From Nobody to Somebody von lula-chan (Für den Wettbewerb "Here we go again - Songfics?! :)" von nufan2029) ================================================================================ Kapitel 1: Vorbereitung ----------------------- Deidara steht vor dem Spiegel in seinem Zimmer und macht sich zurecht. Heute Abend beginnt ein neuer Auftrag. Der Blonde seufzt. Er ist es leid, aber er kann nicht mehr zurück. Nie mehr kann er in sein altes, sein normales Leben zurückkehren. Er ist ein Spion der Sondereinheit Japans und diese haben weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft. Einzig sein Name ist ihm geblieben, aber auch diesen wird er heute verlieren. Erneut wird er in eine andere Rolle schlüpfen, einen anderen Namen, eine andere Identität annehmen. Der Blonde spürt, wie ihm Tränen über die Wange laufen. Mit einer schnellen Handbewegung wischt er sie weg und setzt seine Maske auf. Seine Maske, die verhindert, dass jemand seine Zerrissenheit, seine seelischen Schmerzen, seine wahren Gefühle sehen kann. Schließlich ist er ein Spion. Ein Spion mit vielen Leben, vielen Identitäten. Heute wird er wieder eine neue annehmen. Die wievielte sie ist, weiß er nicht. So viele musste er schon spielen, dass er mit dem Zählen irgendwann nicht mehr hinterher kam. Es ist ermüdend kein eigenes Leben mehr zu haben. Immer jemand anderes zu sein als man selbst. Nur wenn niemand hinsieht, wenn er allein ist, niemand anderes da ist, kann er er selbst sein. Selbst das, was er seinen Kollegen von sich zeigt, ist nur ein Bruchteil seiner selbst. Deidara wendet sich von dem Spiegel ab und tritt stattdessen an sein Bett. Dort liegt ordentlich ausgebreitet ein Kleid im viktorianischen Stil. Es besteht fast vollständig aus Seide. Der untere Rock ist rosa. Darüber ist ein roter Rock, der vorne offen ist. Der obere Teil des Kleides ist ebenfalls rot. Die Ärmel sind zu Anfang eng, werden aber unterhalb der Ellenbogen weiter. Am Bustier ist zusätzlich noch eine rosane Schleife befestigt. Zu dem Kleid liegen noch lange, weiße Strümpfe, rote Schnallenschuhe mit fünf Zentimeter Absatz, ein Halsband aus roter Seide mit einer rosafarbenen Schleife und eine rote Kopfbedeckung mit ebenfalls rosanen Rosen und einem langen, roten Band, um es festbinden zu können. Deidara stöhnt wegen dem Kleid. Warum musste Er auch einen viktorianischen Ball veranstalten? Warum ausgerechnet viktorianisch und nicht modern? Normalerweise hat Deidara nichts dagegen auch mal in die Rolle einer Frau zu schlüpfen, aber das Kleid ist ihm zuviel. Ein schlichtes Abendkleid wäre ihm eindeutig lieber gewesen, dennoch hat er nichts gesagt. Es ist ein Auftrag, einer von vielen, und da wird nicht gemeckert. Er nimmt ihn an, so wie er ist. Er führt ihn durch, so wie er ist. Er schließt ihn ab, so wie er ist. Es ist die reinste Routine. Er denkt nicht darüber nach, was er tut. Er macht es so, wie es von ihm verlangt wird. So und nicht anders und das zahlt sich aus, denn er ist gut in dem, was er tut, ist sogar einer der besten. Nur die wenigsten kommen an ihn heran. Er erledigt seine Aufträge mit äußerster Präzision und Perfektion. Er ist so gut, dass alle ihn für seine Arbeit loben, aber dennoch nicht dahinterkommen, dass er innerlich immer weiter zerbricht. Er kommt sich vor, wie eine Marionette ohne Leben, gesteuert von einem anderen und nicht in der Lage die Fäden, die ihn lenken, zu durchtrennen. Deidara seufzt erneut und beginnt dann sich fertigzumachen. Er zieht seine Trainingskleidung aus und stattdessen einen enganliegenden Suit an. Da er eine Frau spielt, muss er auch wie eine aussehen. Der Suit ist genau dafür konzipiert. Am Rest seines Körpers muss Deidara nicht mehr viel machen, da er hat sowieso schon ein androgynes Aussehen hat: lange, blonde Haare, azurblaue Augen, weiche, glatte Haut und eine schlanke Statur. Viele seiner Kollegen hatten ihn in seiner Anfangszeit tatsächlich für ein Mädchen gehalten und ihn auch so angesprochen, manche machen das sogar noch heute. Ob sie ihn nur ärgern wollen oder es wirklich ernst meinen, ist dem Blonden allerdings nicht klar. Der Suit ist schnell angelegt und kaum sitzt er richtig, klopft es auch schon an der Tür. “Herein”, sagt Deidara, während er noch etwas an dem Stoff des Suits herumzupft. Es ist Konan, die das Zimmer betritt und die Tür hinter sich zuzieht. “Ich soll dir bei deiner Verkleidung helfen”, sagt sie und tritt an das Bett. Deidara nickt nur und wartet darauf, dass Konan zu ihm tritt und das Kleid an sich nimmt. Sie deutet Deidara an sich hinzuknien. Dem kommt der Blonde auch sofort nach. Die Blauhaarige hebt das Kleid über Deidaras Kopf und hilft ihm mit den Ärmeln, ehe sie ihm andeutet sich wieder hinzustellen. Kaum steht er zieht sie das Kleid richtig nach unten und richtet es. Der Stoff des Kleides liegt am Oberkörper eng an. Der Rock dagegen fällt locker um seine Beine. Als endlich alles gerade ist und richtig sitzt, setzt sich Deidara auf sein Bett, um Strümpfe und Schuhe anzuziehen. Den vorderen Teil des Kleides zieht er deswegen etwas nach oben. Konan kümmert sich derweil, um das Halsband und den Kopfschmuck. Als das alles sitzt, kniet sich die Blauhaarige links und rechts neben Deidaras Beine auf das Bett, ohne dabei jedoch das Kleid zu berühren, und beginnt den Blonden zu schminken. Die Schminke wird eher dezent gehalten: hellroter Lippenstift, rosafarbenes Rouge, hellrosa Lidschatten und schwarze Wimperntusche. Schließlich kümmert sie sich um seine Haare und verwandelt sie in eine aufwendige Flechtfrisur. Sie macht ihre Sache sehr gut, wie Deidara jedes Mal feststellen muss. Konan ist deswegen auch die einzige andere Person, die der Blonde an seine Haare lässt. Es dauert eine Weile bis Konan fertig ist und Deidara vom Bett aufstehen kann. Die Blauhaarige richtet erneut sein Kleid und reicht ihm dann noch eine kleine Tasche, in der ein Fächer, Taschentücher für den Notfall und ein Peilsender in Form einer Anstecknadel sind. “Also, wer bist du heute Abend?”, fragt Konan, als sie mit ihrer Arbeit zufrieden ist. “Claire Walker, gebürtige Engländerin, 24 Jahre alt. Aufgewachsen in höheren Kreisen hatte sie schon früh Kontakt zu der gehobenen Klasse Englands. Ihr Vater, Michael Walker, ist ein angesehener Firmenchef im Bereich Sicherheit. Sie selbst sucht nach einer eigenen Bestimmung und ist deswegen nach Japan gekommen, wo sie durch ausgezeichnete Kontakte eine Einladung zum Victorian Ball of Japan erhalten hat”, gibt Deidara gewissenhaft wieder. “Gut, gut, wirklich perfekt”, lobt Konan ihn. “Dann sind wir hier fertig. Ich wünsche dir viel Glück und behalte die Mission immer im Auge.” Deidara nickt nur und Konan verlässt das Zimmer wieder. Ab jetzt existiert “Deidara” nicht mehr, es gibt nur noch “Claire”. Die Blondine strafft ihre Schultern und verlässt nun ebenfalls den Raum. Kapitel 2: Ball --------------- Es ist 18 Uhr, als Claire bei dem Anwesen, in dem der Ball stattfindet, ankommt. Die Blondine steigt elegant aus dem Auto und streicht ihr Kleid noch einmal glatt. Heute begleitet sie niemand. Es ist für sie auch das erste Mal, dass sie an so einer Abendveranstaltung in Japan teilnimmt. In England dagegen hat sie sogar mehrmals im Monat mit ihrem Vater die verschiedensten Abendgesellschaften besucht. Claire streicht eine herumirrende Haarsträhne hinter ihr Ohr und geht auf die Eingangstür zu. Ihr Weg führt sie über einen Kiesweg und schließlich einige Treppenstufen nach oben. An der Tür wird sie direkt von zwei Männer in Anzügen in Empfang genommen. “Guten Abend, Miss”, begrüßt sie der rechts stehende Mann. Er hat glatte, schwarze Haare, dessen Pony sein rechtes Auge verdeckt. “Guten Abend”, erwidert Claire lächelnd. “Ihre Einladung?”, fragt sie nun der links stehende Mann. Er hat ebenfalls schwarze Haare, die allerdings wild vom Kopf abstehen. Dazu trägt er einen Kinnbart und ein dünnes Tuch über der Nase. Die Blondine zieht ihre Tasche zu sich und öffnet sie. Es dauert nur kurz bis sie das Schreiben gefunden hat und es dem linken Mann entgegenhält, der es auch gleich an sich nimmt und es sich durchliest. “Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt, Miss Walker”, sagt er zu ihr und gibt ihr die Einladung zurück. “Vielen Dank”, erwidert die Blondine und macht einen kleinen Knicks. Die beiden Männer öffnen die große Flügeltür und gewähren ihr damit den Einlass. Claire knickst erneut, ehe sie das Gebäude betritt. Kaum ist sie drinnen empfängt sie die Musik eines Orchesters. Hinter ihr geht die Tür wieder zu. Die Blondine sieht sich in dem Raum um. Sie steht am Anfang eines großen Raumes. Am gegenüberliegenden Ende befindet sich eine Empore, die von zwei geschwungenen Treppen links und rechts bestiegen werden kann. Auf der rechten Seite spielt das Orchester auf einer kleinen Erhöhung, auf der linken Seite ist ein Buffet aufgebaut und in der Mitte ist Platz zum Tanzen. Es sind schon einige Gäste da, die sich vorwiegend in der Nähe des Buffets in kleinen Grüppchen zusammengefunden haben. Claire atmet noch einmal tief durch und geht dann auf die linke Seite Richtung Buffet. Dort wird sie auch sogleich von einem schwarzhaarigen Mann angesprochen. Er hat sehr blasse Haut, fast schon weiß, und trägt seine längeren Haare offen. Sie glänzen im Licht. “Na meine Liebe. Was macht so eine junge Frau denn ganz alleine auf dieser Veranstaltung?”, will er wissen. “Ich bin hier, weil ich eine Einladung erhalten habe. Ob ich da eine Begleitung habe, ist doch eher nebensächlich”, antwortet Claire mit einem leichten Lächeln. “So ist das also. Eine junge Frau muss sich auch erst einmal selbst finden. Dürfte ich wohl den Namen dieser jungen Frau erfahren?”, fragt er mit einem süffisanten Grinsen. “Dürfen Sie. Mein Name lautet Claire Walker und wie ist der Ihre?”, stellt die Blondine nun nach Beantwortung seiner Frage eine Gegenfrage. “Orochimaru. Sie haben sicherlich schon einmal von mir gehört”, gibt der Schwarzhaarige von sich. Aus seiner Stimme ist der Hochmut deutlich herauszuhören. Claire lächelt und macht gute Miene zum bösen Spiel. Natürlich hat sie schon mal von Orochimaru gehört, aber sicher anders, als er es sich vorstellt. Orochimaru ist nämlich der Boss einer Untergrundorganisation, die vor allem mit Drogen und Waffen handelt. In der Öffentlichkeit ist er jedoch… “Sie sind der Leiter einer Softwarefirma, die mit ihren fortschrittlichen Technologien Schlagzeilen gemacht hat”, gibt Claire wieder, was sie weiß und zu verraten gewillt ist. “Stimmt. Sie sind wohl äußerst gebildet”, erwidert der Schwarzhaarige. “An dieser Schlagzeile kam man auch einfach nicht vorbei”, gibt Claire kontra. Auf den Lippen des Schwarzhaarigen bildet sich ein Grinsen. “Auch wieder wahr”, meint Orochimaru und beginnt zu kichern. “Was ist denn nun wieder mit Ihnen los?”, mischt sich auf einmal eine dritte Stimme ein. Claire linst über die Schulter des Untergrundbosses und erhascht so einen Blick auf einen jungen Mann, der seine grauen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden hat und eine runde Brille trägt. Kabuto Yakushi, wie Claire weiß. Er ist in der Unterwelt als Giftmischer und skrupelloser Informant bekannt. Mit ihm sollte sich keiner anlegen, der noch lange leben will. In der Öffentlichkeit jedoch ist er der Assistent und Stellvertreter Orochimarus. “Ach, ich habe nur Bekanntschaft mit einer reizenden, jungen Dame gemacht”, antwortet Orochimaru ihm immer noch kichernd. Der Blick des Grauhaarigen fällt nun auf Claire. “Yakushi Kabuto”, stellt er sich vor und reicht ihr seine Hand. “Claire Walker”, erwidert die Blondine, während sie zaghaft seine Hand umfasst und ihm ein schüchternes Lächeln schenkt. “Wirklich, was für eine reizende Dame”, stellt Kabuto fest und haucht ihr einen Handkuss auf den Handrücken. “Vielen Dank”, meint Claire höflich und mit einem Lächeln auf den Lippen, während sie sich eine verirrte Haarsträhne hinter ihr Ohr streicht. Der Yakushi lässt ihre Hand los und will gerade etwas erwidern, als plötzlich Unruhe in den Saal kommt. Interessiert dreht sich Claire um und sieht zu der großen Empore am Ende des Saals. “Sieht so aus, als würde uns unser Gastgeber nun endlich mit seiner Anwesenheit beglücken”, kommt es nüchtern von Orochimaru. “Wohl war”, stimmt Kabuto ihm zu. Es dauert noch einige Sekunden bis tatsächlich jemand an das Geländer der Empore tritt. Claire stockt merklich der Atem, als sie Ihn erkennt. Akasuna no Sasori - Deidaras bester Freund aus Schultagen. Der Blonde versteift sich und bekommt kaum mehr mit, was der Rothaarige alles erzählt. Er weiß gar nicht, wie lange er dort schon steht und den Rothaarigen anstarrt. Erst als ihn jemand sachte an der Schulter berührt, wird ihm wieder klar, wo er sich befindet und was er zu tun hat. “Alles in Ordnung, Miss?”, wird Claire von dem Yakushi gefragt, der es auch war, der ihre Schulter berührt hat. “Ja, alles bestens”, antwortet sie mit einem schüchternen Lächeln. “Das freut mich zu hören”, erwidert Kabuto mit einem freundlichen Lächeln, in dem Claire jedoch auch etwas hinterlistiges erkennen kann. Sie streicht erneut eine Strähne hinter Ohr. “Haben Sie denn dann Lust auf einen Tanz mit mir?”, fragt Kabuto höflich. “Aber gerne doch. Ich würde mich freuen”, antwortet Claire mit einem sanften Lächeln. Es müssen bereits einige Stunden verstrichen sein, als Claire zum ersten Mal von der Tanzfläche tritt. Sie stellt sich an das aufgestellte Buffet, nimmt sich einen der sauberen Teller und bedient sich. Bedächtig beginnt sie zu essen und schaut sich derweil um. Die meisten der Anwesenden tanzen. Nur wenige stehen wie Claire am Buffet und essen oder trinken etwas. Ihre Zielperson - Akasuna no Sasori - kann sie jedoch nicht ausfindig machen. Seufzend isst sie eine weitere der kleinen Pasteten und lässt ihre Gedanken schweifen. “Ist Ihnen bereits langweilig? Dabei hätte ich gedacht, dass Sie als englische Edeldame solche Festlichkeiten gewöhnt sind”, holt sie auf einmal eine männliche Stimme aus ihren Gedanken. Claire wendet den Kopf zu der Stimme und erschrickt. Neben ihr steht doch tatsächlich Akasuna no Sasori mit zwei Sektgläsern in der Hand. Eines der beiden hält er Claire entgegen. Die Blondine braucht einen Moment bis sie sich soweit gefasst hat, dass sie sich in der Lage fühlt das Glas anzunehmen und sich höflich zu bedanken. Vorsichtig nimmt sie einen Schluck und lächelt dann. “Womit habe ich denn ihre Aufmerksamkeit verdient, Akasuna-san?, fragt Claire nach. “Sie sind mir bereits während Ihrer zahlreichen Tänze aufgefallen. Man konnte deutlich Ihre verborgene Anmut erkennen, Miss Walker”, antwortet der Akasuna ohne nochmal auf seine zu anfangs gestellte Frage einzugehen. “Tatsächlich? Dabei habe ich mich nie für eine besonders gute Tänzerin gehalten”, meint Claire nur dazu. “Da haben sie wohl eine schlechte Einschätzung ihrer selbst”, erwidert der Rothaarige mit einem Lächeln. “Meinen Sie wirklich?”, fragt die Blondine verlegen nach. “Aber natürlich. Ich werde es Ihnen auch beweisen”, lässt Sasori verlauten. Er nimmt Claire ihr Glas ab und stellt es mit seinem zur Seite, ehe er ihr seine Hand hinhält. Claire verkrampft sich kurz. Etwas in ihr sträubt sich dagegen mit dem Rothaarigen zu tanzen, doch schlussendlich setzt sie sich über dieses Gefühl hinweg und ergreift die Hand Sasoris. Dieser scheint ihren inneren Kampf nicht mitbekommen zu haben, worüber Claire äußerst froh ist. Gemeinsam betreten sie nun die Tanzfläche und beginnen mit einem langsamen Walzer. Es dauert eine Weile bis sich die Blondine in den Tanz eingefunden hat und nicht mehr krampfhaft auf ihre Füße starrt. Mit einem Lächeln blickt sie hoch zu Sasori, der sie trotz ihrer Absatzschuhe noch um fast zehn Zentimeter überragt. “Sehen Sie, es geht doch”, meint der Rothaarige mit einem Zwinkern. “Ja, sieht so aus”, antwortet Claire höflich und einem leichten Lächeln auf den Lippen. Es fühlt sich so gut an gegen den Körper des Akasunas zu lehnen und dem Rhythmus der Musik zu folgen. Fast schon automatisch setzt sie jeden Schritt perfekt und lässt sich von dem Rothaarigen führen. Kurz ist es still zwischen ihnen beiden bis der Akasuna das Gespräch wiedereröffnet. “Sie erinnern mich an jemanden, mit dem ich mal vor langer Zeit befreundet war”, sagt er und dreht die Blondine im gleichen Moment von sich weg. Erst als sie wieder vor ihm steht, schafft sie es zu antworten. “Tue ich das?”, fragt sie nach. “Ja, allerdings. Er hatte auch langes, blondes Haar und diese azurblauen Augen, in denen man zu versinken droht”, erklärt er träumerisch. Claire runzelt die Stirn, als sie die Worte des Rothaarigen hört. Sie sind so voller Liebe und Sehnsucht. “Was ist dann passiert?”, will sie mit sanfter Stimme wissen. Ihr ist durchaus aufgefallen, dass er vorher in der Vergangenheit gesprochen hat. Der Akasuna seufzt. “Es war kurz nach unserem Abschluss an der Oberschule. Eigentlich wollten wir zusammen an eine Kunsthochschule, um herauszufinden welche unserer Kunstansichten denn nun die wirklich wahre ist, aber dann ist er plötzlich verschwunden und das ohne irgendetwas zu sagen. Er war einfach weg. Niemand wusste wohin. Er hat es keinem gesagt. Ich habe über die Jahre immer wieder versucht Kontakt mit ihm aufzunehmen, doch vergebens. Er war nicht aufzufinden, aber noch habe ich nicht aufgegeben”, antwortet er mit verbitterter Stimme. Claire weitet ihre Augen, ist sie über diese Aussage doch sehr erstaunt. Letztendlich legt sich dann aber doch ein warmes Lächeln auf ihre Lippen. Sie lehnt ihren Kopf etwas nach vorne, sodass sie ihm ins Ohr flüstern kann. “Ich bin mir sicher, dass Sie ihn eines Tages wiedersehen werden”, sagt sie leise. “Das hoffe ich”, haucht er mit wehmütiger Stimme nun in das Ohr der Blondine. “Das hoffe ich”, hallt es in Claires, besser in Deidaras, Kopf nach. Gequält schließt er die Augen und spürt wie ihm ihm eine einzige Träne über die Wange rollt. “Das hoffe ich auch”, flüstert er kaum hörbar und ist froh darüber, dass Sasori ihm gerade nicht ins Gesicht sehen kann und die gehauchten Wörter scheinbar auch nicht gehört hat. Kapitel 3: Zerrissenheit ------------------------ Claire betritt müde ihre Wohnung. Der Abend hat sie mehr angestrengt als gedacht. Ihre Schuhe zieht sie beim Betreten nicht aus. Das widerspricht zwar der japanischen Sitte, aber es ist ihr egal. Zielstrebig geht sie erstmal auf die Fenster zu und zieht die Vorgänge zu. Ihre Tasche hat sie im Vorbeigehen auf dem Küchentisch abgelegt. Einen Moment verweilt sie noch vor den verhüllten Fenstern, ehe sie ihr nächster Weg ins Schlafzimmer führt. Auch dort zieht sie als erstes die Vorhänge zu und setzt sich anschließend auf das Bett. Immer noch müde zieht sie sich Schuhe und Strümpfe aus und nimmt das Halsband und den Kopfschmuck ab. Erst danach steht sie wieder auf, um sich das Kleid auszuziehen. Vorsichtig hängt sie es über den im Zimmer stehenden Stuhl, ehe sie auch den Suit auszieht. Deidara streckt sich einmal ausgiebig und lässt damit einige Knochen knacken. Er fährt sich mit einer Hand über den Nacken und sucht dann seine Duschsachen zusammen. Mit zügigen Schritten geht er schließlich ins angrenzende Bad und stellt sich unter die Dusche. Ohne den Suit ist das Duschen um einiges angenehmer, darum hat er ihn auch ausgezogen. Hier, alleine in der Wohnung, die sein Alter Ego bewohnt, kann er es sich leisten wieder “Deidara” zu sein. Hier kann ihn niemand sehen und damit kann auch keiner seine Rolle durchschauen. Ein Seufzen verlässt seine Lippen. Sein Leben frustriert ihn, aber es wird sich nie etwas daran ändern. Tränen laufen über seine Wangen, werden allerdings sofort von dem herunter prasselnden Wasser des Duschkopfes fortgewaschen. Gefrustet schlägt er mit der Faust gegen die Fliesen der Dusche. Er legt seinen Kopf auf dem ausgestreckten Arm ab. Immer mehr Tränen laufen über seine Wangen, werden aber nun nur noch zum Teil fortgewaschen. Das Wiedersehen mit Sasori hat seine Gefühlswelt komplett aus den Fugen geworfen und wieder einmal ist ihm klar geworden, wie sehr er doch wieder in sein altes Leben zurück will. Diese Gedanken, diese Gefühle, sind so präsent wie schon lange nicht mehr. Deidara fragt sich, wie ein einziger Mann seine Gedanken so bestimmen kann, dass er sogar für einen Moment, auch wenn es nur ein äußerst kurzer war, seine Rolle fallen gelassen hat. Ein leichtes Lächeln bildet sich auf seinen Lippen, als ihm klar wird, dass er die Antwort zu seiner Frage bereits kennt. Er weiß ganz genau, warum Sasori seine Gedanken so bestimmt. Sasori, seine erste und einzige große Liebe. Deidara liebt den Rothaarigen selbst nach all diesen Jahren und seiner Ausbildung zum Nobody immer noch aus vollstem Herzen und tiefster Seele. Es ist verrückt, das weiß der Blonde selbst, aber diese Gefühle lassen sich nicht mehr abstellen, so präsent sind sie und so sehr nehmen sie ihn ein. Deidara weiß aber auch, dass er sie nicht nach außen tragen darf und genau das wird seine Seele noch weiter zerstören. Langsam sackt er auf die Knie, während das Wasser immer noch auf ihn prasselt. Es ist zum Verzweifeln. Er darf nicht lieben und erst recht nicht denjenigen, der sein Zielobjekt ist und den es zu eliminieren gilt. Niemand darf je von seinen Gefühlen zu dem Rothaarigen erfahren und daher muss er sie auch vor sich selbst verstecken, was ihm aber schon jetzt schwer fällt und im Herzen wehtut. Er weiß, dass er diesen Auftrag schnell hinter sich bringen muss, damit seine Gefühle nicht die Oberhand gewinnen. Ihn ausführen muss er so oder so, ob er denn nun will oder nicht. Er muss sich zusammenreißen und darf nicht zögern. Deidara richtet sich wieder auf und stellt das Wasser ab, ehe er aus der Dusche steigt und sich ein Handtuch. Langsam trocknet er sich ab und versucht seine Gefühle zu ordnen. Er muss alle Gefühle, die er für Sasori hat, tief in seinem Inneren verschließen und darf sie nicht nach außen tragen. Seufzend zieht er sich schließlich an, schlüpft in eine Jogginghose und einen Oversized-Pullover. Träge tappt er zurück ins angrenzende Zimmer und wirft sich auf das Bett. Den Suit würde er erst morgen wieder anziehen. Heute hat er dafür keine Energie mehr. Wenigstens für heute will er er selbst bleiben und seine Gefühle, die er als “Deidara” sowieso nicht unterdrücken kann, zulassen. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch kuschelt er sich schließlich in sein Kissen und zieht die Decke über sich. Die nächste Zeit wird auf jeden Fall ziemlich kräfteraubend für ihn. Sein letzter Gedanke gilt Sasori, ehe er lächelnd einschläft. Kapitel 4: Gewissensbisse ------------------------- Claire atmet noch einmal tief durch und kontrolliert zum bestimmt tausendsten Mal ihre Handtasche, ob auch ja alles drin ist. Sie ist aufgeregt, obwohl aufgeregt noch nicht einmal der richtige Ausdruck dafür ist. Es ist eher nervenaufreibend. Der Ball ist erst drei Tage her und dennoch hat Sasori no Akasuna sie gestern für den heutigen Tag um 14 Uhr in sein Haus eingeladen. Es ist DIE große Chance an ihn ranzukommen und gleich ist es soweit. Die Blondine wirft noch einmal einen Blick in den Spiegel. Sie trägt ein weißes, knielanges Kleid mit schwarzem Saum, einem schwarzen zur Schleife gebundenen Stoffband und einem pastellfarbenen hellrosanen Bolero, das am Rückenteil eine kleine Schleife hat und ihr nur bis an die Ellenbogen reicht. Passend zu ihrem Kleid ziert ein schwarzes Stoffband mit einer roten Stoffblume ihr Haar, welches die eingedrehte Frisur perfekt abrundet. Dazu trägt sie noch ein breites Armband und tropfenförmige Ohrringe. Claires Handy klingelt. Sie wirft einen Blick auf das Display, ehe sie rangeht. Es ist nur ein kurzes Gespräch, bei dem sie legentlich erfährt, dass ihr Wagen da ist. Der Akasuna hat extra jemanden geschickt sie abzuholen. Erneut atmet Claire tief durch, ehe sie sich ihre Tasche schnappt, das Handy hineingleiten lässt und die Wohnung verlässt. Mit zügigen Schritten läuft sie die Treppe herunter und tritt nach dem Durchqueren des Eingangsbereiches auf die Straße. Dort wartet bereits ein schwarzer Porsche auf sie. Mit einem Lächeln auf den Lippen geht sie auf das Auto zu. Ein in einen schwarzen Anzug gekleideter Mann öffnet die hintere Tür. Claire nickt dem Mann freundlich zu und lässt sich auf die Rückbank gleiten. Mit einem leisen Knall schließt sich die Tür und einen Moment später fährt der Wagen los. Die Fahrt hat bereits eine Stunde gedauert, als das Anwesen des Akasunas in Sicht kommt. Der Wagen fährt die Auffahrt hoch und hält schließlich auf einem breiten Platz. Wieder wird Claire die Tür geöffnet. Elegant steigt die Blondine aus dem Auto und läuft in Begleitung einer der Männer zu dem Anwesen. Allmählich wird Claire nervös. Sie sitzt bereits seit einer halben Stunde in der Lounge auf einem der Sofas und von ihrem Gastgeber ist immer noch keine Spur zu sehen. Man hatte ihr gesagt, dass er noch etwas geschäftliches zu erledigen hätte und danach sofort zu ihr kommen würde. Die Blondine hat dennoch ein schlechtes Gefühl, was dazu führt, dass sie sich erhebt und auf leisen Sohlen aus dem Zimmer schleicht. Zum Glück hatte der schwarz gekleidete Mann sie alleine gelassen. Claire bewegt sich schon seit gefühlten Stunden durch das Anwesen und versucht sich einen Überblick über das Gebäude zu verschaffen. Sie bewegt sich ohne auch nur ein einziges Geräusch von sich zu geben. Das Anwesen ist, zumindest bei dem, was sie bis jetzt gesehen hat, absolut sauber. Es gibt nichts auffälliges, außer vielleicht die Tatsache, dass man es zulässt, dass sie sich mutterseelenallein durch das Gebäude bewegt. Normalerweise, so nimmt die Blondine an, sollte man doch ein Auge auf eine fast unbekannte, junge Frau werfen und sie eben nicht alleine lassen. Als sie das erste Mal wieder einen Blick auf eine Uhr werfen kann, stellt sie fest, dass bereits zwei Stunden seit seiner Ankunft vergangen sind. Es kommt ihr immer noch seltsam vor, dass sie bisher noch keinem der Angestellten wieder begegnet ist. Claire entschließt sich gerade dazu wieder in die Lounge zurückzukehren, als sie es hört. Eine leise Melodie kommt aus einem der Zimmer. Neugierig geworden schleicht sie sich dorthin und stockt kurz davor mitten in der Bewegung. Der Text des Liedes fesselt ihre Aufmerksamkeit. “We're fighting, still fighting repeating history alright then, it's alright if you don't think like me but your problem is my problem don't you feel the ricochet if we turn against each other that's not a game we wanna play Who am I? Who are you? Who are we? All human beings Who am I? Who are you? Who are we? what do you see?” An sich ein ganz normaler Text zu irgendeinem Lied, doch die nächste Strophe belehrt Claire eines besseren. “if You see my iD, iD, iD more than a passport, I'm unique see my iD, iD, iD, you can be you and I'll be me Let me see your iD, iD, iD I see it in your fingerprint, you're unique see your iD, iD, iD you can be you and I'll be me” Still hört Claire der Melodie zu und merkt, wie die Musik sie einnimmt. “I'm hoping you're open to understand me You know I'm outspoken, no hidden plan B It's not cool to know that your house could be your grave spread love amongst each other and we could watch our children play Who am I? Who are you? Who are we? all human beings Who am I? Who are you? Who are we? What do you see?” Claire spürt, wie sie beginnt unter dem Text zu zerbrechen. “If you see my iD, iD, iD I'm more than a passport, I'm unique see my iD, iD, iD, you can be you and I'll be me let me see your iD, iD, iD I see it in your fingerprint, you're unique see your iD, iD, iD You can be you and I'll be me” Allmählich bekommt Claire es mit der Panik zu tun. Wenn ihre Identität zerbricht, ist der Auftrag in Gefahr und das muss sie verhindern. “iD, iD, iD, you can be you and I'll be me iD, iD, iD, you can be you and I'll be me iD, iD, iD, you can be you and I'll be me iD, iD, iD, you can be you and I'll be me” Claire will sich abwenden, da sie es einfach nicht länger schafft die Kontrolle zu behalten und Claire zu bleiben. “Stop your fighting give your brother some help and do you believe in something higher than yourself and you full of love that mean you know your full of wealth got to lace up your shoes buckle your belt Weh mi guh suh then” Das Lied fesselt Claire förmlich und es ist ihr unmöglich sich ihm zu entziehen. “You see my iD then you know that we are one and you see my iD does it matter where we from and so at the end of day a man is just a man my identification - Weh mi guh suh Then” Völlig in sich und das Lied versunken merkt Claire gar nicht mehr, dass ihre Identität längst zu bröckeln begonnen hat. “Who am I? Who are you? Who are we? All human beings Who am I? Who are you? Who are we? What do you see” Deidara lauscht still der Musik, die ihn tief im Herz berührt und dafür gesorgt hat, dass er seine Rolle als “Claire” verloren hat, ohne es selbst zu bemerken. “If you see my iD, iD, iD I'm more than a passport, I'm unique see my iD, iD, iD, you can be you and I'll be me Let me see your iD, iD, iD I see it in you fingerprint, you're unique see your iD, iD, iD you can be you and I'll be me” Völlig ergriffen steht Deidara vor der Tür zu dem Zimmer, aus dem diese Musik klingt, die ihm direkt aus der Seele spricht. “iD, iD, iD, you can be you and I'll be me iD, iD, iD, you can be you and I'll be me iD, iD, iD, you can be you and I'll be me iD, iD, iD, you can be you and I'll be me” Während er die letzten Töne des Liedes hört, merkt er, wie sich Tränen ihren Weg über seine Wangen bahnen, doch er ignoriert es vorerst. Lieber lässt er die Klänge noch ein bisschen nachwirken. “Ein schönes Lied, nicht wahr?”, reißt ihn dann plötzlich eine Stimme aus seinen Gedanken. Deidara schaut über seine Schulter und erschreckt sich im gleichen Moment, denn hinter ihm steht Sasori und sieht ihn aufmerksam an. Der Blonde kann nichts anderes, als ihn anzustarren. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit, schafft er es sich von seinem Anblick loszureißen und wieder zu Claire zu werden. Entschuldigend lächelt Claire den Rothaarigen an. “Ich wollte wirklich nicht unhöflich sein, aber dieses Lied hat mich förmlich in seinen Bann gezogen. Englische Lieder hört man in Japan eher selten und ich war einfach neugierig, was für ein Lied es ist”, erklärt die Blondine ihr Fehlverhalten. “Schon gut. Ich habe Sie auch lange genug warten lassen”, winkt der Akasuna gelassen ab. “Dennoch war es nicht in Ordnung hier ohne Ihre Erlaubnis herumzuschleichen”, erwidert Claire. Ihr Gegenüber nickt nur leicht und greift dann in seine Tasche um ihr im nächsten Moment ein Stofftaschentuch zu reichen. Claire zögert kurz, ehe sie es annimmt und sich freundlich bedankt. Sanft tupft sie sich die Tränen von ihren Wangen. “Sollen wir?”, fragt der Rothaarige und deutet mit einer Handbewegung zu dem Raum hinter ihr. Claire nickt höflich und dreht sich dann um. Mit der rechten Hand drückt sie die Tür ganz auf und betritt das Zimmer. Sasori folgt ihr und schließt die Tür hinter sich. “Warum denkst du, habe ich dich zu mir eingeladen?”, fragt der Rothaarige, nachdem Claire sich ihm wieder zugewendet hat. “Sind wir jetzt schon beim Du?”, fragt sie überrascht. “Waren wir je bei etwas anderem?”, setzt Sasori dagegen. “Ich verstehe nicht…”, beginnt Claire, wird jedoch sofort unterbrochen. “Du verstehst sehr wohl. Nicht wahr, Deidara?”, offenbart der Akasuna. Ein mulmiges Gefühl breitet sich in Claire aus. Sie versteht nicht, wie er das herausbekommen hat. Sie muss den Verdacht von sich abwenden, richtig stellen, was eigentlich falsch ist. “Deidara? Mein Name lautet Claire”, stellt die Blondine deswegen richtig. Sasori schüttelt seinen Kopf. “Das kannst du jemand anderem erzählen, aber nicht mir”, meint er. “Ich habe dich schon beim Ball durchschaut. Zwar nicht sofort, aber im Laufe des Abends.” “Sie müssen mich verwechseln”, versucht Claire es erneut. Sasori schüttelt seinen Kopf und tritt an die Blondine heran. Vorsichtig legt er seine rechte Hand an ihre linke Wange. Claire schluckt, entzieht sich der Berührung aber auch nicht. “Als könnte ich dich je verwechseln, Deidara. Ich würde deine strahlenden, blauen Augen und dein seidenes, blondes Haar überall erkennen”, haucht der Rothaarige. Deidara ist wie erstarrt. Er kann nicht mehr klar denken. Als er dann auch noch merkt, wie Sasori beginnt mit dem Handrücken über seine Wange zu streichen, ist es um ihn geschehen. Er schließt seine Augen und lehnt sich gegen die streichelnde Hand des Rothaarigen. Erst Sasoris nächste Worte holen ihn aus diesem Moment des Vergessens. “Warum bist du damals nur verschwunden?”, fragt er leise und voller Trauer in der Stimme. “Warum hast du mich damals nur allein gelassen?” Deidara beißt sich auf die Lippe. Diese 14 Wörter, diese zwei Fragen, bringen all das hoch, was er über Jahre versucht hat zu verdrängen. Diese Gefühle von damals werden so präsent wie schon lange nicht mehr und überfordern ihn regelrecht. Als der Blonde dann auch noch spürt, wie Sasori sich an ihn lehnen will, ist es vorbei. Die vergessenen Gefühle überwältigen ihn und zwingen ihn in die Knie. Doch im nächsten Moment ist alles wieder klar. Deidara hat seine Mission, seine Aufgabe, wieder vor Augen und entfernt sich schnell einige Schritte von Sasori. “Ich kann das nicht”, sagt er leise, aber laut genug, dass der Rothaarige ihn hören kann. Sasori schaut ihn verwirrt an. “Natürlich kannst du. Warum solltest du auch nicht? Du bist doch dein eigener Herr und kannst über dein Leben selbst bestimmen”, meint der Rothaarige und schaut Deidara direkt an. Der Blonde jedoch schaut betreten zu Boden und schweigt. “Oder nicht?”, fragt Sasori skeptisch nach. Deidara antwortet allerdings immer noch nicht und beißt stattdessen auf seiner Unterlippe herum. Sasori runzelt die Stirn. “Was hast du Dei~?”, fragt er und zieht den Spitznamen des Blonden absichtlich in die Länge. Deidara hebt seinen Kopf ruckartig und starrt Sasori an. Er ist nervös, das merkt man, beißt sich auf die Unterlippe und bringt keinen Ton heraus. “Du musst schon mit mir reden Dei~”, versucht Sasori es erneut, zieht wieder seinen Namen in die Länge. Deidara bleibt allerdings weiterhin still. Die Gedanken kreisen in seinem Kopf. Er kann keinen klaren Gedanken fassen. Die Situation überfordert ihn regelrecht. “Warum kannst du das hier nicht?”, fragt Sasori weiter. Er will unbedingt wissen, was mit dem Blonden los ist, warum er all das tut und vor allem warum er ihm nicht seine Gedanken anvertraut. Früher, als sie noch jünger waren, kam Deidara mit all seinen Problemen zu ihm. Sasori hat damals immer gesagt, dass es ihn nervt, aber im eigentlich war er davon sehr gerührt. Ihn hat es gefreut, dass Deidara ihm so ein Vertrauen schenkt und ihn an seiner Welt teilhaben lässt. “Komm schon Dei, rede mit mir. So wie damals”, versucht Sasori es einfach weiter, noch hat er nicht aufgegeben. Deidara schluckt. Er schafft das hier nicht länger. Er schafft es nicht länger seine Gefühle zu verbergen und seine Rolle zu bewahren. “Hast du schon einmal von Nobody gehört?”, fragt er deshalb leise. Sasori runzelt seine Stirn. Ihm sagt der Name irgendetwas, doch er kommt nicht drauf. “Nein”, antwortet er darum, will er doch erfahren, was es damit auf sich hat. Deidara nickt leicht, als hätte er diese Antwort schon erwartet. “Nobody ist eine Sondereinheit der japanischen Regierung. Mitglieder dieser Einheit haben weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft und ich, ich bin ein Mitglied dieser Einheit. Ich bin ein Nobody, ein Spion der Sonderklasse. Auskundschaften, eindringen, eliminieren. Das sind meine Aufgaben. Dafür bin ich zuständig. Meine derzeitige Mission lautet ‘Nehme Kontakt zu dem Kopf der Untergrundorganisation Kugutsu auf, sammle Informationen und eliminiere die Zielperson.’ Das ist meine Aufgabe, aber diesmal werde ich es nicht schaffen. Diese Mission werde ich nicht zu Ende bringen können”, erklärt der Blonde sachlich, aber mit einem Hauch Bitternis in der Stimme. Sasori weitet seine Augen. “Was?”, fragt er schon fast panisch. "Was sagst du da? Das ist ein Scherz, oder? Das kannst du nicht ernst meinen! Das kannst du einfach nicht.” Der Rothaarige geht auf den Blonden zu, will die Distanz überwinden, doch Deidaras bitteres Lächeln lässt ihn stehen bleiben. “Das ist kein Scherz. Es ist die Wahrheit. Ich bin nicht mehr der, den du kanntest. Ich bin niemand mehr. Für mich gibt es keinen Weg zurück, deswegen musst du verschwinden. Verlasse das Land, dann wird meine Mission automatisch abgebrochen und ich muss dich nicht töten. Außerhalb Japans dürfen wir nicht agieren, das ist deine Chance und auch meine”, macht Deidara Sasori klar. Er zieht einen Mundwinkel nach oben und deutet damit ein Lächeln an. Seinen seelischen Schmerz und seine innere Zerrissenheit kann diese Geste dennoch nicht verbergen. Sasori starrt den Blonden einen Moment an, ehe sich ein Lächeln auf seinen Lippen bildet. “Ich werde gehen, aber du wirst mich begleiten. Lass uns zusammen fliehen und ein neues Leben aufbauen”, fordert er Deidara auf, sieht ihn dabei so entschlossen an, wie schon lange nicht mehr. “Das geht nicht. Ich kann das nicht”, wiederholt Deidara sich und schüttelt seinen Kopf. “Ich komme da nicht mehr raus. Nur der Tod wird mich erlösen. Versuche ich zu fliehen, werden sie mich töten. Ich stecke schon zu tief drin. Erst mit dem Tod werde ich meine Freiheit wiedererlangen.” Sasori runzelt kurz seine Stirn, ehe ihm eine Idee kommt. “Dann wirst du eben heute sterben”, sagt er entschlossen. “Was?”, fragt Deidara panisch und geht vorsorglich einige Schritte zurück. Der Rothaarige grinst jedoch nur, sogar ein Kichern entflieht seinen Lippen. “Hast du schon mal von Blutspritzern gehört?”, fragt er amüsiert nach. “Blutspritzer? Nein. Was soll das sein?”, will Deidara irritiert wissen und runzelt seine Stirn. “Das wundert mich jetzt zwar, aber egal. Blutspritzer können den Tod imitieren. Sie setzen den betroffenen Körper in eine Art Winterschlaf. Die Körperfunktionen werden soweit heruntergesetzt, dass sie nicht mehr messbar sind”, erklärt Sasori ihm und tritt gleichzeitig an einen der Schränke, um daraus eine Pistole, genauer eine Type 54 “Black Star”, zu ziehen. Mit dieser in der Hand wendet er sich wieder Deidara zu. “Sag mal, trägst du irgendeinen Chip am Körper, der deine Vitalfunktionen und deine Position im Auge behält?”, will der Rothaarige interessiert wissen. “Ja, im Nacken direkt am Haaransatz. Aber wieso willst du das wissen?”, antwortet Deidara ihm skeptisch. “Ach, das ist nur für das weitere Vorgehen wichtig”, winkt Sasori ab und tritt nun mit der Black Star in der Hand an den Blonden heran, der das alles wenig begeistert beobachtet. “Was hast du vor?”, will dieser wissen und geht erneut einige Schritte zurück, stößt dann aber an einen Widerstand, die Wand, und muss so unweigerlich stehen bleiben. “Es wird schnell gehen. Überlass einfach alles mir, dann sind wir bald in Freiheit”, meint Sasori nur und entsichert die Pistole. Er hebt sie auf Höhe Deidaras Schlüsselbeins an. “Ich habe dir doch gesagt, dass ich…”, beginnt Deidara, doch er kommt nicht weiter als hier, da Sasori in genau diesem Moment abdrückt. Es dauert nicht lange bis Deidara auf die Knie sinkt und dann zur Seite umkippt. “Vertrau mir. Bald sind wir beide frei”, sagt eine sanfte Stimme zu ihm, die der Blonde jedoch nicht mehr richtig einordnen kann. Das ist auch das letzte, was er hört, bevor ihm schwarz vor Augen wird und er in die Bewusstlosigkeit sinkt. Epilog: Zuflucht ---------------- Das Geräusch der rotierenden Blätter eines Helikopters dringen an Deidaras Ohr. Vorsichtig öffnet er seine Augen, schafft es aber nur halb. Es ist dunkel. Nur schemenhaft kann er die Umrisse mehrerer Gebäude und die des Helikopters erkennen. Jemand trägt ihn, das spürt er ganz deutlich. Er spürt die wohlige Wärme eines anderen. Er riecht dessen Duft und kuschelt sich näher an die Quelle. Hier fühlt er sich geborgen und so leicht wie noch nie als hätte sich etwas unendlich schweres von seinem Körper, seinem Geist und seiner Seele gelöst. “Es wird alles gut”, flüstert eine sanfte Stimme. Deidara glaubt ihr direkt, kuschelt sich noch mehr an und lässt sich von ihr führen. Die Augen schließt er wieder, ist es doch viel zu anstrengend sie offen zu halten. Mit einem Mal ändert sich die Umgebung. Das Geräusch der Rotorflügel wird lauter. Sie scheinen sich in unmittelbarer Nähe zu befinden. Die Schritte stoppen und Deidara wird an jemanden hochgereicht. Ein Laut des Protestes verlässt seine Lippen, doch kurz darauf ist wieder die unbekannte, aber doch so vertraute, Person an seiner Seite und haucht ihm beruhigende Worte ins Ohr. Der Blonde entspannt sich wieder. Kurz darauf hebt der Helikopter auch schon ab. Die aufgewirbelte Luft, die noch durch die geöffneten Türen in den Innenraum hinein dringt, spielt mit den Haaren des Blonden und lässt sie durch die Luft tanzen. Mehrere Knälle ertönen. Kurz abgelenkt bemerkt Deidara den den darauffolgenden rauchigen Geruch erst nach einiger Zeit. Neugierig geworden öffnet er die Augen und neigt den Kopf zur Seite. Was er sieht, raubt ihm kurzzeitig den Atem. Das riesige Anwesen, das unter ihm am Boden steht, steht vollständig in Flammen. Sie peitschen aus jedem Fenster und verschlingen das Gemäuer Stück für Stück. Meterhoch lodern sie in den Himmel und hüllen die ganze Umgebung in dicken Rauch. Während Deidara noch das Spektakel betrachtet, steigt der Helikopter immer höher und dreht schließlich ab, sodass Deidara das brennende Anwesen aus den Augen verliert. Deidara schreckt auf. Sein Atem geht hektisch und stoßweise. Nur langsam dringt es zu ihm durch, dass er nur geträumt hat. Die lückenhaften Erinnerungen an jene Nacht schleichen sich immer wieder in seine Träume und lassen ihn panisch erwachen. So auch in dieser. “Schlecht geträumt?”, wird der Blonde mit sanfter Stimme gefragt. Jemand schlingt einen Arm um ihn und zieht ihn zu sich. Vorsichtig dreht Deidara seinen Kopf und blickt direkt in die haselnussbraunen Augen Sasoris. Seine Augen weiten sich. Panisch macht er sich los und geht sofort in Angriffshaltung. Sein ganzer Körper zittert vor Anstrengung. “Es ist alles in Ordnung, Dei. Ich bin es doch. Sasori. Du hast hier nichts zu befürchten”, versucht der Rothaarige ihn zu beruhigen, was aber nicht sofort Früchte trägt. Nur langsam weicht die Anspannung. Deidara lässt seine erhobene Faust sinken, lockert seine Schultern und entspannt sich. Seine Hand wandert in seinen Nacken und betastet dort die hauchfeine Narbe, die als einzige noch davon zeugt, was Deidara einmal war. “Siehst du. Es ist alles gut”, flüstert Sasori, ehe er zu dem Blonden rutscht und seine Arme erneut um dessen Körper schlingt. Zaghaft legt Deidara seine Hände auf die Hüfte des Rothaarigen und vergräbt seinen Kopf an Sasoris Schulter. Auch wenn ihre gemeinsame Flucht bereits zehn Jahre her ist, verfolgen die Erinnerungen an die wohl schrecklichste Zeit seines Lebens den Blonden immer noch in seinen Träumen, aber auch in seinem Verhalten. Besonders morgens, sobald er wach wird, verfällt er immer wieder in alte Muster. Zu seinem Glück verfügt Sasori hier über eine Engelsgeduld, was man von ihm nur selten kennt, und unterstützt ihn, wo er nur kann. Deidara spürt, wie Sasori ihn wieder in die Kissen drückt und über ihm nach der Fernbedienung der Stereoanlage langt. Es dauert nur eine kurze Weile bis der Rothaarige sie schließlich anstellt und ein ganz besonderes Lied aussucht. Sasori lässt sich wieder neben Deidara sinken. “Du bist du. Vergiss das nicht”, haucht er dem Blonden zu. Währenddessen startet das Lied - ihr Lied - und hüllt den ganzen Raum in seine Klänge. Sasori zieht ihn in eine Umarmung und streicht behutsam über seinen Rücken. “Ich liebe dich”, flüstert er liebevoll und verschließt seine Lippen mit denen des Blonden. “Who am I? Who are you? Who are we? All human beings Who am I? Who are you? Who are we? what do you see?” “Ich liebe dich auch”, gibt Deidara nach Lösen des Kusses zurück und kuschelt sich an den Rothaarigen. In seiner Nähe verspürt er immer eine Geborgenheit, die ihm alles schlechte vergessen lässt und ihn wieder daran erinnert, dass er jetzt endlich frei ist. “if You see my iD, iD, iD more than a passport, I'm unique see my iD, iD, iD, you can be you and I'll be me Let me see your iD, iD, iD I see it in your fingerprint, you're unique see your iD, iD, iD you can be you and I'll be me” Zufrieden lächelt Sasori und zieht den Blonden noch etwas an sich. Behutsam streicht er über den Kopf seines Geliebten und haucht schließlich einen Kuss auf den Schopf des Blonden. “Ich werde dich für immer beschützen”, sagt er leise und drückt Deidara fest an sich. Als Antwort erhält er ein tiefes Brummen und ein sanftes Anschmiegen. Diese Gesten reichen ihm vollkommen aus, um zu erkennen, dass Deidara ihm aus vollstem Herzen und tiefster Seele vertraut und wenigstens für diesen Moment ganz er selbst ist. Es wird noch eine ganze Weile dauern bis der Blonde seine Vergangenheit überwunden hat und wieder vollständig er selbst ist. Bis es soweit ist, wird Sasori ihn so gut es geht unterstützen und solange auf ihn warten, denn erst dann kann sich Deidara vollkommen auf eine Beziehung einlassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)