Bloody Eternity 2 von RedRidingHoodie ================================================================================ Kapitel 7: Planänderung ----------------------- Wie Jane es hasste, untätig alleine zu Hause rumzusitzen! Es war nicht so, als glaubte sie, dass Gabriel und Aiden daran scheitern würden, ihre Schatulle zurück zu erlangen; ihr bester Freund wusste, wie viel ihr dieser Auftrag persönlich bedeutete, und gegen ihren Willen erinnerte sie sich daran, wie zuverlässig der Vampir stets gewesen war, und wie er ihr erst kürzlich eindringlich versichert hatte, ihr Erbstück zurückzuholen. Doch es frustrierte die junge Frau, nicht selbst an der Jagd teilnehmen zu können. Hätte Eldric ihr nicht so deutlich gemacht, dass sie sich bis zu ihrer Genesung zurückhalten sollte, wäre sie mit den Männern losgezogen und nichts hätte sie aufhalten können. So aber saß sie zum Nichtstun verdammt im Wohnzimmer und starrte auf den Fernseher, ohne etwas zu sehen, immer gespannt auf ein Zeichen lauschend, ob ihre beiden Jagdhunde endlich zurückkehren würden. Endlich hörte sie den Motor ihres eigenen Wagens die Auffahrt hochkommen und stand auf, um die beiden zu begrüßen. Sie machte die Haustür auf und sah, wie sich gerade die Nase, als er gemeinsam mit dem Vampir aus dem Audi stieg. Sofort schritt Jane auf die beiden Männer zu, die offensichtlich nicht gut gelaunt waren und setzte zu einer Frage an. Doch da stach ihr eine blumige Nuance in die Nase und ließ sie ein wenig zurückwich und die Stirn runzeln. "Was zum...-?! Habt ihr einen Abstecher in einer Parfümerie gemacht und gleich mal alles über euch gekippt?", wollte sie wissen, als sie auch schon hörte, wie ihr Kindheitsfreund nieste und kurz schniefte. Was um alles in der Welt war geschehen? „Der Sack ist entkommen“, schimpfte Gabriel, der klang, als hielte ihm eine unsichtbare Hand die Nase zu. Dann erzählte er von einer offenbar sehr aufregenden Schlacht, wobei er jedoch nicht erklärte, woher der Parfümduft stammte. Da die Männer so geknickt wirkten, fragte die junge Frau für den Moment nicht weiter, sondern versicherte ihnen, dass es nicht so schlimm war, dass der Kunstdieb entkommen war. Dennoch konnte sie eine leise Enttäuschung nicht unterdrücken. Sie war so fest davon ausgegangen, dass Gabriel – und Aiden, obwohl sie das nicht zugegeben hätte – ihr den gewünschten Gegenstand um jeden Preis zurückbringen würden… Aber bevor man ihr ihre Gemütslage ansehen konnte, wanderte Janes Aufmerksamkeit zu Aiden, der ihr die begehrte Musikschatulle wortlos entgegenstreckte. Ihre Augen weiteten sich und für einen kurzen Augenblick sah sie ihr Gegenüber ungläubig an - fast so, als ob sie nicht glauben könnte, dass es sich hierbei um das Erbstück ihres toten Vaters handelte. Die Gedanken an den entkommenen Dieb waren fürs Erste vergessen. Behutsam und sehr vorsichtig nahm sie das Kleinod entgegen, ehe sie es öffnete und eine leise Melodie erklingen ließ, aus der man schließen konnte, dass der kleine Schatz nicht beschädigt war. Janes Blick fiel allerdings auf das Geheimfach unter den aufklappbaren Deckel, welches sie öffnete. Kurz darauf hielt sie ein altes Foto in den Händen, auf dem ein Mann mittleren Alters und ein kleines Mädchen abgebildet waren - beide lachend, in vertrauter Zweisamkeit und offensichtlich sehr glücklich. Dabei handelte es sich um ein Kindheitsfoto von Jane mit ihrem Vater, die bewegt über das im Lachen erstarrte Gesicht Nathaniels strich. "Danke", sprach die Brünette leise und sichtlich erleichtert, wobei ein sanftes und überaus glückliches Lächeln auf ihren Lippen lag. Man sah ihr nur zu deutlich an, wie sehr sie sich darüber freute und wenn man es nicht besser gewusst hätte, dann hätte man - aufgrund ihren glasigen Augen - beinahe behaupten können, dass sie den Tränen nahe war. "Für dich doch immer, Janie", kam es leicht grinsend, aber mit deutlich verstopfter Nase vom Werwolf, worauf die Angesprochene die Augenbrauen anhob und zwischen den beiden Herren hin- und herzusehen. Aiden stand bereits auf der zweiten Stufe der Treppe und sah sie mit einem seltsam verklärten Ausdruck an, bevor er blinzelte und sich abwandte. In der Annahme, der Vampir wäre, wie der Werwolf, verletzt, wollte sie den Erste-Hilfe-Kasten holen, doch hielt Gabriel sie davon ab, da er es nicht für nötig hielt. Abgesehen von ein paar Kratzern und dem unfreiwilligen Kontakt mit dem grässlichen Inhalt eines Flakons war nichts geschehen, sodass er sich nur noch wünschte, endlich nach Hause zu gehen und sich ausgiebig zu duschen. "Wir sehen uns morgen, okay? Dann schauen wir, wie wir weiter vorgehen", schlug Gabriel vor und wuschelte der jungen Frau kurz durch die Haare, ehe er sich - auch mit einem kleinen Nicken an den Vampir gewandt, welches dieser erwiderte - verabschiedete und sich nach draußen begab, um nach Hause zu gehen. Für einen Moment sah sie ihrem besten Freund hinterher, doch schenkte sie ihre Aufmerksamkeit bald wieder ihrem momentanen Mitbewohner, an dessen Wange sie einen deutlichen Schnitt entdecken konnte. Instinktiv streckte sie ihre Hand nach ihm aus, wollte mit einer kleinen Berührung sein Gesicht zur Seite drehen, doch hielt sie inne und zog sich gleich wieder ein wenig zurück. "Uhm... brauchst du etwas wegen der Verletzung?", fragte sie ihn dann. Immerhin war er in letzter Zeit regelmäßig jagen gewesen und hatte nie nach einer Blutkonserve gefragt. Allerdings lag das wohl daran, dass sie es ihm nie angeboten hatte. Fragend sah er sie an, wobei sein Blick das erste Mal an dem Foto hängen blieb, das auf der inzwischen verstummten Spieluhr lag. Sein Gesichtsausdruck wurde weich, als er das Bild von ihr und ihrem Vater sah. " Du warst wirklich niedlich", meinte er, nachdem er ihre Hilfe kopfschüttelnd abgelehnt hatte. Zwar waren sie momentan 'nur' Mitbewohner und temporäre Partner, doch wäre es Jane lieber gewesen, wenn er ihr Angebot angenommen oder vielleicht um eine Blutkonserve gebeten hätte. Schließlich waren die Wunden indirekt ihr Verschulden, da es ihr persönlicher Auftrag gewesen war und er das Ganze wegen ihr riskiert hatte. Dennoch unterließ sie es, sich ihm aufzudrängen, sondern folgte nur seinem Blick, so dass sie wieder das Foto mit ihrem Vater erspähte. Für einen kleinen Moment wurden ihre Gesichtszüge weich, auf ihren Lippen bildete sich wieder ansatzweise ein Lächeln, weil sie automatisch an die Zeit mit ihrem geliebten Vater zurückdachte. "Nun, die meisten Kinder sind in dem Alter irgendwie... niedlich", meinte Jane leise und strich sich etwas peinlich berührt die Haare hinters Ohr. Um ihn nicht weiter ansehen zu müssen, legte Jane das wertvolle Bild im Geheimfach unter dem Deckel und begab sich dann zur Glasvitrine im Wohnzimmer, wo sie die Musikschatulle normalerweise aufbewahrten. Nachdem die junge Frau das kostbare Erbstück wieder an seinen gewohnten Platz gestellt hatte, wandte sie sich an den Vampir, dessen blumiger Geruch selbst bei einem solch großen Abstand zu riechen war. "Ich schlage vor, du duschst dich mal, damit du nicht noch weiter wie ein wandelnder Blumenstrauß riechst", riet sie ihm, wobei man gut erkennen konnte, dass ihre Mundwinkel verräterisch zuckten und sich zu einem kleinen, frechen Grinsen formen wollten. Das würden Gabriel und Aiden noch eine Weile zu hören bekommen. Selbstverständlich war es ein gefährlicher Auftrag gewesen und normalerweise hätte man nicht darüber gespaßt, doch kam es nicht oft vor, dass ein Fall ein solches Ausmaß annahm. Sie blickte ihrem Mitbewohner hinterher, als er die Treppen hochging, wobei in ihren Augen noch immer Dankbarkeit und Erleichterung lag. Im Gegensatz zum Vorjahr, würde sie ihm jedoch nicht anbieten, weiterhin hier bleiben zu dürfen, weil sie sich nicht wieder an den Gedanken gewöhnen wollte (oder konnte), ihn ständig um sich herum zu haben. Außerdem hatte er ihr sein Wort gegeben, weshalb sie glaubte, dass er gehen wollte. Eine Weile blieb die Brünette unten, lüftete die Zimmer, da noch immer der unangenehme Geruch in der Luft lag, doch als dieser beinahe vollends verschwunden war, begab sie sich nach oben, um sich ins Bett zu legen. Da am nächsten Tag das Wochenende eingeläutet wurde, schlief die schwerreiche Wirtschaftsstudentin auf, was zur Folge hatte, dass sie erst gegen frühen Vormittag aufstand und relativ spät mit ihrer Mutter frühstückte. Dabei erzählte die Jüngere unter ihnen, dass Aiden und Gabe das Erbstück unversehrt nach Hause gebracht hatten - worüber sich Elizabeth natürlich ebenfalls äußerst gefreut hatte. Immerhin war es ein Andenken ihres Mannes und beinhaltete ein ebenso wertvolles Foto, welches mit keinem Geld der Welt zu bezahlen war. Kurz darauf hatten die Frauen das ungewöhnlich Bild eines Vampirs, der stirnrunzelnd an seinem Oberarm schnupperte, als er in die Küche trat. "Ich hoffe, ich rieche nicht mehr wie ein Blumenladen?", fragte Aiden, nachdem er den beiden einen guten Morgen gewünscht hatte. "Ich schätze, wenn ich nicht gerade Kaffee trinken würde, dann würde ich vermuten, dass irgendwo in der Nähe ein Blumenstrauß steht. Allerdings ist es viel besser als gestern", erwiderte die junge Frau, als sie mit einem kleinen Schmunzeln an ihrem Becher nippte und dann wieder in der Zeitung blätterte. In der Zwischenzeit war Elizabeth aufgestanden und drückte Aiden kurz liebevoll die Hand, während sie: „Danke“, für das zurückgebrachte Erbstück sagte. Jane beachtete die Szene kaum; sie wusste ja, dass der Vampir (der wegen der Berührung etwas verlegen geworden war) sich ausgesprochen gut mit ihrer Mutter verstand, und es störte sie nicht. Die Ärztin bestrich gerade ihr Brot und biss davon ab, doch fiel ihr Blick schnell auf Aidens Wange, weshalb sie die Augenbrauen anhob und ihn etwas besorgt ansah. "Hast du dich gestern verletzt?", wollte sie wissen, wobei es offensichtlich war, dass er in den letzten Stunden kein Blut zu sich genommen hatte. Ansonsten wäre der Kratzer bereits verschwunden. "Brauchst du vielleicht ein paar Blutkonserven? Ich muss heute sowieso ins Krankenhaus und könnte dir ein paar vorbeibringen", bot die Kurzhaarige ihm lächelnd an. Aiden lächelte sie jedoch nur unbekümmert an und lehnte ab. "Das geht schon noch bis heute Abend", erklärte er, bevor er stockte und betreten dreinblickte. "Ich meine… Du brauchst dir keine Umstände wegen mir zu machen. Aber danke, ich weiß das Angebot zu schätzen." "Okay. Falls du es dir anders überlegst, sag Bescheid. Ich bin heute sicher bis zum späten Nachmittag im Krankenhaus", erwiderte die Ärztin - genauso wie ihre Tochter - unbeeindruckt von seinen Worten bezüglich der Jagd beziehungsweise seiner Ernährungsweise. Schließlich hatten die beiden genug oft und viel damit zu tun gehabt - zum einen, weil die Jüngere ja eine Vampirjägerin war und das selbst gesehen hatte und zum anderen, weil die Ältere Ärztin war und viel Schlimmeres sah oder gesehen hatte. Doch da Jane wusste, dass Aiden manchmal Komplexe deswegen hatte, wunderte sie sein Zögern nicht; er dachte sicher, sein so unbefangen vorgebrachter Einwurf hätte die Frauen angewidert. Nachdem sie die Beiträge gelesen hatte, die sie interessiert hatten, blickte sie wieder auf und wandte sich Aiden zu, der sich inzwischen gesetzt hat. "Also? Wie ist das gestern genau gelaufen? Ich glaube kaum, dass der elende Blutsauger sich im Eifer des Gefechts dazu entschieden hat, seine Parfümsammlung zu plündern und euch damit zu bewerfen, oder? Seid ihr im Kampf irgendwie gegen einen Schrank voller Düfte gefallen?", wollte Jane wissen, wobei sie natürlich keineswegs ahnte, dass sie mit ihrer ersten Vermutung so ziemlich ins Schwarze traf. Natürlich hatte sie geahnt, dass der Dieb einige Schrauben locker hatte, doch so etwas würde sie ihm nicht einmal in ihren kühnsten Vorstellungen zutrauen. "Na ja, wir sind in das Lagerhaus und haben dort jemanden aufgetrieben, der uns sagen konnte, wo der Dieb lebt. Da ist auch alles gut gelaufen und ich konnte die Spieluhr finden, aber dann ist der Hausbewohner nach Hause gekommen. Und dann ist es irgendwie… Absurd geworden." Er erzählte, was im Anschluss passiert war, musste aber immer wieder Pausen machen, weil die beiden Damen lachten. "Die Bademäntel in allen Farben und nur goldene Crocs?", vergewisserte sich die Brünette dementsprechend ungläubig, ehe sie leise lachend den Kopf schüttelte und weiter aß. Ihre Aufmerksamkeit lag jedoch weiterhin dem Mann vor ihr. Schon bald kam sie - wie ihre Mutter - nicht umhin, immer mehr zu lachen, sich teilweise den Bauch zu halten und die Hand auf die Lippen zu legen, um nicht allzu laut und zu sehr dem Gelächter zu verfallen. Schließlich war der Kampf, so wie der Vampir es erzählte, keine ernsthafte Sache mehr gewesen, sondern vielmehr einer komödiantischen Stunteinlage. Wie hatte es so ein Verrückter bloß geschafft, sie außer Gefecht zu setzen und ins Haus einzudringen? "… Und dann hat er angefangen, uns mit Parfüm zu bewerfen. In dem Gestank haben wir seine Spur verloren, deshalb konnte er abhauen“, beendete Aiden schließlich seinen Bericht. atmete die schwerreiche Wirtschaftsstudentin kurz tief durch und strich sich kurz mit dem Zeigefinger unter den Augen durch, da sie aufgrund der heftigen, humorvollen Erschütterung beinahe getränt hatte. "Nun... womöglich können wir seine Spur ... 'erschnuppern'. Ich meine, so bestialisch wie ihr gestern gerochen habt, könnte uns das einige Vorteile verschaffen...", kam es nur etappenweise über Janes Lippen, da sie es nicht hatte verhindern können, immer mal wieder leise zu schnaufen oder zu kichern. Es war wirklich lange her, seit sie so etwas Amüsantes gehört hatte. "Also, wenn der Einbrecher wieder vor uns steht, würden wir ihn mit Sicherheit erkennen. Dafür sorgt alleine schon seine Garderobe", erwiderte Aiden, selbst noch mit dem Lachen kämpfend. Es war wirklich schwer, die Sache mit dem Gebührenden Ernst zu betrachten. Elizabeths Blick fiel dann auf die Uhr, als ihr auffiel, dass sie bald los musste. Folglich stand sie auf, verabschiedete sich mit einem kleinen Kuss auf der Wange von Jane und begab sich wenig später mit ihrem Wagen zur Arbeit. Nachdem die Dame des Hauses das Anwesen verlassen hatte, stand die Vampirjägerin auf, um sich um das Geschirr zu kümmern und räumte es in die Spülmaschine. Dabei hatte sie sich soweit beruhigt, dass sie wieder ernsthafter über den Antiquitäten-Blutsauger sprechen konnte. "Es war zwar ziemlich mühsam für euch, aber die Tatsache, dass er anscheinend einen so prägnanten Geruch hat, wird uns die Suche deutlich erleichtern. Ich meine... So wird Gabe ihn umso einfacher finden können. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn haben", erläuterte sie ihm ihre Gedanken, wobei es offensichtlich war, dass sie mit 'uns' nur Gabriel und sich selbst meinte und ihren Mitbewohner bewusst ausschloss. Schließlich würde er sich nächste Woche bereits schon im Flieger Richtung Down Under befinden. "Wenn er noch im Lande ist - Er könnte jetzt auch schon abgereist sein", gab Aiden zu bedenken. "Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass er das Land verlassen hat. So wie du mir die Geschichte geschildert hast, gibt es noch einige wertvolle Gegenstände, die er wohl kaum einfach so zurücklassen würde - wenn man bedenkt, wie vernarrt er in diese zu sein scheint", meinte sie nach kurzem Überlegen. Selbst wenn er aber bereits schon das Land verlassen hatte, so würde er bestimmt bald wieder auffallen und zu finden sein. Sobald sich der Verdacht erhärten würde, würde der Zirkel bestimmt eine internationale Fahndung ausschreiben. Solange es jedoch so aussah, als ob der verrückte Blutsauger in London verweilte, würden sich Jane und Gabriel weiterhin darum kümmern und versuchen, seine Spur aufzunehmen. Außerdem hatten sie inzwischen anonym die Polizei informiert, sodass die Schätze wohl gerade wieder ihren Besitzern zugeführt wurden. Aiden sah Jane nachdenklich an. "Das klingt zwar alles ganz amüsant, aber bitte pass auf dich auf. Wenn dir etwas passieren würde... Und er weiß ja immerhin, wo du wohnst", wechselte er leicht das Thema. "Es wäre wahrscheinlich am besten, wenn wir ihn so früh wie möglich schnappen könnten, dann hätte er nicht das Überraschungsmoment auf seiner Seite." "Es geht mir schon deutlich besser und Gabe ist wieder auf den Beinen. Wir können uns gut selbst verteidigen. Du brauchst dir in der Hinsicht wirklich keine Gedanken zu machen", kam es schwer seufzend und ein wenig genervt über ihre Lippen. Sie konnte es noch immer nicht ausstehen, so bemuttert zu werden - vor allem nicht von Außenstehenden. Zudem basierte sein Interesse an ihr lediglich darauf, dass sie Lady Grey ähnlich sah und ihre Nachfahrin war, was sie nach wie vor kränkte. "Weißt du eigentlich, was du in Australien machen willst?", wechselte Jane das Thema, da sie gerade keine Lust hatte, sich zu streiten. Außerdem war sie neugierig, schließlich konnte sie sich nicht vorstellen, dass er einfach planlos herumschweifen und reisen wollte - ohne Beschäftigung oder ersichtliches Ziel. "Ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht ganz sicher, was ich in Zukunft machen möchte", sagte er nach einem kurzen Zögern. "Irgendeine Arbeit würde sich schon finden, aber ich überlege, nochmal zu studieren... Ernsthaft, meine ich", fügte er mit einem kleinen Lächeln hinzu, da er sich Janes Studium ja eigentlich auch angeschlossen hatte. "Du willst studieren? Ernsthaft?", kam es dementsprechend verblüfft über ihre Lippen, da sie es für eine absurde Vorstellung hielt, Aiden fleißig und konzentriert in einem Vorlesungssaal zu sehen und für die Prüfungen zu büffeln oder Arbeiten zu schreiben. Nun, wenn man es allerdings nüchtern betrachtete, war es vielleicht gar keine so schlechte Idee. Er hatte ja allerhand ausprobiert und möglicherweise war es nun Zeit, einen neuen Weg einzuschlagen. Vielleicht würde er dadurch seine Natur als Spielkind ein wenig besser bändigen können. Lächelnd nickte Aiden. "Ich ziehe es in Betracht… Und du weißt doch, dass ich sehr konzentriert sein kann, wenn ich will.“ Scheinbar gedankenverloren fasste er sich an die aufgeschnittene Wange und zuckte leicht zusammen. "Ich denke, es ist besser, sich vor Ort zu informieren. Aber ich hatte überlegt, vielleicht Sportpsychologie oder -Pädagogik zu machen. Ein bisschen Erfahrung in Psychologie habe ich jetzt ja schon", zwinkerte er ihr zu. Tatsächlich hatte ihn dieser Teil von Janes Studium sehr interessiert, wie er ihr schon damals erzählt hatte. Auf seine Erläuterungen bezüglich eines möglichen Studiums nickte sie kurz, wobei sie sich ihn in den genannten Fächern vorstellte. Es war gewöhnungsbedürftig und etwas fremd, doch wenn man mehrmals so darüber nachdachte, konnte es passen. "Schlimmstenfalls kannst du dir ja einen anderen Vampirjäger oder eine andere Vampirjägerin in Australien suchen, dem du auf die Nerven gehen kannst und dort eine Partnerschaft eingehen", meinte sie leicht schmunzelnd, da er sich in dem Bereich sehr gut anstellte und bestimmt eine Bereicherung für die eine oder andere Organisation sein könnte. Das musste sie sich - trotz seines Verrats - einfach eingestehen. Es war fast schon ein Jammer, dass er sie vor einem Jahr ohne jegliches Wort so zurückgelassen hatte. "Ich glaube, in der Hinsicht wirst du meine einzige bleiben", widersprach er sanft, aber entschlossen. Das war in Janes Ohren eine seltsame Wortwahl, doch beließ sie es bei einem misstrauischen Blick und einem Nicken. Sie hatte jetzt keine Lust auf eine Diskussion. Ihre Gedanken schweiften zu seiner Abreise, die noch eine Woche entfernt lag, doch kam sie nicht umhin, daran zu denken, dass sie irgendwie (ein kleines bisschen) Schuld daran war, dass er die letzten Flüge nicht erwischt hatte. Das war etwas, was sie nicht einfach so auf sich sitzen lassen konnte - obwohl er stets betont hatte, dass er ihr hatte helfen wollen. Sie hasste es einfach, jemandem etwas schuldig zu sein. "Sag mal, kann ich irgendetwas für dich tun? Ich meine… benötigst du noch irgendwelche Dinge oder so?", wollte Jane von ihm wissen. Zwar würde sie Aiden nicht anbieten, hier bleiben zu können, doch irgendeine kleine Wiedergutmachung würde bestimmt drin liegen. Aiden sah erstaunt auf, dann verdrehte er die Augen. "Ihr habt mich hier aufgenommen, das ist schon…", fing er an, als ihm scheinbar tatsächlich eine Idee kam. Aiden sah sie wachsam ansah und eröffnete: "Das einzige, das ich mir von dir wünsche, ist, dass du mir verzeihst, Jane." Sprachlos blickte die junge Frau ihr Gegenüber an und presste ihre Lippen zu einer harten Linie zusammen. Was sollte sie darauf bloß antworten? So etwas konnte man nicht erzwingen, und wer wusste schon, wie lange sie benötigen würde, um ihm wirklich zu verzeihen? Jane rang mit den Worten und fuhr sich durch die Haare, ehe sie einmal kurz tief durchatmete und die Arme vor der Brust verschränkte. "Ich weiß nicht, ob ich bereit bin, dir zu verzeihen", begann sie langsam, aber ehrlich. "... aber ich könnte zumindest versuchen, auf einen Nullpunkt zu kommen und mich dir gegenüber... hm... 'neutraler' zu verhalten." Es war fast schon gespenstisch, welche Parallelen ihre zweite Begegnung mit der Ersten vor über einem Jahr hatte. Schließlich war es vor dem Auftrag mit Richard beinahe genauso zugegangen - nur, dass Aiden damals die Forderungen gestellt hatte. "Damit kann ich leben. Danke", sagte er mit einem offenen, herzlichen Lächeln, das seine Zuneigung für die junge Frau überdeutlich widerspiegelte. "Ach, und Jane... Ich hoffe, du weißt, dass es mir wirklich leidtut", fügte er dann wesentlich ernster hinzu. Jane zuckte nur mit den Schultern. Damit würde sie wohl ebenfalls leben können - zumindest für die nächsten paar Tage, da sie ja nicht länger als bis zur nächsten Woche damit leben musste. Außerdem war es nicht so, dass sie sich täglich schreiben oder miteinander telefonieren würden, wenn sich ihre Wege trennten. Gegen ein kleines Schwätzchen oder einer netten Begrüßung wäre bestimmt nichts einzuwenden, wenn sie sich zufällig einmal begegnen würden. Das wäre, wenn man ihr Wiedersehen in Rom bedachte, sowieso schon eine gewaltige Verbesserung. "Ich weiß. Ansonsten hättest du wohl nicht zu solchen Mitteln gegriffen", murmelte die Angesprochene leise, wobei sie natürlich auf die Entführung auf das alte Fabrikdach ansprach. "Jaa, das tut mir auch leid. Nächstes Mal hörst du am besten einfach gleich zu", grinste er ziemlich verlegen. Ein nächstes Mal würde es in Janes Augen nicht geben. Wenn er sie erneut hintergehen würde, würde er wahrscheinlich auf ihrer persönlichen Abschussliste landen und von ihr ein Messer in die Brust gerammt bekommen. Sie hoffte dementsprechend nur, dass er sie nicht erneut hintergehen und ihr momentanes Vertrauensverhältnis brechen würde. Ihr Blick schweifte zu ihrem Handy, welches auf dem Tisch lag und vibrierte. Sie nahm es an sich, um die erhaltene Nachricht zu lesen, die von Gabriel stammte. Wie erwartet, kündigte er seinen Besuch an, der allerdings etwas später am Nachmittag stattfinden würde, da er noch einige Dinge sein Rudel betreffend erledigen musste. Nachdem sie ihre Antwort gesendet hatte, blickte sie wieder zu ihrem temporären Mitbewohner. "Was steht heute bei dir eigentlich an? Ich schätze, du wirst jagen, oder?", wollte sie wissen und deutete auf die unschöne Wunde an seiner Wange. "Gabe wird später vorbeikommen, dann könnten wir besprechen, wie es vorerst weitergehen soll und welche Anhaltspunkte wir momentan haben." "Ich muss jagen, ja, aber erst heute Nacht. Nachher habe ich noch… Ein paar Dinge zu erledigen", sagte er ausweichend, bevor er mit schlecht verhohlenem Amüsement fragte: "Geht es ihm besser? Das Parfüm hat ihm ja ziemlich zugesetzt, nachdem er es ins Gesicht bekommen hat." "Er hat nichts zu seinem Befinden gesagt. Du kannst ihn ja später selbst fragen - oder hattest du vor, nachmittags jagen zu gehen?", meinte die Vampirjägerin. Tatsächlich musste Aiden nochmal los, bevor ihre „Teambesprechung“ stattfinden sollte. Nachdem der Vampir schließlich das Haus verlassen hatte, kümmerte sich die junge Frau ein wenig um den Haushalt und lernte ein bisschen für die Universität. Als sie am Schreibtisch saß, vibrierte ihr Handy, und in Erwartung einer Nachricht von einem ihrer übermenschlichen Partner griff Jane nach dem Telefon. Doch als sie Logans Namen und seine Frage nach ihrem Tag las, lächelte sie sanft. Er war an diesem Wochenende außerhalb der Stadt, um ein paar Verwandte zu besuchen. » Ich lerne gerade und treffe später noch Gabriel und Aiden. Wie ist es bei dir?« » Ganz ok… Aber ich freue mich schon auf Montag in der Uni.« Schmunzelnd schrieb Jane: » Du Streber!«, obwohl sie schon ahnte, was ihr Freund antworten würde. » Ich meinte wegen dir… Obwohl Controlling 2 natürlich besonders spannend ist. « Lachend tippte die junge Frau eine Antwort und lenkte sich durch den Chat mit ihrem Liebsten recht erfolgreich von der Revision ab. So war sie zwar nicht gerade zufrieden mit ihren Lernerfolgen, aber gut gelaunt, als Gabriel später pünktlich um halb vier klingelte. Den intensiven blumigen Geruch, der noch immer an dem Werwolf hing, konnte Jane bereits beim Öffnen der Tür riechen, da dieser hineingeweht wurde. Zwar war der Duft nicht so stark wie am Vorabend, doch war er ausgeprägt genug, um sie die Nase zu rümpfen zu lassen. Auch der Spanier schien davon nicht begeistert zu sein und näselte dementsprechend ein wenig, da er es möglichst vermeiden wollte, den unausstehlichen Mief zu riechen. Die Kindheitsfreude saßen bereits im Wohnzimmer und unterhielten sich, als Aiden hereinschneite. "Neues Shampoo?", fragte der Vampir, als er sich mit einem gewissen Abstand zu dem Werwolf auf die Couch setzte. Gabriel verengte nur leicht die Augen. Wenn es nicht so mühsam gewesen wäre zu sprechen - da er dadurch den Geruch einatmete - und nicht Wichtigeres angestanden wäre, dann hätte er etwas Bissiges entgegnet. So allerdings, widmete er sich ganz bewusst Jane, die sich neben ihm auf einem Sessel niederließ. "Geht es dir besser?", wollte sie vom Werwolf wissen und strich ihm kurz die Haare aus dem Gesicht, da sie an seiner rechten Stirn ein Pflaster ausmachen konnte. In ihren Augen hatte sich dabei ein kleiner Schleier aus Sorge gelegt. "Mach dir keine Sorgen, das sind nur ein paar Kratzer. In ein paar Tagen bin ich wie neu!", versicherte ihr bester Freund leicht grinsend. Natürlich hatte er auch ein paar unangenehme blaue Flecken, doch auch diese würden mit der Zeit verschwinden und keinen größeren Schaden hinterlassen. Die junge Frau nickte, wandte sich dann aber gleich dem Auftrag zu, da sie ja eigentlich deswegen versammelt waren und besprechen sollten, wie es vorangehen würde. "Da ihr die Polizei verständigt habt, gehe ich davon aus, dass die Lagerhalle am Hafen mittlerweile ausgeräumt wurde. Dort eine Spur zu finden, wird sich also schwierig gestalten. Darum schlage ich vor, dass wir demnächst tagsüber bei dem Anwesen vorbeigehen und uns in den Trümmern nach Hinweisen umschauen, die auf weitere Verstecke oder Komplizen hindeuten, die uns irgendwie weiterhelfen könnten", meinte die Vampirjägerin, wobei sie keinen Hehl daraus machte, dass sie sich selbst in die Höhle des Löwen begeben wollte. Schließlich sprach nichts dagegen, dass der Verrückte wieder zu seinem Haus zurückkehren würde, wenn er dachte, dass die Luft wieder rein war. Außerdem waren noch einige Sammlerstücke darin vorhanden, so dass es sehr wahrscheinlich war, dass er früher oder später dort wieder auftauchen würde. Gerade, als sie weitersprechen wollte, konnte sie den missbilligenden Blick der beiden Herren, die nicht erfreut darüber wirkten, dass sie sich an den Ort begeben wollte, an dem sie gekämpft und in dem der Antiquitätenfreak gehaust hatte. In das Gesicht des Vampirs musste die junge Frau nicht schauen, um zu erahnen, dass es ihm wohl genauso missfiel. "Was denn? Es ist der einfachste und effektivste Weg, um an die weiterführenden Informationen zu kommen", rechtfertigte sie ihren etwas waghalsigen Vorschlag. "Du hast Recht. Wir sollten uns dort auf jeden Fall noch Mal umsehen", sagte Aiden trotzdem. Er ignorierte Janes verblüfften Blick - Sie hatte mit Wiederrede von ihm gerechnet - Und wandte sich an Gabriel. "Willst du dich noch ausruhen oder können wir heute schon los?" "Huh?", kam es schließlich irritiert über Janes Lippen, als ihr Gegenüber sie so offensichtlich ausschloss. Aiden tat, als hätte er sie nicht gehört, und fuhr fort: "Ich würde aber vorschlagen, dass wir die Lagerhalle trotzdem im Auge behalten. Da wir den einzigen, der von unserem dortigen Besuch wusste, ausgeschaltet haben, kann es gut sein, dass jemand dort auftaucht. Vielleicht haben wir Glück und können nochmal etwas in Erfahrung bringen." Zunächst hatte sie ernsthaft geglaubt, dass er es akzeptiert hatte, dass er sich nicht querstellen und es zulassen würde, dass sie ebenfalls mit von der Partie sein würde, doch wurde sie gleich darauf eines Besseren belehrt. Bevor Gabriel überhaupt etwas sagen konnte, mischte sich die Brünette ein: "Ihr zieht ganz bestimmt nicht alleine los. Ich werde mitkommen." Während sie sprach, war sie nicht umhin gekommen, ihre Augen ein wenig zu verengen. Aiden hatte ihr vor wenigen Stunden doch sein Einverständnis gegeben - oder hatte sie sich da etwa verhört? Wohl kaum! "Janie... ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, wenn du mitkommst. Wer weiß, ob er gleich wieder auftaucht. Du willst doch nicht riskieren, einen weiteren Monat oder sogar länger am Schreibtisch zu hocken, oder?", versuchte ihr Kindheitsfreund sie zu beschwichtigen, worauf die Angesprochene leicht mit den Zähnen knirschte. Natürlich wollte die Jägerin das nicht riskieren, doch weiterhin einfach Zuhause rumsitzen und Däumchen drehen war ebenso frustrierend. "Fein! Dann gehe ich eben in die Lagerhalle und ihr schaut euch im Anwesen um", entgegnete die Brünette. Wenn sie schon nicht direkt in die Höhle des Löwen durfte, dann wollte sie zumindest irgendwo anders aktiv recherchieren. Ohne wirklich auf die Einwände der beiden Herren zu warten, fuhr Jane unbeeindruckt an Aiden gewandt fort: "Ich würde vorschlagen, wir warten, bis du getrunken hast. So hat Gabe noch ein wenig Zeit, um sich besser zu erholen." Aus irgendeinem Grund, den sie lieber nicht wissen wollte, lächelte Aiden. "Wenn es unbedingt sein muss... Geh du mit ihr", sagte er zu Gabriel. Die Diskussion... Nein, ganze Situation war beinahe schon zum Mäusemelken! Laut den beiden Männern durfte sie sich nicht im Anwesen umsehen, wo sie gekämpft hatten? Dieser Ort war von essenzieller Wichtigkeit und bedurfte einer genauen Untersuchung! Das war eines der wenigen Dinge, die sie in ihrem momentanen Gesundheitszustand tun konnte und wollte - auch wenn sie sich in der Hinsicht wohl in einer gefährlichen Grauzone befand. Schwer seufzend legte die junge Frau ihre Hand ins Gesicht, ehe sie den Kopf schüttelte. Man konnte Aiden gewiss nicht aufhalten, wenn er vorhatte, allein loszuziehen. Für sie galt das aber auch. Allerdings würde es die ganze Sache erleichtern, wenn sie einfach gemeinsam losziehen und die Arbeit verrichten würden, die sie schneller auf die Spur dieses verdammten Blutsaugers bringen würde. Wieso musste er bloß so stur sein? Da sie wusste, dass es nichts brachte, dagegen zu argumentieren und ihr unfreiwilliger Mitbewohner sich ansonsten einen Plan ausdenken würde, sie irgendwie Schachmatt zu setzen, unterließ sie es zähneknirschend und widerwillig. Wenn es hart auf hart kommen und die Männer keine Anhaltspunkte finden würde, würde sie versuchen, im Geheimen alleine loszuziehen oder eben so lange auszuharren, bis der 500 Jahre alte Vampir aus dem Land war. Sie hatte schließlich bereits gute zwei Wochen die Füße (einigermaßen) stillgehalten; was wäre schon eine weitere Woche? Die meisten Indizien deuteten sowieso darauf hin, dass der Verrückte England nicht so schnell verlassen würde. Janes Blick schweifte zu Gabriel, der ihr aufmunternd zulächelte. Zunächst wollte sie protestieren, da sie meinte, dass sie das alleine hinkriegen würde und genug Wachmänner am Pier vorhanden waren, um sich relativ schnell in Sicherheit bringen zu können. Jedoch fiel ihr das Parfüm und die empfindliche Nase des Werwolfes ein, sodass es für ihn wahrscheinlich nur eine Qual sein würde, erneut das Anwesen zu betreten. Außerdem war Gabriel ein angenehmer Zeitgenosse und jemand, den sie vollends als ihren Partner akzeptierte. "Also morgen?“, fuhr Aiden fort, der Janes Schweigen wohl als Zustimmung sah. „Je nachdem, wie viel Zeit ich habe, werde ich mich heute Nacht vielleicht schon dort umsehen", kündigte er an. Zwar wollte sie am liebsten losziehen und die Lagerhalle inspizieren, doch auch sie kam schnell zum Entschluss, dass es wohl besser wäre, Gabriel ein wenig mehr Zeit zu geben, um wieder richtig zu Kräften zu kommen und den unangenehmen Duft loszuwerden. Folglich unterdrückte die junge Frau die aufkeimende Ungeduld so gut es ging und nickte auf den Vorschlag kurz. "Gut, dann steht unser Plan", seufzte die Brünette schlicht, obwohl man von ihrem Gesichtsausdruck ablesen konnte, dass ihr das Ganze nicht gefiel. Sie stand auf und holte den Erste-Hilfe-Kasten, bevor sie sich neben Gabe niederließ, ihn ans Kinn fasste und sein Gesicht zur Seite drehte, um das Pflaster abzunehmen. Sie wollte sichergehen, dass es nichts Ernsthaftes war und es richtig angegangen wurde. Wenn es um Leute ging, die ihr wichtig waren, kannte sie in der Hinsicht kein Pardon und legte - vor allem, wenn es irgendwie ihre Schuld war - am liebsten selbst Hand an. Da Gabriel dieses Verhalten seiner besten Freundin nur zu kannte und es dazu schon unzählige Unterhaltungen gegeben hatte, verdrehte er nur kurz die Augen und seufzte schwer, während er sie gewähren ließ. Janes Blick fiel dann auf Aidens verletztes Gesicht, sodass sie kurz auf ihre Wange zeigte, aber mit einer kleinen Kopfneigung auf seine deutete. "Du gehst nachher zwar jagen, aber bist du sicher, dass ich das nicht irgendwie desinfizieren oder zumindest kurzzeitig abdecken soll?", wollte sie von ihm wissen. Er gehörte zwar nicht (mehr) zu den Leuten, die ihr viel bedeuteten, doch war die Wunde indirekt ihr Verschulden. "Nein, ich... Also... Schaden würde es wohl nicht. Danke...", murmelte Aiden, der beim Sprechen immer leiser wurde und am Schluss Jane nicht mehr ansah. Eigentlich hatte Jane erwartet, dass er ablehnen würde, schließlich wäre er nach der Jagd so gut wie neu. Außerdem verstand sie seine offensichtliche Verlegenheit nicht wirklich. Dementsprechend sah die junge Frau ihn kurz mit einer hochgezogener Augenbraue an, wandte sich ihm aber direkt zu, als Gabriels Wunden richtig verarztet waren. Dazu setzte sie sich neben ihren Mittbewohner, fasste an sein Kinn und neigte es leicht zur Seite. Aiden ließ es zu, dass sie die Verletzung desinfizierte und verband, wobei er scheinbar nicht wusste, wo er hinsehen sollte. Sein umherwandernder Blick traf kurz den von Gabriel, aber er drehte rasch den Kopf weg, was Janes Arbeit nicht unbedingt erleichterte. "Was machst du denn da? Halt still", schimpfte die Brünette leise, wobei sie sein Unbehagen damit begründete, dass er solche medizinische Behandlungen einfach nicht gewohnt war. "Eigentlich ziemlich unnötig, wenn man bedenkt, dass er wie neu aussieht, wenn er Blut zu sich genommen hat, Janie", meinte der Werwolf, wobei er kurz das Gesicht verzog, als er über die Ernährungsweise der untoten Blutsauger sprach. Immerhin empfand er das als ekelhaft. Zudem war es in seinen Augen wirklich sinnlos, die Wunden eines Vampirs zu verarzten. Seine beste Freundin konnte ihre Zeit für etwas Besseres und Wichtigeres nutzen. "Mag schon sein, aber es ist sicher nicht angenehm und außerdem würden sich die Leute fragen, die ihn so sehen. Bevor dadurch irgendwelche Gerüchte ins Rollen gebracht werden, decke ich das lieber ab", erklärte die Angesprochene ihre Handlung, wobei sie bewusst die 'kleinen' Schuldgefühle diesbezüglich ausließ. "Wenn du ein Problem hast, kannst du mir das auch direkt sagen. Ich sitze neben dir", erinnerte Aiden Gabriel schnippisch. "Ich habe nichts dagegen. Es ist nur unnötig und Materialverschwendung", erwiderte Gabriel unverblümt und frei heraus. Immerhin hatte er nicht wirklich etwas dagegen, sondern dachte lediglich an die Umstände, die seiner besten Freundin dadurch gemacht wurden - zumindest glaubte er das. "Es ist ja nicht gerade so, als ob du dadurch irgendwelche Entzündungen kriegen kannst, oder?", fügte der junge Mann hinzu, wobei er nicht verhindern konnte, dass ein Hauch von Ironie in seiner Stimme mitschwang. "Es ist keine richtige Entzündung, aber die Silbermoleküle, die in der Wunde zurückbleiben, brennen ziemlich. Deswegen ist es angenehmer, wenn es richtig ausgewaschen wird", erklärte der Vampir in dem sachlichen Ton, der anzeigte, dass er ziemlich genervt war. „Hättest du dir nicht einfach das Gesicht waschen können oder so?“ Jane, die bis jetzt schweigend zugehört hatte, kam nicht umhin, die Augen zu verdrehen und griff dann mit Daumen und Zeigefinder frech nach der Nase des Werwolfes. "Genug jetzt. Ich habe seine Wunde verarztet, weil ich es wollte, okay? Sei brav oder ich schütte dir gleich noch eines von meinen Parfüms drüber", ermahnte sie ihren Kindheitsfreund, wobei sie - auch wenn sie mit ihm schimpfte - relativ sanft klang. Man merkte sofort, dass es sich hierbei um eine leere Drohung handelte. Dennoch schien diese zu wirken und der Südländer murrte nur leise, ehe er still wurde und nichts mehr zum Thema Nachdem sie dann das Pflaster an Aidens Wange angeklebt hatte, vergewisserte sie sich, ob er noch andere Wunden davongetragen hatte, die sie verarzten sollte. Als er meinte, dass dies nicht der Fall war, verstaute Jane den Medizinkasten wieder im Schrank. Sie hörte derweil den Spanier niesen, worauf sie die Stirn runzelte und zu ihm ging. Dabei konnte sie sehen, wie er sich die Nase rieb und das Gesicht verzog. Ah... Dieser grauenhafte Geruch. Ohne etwas zu sagen bereitete die junge Frau einen Pfefferminztee vor, um diesen auf den Couchtisch zu stellen. "Trink den oder riech einfach ein wenig daran", wies sie ihn an und setzte sich wieder auf das Sofa. Es wäre besser, als den blumigen Gestank wahrzunehmen und es würde helfen, diesen zu neutralisieren. Der Werwolf atmete etwas erleichtert auf, als er die Pfefferminze riechen konnte, und blickte die Dame des Hauses dankbar an, ehe er sich neben sie setzte. Jedoch blieb es nicht dabei, da er sich aus reiner Gewohnheit zurückfallen ließ. So lag er mit seinem Kopf auf ihrem Schoss, während die Beine über der Armlehne baumelten. Dies störte die Brünette keineswegs und war ziemlich normal für die Beiden. Sie wandte sich gelassen wieder an Aiden, der neben ihr war. "Für die Jagd würde ich dir abraten, dich heute in Stratford aufzuhalten. Soweit ich weiß, läuft da bezüglich des Zirkels etwas, weil sich dort seit längerer Zeit ein Vampir-Paar herumtreibt", riet sie ihm, da sie nicht wollte, dass es irgendwelche Schwierigkeiten gab oder sie ihn womöglich dort halb zerfetzt auflesen musste. "So? Nun, Danke für die Warnung, schätze ich... Machst du dir kein Sorgen, dass ich die Betreffenden warnen könnte?", fragte er schmal lächelnd. Die Vampirjägerin blickte nur mit einer hochgezogene Augenbraue zu ihm. In ihren Augen war es offensichtlich, dass Aiden sie reizen beziehungsweise herausfordern wollte. "Nun... das kann gut sein. Wenn dem so ist, dann werde ich die Konsequenzen im Nachhinein dafür tragen und mich selbst auf die Jagd nach dem Paar machen. Schließlich habe ich dich vor ihnen gewarnt und wenn du durch meine Warnung die Planung des Zirkels auf den Kopf stellst, ist es nur selbstverständlich, dass ich diejenige sein werde, um die beiden Täter umzulegen", erwiderte die junge Frau ebenfalls mit einem kleinen, aber deutlich humorlosen Lächeln. Es war klar, dass sie diese Worte ehrlich meinte. Immerhin war sie sehr pflichtbewusst und stand für ihre Fehler (die sie sich auch eingestanden hatte ) ein. "Aha...", machte er, stand auf und ging ans Fenster. Dabei schob er die Hände in die Hosentaschen und sah nach draußen in den dunkler werdenden Garten. "Ich werde jetzt schon mal gehen. Bis morgen.“ Als Aiden schließlich meinte, dass er auf die Jagd gehen wollte, nickte sie nur und blickte ihm flüchtig hinterher, als er durch die Tür nach draußen verschwand, ehe sie sich wieder Gabriel zuwandte. Wie erwartet half der Pfefferminztee und er trank wenig später zwei Tassen davon, so dass er sich besser fühlte und keine andauernd verstopfte Nase hatte. „Einen komischen Kauz hast du dir da angelacht…“, murmelte er, einige Zeit nachdem die Haustür hinter Aiden zugefallen war. Offensichtlich hatte er darauf gewartet, dass Aiden wirklich außer Hörweite war. „Und so arrogant.“ Jane runzelte ein wenig die Stirn. Unter all den Mängeln, die sie an Aidens Charakter sah – allen voran sein Hang zum Stalking und seine Gluckenmanier – hätte sie ´Arroganz` nicht unbedingt auf die Liste gesetzt. Er war selbstbewusst, ja, doch besaß er die nötigen Fähigkeiten, die ihm das erlaubten. Andererseits betonte er tatsächlich immer wieder, wie viel besser als Gabriel er doch wäre. Sie hatte das auf den Konflikt ihrer Rassen geschoben, doch wo sie jetzt darüber nachdachte, verstand sie, wieso ihr bester Freund Aiden eingebildet nannte. „Ich habe ihn mir nicht 'angelacht'“ erwiderte sie kühl. „Und er wird London bald verlassen, also kein Grund, einen Streit vom Zaun zu brechen.“ Gabriel warf ihr einen mürrischen Blick zu, da er offensichtlich nicht der Meinung war, selbst auch nur ein wenig Schuld an der angespannten Stimmung zwischen sich und dem Vampir zu tragen. „Wie auch immer, reden wir lieber über morgen.“ Das taten sie, wobei sie zwischendrin immer wieder zu private Themen wechselten. Als alles soweit fertig war, machten es sich die beiden Kindheitsfreunde auf der Couch bequem und sahen sich mit einer Tüte Popcorn einen Film an. In der Mitte wurde Gabriel jedoch angerufen, da er beim Rudel benötigt wurde, so dass er dann auch verschwand und Jane damit begann, alles aufzuräumen und das Abendessen zu kochen. Nachdem sie die restliche Zeit bis zum Schlafengehen mit Elizabeth verbracht hatte, zog sich die Brünette in ihrem Zimmer zurück, so dass sie einige Stunden später auch nicht mitbekam, wie sich der ( unfreiwillige ) Mitbewohner regelrecht ins Haus schleppte. Erst, als dieser schon längst auf der Couch eingeschlafen war, erwachte die jüngere Dame des Hauses und begab sich runter in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Dabei ging sie ein wenig im Erdgeschoss herum, so dass sie auch schon den Vampir auf der Couch liegend - teilweise in der ähnlichen Position wie Gabriel - vorfand. "Aiden?", kam es etwas verwirrt über ihre Lippen, bevor sie das Glas auf den Couchtisch stellte und sich über ihn beugte, als er nicht reagierte. Dabei konnte sie erkennen, dass sein Gesichtsausdruck ziemlich angespannt aussah. Mit gerunzelter Stirn und rein instinktiv legte die Brünette ihre Hand auf Aidens Stirn, die sich etwas warm anfühlte. Sie hatte den Vampir wohl noch nie so bewusst berührt wie in diesem Moment, aber warm war er ihr nie erschienen. Konnten Vampire etwa krank werden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)