Lucien im Zimmer auf und ab, als er dann am Fußende des Bettes stehen blieb, indem Emmanline schlief und sie anschaute. „Emmanline, dein Vater hat dir geantwortet. Er würde dich so gerne sehen und kennenlernen. Er will sich von dem überzeugen, was du ihm geschrieben hast. Das ist wunderbar.“ Emmanline mochte auf alles keine Reaktion zeigen, aber das war eine weitere Option, die in Vergessenheit geraten war. Warum war es ihm nicht eher eingefallen? Warum hatte er keinen Kontakt zu Emmanlines Vater aufgenommen? Der König der Elfen, der mit genauso einem Wesen zusammen gewesen war. Er hätte doch sicherlich bei weitem mehr Wissen über Emmanlines zweites Wesen. Zumal war sie auch eine halbe Elfe. Vielleicht kannte Alarion Fenegan, der König der Elfen, eine Möglichkeit, wie sie Emmanline aus diesem Zustand befreien konnten. „Cyrill, ich möchte, dass du allen Bescheid gibst. Gib die Mitteilung raus, der Elfenkönig Alarion Fenegan, und wer auch immer ihn begleitet, hat freies Geleit. Egal wann sie eintreffen, niemand wird sie angreifen, sondern gleich zu mir führen“, befahl Lucien ihm und blickte weiter auf Emmanlines zartes Gesicht. „Natürlich, ich werde es sofort weiterleiten“, war es fast eine Selbstverständlichkeit. „Doch, wie geht es ihr heute?“ Aufmerksam schaute Lucien seinen Freund an und dies tat Cyrill jeden Tag. Jeden Tag fragte er nach dem Wohlbefinden von Emmanline und obwohl es die gleiche Antwort war, änderte es nicht die tägliche Frage von ihm. Als der Leibwächter von Emmanline, war Cyrill stets bemüht und es freute Lucien wirklich, wie treu er in Wirklichkeit war. Sein Freund mochte seine Gefährtin auf eine gewisse Art und Weise, die Lucien akzeptierte. Sogar sein Drache in ihm. „Es gibt keine Veränderungen und doch hoffe ich jeden Tag darauf, dass es sich ändert. Ich hoffe so sehr darauf, das sie irgendwann ihre Augen öffnet, oder wenigstens eine kleine Regung von ihr zu bemerken. Doch bisher tut sich bei ihr einfach gar nichts und ich versuche mich stets zu bemühen, nicht die Hoffnung zu verlieren. Auch nicht vor Adriana und Raziz. Gerade sie können es am wenigsten gebrauchen“, beantworte Lucien Cyrill seine tägliche Frage. Cyrill trat an das Bett von Emmanline und betrachtete sie nachdenklich. „Ich kann verstehen, wie furchtbar es ist, jeden Tag an diesem Bett zu stehen und das man zusehen muss, wie sie einfach nicht reagiert. Doch du darfst die Hoffnung nicht verlieren, Lucien. Wir alle hegen große Hoffnung, Emmanline wird eines Tages erwachen. Selbst außenstehende Drachen, die nicht einmal mit Emmanline Kontakt hatten. Ich habe weitere Nachrichten rein bekommen, wie viele Angehörigen unseres Volkes darauf hoffen und darum beten.“ „Ich kann nicht einmal genau verstehen, warum urplötzlich so viele Drachen jetzt den Anschluss suchen“, sagte selbst Lucien nachdenklich. „Hal hegt eine kleine Vermutung, es könnte an dem blutroten Rubin liegen und einen Zusammenhang, als wir vor vier Jahren diesen Ruck verspürten. Es könnte eine Verbindung geben.“ „Vermutlich, aber egal wie viele Theorien wir aufstellen, nur Emmanline könnte sie beantworten. Also sollten wir wohl noch eine Weile warten.“ Genau das war das Schwierigste an der ganzen Sache, diese Warterei brachte einen fast um. Wieder klopfte es an der Tür, doch diesmal wirkte es leiser und zögerlich. Sofort wusste Lucien wer vor der Tür stand und sein Gesicht hellte sich ein wenig auf. „Herein.“ Seine Tochter und sein Sohn hatten endlich gelernt, dass man vorher anklopfte und erst eintrat, sobald die Erlaubnis gegeben wurde. „Poppa“, rief Adriana ihn freudig entgegen und stürmte in seine Arme. „Wir gewusst haben, du bist bei Momma“, gab sie ihm kichernd einen Kuss auf seine Wange. „Hallo, Onkel Cyrill“, ging Raziz auf Cyrill zu. „Ich habe die Aufgabe gelöst, die du mir gegeben hast.“ Vor kurzem hatte Lucien mitbekommen, wie wissbegierig sein Sohn war und Cyrill gab ihm hin und wieder Rätsel auf. Wie viele andere auch. Erstaunlicherweise war er recht klug und schnell lernfähig. Ganz anders, als wie seine gleichaltrige Schwester, die ein wenig mehr Zeit für Dinge brauchte. „Ach wirklich, dass musst du mir nachher verraten. Du hast ja nicht lange gebraucht, um die Lösung zu finden“, hockte sich Cyrill vor seinen vierjährigen Sohn. „Nein, es war ganz einfach“, klang Raziz stolz auf das, was er schon konnte. Mit einem Lächeln verfolgte Lucien diesen Augenblick und es faszinierte ihn jeden Tag mehr, wie lernfähig und schnell sie sich entwickelten. „Poppa?“, umarmte Adriana ihn mit ihren kleinen Ärmchen um seinen Hals. „Ja, mein Schatz?“, da bemerkte Lucien etwas eigenartiges an seiner Tochter. Ihre Augen leuchteten leicht silbern auf, was zuvor noch nicht vorgekommen war. „Momma wird wieder kommen. Gerade ist sie noch weit fort, aber bald wird sie wieder da sein und dann sind wir wieder alle zusammen. Wie du es dir wünschst, Poppa“, lächelte Adriana ihn wissend an, aber in der nächsten Sekunde verschwand dieses Leuchten in ihren Augen. Lucien wusste nicht, was ihn mehr überraschte. War es dieses außergewöhnliche und wissende Leuchten in ihren Augen? Oder doch eher, welche gut gesprochenen Worte sie von sich gegeben hatte? Danach drückte Adriana ihn noch einmal ganz fest und wollte auch schon wieder runter. Überrascht setzte Lucien seine kleine Tochter ab und beobachtete sie jetzt, wie sie zu ihrer Mutter auf das Bett kletterte. Auch Raziz folgte ihr. Jeder der Beiden legte sich auf eine Seite und fingen ausgiebig an zu erzählen. Sie berichteten Emmanline alles, was sie am Tag erlebt hatten. Dies taten sie jeden Tag und es war immer ein toller Anblick, wie sie lachend und gackernd plauderten. Selbst wenn die Zwillinge noch nie ein Wort mit ihrer Mutter gewechselt hatten, bestand trotzdem eine Verbindung zwischen ihnen, die unerklärlich war. „Was war das gerade gewesen?“, wirkte selbst Cyrill überrascht, weil er es selbst gehört hatte. „Ich weiß es nicht“, schüttelte Lucien leicht mit seinem Kopf. „Bisher hatte Adriana zuvor so etwas noch nicht gemacht. Mir ist es jedenfalls nicht aufgefallen, oder keiner hatte mich drauf angesprochen, etwas bemerkt zu haben. Aber anscheinend machen sich langsam gewisse Veränderungen in ihnen bemerkbar. Seena und Havanna meinten zwar einmal, sie würden gewisse Fähigkeiten entwickeln, aber sie konnten nichts genaueres bestimmen.“ Seit ihrer Rückkehr aus der Schlacht, hatte Jade ihre zweite vermisste Großtante gefunden und auch befreit, was ein Glück war. Später hatte sie ihm berichtet, unter welchen Bedingungen sie festgehalten wurde. Schwere magische Ketten verhinderten ihre Flucht und genau diese Fesseln hielten jetzt Culebra in den tiefsten und einsamsten Kerker seines Schlosses fest. Es gab keine Möglichkeit zu entkommen. Seena und Havanna hatten sich dazu bereit erklärt, sie würden zurückkommen und einige Dinge mussten geklärt werden, wie es ihre Schwester und seine Großmutter Araveena aufgetragen hatte. Das akzeptierte Lucien und er könnte mit Sicherheit ihre Unterstützung gebrauchen, sobald sie erforderlich war. „Denkst du, die Kleinen entwickeln neue Fähigkeiten?“ „Ich kann diese Fragen ehrlich nicht beantworten. Keine Frage, sie sind etwas anders als Drachenkinder. Selbst von ihrer Entwicklung her, aber bisher war noch nie etwas auffälliges passiert. Es könnte durchaus möglich sein. Immerhin stecken in ihn drei vereinte Wesen und niemand kann voraussehen, in welche Richtung sie einschlagen werden. Vielleicht entwickeln sie sich nur in eine Richtung, oder sie haben eine Tendenz von jeden etwas zu besitzen. Darum sind Mischwesen ja auch in ihrer Entwicklung und was ihre Fähigkeiten anbelangt, nicht bestimmbar“, redete Lucien in einer Lautstärke, das seine Kinder seine Worte nicht vernehmen konnten. „Da gebe ich dir Recht. Aber oft kommt es jedenfalls nicht vor, dass viele Wesen beides verkörpern. Meistens kommt nur ein Wesen zum Vorschein, welches sich schneller und stärker durchsetzt.“ Kaum hörbar knurrte Lucien leise. „Ich hege aber auch einen anderen Verdacht. Bei Emmanline scheint es anders zu sein. Anscheinend ist ihre Hälfte als Einhorn vollkommen damit einverstanden, das die andere Hälfte eine Elfe ist. Sie harmonieren praktisch zusammen. Vermutlich aus dem Grund, da ihr Tierwesen Schutz sucht und braucht. Ansonsten bekämpfen sich zwei starke Gattungen miteinander“, beobachtete er seine schlafende Gefährtin und seine beiden Kinder, wie sie im Bett lagen. Sie wirkten müde und es würde nicht mehr lange dauern, bis ihre Augen zufallen würden. „Darum hoffe ich wirklich, dass bei ihnen keine derart starken Probleme auftreten. Wir Drachen sind eine dominante Spezies und es könnte durchaus ihre Entwicklung beeinträchtigen, wenn sie sich innerlich damit herumschlagen müssen.“ „Auf diese Idee bin ich zwar noch nicht gekommen, aber das könnte passieren. Wir hoffen einfach mal, sie harmonieren auch miteinander, oder ein Wesen übernimmt sofort die Führung“, verschränkte Cyrill nachdenklich seine Arme vor der Brust. Lucien hoffte wirklich, dass es diesmal etwas einfacher und unkomplizierter sein würde. Wenigstens einmal wünschte er sich das und vor allem für seine eigenen Kinder. Doch wer wusste schon, was das Schicksal alles für sie vorher bestimmt hatte. „Nun gut, ich werde mich jetzt um die letzte Angelegenheit kümmern, worum du mich gebeten hast. Wir sehen uns dann morgen“, schlug Cyrill Lucien mit seiner flachen Hand in freundlicher Geste auf seine Schulter. „Ich danke dir, alter Freund“, nickte er ihm dankend zu und ging selbst zum Bett, wo jetzt alle darauf schliefen, die ihm mehr als alles andere auf dieser Welt bedeuteten. Alles würde Lucien dafür geben, dass sie genauso wie jetzt in Sicherheit und sorglos schlafen konnten. Nie wieder würde er seine Seelengefährtin aus den Augen lassen, sollte Emmanline je wieder ihre Augen öffnen. „Momma wird wieder kommen. Gerade ist sie noch weit fort, aber bald wird sie wieder da sein und dann sind wir wieder alle zusammen. Wie du es dir wünschst, Poppa.“ Erneut halten die Worte seiner kleinen Tochter in seinem Kopf nach. Adriana war gerade erst einmal vier Jahre alt und Kinder sprachen viele Dinge einfach so aus. Vor allem was sie dachten. Doch Lucien verspürte, dieses eine Mal war es anders und Adriana musste etwas spüren. Oder gar eine Fähigkeit besitzen, etwas voraus zusehen. Was immer es auch war, er wollte an ihren Worten festhalten. Fast drei Monate vergingen, seit Lucien bei Adriana etwas seltsames vernommen hatte. Zwischenzeitlich kamen noch andere Eigenarten hinzu. Selbst berichtete Raiden ihm, wie Raziz vor einiger Zeit im Flur Melina durch einen Sturz geheilt hatte. Später entdeckte Lucien seinen Sohn, wie er über den Hof des Schlosses rannte. Eigentlich nichts ungewöhnliches, wenn er dieselbe Art nicht bei Emmanline wahrgenommen hätte. Diese besondere Eleganz und Wendigkeit. Dann eines Nachts, als seine Kinder in ihren Betten schliefen, hörte Lucien Adriana leise wie ein Drachenkind knurren und sie fing an zu leuchten. Solch ein Licht, welches Emmanline umgab. Langsam war er leicht überfordert und es schien fast so, als wirkten ihre Wesen in einen Konflikt, aber er konnte es nicht genau deuten. So was hatte Lucien zuvor noch nie gesehen und das es sich so stark ausprägte und sogar zeigte. Selbst Hal, der so viel Wissen in sich trug, hatte er ein ausgiebiges Gespräch geführt. Ihm war es selbst nicht bekannt, das Mischwesen so ein starken Gemisch einer Fehde ausharrten. Etwas nachdenklich saß Lucien abends alleine in seinem Büro und schaute aus seinem Fenster, was reine Angewohnheit geworden war. Eigentlich wollte er Papierkram erledigen, aber seine Gedanken waren zu durcheinander, um überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen. Darum freute er sich, für einen Augenblick eine ruhige Minute zu haben. Auch wenn er wusste, dies würde nicht lange anhalten. „Poppa?“, murmelte eine leise Stimme hinter ihm und Lucien drehte sich mit seinem Stuhl um und erblickte seine kleine Tochter. „Mein Schatz, du solltest doch eigentlich schlafen. Was machst du hier?“, stand er auf und ging zu Adriana. Lucien bemerkte, sein kleiner Sonnenschein wirkte etwas bedrückt und es kam selten vor, dass sie in solch einem Zustand war. Doch er hatte schnell gelernt, dass er seine Tochter nie danach fragen durfte, denn sie kam oft von ganz alleine zu ihm. Ansonsten würde sie sich nur in sich selbst vergraben. Kurz rieb Adriana ihre kleinen Augen, ehe sie zu ihm aufschaute. „Ich ja wollte, Poppa, aber ich schlecht geträumt“, kam sie zu ihm und umarmte ihn. Lucien schmolz regelrecht bei diesem Augenblick und der Geste dahin, dass seine kleine Tochter zu ihm kam. Sein Drache war gegen solch ein zartes kleines Geschöpf absolut machtlos. „Schon in Ordnung, du bist in Sicherheit“, hob er sie hoch und drückte sie fest an sich, während er zu seinem Stuhl ging und sich hinsetzte. „Magst du vielleicht darüber reden, was du geträumt hast?“ Kurz nagte Adriana an ihrer Unterlippe, welche Eigenschaft sie von Emmanline geerbt hatte. Beinahe hätte Lucien gelacht, aber verkniff es sich augenblicklich. Dies war für seine Tochter eine ernste Situation. Sie sollte kein schlechtes Gefühl dafür empfinden, wenn sie einen Alptraum hatte und darüber redete. Geschweige würde seine Tochter irgendwann nicht mehr zu ihm kommen, da sie sich sonst nicht ernst genommen fühlte. Oder weil es ein Fehlverhalten war. Alles stimmte natürlich nicht. „Poppa, sind wir wirklich so sehr anders, als andere Kinder? Oft sie lachen uns aus, dann Raziz wird wütend, weil ich traurig darüber bin. Ich nicht will, dass jemand ihm doll wehtut. Ich Raziz ganz doll lieb habe und niemand soll weh tuen ihm“, senkte Adriana betrübt den Kopf und Lucien konnte als Vater nicht anders, als sie noch fester an sich zu drücken. „Ist es das was du geträumt hast, dass irgendjemand Raziz weh tun möchte?“, fragte er sie und er spürte ein leichtes Nicken an seinem Hals, während sich ihre kleinen Ärmchen fester um sein Hals schlangen. „Keine Sorge, wir werden alle auf ihn aufpassen. Ich, deine Tanten und Onkel, Großtanten, Großonkel, Freunde, Wächter und viele andere. Wir passen aufeinander auf, so auch auf dich.“ „Wirklich?“, drückte Adriana sich von ihm weg, damit sie ihn anschauen konnte. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab. „Ehrenwort und du weißt was das bedeutet.“ „Ja“, erhellten sich langsam die Züge seiner Tochter. „Ein Versprechen nicht kann und darf gebrochen werden.“ „Ganz recht. Du bist ein kluges Mädchen“, gab er ihr einen Kuss auf ihr schneeweißem Haar. „Aber jetzt wird wirklich geschlafen. Was würde deine Mutter dazu sagen, wenn sie wüsste, dass du noch so spät auf bist?“ Adriana kicherte leicht, als sie sich festhielt, während Lucien aufstand und zur Tür ging. „Momma schimpfen würde, aber wir nichts verraten“, flüsterte sie leise und hielt einen kleinen Finger an ihre Lippen. „Ganz genau, das muss absolut unser Geheimnis bleiben“, schäkerte Lucien freudig mit seiner Tochter und konnte sie somit von ihren schlechten Gedanken ablenken. In ihrem Zimmer angekommen, schloss Lucien die Tür hinter sich, während Adriana weiterhin munter vor sich hin erzählte. Obwohl sie eigentlich gleich schlafen sollte, wirkte sie vollkommen aufgeweckt. „Oh, und Poppa, dann Tante Lya kam mit Shay vorbei. Wir gespielt haben viel“, kicherte sie aufgeregt, als sie von ihrem Tag erzählte, bis sie plötzlich verstummte. Adriana machte einen kleinen Aufschrei, als sie plötzlich anfing wild herum zu zappeln und exzentrisch in seinen Armen wurde, dass Lucien keine Chance mehr hatte seine kleine Tochter festzuhalten. Ohne Probleme landete sie auf ihren zwei Beinen und rannte Richtung Bett, worin Emmanline lag. Selbst Raziz war von dem Aufschrei seiner Schwester wach geworden und kletterte nun aus seinem Bett, um zu seiner Mutter zu gelangen. Fragend wandte Lucien sich seiner Familie zu und verstand nicht, warum seine Kinder urplötzlich so aufgeregt waren, als er endlich verstand. Kaum waren die Zwillinge auf das Bett und neben Emmanline gekrabbelt, als sich jeweils ein Arm um die kleinen Körper legte. Entsetzt machte Lucien einen Schritt zurück, weil er seinen Augen nicht trau te. Doch in dem Augenblick, während er nach ihrem Gesicht suchte, trafen sich ihre Blicke. Emmanlines Augen waren geöffnet und ihr silberner Blick schauten ihn direkt an. Vollkommen überfordert und kaum Luft bekommend, lehnte er sich an die Tür, um eine Stütze zu erhalten. Ansonsten wäre er gleich zusammengebrochen. „Momma, Momma, endlich bist du wach“, war es Raziz Stimme, die er vernehmen konnte, während Adriana vor Freude leise an der Brust von ihrer Mutter weinte. Nur ganz zögerlich wandte Emmanline ihren Blick von ihm ab und blickte zu ihren Kindern, die ihre volle Aufmerksamkeit wollten. „Ja“, krächzte sie leise, da sie ihre Stimme solange nicht mehr benutzt hatte. „Ich bin wieder da“, lächelte sie leicht. Emmanline konnte nicht erahnen, wie sehr Lucien all das vermisst hatte. Ihre Stimme, ihre zarte und warme Stimme. Selbst ihre Anwesenheit und Verbundenheit in ihm. Zu lange war es her und doch kam es ihm wie eine halbe Ewigkeit vor. Deswegen konnte Lucien seine Tränen der Freude und Fassungslosigkeit nicht mehr unterdrücken. „Poppa, schau nur“, krabbelte Adriana vom Bett und rannte zu ihm. „Ich dir gesagt haben, Momma kommen bald zurück. Nicht weinen“, krallte sie sich sorgenvoll an seiner Hose fest. Lucien nahm seine Tochter erneut in seine Arme. „Ja, das hast du wirklich, mein Schatz.“ Mit ihr zusammen ging er zum Bett und setzte sich auf die Bettkante. Emmanline versuchte sich aufzusetzen, aber Lucien hinderte sie daran. „Nein, bleib noch etwas liegen“, schluckte er seinen dicken Kloß im Hals runter. „Ich will erst sicher gehen, dass es dir vollkommen gut geht. Bitte.“ Leicht lächelte Emmanline ihn an. „Wie unfair“, leckte sie über ihre Lippen, um sie von ihrer Trockenheit zu befreien. „Du weißt ganz genau, wie schwach ich werde, wenn du Bitte sagst.“ Lachend und voller Freude beugte Lucien sich nach vorne und konnte endlich das tun, was er schon die ganze Zeit hatte tun wollen. Er gab seiner Gefährtin einen innigen Kuss, um ihre Lebendigkeit zu spüren. „Iiiiih“, schrien Adriana und Raziz synchron und schlugen ihre Hände vor die Augen. Jetzt lachte Lucien noch herzhafter und lauter auf. „Wenn ihr zwei uns nicht noch einmal küssen sehen wollt, dann rennt mal ganz schnell durch das Schloss und verbreitet allen, eure Momma ist wieder aufgewacht.“ „Oh ja“, sprang Adriana von seinem Schoß und Raziz krabbelte vom Bett runter, der beinahe eine Rolle nach vorne gemacht hätte. Die Beiden waren so schnell aus dem Zimmer verschwunden, als er schon das erste Schreien seiner Kinder vernahm. „Lucien“, flüsterte Emmanline leise und er konnte in ihren Augen stumme Tränen erkennen. „Nein, nicht weinen, meine Liebste. Alles ist gut“, beugte Lucien sich mit seinem Oberkörper nach vorne, stützte seine Unterarme auf beiden Seiten ihres Körpers des Bettes neben ihr ab, damit er seine Stirn auf der ihren legen konnte. „Ich habe solange darauf gewartet, dass du deine Augen öffnest und Tränen sind das Letzte, was ich jetzt sehen möchte.“ „Ich …ich habe dir so schrecklich wehgetan“, berührte Emmanline die Stelle über seinem Herzen mit ihrer Handfläche, wo sie vor einiger Zeit den Kristalldolch hinein gestoßen hatte. Seufzend legte Lucien seine Hand auf der ihren. „Aus einem guten Grund.“ Weitere Tränen flossen über ihre Wangen. „Es tut mir so unendlich leid, Lucien. Ich hatte all das nicht gewollt“, schwor sie erstickt. Ohne darüber nachzudenken, zog er sein dunkel braunes Shirt aus und zeigte seinen nackten Oberkörper. Eine weiße Narbe zeigte sich direkt über der Stelle, wo sein Herz schlug. In der Zeit hatte sich auch Emmanline aufgesetzt und sie wirkte vollkommen schockiert. Lucien nahm Emmanlines Hand und legte sie auf seine Narbe. „Egal was andere denken oder glauben, aber ich sehe sie nicht als eine schlechte Erinnerung. Jedes Mal wenn ich sie anblicke, Emmanline, dann sehe ich darin nur, wie sehr du mich wirklich liebst. Wie sehr du mich beschützen wolltest und auch deine Kinder. Ich weiß was du riskiert und was es für dich gekostet haben musste. Wie sehr du hattest leiden müssen, obwohl ich dir helfen sollte. Ich bin meiner Pflicht nicht nachgekommen und habe versagt, aber es wird sich alles ändern“, umfasste Lucien mit einem ernsten Gesichtsausdruck ihr Gesicht. „Bitte, lass uns neu anfangen und mit dem beginnen, was wir jetzt haben. Diese Narbe soll ein Anfang für mich sein und ein Zeichen deiner Gefühle.“ Emmanline konnte ihre vielen Tränen nicht kontrollieren, je mehr sie in Luciens Augen blickte. Sie hatte ihm unendlich viel Leid angetan und sogar verletzt, dennoch wollte dieser unglaubliche Mann und Drache sie immer noch haben. Sie konnte es nicht recht glauben und doch wollte sie es. Sie wollte mit ihm ein Leben besitzen, weil er all das verkörperte, wonach sie sich verzerrte und sehnte. „Ja“, schluckte Emmanline hart. „Ich will ein Leben an deiner Seite.“ Plötzlich pressten sich die festen Lippen von Lucien auf der ihren und sie erwiderte seinen gierigen Kuss. Egal wie lange sie fort gewesen war, aber sie wollte ihn genauso spüren. Ihre Sehnsucht war in all der Zeit so groß und stark geworden, dass sie es kaum noch ausgehalten hatte. Alles hatte Emmanline daran gesetzt wieder zu ihnen zurück zukehren, egal ob es gut oder schlecht geendet hätte. „Genau das wollte ich hören, meine Liebste“, keuchte Lucien schwer an ihren Lippen. „Ich habe mich so sehr danach gesehnt, dich endlich wieder zu spüren. Es war so …“ Sanft legte Emmanline ihre Hände auf seine Wangen und blickte ihn liebevoll und entschuldigend an. „Ich weiß und es war genauso schwer, wie für mich. Doch ich musste es tun, wenn ich euch beschützen wollte.“ „Das wirst du mir ausgiebig erklären“, knurrte Lucien leise. „Doch jetzt will ich nachsehen, ob es dir wirklich gut geht und du nun endlich bei mir bleibst“, küsste Lucien sie wieder sofort und legte sich halb auf sie drauf. Emmanline spürte, wie vorsichtig Lucien zu ihr war und sie schmolz regelrecht dahin. Sie konnte nicht anders, als diesem Mann und Drachen ihr Herz zu schenken. „Oh ihr heiligen Götter, denkt man, es gibt eine erfreuliche Nachricht, dann bietet sich solch ein Anblick“, hörte Emmanline eine missbilligende Stimme, worin auch Humor mit schwang. „Ihr habt Kinder, also verschiebt das auf später.“ Errötend unterbrach Emmanline diesen sinnlichen Kuss und entdeckte Raiden an der Tür, der ihre beiden Kinder bei sich hatte. Wütend, aber mit blitzenden Augen blickte Luciens Bruder sie an und verdeckte den Zwillingen die Augen. Neben Raiden standen Lya, Cyrill, Malatya und die Zwillinge Taran und Lodan. Alle wirkten sie amüsiert, aber auch hocherfreut. Ein freudiges Lächeln entstand auf Emmanlines Gesicht und sie wollte gerade aufstehen, als Lucien es ihr verbietet. Sie freute sich wahrhaftig auf alle, die ihr etwas bedeuteten. Doch fühlte sie sich auch gleichzeitig schuldig, welch Kummer und Leid sie gebracht hatte. „Oh Emmanline“, kamen Lya und Malatya heulend zu ihr ans Bett und umarmten sie halb stürmisch, da Lucien noch immer liebevoll aufpasste. Leider musste Emmanline feststellen, ihr Gefährte, was sich unglaublich für sie anfühlte, hatte sein Brust wieder mit einem Kleidungsstück verdeckt. Dabei hatte sie sich wahrhaftig nach ihm gesehnt. Sie sollte vor Scham vergehen, aber es fühlte sich richtig an. Dennoch freute Emmanline sich auch auf diese herzliche und warme Begrüßung. Damit hätte sie wahrhaftig nicht gerechnet. Adriana und Raziz kamen wieder auf das Bett geklettert, die sich jetzt in ihre Arme schmiegten. Am Anfang wirkte es eigenartig, aber sie verspürte ein freudiges Gefühl dabei. Es waren ihre Kinder, die nun Kontakt zu ihr suchten. Vieles hatte sich verändert. Sei es ihre Umgebung, ihr Wesen oder gar ihr ganzes Leben. „Du hast uns ganz schön große Sorgen bereitet“, kam Raiden näher. „Aber schön, dass du wieder zurück bist“, lächelte er dann darauf, bevor er sich umdrehte und aus dem Zimmer verschwand. Überrascht schaute sie ihm nach. „Danke.“ Verwirrt blickte sie zu Lucien, der nur leise lachend mit seinen Schultern zuckte. Emmanline kannte Luciens älteren Bruder nicht so heiter und erfreut. „Raiden drückt es richtig aus“, meinte Lya. „Wir sind alle hoch erfreut, dich endlich wohlbehalten zurück zu haben. Wir haben uns wirkliche Sorgen um dich gemacht.“ „Es tut mir wirklich leid. Es war nicht meine Absicht gewesen“, antwortete Emmanline entschuldigend darauf. „Und wie geht es dir?“, fragte Malatya, die wirklich erwachsen geworden war. „Du hast so viele Jahre geschlafen.“ Waren es wirklich Jahre gewesen? „Mir geht es wirklich gut. Und wenn ich euch alle so sehe“, begann Emmanline. „Keiner von euch hat sich verändert und doch spüre ich das Herzliche bei euch. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich das alles wieder gut machen soll“, senkte sie bedrückt den Kopf. Taran schnaubte hinfällig. „Das ist vermutlich überflüssig. Du musst nur einmal aus dem Fester schauen.“ „Ja, und wenn du nicht langsam was dagegen unternimmst, werden wir noch alle verrückt“, sprach Lodan weiter. Verwirrt schaute Emmanline zu Lucien, der noch immer auf der Bettkante saß und nun anfing laut zu lachen. „Was ist hier los?“ Lucien musste sich zwingen mit dem Lachen aufzuhören, als er aufstand. „Hört jetzt auf. Emmanline ist gerade erst zu sich gekommen. Lasst sie für eine Weile in Ruhe“, scheuchte er sie alle aus dem Zimmer und schloss die Tür. „Poppa ganz streng“, kicherte Adriana in Emmanlines Armen. Eine Weile schaute Emmanline auf ihre Kinder und dachte einen Augenblick nach. Die ganze Zeit über hatte sie sich Gedanken gemacht, wie es wohl sein würde, wenn sie wieder zurück kehren würde. Viele Szenarien hatte sie sich ausgedacht, aber nicht solch eine, wo sie herzlich und willkommen aufgenommen wurde. Nicht einmal von ihren Kindern, die sie so ganz und gar nicht kannte. Trotzdem verspürte sie ein unzerstörbares Band zwischen ihnen, was sie mehr als verbindet. Emmanline konnte es deutlich sehen und es rührte sie fast zu Tränen. „Wie sehr ich es vermisst habe“, erstickten Emmanline beinahe die Worte und nahm ihre Tochter und ihren Sohn jetzt richtig in den Arm. Wie oft wollte sie das schon tun? Unzählige Male hatte sie sich das erträumt und danach gesehnt. „Willkommen Zuhause, meine Gefährtin“, sprach Lucien sanft und setzte sich wieder auf das Bett zurück. Halb unter Tränen blickte sie zu dem wundervollen Mann auf, den sie zu lieben gelernt hatte. „Du hattest Recht, ich liebe dich wirklich“, brachte Emmanline zum ersten Mal die Worte ihrer Gefühle heraus. „Ich wollte es dir damals schon sagen, bevor alles schief gelaufen war. Seit ich bemerkte, dass ich schwanger war.“ „Nicht weinen“, rückte Lucien näher heran und nahm seine weinende Gefährtin und seine beiden Kinder in die Arme. „Ich habe es schon immer gespürt und ich hätte dir niemals einen Vorwurf gemacht. Wenn ich nur damals schon viel eher erfahren hätte, in welchen Zustand du gewesen warst, hätte ich ganz anders gehandelt. Ich trage genauso Schuld an allem und ich bereue es zutiefst. All die Monate musstest du alleine leiden und dann …“, unterbrach Lucien sich selbst. Emmanline wusste sofort, worauf er hinaus wollte und das er von der Geburt ihrer Kinder sprach. Sicher war es all die Monate nie einfach gewesen, aber sie hatte immer gewusst, sie war nicht allein. „Ich will nie wieder dorthin zurück.“ „Das wirst du auch nicht. Das werde ich nicht zulassen und auch kein weiterer Drache“, küsste Lucien sie liebevoll auf die Stirn. „Jeder würde dich mit deinem Leben beschützen.“ „Warum bist du dir da so sicher, nach allem was ich getan habe?“, wollte Emmanline wissen. „Momma, schau aus dem Fenster“, antwortete Raziz. Verwundert, warum alle davon sprachen, sie sollte aus dem Fenster schauen, löste sie sich von allen und stand von Bett auf. Zu Beginn war sie noch etwas wackelig auf ihren Beinen, aber gewöhnte sich schnell wieder an das Laufen. Selbst nach langer Zeit. Vorsichtig und langsam begab sie sich zum nächsten Fenster und blickte hinaus. Schockiert, was Emmanline dann da zu sehen bekam, stockte ihr der Atem. Ihre Augen wurden vor Staunen immer größer. „W …was hat …das zu bedeuten?“, brachte sie gerade so noch heraus, während sie sich noch mehr aus dem Fenster beugte. Überall wo Emmanline hinblickte und auch soweit das Auge reichte, tummelten Drachen in jeder Ecke. Auf jeden kleinen Hügel, freien Platz oder sogar auf Wiesen und in Wäldern. Wenn sie schätzen würden, müsste es an die tausende von Drachen sein. Selbst auf dem Vorhof des Schlosses war es befüllt. Große starke Hände legten sich von hinten auf ihre Schultern. „Die sind alle deinetwegen hier, Emmanline. Seitdem wir dich gefunden haben, von da an versammeln sich Tag für Tag immer mehr Drachen hier um das Schloss. Nicht einmal ich bin bemächtigt sie fortzuschicken“, lachte Lucien leise darauf. „Aber, ich verstehe nicht warum“, lehnte Emmanline sich wie selbstverständlich an Luciens Körper zurück. „Du hast etwas bewirkt, was noch keiner geschafft hatte. Nicht einmal einer der mächtigsten Drachenkönige. Deine pure Anwesenheit lockt alle Drachen an und jeder einzelne von ihnen will dich beschützen. Ich kann dir nicht genau sagen, warum, aber du scheinst wie ein magnetisches Zentrum zu sein“, sprach Lucien weiter. Da kam Emmanline auf eine Idee. „Es muss der Rubin sein“, wandte sie sich halb zu Lucien um. „Kurz bevor ich in diesen seltsamen Zustand geraten bin, habe ich den blutroten Rubin in mich aufgenommen. Ich bin mit ihm verschmolzen, da es eine Art Abkommen war.“ „Abkommen?“, schaute Lucien sie verwirrt an. „Ich verstehe jetzt vielleicht warum alle Drachen auf dich ansprechen, aber nicht diesen Teil.“ Kurz blickte Emmanline noch einmal aus dem Fenster, als sie ihren Gefährten wieder anschaute. „Als ich den Kristalldolch und dich mit einem Zauber belegt hatte, verbrauchte ich ein Großteil meiner Kraft. Darum hatte ich keine Energie mehr, um unsere Kinder in mir zu schützen, darum gab mir der Rubin die Kraft und deren inneren Leben. Sie alle halfen mir. Dafür habe ich beschlossen, sollte all das später vorbei sein, würde ich der Träger sein. Ich habe mich mit ihnen allen verbunden.“ „Dadurch das der Stein aus Drachenblut entstanden ist, bist du nun mit uns allen verbunden. Das wird vermutlich der Ruck verursacht haben“, redete Lucien halb flüsternd und nachdenkend vor sich hin.“Das erklärt einiges.“ „Was erklärt einiges?“, schaute sie ihn fragend an. Jetzt war es an Lucien, der nachdenkend aus dem Fenster schaute. „Es erklärt, warum kein Drache dir etwas antun kann.“ Verwirrt blickte Emmanline ihren Gefährten an. „Wie, kein Drache kann mir etwas antun?“ „Seit wir dich aus den Fängen von diesem Verräter befreit haben, fanden wir heraus, egal wer böse Absichten dir gegenüber hegt, kann nicht in deine Nähe kommen. Es ist fast so, als hättest du eine unsichtbare Barriere um dich herum aufgebaut, der es jeden Drachen unmöglich macht, dir Schaden zuzufügen.“ Das klang in ihren Ohren fast bizarr, als Lucien ihr das so erklärte. Kein Drache könnte ihr je wieder schaden? „Das würde auch erklären, wie ich dich in der Höhle vorgefunden habe. Als du einfach nur dagelegen hast, waren um dich herum tiefe Kratzer in den Wänden, aber du hattest keinen einzigen Kratzer an dir. Es hätte dich zerf …“, unterbrach Lucien sich selbst. „...verletzen müssen.“ Emmanline wandte ihren Blick von ihm ab und atmete einmal tief durch. „Wir reden später noch einmal darüber“, meinte sie und ging um ihren Gefährten herum und zu ihren Kindern, die geduldig auf dem Bett warteten. „Ich war solange fort, dass dies noch ein wenig warten kann. Ich möchte den Augenblick mit euch genießen“, lächelte sie Adriana und Raziz warmherzig an. Eine Weile beobachtete Lucien Emmanline und die Zwillinge, wie sie auf dem Bett ausgiebig erzählten und miteinander spielten. So oft hatte er sich dieses Bild gewünscht und die letzten Jahre hätte er es auch nicht für möglich gehalten, das dieser Wunsch mit einer gemeinsamen Familie in Erfüllung gehen würde. Lucien verspürte eine tiefsitzende Angst in sich, dass dieser Augenblick nur von kurzer Dauer war und doch sehnte er sich nach diesem fest anhaltenden Moment. Er wollte ihn nicht wieder verlieren und fragte sich, wie er es schaffen könnte, genau das zu erreichen. Das festzuhalten, was ihm lieb und teuer war. Seine Familie … „Lucien?“, vernahm Lucien Emmanlines Stimme in weiter Ferne und doch rüttelte es ihn wach. Etwas überrascht schaute er seine über alles geliebte Gefährtin tief in ihre silbernen Augen und fragte sich erneut, wie er sie am besten halten konnte, ohne das sie eines Tages wieder verschwand. Mit geschmeidigen Schritten kam sie auf ihm zu, da Lucien sich zwischenzeitlich in eines der bequemen Sessel gesetzt hatte, um die drei zu beobachten. Vor ihm blieb sie stehen und blickte ihn etwas besorgt an. „Du bist so tief in Gedanken versunken, was beschäftigt dich?“, fragte sie einigen Sekunden ihrer Untersuchung nach. „Dich“, antwortete Lucien ehrlich und zog sie in eine tiefe Umarmung, als verzweifelte er beinahe. „Du bist nach langer Zeit einfach so aufgewacht, dass ich befürchte, es gibt irgendeinen Haken dabei. Ich habe das Gefühl, jemand will dich mir wieder wegnehmen“, erzählte er offen heraus. Emmanline stieß einen leichten Seufzer aus, als sie ihn jetzt selbst fest umarmte. „Ich werde nie wieder fortgehen, Lucien. Manchmal gibt es Augenblicke, die geschehen einfach und bleiben so, wie man sie erwartet. Doch…“, strich sie durch sein kurzes dunkles braunes Haar und sein Drache liebte ihre zärtlichen Berührungen. „…vermutlich ist es besser, wenn ich dir die ganze Geschichte erzähle und was mir in all den Jahren passiert ist. Wo ich gewesen war und wie ich überhaupt zu euch zurückkehren konnte. All das spielt eine wichtige Rolle, damit du mich und ich dich überhaupt fest in den Arm nehmen kann.“ „Wird es eine lange Geschichte?“ „Ich vermute schon“, gluckste Emmanline leise auf, wie er es schon so oft von Adriana vernommen hatte. „Sehr gut, dann kann ich dich solange umarmt halten, bis du fertig bist. Die Kinder schlafen, wie ich höre und du hast jetzt Zeit für mich“, knurrte Lucien begierig auf, als seine Gefährtin nun vollkommen auf seinem Schoß saß. Leise lachte Emmanline in seine Halsbeuge hinein und Lucien hatte wirklich diesen Klang ihres Lachen vermisst. Er konnte herrisch und besitzergreifend sein, aber er machte keinen Hehl daraus, wie sehr er seine Seelengefährtin vergötterte. Wie füreinander geschaffen, schmiegte sich ihr schlanker Körper an seinen und es erregte Lucien ungemein, aber zügelte sein steigerndes Verlangen nach ihr. Wie sehr er sich jetzt eine heiße Nacht mit ihr wünschte, wollte er doch genauso erfahren, was in den letzten fünf Jahren ihrer Abwesenheit geschehen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)