Black Wish von Sas-_- (Lily Evans | Sirius Black) ================================================================================ Kapitel 1: Black Wish --------------------- 🎄🎄🎄 Das vierte Schuljahr fühlte sich so an, als hätte es erst vor kurzem begonnen und schon stand Weihnachten vor der Tür. Sirius hasste es, an den Weihnachtsfeiertagen nach Hause zu müssen. Er würde alles dafür geben, bei seinem besten Freund James bleiben zu können, aber seine Mutter würde ihm niemals erlauben, seine Ferien bei „Blutsverrätern“, wie sie sie nannte, zu verbringen. Mies gelaunt hämmerte Sirius seine letzten Klamotten in den Koffer. Das erledigte er lieber per Hand, da hatte er wenigstens das Gefühl, seine Wut irgendwohin leiten zu können. „Ich wünschte ja auch, du könntest bei mir abhängen. Meine Weihnachtsfeste sind alle immer ziemlich cool.“ Sirius warf seinem besten Freund nur einen flüchtigen Blick zu und grunzte unglücklich. Jemanden aufzumuntern war wirklich nicht James' Stärke. „Ich wette, selbst Schniefelus hat bessere Weihnachten als ich!“, knurrte er. James winkte ab. „Pf, der doch nicht. Wenn das, was Lily sagt stimmt, dann bekommt er gar nichts oder ein paar alte Socken geschenkt!“ „Geht mir ja gar nicht um Geschenke. Ich hab einfach keinen Bock auf das dumme Gelaber meiner Familie!“, erklärte Sirius, schloss seinen Koffer und machte sich daran, ihn aus dem Gemeinschaftsraum zu hieven. James zog seinen Zauberstab. „Willst du den jetzt echt schleppen? Ich könnte –“ „Ja, will ich!“, unterbrach Sirius James, zwängte sich aus der Tür und warf sein Gepäck die Treppe herunter. „Vorsicht, Koffer!“ Zufrieden lauschte er dem lauten Poltern und den aufgebrachten Schreien seiner unerhört glücklichen Mitschüler. „Sirius Black!“ James tauchte neben seinem Freund auf und klopfte ihm auf die Schulter. „Das gibt Ärger …“ Lily tauchte am Fuße der Treppe auf und funkelte nach oben zu den Jungenschlafsälen. „Was zum Henker soll das?! Du kannst hier doch nicht einfach mit deinen Koffern um dich schmeißen!“ „Ich hab Achtung gerufen …“ 🎄🎄🎄 „Ich hoffe, doch, du hast dich von Schlammblütern und dergleichen ferngehalten!“ „Das ist eine Schule! Was soll ich machen, mich aus dem Fenster werfen, wenn sie um die Ecke kommen?!“ „Nein, wirf sie aus dem Fenster. Und du bist hoffentlich nicht mehr mit diesem, diesem … Potter befreundet! Du weißt, was für ein schlechter Einfluss diese Blutsverräter sind! Schlimm genug, dass du in Gryffindor bist!“ „Unsere Lehrer debattieren darüber, wer von uns beiden den schlechtere Einfluss auf den jeweils anderen hat.“ „Hör auf so dummes Zeug zu reden! Es wird langsam Zeit, dass du dich wie ein richtiger Black benimmst!“, sagte Sirius' Mutter harsch, während sie Kreacher Zucker in ihren Tee rühren ließ. Sirius starrte zornig seinen Kuchen an, als trüge er Schuld an seiner Familie, nur er allein. Grummelnd antwortete er seiner Mutter: „Du meinst, es wird Zeit, total beschränkt zu werden?“ „Unverschämtheit so von unserer ehrwürdigen Familie zu reden! Geh auf dein Zimmer!“ „Was sonst …!“ Sirius kam gar nicht schnell genug auf die Beine. Seit er in Gryffindor gelandet und mit James befreundet war, übertraf sich seine Mutter in ihrer Unerträglichkeit selbst. Während er die Treppe hinauf hastete, kam ihm sein Bruder Regulus glücklich entgegen. „Mutter wird stolz sein, ich kann endlich eine Maus in eine Teetasse verwandeln!“, berichtete er mit geschwellter Brust. Sirius schnaubte verächtlich. „Jaah, wie nützlich, wir haben ja so viele Mäuse und so wenig Tassen!“ Regulus warf seinem älteren Bruder einen wütenden Blick zu, ehe er ins Wohnzimmer verschwand. Während Sirius laut die Treppe hinaufpolterte, hörte er wie Regulus ihrer Mutter Bericht erstatte und ihm entging auch nicht ihr säuselndes Lob, das Sirius von ihr wohl niemals mehr zu hören bekommen wird. In seinem Zimmer angekommen, warf Sirius die Tür hinter sich lautstark ins Schloss. Warum musste Regulus, dieses Weichei, sich auch an ihre Mutter hängen, die ihm diesen ganzen Reinblut-Quatsch eintrichterte? Alle Mühe hatte er sich gegeben, damit Regulus auch nach Gryffindor kam, aber nein, Regulus Arcturus Black musste seine Eltern ja so unbedingt stolz machen! Der Ältere ließ sich grimmig aufs Bett fallen, sein Blick glitt über das Muggelposter, welches er an seine Wand geheftet hat; mit einem Zauber, damit seine Eltern es selbst dann nicht wegbekamen, wenn er in Hogwarts war. Das Poster zeigte eine junge Muggel, die in ihrem Bild wie erstarrt das immer selbe Lächeln zeigte. Sirius kam ein rebellischer Gedanke – er setzte sich in seinem Bett auf und ging ihm begeistert nach. Sich mit Muggeln zu treffen war zu gefährlich, zu wenig kannte er diese andere Welt. Die paar Muggel, die Sirius in seinem Leben getroffen hatte, hatten stets von Dingen gesprochen, von denen er noch nie gehört hatte. Aber wenn es etwas gab, das seine Eltern noch mehr fuchsen dürfte, als die Freundschaft mit dem „Blutsverräter“ James, dann war es die Freundschaft mit „Schlammblütern“. Und mindestens eine Muggelgeborene kannte Sirius gut genug, um ihr einen unangekündigten Besuch abzustatten! 🎄🎄🎄 Dass Lily Evans sich nicht vor Freude überschlagen würde, wenn er, Sirius Black, einfach so vor ihrer Haustür auftauchte (und es war gar nicht so einfach gewesen, es bis hier hin zu schaffen!), hätte Sirius sich eigentlich denken können und eine handvoll Schokofrösche würde daran wohl auch nichts ändern. „Black!“ „Sirius“, bot er lächelnd an. Lily schüttelte nur verwirrt den Kopf, den sie durch ihre Haustür streckte. „Was machst du hier?!“ Sirius warf eine Schokofrosch-Packung in die Luft und fing sie wieder auf, während er Lily erzählte, dass seine Familie ihm mit ihrem Reinblut-Wahn tierisch auf die Nüsse gingen und er daher spontan entschieden hatte, Muggelgeborene zu besuchen. Weil das doch so gut zu seinem Familienbild passt und seine Mutter ihn doch erst aufgefordert hatte, sich wie ein anständiger Black zu benehmen. Lily hatte die Tür ganz geöffnet und lehnte sich in den Rahmen. „Mit anderen Worten, ich bin dein Mittel zum Zweck deiner schlecht durchdachten Rebellion!“ „Ja, äh, nein!“ Sirius vergaß die Packung aufzufangen. Sie fiel zu Boden, sprang auf und ein Schokofrosch hopste in Lilys Haus. „Na ja, als erstes wollte ich mich mit Muggeln anfreunden, aber der letzte hat „Hello Darkness my old friend“ gesungen und war enttäuscht, weil ich nicht wusste wie es weitergeht.“ „I've come to talk with you again.“ „Was?“ Lily winkte ab. „Nicht so wichtig. Sirius, du kannst nicht einfach von zu Hause weglaufen!“ „Nur für einen Tag! Lass uns irgendwas muggelmäßiges machen!“, bettelte er und überlegte, ob er sich hinknien sollte, um Eindruck zu schinden. „Lily, Schätzchen, mit wem redest du da?“, tönte eine Frauenstimme aus dem Haus. Lily rieb sich die Stirn und winkte Sirius herein. „Mit einem Freund, Mum. Hier. Das ist Sirius Black.“ 🎄🎄🎄 „Das mit dem Frosch tut mir leid.“ „Petunia wäre vor Schreck fast gestorben, als er in ihr Zimmer gekrochen kam“, sagte Lily zerknirscht, während sie neben Sirius auf dem festgetreten Schnee herstapfte. „Ich wusste gar nicht, dass du eine Schwester hast. Warum ist sie nicht mitgekommen?“, fragte Sirius neugierig und rief sich das blasse, schmale Gesicht von Petunia in Erinnerung, das ihn mit so viel Misstrauen und Abscheu betrachtet hatte. Eigenartig, irgendwie erinnerte dieses Mädchen ihn an seine Mutter. Sirius und Lily waren auf dem Weg zu einem Muggelweihnachtsmarkt ganz in ihrer Nähe. Das einzige muggelmäßige, das Lily auf die Schnelle eingefallen war und wohin er mit Sirius ohne Begleitung hindurfte. Sirius war von der Idee ganz „verzaubert“. Lily seufzte über Sirius' Frage. „Deine Eltern hassen Muggel, richtig?“ „Muggel, Muggelgeborene, Blutsverräter, andere humanoide Wesen wie Zentauren, Kobolde, Hauselfen –“ „Meine Schwester hasst Magie“, unterbrach Lily Sirius' Aufzählung. Sirius blieb überrascht stehen. „Jetzt dein Ernst?“ Lily packte ihn am Ärmel und zog ihn bestimmend hinter sich her. „Ja. Sie hasst es. Und sie hasst jeden, der zaubern kann und ich will nicht weiter über sie sprechen!“ Die Sonne neigte bereits hier Haupt, die Straßenlaternen flammten über ihren Köpfen auf und der harte Schnee, der die Stadt eindeckte, glänzte in allen erdenklichen Farben. Die Luft war eisig kalt und vor den Gesichtern der beiden bildeten sich kleine Wölkchen beim Ausatmen. Lily hatte Sirius eine Jacke von ihrem Vater geliehen. In seiner Eile, hatte er sich nicht einmal richtig angezogen und war tatsächlich nur in Jeans und Pullover bei ihr aufgekreuzt. „Weißt du, was mir gerade einfällt, Lily?“, sagte Sirius plötzlich, nachdem sie gut eine Minute schweigend nebeneinander hergelaufen waren. Sie sah ihn fragend an. „Ich hab zwar Geld, aber –“ „– keine Pfund, nur Knut, Sickel und so Zeugs“, erkannte sie ganz richtig. „Egal, ich leih dir was von mir.“ „Ist echt nett von dir!“ „Schon okay.“ Lily war sich absolut uneins, was sie von Sirius halten sollte. In erster Linie war er ein Störenfried, ein Unruhestifter, jemand, der mit James Potter einen Streich nach den anderen abzog und vor allem konnten sie Severus nie in Frieden lassen, selbst dann nicht, wenn er gar nichts machte. Aber dennoch war Sirius ein echter Gryffindor, der sich darum bemühte, richtige Entscheidungen zu treffen. Sirius hätte sich einfach in das Bild seiner Eltern fügen können und er hätte alles bekommen, was er sich nur wünscht. Schließlich war die Familie Black gut betucht. Aber Sirius wählte die offene Rebellion, und jetzt versuchte er dem ganzen eine Krone aufzusetzen, indem er von zu Hause fortlief, genau zu den Leuten, die seine Eltern am meisten verabscheuten. Lily wusste nicht, ob sie das gutheißen sollte, aber sie konnte Sirius ja nicht einfach so wieder fortschicken und einen Abend mit ihm zu verbringen, würde schon nicht in einer Katastrophe enden. 🎄🎄🎄 Sirius spielte verzückt mit einem Nussknacker herum, während der Verkäufer ihn dabei wohlwollend zusah. „Kostet auch nicht viel, nur ein Pfund!“ Sirius ließ die Figur auf- und zuschnappen. „Was macht man mit dem Ding?“ Das Lächeln des Verkäufers geriet etwas ins Wanken. „Nun ja, es ist ein Nussknacker, mein Junge.“ „Ach, damit knackt ihr Nüsse? Ist ja irre!“ Lily stand neben Sirius und gab sich die größte Mühe nicht loszukichern, um ihn nicht bloßzustellen. Sie verstand seine Faszination nur zu gut. Lily erinnerte sich, als wäre es erst gestern gewesen, wie sie Severus unzählige Löcher in den Bauch gefragt hatte, und wie viel es in Hogwarts für sie zu entdecken gab. Wie dumm sie sich oft vorgekommen war. Sirius hingegen schien sich überhaupt nicht zu schämen oder dumm vorzukommen. Wie ein kleines Kind nahm er alles in die Hand, hinterfragte wie es funktionierte und woraus es gemacht war. Er legte den Nussknacker zurück und deutete auf einen anderen Stand. Auch er leuchtete in allen erdenklichen Farben, dank vieler Lichterketten, die sich über die Holzstreben zogen. Lametta lag auf jeder freien Fläche und warf das ohnehin schon bunte Licht wieder zurück. Verkauft wurden dort alle möglichen Sorten süßes Gebäck, das für Weihnachten üblich ist: Lebkuchen mit verschiedenen Schriftzügen, kleine Kuchen, Pudding und Unmengen an Keksen. „Glaubst du, die schmecken anders als die aus der Zaubererwelt?“, flüsterte Sirius Lily begeistert zu und zog sie zum Stand. Sie ließ sich von ihm hinüber ziehen und lächelte milde. „So etwas schmeckt immer anders, wenn es nicht vom Band kommt. Entschuldigen Sie –“ Lily richtete sich an die Verkäuferin, die gerade ein Sortiment an Keksen in eine transparente Tüte packte, auf der Glitzersterne aufgedruckt waren. „Ja, Liebes?“ „Ihre Lebkuchen und das alles, haben Sie die selbst gemacht?“ „Natürlich! Alles Handarbeit!“, antwortete die Verkäuferin stolz und sah Sirius dabei zu, wie er mit seiner Nase dicht über einer Schüssel Kekse hing. Sie nahm einen davon, überzogen mit weißem Zuckerguss und dekoriert mit Herzchen und gab ihn Sirius. „Hier, der geht aufs Haus.“ Begeistert stopfte er ihn sich in den Mund, als hätte er den ganzen Tag noch nichts gegessen und Lily hatte den finsteren Verdacht, dass es vermutlich genauso war. „Die sin efft lecker!“, nuschelte Sirius mit vollen Mund. „Un sie fmecken auch ganf anders als bei mir fu Hause!“ „Das möchte ich doch meinen, ist schließlich ein uraltes Familienrezept!“, sagte die rundliche Frau lachend und erklärte Sirius, wie viel ihre Leckereien kosteten. Lily kaufte Sirius ein paar Kekse, Kuchen und einen Lebkuchen, auf dem „Frohe Weihnachten“ geschrieben stand. „Du musst mir dann sagen, wie viel das alles gekostet hat!“, meinte Sirius und riss begeistert eine der Kekstütchen auf. „Sicher doch“, antwortete sie, aber Lily hatte entschieden, das eine oder andere Sirius auszugeben. „Deine Eltern mögen also überhaupt keine Muggelgeborenen?“, fragte sie vorsichtig nach, während sie über den Markt schlenderten und Sirius überall neugierig stehen blieb. Er schüttelte den Kopf und nahm einen kleinen Spielzeugzug in die Hand. „Nein, überhaupt nicht. Und halbblütige Zauberer und Hexen haben auch keinen besonders guten stand.“ „Severus meint dauernd, deine Eltern wären verwandt, oder so …“ „Sind sie auch“, sagte Sirius knapp und stellte den Zug zurück. „Schau mal, da drüben kann man Fotos machen!“ Der Fotostand selbst bot sogar alle möglichen lustigen Hüte und Jacken an, die man sich überziehen konnte, wenn man wollte. Sirius entschied sich für einen Hut mit Hirschgeweih („Das muss ich James zeigen!“) und Lily nahm eine blinkende Bummelmütze. Insgesamt machten sie vier Fotos und Sirius starrte sie fasziniert an. „Wir bewegen uns überhaupt nicht! Wow!“ „Weißt du“, Lily nahm ihm eines der Bilder aus der Hand, „gerade das macht Muggelfotografie manchmal so viel schöner als magische.“ Sirius blickte ebenfalls noch mal auf das erstarrte Foto. „Wie meinst du das?“ „Es fängt einen Moment ein. Es ist so, als hätte mein ein kleines Stückchen Zeit in der Hand. Es ist dieser Moment, der genauso gewesen ist und nicht anders. Und die Fotos von Muggeln fangen das genau so ein. Beides hat ihren Reiz, magische Fotos und Muggelfotos, aber das hier …“, Lily reichte Sirius ihr Bild, „zeigt uns, für diesen einen Augenblick, genauso wie es gewesen ist – für immer.“ Sirius dachte eine Weile darüber nach, als sie weiter liefen und nickte schließlich. „Ja, ich glaube, ich verstehe, was du meinst.“ Sie verstauten die Bilder in der kleinen Papiertüte und Sirius steckte sie ein. „Meine Eltern … sind so fixiert auf ihr reines Blut. Sie sind Cousin und Cousine“, murmelte er verlegen. Lily zuckte mit den Schultern. „Es gibt auch Muggel, die ihren Cousins heiraten.“ „Schon, aber weißt du, bei reinblütigen Familien ist das fast schon üblich und nach einiger Zeit –“ „Sind alle miteinander verwandt. Severus hat das mal erklärt. Ich meine, ein komischer Gedanke.“ Lily lachte verlegen und schob etwas Schnee auf die Seite. „Du und James seid verwandt, irgendwo halt und ihr beiden irgendwie mit Severus.“ „Ja, schon, aber echt weit weg!“, beeilte Sirius sich zu sagen. Lily nahm an, dass ihm der Gedanke, mit ihrem besten Freund, den er nicht ausstehen konnte, verwandt zu sein, überhaupt nicht behagte. An einem Stand kauften sie sich Zuckerwatte von der Sirius feststellte, dass sie genauso schmeckte wie die in seiner Welt. „Ich verstehe nicht, wie du mit diesem Kerl befreundet sein kannst!“, rutschte es Sirius heraus, während er sich Watte aus den langen Haaren zupfte. Lily half ihm kichernd, antwortete dann aber ernst: „Er war für mich da, als ich neun war und nicht gewusst habe, warum ich das alles konnte und meine Schwester Petunia nicht. Anfangs hab ich ihn nicht geglaubt, aber Severus konnte das ja auch alles und da musste dann ja was dran sein, an den Dingen, die er so erzählte.“ „Hm, verstehe ich ein bisschen. Und deine Schwester, die hatte Angst davor?“ Die beiden setzten sich mit ihrer Zuckerwatte auf eine der Bänke und schauten den Passanten zu, die fröhlich lachend und sich unterhaltend an ihnen vorbeizogen. Die Sonne war jetzt ganz untergegangen und ihre Gesichter wurden nur noch durch die blinkenden Lichter des Marktes erhellt. „Sie ist neidisch. Ganz am Anfang … wollte sie unbedingt auch mit nach Hogwarts. Sie hat Professor Dumbledore sogar einen Brief geschrieben“, erzählte Lily langsam, ihre Zuckerwatte selbstvergessen in ihrer behandschuhten Hand haltend. Sirius schob sich Watte in den Mund und hakte nach. „Und der ist angekommen?!“ „Ja, ist er. Sie wollte unbedingt nach Hogwarts, aber sie hat einfach …“ „Keine Magie.“ „Genau. Und plötzlich hat sie sich entschieden, es einfach zu hassen“, Lily ließ ihren Kopf hängen, „und mich.“ Sirius atmete schwer aus und blickte ebenfalls nach unten. Schließlich klopfte er ihr sachte auf die Schulter und lächelte ihr aufmunternd zu. „Mein Bruder, dieser Trottel, ist der Meinung, er müsse meine Eltern unbedingt stolz machen.“ Lily sah traurig zu ihm auf. „Er geht nach Slytherin, er tut genau das, was Mama sagt … Ich bin enttäuscht von ihm! Wir haben, seit er in Hogwarts ist, nicht mehr viel miteinander zu tun. Wenn wir miteinander reden, dann –“ „Streitet ihr euch nur“, beendete Lily seufzend seinen Satz. „Ja, genau. Hör mal, ich weiß wie das ist, wenn man Schwierigkeiten mit seinen Geschwistern hat … Und ich hab auch nie wirklich drüber gesprochen, weil James, na ja, er ist ein Einzelkind.“ „Die verstehen das nicht!“, sagte Lily laut und lachte. „Severus versteht das auch nicht! Er sagt nur: „Petunia ist ein blöder Muggel, vergiss sie einfach!“ Sie ist meine Schwester! Ich kann sie nicht einfach so vergessen!“ „Die stellen sich das immer so leicht vor, was?!“ Sirius wedelte mit seiner Zuckerwatte durch die Gegend, als wäre es sein Zauberstab. Lily winkte ab und stand auf. „Die stellen sich gar nichts vor, wie denn auch?!“ Dann standen sie beide und lachten ausgelassen, legten sich einen Arm um die Schultern und liefen weiter. Sirius erzählte Lily, was er und Regulus als kleine Kinder in ihrem Haus so alles angestellt hatten, wie sie das Teeservice zum Tanzen brachten und ihre Mutter damit vor Wut zum Kochen. Lily teilte ihre Erinnerungen mit Sirius darüber, wie Petunia ganz wild darauf war, dass Lily Dinge durch die Gegend schweben ließ, aber auch, wie Severus Petunia Angst damit gemacht hatte, als ein ganzer Haufen Blätter wie ein Schwarm Vögel auf sie zugesaust war. „Ich wusste doch, dass der Kerl schon immer ein ganz netter ist!“ Lily boxte Sirius sachte in die Seite. „Wir arbeiten noch an seiner Geduld und Toleranz.“ „Das wird nie was.“ „Ach, aber bei James?!“ „Da schon“, antwortete Sirius gönnerhaft und war sich in die Brust. Lily rollte mit den Augen. „Na klar!“ Sie kauften sich noch etwas alkoholfreien Punsch („Komm schon, Lily. Das macht doch nur mit Alkohol Sinn!“ „Nein!“), Bummelmützen mit Leuchtdioden und Zuckerstangen. Schließlich warf Lily einen Blick auf ihre Armbanduhr und seufzte. „Es ist jetzt schon echt spät, ich muss langsam nach Hause.“ „Ja, ich vermutlich auch. Die suchen mich bestimmt schon“, pflichtete Sirius ihr griesgrämig bei. Er sah sich noch einmal auf dem hell erleuchteten Markt um und atmete den Geruch von Lebkuchen, Punsch und gebratenen Würstchen ein. „Ist echt schön hier!“ „Ja, das ist es.“ Lily ließ es sich nicht nehmen, Sirius zu umarmen, auch wenn sie in der einen Hand eine Tasse Punsch balancierte und in der anderen eine Tüte. Sirius machte einen Schritt zurück. „Vielen Dank, dass du das für mich gemacht hast!“ Lily nickte ihm zu. „Gern geschehen, ehrlich. Aber …“, fragend sah sie sich um, „wie kommst du nach Hause?“ „Och, ich werd einfach –“ „Sirius!“ Erschrocken drehten die beiden sich um, Sirius verschüttete dabei sogar etwas Punsch und färbte den festgetreten Schnee unter sich dunkelrot. „Regulus!“ Sirius' jüngerer Brüder stapfte, eingepackt in eine dicke, schwarze Jacke, zu ihm hinüber und schaute ihn finster an. „Hier steckst du! Kreacher und ich haben dich schon überall gesucht! Dein Glück, dass Mama und Papa auf so einer beknackten Feier sind! Haben noch gar nicht gemerkt, dass du schon wieder abgehauen bist!“ Sirius machte ein enttäuschtes Gesicht. „Sie haben es nicht mitbekommen?!“ Regulus schnaubte. „Nein! Komm jetzt, Kreacher appariert uns nach Hause! Du auf einem Muggelmarkt, wenn Mutter das wüsste!“ „Sie sollte es ja auch wissen!“ Lily stand etwas verlegen daneben und wusste nicht so recht, was sie tun sollte. Auf der einen Seite war es komisch, ihrer Streiterei zu zuhören, auf der anderen fühlte sie sich, als lausche sie einer Unterhaltung, die sie gar nichts anging. „Lily kennst du ja“, stellt Sirius sie plötzlich vor. Unsicher lächelte sie Sirius' Bruder an, der ihr nur einen flüchtigen Blick zuwarf. „Sirius, wir müssen nach Hause, jetzt komm endlich!“ „Na schön, entspann dich.“ Der ältere der beiden Black-Brüder wandte sich Lily zu und drückte sie noch einmal. „Mach's gut. Wir sehen uns ja bald wieder.“ „Ja, natürlich.“ Lily drückte ihn ebenfalls kurz. „Sirius!“ „Ich komm ja schon, ich komm ja schon, jetzt mach nicht so ein Theater, meine Güte!“, knurrte Sirius und machte sich daran, seinem hibbeligen Bruder zu folgen, der bereits vorauseilte. „Hör mal …“ Er drehte sich noch einmal zu Lily um, die unter ein hell leuchteten Laterne stand, so dass ihr Haar feuerrot strahlte. „Ich glaube, dein Bruder ist gar nicht so übel wie du von ihm denkst …“ Sirius brummte nur, zuckte mit den Schultern und verschwand mit Regulus hinter einem Marktstand. Ein markantes Plop verriet Lily, dass die zwei disappariert sind. „Ich glaube nicht, dass Petunia das für mich getan hätte …“, murmelte sie zu sich selbst und machte sich, wehmütig und glücklich gleichermaßen, auf den Heimweg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)